Aarau
Zwei Bahnwaggons träumen von der Stadt der Liebe

Das Sommertheater der Alten Kanti Aarau spielt in der Werkstatt der Furka-Bergstrecke im ehemaligen Schlachthof. Zwei ausrangierte Bahnwaggons träumen im Stück von einer Fahrt nach Paris. Die Theaterarbeit vor der Premiere fordert vollen Einsatz.

Andreas Fahrländer
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Chris Iseli

In die schummrige Remise kommt Leben. Kostüme werden angezogen, Kulissenstücke aufgebaut, auf der Bühne arbeiten die Darsteller am Feinschliff ihrer Dialoge. Regisseur Heinz Schmid trommelt die Schauspieltruppe zusammen und probt das «Paris-Lied». Aus dem dunkelblauen Bahnwaggon erklingt die humorvolle Hymne auf die Stadt der Liebe: «Oh, là, là! Paris – ist wie ein Paradies. Wie es aussieht, hat l’amour tous les jours Hochkonjunktur.» Begleitet wird das Lied von rhythmischem Klopfen, das sich anhört wie das Stampfen einer Dampfbahn, die langsam in der Ferne verschwindet. Und natürlich von Akkordeonklängen, ohne die das «Paris-Lied» kein echtes Chanson wäre.

In der Werkstatt der Furka-Bergstrecke im ehemaligen Schlachthof an der Rohrerstrasse wird seit letzter Woche eifrig geprobt. Zwei Bahnwaggons sind über Nacht zu den Hauptakteuren des Kantitheaters geworden. Theaterlehrer Heinz Schmid, Französischlehrerin Andrea Santschi und der Theaterpädagoge Martin Deubelbeiss arbeiten mit den Schülern des Freifachs Theater seit einem Jahr an der Aufführung. Das Stück mit dem Titel «Stillgelegt und abgefahren» ist aus dem Spielort heraus entstanden. Per Zufall kam Heinz Schmid in die Dampfbahn-Werkstatt. Die Mitglieder der Aargauer Sektion des Vereins Furka-Bergstrecke restaurieren hier liebevoll alte Wagen der Furka-Bergstrecke.

Eine Grenzerfahrung

Die beiden Wagen im Stück sollen verschrottet werden, träumen aber von einer Reise nach Paris. Mysteriöse Postkarten aus alten Zeiten und eigenartige Passagiere verhelfen schliesslich, den Traum zu verwirklichen. Anna von Wyl spielt den roten Wagen. Sie sagt: «Man kann richtig eintauchen in die Welt, die wir hier aufbauen. Durch Bühnenbild, Schauspiel, Gesang und Musik entsteht eine ganz besondere Atmosphäre.» Das Stück haben die beiden Schülerinnen Larissa Fritsch und Philine von Hirschheydt geschrieben. Die einzelnen Rollen wurden mit den Schauspielern aus der Improvisation heraus entwickelt. Anna Schirlo erzählt, warum sie mitspielt: «Es ist ein guter Ausgleich zum Schulalltag. Manchmal ist es eine Grenzerfahrung, man darf keine Hemmungen haben.»

Harte Theaterarbeit

Die Theaterarbeit ist intensiv. Die Schüler sind in den beiden Wochen vor der Premiere fast rund um die Uhr damit beschäftigt. Sie übernachten in der Schule und beginnen den Tag um 8 Uhr mit einem Warm-up mit Martin Deubelbeiss. Es beinhaltet Körperübungen, Sprechtraining oder Yoga. Feierabend ist erst um 21 Uhr. Trotz der harten Arbeit ist die Begeisterung aller Beteiligten zu spüren. Nicht nur die Lehrer und die Schüler engagieren sich, auch die Gastgeber nehmen aktiv am Theater teil. Deubelbeiss sagt: «Die Leute vom Verein Furka-Bergstrecke sind wahnsinnig herzlich und hilfsbereit. Zwei Mitglieder kochen jeden Tag für uns.»

Und tatsächlich zieht bald ein köstlicher Duft durch die Remise. Es gibt Gemüsegratin für die Schauspieler. Vor dem Essen erklingt noch einmal das Fernweh der Bahnwagen: «Oh, là, là! Paris – ist wie ein Paradies. Als Stadt der Liebe kein Klischee – so wunderschön wie eh und je.»

Premiere ist am Freitag, 15. August. Es wird empfohlen, zu reservieren, die Platzzahl in der Werkstatt ist beschränkt. (Tel. 079 839 76 68). Infos findet man auf der Website:

stillgelegtua.wix.com/aksa. Der Eintritt ist frei, es gibt eine Kollekte.