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Aachen

Aachener Fotograf David Koenig: Das Besondere an Architektur im Blick

Ob New York, Seoul, Peking, New York, Bonn oder Singapur — wenn David Koenig sich auf Reisen begibt, um moderne Architekturen der Welt zu fotografieren, dann sucht er stets das Besondere im Detail — und gelangt zu außergewöhnlichen, überraschenden Ergebnissen. Mit sicherem Blick findet er skulpturale Qualitäten von Bauten im Spiel von Licht und Schatten, Spiegelungen und Rastern, Profilen und Kanten, Ecken und Linien.

Mit der Kamera sucht er das Besondere und Abseitige in moderner Architektur: David Koenig mit einem seiner Werke.
Mit der Kamera sucht er das Besondere und Abseitige in moderner Architektur: David Koenig mit einem seiner Werke. Foto: Andreas Schmitter

All das festgehalten zumeist aus steiler Perspektive, dramatisch überhöht. Dabei löst sich die Funktionalität der Gebäude auf zugunsten ganz neuer, faszinierender abstrakter Bild- und Raumkompositionen. Fast wie ein Maler benutzt der Aachener Fotograf seine Kamera — Farben, Formen und Flächen erscheinen aufgelöst. „Urban Elements“ nennt er seine Serie. 2012 ist bei Frechmann Kolón ein riesiger Bildband (99 Euro) mit den Aufnahmen erschienen; er wurde nominiert für den Deutschen Fotobuchpreis.

So spezialisiert perfekt und wohlkomponiert diese architektonischen Detailstudien auch erscheinen mögen, der 1974 in Aachen geborene Künstler ist keineswegs „nur“ ein Architekturfotograf. Damit verfolgt er allenfalls eine, wenn auch tief beeindruckende, Seitenlinie in seinem Schaffen. Sie passt indessen bestens in der Programm der renommierten Kölner Galerie Krings-Ernst. Thomas Krings-Ernst, ehemaliger Hausgalerist des Aachener Sammlers Peter Ludwig, hat sein Hauptinteresse mittlerweile verlegt auf die Schnittstelle von bildender Kunst und Architektur. Koenig besetzt in dem Zusammenhang eine der interessantesten aktuellen Positionen.

Ziemlich weltläufig ist der junge Mann aus Aachen, den Ausstellungen bereits bis nach Peking geführt haben. Koenig ist Absolvent der renommierten New Yorker Fotoakademie International Center of Photography (ICP). Seit 2013 lebt er in Los Angeles. Für ein halbes Jahr wohnt er jetzt mit seiner japanisch-stämmigen Frau Mamiko und dem zweieinhalbjährigen Sohn Ferdinand in Aachen bei seiner Familie. Mutter Gabriele, eine renommierte Sammlerin von Fotografien, die das Ludwig Forum bereits in einer Auswahl gezeigt hat, soll klein Ferdinand auch einmal intensiv für sich haben.

„Fotografie ist für mich ein Medium wie die Malerei“, erklärt Koenig. Allerdings geht er sehr frei und individuell damit um. Der Aachener Künstler arbeitet in Serien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und die fallen gelegentlich ganz schön schwarz aus. „Black“ heißt solch eine Serie — und in der Tat: Man sieht kaum mehr als eine schwarze Fläche, allein ein Wort hebt sich weiß vom dunklen Hintergrund ab. In dem Bild von 2008 ist es das Wort „Tsar“, deutsch „Zar“. 2008 wählte das „Time Magazine“ Wladimir Putin zum „Man of the Year“, mit einem seitenfüllenden Porträt auf der Titelseite. Koenig hat sie abfotografiert und mit einem schwarzen Schleier verschattet.

Erst auf den zweiten Blick und von der Seite erkennt man darunter die Physiognomie Putins — und eben jenes dominante, charakterisierende Schlagwort auf der Titelseite der Zeitschrift. Koenig lotet die Grenzen der Fotografie aus, um „die Menschen zum Nachdenken anzuregen“, wie er erklärt. 2016 zierte Donald Trump den Titel des „Time Magazines“ — das weiß hervorgehobene Schlagwort lautet hier „Hater“ (Hasser). Koenig konzentriert die Aufmerksamkeit des Betrachters auf ein einziges Wort der Schlagzeile und weckt mit seinem halb versteckten Bild Assoziationsketten. Mit seiner Fotografie inszeniert er so mehr Ideen als Posen oder Situationen.

„Warum setzen Freunde und sogar Fremde Texte und Fotos von uns und über uns frei ins Netz?“, fragt Koenig angesichts des allgemein verbreiteten Social-media-Wahns. „Verlangt es unsere Gesellschaft, alles publik zu machen?“ In seiner Serie „Public Privacy“ von 2009 „therapiert“ er symbolisch die für misslich empfundene Entwicklung und führt unvermeidlich gewordene, veröffentlichte Selfies allermöglicher Menschen in ihre Privatheit und Intimität zurück: indem er sie einfach unscharf und damit unkenntlich macht. Auf den ersten Blick „malerisch“ wirken die Bilder der jüngsten Serie — rauschhaft verschwommene Darstellungen, Farbschlieren- und -kaskaden, wie hingehuscht, entstanden in Momenten der Bewegung. Fotografie wie mit dem Pinsel.

Gruppenausstellungen führten Koenig bereits nach Peking, Knokke, Sankt Moritz, Santa Monica, Köln oder Berlin, Einzelpräsentationen bis nach Hongkong. Bis zum 16. Februar nimmt Koenig teil an einer Gruppenausstellung „Preview“ in der Aachener Galerie Freitag 18.30, Steinkaulstraße 11, die einen Ausblick gibt auf das Programm der Galerie für das Jahr 2018.