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Die Aushärtungsmechanismen der Klebstoffe

Loctite Worldwide Design Handbook

Bei den meisten Loctite Klebstoffen handelt es sich um reaktive Polymere. Durch eine Reihe von chemischen Polymerisationsreaktionen gehen sie vom flüssigen in den festen Aggregatzustand über. Für besondere Anwendungsbereiche hat Loctite unterschiedliche Klebstoffe mit speziellen Aushärteeigenschaften entwickelt. Anhand der Aushärteeigenschaften können die Klebstoffe in folgende Gruppen eingeteilt werden:

  • anaerob aushärtende Klebstoffe
  • durch UV-Licht aushärtende Klebstoffe (auch mit sekundären Aushärtesystemen)
  • anionisch aushärtende Klebstoffe (Cyanacrylate)
  • mit Aktivatoren aushärtende Klebstoffe (modifizierte Acrylate)
  • durch Feuchtigkeit aushärtende Klebstoffe (Silikone, Urethane)
  • warmhärtende Klebstoffe (Epoxidharze)

Anaerob aushärtende Klebstoffe

Anaerobe Klebstoffe sind Einkomponentenklebstoffe, die unter Sauerstoffabschluss bei Raumtemperatur aushärten. Die im flüssigen Klebstoff enthaltene Härterkomponente bleibt inaktiv, solange sie mit Luftsauerstoff in Berührung steht. Sobald der Klebstoff vom Luftsauerstoff abgeschlossen wird, z. B. durch das Zusammenbringen der Fügeteile, erfolgt die Aushärtung sehr schnell – besonders bei gleichzeitigem Metallkontakt. Den Aushärtemechanismus kann man sich folgendermaßen vorstellen: Bei Ausschluss des Luftsauerstoffs bilden sich unter Einwirkung von Metallionen (Cu, Fe) freie Radikale, die den Polymerisationsvorgang einleiten (siehe Abbildung 2).
Durch die Kapillarwirkung des flüssigen Klebstoffs werden sogar die kleinsten Zwischenräume im Fügebereich ausgefüllt. Der ausgehärtete Klebstoff ist danach in den Rautiefen der zu verbindenden Teile „verankert“. Der Aushärtevorgang wird durch den Kontakt des Klebstoffs mit den Metalloberflächen initiiert, die als Katalysator wirken. Passive Materialien besitzen nur eine geringe oder überhaupt keine katalytische Wirkung, sodass für eine schnelle und vollständige Aushärtung Aktivatoren eingesetzt werden müssen. In diesem Fall wird vorm Auftragen des Klebstoffs der flüssige Aktivator auf eine oder beide Fügeflächen aufgebracht. Es brauchen dabei keine Komponenten gemischt oder Topfzeiten beachtet zu werden.
Abb. 2: Der Aushärtevorgang bei anaeroben Klebstoffen: Im flüssigen Zustand (1) wird der Klebstoff durch die ständige Sauerstoffzufuhr stabil gehalten. Bei Einschluss des Klebstoffs im Fügespalt und Trennung von der Sauerstoffzufuhr (2) werden die Peroxide durch Reaktion mit den Metallionen zu freien Radikalen. Die Radikale leiten die Bildung von Polymerketten ein (3). Der ausgehärtete Zustand (4) zeigt eine feste Struktur mit vernetzten Polymerketten.
Durch anaerobe Reaktion ausgehärtete Klebstoffe besitzen im allgemeinen folgende Eigenschaften:
  • gute Temperaturbeständigkeit (von –55° C bis max. +230° C)
  • schnelle Aushärtung
  • einfache Dosierbarkeit mit automatischen Dosiergeräten, da nur eine Komponente
  • Feinstbearbeitung von Werkstücken nicht erforderlich; Rautiefen zwischen 8 und 40 µm sind zulässig 
  • gleichzeitige Dichtungswirkung mit ausgezeichneter chemischer Beständigkeit
  • gute Beständigkeit gegenüber mechanischen Schwingungen
  • gute Beständigkeit bei dynamischen Dauerlasten

Passive und aktive Werkstoffe und ihre Auswirkung auf die anaerobe Aushärtung

Aktive Werkstoffe
Schnelle Aushärtung
Messing
Bronze
Kupfer
Eisen
Stahl
Passive Werkstoffe
Langsamere Aushärtung*
Anodische Beschichtungen
Aluminium (mit niedrigem Kupfergehalt)
Keramik
Chromatschichten
Glas
hochlegierter Stahl
Nickel
Oxidschichten
Kunststoffe
Silber
rostfreier Stahl
Zinn
Zink

* Aktivatoren für schnelle Fixierung verwenden

Die Aushärtung, insbesondere die Aushärtegeschwindigkeit bei anaeroben Produkten, wird im Wesentlichen durch Folgendes beeinflusst:
  • Fügeteile (Abb. 4)
  • Spalt zwischen den Werkstücken (Abb. 5)
  • die Temperatur (Abb. 6)
  • den Aktivator (Abb. 7)
Abb. 4: Aushärtegeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Material.
Abb. 5: Aushärtegeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Spalt.
Abb. 6: Aushärtegeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur.
Abb. 7:  Aushärtegeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Aktivator.

Durch UV-Licht aushärtende Klebstoffe

Die Aushärtegeschwindigkeit dieser Klebstoffe hängt von der Intensität und der Wellenlänge des UV-Lichts ab. Deshalb erfordert eine durch UV-Licht eingeleitete Polymerisation stets eine genaue Abstimmung von Produkt und UV-Strahlungsquelle. Durch die UV-Strahlung werden die Fotoinitiatoren gespalten. Die so entstehenden Radikale initiieren die Polymerisation (siehe Abbildung 8). Die Loctite-UV-Aushärtesysteme verfügen über ein Strahlungsspektrum, das optimal auf die Aushärteeigenschaften der Loctite-Produkte ausgelegt ist.
Aufgrund der verschiedenen Vorgänge bei der UV-Aushärtung werden in der Regel drei Bereiche unterschieden:
  • Tiefenaushärtung durch UV-Strahlung
  • Oberflächenaushärtung durch UV-Strahlung
  • Aushärtung durch Sekundärsysteme
Abb. 8: Der Aushärtevorgang bei UV-aushärtenden Klebstoffen: Im flüssigen Zustand liegen (1) Monomere und Fotoinitiatoren reaktionsfrei nebeneinander. Bei der Bestrahlung mit UV-Licht (2) werden die Fotoinitiatoren in freie Radikale gespalten. Die Radikale leiten die Bildung von Monomerketten (3) ein. Vernetzte Polymerketten im ausgehärteten Zustand (4).
Abb. 9: Elektromagnetisches Spektrum. Das Diagramm zeigt die Strahlungsarten und zugehörigen Wellenlängen, aus denen sich das elektromagnetische Spektrum zusammensetzt.

Tiefenaushärtung

UV-Systeme, die ein sehr strahlungsstarkes Licht mit Wellenlängen von 300 bis 400 nm (langwelliges UVA-Licht) ausstrahlen, sind besser geeignet, wenn man eine größere Aushärtungstiefe erzielen möchte (siehe Abbildung 10).

Oberflächenaushärtung

Beim Vergießen und Beschichten mit UV-aushärtenden Produkten ist die Oberflächenaushärtung von großer Bedeutung. Werden ungeeignete UV-Lampensysteme eingesetzt, kann eine klebrige Oberfläche zurückbleiben. Um dies zu verhindern, muss die UV-Strahlungsquelle eine hohe Intensität im Wellenlängenbereich unterhalb von 300 nm erzeugen.
Dadurch kann die unerwünschte Reaktion der Klebstoffoberfläche mit dem Luftsauerstoff, die das Aushärten des Produktes an der Oberfläche verhindert, weitgehend unterbunden werden (siehe Abbildung 11). Die Strahlungsspektren der „energiereichen“ Loctite-UV-Lichtsysteme garantieren eine zuverlässige Aushärtung, ohne dass eine klebrige Oberfläche zurückbleibt.

Aushärtung durch Sekundärsysteme

Falls die UV-Strahlung nicht zu allen mit Kleber benetzten Stellen gelangt, hat Loctite Klebstoffe entwickelt, die über ein zweites Aushärtesystem verfügen. An den Schattenstellen kann eine vollständige Polymerisation durch folgende Sekundärsysteme erreicht werden:

  • Anaerobe Aushärtung
  • Aushärtung durch Wärme
  • Aushärtung mit Aktivatoren
  • Aushärtung durch Luftfeuchtigkeit
Abb. 10: Typisches Aushärteverhalten von UV-Produkten bei der Tiefenaushärtung
Abb. 11: Typisches Aushärteverhalten von UV-Produkten bei der Oberflächenaushärtung
Die Aushärtung von UV-Klebstoffen hängt von der richtigen Wellenlänge und Intensität des Lichts an der Klebeschicht ab. Aus diesem Grund ist die Lichtdurchlässigkeit der Werkstoffe (vgl. Abb. 12) bei der Auswahl des richtigen Klebstoffes ein wichtiges Kriterium. Für PC (Polycarbonat), PVC (Polyvinylchlorid) oder vergleichbare Werkstoffe wurden Klebstoffe entwickelt, die durch „sichtbares Licht aushärten“. Diese Klebstoffe können mit UVA-Licht aushärten, zeigen jedoch ein deutlich besseres Härtungsverhalten, wenn sie Licht mit hoher Intensität von ca. 420 nm (sichtbares Licht) ausgesetzt werden.
Abb. 12: UV-Durchlässigkeit von Glas und Kunststoffen.
Durch UV-Licht aushärtende Klebstoffe weisen im Allgemeinen die folgenden charakteristischen Eigenschaften auf:
  • hohe Festigkeit
  • großes Spaltfüllvermögen
  • sehr kurze Aushärtezeiten für das Erreichen der Handfestigkeit
  • gute bis sehr gute Medienbeständigkeit
  • gute Dosierbarkeit mit automatischen Dosiersystemen, weil es nur eine Komponente gibt

Anionisch aushärtende Klebstoffe (Cyanacrylate)

Die Cyanacrylatklebstoffe (Einkomponentenkleber) polymerisieren bei Kontakt mit schwach basischen Oberflächen. Im Allgemeinen ist die Luftfeuchtigkeit ausreichend, um die Aushärtung innerhalb weniger Sekunden zu initiieren. Die Feuchtigkeit auf der Klebefläche neutralisiert den Stabilisator des Klebstoffs. Die Polymerisation erfolgt so von Oberfläche zu Oberfläche. Um eine möglichst schnelle Aushärtung bis zur Handfestigkeit zu erzielen, ist ein „Nullspalt“ erstrebenswert. Beste Ergebnisse werden erzielt, wenn am Arbeitsplatz eine relative Luftfeuchtigkeit von 40 % bis 60 % herrscht. Geringere Feuchtigkeit verlangsamt die Aushärtung, höhere Feuchtigkeit beschleunigt sie. Dies kann jedoch die Endfestigkeit der Klebeverbindung beeinträchtigen (vgl. Abb. 13).
Zu den typischen Anwendungsbereichen von UV-aushärtenden Klebstoffen und Dichtungsmaterialien zählen:
  • Kleben von Glas und Glas oder von Glas und Metall
  • Kleben transparenter Kunststoffe
  • Abdichten elektronischer Bauteile (z. B. Relais)
  • Kleben von elektronischen Bauteilen auf Leiterplatten
  • Beschichten von Leiterplatten (Elektronik)
  • Abdichten/Kleben bei Hochtemperaturanwendungen
  • Fügen von Metallteilen (Welle-Nabe-Verbindungen) und Aushärtung überschüssigen Klebstoffes durch UV-Licht zur raschen Fixierung
  • Kleben von Metall- und Kunststoffteilen und Aushärtung überschüssigen Klebstoffes durch UV-Licht zur raschen Fixierung
Trockene Luft beeinträchtigt die Festigkeit der Klebung in der Regel nicht. Längere Aushärtezeiten verlangsamen jedoch die Produktion. Mithilfe eines Luftaufbereitungssystems kann am Klebearbeitsplatz eine günstige Luftfeuchtigkeit konstant gehalten werden. Saure Oberflächen (pH-Wert < 7) können die Aushärtung verzögern oder sogar verhindern, basische Oberflächen (pH-Wert > 7) hingegen beschleunigen die Aushärtung (siehe Abbildung 14).
Abb. 13:
Aushärteverhalten von Cyanacrylatklebstoffen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchtigkeit.
Abb. 14: Der Aushärtevorgang bei Cyanacrylatklebstoffen: Der saure Stabilisator (rot) verhindert eine Verbindung der Klebstoffmoleküle untereinander und hält den Klebstoff flüssig (1). Die Oberflächenfeuchtigkeit (blau) neutralisiert den Stabilisator (2), und die Polymerisation beginnt (3). Es bilden sich viele miteinander verflochtene Polymerisationsketten (4).
Die zu verklebenden Teile müssen nach dem Auftragen des Klebstoffs schnell zusammengefügt werden, da die Zeit bis zum Beginn der Polymerisation (offene Zeit) nur wenige Sekunden beträgt. Die offene Zeit ist von der relativen Luftfeuchtigkeit, der Feuchtigkeit der Klebeflächen und der Umgebungstemperatur abhängig. Aufgrund der äußerst schnellen Aushärtezeit sind Cyanacrylatklebstoffe besonders gut für das Verkleben kleinerer Teile geeignet.

Cyanacrylatklebstoffe sollten einseitig und sparsam aufgetragen werden. Die beste Klebung wird erzielt, wenn nur so viel Klebstoff aufgetragen wird, wie zum Ausfüllen des Fügespalts erforderlich ist.

Wie bereits erläutert, hängt die Aushärtegeschwindigkeit von der Feuchtigkeit auf der Klebefläche ab. Um die Aushärtung zu beschleunigen oder um von der Luftfeuchtigkeit unabhängig zu sein, können Aktivatoren eingesetzt werden. Auch überschüssiger Klebstoff oder ein offener Klebstofftropfen (z. B. für das Kleben von Drähten) härtet bei Verwendung von Aktivatoren innerhalb von Sekunden aus.

Cyanacrylatklebstoffe besitzen im Allgemeinen die folgenden charakteristischen Eigenschaften:
  • sehr hohe Scher- und Zugfestigkeiten
  • sehr schnelle Aushärtung (Fixierung innerhalb Sekunden)
  • kleben fast alle Werkstoffe
  • gute Alterungsbeständigkeit
Zu den typischen Anwendungsbereichen von Cyanacrylatklebstoffen zählen:
  • poröse Werkstoffe und leicht saure Oberflächen
  • schwer zu klebende Kunststoffe, sehr schnelle Fixierung
  • höhere Viskosität mit gutem Spaltfüllvermögen
  • poröse Werkstoffe, mit hervorragendem Spaltfüllvermögen, gelartige Viskosität
  • geringe Ausgasung, schwacher Geruch, wird eingesetzt, wenn optische Eigenschaften Priorität besitzen
  • Kleben ungleicher Werkstoffe, flexibles Cyanacrylat, wird häufig für das Kleben von Metall und Kunststoff eingesetzt
  • Kleben von Metall und Metall oder Metall und anderen Werkstoffen
  • Kleben unterschiedlicher Werkstoffe, beste Temperatur- und Wärmealterungsbeständigkeit

Mit Aktivatoren aushärtende Klebstoffe (modifizierte Acrylate)

Diese Klebstoffe härten bei Raumtemperatur mithilfe eines Aktivators aus. Abhängig vom verwendeten Klebstoff können Klebstoff und Aktivator separat auf die Klebeflächen aufgebracht oder in einem statischen Mischer vorgemischt werden. Klebstoffe, die in Verbindung mit einem niedrigviskosen Aktivator eingesetzt werden, werden nicht vorgemischt. Der Klebstoff und der Aktivator werden immer separat auf die Klebeflächen aufgetragen. Der Klebstoff beginnt auszuhärten, wenn die beiden Teile zusammengefügt werden.

Um auf flüssige Aktivatoren verzichten zu können, stehen auch Acrylat-Klebstoffe zur Verfügung, bei denen der Aktivator dieselbe Konsistenz wie der Klebstoff aufweist. Hierbei handelt es sich um Zweikomponentensysteme, bei denen Klebstoff und Aktivator getrennt aufgetragen werden, und zwar Raupe neben Raupe oder Raupe auf Raupe. Wenn die beiden zu klebenden Teile zusammengefügt werden, vermischen sich die Klebstoffkomponenten durch den Fügeprozess. Besitzt der gemischte Klebstoff eine Topfzeit von 5 Minuten oder mehr, kann auch ein statischer Mischer verwendet werden. Dies bietet den Vorteil, dass bereits vorgemischter Klebstoff dosiert wird und die Durchmischung nicht vom Fügeprozess der Teile abhängt.

Abb. 15: In Abhängigkeit der Anwendungsanforderungen kann Methode a) oder b) ausgewählt werden. In jedem Fall sind Komponente A und Komponente B des Klebstoffes so aufzutragen, dass während des Zusammenfügens eine Durchmischung erfolgt.
Modifizierte Acrylat-Klebstoffe besitzen im Allgemeinen die folgenden charakteristischen Eigenschaften:
  • sehr hohe Scher- und Zugfestigkeiten
  • gute Stoßfestigkeit
  • großer Einsatztemperaturbereich (–55° C bis +120° C)
  • kleben fast alle Werkstoffe
  • großes Spaltfüllvermögen (insbesondere vorgemischte Acrylate)
  • gute Medienbeständigkeit
Zu den typischen Anwendungsbereichen modifizierter Acrylat-Klebstoffe zählen:
  • Kleben von Lautsprechern
  • Magnetkleben
  • Strukturelles Kleben

Durch Luftfeuchtigkeit aushärtende Klebstoffe

Die Polymerisation dieser Klebstoffe/Dichtungsmaterialien wird (in den meisten Fällen) durch eine Kondensationsreaktion, eine Reaktion mit der Luftfeuchtigkeit, herbeigeführt.

Zu dieser Gruppe gehören zwei allgemeine chemische Substanzen:

Silikone:

Diese Werkstoffe vulkanisieren bei Raumtemperatur durch Reaktion mit der Luftfeuchtigkeit (Raumtemperaturvulkanisierung = RTV). Im Vergleich zur anionischen Reaktion der Cyanacrylate, bei der die Feuchtigkeit den Stabilisator neutralisiert, nutzen Silikone das Wassermolekül zur Vernetzung. Das heißt, dass die Feuchtigkeit in das Silikon an die Stelle eindringen muss, an der die Vulkanisierung stattfindet. Wird das Wassermolekül in die Bindung zwischen den Silikonmolekülen integriert, wird ein Nebenprodukt freigesetzt. In Abhängigkeit der Aushärtungschemie kann das freigesetzte Nebenprodukt sauer (z. B. Essigsäure), basisch (z. B. Amin) oder neutral (z. B. Oxim oder Alkohol) sein.

Die Aushärtegeschwindigkeit dieser Klebstoffe hängt vorrangig von der relativen Luftfeuchtigkeit ab.

Die Eigenart des Aushärtemechanismus führt dazu, dass Silikone vom äußeren zum inneren Bereich der Klebung vulkanisieren. Aufgrund der erforderlichen Feuchtigkeitsmigration zum Ort der Vernetzung ist die Aushärtetiefe auf 10 – 15 mm begrenzt.

Abb. 16: Aushärtegeschwindigkeit in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchtigkeit
Silikonelastomere (oder ausgehärtete Silikone) besitzen im Allgemeinen die folgenden Eigenschaften:
  • außerordentliche Wärmebeständigkeit (mehr als 230° C)
  • elastisch, zäh, hohe Dehnung
  • niedriger bis mittlerer E-Modul
  • wirksame Dichtung gegen zahlreiche flüssige Medien
  • ausgezeichnetes Spaltfüllvermögen
Abb. 17: Eine typische Klebefuge, geklebt mit Silikon.
Zu den typischen Anwendungen für Silikone gehören:
  • Flächendichten und Abdichten in der Automobilindustrie
  • Abdichten bei Hochtemperaturanwendungen
  • Abdichten und Kleben (insbesondere bei kleinen Werkstücken)
  • UV-Licht-Aushärtung
  • Abdichten und Vergießen (neutrales Nebenprodukt)
  • Beschichtung von Leiterplatten
  • UV-Licht-Aushärtung

Polyurethane:

Polyurethane werden durch einen Mechanismus gebildet, bei dem Wasser mit einem Inhaltsstoff reagiert, der Isocyanatgruppen enthält. Wie bei Silikonen muss das Wassermolekül in den Klebstoff an die Stelle eindringen, an der die Vernetzung stattfindet. Dies führt zu demselben Aushärteverhalten, das auch die Silikone aufweisen, jedoch ohne dass Nebenprodukte an die Umgebung abgegeben werden. Die Aushärtegeschwindigkeit hängt wie bei der Aushärtung von Silikonen ebenfalls von der relativen Luftfeuchtigkeit ab.
Polyurethane besitzen im Allgemeinen die folgenden Eigenschaften:
  • ausgezeichnete Zähigkeit
  • Elastizität, hohe Dehnung
  • ausgezeichnetes Spaltfüllvermögen
  • nach der Aushärtung überlackierbar
  • ausgezeichnete chemische Beständigkeit
Um die beste und beständigste Adhäsion zu erzielen, wird die Verwendung geeigneter Reiniger und Primer (Haftvermittler) empfohlen. Abhängig von den Oberflächen werden unterschiedliche Primer verwendet.

Warmhärtende Klebstoffe

Bei den warmhärtenden Klebstoffen handelt es sich vorwiegend um Einkomponentenklebstoffe. Typische Beispiele sind warmhärtende Epoxide. Sie bestehen vorwiegend aus Harz und Härter. Die Aushärtetemperatur hängt vom Härter ab. Eine typische Mindestaushärtetemperatur ist 100° C.

Die Aushärtezeit hängt mit der Aushärtetemperatur zusammen – je höher die Aushärtetemperatur, umso kürzer ist die Aushärtezeit. Normalerweise ist eine Mindesttemperatur zur Aktivierung des Härters und zur Initiierung der Polymerisation erforderlich.

Zu den typischen Anwendungen von Polyurethanen zählen:
  • Kleben
  • Abdichten
Abb. 18: Aushärtezeit in Abhängigkeit von der Temperatur.
Neben den echten warmhärtenden Klebstoffen gibt es noch einige andere Klebstoffe, die die Warmhärtung als zusätzlichen Aushärtemechanismus einsetzen. Anaerobe Klebstoffe besitzen einen zusätzlichen Warmhärtemechanismus, der bei 120° C beginnt.
Die warmhärtenden Klebstoffe decken eine große Bandbreite an Eigenschaften ab und sind stark von der chemischen Basis (z. B. Epoxid, Methacrylat) abhängig.
Typische warmhärtende Epoxide besitzen im Allgemeinen die folgenden Eigenschaften:
  • mittlere bis hohe Festigkeit
  • gute Adhäsion zu vielen Werkstoffen
  • gutes Spaltfüllvermögen
  • gute bis sehr gute Beständigkeit gegenüber Medien
Zu den typischen Anwendungsbereichen zählen:
  • Chipkleben (Elektronik)
  • Relaisabdichtung
  • Imprägnieren
  • Schraubensichern, Gewindedichten, Flächendichten, Fügen von Welle-Nabe-Verbindungen
  • Kleben

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