Kampfjets
Gripen, Hermes-Drohne und bald Bomber F-35? In der Luft wird das VBS ganz schön leichtgläubig

Immer wieder vertrauen Schweizer Rüstungsbeschaffer auf optimistische Angaben von Flugzeugherstellern – auch beim F-35, warnen Experten.

Henry Habegger
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2014 lehnte das Schweizer Stimmvolk den Kauf des nicht fertig entwickelten Gripen E ab. (Bern, 18. Mai 2014)

2014 lehnte das Schweizer Stimmvolk den Kauf des nicht fertig entwickelten Gripen E ab. (Bern, 18. Mai 2014)

Bild: Gian Ehrenzeller/
Keystone

Der F-35 von Lockheed Martin (Texas, USA) ist nicht für Luftpolizei-Aufgaben gebaut. Im Steigen ist er mit nur einem Motor nicht der Schnellste. «Der F-35 ist für komplexe und vernetzte Luft-Boden-Luftkriegsszenarien mit mehreren Flugzeugen ausgelegt», so der Luftfahrtexperte Georgs Bridel kürzlich in einem Beitrag auf «infosperber.ch». Doch kam das Bundesamt für Rüstung Armasuisse in der Evaluation zum Schluss, der Tarnkappenbomber sei top. Der Jet weise das klar beste Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Das Nachsehen haben die Mitbewerber Rafale (Dassault), Eurofighter (Airbus) und F/A-18 Super Hornet (Boeing).

Der F-35 gilt im Betrieb als teuer. Die Tarnkappenfähigkeit ist ein Grund. Die Flugstunde kostet derzeit je nach Quelle 36'000 Dollar und mehr. Bei den drei Konkurrenten, alles Jets einer älteren Generation, nur etwa die Hälfte.

Ein Grund, warum die F-35 plötzlich preiswert sein soll: Offenbar gaben die Texaner an, dass bei ihnen viele Flugstunden auf dem günstigen Simulator geflogen werden könnten. Was auch noch ökologischer sein und weniger Lärm machen soll.

Airbus: «Echte Missionen finden draussen statt»

Eine Rechnung, die in den Augen der Konkurrenten nicht aufgehen kann. So sagt Geri Krähenbühl, Schweizer Cheftestpilot bei Airbus Eurofighter: «Ich weiss nicht, wo der Bonus herkommen soll, dank dem der F-35 offenbar günstig im Betrieb ist und weniger echte Flugstunden braucht. Auch wir können reale Flugstunden durch Simulatorstunden ersetzen, die nur etwa 10 Prozent so teuer sind. Aber Luftpolizeidienst, und auf dem liegt in der Schweiz ein operationelles Hauptgewicht, geht eben gerade nicht mit dem Simulator. Echte Missionen finden draussen statt», so Krähenbühl.

«Da muss ich so schnell wie möglich real zum Flugzeug aufsteigen, das ich überprüfen oder aufhalten muss.» Diese Aufgabe müsse man mit den Piloten auch real trainieren, weil es gerade bei der Kontrolle von Luftfahrzeugen internationale Regeln gebe, die man genau einhalten müsse. «Das alles sind reale Flugstunden, die ihren Preis haben. Diese Simulator-Argumentation ist für mich also nicht schlüssig.» Trainieren könne man das reine Abfangprofil mit allen Mustern – also F-35, F/A-18E/F, Rafale und Eurofighter – sehr einfach im Simulator. «Dies gilt aber für alle, und somit kann nicht einseitig Geld gespart werden», sagt der Schweizer.

Der F-35 gilt im Betrieb als teuer. Die Flugstunde kostet derzeit je nach Quelle 36'000 Dollar und mehr.

Der F-35 gilt im Betrieb als teuer. Die Flugstunde kostet derzeit je nach Quelle 36'000 Dollar und mehr.

EPA / Keystone

Blauäugigkeit bei den Schweizer Beschaffern?

Sind die Schweizer Beschaffer blauäugig? Armasuisse fiel zuletzt jedenfalls wiederholt einschlägig auf. Im Fall des Gripen E etwa, der 2014 vom Volk abgelehnt wurde. Nicht zuletzt, weil der Jet noch gar nicht fertig entwickelt war.

Hätte das Stimmvolk den Gripen E bewilligt, müsste er seit 2018 bei uns fliegen. Aber das Flugzeug ist bis heute nirgends im Dienst. Die schwedische Luftwaffe, die den Gripen E bestellte, erhält die neuen Flugzeuge laut jüngsten Meldungen ab 2023. Die Schweizer Beschaffer liessen sich also Honig um den Mund schmieren.

Luftfahrtexperte Georges Bridel, einst selbst für Airbus tätig, fragt heute: Wie es denn möglich gewesen sei, dass die Gripen-Beschaffung durch sämtliche Instanzen, von Armasuisse über Armeestab in die Politik, durchgewinkt wurde, obwohl schon 2013 «klar nachgewiesen wurde, dass diese Beschaffung nicht realisierbar ist»? Offensichtlich, so Bridel, fehlten in der Schweiz «die notwendigen Kontrollinstanzen» bei Rüstungsbeschaffungen.

Hermes-Drohne zu optimistisch beurteilt

Auch im Fall der Aufklärungsdrohne Hermes der israelischen Firma Elbit Systems wirkte Armasuisse zuletzt leichtgläubig. 2019 sollten die 6 Drohnen, die 250 Millionen kosten sollen, ausgeliefert werden. Derzeit ist die Rede davon, dass die Drohnen ab der zweiten Hälfte 2022 ausgeliefert werden. Ein Problem ist das neue Radarsystem, das automatisch Kollisionen verhindern soll. Es kann laut aktueller Planung erst 2024 zugelassen werden. In der Botschaft 2015 aber stand, «die bisherigen Live-Demonstrationen» seien alle erfolgreich gewesen und «im angestrebten Zeitplan».

VBS-Chefin Viola Amherd, zunächst skeptisch, dürfte dem Gesamtbundesrat am Mittwoch den F-35 zum Kauf vorschlagen. Denkbar ist, dass die Regierung den Entscheid noch vertagt.