Wassersommelière über Wasser-Degustation und Zitronen im Wasserglas

Dass Wasser mehr kann, als nur Durst zu löschen, weiss Wassersommelière Anke Scherer.

Dass Wasser mehr kann, als nur Durst zu löschen, weiss Wassersommelière Anke Scherer.

Pexels/Arnie Watkins
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Wassersommelière im interview«Wasser wird viel zu wenig Beachtung geschenkt»

Wir haben mit Anke Scherer, Wassersommelière im Grand Resort Bad Ragaz, über Wasser-Degustationen, Kaffeezubereitung und Zitronenscheiben im Glas gesprochen.

Luise Faupel
von

Frau Scherer, welches Wasser trinken Sie am liebsten?

Das kommt auf den Anlass an: ob ich Wasser zum Erfrischen nach dem Sport, weil ich Durst habe, oder zu Wein und Essen trinke. Wählen kann ich zwischen den vier gängigen Wasserarten Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser und Leitungswasser. Oder zwischen den vielen Variationen, wie Soda oder Flavored Water, also Wasser mit Geschmack.

Nach dem Sport – was trinkt man da am besten?

Das Wasser sollte hochmineralisiert sein. Leitungswasser oder mit einem Wassersprudler gesprudeltes Wasser kann das nicht bieten. Ich greife also zur gekauften Flasche Mineralwasser.

Wasser mit oder ohne Kohlensäure: Was passt besser zum Essen?

Trinkt man Wein zum Essen, lautet eine Faustregel: Trinke zu Weisswein Wasser mit Kohlensäure und zu Rotwein Wasser ohne Kohlensäure. Zu scharfem Essen würde ich Magnesiumwasser wählen, weil es leicht süsslich ist und ausgleicht. Für milde Gerichte eignet sich niedrig mineralisiertes Wasser, zu kräftigen Wildgerichten Wasser mit wenig Kohlensäure. Und zu Käsefondue empfehle ich stilles Wasser. Aber auch da gilt: Geschmackssache.

Wie unterschiedlich Wasser schmecken kann, merkt man an Kaffee und Bier

Anke Scherer, Wassersommelière

Was bewirkt passend zum Essen ausgesuchtes Wasser?

Ähnlich wie Wein unterstützt Wasser das Essen und bietet ein geschmackliches Gesamterlebnis. Getränke-Pairings mit Schorlen sorgen für interessante Kombis. Innerhalb eines Menüs empfiehlt sich Wasser zudem zum Neutralisieren zwischen den Gängen: Die Geschmacksknospen werden wieder frei und man schmeckt die neuen Aromen beim nächsten Essen.

Die 4 Wasserarten

Wir denken selten über Wassergeschmack nach. Wo fällt er denn im Alltag auf?

Man muss nur mal eine Fruchtschorle mit verschiedenen Wassern trinken oder Kaffee und Tee mit zwei verschiedenen Wassern zubereiten – der Unterschied kann enorm sein. Ein Kaffee besteht aus ungefähr 97 Prozent Wasser: Die Menge an Mineralien des Wassers wirkt sich auf seinen Geschmack aus. Für Kaffee eignet sich deshalb am besten weiches Wasser, da es eine geringe Menge an gelösten Mineralien aufnimmt. Auch Bier besteht zu 90 Prozent aus Wasser.

Wie serviere ich meinen Gästen Wasser?

Das kommt auf die Art des Wassers an. Mineralwasser oder Quellwasser sollte dringend aus der Flasche serviert werden. Wird Mineralwasser im Restaurant in eine Karaffe gefüllt, darf es laut Gesetz nicht mehr als Mineralwasser verkauft werden. Bei Tafelwasser oder Leitungswasser ist hingegen eine Karaffe zu empfehlen.

Und aus welchem Glas trinkt man Wasser am besten?

Ich bevorzuge ein Weinglas, weil die unten bauchige, oben eng zulaufende Form gut zum Wasser passt: Wird das Glas oben enger, trifft das Wasser punktierter, spitzer auf den Gaumen, was sich auf den Geschmack ausübt. Stilles Wasser schmeckt dagegen gut aus einem sehr offenen Glas in Tulpenform, denn hier gelangt das Wasser auf die ganze Zunge. Auf farbige Gläser sollte verzichtet werden, da Farben unseren Geschmack zu sehr beeinflussen.

Stichwort Farbe: Stimmt es, dass unbehandeltes Wasser eher bräunlich wäre?

Wasser muss per Definition immer klar sein. Wenn Mineralwasser länger offen steht, oxidiert der hohe Eisenanteil im Wasser und es wird braun. Deshalb wird das Eisen oft aus ästhetischen Gründen entfernt. Auch wird Schwefel entfernt, da das Wasser sonst nach verfaulten Eiern stinken würde. Würde niemand trinken wollen – obwohl Eisen im Wasser natürlich besonders für Frauen sehr gesund und deshalb nützlich wäre.

Wasser im Kühlschrank kaltstellen oder bei Zimmertemperatur geniessen?

Das ist jedem selbst überlassen. Ich persönlich trinke es am liebsten bei zehn bis zwölf Grad. Der Geschmack von Wasser verändert sich mit der Temperatur und Kohlensäure, da sich die Aromen so besser entfalten können. Ähnlich wie beim Käse. Auch zum Degustieren hält man es deshalb auf Zimmertemperatur.

Zum Essen oder Wein rate ich von Wasser mit Zitrone ab

Anke Scherer, Wassersommelière

Was halten Sie davon, Wasser mit Zitrone zu ergänzen?

Wenn man das Wasser zwischendurch zum Erfrischen trinken möchte, gerne. Dann bekommt man auch einen anderen Geschmack und hat Lust, mehr zu trinken. Doch zum Wein oder Essen empfehle ich es nicht, da sonst der Geschmack beeinflusst wird.

Wie läuft eine Wasser-Degustation ab?

Bei einer ersten Wasser-Degustation reiche ich meist nur stille Wasser, denn da lässt sich der Geschmack einfacher erkennen. Für mich ist es wichtig, dass man Wasser bewusst in zwei Schritten, also, Schlucken degustiert: Den ersten «zum Fühlen», ob sich das Wasser kalt oder warm, hart oder weich am Gaumen anfühlt, und den zweiten «zum Schmecken», ob das Wasser süss oder salzig, sauer oder bitter schmeckt.

Wie viel verschiedenes Wasser kann man an Ihrem Arbeitsort, dem Grand Resort Bad Ragaz, probieren?

An der Wasser-Bar in der Lobby zu den Spa-Suiten bieten wir bis zu 30 verschiedene Wasser an. In den Restaurants meist fünf bis sechs. Hier ist auch unser eigenes Thermalwasser enthalten.

Wie wird man eigentlich Wassersommelière?

Die Wassersommelière ist eine Zusatz-Qualifikation zu meiner Hotellerie-Ausbildung: Ich habe einen zehntägigen Kurs bei einer Genussakademie bei München besucht. Aber auch die Gastro Suisse in Zürich bietet mit Schwerpunkt auf die Gastronomie einen Kurs an.

Was gefällt Ihnen am meisten an Ihrem Job?

Ich finde es einfach immer wieder spannend, was Wasser alles bewirken und auslösen kann, wenn man sich darauf einlässt und bewusst schmeckt. Leider wird Wasser oft nicht genügend Beachtung geschenkt und es wird einfach nur so getrunken.

Still, mit Zitrone, in der Lieblings-Karaffe: Wie trinkst du dein Wasser am liebsten?

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