Was geschieht, wenn Standpunkte sich verhärten?

Konflikte gehören zum Leben, wie weinen und lachen. Es gibt kein Leben ohne Konflikte. Wir sind geprägt durch unsere Biographie und Lebenserfahrung. Wie sind Ihre bisherigen Selbstbeobachtungen ausgefallen? Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen. Heute der 10. Teil in der Reihe darüber, wo Konflikte ihren Anfang nehmen, wenn Standpunkte aufeinander prallen.

Wenn die Klingen gekreuzt werden

In Ihrem Team wird gerade total engagiert diskutiert. Zwei Kolleginnen, Klara und Franziska vertreten gegensätzliche Standpunkte, die Argumente fliegen hin und her, je nachdem auf welche Seite Sie sich als Teamleitung innerlich stellen: beiden Standpunkten können Sie sinnvolles abgewinnen. Die anderen Kollegen verfolgen die Diskussion aufmerksam und positionieren sich unterschiedlich.

Die Diskussion wird erbitterter, die Klingen schärfer gekreuzt, obwohl beide Kolleginnen im allgemeinen gut zusammenarbeiten. Gleichwohl jede so ihr „Steckenpferd“ hat und dann droht  aus der guten Kooperation eher Konkurrenz zu werden. Bislang ließen sich diese Diskussionen immer wieder im Gespräch in ein ruhigeres und konstruktives Fahrwasser umleiten.

Achtung: Soll-Bruchstelle im Doppelpack

Für Sie als Teamleitung sind das Situationen, die so etwas wie eine Sollbruchstelle haben. Wenn Sie den Gegensätzen zu viel Raum geben, besteht die Gefahr, dass sich Fronten bilden. Wenn Sie die Diskussion zu früh unterbinden, nehmen Sie kreativen Ideen die Kraft. Reagieren Sie als Leitung zu spät oder gar nicht, kann passieren, dass über kurz oder lang sich Ihr Team in zwei Lager spaltet.

Das ist die Sollbruchstelle Nummer eins. Wann und wie reagieren Sie, damit es nicht zu einer dauerhaften Verhärtung zwischen den beiden Diskutierenden kommt?

Damit Sie in die Lage kommen, eine geschickte Intervention zu setzten, betrachten wir jetzt noch einen weiteren Aspekt.

Achtung unterschiedliche Klimazonen im Team

Es ist in Teams häufig nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen zwei Kollegen, die eine unterschiedliche Meinung haben. Nein, es ist oft auch Ausdruck der Teamsituation. In solchen Streitgesprächen wird die  Gruppendynamik des Teams sichtbar.

An dieser Stelle kommen wir zurück auf die Frage: Was spielt sich auf dem Tisch und was spielt sich unter dem Tisch ab. Oft drücken die Kontrahenten in einer Diskussion quasi als Protagonisten die gegensätzlichen Meinungspole des gesamten Teams aus. Sie übernehmen praktisch als „Nordpol“ und als „Äquator“ stellvertretend eine Diskussion, die zwischen mehreren Teammitgliedern geführt werden sollte. Nur weil die beiden die Diskussion so engagiert führen, können die anderen „Klimazonen“, sprich die anderen Kollegen, sich zurücklehnen und abwarten was geschieht. Das ist eine andere Variante von „was spielt sich unter dem Tisch ab“.

Schon sind wir bei der Sollbruchstelle Nummer zwei gelandet. Was drücken die beiden stellvertretend für das gesamte Team aus:

  • Geht es in der Diskussion eigentlich eher darum, welche fachliche Meinung im Team Oberhand gewinnen soll oder
  • geht es darum, wer mehr Macht und Einfluss in diesem Team hat?

Für Sie als Teamleitung sind das wichtige Leitungsfragen, wie Sie Ihre Führungsaufgabe wahrnehmen.

Kleiner Tipp

Jetzt kommt wieder der Anschluss an vorhergehende Blogartikel in dieser Reihe. Verbinden Sie die Fragen, was diskutieren Sie gerade mit sich selbst, was war eigentlich der Auslöser für diese Diskussion mit der Frage, welche Rolle übernehmen die beiden stellvertretenden  für die anderen Teammitglieder. Trauen Sie sich durchaus „verrückten“ Gedanken dabei Raum zu geben. Dann trainieren Sie Ihr Gespür dafür, was bei einer so harmlosen Streitfrage „eigentlich“ noch mitverhandelt wird.

Denksportaufgabe #10

Und hier die Denksportaufgabe für die kommenden vierzehn Tage. Für Sie als Teamleitung sind die spannenden Fragen:

An welchen Stellen entzünden sich mögliche Verhärtungen?

Können Sie mit Ablenkung auf andere Teammitglieder, indem Sie nach deren Meinung fragen: „ XY, was denkst Du denn zu diesem Thema?“ die drohende Verhärtung verhindern?

Schauen Sie sich selbst doch einmal über die Schulter – wie Ihnen solche Interventionen gelingen und halten Sie Ihre Selbst-Beobachtungen fest.

Mehr zur Frage: „Wann sehen wir nur noch schwarz weiß in Konflikten?“ lesen Sie im nächsten Blogbeitrag. Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute und vor allem: interessante Selbst-und Teambeobachtungen.

Mit konstruktiven Grüßen aus Wuppertal

Ihre Sabine Wengelski-Strock

 

Weitere Beiträge der Reihe:

  1. K wie Konflikt
  2. Warum lieben manche die Harmonie und andere das Kampfgetümmel?
  3. Wie frei sind wir eigentlich in Konfliktsituationen?
  4. Wissen Sie eigentlich, wofür Konflikte gut sind?
  5. In welchen Situationen geraten wir in Konflikt mit uns selbst?
  6. Wieso geraten wir immer wieder mit anderen Menschen aneinander?
  7. Um was geht es eigentlich im Konfliktfall?
  8. Was passiert in Konflikten auf dem Tisch und was passiert unter dem Tisch?
  9. Kennen Sie die Konflikteskalationstreppe?