Huttwil
Der «Ätti» startet am Sonntag als erster

An den Langdistanz-Schweizermeisterschaften im Orientierungslaufen am Sonntag startet er als erster: Willi Heiniger, der Gründer der OLG Huttwil. Das Erlebnis mit Karte und Natur steht für den 77-jährigen vor dem Rang.

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Willi Heiniger

Willi Heiniger

Berner Rundschau

Jürg Rettenmund

Die Huttwiler Orientierungsläufer nennen ihn «Ätti». Diesen Kosenamen trägt Willi Heiniger aus Eriswil nicht nur, weil er inzwischen in der Kategorie H75 mit den 75- bis 79-Jährigen startet. Er ist der eigentliche Vater der Orientierungslaufgruppe (OLG).
Sport habe ihn immer interessiert, erklärt Heiniger. Dass er in seiner Schulklasse in Nyffel bei Huttwil eher als Schwächling gegolten habe, sei für ihn eher ein Ansporn gewesen. Besonderes Interesse weckten in ihm die Patrouillenläufe, die zum Teil bereits während der Schule von Lehrern, besonders dann aber im militärischen Vorunterricht vom Huttwiler Leiter anstelle des üblichen 3000-Meterlaufes organisiert wurden. Im Vorunterricht konnten sich die jungen Männer auf die Rekrutenschule vorbereiten.

Nach der Rekrutenschule konnte Willi Heiniger dann einen Grundschulkurs für Vorunterrichts-Leiter in Magglingen besuchen. Dort wurde die Disziplin Orientierungslaufen frisch eingeführt. Heiniger gewann einen Versuchslauf, was seine Begeisterung anstachelte. 1956 organisierte er den ersten Huttwiler OL. 1959 gründete er dann mit sechs Mitstreitern die OLG Huttwil.

Praktisch im Alleingang

Heiniger blieb jedoch die treibende Kraft für den Orientierungslauf in der Region Huttwil. Er kaufte die Karten ein und verkaufte sie den Läufern weiter. Wenn die Teilnehmerzahlen hinter den Erwartungen zurückblieben, blieb er auf dem Rest der Karten sitzen. Er bezahlte aber auch das Zvieri für die Samariter, die den Notfalldienst sicherstellten, aus dem eigenen Sack.

Gelaufen wurde damals noch mit den gewöhnlichen Landeskarten, den Siegfriedkarten der Landestopographie (heute SwissTopo). Auf Bestellung der Orientierungsläufer stellte diese besondere Ausschnitte von Laufgebieten her.

Langdistanz-Meisterschaft

Die Orientierungslauf-Gruppe (OLG) Huttwil feiert dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Sie gehört damit zu den ältesten OL-Klubs in der Schweiz. Mit ihren über 100 Mitgliedern zählt sie aber heute auch zu den aktivsten. Mit einem Anlass, der dazu passt, feiert sie ihr Jubiläum: Übermorgen Sonntag organisieren die Huttwiler die Langdistanz-Schweizermeisterschaft. Das Wettkampfzentrum befindet sich in Altbüron, gelaufen wird im Schmidwald und im Gebiet Horben im Luzernisch-Bernischen Grenzgebiet. Erwartet werden fast 1800 Läuferinnen und Läufer. Sie starten zwischen 9.30 und 13.30 Uhr. Eine spektakuläre Brücke hilft ihnen über die Strasse Melchnau-Gondiswil, die wegen des gleichzeitigen SlowUp stärker als gewöhnlich befahren sein dürfte. (jr)

Auch wenn nun einzeln gestartet wurde, wiesen verschiedene Orientierungsläufe noch viele Elemente der militärischen Patrouillenläufe auf. So erinnert sich Heiniger, dass an den Posten des Kleindietwiler OLs nicht nur die Karte abgestempelt werden musste: Es galt, knifflige Wissensfragen zu beantworten.

Mit der Zeit wurde die sportliche Leistung wichtiger. Auch begannen die Orientierungsläufer, eigene Karten herzustellen. Für die erste Karte der OLG Huttwil wurde die Kaltenegg aufgenommen, die zweite dann für das Gebiet Schmidwald-Horben - dort, wo am Sonntag zum Jubiläum die Langdistanz-Schweizermeisterschaft ausgetragen wird. Auch Willi Heiniger war mit den Grundbuchplänen unterwegs und bemühte sich, die wichtigsten Elemente für die OL-Karte aus den Plänen und dem Gelände herauszufiltern.

Nachwuchs dank Kadetten

Entscheidend für den Erfolg des Orientierungslaufens in der Region Huttwil sei gewesen, dass sich die Verantwortlichen der Kadetten sehr rasch für den neuen Sport zu interessieren begannen», stellt Heiniger fest. Sie verpflichteten ihn als Leiter. «Damit fanden wir Nachwuchs.» Das war die Basis, mit der die Verantwortung in der bis dahin nur lose organisierten OLG 1971 auf mehr Schultern verteilt werden und der Gründungspräsident die Hauptverantwortung jüngeren Kräften übertragen konnte.

Eine wichtige Stütze des Vereins aber ist der «Ätti» geblieben. Obschon er 1994 offiziell seinen Rücktritt vom Wettkampfsport verkündete, zieht es ihn immer wieder auch an den Start. Seiner Gesundheit zuliebe schaut er heute allerdings mehr als früher auf die Topografie und das Wetter, und auch längere Anfahrtsdistanzen vermeidet er. Doch noch immer fasziniert ihn das Zusammenspiel von Laufen in der freien Natur und sich Orientieren, von Kopf und Beinarbeit.

Auch am Sonntag startet er, und zwar gleich als erster Läufer am morgen um halb zehn Uhr. Am OL schätzt er auch, dass man sich von Kindsbeinen an bis ins hohe Alter wettkampfmässig mit Gleichaltrigen messen kann. Dazu werden immer fünf Jahrgänge in einer Kategorie zusammengefasst. Ein verbissener Läufer sei er allerdings nie gewesen, hält er fest. «Zu vieles entdecke ich immer wieder im Wald um mich herum, was mich auch noch interessiert.»