Gränichen
«Girlpower» der Liebegg: Die ungehörten Stimmen der Hunziker-Frauen melden sich aus der Anderswelt

Die Frauen der Liebegg werden in den historischen Überlieferungen selten erwähnt. Um das zu ändern, erzählt das Hexenmuseum Schweiz die Geschichte von zwei Frauen der Familie Hunziker. Die Idee kam nicht von ungefähr.

Olga Kuck
Drucken
Julie Hunziker war eine einflussreiche Figur für Schloss Liebegg. Sie verstarb 1921 – ihr Geist scheint aber noch präsent zu sein.

Julie Hunziker war eine einflussreiche Figur für Schloss Liebegg. Sie verstarb 1921 – ihr Geist scheint aber noch präsent zu sein.

Bild: zvg

Das Hexenmuseum Schweiz hebt in seiner aktuellen Ausstellung die Geschichte zweier Frauen aus der Familie Hunziker hervor, die ihre Spuren auf Schloss Liebegg hinterlassen haben. Und wie: Nach der Auffassung von Hexenmuseum-Direktorin Wicca Meier-Spring sind sie heute noch spürbar. «Auf Schloss Liebegg hat es mehrere Geister – wobei ich manchmal auch von einem Echo oder den existenziellen Überresten der Seelen spreche», berichtet Meier-Spring. «Einige können wir einordnen, wie beispielsweise den etwas penetranten, aber harmlosen in der Damentoilette.» Immer wieder habe Meier-Spring – und auch die Besucherschaft – die Anwesenheit einer anderen Energie wahrgenommen, einer «guten Seele», wie die Direktorin es beschreibt.

«Als sich aus dem Nichts die Ur-Ur-Ur-Enkelin von Julie Hunziker bei mir meldete und meinte, sie träume ständig von ihrer Vorfahrin, die auf Schloss Liebegg gelebt habe, wusste ich sofort, dass das kein Zufall ist», so Meier-Spring. Die Vermutung habe nah gelegen, dass es sich bei der «guten Seele» auf Schloss Liebegg um Julie Hunziker handeln musste. Wo auch immer sie war, offensichtlich hatte sie etwas zu sagen, fand Meier-Spring. Und man liess sie sprechen.

Eine einflussreiche Familie

Kurzerhand wurde im Rahmen einer Sonderausstellung im Hexenmuseum nicht nur die Geschichte von Julie Hunziker, sondern auch von Constance Hunziker aufgearbeitet. Die Hunziker-Familie erlangte Bedeutung durch den Textilhandel sowie die Bekleidung verschiedener Ämter in Aarau, darunter Schultheissen, Ratsherren und Pfarrer. Nachdem 1875 die Familie Hunziker das Schloss Liebegg gekauft hatte, wurde es bis 1907 einer gründlichen Sanierung unterzogen. 1946 ging das Schloss dann in den Besitz des Kantons Aargau über.

Constance Hunziker hinterliess Tagebücher und Liebesbriefe, die im Hexenmuseum Schweiz besichtigt werden können.

Constance Hunziker hinterliess Tagebücher und Liebesbriefe, die im Hexenmuseum Schweiz besichtigt werden können.

Bild: zvg

Constance Hunziker war die Tochter der amerikanischen Schauspielerin Carrie Turner, die den Schweizer Albert J. His ehelichte. Nach ihrer Scheidung entführte His seine Tochter ohne Turners Wissen in die Schweiz. «Er fand, er müsse Constance vor dem schlechten Einfluss ihrer Mutter schützen. Turner galt nämlich als Lebefrau», berichtet Meier-Spring. In der Folge wurde Constance sehr streng erzogen. Gesang, Tanz und Theater wurden von ihr ferngehalten – jedoch ohne nachhaltigen Erfolg.

Die Lebensgeschichte von Constance mündet in einer späten Blüte ihrer künstlerischen Talente. Als sie Walter Hunziker aus Aarau heiratet, beginnt Constance Theater zu spielen. Meier-Spring: «Dank der Verbindung mit Walter kommt sie auch in den Genuss, ihre Sommer auf dem Schloss Liebegg zu verbringen.» Am Theaterverein Aarau übernimmt sie bis zu ihrem Tod 1923 die weiblichen Hauptrollen – und tritt damit in die Fussstapfen ihrer Mutter. «Besonders erwähnenswert ist auch ihre Vernarrtheit in Hunde», fügt Meier-Spring hinzu.

Hund und Hunziker gehören zusammen

Auch Julie Hunziker war ein grosser Hundefreund. Meier-Spring: «Wer den Rüden auf dem Familienwappen des Hunziker-Geschlechts vor Augen hat, wird es nicht als Zufall abtun.» Julie hatte mehrere Hunde, besonders Bernhardiner hatten es ihr angetan. Ihr Liebling hiess «Buli». Die Tochter des Arztes Dr. Johann Züst-Fehr heiratete später Guido Hunziker und war als Frau von bemerkenswerter Herzlichkeit bekannt. Dank dieser Ehe führte auch ihr Weg sie auf das Schloss Liebegg.

Als Hundefreund und «gute Seele» bekannt: Julie Hunziker.

Als Hundefreund und «gute Seele» bekannt: Julie Hunziker.

Bild: zvg

«Selbst bis ins hohe Alter kümmerte sich Julie mit Hingabe um das Schloss Liebegg», berichtet Meier-Spring. Unter Julies Leitung wurde beispielsweise der Luternauturm renoviert. Meier-Spring: «Dieser war defekt, weil die Liebegg eine lange Zeit nicht dauerhaft bewohnt war. Es war traditionell die Sommerresidenz der Hunzikers, wobei man aber hauptsächlich im Diesbachhaus lebte. Den Turm liess man unbeachtet und er war den Gezeiten ausgeliefert.»

Erst als Julie und Guido Hunziker ganz auf das Schloss Liebegg zogen, wurde auch die Renovation des Luternauturmes ins Auge gefasst. Leider verstarb Guido aber bald und Julie trieb die Renovationen bis zu ihrem Tod voran.

Das Schloss Liebegg mit defektem Luternauturm.

Das Schloss Liebegg mit defektem Luternauturm.

Bild: zvg

Julie Hunziker starb 1921 auf Schloss Liebegg. «Man kann es nennen, wie man will. Ob Geist oder Seelenstück – für mich ist klar, dass Julie noch da ist. Und sie darf gerne bleiben», sagt Meier-Spring. Für die Direktorin war die Aufarbeitung der Geschichte von Julie und Constance Hunziker von grosser Bedeutung: «Es ist wichtig, die vergessenen Geschichten dieser Frauen zu erzählen.» Um zu zeigen, dass weibliche Einflüsse, obwohl oft im Hintergrund, von entscheidender Rolle sind.

Quellen:

«Die Hunziker von Aarau», 1962 im Auftrag der Brüder Robert und Guido Hunziker, verfasst von Robert Oehler. Sowie zusammengetragene Informationen von Wicca Meier-Spring, Direktorin Hexenmuseum Schweiz, Schloss Liebegg.