Bayern-Neuzugang Cheatham: "Basketball war meine Fluchtmöglichkeit"

Bayerns Neuzugang Cheatham ist in einer von Kriminalität geprägten Umgebung groß geworden. "Ich wollte nie ein Produkt davon sein", sagt er.
| Ruben Stark
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Zeigte ein starkes Debüt für den FC Bayern Basketball: Zylan Cheatham.
Zeigte ein starkes Debüt für den FC Bayern Basketball: Zylan Cheatham. © IMAGO/Eibner-Pressefoto

München - South Phoenix, Arizona, das war für ein Kind alles andere als ein paradiesischer Ort für eine unbeschwerte Kindheit. Armut, Gewalt, Gangkriminalität.

Basketball als Weg aus der Kriminalität

"All das ganze Zeug", erzählt Zylan Cheatham. Er hat diesen Teufelskreis am eigenen Leibe erlebt, es hätte leicht passieren können, dass er hineingezogen wird wie in einen Strudel, aus dem man trotz aller Kraftanstrengung keinen Ausweg mehr findet. Doch Cheatham hat es geschafft, weil er die Liebe zum Basketball entdeckt hat. "Ich wusste, ich will kein Produkt meiner Umgebung werden - und das war meine Fluchtmöglichkeit."

Seine Reise, auf der sich ihm so viele Hindernisse in den Weg stellten, eine Reise, die ihn jetzt zum FC Bayern Basketball geführt hat. Vorerst mal für die drei Monate bis zum Saisonende. "Es ist eine Ehre, hier zu spielen, sie haben mir den Start leicht gemacht", sagt der US-Amerikaner, "ich nutze jetzt erstmal jeden Moment, alles andere kommt nach der Saison." Cheatham hat gelernt, nicht allzu weit vorauszuplanen, bei sich zu bleiben. Man weiß ja nie, was kommt. Gerade, wenn man in South Phoenix groß wird. "Entweder du wirst Rapper, Entertainer oder Basketballer oder du bist gefangen." Gefangen im Teufelskreis. "Ich bin froh, dass ich stark geblieben bin", sagt Cheatham.

"Es hat angefangen mit einem Traum"

Er hätte es damals nie für möglich gehalten, dass er es schafft, mit Basketball sein Geld zu verdienen - und nun, mit 27 Jahren, eben auch Europa kennenzulernen. "Es hat angefangen nur mit einem Ball und einem Traum."

Und harter Arbeit, die ist in seiner DNA verankert. Den Vater, einen Mechaniker, hat er nie anders erlebt, das habe ihn geprägt. "Ziemlich alles, was ich kenne, ist mit harter Arbeit verbunden." Stunde um Stunde, Tag um Tag hat er in der Sporthalle verbracht, "ohne zu wissen, was kommt". Nur mit dem Traum in seinem Kopf. "Ich wusste nicht mal, ob ich ein Stipendium bekommen würde."

Positive Energie für Bayern

Doch er meisterte die Unwägbarkeiten, bis er letztlich das College erreichte: San Diego State - später Arizona State. "Schon in jungen Jahren gab es Widrigkeiten. In meinem Umfeld, meiner Familie. Mein Leben insgesamt hat mich zu dem Typen geformt, der ich bin." Einem zugänglichen Typen, der die Bayern mit seiner positiven Energie bereichert. Cheftrainer Andrea Trinchieri sagt nach den ersten Tagen des Kennenlernens: "Er kommt jeden Tag lächelnd zum Training. Das ist sehr wichtig in einer langen Saison."

Beim Debüt am vergangenen Sonntag gegen Bayreuth ließ der Vater eines drei Monate alten Jungen gleich sein Können aufblitzen mit 18 Punkten. "Seine Athletik und Geschwindigkeit können sehr wichtig werden." Eigenschaften, die ihn nach Trinchieris Ansicht zu einem Spieler machen, der ideal zum europäischen Stil passt.

Neuorientierung wegen Covid-Infektion

Dabei hätte Cheatham auch in der NBA Fuß fassen können. Doch auch dieses Kapitel gehört zu den Unwägbarkeiten seines Lebens. Als er sich endlich für seinen ersten festen Vertrag in der besten Basketball-Liga der Welt empfohlen hatte, schien sich alles wunderbar zu fügen. Cheatham war Teil eines großen Tauschgeschäfts und landete bei Oklahoma City Thunder, wo ausgerechnet sein bester Kumpel, Luguentz Dort, spielte. Chetham: "Er war mein Spielmacher auf der Arizona State."

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Ein Wunschszenario. Eigentlich. Cheathams erste Covid-Infektion kurz vor dem Start des Trainingscamps kam aber dazwischen, er wurde aussortiert. Sein Buddy Dort ist heute einer der wichtigsten Spieler bei OKC, unterschrieb vor dieser Saison einen mit über 80 Millionen Dollar dotierten Fünf-Jahres-Vertrag.

Cheatham begann von vorn, verdiente sich einen Kurzeit-Vertrag über zehn Tage bei Miami Heat, dem Team, das er zu der Zeit am meisten bewunderte. Miami war zufrieden, wollte verlängern, sagt Cheatham.

Am neunten Tag des Vertrages kam der nächste positive Coronatest, der Traum war wieder dahin. "Ich hatte es nicht in der Hand", sagt er, "das kann dich richtig runterziehen. Aber ich kann immer noch lachen." Und sich nun in München von seiner besten Seite zeigen.

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