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„Aufgeweichte Jammergestalten“: Pädagoge zerreißt heutige Kinder-Erziehung

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Pädagoge Albert Wunsch polarisiert mit seinen Thesen über die Kindererziehung heutiger Helikopter-Eltern, deren Produkt „lebensuntüchtige“ Egoisten seien.

Neuss – Die heutigen Eltern verwöhnen ihre Kinder zu sehr, und ziehen damit eine Generation von kraftlosen, ängstlichen, leistungsschwachen, unmotivierten und angepassten Egoisten heran, behauptet der Neusser Sozialpädagoge und Autor Albert Wunsch. Seine These: Wer seinen Nachwuchs zum selbstständigen Menschen erziehen möchte, sollte darauf verzichten, ihm Dinge abzunehmen und es ihm möglichst leicht zu machen. Das kann man der Mutter, die Miete von 7-jährigem Sohn verlangt, damit er Verantwortung lernt*, sicher nicht vorwerfen.

Großstadt in Nordrhein-Westfalen:Neuss
Einwohner:159.401
Fläche:99,48 km²
Bürgermeister:Reiner Breuer (SPD)
Ein kleines Mädchen im Engelskostüm mit Prinzessinenkrone und Zauberstab ist traurig im Kinderzimmer
Eltern packen ihre Kinder zu sehr in Watte – indem sie ihnen alle Wünsche erfüllen, behauptet der Pädagoge Albert Wunsch. (24hamburg.de-Montage) © Elena Rostunova/imago

Pädagoge Albert Wunsch sagt: Heutige Eltern erziehen ihre Kinder zu „aufgeweichten Jammergestalten“

Wer sich als wirklich gute Mutter oder als guter Vater beweisen wolle, sollte seinem Kind weder die Schuhe zubinden, noch ihm das Brot schmieren oder es mit dem Auto zur Schule chauffieren, erklärt Erziehungswissenschaftler Albert Wunsch im „Spiegel“. All das seien nämlich keine Liebesbeweise, sondern egoistische Mechanismen, um Konflikte zu vermeiden und das Kind in Watte zu packen. Diese Form des Verwöhnens produziere Hilfsbedürftigkeit und Lebensunfähigkeit.

Albert Wunsch in Erziehungsratgeber „Die Verwöhnungsfalle“: Regeln vorgeben, nicht diskutieren

Die Forderung von Wunsch: Eltern sollten Regeln vorgeben, anstatt mit den Kindern zu diskutieren. Diskussionen, so der Autor des Erziehungsratgebers „Die Verwöhnungsfalle“, seien in der Regel einfach nur Machtproben: „Je mehr sich die Eltern darauf einlassen, desto umfangreicher verlieren sie an Autorität und Klarheit.“, behauptet er. Aber genau das bräuchten Kinder: Klarheit und Orientierung – ein bisschen Strenge in der Kindererziehung schadet nicht, wie auch 24vita.de berichtet. „Training vom ersten Tag an“ statt ein Leben im Schongang. Ein falsch verstandenes „Training“ in früher Verantwortung war fraglos der Silvester-Einsatz eines 12-Jährigen, der seinen betrunkenen Vater mit dem Auto abholte*.

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Laut Albert Wunsch sind heutige Kinder „Prinzen und Prinzessinnen, die sich für den Nabel der Welt halten“

Das zeige sich auch in den Schulen: „Kinder bringen eine überzogene Selbsteinschätzung von zu Hause aus mit“, beschreibt Wunsch das Dilemma im „Spiegel“, „Eltern betrachten ihre Kinder zu oft als ihr großes Projekt, als kleine Supermänner und Superfrauen. Sie versuchen, sich über die Kinder zu definieren.“ Kinder bekämen darum heute überzogen viel Aufmerksamkeit, die ihnen nicht guttäte – und ließe sie dadurch ein ebenso überzogenes „Ich“ entwickeln.

„Aufgeweichte Jammergestalten, ideenlos, frustriert, ohne Kraft, Mut und Zukunftsperspektive gibt es schon genug.“

„Heute sitzen in einer ersten Klasse viele Prinzen und Prinzessinnen, die alle meinen, sie seien der Nabel der Welt. Die sich uneingeschränkt mitteilen wollen, Lob erwarten und mit einem Stopp oder Kritik nicht umgehen können.“, so der Pädagoge im Gespräch mit dem „Spiegel“. Die Konsequenzen: „Aufgeweichte Jammergestalten, ideenlos, frustriert, ohne Kraft, Mut und Zukunftsperspektive“. Eine Generation, die schnell aufgibt, keine Durststrecke durchhalten kann und von sofortiger Belohnung und Bestätigung abhängig ist, sei die Konsequenz.

Aufgeweichte Jammergestalten, ideenlos, frustriert, ohne Kraft, Mut und Zukunftsperspektive

Pädagoge und Autor Albert Wunsch über heutige Kinder

Pädagoge und Autor Wunsch meint, verwöhnte Kinder werden zur Bedrohung für die Gesellschaft

Die Folge würden die Gesellschaft teuer zu stehen kommen, konstatiert Wunsch. Da das „Ich“ immer wichtiger werde und das „Wir“ immer unwichtiger, zerbröselten Engagement und Zusammenhalt zunehmend. Die falsche, auf Verwöhnung ausgelegte Erziehung verhindere, das Heranwachsen zum lebenstüchtigen Erwachsenen. „Durchhaltevermögen, Leistungsbereitschaft und grundlegende lebenspraktische Fähigkeiten haben in unserer Gesellschaft stark abgenommen und werden weiter abnehmen.“, mahnt der Pädagoge. Das sieht wohl auch die Mutter so, die ihren Kindern Geld fürs Weihnachtsessen abknöpft – sie habe jahrelang draufgezahlt und hält das Ganze für eine wertvolle Lektion.

„Ob Einsicht, Zeit und Kraft reichen, die Mutation vieler Zeitgenossen zum Homo schlaraffiensis rückgängig, dem Lebensideal als Made im Speck den Garaus zu machen?“, malt der Erziehungswissenschaftler ein düsteres Bild von unserer zukünftigen Gesellschaft. Vielleicht ist es in diesem Sinne dann ein gutes Zeichen, dass der Vater, der Geschenke verbrannt hat, damit seine Kids artig sind, dafür im Netz gefeiert wurde*. Herrn Wunsch hat die Aktion vermutlich gefallen. *24hamburg.de und kreiszeitung.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.

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