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Fachthemen DOI: 10.1002/dama.201400612 Christoph Butenweg Udo Meyer Ekkehard Fehling EU-Projekt INSYSME: Innovative Techniken für erdbebensichere Ausfachungswände aus Ziegelmauerwerk in Stahlbetonrahmentragwerken Am 1. Oktober 2013 ist das auf drei Jahre angelegte EU-Forschungsprojekt INSYSME – Innovative Systeme für erdbebentaugliche Ausfachungswände aus Ziegelmauerwerk in Stahlbetonrahmentragwerken – gestartet. Unter der Koordination der Universität Padua beteiligen sich 16 Partner aus sechs europäischen Ländern (Deutschland, Griechenland, Italien, Portugal, Rumänien, Türkei). Als deutsche Partner nehmen die Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel aus Bonn, die Universität Kassel sowie das Ingenieurbüro SDA-engineering GmbH aus Herzogenrath, teil. Ziel der deutschen Partner ist die Entwicklung von innovativen Ausfachungssystemen aus monolithischem wärmedämmenden Ziegelmauerwerk, mit denen nicht nur eine erhöhte Erdbebensicherheit, sondern auch die sichere Erfüllung der steigenden Anforderungen aus Windbeanspruchungen gewährleistet werden können. Die Forschungsergebnisse sollen vom Partner SDA-engineering GmbH in die bereits seit einigen Jahren verfügbare Softwarelösung MINEA [1] integriert werden. Weitere Informationen stehen auf den Websites des Projektes [2] zur Verfügung. Im vorliegenden Beitrag werden nach einer kurzen thematischen Einführung die Ergebnisse von Tastversuchen an senkrecht zur Ebene belasteten Ausfachungswänden aus Planziegelmauerwerk vorgestellt. Im Anschluss wird das geplante Arbeitsprogramm der deutschen Partner im Projekt INSYSME beschrieben. Innovative systems for earthquake resistant masonry enclosures in reinforced concrete buildings. In October 2013, the European Union research project INSYSME – Innovative Systems for Earthquake Resistant Masonry Enclosures in Reinforced Concrete buildings – has been started with duration of three years. The project consists of 16 partners from six countries (Germany, Greece, Italy, Portugal, Romania, and Turkey) and is coordinated by the University of Padova. Project partners from Germany are the “Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel in Bonn“, University of Kassel and the engineering consultants SDAengineering GmbH from Herzogenrath. The focus of the German partners is the development of innovative infill systems made of monolithic high thermal insulating clay brick masonry, which are able to meet the increasing demands caused by earthquake and wind loading. The SDA-engineering GmbH will implement the project results into the software package MINEA [1], that is available on the market for several years. Further information is provided on the project websites [2]. The paper provides a short problem description and presents the results of an experimental pilot study on clay unit masonry infill walls subjected to out-of plane loading. Afterwards the planned working program of the German partners within the project INSYSME is described. 78 1 Einleitung Mit Stahlbetonrahmentragwerken kann bei einer entsprechenden konstruktiven Durchbildung der Rahmenknoten auch im Mehrgeschossbau eine höhere Erdbebensicherheit erreicht werden, da aufgrund der im Vergleich zu wandausgesteiften Systemen geringeren Steifigkeit kleinere Trägheitskräfte durch die seismische Bodenbewegung aktiviert werden. Gleichzeitig stellen sich aber im Sinne einer erdbebengerechten Bauweise größere Verformungen ein, die bei der Ausführung der planmäßig nicht am horizontalen Lastabtrag beteiligten Ausfachungswände zu beachten sind. In der Praxis erfolgt die Ausfachung jedoch häufig ohne Fugenanordnung, so dass die Ausfachungen bei einwirkenden Horizontallasten durch den entstehenden Kontakt zwischen Rahmen und Wand voll am Lastabtrag beteiligt werden. Dies kann zu einem plötzlichen Schubversagen der Ausfachungen führen, und in der Folge durch die freigesetzten Schubkräfte auch ein Schubversagen der Stützen verursachen. Ungünstig wirkend kommt hinzu, dass die Ausfachungswände durch die räumliche Erdbebeneinwirkung zusätzlich auch senkrecht zur Wandebene belastet werden. Dies kann bei schon vorliegender Schädigung in Wandebene zu einem schnellen Versagen der Wand aus der Ebene heraus führen. Bild 1 zeigt einen typischen Erdbebenschaden für eine Ausfachungswand mit Schäden in und senkrecht zur Wandebene. Bild 1. Seismische Schädigung von Ausfachungswänden in und senkrecht zur Ebene Fig. 1. In and out-of plane seismic damage of infill walls © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 18 (2014), Heft 2 C. Butenweg/U. Meyer/E. Fehling · EU-Projekt INSYSME: Innovative Techniken f. erdbebensichere Ausfachungswände a. Ziegelmauerwerk i. Stahlbetonrahmentragwerken Die seismische Einwirkung auf Ausfachungswände wird nach DIN EN 1998-1, Abschnitt 4.3.5 [3] entsprechend den Vorgaben für nicht tragende Bauteile durch eine statische Ersatzlast beschrieben, für welche die Wand selbst und die Wandanschlüsse nachzuweisen sind. Zusätzlich sind für Ausfachungswände aus Mauerwerk in DIN EN 1998-1, Abschnitt 4.3.6 [3] weitergehende Anforderungen festgelegt, die wie folgt zusammengefasst werden können: – Die örtlichen nachteiligen Auswirkungen infolge der Wechselwirkung von Rahmen und Ausfachung müssen berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich beispielsweise um das Schubversagen von Rahmenstützen infolge des Versagens der Diagonalstrebe in der aussteifend wirkenden Ausfachung. – Die großen Unsicherheiten des seismischen Verhaltens von Ausfachungswänden durch Schwankungen der mechanischen Eigenschaften und der Anschlusswirkung an die umgebenden Rahmen müssen bei der Bemessung des Gesamttragwerks beachtet werden. – Eine stark unregelmäßige Anordnung der Ausfachungswände im Grund- oder Aufriss ist nach DIN EN 1998-1, Abschnitt 4.3.6.1 und 4.3.6.2 [3] bei der seismischen Auslegung des Gesamttragwerks zu berücksichtigen. – Nach DIN EN 1998-1, Abschnitt 4.3.6.3 [3] sind ein sprödes Versagen und eine vorzeitige Zertrümmerung durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden. Als mögliche Maßnahmen werden die Anordnung leichter Drahtnetze und Wandanker genannt. Alternativ können auch Betonpfosten und Betongurte in voller Wanddicke angeordnet werden. Für die Erfüllung der genannten Anforderungen werden in der DIN EN 1998-1 [3] jedoch keine anwendbaren Berechnungs- und Bemessungsregeln angegeben, da die Grundlagen hierfür aus Forschungsarbeiten noch nicht vollständig vorliegen. Diese Tatsache erschwert die Berücksichtigung der Anforderungen in der Baupraxis. Weitreichender sind im Vergleich hierzu die Anforderungen in der FEMARichtlinie 273 [4], in der grundsätzlich eine kraftschlüssige Verbindung der Wand mit den horizontal angrenzenden Bauteilen gefordert wird. Der Nachweis der einzelnen Ausfachungswände ist dann mittels Zeitverlaufsberechnungen durchzuführen, mit denen die Wände am Wandkopf und Wandfuß beaufschlagt werden. Der Nachweis ist erfüllt, wenn die Wandstabilität unter der dynamischen Belastung nachgewiesen werden kann. Hierbei wird ein Aufreißen der Wand durch Plattenbiegung ausdrücklich in Kauf genommen. Dieser Lösungsweg ist sehr aufwändig, so dass festzustellen ist, dass ein Bedarf an praxistauglichen Berechnungs- und Bemessungsregeln besteht, um die seismische Sicherheit von Ausfachungswänden zu gewährleisten. Nachfolgend werden die Ergebnisse erster Tastversuche von senkrecht zur Ebene belasteten Ausfachungsflächen aus Planziegelmauerwerk präsentiert. Daran anschließend wird das Arbeitsprogramm des EU-Projektes INSYSME vorgestellt. 2 Tastversuche an Ausfachungsflächen von Planziegelmauerwerk An der MPA Hannover wurde 2012/2013 eine Versuchsreihe zur Absicherung der Festlegungen in der „Aus- Bild 2. Lochbild des Planhochlochziegels PHLzB 20-0,8 Fig. 2. Vertically perforated clay block PHLzB 20-0,8 fachungstabelle“ der DIN 1053-1, Tabelle 9 [5] bzw. DIN EN 1996-3/NA, Tabelle NA.C.1 [6] für Mauerwerk aus Planhochlochziegeln PHLzB mit Dünnbettmörtel durchgeführt [7]. Den für die Versuche verwendeten Planhochlochziegel PHLzB 20-0,8 zeigt Bild 2. Es wurden Biegezugprüfungen nach DIN EN 1052-2 [8] sowie Prüfungen an geschosshohen Wänden durchgeführt, deren Ergebnisse nachfolgend zusammengefasst sind. 2.1 Biegezugprüfungen nach DIN EN 1052-2 Die mittleren Biegezugfestigkeiten nach DIN EN 1052-2 [8] lagen mit 0,38 N/mm² (6 Einzelwerte von 0,32 bis 0,43 N/mm²) für die Beanspruchung senkrecht zur Lagerfuge (Bruchebene parallel zu den Lagerfugen) sowie 0,32 N/mm² (7 Einzelwerte von 0,25 bis 0,42 N/mm²) für die Beanspruchung parallel zur Lagerfuge (Bruchebene senkrecht zu den Lagerfugen) deutlich über den Rechenwerten des Nationalen Anhangs DIN EN 1996-3/NA [6] für Mauerwerk mit Dünnbettmörtel. Für die Bruchebene parallel zu den Lagerfugen wird dort als charakteristischer Wert 0,2 N/mm² (bei Wind auf Ausfachungsmauerwerk) angegeben. Für die Bruchebene senkrecht zu den Lagerfugen ergibt sich für die untersuchte Variante ein charakteristischer Wert von 0,11 N/mm². Bei Annahme eines charakteristischen Werts von 80 % des Mittelwerts (dies entspricht in beiden Beanspruchungsrichtungen auch etwa dem kleinsten Prüfwert) liegen die Versuchsergebnisse für die untersuchten Planhochlochziegel somit 50 % (Bruchebene parallel zu den Lagerfugen) bzw. mehr als 100 % über den Vergleichswerten nach DIN EN 1996-1-1/NA [6]. Bild 3 zeigt den Prüfkörper in der Prüfeinrichtung zur Ermittlung der Biegezugfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge. 2.2 Prüfungen an geschosshohen Wänden Untersucht wurden vier Varianten geschosshoher Wände mit einer Höhe von h = 2,5 m, wobei die Wandlänge mit etwa 3 bzw. 6 m gewählt wurde. Den Versuchsaufbau zeigt Bild 4. Die Lagerung erfolgte dreiseitig (oberer Rand frei) bzw. vierseitig. Die Belastung senkrecht zur Wand wurde über die Regulierung des Drucks in einem auf die Wandfläche platzierten Luftsack aufgebracht. Die Abmessung der größten Wand entspricht der maximalen Ausfachungsfläche von 14 m² für vierseitig gehaltene 175 mm dicke Wände in DIN 1053-1, Tabelle 9 [5] und DIN EN 1996-3, Tabelle NA.C.1 [6]. Die aus den Versuchen ermittelten Bruchlasten der einzelnen Prüfkörper sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Ein Vergleich der Bruchlasten mit den charakteristischen Windlasten aus DIN EN 1991-1-4/NA, Tabelle NA.B.3 Mauerwerk 18 (2014), Heft 2 79 C. Butenweg/U. Meyer/E. Fehling · EU-Projekt INSYSME: Innovative Techniken f. erdbebensichere Ausfachungswände a. Ziegelmauerwerk i. Stahlbetonrahmentragwerken Bild 3. Prüfeinrichtung zur Ermittlung der Biegezugfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge nach DIN EN 1052-2 [7] Fig. 3. Specimen and set-up for tests according to DIN EN 1052-2 [7] Bild 4. Seitenansicht der Prüfeinrichtung [7] Fig. 4. Side view of the test frame [7] [9] zeigt, dass für das hier untersuchte Planziegelmauerwerk große Tragfähigkeitsreserven vorhanden sind. Die mit der zulässigen Ausfachungsfläche von 14 m² für 175 mm dickes Mauerwerk nach DIN EN 1996-3, Tabelle NA.C.1 [6] vergleichbare Versuchsvariante (vierseitige Lagerung, Ausfachungsfläche 14,7 m²) liegt mit einer mittleren Tragfähigkeit von 4,7 kN/m² um mehr als das 5-fache über den üblichen Windlasten im Binnenland (Windzone 2, qP = 0,9 kN/m²) für bis zu 25 m hohe Gebäude und mehr als das Dreifache über den Maximalwerten für Küstenregionen in Windzone 4 (qP = 1,55 kN/m²). Sogar die dreiseitig gelagerte Wand (oberer Rand frei) liegt noch um mehr als das Dreieinhalbfache über den Bemessungswerten für vierseitig gelagerte Wände in Windzone 2. Beispielhaft zeigt Bild 5 das Bruchbild einer vierseitig gelagerten Wand mit einer Länge von etwa 6 m. Die Ergebnisse der Tastversuche zeigen, dass senkrecht zur Ebene belastetes Ausfachungsmauerwerk gegenüber den aktuellen Bemessungswerten deutliche Tragwerksreserven aufweist. Für die Beschreibung des Tragverhaltens von Ausfachungsflächen in Stahlbetonrahmentragwerken unter seismischer Belastung sind aber weitergehende Untersuchungen erforderlich, um die Interaktion der Ausfa- chung mit dem Rahmen und die gleichzeitige seismische Einwirkung in und senkrecht zur Wandebene zu erfassen. Diese Untersuchungen sind gegenwärtig Gegenstand des europäischen Verbundprojektes INSYSME. Tabelle 1. Abmessungen, Lagerungsbedingungen und Bruchlast von geschosshohen unbelasteten Ausfachungswänden aus Planhochlochziegeln mit Dünnbettmörtel (Überbindemaß ü = 0,4 h) [7] Table 1. Dimensions, support conditions und maximum resistance of infill walls made of vertically perforated clay unit masonry with thin layer mortar (overlap ü = 0,4 h) [7] Prüfkörper Abmessungen [mm] Lagerung Bruchlast [kN/m²] 1 2950 × 170 × 2500 dreiseitig (oberer Rand frei) 6,62 2 2952 × 170 × 2500 vierseitig 6,47 4 5900 × 170 × 2500 dreiseitig (oberer Rand frei) 2,85 3+5 5910 × 170 × 2500 vierseitig 4,67 80 Mauerwerk 18 (2014), Heft 2 3 Arbeitsprogramm des EU-Projekts INSYSME Mit dem europäischen Verbundprojekt INSYSME sollen die in Abschnitt 1 beschriebenen normativen Lücken einer erdbebensicheren Auslegung von Ausfachungswänden geschlossen werden. Hierzu ist es notwendig, praxistaugliche Regeln für die sichere Bemessung und konstruktive Auslegung von Ausfachungswänden zu entwickeln. Nachfolgend wird das geplante Arbeitsprogramm der deutschen Partner zur Untersuchung dieser Fragestellung vorgestellt. In der ersten Projektphase erfolgt im Rahmen einer umfassenden Recherche die Zusammenstellung und Bewertung von vorhandenen Produktlösungen für die Verbesserung des seismischen Widerstands von Ausfachungsmauerwerk. Berücksichtigt werden sollen flächenhafte Applikationen, Bewehrungssysteme sowie spezielle Anschlusssysteme zwischen Ausfachung und Rahmenkonstruktion. Aus der Zusammenstellung werden zwei vielversprechende Produktlösungen ausgewählt, die im weiteren Bild 5. Bruchbild einer vierseitig gelagerten Wand aus Planziegelmauerwerk mit Dünnbettmörtel [7] Fig. 5. Crack pattern of a clay unit masonry wall with thin layer mortar supported on all 4 edges [7] C. Butenweg/U. Meyer/E. Fehling · EU-Projekt INSYSME: Innovative Techniken f. erdbebensichere Ausfachungswände a. Ziegelmauerwerk i. Stahlbetonrahmentragwerken Verlauf des Projekts rechnerisch und experimentell detailliert untersucht werden. Neben diesen zwei Varianten mit konstruktiven Verstärkungen werden auch Ausfachungswände ohne Verstärkungen mit Vollkontakt und Fuge zum Stahlbetonrahmen untersucht, so dass insgesamt vier Untersuchungsvarianten verfolgt werden. Für diese vier Untersuchungsvarianten werden Kleinund Bauteilversuche durchgeführt, mit denen die Materialeigenschaften des Mauerwerks sowie die mechanischen Eigenschaften der ausgewählten Verstärkungen und Anschlusssysteme ermittelt werden. Im Anschluss werden für die ausgewählten Varianten Versuche an geschosshohen ausgefachten Stahlbetonrahmen durchgeführt, wobei die Stahlbetonrahmen niedrig dissipativ ausgelegt werden. Die Belastungen in und senkrecht zur Wandebene werden in den ersten Versuchsreihen zunächst getrennt aufgebracht. Wenn es sich versuchstechnisch realisieren lässt, sollen die Wände zudem unter gleichzeitiger Wirkung von Einwirkungen in und senkrecht zur Wandebene getestet werden. Alternativ kann eine aufeinanderfolge Lastaufbringung in und senkrecht zur Wandebene an vorgeschädigten Wänden erfolgen. Zusätzlich zu den Wandversuchen, die in den einzelnen Teilnehmerländern durchgeführt werden, werden am EUCentre in Pavia Rütteltischversuche an einem Modellgebäude mit Ausfachungswänden durchgeführt. Die Rütteltischversuche ermöglichen die Untersuchung des globalen Tragwerksverhaltens und der Filterwirkung des Gebäudes, die Ermittlung der seismischen Belastung auf die einzelnen Ausfachungswände und die Beurteilung der Wirksamkeit der unterschiedlichen Verstärkungsvarianten. Unter Verwendung der Versuchsergebnisse der Kleinund Bauteilversuche werden zusätzlich Rechenmodelle für lineare und nichtlineare numerische Simulationen erstellt. Die Simulationen sollen zum einen mit dreidimensionalen Modellen am Gesamttragwerk erfolgen, zum anderen werden aber auch Parameterstudien an einzelnen ausgefachten Rahmen durchgeführt, um den Einfluss wesentlicher Parameter wie beispielsweise der Wandgeometrie, der Verbindungsmittel zum Rahmen und der Wandverstärkungen zu untersuchen. Eine Überprüfung der Simulationsmodelle erfolgt mit den Ergebnissen der Wandversuche. Auf Grundlage der Ergebnisse der Versuche und Simulationen werden Konstruktions- und Bemessungsregeln für Beanspruchungen in und senkrecht zur Wandrichtung sowie deren kombinierte Einwirkung abgeleitet, die in einer Bemessungs- und Konstruktionsrichtlinie für die praktische Anwendung aufbereitet werden. Weiterhin ist geplant, die erstellten Regelwerke in der Software MINEA [1] umzusetzen. Die Demonstration der Anwendung der erzielten Ergebnisse erfolgt durch die prototypische Umsetzung eines Ausfachungssystems mit Verstärkungen, wobei der ausgewählte Prototyp hinsichtlich der praktischen Ausführbarkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet wird. Die Bewertung erfolgt auf Grundlage von Qualitätskontrollen unter Einsatz verschiedener Messtechniken. Nach Durchführung des Projektarbeitsprogramms sollen erstmals praxistaugliche Regeln für die erdbebengerechte Auslegung von Ausfachungen aus Ziegelmauerwerk zur Verfügung stehen. 4 Zusammenfassung Die DIN EN 1998-1 [3] stellt weitreichende Anforderungen an die seismische Auslegung von Ausfachungswänden aus Mauerwerk, beinhaltet hierfür aber keine praxistauglichen Berechnungs- und Bemessungsregeln. Dies führt dazu, dass die Anforderungen in der Praxis häufig nicht beachtet werden. Erste Tastuntersuchungen an Ausfachungsflächen von Planziegelmauerwerk haben gezeigt, dass senkrecht zur Ebene belastetes Ausfachungsmauerwerk erhebliche Tragwerksreserven aufweist. Die notwendigen weiteren Grundlagenuntersuchungen werden zur Zeit in dem EU-Projekt INSYSME durchgeführt, in dem innovative Systeme erdbebentauglicher Ausfachungswände aus Ziegelmauerwerk für die Verwendung in Stahlbetonrahmentragwerken entwickelt werden. Literatur [1] MINEA: Softwarelösung zur Berechnung und Bemessung von Mauerwerksbauten, www.minea-design.com [2] Projektwebsites: http://www.insysme.eu, http://cordis. europa.eu/projects/rcn/110090_en.html [3] DIN EN 1998-1: Eurocode 8: Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben – Teil 1: Grundlagen, Erdbebeneinwirkungen und Regeln für Hochbauten. Deutsche Fassung EN 1998-1: 2004+AC:2009. Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin, Dezember 2010. [4] FEMA 273: NEHRP guidelines for the seismic rehabilitation of buildings. Applied Technology Council (ATC), Redwood City, USA, 1997. [5] DIN 1053-1:1996-11 Mauerwerk – Teil 1 - Berechnung und Ausführung. Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin, November 1996. [6] DIN EN 1996-3/NA: Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 3: Vereinfachte Berechnungsmethoden für unbewehrte Mauerwerksbauten. Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin, Januar 2012. [7] Bestimmung der Biegetragfähigkeit an geschosshohen Wänden und Wänden nach DIN EN 1052-2 aus Planhochlochziegeln und Dünnbettmörtel. Prüfbericht 111890, MPA Hannover, Mai 2013. [8] DIN EN 1052-2: Prüfverfahren für Mauerwerk – Teil 2: Bestimmung der Biegezugfestigkeit. Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin, Oktober 1999. [9] DIN EN 1991-1-4/NA: Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen – Windlasten. Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin, Dezember 2010. Autoren dieses Beitrages: Dr.-Ing. Christoph Butenweg SDA-engineering GmbH, Herzogenrath Kaiserstraße 100, TPH III-B, 52134 Herzogenrath Dr.-Ing. Udo Meyer Arbeitsgemeinschaft Mauerziegel e.V. Schaumburg-Lippe-Straße 4, 53113 Bonn Prof.-Dr. Ing. Ekkehard Fehling Universität Kassel Kurt-Wolters-Straße 3, 34109 Kassel Mauerwerk 18 (2014), Heft 2 81