Kirche St.Martin
Der Disentiser Abt besucht für das 50-Jahr-Jubiläum das ehemalige Untertanengebiet im Aargau

Die Pfarrei Entfelden feiert mit dem Abt von Disentis 50 Jahre Grundsteinlegung der Kirche St.Martin. Dass ein Abt eine Pfarrei mit seinem Besuch beehrt, ist eine Seltenheit. Schon 1970 war ein Abt dabei.

Katja Schlegel
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Die Kirche St. Martin wurde im September 1971 geweiht.

Die Kirche St. Martin wurde im September 1971 geweiht.

Britta Gut

Am Sonntag wird in Oberentfelden gefeiert. Auf den Tag genau vor 50 Jahren wurde hier der Grundstein für die katholische Kirche St.Martin gelegt, am 13. Dezember 1970. Ein Grundstein, der für die Katholiken in den beiden Entfelden so viel mehr war als ein blosser Stein. Es war ein Neuanfang.

Die Tage, in denen sie sich im Singsaal im Schulhaus Erlenweg versammelten – um einen Altar auf Rädern, damit der Saal nach den Gottesdiensten sofort wieder zum Singsaal umgestaltet werden konnte –, waren gezählt. Endlich bekamen nach den Aarauern, Suhrern, Buchsern und Köllikern auch die Entfelder Katholiken ein Gotteshaus; ausgerechnet sie, deren Vorfahren vor über tausend Jahren die allerersten gewesen waren, die sich von der Urpfarrei Suhr gelöst hatten. Geweiht wurde die Kirche St.Martin am 28. September 1971.

Natürlich, das eigentliche 50-Jahr-Jubiläum wird nächstes Jahr gross gefeiert. Doch Samuel Behloul, seit September Gemeindeleiter der Pfarrei Entfelden, ist auch das Jubiläum der Grundsteinlegung eine Feier wert, als Auftakt zum Jubiläumsjahr.

Der Besuch eines Abts ist eine Seltenheit

Wie wichtig die Grundsteinlegung war, zeigt der Gast, der damals zum Fest geladen war: Abt Dr. Viktor Schönbächler vom Kloster Disentis. Und nun wird am Sonntag der aktuelle Amtsinhaber, Abt Vigeli Monn erwartet.

Abt Vigeli kommt am Sonntag aus Disentis angereist.

Abt Vigeli kommt am Sonntag aus Disentis angereist.

Keystone Bild: Britta Gut

Dass ein Abt eine Pfarrei mit seinem Besuch beehrt, ist eine Seltenheit. «Nachdem aber schon Abt Viktor bei der Grundsteinlegung dabei gewesen ist, habe ich nun gerne für das Jubiläum zugesagt», sagt Abt Vigeli (55), seit acht Jahren Vorsteher des Klosters Disentis. Seine Mitbrüder hätten sich noch daran erinnert, dass Abt Viktor damals in den Aargau gereist war. Er nehme nun die Gelegenheit gerne auch wahr, um das Kloster Disentis und seine Schule im Aargau bekannt zu machen.

Doch wie kommt es, dass die Entfelder jeweils ausgerechnet hohen Besuch aus Disentis bekommen? Entfelden und Disentis waren sich einst näher, als der Blick auf die Landkarte vermuten liesse. Und obwohl der Beginn dieser Beziehung über 1000 Jahre zurückliegt, begründet er doch quasi die Geburtsstunde Oberentfeldens.

Es war das Jahr 965, als der Sachsenherrscher, der römisch-deutsche Kaiser Otto I., im tiefsten Winter von Italien her kommend über den Lukmanier kam. Im Sommer hatte er Rom zurückerobert. Nun flüchtete er vor einer geheimnisvollen Seuche, die Mensch und Tier dahinraffte, wie Pater Iso Müller in der «Geschichte der Abtei Disentis» schreibt. Im Kloster Disentis wurde der von der Reise ermattete Kaiser gastlich aufgenommen. Auf seiner Weiterreise zeichnete Otto aus Dank eine Schenkungsurkunde, in der er dem Kloster Disentis unter anderem den Ort «Endiveld» (Entfelden) als Anhängsel des Lehnshofs von Pfäffikon vermachte. Dieses Endiveld – vermutlich nicht mehr als ein einzelner Hof – gab fortan seine Abgaben dem Kloster Disentis. 965 sollte das Jahr der allerersten Nennung von Entfelden sein.

Solche Land- und Leuteschenkungen an die Kirche waren damals Usus und dienten letztlich der Stärkung der Königsmacht: Mit Hilfe der Kirche konnten die Sachsenherrscher die Herzöge im Schach halten, die nach mehr Autonomie strebten. Ausserdem sicherte ihnen das Kloster Disentis den wichtigen Passübergang. Das Kloster wiederum profitierte von zunehmender Bedeutung, gefestigt durch zusätzliche Besitztümer und deren Abgaben, weit verteilt über das Gebiet der heutigen Schweiz und darüber hinaus.

1330 verkaufte das Kloster Disentis seinen Aargauer Besitz an das Kloster Königsfelden, vermutlich der Distanz wegen. Wer wann welchen Teil oder Hof von Oberentfelden besessen hat, ist eine komplizierte Geschichte, genauso wie die Entstehung der Pfarrei Entfelden. Umso bemerkenswerter, dass die Beziehung zwischen Entfelden und Disentis auch nach Jahrhunderten noch besteht.

Hinweis

Den Jubiläumsgottesdienst (10.15 Uhr) besuchen dürfen nur 50 Personen (auf Anmeldung). Deshalb wird er per Videoübertragung im Pfarreizentrum (ebenfalls für 50 Personen und auf Anmeldung) sowie live online gezeigt: www.pastoralraum-aarau.ch/entfelden.