Wenn die Idee zum Graus wird: Gladbach braucht ein Upgrade vom eigenen Prinzip

Sah kein Fußballleckerbissen im Rheinderby: Gladbach-Coach Daniel Farke
Sah kein Fußballleckerbissen im Rheinderby: Gladbach-Coach Daniel Farke / Dean Mouhtaropoulos/GettyImages
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Quo vadis Borussia Mönchengladbach? Die Fohlen stecken in einer toxischen Mischung aus Unsicherheit, eigenem Anspruch und sturer Idee fest. Trainer Daniel Farke und Sportchef Roland Virkus müssen - spätestens im Sommer - ein Upgrade installieren.

So trostlos wie Borussia Mönchengladbach die zweite Tabellenhälfte anführt, so trostlos war über weite Strecken auch der Auftritt der Fohlenelf im Rheinderby beim 1. FC Köln. Auch wenn dem VfL ein klarer Elfmeter verwehrt wurde: Das 0:0 war insgesamt schmeichelhaft und entsprach dem Niveau der Partie.

Sami Khedira, als DAZN-Experte und Co-Kommentator des Spiels, ging mit der Borussia hart ins Gericht: "Es ist ein Hin- und Hergeschiebe ohne wirkliche Lösung. Der Gladbacher am Ball ist die ärmste Sau. Trainer Farke hat vor dem Spiel betont, die Spiele gegen Köln sind die beiden wichtigsten Partien der Saison - dann musst du aber auch scharf sein. Gladbach kann mehr als glücklich mit dem Ergebnis sein", so die Einschätzung des Weltmeisters von 2014.

"Ich bin eigentlich ein Gladbach-Sympathisant. Aber mir hat heute der Matchplan gefehlt", betonte Khedira.

Damit dürfte er vielen Gladbacher Anhängern aus der Seele gesprochen haben. Der letzte Teil im zweiten Durchgang stand sinnbildlich für den Gladbacher Auftritt. Statt auf den Führungstreffer zu spielen, wurde die Kugel endlos zwischen den beiden Innenverteidigern und Torhüter Jonas Omlin hin- und hergeschoben. Raumgewinn: Fehlanzeige! Plan, um nach vorne zu spielen: Fehlanzeige!

Bezeichnend vielmehr: Omlin hatte als Torhüter die meisten Ballkontakte aller Spieler auf dem Platz (96)!

Hier einige Fan-Reaktionen nach dem Rheinderby:

Ballgeschiebe als Matchplan: Wohin geht die Fohlen-Reise?

Nach knapp 4/5 der laufenden Saison muss man sich am Niederrhein die komplizierte Frage stellen, wohin die Reise mit dieser Mannschaft und mit diesem Trainer gehen soll?

Fakt ist, dass es im Sommer erstmals nach vielen Jahren der Kader-Kontinuität zu größeren Verschiebungen kommen wird. Thuram und Bensebaini verlassen den Verein ablösefrei, Kapitän Lars Stindl könnte genauso folgen, wie einige andere Stammspieler auch.

Trainer Daniel Farke wurde im Saisonverlauf nicht müde zu betonen, dass man eine stabile Saison spielen möchte. Tabellarisch wurde eine sorgenfreie Spielzeit angepeilt - mit Blick ins obere Drittel. Während man mit dem Abstieg nichts mehr zu tun hat, muss man nach 26 Spieltagen feststellen, dass auch nach oben nichts mehr gehen wird.

Das Favre'sche Prinzip: Ein Erfolgsmodell für Gladbach mit Farke?

Bleibt die Frage, wie man mit dieser Situation umgehen möchte? Farkes Idee vom Fußball seiner Mannschaft fußt auf das Favre'sche Prinzip: Gladbach möchte mit Ballbesitz Kontrolle über das Spiel und so zum Erfolg kommen. Das Spielermaterial für diesen Plan - zumindest in der laufenden Saison - wäre theoretisch da.

Und genau das sollte stutzig machen. Warum schafft es die Fohlenelf mit Spielern wie Thuram, Plea, Hofmann, Koné und Co. nicht, deutlich regelmäßiger zu punkten? Alle genannten Spieler besitzen mindestens gehobenes Bundesliga-Niveau. Starke Leistungen gegen Topteams wie Bayern oder Dortmund folgten aber zahlreiche schwache Spiele gegen vermeintlich kleinere Gegner.

Farkes Idee ist nicht erfolgversprechend

Passt die Spielidee von Farke überhaupt zur Mannschaft? Oder besser gefragt: Kann sie für Gladbach ein Erfolgsrezept sein? Aktuell muss man klar sagen: Nein! Denn dem Team fehlte es nicht nur gegen Köln sichtlich am Selbstvertrauen und an der Selbstverständlichkeit für das eigene Spiel. Heraus kommt dann so ein trostloses Ballgeschiebe.

Deutlich leichter tat man sich gegen größere Teams auch deshalb, weil man dem Gegner häufiger den Ball überlassen konnte und im eigenen Ballbesitz mehr Räume vorfand, die man zielstrebiger anspielen konnte.

Für Farke und Gladbach geht es nun darum, die Saison einigermaßen ordentlich fertig zu spielen. Dann wird im Sommer eine personelle Neuausrichtung stattfinden müssen, bei der man vieles hinterfragen muss. Welche Spielertypen braucht diese Mannschaft? Und wie setzt man Farkes Idee von Fußball weiter um? Erste Schlüsse sollte man in Gladbach schon gezogen haben - allerspätestens seit diesem Rheinderby: Das Favre'sche Prinzip braucht dringend eine Upgrade. Mehr Zielstrebigkeit im eigenen Offensivspiel ist nötig - und dafür lohnt es sich auch mal etwas (scheinbare) Kontrolle abzugeben...