«Finde ich eine Frechheit» – Auf dem Sonnenberg müssen 40 Bäume einem Kastanien-Projekt weichen

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«Finde ich eine Frechheit»Auf dem Sonnenberg müssen 40 Bäume einem Kastanien-Projekt weichen

Um einem Edelkastanien-Hain Platz zu schaffen, fällt die Stadt Kriens auf dem Sonnenberg zahlreiche Bäume. Leser B.B. findet das «unverständlich» – Experten geben Entwarnung: «Die Kastanie ist gut fürs Klima.»

Darum gehts

«Ich finde es eine riesige Frechheit, dass man so viele gesunde Bäume fällt», sagt B.B.* aus Luzern. Als der 70-Jährige kürzlich auf dem Sonnenberg spazieren ging, entdeckte er unterhalb des Wanderweges zur Kreuzhöhe, dass ein ganzes Waldstück mit verschiedenen Baumsorten gefällt wurde. «Es ist ein trauriger Anblick: Wo normalerweise zahlreiche schöne Bäume den Wanderern Schatten spenden, stehen nun nur noch vereinzelte Baumstrünke herum.»

Grund für die Waldrodung ist ein Projekt, bei dem auf dem Sonnenberg eine Halballee mit 36 Edelkastanien  enstehen wird. Mit einem Schild werden die Spaziergänger neben der gefällten Waldlichtung auf die Gründe aufmerksam gemacht: «Um Platz zu schaffen, für ein Edelkastanien-Projekt, ist das Fällen von einigen Bäumen notwendig», steht auf der Tafel. Initiator ist die Stadt Kriens in Zusammenarbeit mit dem Verein IG Pro-Kastanie-Zentralschweiz: «Wir sind uns bewusst, dass Emotionen ausgelöst werden, wenn Bäume dieser Grössenordnung gefällt werden», sagt Sascha Blum, Sachbearbeiter der Stadtverwaltung Kriens Umweltdienste auf Anfrage.

«Die Edelkastanie ist ein Klimabaum»

Man habe sich dennoch für das Projekt entschieden, weil man darin überwiegend Vorteile sehe, so Blum: «Die Edelkastanie wird als Klimabaumart gehandelt: Sie kann besser mit Trockenheit umgehen als andere Bäume. Damit kann sie sich an den fortschreitenden Klimawandel besser anpassen.» Ausserdem fördere die Kastanie, die fast 1000 Jahre alt werde, die Biodiversität: «Gerade im hohen Alter, mit ihrer Vielzahl an besonderen Strukturen, bieten die Bäume Lebensraum für zahlreiche Pflanzen-, Tier- und Pilzarten.»

Neben ökologischen Gründen wurde das Projekt auch aus sozialen und kulturhistorischen Aspekten lanciert. So existierte bereits 1931 eine Baumallee auf der Kreuzhöhe, sagt Blum: «Mit der Wiederherstellung dieser Baumreihe als Halballee soll die kulturhistorische Verbindung zu einer vergangenen Epoche neu aufleben. Der Sonnenberg soll den Besucherinnen und Besucher mit dem Hain ein weiteres Naturerlebnis bieten.» Zum Beispiel könne man im Herbst etwa mit der ganzen Familie Marroni einsammeln gehen.

40 Bäume mussten gefällt werden

Rund 40 Bäume – darunter Buchen, Lärchen, Tannen, Eichen und Fichten – mussten gefällt werden, um den Edelkastanien Platz zu machen. Wieso entschied man sich genau für dieses Waldstück und wich nicht auf einen Platz aus, auf dem noch keine Bäume stehen? Laut Blum hat die Stadt Kriens mit verschiedenen Vertretern aus der Jagd- und Landwirtschaft intensiv darüber diskutiert und die Lage abgeschätzt: «Wir kamen zum Schluss, dass oberhalb des Kreuzweges durch die Nord-Süd-Exponierung die besten Bedingungen für die Kastanienallee herrschen.»

Ausserdem seien rund ein Drittel der von der Fällung betroffenen Bäume auf dem Sonnenberg bereits in einem schlechten Zustand gewesen: «Die trockenen Sommer im Jahr 2018 und 2019 haben einigen Bäumen, vor allem Fichten und Rotbuchen, stark zugesetzt – innerhalb der nächsten Jahre hätte man sie sowieso fällen müssen.» Das gefällte Holz werde zudem der lokalen Wertschöpfung zugeführt und zu Bau- und Brennholz verarbeitet.

«Es gab vereinzelt negative Rückmeldungen»

Es habe vereinzelt negative Rückmeldungen aus der Bevölkerung gegeben, sagt Emanuel Helfenstein von IG Pro Kastanie. «Es stimmt, dass es im Moment auf dem Sonnenberg nicht sehr nett aussieht – deswegen kann ich verstehen, wenn Spaziergänger Kritik üben.» Die Bäume seien nun gefällt, aktuell beginne man auf dem Sonnenberg mit dem Pflanzen der Kastanien: «Mit Frühlingsbeginn wird es wieder besser aussehen.» Ende März sei das Projekt dann abgeschlossen. 

B. hat mit diesen Hintergrund-Informationen teilweise Verständnis für das Projekt: «Ich finde das Pflanzen von neuen Bäumen grundsätzlich gut. Trotzdem wünschte ich mir, man hätte die Kastanien an frei stehenden Orten gepflanzt.» Viele Wanderer sähen es ähnlich: «Ich gehe wöchentlich auf dem Sonnenberg wandern – die Fällung bleibt bei den Spaziergängern ein grosses Thema.»

* Name der Redaktion bekannt 

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