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Modifizierende Suffixe und Adjektive im Italienischen Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Philosophie an der Universität Konstanz Fachbereich Sprachwissenschaft vorgelegt von Heike Necker Tag der mündlichen Prüfung: 13. Februar 2004 1. Referent: Prof. Dr. Christoph Schwarze 2. Referent: Prof. Dr. Georg Kaiser Dieses Dokument wird unter folgender Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/de/ für Jörg † 16. Oktober 1994 2 Vorwort Die vorliegende Arbeit stellt eine korrigierte und leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation dar, die von Christoph Schwarze und Georg Kaiser sowie von Anna M. Thornton, als externe Gutachterin, begutachtet und im Wintersemester 2003-2004 vom Fachbereich Sprachwissenschaft der Universität Konstanz angenommen wurde. Ich bin allen drei Gutachtern ebenso wie Klaus von Heusinger, Prüfer im Rigorosum, für ihre Bereitschaft und ihre stets konstruktive Kritik dankbar. An Christoph Schwarze geht natürlich ein besonderer Dank. Er hat nicht nur den Anstoß zu dieser Arbeit gegeben, sondern sie auch exzellent betreut, mir jederzeit durch seine Anregungen unermüdlich Hilfestellung gegeben und mir geholfen, den Glauben an den Erfolg der Arbeit aufrechtzuerhalten. Danken möchte ich insgesamt meinen Kollegen der Romanistik bzw. des Sonderforschungsbereichs 471 Variation und Entwicklung im Lexikon – vor allem des Projektes A-6 Variation und Entwicklung in der Wortbildung, in dem diese Arbeit entstand. Besonders danken möchte ich Carmen Kelling, Bruce Mayo, Judith Meinschaefer, Marie-Therese Schepping und Nikolaus Schpak-Dolt für ihr stetiges Interesse und ihre Hilfe in verschiedenen Phasen der Arbeit. Nunzio La Fauci möchte ich für sein Verständnis über weite Strecken der Arbeit und vor allem in der Endphase danken, auch hat er mir einen neuen Blick auf die Arbeit ermöglicht. Ewald Lang hat mir wichtige Hilfe beim Einstieg in die umfangreiche Literatur zu den Dimensionsadjektiven geleistet. Geert Booij hat stets Interesse an der Entstehung und Entwicklung der Arbeit gezeigt. Ein herzlicher Dank geht an Chiara Frigeni, die auf vielfältige Weise an der Entstehung dieser Arbeit beigetragen hat, sowohl als Informantin, als auch als Diskussionspartnerin und als Freundin. Katrin Lotter hat unermüdlich als Korrekturleserin bei der Arbeit mitgewirkt und musste auch als Freundin viele Krisen miterleben. Die Reihe der Menschen in Konstanz, Zürich und anderen Orten dieses Globus, die mir auf vielfältige Weise beigestanden oder geholfen haben, ist lang, und ich möchte ihnen hier herzlich danken, ohne eine weitere Liste von Namen aufzuführen. Mein Dank gilt auch der Stadt Konstanz für die Auszeichnung der Dissertation mit dem Preis der Stadt Konstanz zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Universität Konstanz. Ein unermesslich großes Dankeschön geht schließlich an meine Eltern, die mich immer unterstützt haben und stets an meinen Erfolg geglaubt haben. 3 Ohne die Liebe von Piero wäre diese Arbeit wohl nie entstanden und fertig gestellt worden, grazie al mio informante preferito! Leider ist diese Arbeit ohne meinen Bruder Jörg entstanden, der immer ein wichtiger Teil meines Lebens bleiben wird. Ihm möchte ich diese Arbeit widmen. Konstanz, im Januar 2006 Heike Necker 4 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 0. Einleitung 1. Kapitel Morphologische Modifikation 12 16 1.1 Definition und Einordnung des Phänomenbereichs 16 1.2 Inventar der Modifikationssuffixe 23 1.3 Klassifikation der Modifikationssuffixe 1.3.1 Semantische Klassifikation 1.3.1.1 Relationen zwischen den Klassen 1.3.2 Syntaktische Klassifikation 1.3.2.1 "Interfixe" 1.3.3 Funktionale Klassifikation 27 28 30 31 31 33 1.4 Allgemeine semantische Struktur der Modifikationssuffixe 1.4.1 Semantische Funktion 1.4.1.1 Nomina 1.4.1.2 Adjektive 1.4.2 Qualitative Bewertung 1.4.2.1 Qualitative Bewertung bei Diminutiven 1.4.2.2 Qualitative Bewertung bei Augmentativen 1.4.3 Polyfunktionalität 35 35 37 39 40 40 42 43 1.5 Semantische vs. pragmatische Funktion der Modifikationssuffixe 1.5.1 Grammatikalisierung 1.5.2 Pragmatische Funktion der Modifikation 1.5.2.1 Pragmatische Funktion von Diminutiven 1.5.2.2 Eigenschaften der Diminutivbildung 1.5.2.3 Augmentative im Vergleich zu Diminutiven 51 51 52 53 59 60 1.6 Kopfeigenschaften der Modifikationssuffixe 1.6.1 Morphologische Modifikation und Genus des Nomens 1.6.1.1 Diminutivsuffixe und Genus des Nomens 1.6.1.2 Augmentativsuffixe und Genus des Nomens 64 65 67 68 1.7 Kombinierbarkeit der Modifikationssuffixe 1.7.1 -etto/-ino 1.7.2 -ello 1.7.3 -atto/-otto 1.7.4 Sonstige Diminutivsuffixe 1.7.5 -one 69 69 70 70 70 71 5 1.7.6 1.7.7 1.7.8 -acchio/-icchio -accio Sonderfälle 71 71 71 1.8 Restriktionen 1.8.1 Semantische Restriktionen 1.8.1.1 Blockierung 72 72 74 1.9 74 Lexikalisierungen 1.10 Einzelne Modifikativsuffixe 1.10.1 Die Diminutive 1.10.1.1 -ino 1.10.1.2 -etto 1.10.1.3 Vergleich zwischen -ino und -etto 1.10.1.4 -ello 1.10.1.5 -uccio 1.10.1.6 -atto/-otto 1.10.1.7 -(u)olo 1.10.1.8 -ucolo 1.10.2 Die Augmentative 1.10.2.1 -one 1.10.2.2 -acchio/-icchio 1.10.2.3 -occio/-ozzo 1.10.2.4 -izzo/-izzare 1.10.3 Die Pejorative 1.10.3.1 -accio 1.10.3.2 -astro 1.10.3.3 -ucolo/-onzolo/-uncolo/-ereccio 1.10.4 Die Modifikation bei Verben 75 75 76 78 79 81 82 83 84 85 85 86 87 87 88 88 88 89 89 90 1.11 92 Zusammenfassung 2. Kapitel 2.1 Adjektive Die Wortart Adjektiv 2.2 Adjektive im Italienischen 2.2.1 Flexion des Adjektivs 2.2.2 Klassen von Adjektiven 2.2.3 Syntax der Adjektivphrase 2.2.4 Funktionen der Adjektivphrase 2.2.5 Attributive und Prädikative Funktion 93 93 94 94 95 98 99 99 6 2.2.5.1 2.2.5.2 2.2.5.2.1 2.2.5.2.2 2.2.6 2.2.6.1 2.2.7 2.2.8 2.2.9 2.2.10 Prädikative Funktion Stellung des attributiven Adjektivs Postnominale Stellung Pränominale Stellung Semantik der Adjektivphrase Bedeutungsunterschied bei prä- oder postnominaler Stellung Graduierbarkeit Vagheit Antonymie Attribute und Dimensionen 2.3 Dimensions- und Wertadjektive 2.3.1 Grundannahmen über Dimensions- und Wertadjektive 2.3.1.1 Unterscheidung zwischen Dimensions- und Wertadjektiven 2.3.1.2 Dimensionsadjektive 2.3.1.3 Wertadjektive 2.3.2 Dimensionsadjektive, die Ausdrucksalternativen zu Suffixen darstellen 3. Kapitel 3.1 Vergleich von Adjektiven und modifizierenden Suffixen Statusunterschiede 100 100 102 102 103 104 106 109 109 111 112 112 113 118 120 121 125 125 3.2 Semantische Restriktionen der Suffixe 3.2.1 Restriktive und deskriptive Funktion 3.2.2 Dimensionsbezug 3.2.3 Polysemie 3.2.4 Vagheit 3.2.5 Begrenztheit 3.2.6 Antonymie 3.2.7 Rekursion 134 134 137 137 138 139 139 139 3.3 Sprechakte 141 3.4 Reichweite als Modifikator 141 3.5 Markiertheit 141 4. Kapitel 4.1 Ergebnisse der Korpusanalyse Das LIP-Korpus 143 143 7 4.2 Datenbanken 4.2.1 Datenbank Adjektiv 4.2.1.1 Graduiertheit 4.2.1.2 Bezug der Adjektive 4.2.1.3 Polysemie 4.2.1.3.1 Die Quantitativen 4.2.1.3.1.1 +Pol-Adjektive für Quantität 4.2.1.3.1.2 -Pol-Adjektive für Quantität 4.2.1.3.2 Die Qualitativen 4.2.1.3.2.1 +Pol-Adjektive für Qualität 4.2.1.3.2.2 -Pol-Adjektive für Qualität 4.2.1.3.3 Lesarten und Gegensatzrelationen 4.2.1.3.4 Inferenzen und Dimensionen 4.2.1.4 Kookkurrenz 4.2.1.5 Format der Datenbank 4.2.2 Datenbank Suffix 4.2.2.1 Bezug der Suffixe 4.2.2.2 Polysemie 4.2.2.2.1 +Pol-Suffixe für Quantität 4.2.2.2.2 -Pol-Suffixe für Quantität 4.2.2.2.3 -Pol-Suffixe für Qualität 4.2.2.3 Lesarten 4.2.2.4 Format der Datenbank 145 145 149 150 151 154 155 157 159 160 160 161 164 165 166 166 168 170 171 172 173 174 175 4.3 Ausdrucksalternativen 4.3.1 Bemerkungen zur Ausdrucksalternative 4.3.1.1 Kookkurrenzen Adjektiv und modifizierendes Suffix im Korpus 175 176 5. Kapitel 183 Auf der Suche nach Restriktionen 181 5.1 Phonologie 5.1.1 Oxytona mit vokalischem Auslaut 5.1.2 Konsonantischer Auslaut 5.1.3 Velare Konsonanten - Beibehaltung der Velarität oder Palatalisierung 5.1.4 Vermeidung des Binnenreims 5.1.5 Phonologische Ähnlichkeiten 183 183 185 186 187 188 5.2 Morphologie 5.2.1 Kategorienneutralität und das Problem der Restriktionen 189 189 8 5.2.2 5.2.3 Verfahren zur Bildung von Nomina Klassifikation nach Flexionsmerkmalen 190 191 5.3 Semantik 5.3.1 Massennomina 5.3.1.1 Unterteilung der Nomina 5.3.1.2 Referenz 5.3.1.3 Massennomina vs. Individualnomina 5.3.1.4 Abstrakte Nomina 5.3.1.5 Untersuchung von Artikelverwendung 5.3.1.6 Prädikativer Typ 5.3.1.7 Präpositionalphrasen 5.3.1.8 Indikatoren für Zählbarkeit bzw. Nicht-Zählbarkeit 5.3.2 Konzeptuelle Klassen 192 200 201 201 202 206 207 209 209 210 213 5.4 Pragmatik 5.4.1 Diskurssituationen 5.4.2 Regulative Faktoren 5.4.3 Sprechakte 5.4.4 Interaktive Komponente 220 222 228 233 234 5.5 Zusammenfassung 238 6. Fazit: Ein Weg durchs Labyrinth der Modifikation 239 7. Anhänge 243 Anhang A Anhang B Anhang C 8. Diskurssituationen Adjektive prädikativ - attributiv Lexikon Literaturverzeichnis 243 247 249 268 9 Zusammenfassung Die Dissertation "Modifizierende Suffixe und Adjektive im Italienischen" befasst sich synchron mit Diminutiv-, Augmentativ- und Pejorativsuffixen und entsprechenden Adjektiven wie piccolo, grande usw. im heutigen gesprochenen Italienischen. In der Arbeit erfolgen grundlegende Beobachtungen über den Zusammenhang und eventuelle Entsprechungen zwischen den Adjektiven und den modifizierenden Suffixen sowie die Art der Systematik, welche die Ausdrucksalternative regelt. Ausgangshypothese der Arbeit ist, dass die Bedeutung des Derivationssuffixes der Bedeutung eines Adjektivs entspricht. Die empirische Untersuchung beruht auf der Korpusauswertung und ergänzend der Informantenbefragung. Korpus ist De Mauro et al. (1993). Im Rahmen der Arbeit wurden mehrere Datenbanken angelegt, in denen die empirischen Daten zu den Adjektiven und den modifizierenden Suffixen systematisch erfasst wurden. Die Arbeit beginnt mit einem Forschungsbericht zu den modifizierenden Suffixen. In einem weiteren Teil wird ebenso mit den Adjektiven verfahren. Nach einem ersten Vergleich, basierend auf den vorhergehenden Teilen, werden Vorgehensweise und Arbeitskorpus eingehend erläutert, begleitet von einem Kommentar zu den ersten Ergebnissen der Korpusanalyse. Weiterhin wird die Bedeutungsvariation der Adjektive und der modifizierenden Suffixe korpusbezogen dargestellt. Anschließend werden die relevanten sprachlichen Teilbereiche einer eingehenden Untersuchung unterzogen, um mögliche Restriktionen für die Verwendung von modifizierenden Suffixen einerseits und den entsprechenden Adjektiven andererseits zu ermitteln. Im letzten Teil der Arbeit erfolgt eine Synthese der Ausdrucksalternative zwischen den beiden untersuchten Ausdrucksmitteln. Wie die Arbeit zeigt, lässt sich eine Systematik der Modifikation mittels Adjektiven und modifizierenden Suffixen finden. Auf Seiten der Suffixe bestehen natürlich syntaktische Restriktionen, die auf dem unterschiedlichen syntaktischen Status eines Adjektivs einerseits und eines Suffixes andererseits beruhen. Auf phonologischer Ebene finden sich hingegen keine undurchbrechbaren Restriktionen für die Suffixe. Auf morphologischer Ebene lassen sich klare Restriktionen finden. Auf semantischer Ebene lässt sich eine Restriktion finden, das Basisnomen muss zählbar sein. Auf pragmatischer Ebene hingegen drücken die modifizierenden Suffixe im Italienischen eine interaktive Komponente aus, welche nicht im Funktionsbereich der Adjektive zu liegen scheint (in Sprachen, die nicht über modifizierende Suffixe verfügen, können jedoch die Adjektive diese Funktion übernehmen). 10 Die Arbeit enthält auch verschiedene, dem Verständnis dienende Anhänge. In Anhang A findet sich eine Aufstellung der für die Arbeit relevanten Diskurssituationen im Korpus. In Anhang B wird das Auftreten in attributiver oder prädikativer Stellung für alle Adjektive der Untersuchung dokumentiert, und schließlich stellt Anhang C ein skizzenhaftes Lexikon der Adjektive und der modifizierenden Suffixe dar. Am Ende der Arbeit findet sich eine Aufstellung der zur Erstellung verwendeten und berücksichtigten Literatur. 11 0. Einleitung - Vorhaben Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich synchron mit der morphologischen Modifikation des gesprochenen Italienischen1 und entsprechenden Adjektiven wie piccolo, grande usw. Unter Modifikation ist die semantische Abwandlung der Kernkonstituente einer Konstruktion hinsichtlich bestimmter Eigenschaften zu verstehen. Dies kann mittels Adjektiven oder Adverbien geschehen, aber auch morphologisch ausgedrückt werden durch Präfixe oder durch Suffixe, z.B. dt. Häuschen mit dem Diminutivsuffix -chen; ital. analog casetta von casa. Es sollen grundlegende Beobachtungen über den Zusammenhang zwischen Adjektiven und modifizierenden Suffixen2 gemacht werden. Dass es zwischen ihnen Entsprechungen gibt, wird beispielsweise klar bei der Übersetzung in oder aus Sprachen, in denen nicht dieselbe Suffixvielfalt bzw. Ausdrucksbreite vorliegt. Hier gibt es bereits Untersuchungen zum Übersetzungsvergleich (Pellegrini 1977; Holtus/Pfister 1985 und Mayrhofer 1993 alle zum Vergleich Deutsch-Italienisch sowie Würstle 1992 zum Vergleich Deutsch-Französisch-Englisch ebenso Wandruszka 1986 zum Vergleich Deutsch-Französisch-Spanisch-Englisch, Harden 1997 für einen Vergleich zum Deutschen und Portugiesischen, Schmitt 1997 für einen Vergleich der Diminutive Spanisch-Deutsch und Spanisch-Französisch sowie Windisch 1995 für die Übersetzung spanischer Diminutive ins Französische). Zudem zeigt sich auch, dass in Sprachen, die modifizierende Suffixe zwar besitzen, aber kaum nutzen, Adjektive den Ausdruck z.B. des Diminutivs übernehmen (siehe hierzu beispielsweise Hasselrot 1957 für das Französische). Untersuchungsgegenstand ist in dieser Arbeit das heutige gesprochene Italienisch, da die Modifikation vor allem ein Phänomen der spontanen gesprochenen Alltagssprache ist. Der Schwerpunkt der Untersuchung betrifft die Semantik der modifizierenden Suffixe, die sich anhand eines Modifikators, wie z.B. KLEIN, angewandt auf eine (Basis) (kurz KLEIN(Basis)), in die Satzsemantik einfügen lässt, jedoch sollen auch strukturelle Eigenschaften dieser Suffixe nicht außer Acht gelassen werden. Die Analyse der Diminutiva als Modifikator wie KLEIN(Basis) beruht auf der Hypothese, dass die Bedeutung des Derivationssuffixes der Bedeutung eines Ad- 1 2 Es soll in der Arbeit das Standarditalienische behandelt werden. Rein dialektale Arbeiten, wie beispielsweise Del Puente (1996), bleiben deshalb außer Acht. Die Benennungen modifizierende Suffixe, Modifikativsuffixe und Modifikationssuffixe werden in dieser Arbeit synonym verwendet. 12 jektivs entspricht. Diese Ausgangshypothese der Arbeitsteilung zwischen modifizierendem Suffix und Adjektiv lässt sich in einzelne Aussagen aufteilen: i ii. iii. iv. Die modifizierenden Suffixe haben eine lexikalische Bedeutung. Es besteht prinzipiell die Möglichkeit, dass es für jedes Suffix (jede Suffixgruppe) ein oder mehrere Adjektive mit gleicher Bedeutung gibt (z.B. -ino, -etto 3... heißen 'klein', piccolo, piccino... heißen ebenfalls 'klein'). Die Suffixe und die ihnen semantisch entsprechenden Adjektive haben dieselbe Variation der Bedeutung; z.B. wird 'klein' interpretiert als 'niedlich', oder als 'nicht wichtig', gleichgültig, ob dieses Prädikat als Suffix oder als Adjektiv realisiert ist. Die lexikalische Bedeutung eines modifizierenden Suffixes lässt sich im Rahmen der lexikalisch-funktionalen Grammatik als ein DPRED darstellen; dieses ist die Entsprechung eines normalen (d.h. auf der Satzebene angesiedelten) Prädikats (PRED) auf der Wortebene. Es gilt nun festzustellen, welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede vorliegen. Außerdem ist zu sehen, ob die Annahme eines Adjektivs als direkte Ausdrucksalternative für ein Suffix bzw. mehrere derselben Gruppe gilt oder ob dies nicht ausreicht. Aus diesen Aussagen ergeben sich unterschiedliche Fragestellungen: a. Welche Argumente nehmen die modifizierenden Suffixe? Gibt es konzeptuelle Präferenzen oder grammatische Beschränkungen? b. Wie erfolgt die Interaktion von Suffix und Adjektiv im Satz (und gegebenenfalls im Text)? c. Unterscheiden sich die modifizierenden Suffixe und die ihnen entsprechenden Adjektive unter dem Gesichtspunkt der Sprechakte (in engerem Sinn)? Welche Beziehung besteht also zwischen dem Gebrauch der Modifikativsuffixe und dem Typ von Sprechakt, in dem sie auftreten? d. In welcher pragmatischen Funktion werden die Suffixbildungen (z.B. librone) und die ihnen entsprechenden syntaktisch komplexen Nomina (z.B. grosso libro, libro voluminoso) verwendet? Es ist anzunehmen, dass Unterschiede bezüglich der Diskurssituation bestehen. Ziel der Arbeit wird es sein, genauer zu klären, wie die Entsprechungen zwischen Adjektiven und Suffixen aussehen und durch welche Restriktionen die Ausdrucksalternative geregelt wird. 3 Natürlich handelt es sich bei -ino um das Derivationssuffix -in- sowie das Flexionssuffix -o für Maskulin Singular. In dieser Arbeit werden die modifizierenden Suffixe aus Gründen der Lesbarkeit jeweils mit Flexionssuffix genannt, bei Suffixen zur Bildung von Verben werden diese zusammen mit der Infinitivendung genannt, z.B. -acchiare. 13 Methode Die Vorgehensweise in dieser Arbeit beruht auf linguistischen Standardmethoden wie der Korpusauswertung und, ergänzend, der Informantenbefragung. Aus der Auswertung des Korpus können quantitative und qualitative Daten ermittelt werden, die Auskunft über tatsächliche Vorkommen und Verwendung der untersuchten Ausdrucksmittel geben. Aus dem Korpus lassen sich so auch Daten ermitteln, die vielleicht bei reiner Introspektion oder Informantenbefragung nicht ins Licht der Untersuchung gerückt wären. Allerdings können im Rahmen einer Korpusanalyse natürlich keine Rückschlüsse über ungrammatische Daten gemacht werden. Aus diesem Grund wurde die Korpusauswertung durch Informantenbefragung erweitert. Korpus ist De Mauro et al. (1993), im Folgenden LIP. In einem ersten Schritt wurde mittels Korpusanalyse ermittelt, welche Adjektive im LIP zum Ausdruck von quantitativer und/oder qualitativer Bewertung auftreten. Anhand der ermittelten Adjektive wurde eine Datenbank angelegt, in der sämtliche relevanten Vorkommen der Adjektive erfasst wurden (Datenbank 1 'Adjektiv'). Nicht erfasst wurden jedoch Adjektive, die in der Funktion eines Nomens (il piccolo) verwendet werden. Parallel zu dieser Datenbank wurde eine weitere angelegt, in der die Bildungen mit modifizierenden Suffixen des LIP erfasst wurden (Datenbank 2 'Suffix'). Die Einträge in der Datenbank wurden versuchsweise für Adjektive und Suffixe gleich gehalten, um die Ausdrucksalternative besser herausarbeiten zu können. Zunächst geht aus dieser Untersuchung hervor, welche Adjektive bzw. Suffixe eine Rolle beim Ausdruck von quantitativer und qualitativer Bewertung spielen, auch bezüglich der Häufigkeit ihres Auftretens. Als nächster Schritt wurde ein Vergleich der beiden Datenbanken vorgenommen. Zuerst wurden aus der Datenbank der Adjektive die auftretenden Bezugsnomina extrahiert und überprüft, ob bei demselben Nomen jeweils eine Modifikation mittels Suffix überhaupt möglich ist. Diese mögliche Derivation wurde wie folgt überprüft: Zunächst wurde verifiziert, ob im Korpus eine solche Bildung vorlag, zusätzlich wurde überprüft, ob eine Bildung in Alberti et al. (1991, einem Wörterbuch der modifizierten Formen4) verzeichnet ist, schließlich wurde auch im Zingarelli 1999 eine mögliche Bildung gesucht (aus den Bezugsnomina aus Alberti et al. und dem LIP sowie aus Einzelfunden aus Presse u.ä. wurde Datenbank 3 'Alberti/LIP' erstellt, um Beleglücken des Korpus einzuschränken). Wurde in keiner der untersuchten Quellen eine Bildung gefunden, wurden zur Verifikation 4 Natürlich handelt es sich bei den Daten aus Alberti et al. (1991) nicht um Daten des gesprochenen, zeitgenössischen Italienischen. Deshalb wurden die hieraus übernommenen Daten nicht unreflektiert in die Untersuchung miteinbezogen und gegebenenfalls anhand von Informantenbefragungen auf ihre Gültigkeit hin überprüft. 14 muttersprachliche Informanten befragt. Falls eine Bildungsmöglichkeit vorlag, wurde untersucht, ob diese Bildung in denselben Kontext des Adjektivs einsetzbar ist, und zwar unter Beibehaltung der Äußerungsbedeutung. Aus dieser Untersuchung können Restriktionen abgeleitet werden, die die Verteilung der Adjektive und modifizierenden Suffixe systematisch darstellbar machen. Aufbau Im 1. Kapitel der Arbeit wird ausschnitthaft ein Bericht über die Forschung zu den modifizierenden Suffixen gegeben. Im 2. Kapitel wird dies für die Adjektive geschehen, allerdings bereits fokussiert auf die für diese Arbeit relevanten Adjektive zum Ausdruck von qualitativer und quantitativer Bewertung. Auf der Grundlage der ersten beiden Kapitel wird im 3. Kapitel ein erster Vergleich zwischen modifizierenden Suffixen und Adjektiven gezogen. Es werden u.a. morphologisch begründete Unterschiede zwischen den Adjektiven als syntaktisches Wort und den Suffixen als Affixe gezogen. Im 4. Kapitel werden die Vorgehensweise und das Arbeitskorpus sowie Ergebnisse aus der Korpusanalyse erläutert. Im 5. Kapitel erfolgt schließlich die Auseinandersetzung mit möglichen Restriktionen im Bereich der suffixalen bzw. der adjektivischen Modifikation. In Kapitel 6 erfolgt eine Synthese der Ausdrucksalternative zwischen modifizierenden Suffixen und Adjektiven. In den Anhängen finden sich eine Aufstellung aller für die Arbeit relevanten Diskurssituationen im Korpus LIP (Anhang A), die Angabe des Auftretens in attributiver oder prädikativer Stellung für alle Adjektive der Untersuchung (Anhang B) und schließlich ein Lexikon der Adjektive und der modifizierenden Suffixe, in dem mögliche Lexikoneinträge aufgeführt werden, wobei kein Anspruch auf deren Vollständigkeit erhoben werden soll (Anhang C). Es folgt eine Zusammenstellung dessen, was in der Literatur zu den modifizierenden Suffixen zu finden ist (Kapitel 1), dann zu den für diese Arbeit relevanten Adjektiven (Kapitel 2). 15 1. Kapitel Morphologische Modifikation In diesem ersten Kapitel soll zunächst das Thema der Arbeit genauer umrissen werden. Des Weiteren soll ein ausschnitthafter Forschungsbericht5 die bisherigen für diese Arbeit relevanten Studien zur morphologischen Modifikation darstellen. Nur vereinzelt eingehen möchte ich auf überwiegend resümierende Arbeiten, wie beispielsweise Mayrhofer (1993), Bosco Coletsos (1997) oder Costa (1997), die weitgehend den Forschungsstand in einzelnen Teilbereichen zeigen. Ebenso sollen Arbeiten zum Übersetzungsvergleich, zu dialektalen Besonderheiten bzw. zum Gebrauch der modifizierenden Suffixe beschränkt auf einen Autor und zum Spracherwerb nicht behandelt werden, da dies nicht im zentralen Blickwinkel der weiteren Untersuchung liegt (Angaben hierzu finden sich im Literaturverzeichnis). Speziell auf die diachrone Seite der modifizierenden Suffixe soll nicht weiter eingegangen werden: Zum einen liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit auf dem heutigen gesprochenen Italienischen, zum anderen findet sich in Mutz (2000) eine ausführliche Untersuchung der diachronen Entwicklung der Suffixe. 1.1 Definition und Einordnung des Phänomenbereichs Unter Modifikation ist, wie bereits erwähnt, die semantische Abwandlung der Kern-Konstituente einer Konstruktion hinsichtlich bestimmter Eigenschaften zu verstehen. Ein Adjektiv modifiziert beispielsweise ein Nomen wie in piccolaAcasaN, ein Adverb modifiziert ein Verb wie in scrivereV leggibilmenteADV. Modifikation kann aber auch morphologisch ausgedrückt werden, durch Präfixe oder, dem Thema dieser Arbeit entsprechend, durch Suffixe, z.B. dt. Häuschen mit dem Diminutivsuffix -chen; ital. analog casetta von casa. Im Italienischen (bzw. allgemein im Romanischen) gibt es nicht nur Diminutivsuffixe, sondern auch Augmentativund Pejorativsuffixe. Von casa lassen sich durch Suffigierung z.B. Diminutiv casetta, Augmentativ casone und Pejorativ casaccia bilden, im Gegensatz zum Deutschen, wo es nur die Diminutivsuffixe -chen bzw. -lein gibt. Wie sich im Sprachvergleich klar zeigt, setzt das Vorhandensein der Augmentativsuffixe in einer Sprache das Vorhandensein von Diminutivsuffixen voraus, ebenso treten Pejorativsuffixe in einer Sprache erst auf, wenn diese bereits Augmentative besitzt (siehe hierzu auch Mutz 2000: 142ff.).6 5 6 Beginnend ab 1975. Für einen Forschungsbericht über den Zeitraum 1975 - 1995 mit einer über diese Arbeit hinausreichenden Perspektive siehe Necker (1996). In den germanischen Sprachen treten nur Diminutivsuffixe auf, das Portugiesische besitzt Diminutiv- und Augmentativsuffixe (Mutz 2000: 107ff.), das Italienische und das Spani- 16 Die Modifikationssuffixe des Italienischen zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine große Bandbreite an Funktionen aufweisen, die miteinander über bestimmte kognitive Relationen verbunden sind, z.B. kann casuccia von casa interpretiert werden als 'kleines Haus; Häuschen; süßes kleines Haus; kleines, elendes Haus'. Die Modifikationssuffixe können kontextabhängig zum Ausdruck von quantifizierender Funktion ('klein'/'groß') und/oder qualifizierender Funktion ('positiv'/ 'negativ') dienen, z.B. quantifizierend 'klein' tavolino, 'groß' alberone, qualifizierend 'positiv' francesina, 'negativ' ragazzaccio. Außer auf semantischer Ebene mit Bezug auf die Bedeutung der Basis (also Wortebene) können sie auf pragmatischer Ebene aktiv werden, wo sie nach Auffassung von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) zum Ausdruck bestimmter Diskursfunktionen verwendet werden. Außerdem dienen sie zur Charakterisierung bestimmter Diskurssituationen (z.B. Diskurssituationen, bei denen Kinder involviert sind). Der Reichtum an modifizierenden Suffixen und durch diese Derivation ausgedrückten Nuancen in den romanischen Sprachen ist groß, außer im modernen Französisch. Im klassischen Latein bestand dieser Reichtum nicht. Tekavciç (1980) nimmt an, dass im Vulgärlatein sehr wohl ein größerer Reichtum bestand, vor allem deshalb, weil fast alle modifizierenden Suffixe in den heutigen romanischen Sprachen aus dem Lateinischen stammen. Im Folgenden möchte ich zeigen, was verschiedene Autoren unter Modifikation verstehen (falls überhaupt ein funktionaler Oberbegriff für Diminutiv-, Augmentativ- und Pejorativsuffixe verwendet wird) und wie die Modifikation innerhalb der Wortbildung einzuordnen ist. Es bestehen diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen. Allein schon für die modifizierenden Suffixe treten in der Literatur eine Vielzahl von Bezeichnungen auf, beispielsweise: "suffissi alterativi", "suffissi valutativi", "evaluative suffixes", "attitudinal formators", "Modifikationssuffixe". Um den Zusammenhang mit oben erwähnter Modifikation durch Adjektive oder Adverbien beizubehalten, wurde die Benennung Modifikationssuffixe/modifizierende Suffixe/Modifikativsuffixe gewählt. Die grundlegende Funktion der Modifikationssuffixe wird von Dardano (1978) als quantitativ und qualitativ angesehen, einerseits ein diminutiver oder augmentativer Wert, andererseits ein positiver oder negativer Wert. Der quantitative und der qualitative Charakter schließen sich nicht aus: Zur Kleinheit tritt die Zartheit, die Freundlichkeit oder die Schwächlichkeit und Unzulänglichkeit hinzu, zur Größe die Kraft oder die Boshaftigkeit oder die Hässlichkeit (vgl. Tekavciç 1980). Calboli/Moroni (1989) fügen dem hinzu, dass die Modifikation die fundamentale sche Diminutiv-, Augmentativ- und Pejorativsuffixe. Das Französische besitzt interessanterweise keine Augmentativsuffixe (mehr), sondern nur Diminutiv- und Pejorativsuffixe (Mutz 2000: 112ff.). Eine Sprache, die reine hypokoristische Suffixe (also ohne Mitschwingen einer quantitativen Komponente) besitzt, ist mir nicht bekannt. 17 Bedeutung des Wortes nicht verändert, sondern dazu dient, sie besser zu determinieren, indem sie spezielle Quantitätsbegriffe ('groß'/'klein') und/oder Qualitätsbegriffe ('positiv'/'negativ') hinzufügt. Die letzteren sind nach Calboli/Moroni (1989) enger mit dem Urteil und Empfinden des Sprechers oder Schreibers verbunden. Diese Auffassung teilen auch Regula/Jernej (1975), Serianni (1988) und Grimaldi (1991). Aber nur Calboli/Moroni (1989) bemerken ausdrücklich, dass Quantitäts- und Qualitätsbegriffe zusammen oder getrennt auftreten können. Dardano/Trifone (1991) unterteilen die Funktion der Suffixe in Quantitäts- und Qualitätsbegriffe sowie Urteil des Sprechers, erläutern dies jedoch nicht näher. Nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) verändern die modifizierenden Suffixe die Bedeutung der Basis nur bezüglich einer Quantitätsskala (bzw. Qualitätsskala), bei Diminutiven bedeutet dies eine Abnahme, bei Augmentativen eine Zunahme. Als grundlegende qualitative Bewertung scheine tendenziell bei Diminutiven eine positive, bei Augmentativen eine negative vorzuliegen. Die Funktion des Wechsels der qualitativen Bewertung teilen sich die modifizierenden Suffixe mit evaluativen lexikalischen Kategorien wie z.B. Adjektiven. Für Pejorative treffe dies nicht zu, da bei ihnen kein Wechsel der qualitativen Bewertung vorliege, sondern immer negativ bewertet werde. In der Literatur besteht keine Einigkeit bezüglich der Einordnung der Modifikation innerhalb der Morphologie. Es sind diesbezüglich zwei Positionen vertreten: 1. Die Modifikation wird als Teil der Derivation gesehen. 2. Die Modifikation wird weder zur Derivation noch zur Flexion gerechnet. Die Vertreter der ersten Position, wie u.a. Tekavciç (1980), Musarra (1983), Serianni (1988), Schwarze (1988/1995), Rainer (1989), Dressler/Merlini Barbaresi (1993, 1994), Napoli/Reynolds (1995), Grandi (1998) und Merlini Barbaresi (2004a), zählen die Modifikation zur Derivation. Zu einer weiteren Darstellung, auch widersprüchlicher Positionen hierzu, siehe Grandi (1998: 643f.). Scalise (1984, 1990 und 1995) hingegen situiert die Modifikation als zwischen der Flexion und der Derivation liegend. Derivationsregeln können seiner Auffassung nach typischerweise die lexikalische Kategorie ändern, ebenso wie die syntaktischen Merkmale und den Rahmen der Subkategorisierung, während Flexionsregeln diese Veränderungen nicht bewirken können. Schon laut Dardano (1978), Dardano/Trifone (1991) verändert die Modifikation die syntaktische Kategorie des Ausgangswortes nicht. Scalise (1984) versucht zu bestimmen, ob die Regeln, nach denen modifizierende Suffixe angefügt werden, Derivations- oder Flexionsregeln sind. Scalise (1990: 198ff.) fasst, als einer der ersten der vorliegenden Autoren, die Eigenschaften der modifizierenden Suffixe wie folgt zusammen: 18 a b Sie verändern die Bedeutung der Basis7 (lume - lumino). Eine mehrfache Anfügung von Suffixen desselben Typs ist möglich (fuoco fuocherello - fuocherellino). Durch jede Anfügung entsteht ein existierendes Wort.8 Die Modifikativsuffixe stehen rechts von anderen Derivationssuffixen und links von Flexionssuffixen (contrabbando-iere-ucolo-o = contrabbandierucolo).9 Sie erlauben, wenn auch nur begrenzt, die wiederholte Anfügung ein und desselben Suffixes (carinino). Die Wortart der Basis wird nicht verändert. Sie bewirken keine Veränderung der syntaktischen Merkmale. Scalise (1995) führt (als Eigenschaft e) an, dass modifizierende Suffixe spezielle Akkommodationsregeln teilweise vorhersagbar, teilweise idiosynkratisch, verlangen (z.B. Einfügung von /tS/ nach /on/ vor -ino/-ello). c d e f Eigenschaft a und b sind nach Scalises Auffassung typisch für Derivationsaffixe, e und f typisch für Flexionsaffixe und c und d sowohl für Derivations- als auch für Flexionsaffixe untypisch. Folgende Darstellung aus Grandi (1998: 644) zeigt einen Vergleich der Eigenschaften von Derivations-, Flexions- und Modifikationsregeln: Proprietà delle Regole morfologiche a b c d e f g h Regole derivazionali possono cambiare la categoria della base sì possono cambiare i tratti di sottocategorizzazione sì della base possono cambiare il significato concettuale della sì base possono cambiare il significato grammaticale no della base sono totalmente produttive no sono rilevanti per la sintassi no sono obbligatorie no i suoi esiti possibili sono prevedibili e 'chiusi' no Regole flessive no no Regole valutative no?10 sì11 no sì sì no sì sì sì sì no no no no Scalise folgert aus seinen Eigenschaften a - f, dass die modifizierenden Suffixe einen eigenen Typ von Suffixen bilden. Die Suffixtypen treten seines Erachtens in 7 8 9 10 11 Genauer gesagt fügen sie der Bedeutung der Basis Aspekte quantitativer oder qualitativer Art hinzu. Bei motivierten Bildungen bleibt die Bedeutung der Basis ja erhalten. Scalise geht vom Wort als Ableitungsbasis aus. Aus diesem Grund sind die Zwischenstufen bei mehrfacher Suffigierung syntaktische Wörter, die belegt sein müssen. Fälle, bei denen die Zwischenstufen nicht belegt sind, schließt er somit aus. Scalise (1995) spricht von einer peripheren Stellung bezüglich der Derivationssuffixe. Fragezeichen nach Grandi (1998). In diesem Punkt weicht Grandi (1998) von Scalises Annahmen ab. Er nennt Fälle, in denen die modifizierenden Suffixe beispielsweise das Genus der Basis verändern können. 19 nachstehend aufgeführter Reihenfolge auf: Derivationssuffixe - modifizierende Suffixe - Flexionssuffixe. Die Ausgliederung der modifizierenden Suffixe aus der Derivation begründet Scalise (1984; 1994) auch mit den Kopfeigenschaften,12 die Derivationssuffixe seines Erachtens normalerweise besitzen. Als syntaktischer Kopf wird das Element bezeichnet, das die Kategorie bestimmt, zu welcher die gesamte Konstruktion gehört. Bei Derivationsprozessen, bei denen die Wortart des Derivats eine andere ist als die der Basis, ist das Derivationssuffix der Kopf des komplexen Wortes. Laut Zwicky (1985) ist der semantische Kopf hingegen die Basis: [...] in a combination X+Y, X is the 'semantic head' if, speaking very crudely, X+Y describes a kind of thing described by X.[...] We might then propose that in X+Y, X is t h e 'semantic head' if in the semantic interpretation of X+Y, Y represents a functor on an ARGUMENT represented by X. (Zwicky 1985: 4) Scalise (1988) geht von der Annahme aus, dass Derivationssuffixe, bis auf Ausnahmen, immer Köpfe sind. Dies beruhe auf der Tatsache, dass die Suffixe die lexikalische Kategorie der Basis, an die sie angefügt werden, verändern. Scalise nennt auch den Fall, in dem Suffixe zwar die lexikalische Kategorie der Basis nicht verändern, aber syntaktische Merkmale der Basis. In diesem Fall ist das Suffix der Kopf des komplexen Wortes. Die modifizierenden Suffixe hingegen sind nach Scalise transparent bezüglich syntaktischer Kategorie und bezüglich syntaktischer Merkmale. Sie entsprechen zudem der Hypothese der einzigen Basis (siehe hierzu S. 23) nicht. Die modifizierenden Suffixe verändern weder Kategorie noch Merkmale der Basis. Bei Modifikativbildungen kommen alle Informationen (außer den semantischen) von der Basis. Aber alle modifizierenden Suffixe verhalten sich so. Sie bilden deshalb nach Scalise die bereits erwähnte Kategorie, die zwischen der Derivation und der Flexion anzusiedeln ist. Derivationssuffixe verändern immer die Kategorie der Basis, Flexionssuffixe hingegen nie. Modifizierende Suffixe verändern die Kategorie der Basis und auch andere Informationen der Basis nicht, sie können also per Definition keine Köpfe sein. Scalise erwähnt zwar Fälle, in denen die modifizierenden Suffixe das Genus zu verändern scheinen (donna -> donnino). Dies berühre Obengesagtes jedoch nicht. Die Veränderung betreffe Informationen bezüglich des grammatischen Genus und es handle sich somit um eine Veränderung flexiven Typs (siehe hierzu im Folgenden die Kritik von Dressler/Merlini Barbaresi 1993, 1994). Die von Scalise erwähnten Akkommodationsregeln treten nur bei den modifizierenden Suffixen auf (siehe oben). Er sieht 12 Der Kopfbegriff ist nicht unproblematisch. Scalise unterscheidet beispielsweise zwischen syntaktischem Kopf in der Morphologie und syntaktischem Kopf in der Syntax. Im Folgenden tritt u.a. noch der Begriff des semantischen Kopfs auf. Ich werde an gegebener Stelle versuchen, eine Definition des jeweiligen Begriffes zu geben. 20 hierin ein weiteres Kriterium zur Ausgliederung der Modifikation aus der Derivation. Im Folgenden möchte ich die Annahmen verschiedener Autoren mit Scalises (1984, 1990 und 1995) Einteilung und den Eigenschaften der modifizierenden Suffixe gegenüberstellen. Lepschy/Lepschy (1986: 219) und auch Dressler/Merlini Barbaresi (1994) erwähnen zusätzlich zu den von Scalise genannten Eigenschaften, dass manche Suffixe Wortstatus erlangen können (è proprio accio accio). Das Suffix wird in den meisten Fällen wie ein Adjektiv in prädikativer Stellung verwendet. Zu Eigenschaft d) von Scalise führen sie einen Sonderfall an: Die Anfügung desselben Suffixes an das Wort als Basis wie in guf-ino-ino-ino (Plural guf-ini-ini-ini) (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 99). Rainer (1989: 57) weist Scalises Annahme (Eigenschaft c), dass modifizierende Suffigierung nach der Derivation, aber vor der Flexion stattfindet, zurück. Seines Erachtens würde damit derivative Präfigierung ausgeschlossen. Laut Scalise wäre die Struktur [[Präfix [X]] Modifikativsuffix] korrekt, die Struktur [Präfix [[X] Modifikativsuffix]] hingegen nicht. Empirische Fakten widerlegen dies: z.B. [super[elefantino]]; [neo[borghesuccio]]; [mini[quadretto]]; [micro[telefonino]]. Es wäre nach Rainer vielmehr von Vorteil, zunächst beide Interpretationsmöglichkeiten offen zu lassen. Zudem ist die Ordnung "Derivation vor Modifikation vor Flexion" laut Rainer (1989) nicht universal (vgl. Rainer 1996 und Merlini Barbaresi 2004a). Auch Stump (1993) kritisiert diese Annahme Scalises und nennt Gegenbeispiele u.a. aus dem Portugiesischen, z.B. animalzinho, animaizinhos 'Tier-Dim., Tiere-Dim.' (Stump 1993:6ff.). Er kritisiert insgesamt an Scalises Einteilung, dass diese für viele Sprachen nicht haltbar sei und insofern keinen universellen Anspruch habe. Er wendet sich gegen die Ausgrenzung der Modifikation aus der Derivation, indem er zeigt, dass die sechs Eigenschaften der modifizierenden Suffixe nach Scalise nicht auf diese begrenzt sind. Stump (1993) zeigt für mehrere Sprachen, dass es sich bei den Eigenschaften von Scalise um Besonderheiten Kategorien bewahrender Bildungen handelt, nicht der modifizierenden Morphologie. Eine Unterteilung in die drei Regelblöcke Derivation-Modifikation-Flexion sehen auch Dressler/Merlini Barbaresi (1994) als ungerechtfertigt an. Sie erwähnen jedoch, dass die modifizierenden Suffixe nicht den prototypischen Derivationsverfahren angehören (siehe auch Merlini Barbaresi 2004a). Zu einer Überprüfung von Scalises Angaben anhand eines großen Sprachenkorpus siehe Bauer (1997). In seiner Untersuchung zeigt Bauer (1997), dass Scalises Eigenschaften der modifizierenden Suffixe nicht als universale Kriterien zur Abgrenzung oder Definition der morphologischen Modifikation dienen können, da die Eigenschaften in vielen 21 Sprachen nicht auftreten bzw. nicht auf die modifizierenden Suffixe beschränkt sind. Stefanescu (1992), die in ihrer Arbeit nur Diminutivsuffixe betrachtet, stimmt in den meisten Argumenten mit Scalise (1984, 1988) überein. Aufgrund der Transparenz der Suffixe bezüglich der Wortart tragen sie nicht zur syntaktischen Kategorisierung bei und können somit nicht als Kopf angesehen werden. Wie Scalise (1984, 1988) führt auch Stefanescu (1992) an, dass Diminutivsuffixe kein syntaktisches Merkmal der Basis verändern, unterscheidet jedoch zwischen syntaktischem und semantischem Kopf (siehe 1.4.1). Da die modifizierenden Suffixe einen semantischen Beitrag zur Interpretation derivierter Wörter leisten, sieht sie sie als semantischen Kopf an.13 Zu der Annahme von Scalise (1984, 1988), dass Derivationsregeln vor Modifikationsregeln und diese vor Flexionsregeln angewendet werden, führt sie lediglich ein Gegenbeispiel aus dem Rumänischen an. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) kritisieren die gängige Annahme, dass modifizierende Suffixe keine Köpfe sind. Diese Annahme beruhe darauf, dass modifizierende Suffixe keine syntaktischen Merkmale der Basis oder Selektionsrestriktionen ändern. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sehen auch Kopfrelationen als tendenziell schematisch; z.B. tendiere ein semantischer Kopf dazu, ebenfalls ein syntaktischer und morphologischer Kopf zu sein und umgekehrt (siehe hierzu 1.6). Zudem finden sie pragmatische Gegenkriterien zur Einteilung von Scalise (1984, 1990, 1995) (siehe 1.5.2ff.). Auch Stump (1993) wendet ein, dass modifizierende Suffixe Kopfeigenschaften besitzen können und nennt Beispiele u.a. aus dem Tigre, bei denen klar das Genus verändert wird. Zudem mag es genügen, das Deutsche als Beispiel anzuführen, bei dem die Diminutivsuffixe dem Derivat immer das Genus Neutrum zuweisen. Napoli/Reynolds (1995) gehen auf die einzelnen Eigenschaften von Scalise ein. Die wiederholte Anfügung ein und desselben Suffixes tritt ihres Wissens nur im Italienischen auf. Die Eigenschaft der Suffixe, dass keine Veränderung der Wortart der Basis bewirkt werde, treffe auch für Flexionssuffixe und für einige Derivationssuffixe zu. Zudem verweisen sie auf deverbale Fälle wie spendaccione, *spendacciare, *spendaccio, *spendaccia (dies wird von Alberti et al. 1991 jedoch nicht als Modifikation angesehen), bei denen die Zwischenstufen auch nicht existieren. Sie erwähnen zudem, dass bei der Anfügung an Verbstämme syntaktische Merkmale verändert werden können, so zum Beispiel die Konjugationsklasse14 oder die Valenz: spruzzare (transitiv), spruzzolare (transitiv/intransitiv) (siehe 13 14 Stefanescu (1992) verweist auf Borer (1989), der die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen syntaktischem und semantischem Kopf anhand hebräischer Nominalkomposita zeigt. Hier tritt die Frage auf, ob dies auch daran liegen könnte, dass nur noch die -are-Verben produktiv sind sowie in geringerem Maße die -ire-Verben (mit Stammerweiterung -isc-). 22 Napoli/Reynolds 1995: 156). Sie beschäftigen sich ausführlich mit Aronoffs These der einzigen Basis, die besagt, dass jede Wortbildungsregel auf eine einzige Basis angewendet wird, die bezüglich der Wortart spezifiziert ist (Aronoff 1976: 47ff.). Sie untersuchen, ob im Falle der modifizierenden Suffixe eine Verletzung dieser Regel vorliegt oder nicht, da die meisten modifizierenden Suffixe Basen mehrerer lexikalischer Kategorien akzeptieren. Sie kommen zu dem Schluss, dass Affixe, die keine Köpfe sind, keine Kategorie bei der Derivation auswählen. Auch Dressler/Merlini Barbaresi (1994) beschäftigen sich mit diesem Problem. Sie nehmen an, dass die modifizierenden Suffixe nicht die einzigen Suffixe sind, die diese Regel verletzen. In der vorliegenden Arbeit werden die modifizierenden Suffixe zur Derivation gezählt, wie u.a. auch bei Rainer (1990), Schwarze (1988/1995) und Grandi (1998). Sicher zählen die Suffixe nicht zu den typischsten Vertretern der Derivationssuffixe15, aber ein Ausschluss scheint mir nicht gerechtfertigt zu sein. Die von Scalise (1984, 1990, 1995) angenommene Veränderung der Bedeutung der Basis mittels Suffigierung möchte ich, wie bereits erwähnt, folgendermaßen präzisieren: Die Bedeutung der Basis bleibt erhalten und lediglich quantitative und/oder qualitative Aspekte treten durch das modifizierende Suffix hinzu. Inwieweit die von Scalise aufgestellten Eigenschaften der Suffixe sich in einem Korpus der gesprochenen Sprache nachweisen lassen, wird in den Abschnitten 4.2.2 bis 4.2.2.4 dargestellt. Allerdings wurden in die Korpusuntersuchung nur motivierte Bildungen einbezogen, d.h. die Modifikation durch Suffixe wird als Wortart bewahrend betrachtet, bei Veränderung der Wortart der Basis kann keine reine Modifikation mehr vorliegen. 1.2 Inventar der Modifikationssuffixe Bei der Zuordnung der einzelnen Suffixe sowie bei der Unterteilung in produktive und unproduktive Bildungsmuster treten bei den Autoren große Unterschiede auf. Manche berücksichtigen die Produktivität bei den Suffixen nicht. Im Folgenden möchte ich unterschiedliche Suffixinventare erläutern und dann auf die Klassifikation der Modifikationssuffixe eingehen. Folgende Suffixe sind bei allen Autoren Teil des Inventars16: -ino, -etto, -ello, -uccio, -accio, -one. 15 16 Vor allem das rekursive Auftreten modifizierender Suffixe bei einer Bildung scheint eine Besonderheit dieser Suffixe zu sein. Mutz (2000) macht keine Angaben über ihr vollständiges Suffixinventar. Sie beschränkt sich durchgehend auf beispielhafte Angaben. Sie nennt u.a. -acchi- (sic), -accio, -astro, -att- (sic), -ello, -etto, -icci- (sic), -ino, -olo, -one, -onzolo, -otto, -uccio, -uolo. Merlini Barbaresi (2004a) hingegen führt auch nicht mehr produktive Formen, Varianten, sowie Kollektivsuffixe an. Diese Entscheidung begründet sie dadurch, dass nicht mehr produk- 23 Das Suffix - i n o wird insgesamt als (produktives) Diminutivsuffix (von Regula/Jernej 1975 als Diminutiv- bzw. Kosesuffix) angesehen. Die Suffixe -etto und -ello werden ebenfalls von allen Autoren zu den (produktiven) Diminutivsuffixen gerechnet (von Regula/Jernej 1975 als Diminutiv- bzw. Kosesuffixe), außer von Scalise (1984, 1994); er zählt -etto und -ello nicht zu den Diminutivsuffixen, begründet dies allerdings nicht näher. Das Suffix -uccio wird zu den Kosesuffixen (Tekavciç 1980, Calboli/Moroni 1989, Napoli/Reynolds 1995) oder zu den Diminutivsuffixen gezählt (Regula/Jernej 1975, Dardano 1978-1991, Dardano/Trifone 1991, Musarra 1983, Serianni 1988, Schwarze 1988/1995, Grimaldi 1991, Dressler/Merlini Barbaresi 1994). Scalise (1984, 1994) rechnet es nicht zu den Diminutivsuffixen, äußert sich jedoch auch an dieser Stelle nicht darüber, wie er das Suffix einordnet. Das Suffix -accio wird von den meisten Autoren als (produktives) Pejorativsuffix erfasst, außer u.a. von Dardano/Trifone (1991), die nur in Diminutiv- und Augmentativsuffixe unterteilen. Musarra (1983) nimmt -azzo als Variante des Suffixes an. Das Suffix -one sehen alle Autoren als Augmentativsuffix an. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) u.a. nennen es das einzige produktive Augmentativsuffix. Weiterhin führen alle Autoren, außer Scalise (1984, 1994), das Suffix -astro an. Bei Regula/Jernej (1975), Tekavciç (1980), Musarra (1983), Schwarze (1988/1995), Calboli/Moroni (1989), Dressler/Merlini Barbaresi (1994) und Napoli/Reynolds (1995) wird -astro als (produktives) Pejorativsuffix aufgefasst. Dardano (19781991), Dardano/Trifone (1991), Serianni (1988) und Grimaldi (1991) sehen hier jedoch ein Augmentativsuffix. Das Suffix -ucolo nennen alle Autoren, außer Serianni (1988), als Pejorativsuffix (z.B. Regula/Jernej 1975) oder als Diminutivsuffix mit negativer Bewertung (z.B. Schwarze 1988/1995). Bei dem Suffix -otto/ -ottare gehen die Einordnungen weit auseinander. Es wird als Augmentativsuffix (Regula/Jernej 1975), als Diminutivsuffix (z.B. Tekavciç 1980) oder als Suffix zur Bildung von Verben aus Verben angesehen (Schwarze 1988/1995). Serianni (1988) und Scalise (1984, 1994) erwähnen das Suffix nicht. Auch das Suffix -(u)olo tritt bei tive Varianten in "occasionalismi ludici, giornalistici, pubblicitari e in neoformazioni gergali" wiederauftreten können (Merlini Barbaresi 2004a: 266). Ihr Inventar zur B i l dung von Nomina umfasst: 1. Diminutivsuffixe: -ino, -etto, - e l l o , -uccio, -uzzo, -otto, -(u )olo, -iolo, -acci-olo, ’-olo, -àtt-olo, -onz-olo, -usc-olo, -agn-olo, -ign-olo, -occ-olo, -isc-olo, -ùgi-olo, -icolo, -occhio, -occio, -ozzo, -atto, -acchio, -icchio, -ulo, -iggine, -iglio, -ecchio, -ischio, -ottero, 2. Augmentativsuffixe: -one, -otto, -ozzo, -asso, 3. Pejorativsuffixe: -accio, -azzo, -ucolo, -astro, -ame, -ume, -aglia, -iglia, -ardo, -ùncolo, -acchera, -accolo, -upola/-ipola, -ercolo, -offia (Unterteilungen und Akzentuierung nach Merlini Barbaresi 2004a: 265). Ihr Inventar zur Bildung von Adjektiven hingegen umfasst: 1. "suffissi attenuativi": -ino, -etto, -ello, -uccio, -uzzo, -otto, -astro, -iccio, -ozzo, -occhio, -acchio, -acchi-o n e , -acchi-otto, -icchio, -ecchio, -igno, -ign(-acc)-olo, -ognolo, -uolo, ‘-ulo, 2. "suffissi rafforzativi": -one, -igli-one, -acci-one, -otto, -igno; Pejorative mit "funzione rafforzativa": -accio, -azzo, -on-azzo, -astro (tritt zweimal auf!), -a r d o (Merlini Barbaresi 2004b: 446f.). 24 allen Autoren, außer den beiden genannten, als Diminutivsuffix (z.B. Tekavciç 1980) bzw. als Kosesuffix auf (Napoli/Reynolds 1995). Im Folgenden werden zusätzliche Mitglieder der Suffixinventare bzw. Varianten der obengenannten Suffixe angeführt. Die Reihenfolge der Autoren ist chronologisch. Regula/Jernej (1975) nennen bei dem Suffix -ino die Varianten -ic(c)ino; -olino, bei -ello betrachten sie die Variante -icello. Zudem nennen sie als eigene Diminutivbzw. Kosesuffixe -ellino und -erello. Sie erwähnen als weitere Augmentativsuffixe -occio und -ozzo und als Pejorativsuffixe -onzolo, -(icci)atto(lo). Ihr Inventar umfasst insgesamt 17 Suffixe. Dardano (1978) sieht -icci(u)olo, -atto/-attolo, Dardano (1991) noch -acchiotto, -iciattolo als Diminutivsuffixe an. Dardano (1978) betrachtet -acchio als weiteres Augmentativsuffix, Dardano/Trifone (1991) auch -acchione sowie mildernd -iccio, -igno, -ognolo, -occio. Als Suffixe zur Bildung von Verben aus Verben nennen sie -(er/ar)ellare, -ettare, -icchiare, -acchiare, -ucchiare. Dardano (1978) und Dardano/Trifone (1991) unterteilen nur in Diminutiv- und Augmentativsuffixe, insgesamt besteht ihr Inventar aus 22 Suffixen. Tekavciç (1980) betrachtet als weniger bedeutende Suffixe -atto, -acchio, -ecchio, -icchio, -occhio, -ucchio. Problematisch ist vor allem bei den letzteren Suffixen die Frage der Motiviertheit, da er fast ausschließlich lexikalisierte Beispiele anführt, wie z.B. ginocchia, forfecchia (siehe Tekavciç 1980: 98). Des Weiteren erwähnt er -eccio, -iccio, -occio. Als einziges Kosesuffix nennt er -uccio mit der Variante -uzzo. Als Pejorativsuffix sieht er auch -onzolo an. Sein Inventar zählt 20 Suffixe. Musarra (1983) sieht -uzzo als eigenes Diminutivsuffix an, nicht als Variante von -uccio, als Augmentativsuffixe -acchio und -icchio, als Pejorativsuffix -aglia. Pejorativsuffixe drücken seines Erachtens eine rein negative qualitative Bewertung aus und keine quantitative Reduktion. Er rechnet 14 Suffixe zu seinem Inventar. Serianni (1988) zählt -icchio zu den Diminutivsuffixen. Das Suffix -icchio ist nach seinen Angaben heute nur noch in einigen toskanischen Dialekten produktiv sowie in Süditalien, wo es pejorative Färbung annehmen kann. Ebenso wie Dardano (1978) bzw. Dardano/Trifone (1991) unterteilt er nur in Diminutiv- und Augmentativsuffixe. Bei ihm treten acht Suffixe auf. Schwarze (1988/1995) nennt -icciolo, und -iciattolo als Variante von -olo. Als wenig produktive Suffixe zur Bildung von Verben aus Verben sieht er -acchiare, -icchiare, -ucchiare, -(er)ellare, -ettare und -azzare an. Derivationen mit diesen Suffixen, außer dem letzten Suffix -azzare, sind nach Schwarze semantisch mit den Diminutivsuffixen bei der Nominalbildung verwandt, teilweise sind sie auch formal gleich. Bei -azzare bestehe semantische und formale Ähnlichkeit zur Pejorativbildung. Sein Inventar umfasst 15 Suffixe. 25 Calboli/Moroni (1989) sehen -acchiotto als Diminutivsuffix an. Bei dem Kosesuffix -uccio erwähnen sie die Variante -uzzo. Als Augmentativsuffixe nennen sie -acchione (als Kombination aus -acchio und -one) sowie -occio. Als Pejorativsuffix sehen sie -onzolo an. Sie führen an, dass auch Suffixe wie -uccio, -attolo und -icciuolo pejorativen Wert annehmen können (siehe 1.10.1). Als modifizierende Suffixe bei verbaler Basis sehen sie -arellare/-(er)ellare, -ettare, -icchiare, -acchiare, -ucchiare an. Ihr Inventar beläuft sich auf 20 Suffixe. Scalise (1984, 1990, 1994) erwähnt lediglich Beispiele für modifizierende Suffixe, -ello, -etto und -uzzo (Variante von -uccio) sieht er nicht als Diminutivsuffixe an, ohne dies jedoch weiter zu begründen. Insgesamt nennt er sieben Suffixe. Grimaldi (1991) zählt zu -ino die Varianten -oncino, -olino, bei -ello die Varianten -icello, -erello als Diminutivsuffixe. Ihrer Auffassung nach werden Diminutive tendenziell positiv bewertet (denselben Standpunkt vertreten Dressler/Merlini Barbaresi 1994). Bei den Diminutivsuffixen -uccio, -icciolo, -uolo hingegen könne eine negative oder eine positive Bewertung auftreten. Bei -ucolo und -iciattolo liege eine negative Bewertung vor. Das Suffix -acchiotto habe eine positive Bewertung. Als Augmentativsuffix betrachtet sie -acchione. Bildungen mit -accio/-astro haben ihres Erachtens bei Nomina einen stark pejorativen Wert. Als modifizierende Suffixe bei adjektivischen Basen nennt sie -astro, -iccio, -igno, -ognolo und -occio, als modifizierende Suffixe bei verbaler Basis führt sie -ellare, -ettare, -ottare, -icchiare, -acchiare, -ucchiare an. Sie zählt 21 Suffixe zu ihrem Inventar. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sehen -iccio/-occio als Milderung bei Adjektiven an, als produktive Diminutivsuffixe nennen sie -uccio mit der Variante -uzzo und das weniger produktive Suffix -onzolo. Sie nennen insgesamt 13 Suffixe. Napoli/Reynolds (1995) Inventar umfasst weiterhin -cello als weniger produktives Suffix sowie -cino, -iccio, -ucchio, -uzzo, -erello, -occhio, -icchio, -ecchio als Diminutivsuffixe. Sie betrachten -izzo als Augmentativsuffix, als Pejorativsuffixe -azzo, -ereccio und als mögliches Pejorativsuffix -acchio. Napoli/Reynolds (1995) sehen erkennbare Muster bei den modifizierenden Suffixen: Manche Suffixe treten in Reihen auf, die sich nur anhand des Anfangsvokals unterscheiden: Die Suffixe, die beispielsweise mit /i/ oder /e/ beginnen, sind ihres Erachtens tendenziell diminutiv. Des Weiteren notieren sie das Auftreten stimmloser Geminaten, wie /tsÜ/, /tSÜ/, /k…i/, nach einem Vokal bei vielen dieser Suffixe. Sie fassen diese drei Affixreihen nicht in allomorphe Reihen zusammen, weil sie keine morphologische Basis diesbezüglich vorliegen sehen. Sie erhalten somit insgesamt 23 unterschiedliche Suffixe. Auch Mutz (2000: 17) weist auf die Suffixreihen hin, die sich nur im Anlautvokal unterscheiden (z.B. -atto-, -etto, -otto). Lediglich die Suffixe -ino, -one, -astro lassen sich nicht in solche Reihen fassen. 26 Oftmals unterscheiden sich die Suffixinventare der einzelnen Autoren so drastisch, weil manche ein Suffix mit verschiedenen Varianten annehmen (siehe auch 1.3.2.1), andere hingegen verschiedene Suffixe. In manchen Fällen wurden auch nicht mehr produktive Bildungselemente zum Suffix gerechnet und somit ein neues Suffix angenommen.17 Die Zahl der Suffixe variiert von sieben bis hin zu 23. 1. 3 Klassifikation der Modifikationssuffixe Im Allgemeinen wird die Modifikation in Untergruppen unterteilt18. Es treten vier Untergruppen auf: Diminutive bezeichnen eine Quantitätsreduktion bezüglich der Basis. Augmentative bezeichnen eine Quantitätszunahme. Pejorative bezeichnen eine negative qualitative Bewertung, und Koseformen eine positive. Bei der Unterteilung der modifizierenden Suffixe treten unterschiedliche Klassifikationen auf, die sich auch auf das jeweilige Suffixinventar auswirken19: 1. 2. 3. Regula/Jernej (1975), Tekavciç (1980), Scalise (1984, 1990, 1995), Holtus/Pfister (1985), Calboli/Moroni (1989) und Napoli/Reynolds (1995) klassifizieren in vier Untergruppen: Diminutive, Augmentative, Koseformen und Pejorative. Bates/Rankin (1979), Musarra (1983), Schwarze (1988/1995), Dressler/ Merlini Barbaresi (1994) und Merlini Barbaresi (2004a) unterteilen in Diminutive, Augmentative und Pejorative, da Koseformen als diminutivisch mit positivem Wert aufgefasst werden (siehe unten). Dardano (1978, 1988, 1991), Dardano/Trifone (1991), Serianni (1988), und Grimaldi (1991) klassifizieren nur in Diminutive und Augmentative und nehmen an, dass jeweils eine positive oder negative Bewertung auftreten kann. Manche Autoren (z.B. Dardano 1978 und Schwarze 1988/1995) betrachten zudem die Modifikation beim Verb von den anderen Untergruppen getrennt. Im Fol17 18 19 Darüberhinaus siehe Merlini Barbaresi (2004a: 267): "Si è ritenuto pertanto che non fossero opportune rigide distinzioni, perlomeno a livello di esempi, tra alterativi vivi, lessicalizzazioni e alterati apparenti." Brunet (1991) und Lepschy/Lepschy (1986) unterteilen nicht in Untergruppen, sondern führen die Suffixe alphabetisch auf und geben die Variationsbreite jeweils beim Suffix an. Stefanescu (1992), die sich nur mit Diminutivsuffixen beschäftigt, betrachtet keine Koseformen, da diese morphologisch weniger beschränkt sein sollen und sich teilweise mit anderen Basen verbinden (Eigennamen, Numerale, Quantifikatoren). Scalise (1995) gibt lediglich Beispiele für andere modifizierende Bildungen, da er sich auf die Diskussion von -ino stellvertretend für alle modifizierenden Suffixe beschränkt. 27 genden sollen Klassifikationsansätze hinsichtlich semantischer, syntaktischer und funktionaler Gesichtspunkte aufgezeigt werden. 1.3.1 Semantische Klassifikation Bei den Vertretern der Modifikation mit vier Untergruppen sind letztere vermutlich als Merkmale zu interpretieren, da sie auch kombiniert werden können, z.B. kann 'groß' mit 'schlecht' oder 'gut' kombiniert werden und ebenso 'klein'. Zu den Vertretern der Modifikation mit drei Untergruppen zählt beispielsweise Musarra (1983). Er unterteilt in drei semantische Relationen zwischen Basis und Derivat: Diminutiv, Augmentativ und Pejorativ. Die Koseformen rechnet er zu den Diminutiven, da sie immer auch einen reduzierenden Wert haben und die semantischen Implikationen nicht grundlegend von denen der Diminutivsuffixe abweichen. Schwarze (1988/1995) sieht die Modifikation als eine auf ein sehr einfaches "Modell der Gegenstandseigenschaften" bezogene Derivation an (Schwarze 1995: 509ff.). Auch er unterteilt innerhalb seines Modells in die obengenannten drei Gruppen. Sein Modell enthält Kategorien, wie z.B. Gegenstände (unbelebte Gegenstände und Lebewesen), die Beurteilung von Gegenständen nach ihrer Größe mit Hilfe von 'groß' und 'klein' sowie die Bewertung von Gegenständen nach den Kategorien 'schön, nett' und 'hässlich' usw. Für jedes der Derivate treffe die Bedeutung der Basis zu und es werde zudem als 'klein', 'lieb', 'nett' oder 'niedlich' bewertet, Augmentative als 'groß', Pejorative als 'schlecht' oder 'unangenehm'. Auch Dressler/Merlini Barbaresi (1994) unterteilen in drei Gruppen; sie betrachten zudem Formen wie -issimo, auf die ich jedoch nicht näher eingehen möchte, da diese ansonsten nicht zu den modifizierenden Suffixen gerechnet werden (siehe hierzu 3.1 prä- und postnominale Stellung). Dardano (1978, 1988) zählt hingegen zu den Vertretern, die bei der Modifikation zwei Untergruppen annehmen. Er sieht die Augmentative als direkten Gegensatz der Diminutive an. Dass er nicht von der qualitativen Komponente ausgeht, sondern von der quantitativen, erklärt er dadurch, dass die grundlegende Bedeutung quantitativ ist. Eine qualitative Bewertung erfolge im Kontext. Eine grundlegende Unterscheidung ist in der Auffassung von Dardano (1978, 1988) bzw. Dardano/Trifone (1991), Diminutiv/Augmentativ mit Untergruppen, bei denen positive (Koseformen) oder negative (Pejorative) Bewertung überwiegt. Die qualitative Bewertung sieht Dardano (1978: 99) als sekundär. Un ragazzo che è un po' pallido > un ragazzo pallidino ist seines Erachtens eine zulässige Transformation. Beim Diminutiv trete jedoch eine qualitative Bewertung hinzu, die in der analytischen Konstruktion nicht vorhanden sei. Dardano/Trifone (1991) 28 gestehen bei der Bildung von Modifikativa der "Affektivität", d.h. dem persönlichen Gefühl des Sprechers, eine grundlegende Rolle zu. Serianni (1988) hat beobachtet, dass die Modifikation zu stabilen oder zu kurzlebigen Bildungen führen kann. Fast immer beinhalten die modifizierenden Bildungen eine qualitative Bewertung, die, je nach Ausgangsbasis oder Kontext, variiert. Die Modifikation ist laut Serianni (1988) nicht vorhersagbar, das heißt, es ist nicht vorhersagbar, welche Bildung tatsächlich auftritt. Er teilt die modifizierenden Suffixe in zwei Gruppen ein: diminutive und augmentative Suffixe, aufgrund ihres objektiven linguistischen Wertes (= Quantität), unabhängig von den speziellen "affektiven" qualitativen Bewertungen, die sie im Diskurs annehmen können. Auch laut Grimaldi (1991) können die Modifikativa bezüglich der Quantität diminutiv oder augmentativ sein. Bezüglich der Qualität können die Modifikativa pejorativ oder kosend sein. Grimaldi (1991) unterteilt die Suffixe in Diminutive und Augmentative und gibt beim jeweiligen Suffix an, welcher qualitative Wert überwiegt. Die Unterteilung in zwei Untergruppen ist bei onomasiologischer Vorgehensweise sicher angemessener, da zunächst in einer Sprache die quantitative Komponente der Modifikation durch spezifische morphologische Mittel ausgedrückt wird und erst nach Ausbilden von Diminutiven und Augmentativen auch die qualitative Komponente. Wie sich in den Untersuchungen von u.a. Bauer (1997) oder Grandi (2002, 2003) gezeigt hat, lässt sich für die Modifikationssuffixe klar die Implikationsrelation Pejorativ ⊃ Augmentativ ⊃ Diminutiv aufstellen (vgl. 1.1). Meines Wissens gibt es keine Sprache, die spezifische modifizierende Suffixe für den Ausdruck einer positiven qualitativen Bewertung besitzt. Die Unterteilung in drei bzw. vier Untergruppen ist semasiologisch in Bezug auf eine Sprache passender. Es bleibt festzustellen, welche Gruppen in einer gegebenen Sprache klar ausgeprägt und produktiv sind. Im modernen Italienisch sind dies drei: Diminutiv, Augmentativ und Pejorativ. Sie sind klar durch Suffixe vertreten. Innerhalb dieses Kapitels werden die modifizierenden Suffixe wie folgt klassifiziert: Diminutive, Augmentative, Pejorative und Modifikation beim Verb. Die Koseformen, die von manchen Autoren als eigene Modifikationsklasse angesehen werden, rechne ich zu den Diminutiven, als Diminutive mit positiver Bewertung. Bei vielen Koseformen ist die semantische Bedeutung kaum mehr vorhanden. Es handelt sich vielmehr nur noch um eine pragmatische Bedeutung und zwar die, die gesamte Rede zu kennzeichnen (mehr hierzu findet sich in 1.5.1ff.). Zudem gibt es im Inventar des Italienischen keine reinen Kosesuffixe (im Gegensatz zu den Pejorativsuffixen). 29 1.3.1.1 Relationen zwischen den Klassen Lepschy/Lepschy (1986) erwähnen eine mögliche Einteilung in vier Gruppen (Diminutiv, Augmentativ, Pejorativ und Koseformen), fügen jedoch hinzu, dass die Einordnung teilweise schwierig sein kann, da ein und dasselbe Suffix verschiedenen Gruppen angehören und außerdem durch die Basis und den Kontext beeinflusst werden könne. Sie erwähnen auch die rein "affektive" Verwendung, die ohne quantitative Änderung erfolge. Lediglich mit Beispielen führen die Autoren zahlreiche Suffixe an, unterteilen diese jedoch nicht in Diminutive oder Augmentative (Lepschy/Lepschy 1986: 221f.). Tekavciç (1980: 91ff.) zeigt das Bedeutungsspektrum der modifizierenden Suffixe folgendermaßen auf: .................... 1) grandioso imponente forte positivo piccolo grande 2) .................... brutto rozzo brutale .................... 3) delicato tenero carino negativo debole meschino misero 4) .................... Aus Tekavciç (1980: 91) Trotz der zahlreichen Nuancen, Kombinationen und Überlappungen lassen sich zwei Hauptachsen unterscheiden, die sich schneiden. Die horizontale Achse ist die der Quantität ('groß' und 'klein'), die vertikale Achse ist die der Qualität ('positiv' oder 'negativ'). Die zwei sich kreuzenden Achsen führen zu vier grundlegenden Werten, die traditionell als Diminutive, Koseformen, Augmentative und Pejorative bekannt sind. Aber diese "reinen" Werte können sich mit unterschiedlichen, feinen Nuancen verbinden, so wie Tekavciç dies versucht hat auch graphisch festzuhalten. Etwas kann also als 'groß' und 'positiv' (imponierend, stark) oder als 'groß' und 'negativ' (riesig, hässlich) bewertet sein, ebenso kann etwas als 'klein' und 'positiv' (zart, lieb) oder als 'klein' und 'negativ' (schwach, kümmerlich) bewertet sein. Im täglichen Sprachgebrauch sind die Kombinationen und deren Untergruppen häufiger als die "reinen" Werte. Wenn die zentrale Bedeutung die der Kleinheit sein soll, so werde man sie eher mit analytischen Mitteln ausdrücken (denselben Standpunkt vertreten auch Dressler/Merlini Barbaresi 1994). Selten werde z.B. mit Diminutiv ausschließlich Kleinheit ausgedrückt. 30 1.3.2 Syntaktische Klassifikation Laut Regula/Jernej (1975) bilden Nomina, Adjektive, Adverbien und Verben mögliche Basen für modifizierende Suffixe, z.B. ragazzino, piccoletto, maluccio, rubacchiare (laut Calboli/Moroni 1989 sind von der Modifikation vor allem Nomina, z.B. problemino, und Adjektive, z.B. sciocchino, betroffen, in geringerem Maße auch Verben, z.B. giocherellare, und Adverbien, z.B. tardino, manchmal sogar Pronomina, sie nennen als Beispiel qualcosina). Regula/Jernej (1975) unterteilen anhand der Kategorie des Derivats. Dardano (1978) nennt nur die Modifikation beim Nomen, z.B. libretto, beim Adjektiv, z.B. bellino, und beim Verb, z.B. canticchiare. Adverbien bezieht er nicht mit ein. Dardano (1988) hingegen betrachtet Adverbien, wie z.B. prestino. Die Modifikation bei Nomen und Adjektiv fasst er zusammen. Die Verbalmodifikativa werden gesondert angeführt. 1.3.2.1 "Interfixe" Es sind drei Standpunkte bezüglich der Komplexität der Suffixe vertreten. Ein Teil der Autoren, darunter Dardano (1978) und Schwarze (1988/1995), nimmt bei z.B. -ino und -olino ein und dasselbe Suffix mit einer komplexeren Variante an, andere Autoren, z.B. Napoli/Reynolds (1995), sehen hier zwei verschiedene Suffixe vorliegen (siehe 1.7). Eine dritte Gruppe von Autoren, z.B. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) und Merlini Barbaresi (2004a), nehmen bei -olino eine Kombination des Suffixes -ino und des so genannten Interfixes -ol- an. Der Terminus Interfix wurde von H. Lausberg und Y. Malkiel (1958) geschaffen (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 529). Sie bezeichneten damit ein unbetontes, bedeutungsloses Affix, welches vor einem Derivationssuffix auftritt.20 Musarra (1983) sieht auch -erund -ic- als Interfixe an. Serianni (1988) erwähnt, dass in nicht vorhersagbarer Weise bei Derivation mit -ino oder -ello zuvor das Interfix -ic- auftreten kann. Die beiden Suffixe wiesen regelmäßig die erweiterte Variante -cino, -cello auf, wenn die Basis auf /on/ ende. Auch Calboli/Moroni (1989) nehmen Interfixe an. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sehen die Einfügung von /tS/ nach Basen auf /on/ als Allomorph des jeweiligen Suffixes an; da dies keinen qualitativ bewertenden oder pragmatischen Beitrag leistet, nehmen sie hier kein Interfix an. 20 siehe Malkiel (1958: 107): "Es el segmento, siempre átono y falto de significado propio, entre el radical y el sufijo de ciertos derivados, p. ej. el elemento -ar- en hum-ar-eda, polv-ar-eda, palabras que no es lícito descomponer en humar- y polvar-eda, por no existir ni haber existido nunca, que sepamos, las fases intermedias *humar, * p o l v a r como formaciones independientes." 31 Im Folgenden möchte ich mich auf die Ausführungen von Dressler/Merlini Barbaresi (1989b, 1986, 1994) zu den Interfixen im Italienischen beschränken. Die Interfixe, auf die sie näher eingehen, sind: -ar-, -er- (welche oft austauschbar sind; siehe auch Migliorini 1976), -ic(c)- und -ol-. Diese Interfixe sind ihres Erachtens die einzigen produktiven und nicht rein dialektalen und treten produktiv nur bei Nomina und Adjektiven auf. Sie führen neun Kriterien zur Bestimmung von Interfixen an, die hier nur ausschnittweise genannt werden sollen: 1. 2. 3. Bei den Interfixen fehlt ein fester "denotativer" Wert völlig. Die Interfixe treten frei nach verschiedenen Basen und vor verschiedenen Derivationssuffixen auf.21 Die Interfixe besitzen eine hohe Produktivität im umgangssprachlichen Sprachregister und vor Diminutivsuffixen. ... 8. 9. Die Interfixe können, bei ansonsten homonymen Derivaten, distinktives Element sein: corta - cortina, corte - corticina. Präsenz oder Abwesenheit des Interfixes unterscheidet Diminutive von homophonen Adjektiven: carne – diminutiv carnina, adjektivisch carnicino 'fleischfarben' (siehe Dressler/ Merlini Barbaresi 1989b: 245). Bei derselben Basis und demselben Suffix sind die Interfixe austauschbar: omicino, omarino (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1989b: 246). Ob eine Sprache wirklich Interfixe besitzt, hängt nach Dressler/Merlini Barbaresi (1989b, 1986, 1994) davon ab, wie viele der neun Kriterien zutreffen. Interfigierung könne nicht, wie z.B. zweimaliges Suffigieren mit Derivationssuffix, den quantitativen Wert erhöhen, aber es könnten qualitative Nuancen hinzutreten. Sie bringen Beispiele aus dem neueren toskanischen Sprachgebrauch, in denen die Varianten mit Interfix als familiär-"affektiver" angesehen werden als das reine Diminutiv, z.B. vinerello - vinello (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1989b: 246). Zusammenfassend, beruhend auf Zingarelli22 und der Bewertung durch Muttersprachler, präsentieren sie folgendes Bild hinsichtlich der Merkmale der Interfixe (IF), welches ich nur ausschnittweise wiedergeben möchte:23 1. Die IF -ic(c)-, -a/er-, -ol- sind am produktivsten vor Diminutivsuffixen (außer vor -etto, vor dem sie ausgeschlossen sind). 21 Manche Autoren (z.B. Dardano 1978) nehmen hier Allomorphe an; Dressler/Merlini Barbaresi (1989b, 1986, 1994) ziehen die Annahme von Interfixen vor, um das Suffixinventar nicht übermäßig auszuweiten. Die Autoren basieren ihre Untersuchung auf Zingarelli, N. (1970): Dizionario d e l l a Lingua Italiana. Bologna: Zanichelli. In Dressler/Merlini Barbaresi (1986) dienen dieselben Kriterien als Faktoren zur Determinierung der italienischen Interfigierungsregeln. 22 23 32 2. 3. Die Basis hat weniger als drei Silben. Es erfolgt Blockierung durch Vermeidung von Binnenreim. 5. Von den Diminutiven mit -ino sind in Zingarelli 7 % mit -icino, von denen auf -ello 1,6 % auf -icello (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1989b: 250). Da das Diminutivsuffix die Auswahl des Interfixes beeinflussen kann, treten Suffigierungsregeln vor Interfigierungsregeln auf. ... 6. ... 10. Soziolinguistische Faktoren sind interdependente Variablen: z.B. Geschlecht (Frauen scheinen mehr interfigierte Diminutive zu verwenden als Männer) interagiert mit Faktor 9, mit Alter und Bildungsstand. ... Die Interfixe werden nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) eingefügt und brechen die morphotaktische Einheit auf.24 Ihre typische Form sei V+C und stelle somit die undeutlichste Form eines Morphems dar, da die Morphemgrenze nicht mit der Silbengrenze zusammenfalle. Die italienischen Interfixe haben sich laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sämtlich aus Diminutivsuffixen entwickelt, sind aber keine solchen mehr, da sie keine quantitative Bedeutung mehr haben. Die pragmatischen Effekte, die durch Diminutive oder Augmentative erreicht werden, könnten mittels Interfigierung erhöht werden. Es gebe keinen pragmatischen Effekt, der nur durch interfigierte Diminutive erreicht werde. Gewisse pragmatische Effekte würden jedoch häufiger mit interfigiertem Diminutiv als nur mit Diminutiv erreicht. Da Interfixe keine semantische Bedeutung haben, könne ihre pragmatische Bedeutung nicht davon abgeleitet sein. Dies stützt ihre These, dass Modifikativa eine von der Semantik unabhängige Pragmatik haben. Was Dressler/Merlini Barbaresi (1989b, 1986, 1994) unerwähnt lassen ist, dass man die Interfixe als Mittel zur Vermeidung phonetischer Unschönheiten ansehen könnte, wie beispielsweise des Binnenreims. 1.3.3 Funktionale Klassifikation Langen-Keffenbrink (1993) will in ihrer Untersuchung zeigen, dass es sich bei den Pejorativen um eine Klasse handelt, die nicht semasiologisch auf eine Untergruppe der modifizierenden Suffixe beschränkt, sondern onomasiologisch bestimmt werden sollte. Als Wortbildungsmittel zum Ausdruck qualitativ negativer Bewertung betrachtet sie Diminutive, eigentliche Pejorative, Augmentative, Derivations24 Bezüglich der Konstituentenstruktur sehen Dressler/Merlini Barbaresi (1986: 61) die Interfigierung nach der Suffigierung vor. Sie begründen dies u.a. damit, dass die W a h l des Interfixes von der Wahl des Suffixes abhängt, und dass interfigierte Bildungen immer suffigierte Bildungen ohne Interfix voraussetzen. 33 suffixe und Präfixe. Ich möchte im Folgenden nur auf ihre Betrachtungen zu den modifizierenden Suffixen näher eingehen. Langen-Keffenbrink (1993) beschäftigt sich mit dem Ausdruck der negativen Bewertung. Da pragmatische Aspekte ihres Erachtens eine große Rolle beim Ausdruck von negativer Bewertung spielen, hält sie eine Untersuchung dieses Phänomens anhand von schriftlichen oder gesprochenen Texten für äußerst wichtig. Ihre Untersuchung basiert auf schriftlichen Texten, nämlich auf einem Korpus, bestehend aus Erzählungen von Alberto Moravia25. Sie kritisiert, dass in den meisten Grammatiken Pejoration neben Diminution und Augmentation als Kategorie gestellt wird, obwohl, wie sie zeigt, auch Diminutive oder Augmentative pejorative Funktion haben können. Im Korpus von Langen-Keffenbrink (1993) treten beispielsweise -ino und -etto mit negativer qualitativer Bewertung auf. Als eigentliche Pejorative nennt sie Bildungen mit -accio. Auch Augmentativbildungen mit -one wirkten häufig pejorativ. Hierbei erwähnt sie auch die Derivation deverbaler Nomina.26 Bei diesen Bildungen werde ausgedrückt, dass die Handlung, die durch die verbale Basis bezeichnet wird, durch die Person im Übermaß ausgeübt wird, und anhand dessen werde die Person charakterisiert. Sie erwähnt auch die Bildung von deadjektivischen Nomina, die ein Übermaß bezeichnen: furbone, riccone, vecchiona (siehe Langen-Keffenbrink 1993: 349). Laut Langen-Keffenbrink erfolgt oft eine negative Bewertung, wenn eine Abweichung vom Normalen und Gewohnten auftritt. Eine analytische Pejoration durch Adjektiv oder Adverb werde präferiert, wenn synthetische Pejoration nicht möglich sei, z.B. durch Betonung des Endvokals (città, umidità) (siehe Langen-Keffenbrink 1993: 353). Es gibt allerdings cittadaccia laut Alberti et al. (1991). Wird eine analytische Pejoration vorgezogen, obwohl eine synthetische möglich wäre, geschehe dies zur besonderen Betonung der negativen Eigenschaften (z.B. durch Superlativ oder mehrere Adjektive). Die Grenzen der synthetischen Pejoration liegen also dort, wo der Leser genau über einzelne Aspekte informiert werden oder eine Vielzahl der Aspekte erfahren soll. (LangenKeffenbrink 1993: 354) Zum Vergleich der Ausdrucksmittel für Pejoration im Portugiesischen siehe Sandmann (1989). Auch Sandmann (1989) geht in onomasiologischer Perspektive vor und beschäftigt sich mit Suffixen zum Ausdruck negativer Bewertung sowie Wortkreuzungen mit negativer Bewertung, wie democradura aus democracia und ditadura. 25 26 Es handelt sich um Racconti Romani (1954), Nuovi Racconti Romani (1959), B o h (1976) und La Cosa (1983). Langen-Keffenbrink (1993: 348f.) zählt -one in chiacchierone zu den modifizierenden Suffixen, obwohl sie die Bildung V > N nicht zur Modifikation rechnet. 34 1.4 Allgemeine semantische Struktur der Modifikationssuffixe 1.4.1 Semantische Funktion Dressler/Merlini Barbaresi (1991)27 sehen die Funktion der Diminutivsuffixe darin, die Basis zu modifizieren, und folgern daraus, dass die Diminutivsuffixe semantisch eine Art von quantifizierendem Mittel sind, welches natürliche Sprachen besitzen. Stefanescu (1992) argumentiert gegen eine derartige Behandlung der Diminutivsuffixe und gründet ihre Ablehnung auf morphologische Eigenschaften der Suffixe (siehe 1.1), der Negierung eines syntaktischen Parallelismus zwischen Diminutivsuffixen und Quantifikatoren und der Semantik komplexer Wörter, die mittels dieser Suffixe gebildet werden. Sie betrachtet nicht die Reihe pragmatischer Effekte, die der Gebrauch diminuierter Wörter hervorruft. Ihres Erachtens dient die Diminutivbildung zum Ausdruck semantischer Ungenauigkeit. Bezüglich der Kritik von Stefanescu (1992) argumentieren Dressler/Merlini Barbaresi (1994) wiederum, dass Diminutivsuffixe zwar nicht als syntaktische Quantifikatoren fungieren, aber dies nicht ihren Charakter als Mittel zur Abschwächung28 ausschließe. Im Folgenden möchte ich zunächst die Kritik von Stefanescu (1992) darstellen. Wie in Teil 1.1 schon erwähnt, sieht Stefanescu (1992) Diminutivsuffixe nicht als syntaktischen Kopf an und zieht hieraus den ersten bedeutenden Unterschied zwischen Diminutivsuffixen einerseits und Quantifikatoren und Adjektiven andererseits, die ihres Erachtens syntaktischer Kopf sind (sie können Kopf einer syntaktischen Phrase sein). Da die Diminutivsuffixe jedoch einen semantischen Beitrag zur Interpretation derivierter Wörter leisten, sieht Stefanescu (1992) sie als semantischen Kopf an. Um zu beweisen, dass Diminutivsuffixe nicht zu den Quantifikatoren gerechnet werden können, stellt sie einen Vergleich zwischen Diminutivsuffixen einerseits und Quantifikatoren und Adjektiven andererseits an.29 Stefanescu (1992) zeigt, dass Diminutivsuffixe nicht dieselben Eigenschaften wie Quantifikatoren haben. Als syntaktisches Argument gegen einen Parallelismus zwischen Diminutivsuffixen und Quantifikatoren erwähnt Stefanescu (1992) beispielsweise die Tatsache, dass Diminutivsuffixe im Gegensatz zu Quantifikatoren 27 28 29 Dressler, W./Merlini Barbaresi, L. (1991): Semantics and Pragmatics of Diminutives. Wien. Manuskript. Erwähnt in Stefanescu (1992), mir leider nicht zugänglich. Bei Dressler/Merlini Barbaresi (1994) deintensification. Sie wollen dies als Antonym zur Intensivierung verstanden wissen, vgl. Downgrading vs. Upgrading. Stefanescu (1992: 339) erwähnt, dass Quantifikatoren und Adjektive beide als Modifikatoren von Nomina behandelt werden, wie beispielsweise von van Os (1989). Siehe hierzu van Os (1989: 219): "Viele Intensivierer [...] verfügen über quantifizierende Eigenschaften oder sie sind mit Determinatoren identisch wie 'viel' und 'wenig'." 35 keine Beschränkung bezüglich der Wortart ihrer Basis haben und somit nach jedem Derivationssuffix auftreten können. Aus einem Vergleich mit Adjektiven resultiere, dass Diminutivsuffixe und Adjektive keinen Parallelismus aufwiesen. Auch bei den Maßadjektiven liege eine vage Bedeutung vor, und sie seien sehr kontextabhängig. Bei den Maßadjektiven liege aber folgendes Implikationsmuster vor, welches die Diminutivbildungen nicht besäßen: a) questo è un tavolino, b) questo è un tavolo; Satz a) impliziere nicht Satz b). Als Beweis führt sie an: a) negiert: questo è un tavolino non un tavolo; b) negiert: questo non è un tavolino ma un tavolo.30 Tavolino besitze als Teil seiner Bedeutung tavolo, aber impliziere es nicht. Hingegen ergäben sich nicht dieselben Ergebnisse bei Modifikation mit Adjektiv: a)*questo è un tavolo piccolo non un tavolo; b)*questo non è un tavolo piccolo ma un tavolo. Meines Erachtens liegt jedoch nahe, dass bei den Sätzen mit Diminutivsuffix Bezug auf tavolo im Sinne von tavolo normale genommen wird. Laut muttersprachlichen Informanten wäre der Satz: questo non è un tavolo piccolo ma un tavolo normale völlig akzeptabel. Wie sich zeigt, ist ein Vergleich zwischen modifizierenden Suffixen und Adjektiven wie piccolo u.ä. von großem Interesse. Nach Stefanescus (1992) Standpunkt dient die Diminutivbildung zum Ausdruck von semantischer Ungenauigkeit. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) kritisieren diese Annahme wiederum, da sie sich als problematisch erweise. Die quantitativ bewertende Bedeutung der Diminutivsuffixe ist, laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994), antonym zu der der Augmentativsuffixe. Die Rekursivität der Suffigierung mit beispielsweise -ino oder -one drücke einen extremen oder übertriebenen Grad ihrer Bedeutung aus. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) stellen sich also folgende Frage: Wenn die Diminutivbildung semantische Ungenauigkeit bezeichnet, welchen semantischen Beitrag leistet dann die Augmentativbildung? Das Gegenteil, größere semantische Genauigkeit, sei ausgeschlossen. Andererseits wäre es laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) unlogisch anzunehmen, dass Augmentative 'groß' heißen, wenn Diminutive nicht 'klein' bedeuten. Die Annahme der semantischen Ungenauigkeit kann, ihrer Auffassung nach, zudem nicht erklären, warum Diminutivbildung sich oft auf semantische Abschwächung bezieht - in klarer Opposition zur Augmentativbildung, die sich auf semantische Intensivierung bezieht. Wenn Diminutivbildung vor allem semantische Ungenauigkeit ausdrücken würde, dann müsste rekursive Diminutivsuffigierung diesen "Bedeutungsshift" erhöhen. Das Gegenteil ist ihres Erachtens der Fall, rekursive bzw. kumulative Suffigierung intensiviert die Genauigkeit. Nach Auffassung von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) überwiegt die pragmatische Funktion der Modifikativa die semantische Funktion. Rein semantischer Gebrauch sei weitgehend auf lexikalisierte Formen beschränkt (siehe 1.5.2). 30 Übersetzung der Beispiele von Stefanescu (1992: 347) aus dem Rumänischen von mir. 36 Mutz (2000) zeichnet die diachrone Entwicklung der Suffixe vom Lateinischen bis zu den heutigen romanischen Sprachen nach. Sie geht von einer Situation der Polysemie aus, da sich alle heutigen Modifikationssuffixe aus relationalen Suffixen entwickelt haben. Um die Bedeutung der Suffixe zu erfassen, arbeitet Mutz (2000) mit einem Inventar an semantischen und pragmatischen Merkmalen. Als semantische Merkmale treten [klein], [groß], [gut], [schlecht] für die modifizierende Bedeutung auf sowie [Herkunft, Charakterisierung, Ähnlichkeit, Besitz, Zugehörigkeit, Funktion, Konsistenz] für die relationale Bedeutung. Bei den pragmatischen Merkmalen nimmt sie [affektiv], [freundlich], [unfreundlich], [attenuierend], [upgrading] an (siehe Mutz 2000: 25ff.). Die semantischen Merkmale [gut] und [schlecht] sind ihres Erachtens implizit im Lexikon, allerdings meist unterspezifiziert, und eine Instantiierung erfolge erst im Kontext: Das Modifikationssuffix -ino ist z.B. voll spezifiziert für das Merkmal {klein}. Bezüglich der qualifizierenden Bedeutungen {gut, schlecht} ist es unterspezifiziert. Im konkreten Kontext kann eines dieser unterspezifierten Bedeutungsmerkmale aber "aktiv" werden und neben das Bedeutungsmerkmal {klein} treten, ja dieses sogar "ausblenden". (Mutz 2000: 19) Mutz (2000) erfasst auch die pragmatischen Merkmale latent im Lexikon. Insgesamt vertritt Mutz (2000: 21) die Annahme, dass die Diminutivsuffixe bezüglich des Merkmals [klein] vollspezifiziert sind und unterspezifiziert bezüglich der Merkmale [gut, schlecht] und der pragmatischen Merkmale. Augmentativsuffixe sind hingegen vollspezifiziert für [groß] und unterspezifiziert für die restlichen Merkmale. Pejorativsuffixe und Kosesuffixe sind nur hinsichtlich der Merkmale [schlecht] bzw. [gut] vollspezifiziert. Im Weiteren möchte ich zunächst auf die semantische Funktion der Modifikation bei Nomina eingehen, darauf folgend auf die bei Adjektiven. 1.4.1.1 Nomina Die Bedeutung der Diminutivsuffixe ist, laut Ettinger (1974: 79, 392), notwendigerweise qualitativ bewertend bei Verwandtschaftsbegriffen (außer wenn sie Kinder bezeichnen), da sie weder quantitative Diminution noch die Substitution des Affixes durch ein Adjektiv, das Kleinheit bezeichnet, zulassen: mammina sei nicht gleich piccola mamma. Diese qualitative Bewertung trifft laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) für eine kleine Statur oder die Bedeutung 'unwichtig' zu, aber für 'junges Alter' nicht, denn italienische Diminutive von Verwandtschaftsbezeichnungen beinhalten die Lesart 'junges Alter'. Allerdings sei allgemein bei Nomina, die junges Alter nicht beinhalten, wie nonno, marito, eine derartige quantitative Bewertung nicht möglich. 'Junges Alter' sei demzufolge die einzig zulässige, quantitativ bewertende Diminution bei Wörtern, die andere persönliche oder soziale 37 Relationen zwischenmenschlicher Art bezeichnen, wie amichetto, compagnuccio (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 124f.). Ein Diminutiv könne nur qualitative Bewertung bei Wörtern, die persönliche Beziehungen bezeichnen, modifizieren, während quantitative Dimensionen (physische Dimension oder Wichtigkeit) nicht pertinent zu solchen Beziehungen seien; sie seien nur bei Referenz auf menschliche Wesen als solche von Bedeutung, wie in uomo - ometto, omino (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 124f.). Das Italienische besitze mehr formale und semantische Bildungstypen für die Diminution als z.B. das Deutsche und akzeptiere die Diminution obengenannter Wörter auch als Bedeutung für 'Jugend'. Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 94) nennen bei der Diminutivbildung eine universale Präferenz für nominale Basen (Merlini Barbaresi 2004a dehnt die Präferenz für nominale Basen auf die gesamte suffixale Modifikation aus). Diminutivsuffixe bei Nomina treten häufiger auf als vergleichsweise bei Adjektiven oder Adverbien, aber auch formal gebe es mehr Suffixe und ihr Gebrauch sei freier. Die quantitative Diminution bei Nomina bezieht sich laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) auf deren typische und hervorstechende Eigenschaften. Die meisten ihrer Beispiele beziehen sich hierbei auf visuelle Perzeption, wenige auf akustische und Geschmacksperzeption. Problematisch werde die Diminution bei Basen, die Maße bezeichnen: Z.B. könne bei chiletto der pragmatische und/oder "affektive" Kontext bestimmen, ob es sich um mehr oder weniger als ein Kilo handle. Im neutralen Kontext handle es sich meist um weniger. Dimensionen des Maßes können quantitativ nicht reduziert werden, deshalb können sie nur qualitative Bewertung ausdrücken (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 122f.). Mutz (2000) sieht den Übergang zwischen quantitativer und qualitativer Bewertung als fließend an. Nach Mutz (2000: 25) treten folgende betroffene Dimensionen bei morphologischer Modifikation von Nomina auf: physikalische Ausdehnung, zeitliche Ausdehnung, Anzahl von Elementen, Intensität eines Ereignisses oder einer Handlung und Wichtigkeit eines Ereignisses. Wie sich an den vorhergehenden Ausführungen zeigt, ist das eigentliche Problem der semantischen Funktion der modifizierenden Suffixe die Interpretation der Bedeutung, wie beispielsweise 'klein', die auf die nominale Basis angewandt wird. Im Vergleich mit Adjektiven zum Ausdruck ebensolcher Bedeutungen tritt dasselbe Problem auf. Bei Adjektiven und modifizierenden Suffixen ist die Interaktion zwischen Basis und Modifikator komplex. Aber es lassen sich dennoch systematische Lesarten feststellen (siehe hierzu die Abschnitte 4.2.1.3ff. und 4.2.2.2ff.). 38 1.4.1.2 Adjektive Manche Autoren betrachten die Adjektivmodifikation getrennt von den Diminutiven und den Augmentativen. Die Verschiedenheit von nominalen und adjektivischen Bildungen bringt u.a. Dardano (1978, 1991), Calboli/Moroni (1989) und auch Grimaldi (1991) dazu, diese Adjektivbildungen als eigene Untergruppe zu behandeln. Sie dienen dazu, abgeschwächte Qualität, vor allem im Bereich der Farben, auszudrücken. Es werden hierbei betrachtet: -astro: biancastro; -iccio: appiccicaticcio; -igno: asprigno; -ognolo: amarognolo; -occio: belloccio (siehe Dardano 1978: 105). Brunet (1991) erwähnt bei -ognolo, dass die Milderung negativ, aber auch positiv bewertet sein kann. Ihres Erachtens treten, außer bei Farbadjektiven, vor allem bei Geschmacksadjektiven solche Bildungen auf. Ich sehe in meiner Arbeit die Nominal- und Adjektivmodifikation nicht als getrennt an, da sich 'klein' bei Adjektiven leicht als 'weniger' uminterpretieren lässt. Bei der Adjektivmodifikation ist die Augmentativbildung sicher nicht so häufig wie bei den Nomina, aber es finden sich auch im Korpus LIP augmentierte Adjektive. Bei den diminuierten Adjektiven sieht Stefanescu (1992: 353f.) eine semantische Ungenauigkeit vorliegen. Das Diminutivsuffix gibt ihres Erachtens semantische Ungenauigkeit an, da es das Potential im mittleren Bereich der Wahrheit für sowohl Affirmation als auch Negation der durch das Prädikat ausgedrückten Eigenschaften mit sich bringt. Ein entscheidendes Kriterium für semantische Ungenauigkeit ist, dass Affirmation und Negation nicht widersprüchlich sind (siehe Test in 1.4.1). Laut Stefanescu (1992) kann dies mit Diminutivbildung erreicht werden. Im Italienischen können laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) bei dem erwähnten Test jedoch Simplex und Diminutiv stehen. Die koordinierten Sätze des Tests zeigen ihres Erachtens lediglich, dass die durch das Adjektiv ausgedrückte Bewertung in Affirmation und Negation verschiedenen Standards folgt. Bei Adjektiven ist die Dimension nach Auffassung von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nicht allgemein, sondern spezifisch für jedes Adjektiv zu bestimmen: xDiminutiv = "weniger x als x" (hier tritt nicht das Merkmal [klein] auf. Beispiele: cortino = ein bisschen corto). Aber piccolino heiße nicht weniger piccolo als piccolo, hier liege eine Bedeutungsintensivierung vor. Wenn nicht die pragmatische Bedeutung der Milderung oder Abschwächung vorliege, könne piccolino eine geringere Kleinheit als piccolo bezeichnen. Die Kombination zweier identischer Bedeutungen ergebe eine semantische Intensivierung. Rekursive wortbasierte Suffigierung diminuiere hingegen immer. Die Diminutivbildung altino bewege die "denotative" Bedeutung nicht von positiver Polarität (hoch) zu negativer Polarität (niedrig). Deshalb könne es nicht die Basis für minimalisierende, wortbasierte re39 kursive Diminutivbildung sein, die die Kleinheit intensiviert. Bildungen wie cortino-ino-ino und bassino-ino-ino würden jedoch die Kleinheit in Richtung der Derivationsbasis intensivieren, altino-ino hingegen in der der Basis entgegen gesetzten Richtung (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 118f.). Adverbiale Intensivierung intensiviere immer die Semantik der Basis: molto cortino sei kürzer als cortino aber nicht kürzer als molto corto (Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 117f.). Die Bedeutung der Diminutivbildung bei Adjektiven wie cortino ist ihres Erachtens primär pragmatischer Natur. Während sich Adjektive auf relativ normfixierte Standards beziehen, gibt es bei der Quantität der Diminution keine Standards. Die prototypische Domäne von Diminutivbildung sehen Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 120) bei den graduierbaren oder dimensionalen Adjektiven, und hierbei vor allem bei den evaluativen Adjektiven (vom Typ good - bad), und zwar in höherem Maße als bei den Adjektiven vom Typ big - small. Mutz (2000) nennt ausschließlich graduierbare Adjektive als mögliche Basis für morphologische Modifikation (auch bei Adverbien liege eine Beschränkung auf graduierbare vor). Bei Modifikation von nicht graduierbaren Adjektiven handle es sich um nominale Ableitungen, z.B. tedeschona (Mutz 2000: 27). Da in der vorliegenden Arbeit eine mögliche Ausdrucksalternative zwischen modifizierenden Suffixen und Adjektiven untersucht wird, wird die Frage der Suffigierung bei adjektivischer Basis nicht weiter vertieft werden, obwohl eine solche Studie sicher interessante Erkenntnisse liefern könnte, da noch einige ungeklärte Fragen in diesem Bereich der suffixalen Modifikation bestehen, wie sich aus obigen Anführungen leicht erkennen lässt. In den folgenden beiden Abschnitten sollen die Angaben in der Literatur bezüglich der qualitativen Bewertung bei Diminutiven und bei Augmentativen (nicht mehr nach Wortart des Derivats unterteilt) erfasst werden. 1.4.2. Qualitative Bewertung 1.4.2.1 Qualitative Bewertung bei Diminutiven Rainer (1990: 209) möchte die Beziehung zwischen quantitativer und qualitativer Bewertung ausgehend von einer Interpretationsregel lösen. Die Regel lautet: Cerca la più plausibile scala quantitativa rispetto alla base x e assegna al diminutivo di x un basso valore su questa scala. Die Plausibilität werde durch unser Wissen um x determiniert, eventuell durch den Kontext modifiziert. Für aeroplano sei z.B. die Größe die wahrscheinlichste Skala. In einem Wort wie pittore sei jedoch weniger die Größe als Skala plausibel, 40 sondern eher die Fähigkeit, die fragliche Rolle auszuüben. Pittorino werde somit eher als nicht ernst zu nehmender, schlechter Maler denn als Maler von kleiner Statur angesehen (siehe Rainer 1990: 209). Als geläufigste Interpretationsskalen sieht Rainer (1990: 209) Größe, Alter, Oberfläche, Länge, Anzahl, Dauer, Intensität und Wichtigkeit an. Die qualitative Bewertung gewisser Diminutive ist gemäß diesem Modell durch die Interaktion zwischen Output der Interpretation und unseren Einstellungen gegeben. Als Output der Regel ist bastoncino ein piccolo bastone, gattino ein piccolo gatto (siehe Rainer 1990: 210). Die "Affektivität" stehe nicht mit der semantischen Interpretation in Zusammenhang, sondern mit unserer Einstellung kleinen Stöcken und kleinen Katzen gegenüber. Er schränkt jedoch selbst ein, dass hiermit nicht der Unterschied zwischen piccolo gatto und gattino erklärt ist und dass mammine auch mehr als 100 Kilo wiegen können. Er deutet an, dass eine Spezifizierung oder Aufteilung in Unterregeln an dieser Stelle nötig sein könnte, verweist jedoch darauf, dass zum Beispiel die Morphopragmatik (vgl. hierzu 1.5.2) hier weiterführen könnte. Eine positive oder negative qualitative Bewertung der Diminutive gehört nach Stefanescus (1992) Ansicht nicht zur Semantik der Diminutivsuffixe als solche. Laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) ist eine Identifizierung und Kategorisierung stabiler qualitativer Bewertungen der Diminutivsuffixe schwierig. Eine "Wahl", die viele Autoren getroffen haben, ist die Identifizierung einer "affektiven", invarianten qualitativen Bewertung (ein semantisches Merkmal ["affektiv"], welches deutlich pragmatisch basiert ist). Sprachlicher und situationeller Kontext würden dann spezifizieren, um welche Art von Bewertung es sich handelt. Aus dieser Sichtweise folgt, dass nur Diminutiv-Verwendungen, die weder quantitativ bewertend noch "affektiv" sind, morphopragmatischer Natur sein können. "Emotivität" tritt nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) jedoch seltener auf, als manche Autoren annehmen (z.B. Dardano 1978: 96-103). Wenn zudem alle nicht"affektiven" Verwendungsarten als morphopragmatisch bezeichnet würden, so würde laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) das Gebiet der Morphopragmatik in übermäßiger Weise ausgedehnt werden. Eine andere Möglichkeit wäre die Annahme eines semantischen Merkmals wie [angenehm, graziös, gefällig]. Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 133) nehmen eine vorläufige, invariante qualitative Bewertung der Diminutivsuffixe an. Im Laufe ihrer Untersuchung widerlegen sie diese Annahme jedoch. Eine qualitative Bewertung könne entweder von der lexikalischen Basis, dem Referenten oder dem sprachlichen Kontext oder dem Sprechakt/der Sprechsituation abhängen. Feste qualitative Bewertungen träten nur bei lexikalisierten Diminutiven auf. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) treffen eine Unterteilung zwischen transparenten und opaken (d.h. lexikalisierten) Diminutiven. Morphopragmatische Generali- 41 sierungen können nur auf transparenten Wortbildungen basiert sein. Als Beispiele für quantitativ bewertete Lexikalisierungen nennen sie z.B. finestrino, libretto, für Fixierungen in idiomatischen Wendungen fare piedino, für qualitativ bewertete Lexikalisierungen formichina (positiv), donnino (positiv), studentello (negativ) (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 136f.). Außerdem seien alle Lexikalisierungen auf der Ebene der Normen fixiert (Dressler/Merlini Barbaresi 1994 beziehen sich hier auf den Normbegriff von Coseriu, insbesondere den der lexikalischen Normen, im Sinne Ettingers 1974: 179-183),31 aber in Wortspielen könne ihre transparente Bedeutung wieder auftauchen. Wie Mutz (2000:32ff.) in Anlehnung an Rainer (1993) jedoch zeigt, sind die qualitativen Bewertungen als Teil der Semantik anzusehen. Klar zu unterscheiden sind semantische Merkmale wie [gut, schlecht] von Funktionen der modifizierenden Suffixe beispielsweise auf pragmatischer Ebene. Durch die Vermischung dieser Ebenen durch Begriffe wie "Konnotation" oder "affektiv" wird es unmöglich, klare Aussagen über die volle Bedeutungsbreite der Suffixe zu machen, was auch Mutz (2000: 33ff.) kritisiert. Zudem verwischt sich hierdurch die Zugehörigkeit der Pejorativsuffixe zur Modifikation, welche eben nicht "konnotativ" eine negative qualitative Bewertung ausdrücken. Das Suffix -accio hat im heutigen Standarditalienischen ganz eindeutig eine Pejorativbedeutung mit referentieller Funktion, z.B. fratellaccio, casaccia. (Mutz 2000: 34) 1.4.2.2 Qualitative Bewertung bei Augmentativen Feste qualitative Bewertungen treten laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nur bei augmentativen Lexikalisierungen auf. Wie im Falle der Diminutive könne eine qualitative Bewertung pragmatische Basis haben. Bezüglich quantitativer und qualitativer Bewertung würden positiv bewertete Wörter noch positiver und negativ bewertete Wörter noch negativer. Bei neutralen Basen treten dieselben Klassen wie bei Diminutiven auf (siehe oben). Bei den Augmentativen tritt ihres Erachtens mehr Negativität als bei Diminutiven auf. Das Augmentativ diene zur Intensivierung, allerdings nicht einer realen sondern einer fiktiven Intensivierung. Dies werde üblicherweise als Übertreibung interpretiert, das heißt als Übertreten akzeptabler Obergrenzen von Normen. Und Übertreten von Obergrenzen werde meist als negativer bewertet als das Unterschreiten von unteren Grenzen. Die negativen qualitativen Bewertungen, die bei Augmentativen oft auftreten, stehen ihrer Auffassung nach in Verbindung mit dem Merkmal [groß], das häufig negativ interpretiert werde. 31 "In Coseriu [1952] la n, inserita tra i due termini dell'opposizione → langue/parole, è l a «media delle realizzazioni accettate in una data comunità»" (Beccaria 1989). 42 1.4.3 Polyfunktionalität In diesem Teil der Arbeit sollen Angaben zur Bedeutungsbreite der modifizierenden Suffixe v.a. anhand ausgewählter Suffixe dargestellt werden. Zuerst möchte ich eine eher diachron angelegte Untersuchung über die Polyfunktionalität des Suffixes -ino von Widlak (1992) näher darstellen, daran anschließend eine eigene synchrone Studie (ebenfalls über -ino) von Necker (1994).32 Danach soll eine Betrachtung der Polyfunktionalität des Suffixes -one anhand seiner diachronen Entwicklung erfolgen. In Jurafsky (1996) wird versucht, die Entwicklung und synchrone Variation von Diminutiven zu erfassen. Eine diachrone Studie zur Entwicklung der italienischen Modifikationssuffixe insgesamt innerhalb eines Polysemie-Ansatzes stellt Mutz (1998, 2000) dar. Widlak (1992) behandelt das Suffix -ino als lexikalisches Element und versucht, seine komplexe Natur und Strukturierungen, die sich auf der Inhaltsebene abspielen, zu beschreiben. Im Lauf der Sprachentwicklung habe sich das Suffix -ino immer mehr bezüglich seiner funktional-semantischen Werte bereichert, bis es seinen heutigen komplexen Stand erreicht habe. Diese sehr entwickelte Polyfunktionalität (bei Widlak polyvalence) könne synchron als Homonymie betrachtet werden. Aus diachroner Sicht handelt es sich nach Widlak (1992) um eine Entwicklung, die auf polysemen Relationen beruht, in synchroner Sicht liegen seines Erachtens jedoch klar homonyme Suffixe vor. Er stellt die Lesarten von -ino folgendermaßen dar: -INUS provenance, appartenance, relation, qualité fonction dérivative LATIN fonction altérative ITALIEN -INO I provenance, appartenance, relation, qualité -INO II habitants -INO IV patronymes -INO VI métiers, agents -INO VII personnes caractérisées -INO III diminutif/ affectif/ -INO V certaines personnes -INO VIII instruments Aus Widlak (1992: 96) 32 Dal (1997) stellt eine Untersuchung über das frz. Suffix -ette an. Sie nimmt an, dass es nur ein Suffix gibt, welches verschiedenste Funktionen haben kann. 43 Das Suffix -ino hat sich nach Standpunkt von Widlak (1992) direkt und formal regelmäßig aus dem lateinischen Suffix - I N U S entwickelt. Das lateinische Suffix -INUS diente zunächst der Bildung von denominalen Adjektiven, die Herkunft oder Relation ausdrücken. Als Basis traten Tiernamen, Pflanzennamen, Ortsnamen und Eigennamen auf. Dasselbe Suffix tritt auch bei der denominalen Bildung von Nomina auf, die ebenfalls Relation oder Herkunft ausdrücken. Im Lateinischen sei die Bildung denominaler Adjektive mit diesem Suffix überwiegend (Widlak 1992: 91f.). Zu den Bedeutungen der Herkunft und Relation treten andere hinzu, die eine Weiterentwicklung, eine Ausbreitung darstellen: die Zugehörigkeit und die Qualität. Die gegenseitige Abhängigkeit und Motivation der Lesarten (bei Widlak valeurs sémantiques) ist im Lateinischen laut Widlak (1992) deutlich. Das lateinische Suffix habe als semantische Struktur die der polysemen Relation (Koexistenz verschiedener semantischer Werte, die sehr eng und miteinander verbunden in einem polysemen Suffix zusammen liegen). Beim italienischen Suffix -ino finde eine Autonomisierung dieser Lesarten statt, und es träten völlig neue hinzu. Daraus resultiere die neue, auf homonymen Relationen beruhende Struktur. Diese entsteht durch die Homonymisierung der polysemen Varianten, und es ergeben sich mehr oder weniger unabhängige, homonyme Suffixe, die einen gemeinsamen Ursprung haben. Ausgangsbasis für italienisch -ino sind nach Widlak (1992) die Basiswerte Herkunft, Zugehörigkeit, Relation und Qualität, die auch die Grundlage für die Bildung neuer Werte im Italienischen darstellen. Laut Widlak (1992) hat sich -ino in zwei Hauptrichtungen entwickelt, in relationaler Funktion und in modifizierender Funktion. Als relationale Verwendung von -ino nennt er beispielsweise die Bezeichnung von Herkunft, Zugehörigkeit, Relation, Bildung von Adjektiven und Nomina zur Bezeichnung von Bewohnern. Für die modifizierende Funktion nimmt er dieselbe Entwicklung an, wie Tekavciç (1980), ausgehend von der Idee der Ähnlichkeit. Er geht besonders auf die "affektive" Nuance von -ino als Diminutivsuffix ein, da diese Auslöser für die Trennung der beiden Funktionen von -ino gewesen sei. Die hypokoristische Diminution von Eigennamen habe die Derivation von Eigennamen von Familien (Patronymen) ermöglicht. Diese Bedeutung scheine an die ursprüngliche Bedeutung von -ino geknüpft zu sein (Herkunft, Zugehörigkeit). Die relationale Funktion des Suffixes -ino ist, laut Widlak, weitaus ausgeprägter als die modifizierende Funktion. Neue Verwendungen sind: Berufsbezeichnungen, Nomina agentis, Instrumentbezeichnungen, Bezeichnungen von Personen, die anhand einer bestimmten Tätigkeit charakterisiert werden. 44 Die Studie von Necker (1994) beschäftigt sich synchron mit der funktionalen Vielfalt des Suffixes -ino. Die produktiven Lesarten von -ino werden bezüglich ihrer Funktion in Derivationstypen unterteilt. Es treten viele homonyme Formen auf. Der häufigste Fall ist der, dass das Wort sowohl als nominales Diminutiv als auch als Relationsadjektiv fungiert. In den nachfolgenden semantischen Paraphrasen steht die Variable x stellvertretend für die Basis. Diminutive Adverbbildungen werden nicht betrachtet, da in den Wortlisten, die der Arbeit als Korpus dienen (siehe FN 34), keine derartigen Bildungen erscheinen. Ich stelle den Zusammenhang der verschiedenen Lesarten von -ino zunächst graphisch dar und werde darauf folgend die Lesarten erläutern. Diminutiv Relation -in-A -in-A' -in-B -in-A'' -in-AB -in-B' -in-B'' -in-B''' -in-AB' Aus Necker (1994: 21) Es treten folgende Lesarten auf: -ino A Bedeutung 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: NEUTRAL': Typ: bacio > bacino, bello > bellino. -ino A' Bedeutung 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: POSITIV': Typ: anatra > anatrina, brutto > bruttino.33 -ino A ' ' Bedeutung 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: NEGATIV': Typ: p a p a l e > papalino. 34 -ino B eher relationale Bedeutung 'Relation w x': Typ: capra > caprino. -ino B' Bedeutung 'Relation 'Ausübender einer Tätigkeit mit x'': Typ: bagno > bagnino. -ino B'' Bedeutung 'Menge von etwa x': Typ: trenta > trentina. -ino B''' Bedeutung 'Gesamtheit von x': Typ: abete > abetina. -ino A B Bedeutung 'Relation 'Ausübender der Tätigkeit x' + negative Bewertung': Typ: spazzare > spazzino. -ino AB' Bedeutung 'Relation 'Instrument der Tätigkeit x'': Typ: frullare > frullino. (siehe Necker 1994: 21ff.) Die einzelnen Lesarten hängen wie folgt zusammen: -ino A und -ino B werden von Necker (1994) als zentrale, homonyme Suffixe mit den jeweiligen hiervon abgeleiteten Lesarten betrachtet. Sprachgeschichtlich hat 33 34 Nach Wierzbicka (1984) ist ein solcher Bildungstyp negativ bewertetes Adjektiv + Diminutivsuffix im Polnischen nicht möglich, z.B. *brudniutkie 'dirty-Dim.', *kwa,niutkie 'sour-Dim.' und zwar unabhängig davon, ob die negative Bewertung lexikalisch oder kontextuell ist. Im Korpus von Necker (1994) trat keine nominale Bildung dieses Typs auf. Bei einem größeren Korpus wäre dies vielleicht der Fall gewesen. Die Arbeit geht von Wortlisten aus, die im Wesentlichen auf Alinei (1962) basieren und um die Beispiele aus verschiedenen Grammatiken zum Italienischen erweitert wurden. 45 sich -ino A vermutlich aus -ino B entwickelt, synchron bestehen nach Auffassung von Necker (1994) jedoch keine Zusammenhänge mehr zwischen den beiden. Allerdings ist eine gegenseitige Beeinflussung zu beobachten, denn bei den relationalen Bildungen kann eine negative qualitative Bewertung auftreten, aber auch das Sem [klein], wie bei der Lesart -ino AB'. Es ist auffällig, dass es sich bei den hier auftretenden Derivaten fast ausschließlich um kleine Gegenstände handelt. Bei -ino A' ist zusätzlich zu der Bedeutung von -ino A immer eine positive Bewertung impliziert. Bei -ino A'' hingegen ist zusätzlich zu der Bedeutung von -ino A immer eine negative Bewertung impliziert. Bei -ino B' findet im Gegensatz zu -ino B eine Lexikalisierung der Relationsvariablen statt: w ist immer die Relation 'Ausübender einer Tätigkeit mit x', die Basis ist immer ein Nomen. Bei -ino B'' liegt eine andere Lexikalisierung der Relationsvariablen vor: w ist immer die Relation der ungefähren Menge (Quantifikation), als Basis für -ino B'' kommen nur Zahlwörter in Frage. Bei -ino B''' liegt wiederum eine andere Lexikalisierung der Relationsvariablen vor: w ist immer die Relation der Gesamtheit (Quantifikation), im Unterschied zu -ino B'' sind die Basen jedoch nicht so eingeschränkt. Die Lesarten -ino B' bis -ino B''' sind nach Necker (1994) alle von -ino B abgeleitet. Die Lesart -ino AB wird hingegen als von -ino A'' und -ino B' abgeleitet betrachtet. Die negative Bewertung rührt eindeutig aus dem Bereich des Diminutivsuffixes her, da sie bei anderen Lesarten nicht vorkommt. Auch enthält -ino AB die Relation 'Ausübender der Tätigkeit x'. Also findet eine Basisverschiebung innerhalb des "Tätigkeitsmodells" nach Schwarze (1988/1995) statt: Der Gegenstand bzw. das Instrument der Tätigkeit als Derivationsbasis wird durch die Tätigkeit selbst als Basis ersetzt. Von der Lesart -ino AB wird wiederum -ino AB' abgeleitet. Es findet eine systematische Umkategorisierung vom Ausübenden zum Instrument statt. Da keine negative Bewertung impliziert ist, kann -ino AB' nach Necker (1994) nicht in den Bereich des Diminutivs gehören. Die Lesarten -ino A bis -ino AB' erfassen die folgenden sieben Bildungstypen: 1. diminutive deadjektivische Adjektive, 2. diminutive denominale Nomina, 3. relationale denominale Adjektive, 4. aus Zahlwörtern abgeleitete Nomina, 5. denominale Nomina, die Kollektiva bezeichnen, 6. deverbale und 7. denominale Nomina agentis. Beim Diminutiv (1. und 2.) wird angenommen, dass immer zwei Bewertungen auf einmal impliziert sein müssen (siehe Schwarze 1988/1995). Was bei Schwarze (1988/1995) als pragmatische Modifikation der Grundbedeutung bei den Adjektiven auftritt, wird in dieser Arbeit als zweite Bewertung angesehen. Wie bei Tekavciç (1980) kann die qualitative Bewertung beim Diminutiv entweder positiv oder negativ sein kann. Weiterhin wird angenommen, dass das Diminutiv 46 nur bezüglich der quantitativen Bewertung auf 'klein' beschränkt ist. Die qualitative Bewertung kann entweder durch die Bedeutung der Basis oder durch den Kontext schon festgelegt sein, oder aber einer Lesart von -ino als Diminutivsuffix inhärent sein. Bei den diminuierten Adjektiven bestehen drei Lesarten: -ino A 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: NEUTRAL' -ino A' 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: POSITIV' -ino A'' 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: NEGATIV' 'Quantitativ: KLEIN' wird als Paraphrase gewählt, da -ino für denominale und deadjektivische Diminutivbildung zusammen betrachtet wird. Natürlich muss 'KLEIN' bei Adjektiven als 'WENIGER' interpretiert werden. Wenn die qualitative Bewertung bereits durch die Basis geklärt ist, tritt -ino A auf. Wenn die qualitative Bewertung nicht durch die Basis geklärt oder abweichend davon ist, tritt -ino A' auf. Die Lesart -ino A'' tritt auf, wenn die qualitative Bewertung 'NEGATIV' nicht durch die Basis gegeben ist. Analog zur Diminutivbildung bei Adjektiven nimmt Necker (1994) bei der denominalen Diminutivbildung dieselben Lesarten wie beim Adjektiv an. Lediglich zur Lesart -ino A'' wurden keine Beispiele gefunden. Aus diesem Grund finden sich bei den Nomina nur zwei Lesarten: -ino A 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: NEUTRAL' -ino A' 'Quantitativ: KLEIN + qualitativ: POSITIV' Zum Derivationstyp -ino A' werden auch die hypokoristischen Bildungen gezählt. Hierbei tritt laut Necker (1994) lediglich die quantitative Bewertung in den Hintergrund, z.B. babbino von babbo. Bei allen Lesarten von -ino bei der Diminutivbildung kann eine der Bewertungen in den Hintergrund treten. Bei dem Derivationstyp Verb > Nomen agentis bezeichnet die Basis eine Tätigkeit, das Derivat bezeichnet eine Person, die diese Tätigkeit ausübt, und impliziert zusätzlich eine negative Bewertung. Die Derivate bezeichnen Ausübende niedrig bewerteter Berufe oder negativ bewerteter Handlungen. Bei diesem Derivationstyp findet auch die systematische Umkategorisierung von der Person zum Instrument statt. Die negative Bewertung findet nur bei Derivaten statt, die das Merkmal [+menschlich] haben. Sie kann aber auch bei der verbalen Basis impliziert sein, z.B. scribacchino von scribacchiare. Im Folgenden soll auch die Polyfunktionalität des Suffixes -one dargestellt werden. Laut Tekavciç (1980) geht -one auf lateinisch -O -, Genitiv -ON / IS, Obliquus -ON/E zurück und diente im Latein dazu, Wörter zu bilden, die eine Person in Hinsicht auf ihre Zugehörigkeit zu gewissen Gruppen, anhand ihrer Gewohnheiten oder anhand einer sichtbaren physischen Besonderheit charakterisieren (zu einer ausführlicheren Darstellung des lateinischen Suffixes siehe Grandi 2003). Diese Charakterisierung finde immer im negativen Sinne statt. Tekavciç nennt drei 47 unterschiedliche Entwicklungswege des Suffixes in der Romania, die alle auf die Gemeinsamkeit 'Charakterisierung' zurückzuführen seien. Der erste Entwicklungsfaden geht aus von der Bedeutung 'Person mit einem großen Körperteil ausgestattet'. Die Derivate gehen dazu über, das Körperteil zu bezeichnen: nasone habe nun die Bedeutung 'große Nase' und nicht mehr 'mit einer Nase ausgestattet'. So ist laut Tekavciç (1980: 100f.) das Augmentativ entstanden. Der zweite Entwicklungsfaden basiere auf den Bildungen mit -one, die das durch die Basis Bezeichnete bezüglich einer Gewohnheit, des Charakters usw. immer mit negativer Bewertung charakterisieren: buffone, imbroglione, testardone (siehe Tekavciç 1980: 101). Hierzu gehöre auch fannullone. Bei Tekavciç ist in dieser Gruppe ein normales Augmentativ blockiert: imbroglione bedeute nicht 'grande imbroglio'. Der dritte Entwicklungsweg wird durch die Adverbien mit -oni (-one) gebildet, die die Position des Körpers oder seine Bewegung charakterisieren: carponi, ginocchioni, striscioni (siehe Tekavciç 1980: 101). Ausgehend von der Frage, wie bei Bildungen wie terrone, polentone die negative Bewertung zustande kommt (siehe hierzu auch 1.10.3), beschäftigen sich Leone (1981: 83f.) und Stefanini (1979) mit den Bildungstypen von -one. Leone (1981: 84f.) unterscheidet, im Gegensatz zu Tekavciç (1980), sechs Typen bei -one: 1. 2. 3. Bezeichnung physischer Merkmale: pancione, nasone, baffone, Berufsbezeichnungen: professorone und hier auch fannullone, Augmentative, die außer dem eigentlichen Sinn auch übertragene Bedeutung annehmen: lasagnone (uomo grosso e sciocco), testone (persona caparbia e ottusa). In den Bildungstypen 1.-3. habe -one augmentativen Charakter. Des Weiteren: 4. Bildungen mit -one, bei denen bereits die Basis in übertragener Bedeutung eine Person bezeichnet: cicalone von cicala, 5. Bildungen mit -one, die sich mit Basen verbinden und die, obwohl sie nicht bereits den figurativen Sinn in der normalen Form enthalten, sich trotzdem leicht zur Bildung von Personenbeinamen eignen, indem sie einen inneren Aspekt oder Seelenzustand oder einen äußeren und augenfälligen Aspekt bezeichnen: pizzardone - pizzarda, fifone - fifa, 6. Deverbale Bildungen, die er für außerordentlich produktiv hält: guardone, poltrone (von poltrire), bighellone, maneggione, merendone. In diesen Typen tauchen Bildungen wie z.B. faccendone, polentone, terrone nicht auf. Diese siebte Gruppe muss laut Leone (1981) auf einen dritten Typ von -one zurückgeführt werden, und zwar auf eine Wortkreuzung: Von einem Quasikompositum bleibe vom zweiten Wort nur -one übrig. So könne piazzone von piazza + bighellone stammen, faccendone von faccenda + maneggione (siehe Leone 1981: 85). 48 Zusammenfassend unterscheidet Leone (1981) drei Typen von -one bei der Bildung von Nomina zur Bezeichnung von Personen: I. II. III. -one charakterisierend, augmentativ (1., 2., 3.) -one charakterisierend, nicht augmentativ (4., 5., 6.) sekundäres -one (siebte Gruppe nach Leone 1981). Meines Erachtens stellt sich allerdings die Frage, ob -one III. nicht auch aus einer gegenseitigen Beeinflussung von I. und II. stammen könnte. Interessant bei -one ist zweifellos die unterschiedliche Entwicklung des lateinischen Suffixes in den verschiedenen romanischen Sprachen: Im Italienischen, Spanischen, Portugiesischen, Rumänischen und Ladinischen wird es Augmentativsuffix, im Galloromanischen (Französisch, Okzitanisch) Diminutivsuffix (Costa 1997: 178, Mutz 2000: 122ff.). Nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 488) lässt sich diese unterschiedliche Entwicklung anhand des gemeinsamen pragmatischen Merkmals [fiktiv] der Modifikativsuffixe erklären, welches Übergänge in andere Bedeutungsgruppen ermögliche. Jurafsky (1996) versucht, innerhalb einer Lakoffschen Radialkategorie35 die diachrone Entwicklung und die synchrone Variation der Diminutivmorpheme anhand von über 60 Sprachen nachzuzeichnen. Die einzelnen Bedeutungen von Diminution sind seines Erachtens jeweils durch metaphorische und inferentielle Relationen verbunden. Nach Auffassung von Jurafsky (1996) liegt die zentrale Bedeutung des Diminutivs sprachübergreifend in Wörtern, die semantisch (das Wort heißt 'Kind' o.Ä.) oder pragmatisch (z.B. hypokoristisches Suffix bei Namen) mit Kindern verbunden sind und demnach vor der relationalen Bedeutung. Wie Wierzbicka (1984) nimmt er als Ausgangspunkt für das Diminutiv sowohl die Bedeutung 'klein' als auch die Bedeutung 'Kind' an, da ausschließlich von 'klein' nicht alle Bedeutungsaspekte abgeleitet werden könnten. (Er kritisiert gleichzeitig die Annahme des Merkmals [nicht ernsthaft] von Dressler/Merlini Barbaresi 1994): If this were the case, we would expect these same inferences for the word for small in each language (i.e. Italian piccolo should behave like the diminutive -ino); this does not occur. (Jurafsky 1996: 538) Diese Folgerung widerlegt meines Erachtens jedoch nicht, dass es synchron möglich ist, von einer Grundbedeutung 'klein' auszugehen (zu einer Kritik an Jurafskys Ansatz vgl. Mutz 2000: 147ff.). Wenn eine Sprache mehrere Ausdrucksmittel für die Bedeutung 'klein' besitzt, ist anzunehmen, dass sich diese 35 In einer Radialkategorie werden alle Kategorienmitglieder von einem zentralen Mitglied abgeleitet, in diesem Fall von 'Kind'. 49 nicht exakt synonym verhalten, sondern eine Ausdrucksalternative eingehen, die durch Restriktionen geregelt ist. Zudem übernehmen in Sprachen, die keine funktionierenden Diminutivsuffixe haben, eben die Adjektive zum Ausdruck von 'klein' die Funktion des Diminutivs (siehe 5.4.4 oder Hasselrot 1972, der eine Übernahme der Diminutivfunktion durch petit im Französischen zeigt). Für die diachrone Entstehung im Romanischen zeigt Mutz (1998, 2000), dass sich die romanischen modifizierenden Suffixe weitgehend aus relationalen Suffixen des Lateinischen entwickelt haben. Nach ihren Angaben (Mutz 2000: 7) liegt der Wandel von relationaler zu modifizierender Bedeutung in frühromanischer Zeit. Sie bevorzugt die Analyse relationaler und modifizierender Suffixe als polysem. Problematisch bleibt, meines Erachtens, allerdings die formale Ableitung der Bedeutung der modifizierenden Suffixe, ausgehend von einer Situation der Polysemie. Welche gemeinsame Bedeutungskomponente tragen relationale und modifizierende Suffixe? Zudem weisen die relationalen Bildungen verschiedene charakteristische Eigenschaften der modifizierenden Suffixe nicht auf: Transparenz gegenüber der Wortart der Basis bei den modifizierenden Suffixen, Veränderung der Wortart der Basis bei den relationalen Suffixen, komplexere Semantik der relationalen Suffixe - sie ändern die Bedeutung der Basis tief greifender, als dies die modifizierenden Suffixe tun. Mutz (2000: 60) selbst räumt ein, dass es sich synchron um Homonymie handelt und dass eine solche Homonymie-Situation bereits im Lateinischen bestand: Wie die meisten Modifikationssuffixe im Romanischen haben auch die lateinischen Diminutivsuffixe, allen voran -ULUS, Homonyme, mit denen sie genetisch verwandt sind. Diese bilden Derivate mit nicht-modifizierender Bedeutung, die Suffixe tragen unterspezifizierte relationale Bedeutungsmerkmale wie {Ursprung}, {Zugehörigkeit}, {Funktion} und sind sowohl syntaktisch als auch semantisch transkategorisierend. (Mutz 2000: 168) Mutz (2000) rekonstruiert den Wandel der Modifikationssuffixe in drei Etappen: 1. Relationalbedeutung ("inalienable possession") > Quantifizierende Bedeutung ("klein", "groß") 2. Quantifizierende Bedeutung ("klein", "groß") > Qualifizierende Bedeutung ("gut", "schlecht") 3. zunehmender Funktionswandel von referentieller Funktion zu Diskursfunktion Aus Mutz (2000: 6) Der Wandel verläuft, ihres Erachtens, unidirektional: d.h. ist einmal das quantifizierende Merkmal verloren gegangen, hat also eine Desemantisierung in Bezug auf das quantifizierende Merkmal stattgefunden [...], dann ist dieses nicht mehr zu aktivieren. Mit anderen Worten, ein einmal zu einem Pejorativsuffix gewordenes Suffix scheint nicht wieder zu einem Diminutiv- oder Augmentativsuffix werden zu können, d.h. nicht mehr lexikalische Vollspezifizierung in Bezug auf ein quantifizierendes Merkmal erlangen zu können. (Mutz 2000: 64) 50 Für die meisten italienischen modifizierenden Suffixe weist sie nach, dass sie sich jeweils aus einem relationalen Suffix entwickelt haben, welches im Bereich der Personnennamen produktiv war. 1.5 Semantische vs. pragmatische Funktion der Modifikationssuffixe 1.5.1 Grammatikalisierung Bei der quantitativen und der qualitativen Bewertung der Diminutive sehen Dressler/Merlini Barbaresi (1989a, 1990) unterschiedliche Grade der Grammatikalisierung. Unter Grammatikalisierung verstehen sie in diesem Fall genauer grammatikalisierte Pragmatik. Sie präzisieren den Begriff der Grammatikalisierung in Bezug auf ihre Untersuchung wie folgt: La grammaticalizzazione [...] è normalmente definita come un processo diacronico di desemantizzazione e sintetizzazione crescente. [...] In generale, viene vista come separata dalla grammaticalizzazione l'univerbazione che trasforma p.es. frasi nominali in composti e poi in derivati attraverso giustapposizioni, come nel caso dei suffissi inglesi ship, -dom [...]. Però se diamo per assunta una continuità graduale tra flessione e derivazione con differenze prototipiche e molte proprietà comuni [...], possiamo considerare flessione e derivazione come parti di un'unica componente morfologica della grammatica. Questo giustifica l'applicabilità della nozione di grammaticalizzazione alla derivazione e quindi all'univerbazione. (Dressler/Merlini Barbaresi 1989a: 234f.) Des Weiteren ist Grammatikalisierung ihres Erachtens nicht auf diachrone Untersuchungen beschränkt, sondern eine "variabile tipologica e pancronica" (Dressler/Merlini Barbaresi 1989a: 235). Sie haben verschiedene Kriterien, die den Grad der jeweiligen Grammatikalisierung bei den Diminutiven feststellen lassen. Ich berichte nur über die Untersuchung im Hinblick auf die italienischen Diminutive. 1. Desemantisierung: Im Fall der italienischen Diminutive lägen komplexere Bedeutungen vor, die eine Beschreibung in abstrakteren Begriffen zur Folge haben. Sie folgern hieraus einen hohen Grad an Desemantisierung. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) geben als Bedeutung das semantische Merkmal [klein] und das pragmatische Merkmal [nicht ernsthaft] an. Die Bedeutung der Diminutivsuffixe ist, gemäß ihrem Standpunkt, vor allem pragmatisch. 2. Geringe quantitative Extension des Suffixes: Sie variiere bei den italienischen Diminutivsuffixen zwischen zwei und vier Phonemen. 3. Geringer Grad an Autonomie36: Die italienischen Diminutive verändern laut Dressler/Merlini Barbaresi (1989a, 1990) nie das Genus der Ausgangsbasis, außer 36 "Criteri di determinazioni sono il grado di indipendenza/autonomia morfotattica e morfosemantica e la modificabilità dell'ordine sintagmatico" (Dressler/Merlini Barbaresi 1989a: 235) 51 in (zahlreichen) Fällen der Lexikalisierung: "When diminutives change the gender of the bases [...], they are more autonomous (that is, more likely to be lexicalized, than when they do not)." (Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 406). Die syntagmatische Variabilität der Diminutivsuffixe sei sehr marginal, nur selten trete Positionswechsel mit Pluralsuffixen auf und extrem selten eine Alternation des Typs tazzinetta - tazzettina (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 100). 4. Bildung von Paradigmen: Im Italienischen liege ein reiches Paradigma modifizierender Suffixe vor. 5. Automatische Wahl des Ausdrucksmittels vs. Optionalität37: Dieses Kriterium tritt nur in Dressler/Merlini Barbaresi (1994) auf. Deutsche Diminutive könnten automatisch mit suffixalem Diminutiv ins Italienische übersetzt werden, aber nicht umgekehrt. Dressler/Merlini Barbaresi (1989a, 1990, 1994) sehen italienische Diminutivsuffixe als in hohem Maße grammatikalisiert an. Wie Mutz (2000: 285ff.) zeigt, ist dieser "Pragmatisierungsprozeß" (Mutz 2000: 292) jedoch noch nicht an seinem Endpunkt angelangt. 1.5.2 Pragmatische Funktionen der Modifikation Dardano/Trifone (1991) nennen mehrere pragmatische Funktionen (siehe auch Dressler/Merlini Barbaresi 1994) der modifizierenden Suffixe. Das Diminutivum sociale werde z.B. verwendet, um einen Befehl zu mildern oder eine Bitte akzeptabler zu machen. Das Diminutivum modestum werde benutzt, um Bezug auf die eigene Person oder Handlung zu nehmen, ohne sich allzu sehr hervorzutun, beispielsweise aus Höflichkeit. Weitere Ausführungen zu diesen und weiteren pragmatischen Funktionen erfolgen im nächsten Abschnitt. Dressler/Merlini Barbaresi (1989a, 1990, 1992, 1994) bezeichnen die Gesamtheit der generellen pragmatischen Effekte der morphologischen Regeln als Morphopragmatik. Sie wollen in der Morphopragmatik die regelmäßigen pragmatischen Veränderungen, die zwischen Basis und Derivat auftreten, erfassen. Sie betrachten in verschiedenen Sprechsituationen und Sprechakten die pragmatischen Effekte, die die suffixale Modifikation hat. Sie sehen ihre Arbeit komplementär zur morphosemantischen Untersuchung von Rainer (1990) an. Ihr Ziel ist es, pragmatische Restriktionen für den Diminutivgebrauch an der jeweiligen Sprechsituation fest- 37 "Automaticity, that is, systematically constrained choice and use as automatic consequence of a higer-order choice vs. «free choice of items according to communicative intentions» [...]" (Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 54) 52 zumachen und pragmatische Strategien zu identifizieren. Merlini Barbaresi (2000) untersucht innerhalb dieses Rahmens das englische Suffix -y/-ie. Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 153ff.) sehen die Diminutivbildung als Bewertung an (evaluation). In der Interaktion seien Bewertungen potentiell gesichtsbedrohend, da sie Reaktionen der Zustimmung aber auch der Ablehnung hervorrufen. Der Sprecher habe nun mehrere Strategien zur Verfügung, um die Gefahr einer Ablehnung und des damit verbundenen Gesichtverlusts so gering wie möglich zu halten. Eine der Strategien, die Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nennen, ist die der Verringerung der Verantwortlichkeit des Sprechers für seine Bewertung. Dies könne beispielsweise dadurch erfolgen, dass die Bewertung auf spielerische Art geäußert werde. Spielerische Art ist nach Erachten der Autoren jedoch nur ein konkreter Fall eines generelleren Prinzips, nämlich der Äußerung fiktiver Aussagen. Die Verwendung modifizierender Suffixe sei ein Signal, um einen Übergang von der realen in die imaginäre Welt anzuzeigen Für die gesamten Modifikativsuffixe nehmen sie das pragmatische Merkmal [fiktiv] an. Das Merkmal [nicht ernsthaft] bei Diminutiven ist ihres Erachtens eine Ableitung davon. Dieses pragmatische Merkmal lässt sich ihres Erachtens nicht aus der semantischen Bedeutung des Suffixes ableiten: A morphological rule has a morphopragmatic meaning if it contains a pragmatic variable which is necessary within the description of its meaning. This implies that its basic pragmatic meaning(s) cannot be reduced to a semantic meaning. (Dressler/Merlini Barbaresi 2001: 43) Alle Modifikativa tragen nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) das Merkmal [fiktiv], um einen Übergang von der realen in die imaginäre Welt anzuzeigen. 1.5.2.1 Pragmatische Funktion von Diminutiven Dressler/Merlini Barbaresi (1994) legen den Schwerpunkt ihrer Studie auf die systematische Behandlung des regelmäßigen Gebrauchs von Diminutiven zur Erzielung pragmatischer Effekte. Italienische Diminutive weisen ihres Erachtens eine hohe Zahl vorhersagbarer strategischer Verwendungen in Sprechakten und Sprechsituationen auf. Ihre Untersuchung basiert auf mündlichen und schriftlichen Texten. Die Bedeutung der Diminutive wird in Dressler/Merlini Barbaresi (1994) wie folgt aufgeteilt: 1. quantitative Bewertung, 2. qualitative Bewertung und 3. morphopragmatische Bedeutung (zu Punkt 1 und 2 siehe 1.4ff.). Dressler/Merlini Barbaresi (1994) erläutern zwei Sichtweisen zur Erfassung der Bedeutung der Diminutive: die maximalistische, die auch sie vertreten, und die minimalistische Sicht. Eine minimalistische Sicht vertritt z.B. Dardano (1978: 96): Die Morphosemantik der Diminutive erkläre ihre Bedeutungen, die Morpho53 pragmatik ihre Bezeichnungen. Alle pragmatischen Effekte der Diminutive werden von der Morphosemantik mittels genereller pragmatischer Strategien, die unabhängig von der Morphologie sind, generiert. Es wird nur ein einziges Bedeutungsmerkmal [klein] oder [nicht ernsthaft] angenommen, auf das generelle pragmatische Strategien angewandt werden. Dressler/Merlini Barbaresi (1994, 2001) kritisieren diese Sichtweise, da die hypothetischen morphosemantischen qualitativen Bewertungen der Diminutive fraglich seien (siehe 1.4.2.1). Quantitative und vermeintliche qualitative Bewertung von italienischen und deutschen Diminutiven sind ihres Erachtens fast identisch. Innerhalb einer minimalistischen Sicht sei es schwer zu erklären, warum die pragmatische Verwendung deutscher und italienischer Diminutive sich unterscheide. Eine weitere Kritik ist, dass die quantitative Bewertung [klein] und die qualitativen Bewertungen ["affektiv"] oder [angenehm, graziös] auch zum Beispiel zu piccolo passen. In einer minimalistischen Anschauung müssten folglich alle pragmatischen Verwendungen von diminutiven Nomina durch eine Nominalphrase mit piccolo substituierbar sein und umgekehrt. Dies treffe jedoch nicht zu. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) hingegen vertreten die maximalistische Annahme, dass es pragmatische Regelmäßigkeiten gibt, die nur für Diminutive gelten. Sie erfassen die Bedeutung der Diminutive durch ein semantisches Merkmal [klein] und ein morphopragmatisches Merkmal [nicht ernsthaft]. In Dressler/Merlini Barbaresi (2001) verteidigen sie ihre Annahme der Priorität der Pragmatik und lehnen alle Ansätze ab, die die pragmatische Funktion der Modifikativa von einem semantischen Merkmal ableiten wollen (wie z.B. bei Wierzbicka 1984 oder Jurafsky 1996). Insbesondere kritisieren sie an Jurafskys (1996) Ansatz, dass keine Abgrenzung zwischen Kognition, Semantik und Pragmatik vorliege, und stellen dem ihre Auffassung gegenüber: Let us just repeat our view [...] that (1) pragmatics is cognitively founded, but t h a t cognitive foundation and the pragmatic superstructure based on it should be separated, and that (2) semantics is included within pragmatics, but can be separated from it by canceling (sic!) all pragmatic variables. (Dressler/Merlini Barbaresi 2001: 45) Des Weiteren führen sie zahlreiche Suffixe aus mehreren Sprachen an, welche nicht auf die Ursprungsbedeutung 'Kind' zurückzuführen seien und somit Jurafskys (1996) Annahme der Ursprungsbedeutung 'Kind' falsifizieren sollen. Sie schreiben den pragmatischen Wert einer Diminutivbildungsregel dem gesamten Sprechakt und der Sprechsituation zu. Es beruhe auf Fokussierung und anderen Restriktionen, welchen "Landeplatz"38 ein Diminutivsuffix wähle. 38 Da Dressler/Merlini Barbaresi (1994) von einer Funktion des Diminutivsuffixes auf einen gesamten Sprechakt o.Ä. ausgehen, bevorzugen sie den Terminus "Landeplatz" statt "Derivationsbasis", der, ihres Erachtens, zu stark an die morphologische Ebene gebunden ist. 54 Nieuwenhuis (1985)39 schlägt die folgende Hierarchie diminuierbarer Kategorien vor:40 N > ADJ > V > Numerale > Interjektionen > Pronomina > Präpositionen > Demonstrativa Je weiter rechts in der Hierarchie eine Diminutivform erscheine, desto geringer die Bedeutungsänderung und desto größer die Bedeutung der subjektiven Diminutivkraft. Zu vielen Wortarten fanden Dressler/Merlini Barbaresi (1994) keine Beispiele im Italienischen. Diminuierte Verben würden hauptsächlich zur "Denotation" verwendet, aber ihre "denotative" Bedeutung sei unterschiedlich von der "denotativen" Bedeutung bei anderen Wortarten. Bei diminuierten Adjektiven finden sie keinerlei Beweis dafür, dass sie proportional weniger für "denotative" Diminution verwendet werden als diminuierte Nomina. Nieuwenhuis (1985) liefere zudem keine Erklärung für seine Hierarchie. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) stellen fest, dass graduierbare Dimensionen eine typische Eigenschaft von Adjektiven und Nomina sind, während bei Verben andere Dimensionen wichtiger sind (z.B. Aktionsarten, Aspekt). Interjektionen, Pronomina und Präpositionen seien schwer graduierbar. Sie nehmen an, dass die allgemeine morphopragmatische Bedeutung des Diminutivsuffixes [nicht ernsthaft] ist. Dieses Merkmal ist eine Kombination aus den Merkmalen [nicht wichtig] und [fiktiv]. Die Anwendung dieses kombinierten Merkmals auf Sprechsituation oder Sprechakt ist innerhalb ihres Modells konstitutiv, d.h. notwendige Vorbedingung für die Anwendung einer produktiven Diminutivbildungsregel. Die Anfügung eines Diminutivsuffixes sei u.a. eine Strategie, um die eigene Verantwortlichkeit gegenüber dem ablaufenden Sprechakt zu verringern. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nehmen demnach an, dass die Bedeutung von Diminutivbildungsregeln innerhalb der Morphologie einen Eintrag enthält, ein Diminutiv könne metaphorisch verwendet werden, um die Nicht-Ernsthaftigkeit eines Sprechaktes zu "konnotieren" (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 144). Es treten, ihres Erachtens, oft metaphorische Relationen auf, z.B. bei der Nachbildung von Sprechsituationen, bei denen Kinder Teilnehmer oder Thema des Gesprächs sind, wie beispielsweise im Gespräch mit Haustieren (s.u.). Wie bei Metaphern allgemein, so ist auch bei metaphorischen Relationen laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nicht klar, in welchem Ausmaß sie zwischen den verschiedenen Bedeutungen und pragmatischen Effekten der Diminutive etabliert werden können. 39 40 Nieuwenhuis, Paul (1985): Diminutives. Edinburgh unveröffentlichte Dissertation. In: Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 131ff.). Leider nicht zugänglich. Merlini Barbaresi (2004a: 267) schlägt eine leicht abweichende Hierarchie vor: "nome > aggettivo > verbo > avverbio > indefinito > esclamazione > numerale". Die Hierarchie basiere auf Kriterien der Distribution und der Anwendbarkeit. 55 Funktion der Diminutive ist nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994), den gesamten Sprechakt in der gegebenen Sprechsituation zu modifizieren. Wie bereits erwähnt, ist ein rein quantitativ bewertender Gebrauch der Diminutive ihres Erachtens weitgehend auf lexikalisierte Diminutive beschränkt. In Merlini Barbaresi (2000) scheint jedoch eine andere Auffassung vorzuliegen. Ein quantitativ bewertendes Adjektiv und ein Diminutivsuffix innerhalb einer Nominalphrase werden als pleonastisch empfunden, wie folgendes Zitat illustrieren soll. Eine Grundhypothese der vorliegenden Arbeit ist ja eben die Annahme, dass Adjektive wie piccolo und Suffixe wie -ino dieselbe Bedeutung tragen. In Italian, due to the clear diminutive denotation of the suffix, the addition of piccolo ('little') to a diminutivized word is heard as pleonastic and even discouraged by prescriptive stylistics. (Merlini Barbaresi 2000: 322) Dressler/Merlini Barbaresi (1994) betrachten Sprechsituationen, in denen das Merkmal [nicht ernsthaft] konstitutiv ist: "kindzentrierte", "(haus)tierzentrierte" und "liebhaberzentrierte" Sprechsituationen (bei den Autoren child-centered, petcentered, lover-centered). Die pragmatische Anwendung der Diminutivbildung in kindzentrierten Situationen wird nach Dressler/Merlini Barbaresi (1989a, 1990, 1994) auch als Diminutivum puerile bezeichnet. Im Italienischen kann laut Dressler/Merlini Barbaresi (1989a, 1990) der Gebrauch des Diminutivs durch die bloße Tatsache hervorgerufen werden, dass mit Kindern gesprochen wird oder Kinder Gesprächsgegenstand sind. Da der Erstspracherwerb zunächst in kindzentrierten Sprechsituationen (mit dem hierfür charakteristischen übermäßigen Diminutivgebrauch) stattfinde, würden Kinder erst später den pragmatischen Gebrauch, das Merkmal [nicht ernsthaft] auf Sprechakte anzuwenden, lernen (siehe Bates/Rankin 1979, Ceccherini et al. 1997, De Marco 1998 und Tonelli et al. 1998). Der Gebrauch von [nicht ernsthaft] in Sprechakten sei somit konventioneller als sein Gebrauch in kindzentrierten und ähnlichen Sprechsituationen. Im Sprachvergleich stellen Dressler/Merlini Barbaresi (1994) größere Unterschiede beim konventionelleren Gebrauch der Diminutive (Modifikation von Sprechakten) als bei der Kennzeichnung von kindzentrierten und ähnlichen Sprechsituationen fest. Im Italienischen findet auch in der Bezeichnung von Spielzeug Diminution statt: elefantino usw. Dieser Gebrauch erfordere jedoch eine "affektive" Komponente. Werde z.B. auf eine bei einem Bankraub verwendete Spielzeugpistole referiert, werde rivoltella giocattolo und nicht rivoltellina verwendet (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1989a: 248). Kindzentrierte Sprechsituationen können laut Dressler/ Merlini Barbaresi (1994) metaphorisch nachgebildet werden, z.B. im Gespräch von Verliebten oder allgemein in der Nachahmung der Kinderwelt (z.B. ironisch). Dies könne mit dem Suffixmerkmal [klein] oder [nicht ernsthaft] erreicht werden. Diminutive hätten meist eine "affektive" Nuance in diesen Situatio56 nen. Die "affektive" Nuance trete in den Vordergrund, wenn Freundlichkeit, Zärtlichkeit, Zartheit oder Mitleid durch Diminutive ausgedrückt würden. Dressler/Merlini Barbaresi (1989a) erwähnen weitere pragmatische Werte des Diminutivgebrauchs.41 Z.B. müsse beim Diminutivum sociale Familiarität als Voraussetzung vorliegen. Generell liege eine positive Einstellung bezüglich aller Komponenten der kommunikativen Situation vor. Es könne auch eine Strategie der Milderung einer unangenehmen Handlung o.Ä. auftreten. Im Italienischen werde Familiarität präferiert und somit seien, wie Rainer (1989) erwähnt, Begriffe des bürokratischen Wortschatzes bei der Diminution ausgeschlossen. Die pragmatische Funktion der Abmilderung trete auch in Sprechakten wie Bitten auf (Dressler/Merlini Barbaresi 1989a: 242). Das Diminutiv habe in diesem Fall die Funktion, die Bitte indirekter zu machen und somit die Gefahr eines Gesichtsverlustes zu begrenzen. Demnach liege hier eine Funktion der Modalisierung vor. In dieser Funktion betreffe die Modalisierung den ganzen Satz42. Das Diminutiv stelle eine alternative oder komplementäre Wahlmöglichkeit zu anderen syntaktischen und lexikalischen Strategien dar (z.B. Konditional in Bitten). Ein weiterer Aspekt bei der Milderung ist die euphemistische Abschwächung von Tabuwörtern. Ein zweiter pragmatischer Wert ist das Diminutivum modestum. Diese Untergruppe beziehe sich auf Aspekte der Meiose43 wie z.B. beim "Understatement". Im Unterschied zum Diminutivum sociale sei diese Strategie nicht auf eine intime Sprechsituation beschränkt. Im Falle des Diminutivum ironicum bestehe immer ein versteckter Konflikt zwischen effektiver Realität und der "Denotation" des Diminutivs. Der Diminutivgebrauch spiegle hier einen interaktiven sozialen Konflikt wider. Der Effekt der Ironie deriviere aus der Übertreibung des Konflikts mit der wahrgenommenen Realität. Dressler/Merlini Barbaresi (2001) lehnen ab, dass sich dieser ironische Effekt aus der Semantik ableiten lässt.44 Im folgenden Beispiel ist das Diminutiv riposino ihres Erachtens für die ironische Interpretation der gesamten Äußerung verantwortlich: 41 42 43 44 Im Gegensatz zu Dressler/Merlini Barbaresi (1994) unterteilen sie nach pragmatischen Werten, die teilweise durch Sprechsituation, durch Sprechakt oder durch regulative Faktoren definiert werden. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) wenden die Funktion des Diminutivs auf die ganze Sprechsituation an und stellen sich gegen eine Begrenzung auf Satzebene. = Litotes: "Redefigur, die durch doppelte Verneinung oder durch Verneinung des Gegenteils eine vorsichtige Behauptung ausdrückt und die dadurch eine (oft ironisierende) Hervorhebung des Gesagten bewirkt." (Müller et al. 1974). "[...] a purely semantic representation of the evaluative character of diminutives and augmentatives leads to unacceptable reductionism. This particularly holds for emotive and attitudinal aspects of evaluation [...]. For example, the Italian diminutive ripos-ino is responsible for the ironic empathy conveyed by the whole utterance." (Dressler/Merlini Barbaresi 2001: 44) 57 Non c'è giorno che non si faccia il suo ripos-ino di due ore. (Dressler/Merlini Barbaresi 2001: 45) Allerdings lässt sich meines Erachtens diese ironische Deutung problemlos aus der semantischen Unverträglichkeit zwischen Diminutiv und der Zeitangabe di due ore ableiten. "Affektive" Faktoren sind nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nicht primär und konstitutiv, sondern nur sekundär und regulativ. Als wichtige regulative Faktoren nennen die Autoren u.a. Sympathie, Empathie, Familiarität, Informalität, Intimität, Ironie, Euphemismus, "Understatement" und eigene Bescheidenheit. Eine Realisierung des Merkmals [nicht ernsthaft] sei z.B. der spielerische Charakter eines Sprechaktes. Andere Realisierungen des Merkmals träten beispielsweise bei der Milderung von inhärent oder potentiell unangenehmen Sprechakten wie Bitten, Befehlen, Anschuldigungen oder Drohungen auf. Konstitutive und regulative Faktoren zusammen bestimmten die Wahrscheinlichkeit eines Diminutivgebrauchs in einem gegebenen Sprechakt innerhalb einer gegebenen Sprechsituation. Die tatsächliche Anwendung einer produktiven Diminutivbildungsregel hänge davon ab, ob die Äußerung einen geeigneten "Landeplatz" enthalte. Morphologische, lexikalische (d.h. semantische) Restriktionen könnten die Wahl der "Landeplätze" begrenzen. Bei Verfügbarkeit mehrerer "Landeplätze" werde (außer in markiertem Stil) nur ein "Landeplatz" gewählt, und zwar anhand einer Reihe von strukturellen und pragmatischen Faktoren. Die obengenannten Faktoren, Konditionen und pragmatischen Effekte sind im Modell der Autoren konzeptualisiert als regulative Eigenschaften, d.h. Faktoren, welche die Anwendung des konstitutiven Merkmals [nicht ernsthaft] regeln. Diese Faktoren implizieren jedoch keinen obligatorischen Diminutivgebrauch. Die relevanten Faktoren, die zur Sprechsituation gehören, sind im Modell von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) weniger wichtig als die Faktoren, die zum Sprechakt gehören. Diminutive können auch als Stilmarker von bestimmten Genres auftreten, z.B. der Hirtenpoesie und Kinderliteratur. Dressler/Merlini Barbaresis (1994) Modell kann, nach eigenen Angaben, Vorhersagen machen, unter welchen pragmatischen Voraussetzungen ein Diminutiv nicht in nicht quantitativer Bedeutung auftreten kann, unter welchen pragmatischen Bedingungen überhaupt Diminutive gebraucht werden können, welche Faktoren den Diminutivgebrauch wahrscheinlich oder weniger wahrscheinlich machen sowie pragmatische Funktionen, für die Diminutive strategisch benutzt werden können (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 149). Zur Erklärung der Pragmatik von Diminutiven sei, wie bereits erwähnt, das Merkmal [nicht ernsthaft] oft geeigneter als das Merkmal [klein], da es alle Faktoren erkläre. Als Beweis dafür, dass Diminutivbildung zur Bildung neuer Wörter dient, führen 58 Dressler/Merlini Barbaresi (1994) u.a. folgende Punkte an: Für gewisse pragmatische Effekte überbieten Sprecher einfache Diminution mit rekursiver Diminution. In einem ihrer Beispiele ersetzt ein Sprecher ein Wort, welches von den Gesprächspartnern kritisiert und abgelehnt wurde mit dem Diminutiv desselben Wortes und nimmt an, dass es sich um ein neues Wort handelt (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 330). Diese Befunde greifen alle auf Wortebene und scheinen ein Paradox für ihr Modell der "Satzdiminutive" darzustellen, in dem die pragmatische Bedeutung des Diminutivs auf die Bedeutung des gesamten Sprechaktes angewendet wird. Dieses Modell nimmt an, dass die lexikalische Basis des Diminutivs ein autonomes Wort ist, das aus rein textuellen, pragmatischen oder syntaktischen Gründen als geeigneter "Landeplatz" gewählt wird und nicht aus Gründen lexikalischer Art. Ihr Paradox bezieht sich demzufolge auf die pragmatische Transparenz von produktiven morphopragmatischen Regeln: Das Diminutivsuffix trage die pragmatische Bedeutung [nicht ernsthaft] und werde der Bedeutung des Sprechaktes oder der Sprechsituation insgesamt zugeschrieben. Diese globalen Bedeutungsrelationen sehen Dressler/Merlini Barbaresi (1994) als weitgehend vorhersagbar an. Die Bedeutung des Diminutivsuffixes interagiere jedoch lokal mit der Bedeutung der lexikalischen Basis. Diese lokale Bedeutungsoperation sei für die teilweise Verdunkelung der pragmatischen Transparenz verantwortlich. Je höher die Frequenz der Anfügung eines Diminutivsuffixes an dieselbe lexikalische Basis sei, desto größer werde die Wahrscheinlichkeit, dass die Ergebnisse der lokalen Interaktion zwischen Bedeutungen des Suffixes und der Basis stabil würden und den Lexikalisierungsprozess starteten. Im Folgenden möchte ich die Eigenschaften der Diminutivbildung von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) zusammenfassend darstellen. Da hierbei auch pragmatische Aspekte behandelt werden, ist diese Zusammenfassung an dieser Stelle meines Erachtens sinnvoll. 1.5.2.2 Eigenschaften der Diminutivbildung Die Diminutivsuffixe gehören nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) zwar zur Wortbildung, sind ihres Erachtens aber keine prototypischen Derivationssuffixe, da sie modifizierend sind, häufig keine syntaktischen Merkmale der Basis verändern und ihre Position im Wort teilweise peripherer ist als die nicht prototypischer Flexionssuffixe (z.B. Plural, Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 398)45. 45 Auch Komparative werden als nicht prototypische Flexionssuffixe genannt. Es ist nicht völlig deutlich, warum Numerusflexion beim Nomen oder Komparativbildung beim Adjektiv nicht prototypisch sind. Die Autoren verweisen auf Dressler (1989), jedoch lassen sich auch dort keine wirklichen Gründe für diese Annahme finden: "[...] rule variation/competition is typical for DM [Derivational morphology...], but rare in IM 59 Diminutivsuffixe können autonomen Wörtern ähneln. Sie verletzen oft die Restriktion der einheitlichen Basis und sind produktiver als die meisten anderen Derivationsaffixe. Die Veränderung der semantischen Bedeutung der Basis sei, wenn überhaupt, nur gering. Deshalb überwiege die pragmatische Bedeutung nicht lexikalisierter Diminutive meist über deren semantische Bedeutung. Da die Diminutivbildungen tendenziell Laut-Ikonizität involvierten (hoher Palatalvokal oder Palatalisierung)46, sehen Dressler/Merlini Barbaresi (1994) innerhalb einer natürlichen Morphologie die Semantik der Diminutive als grundlegender an als deren Pragmatik, obwohl diese ihres Erachtens wichtiger ist. Das Merkmal [nicht ernsthaft] sei eine natürliche Bedeutungsextension von [klein], und dadurch könne Lautikonismus auch auf die Ableitung [nicht ernsthaft] angewendet werden. Erwachsene behandelten kleine Kinder nicht als ernsthafte Interlokuteure und definierten somit eine kindzentrierte Sprechsituation als [nicht ernsthaft]. Das einzige Augmentativsuffix -one habe als Hauptgegenspieler unter den verschiedenen Diminutivsuffixen -ino, das ikonischste Diminutivsuffix (Vokal /i/ + konsonantisches Phonem /n/ wie -one). Diese phonologische Ähnlichkeit könne als ikonische Reflexion ihrer engen Bedeutungsrelation angesehen werden. Gegen die Annahme von Lautikonismus bei den modifizierenden Suffixen wendet sich jedoch Bauer (1996: 201f.). Diminutivsuffixe können nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) negative qualitative Bewertung mit Pejorativsuffixen teilen, aber es bestehe ein paradigmatischer Unterschied: Bei Pejorativsuffixen sei diese Bedeutungskomponente semantisch, bei Diminutivsuffixen pragmatisch (also pragmatisch konditioniert). Meines Erachtens ist es jedoch von Vorteil, davon auszugehen, dass bei den Pejorativsuffixen die qualitative Bewertung festgelegt ist, nämlich negativ, und bei Diminutiv- und Augmentativsuffixen negativ oder positiv sein kann. 1.5.2.3 Augmentative im Vergleich zu Diminutiven Rainer (1983) führt bei den intensivierenden Suffixen auch das Augmentativsuffix -one an, welches seiner Ansicht nach jedoch nur selten als Intensifikator von Ad- 46 [inflectional morphology] (with the glaring exception of plural variation in Arabic nouns [...]). But noun plural formation does not belong to prototypical IM." (Dressler 1989: 6) Diminutive präferieren ikonischen Ausdruck über morphologische Regeln, die Palatalvokale oder Palatalisierung beinhalten, d.h. Vorverschiebung und/oder Hebung von Vokalen und Konsonanten. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) liefern verschiedene Erklärungen für den Lautikonismus von [i]. Dieser Laut werde mit engem Vokaltrakt realisiert, was typischerweise zu schwächeren, kleineren, nicht bedrohlichen Wesen wie Kindern, Haustieren und kleinen Tieren gehöre. Es werden auch perzeptive Erklärungen gegeben, siehe Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 93). 60 jektiven und Adverbien auftritt (wobei benone jedoch sehr geläufig ist). Bei Nomina habe -one eine intensiv qualifizierende Funktion und sei in dieser Verwendung sehr produktiv (siehe Rainer 1983: 61). Dressler/Merlini Barbaresi (1992) halten eine Neudefinition des traditionellen Begriffs des Augmentativs aus verschiedenen Gründen für wichtig. Traditionell gelte das Augmentativ als Gegensatz zum Diminutiv (siehe Dardano 1978: 95ff.). Diese Opposition könne auf quantitativem Wert beruhen. Im Bereich der Morphopragmatik stelle man diese Opposition jedoch nicht fest. Hierbei könnten Diminutiv und Augmentativ nämlich dieselben Effekte erzielen. Zunächst können sowohl Diminutiv als auch Augmentativ eine "affektive" Haltung von Seiten des Sprechers ausdrücken. Zudem könnten sowohl das Augmentativ als auch das Diminutiv zum Ausdruck von Ironie verwendet werden. Diese Ironie könne auch im Sinne der Bescheidenheit angewendet werden, z.B. Ecco il mio volum-one, um die Kleinheit des Buches bescheiden zu unterstreichen (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1992: 58). Analog zum Diminutivum sociale finden sie auch das Augmentativ mit modalisierenden Effekten. D. h. so wie man das Diminutiv verwende, um sich beim Interlokuteur beliebt zu machen, so benutze man das Augmentativ, um sich einer Bitte zu entziehen, vgl.: A: Dammi un altro sors-ino del tuo caffè! B: Hai già preso un sors-one, mi p a r e (Dressler/Merlini Barbaresi 1992: 58) Die hier verwendete Ablehnungsstrategie ist vergleichbar mit der Beschreibung von Berretta (1984: 430): B zweifelt die Ehrlichkeit von A im Gebrauch des Diminutivs in Verbindung mit altro an, da dieser voraussetzt, dass A zuvor einen piccolo sorso erhalten hätte. B bestreitet, dass bei A eine solche Präsupposition vorliegt, und somit auch den rechtmäßigen Gebrauch des Diminutivs sorsino. Er vermeidet es, den morphopragmatischen Gebrauch zu erfassen (vgl. Dressler/Merlini Barbaresi 1989a: 243). Der Gebrauch des Augmentativs mit pragmatischen Effekten ist laut Dressler/Merlini Barbaresi (1992) ein weiteres Argument zur Ablehnung der These von Wierzbicka (1996), die den Gebrauch des Diminutivum puerile damit erklärt, dass Kinder im Allgemeinen mit Miniaturversionen der Dinge in Verbindung kommen. In Äußerungen wie z.B. Kind zu Erwachsenem: Il mio zi-one!; Erwachsener zu Kind: Il mio bimbo ha tanta fam-ona! sei der Gebrauch dieser Augmentative, wie für die Diminutive, durch die Gegenwart eines Kindes und die "affektive" Bewertung bedingt (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 58). Die Autoren untersuchen Augmentativgebrauch in denselben Sprechakten und Sprechsituationen wie den Diminutivgebrauch, da sie nicht denken, dass es bevorzugte Sprechakte oder Sprechsituationen für Augmentative gibt. Diese Hypothese sehen sie durch ihre Untersuchung bestätigt. 61 Eine Funktion der Augmentative in kindzentrierten Situationen ist nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) die spielerische Kontrastierung der Erwachsenenwelt (augmentiert) mit der Kinderwelt (Miniaturwelt). Eine zweite Funktion in kindzentrierten Situationen sei die spielerische Übertreibung in der Rede von Erwachsenen zu Kindern. In kindzentrierten Situationen könne eine negative qualitative Bewertung des Augmentativs durch den spielerischen Charakter von Übertreibung gemildert werden. Dies geschehe ebenso in tierzentrierten Situationen. Bei liebhaberzentrierten Situationen werde der Kontrast Erwachsener/Kind auf die Beziehung männlich/weiblich transponiert. In Verbindung mit anderen Sprechsituationen liegen nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Augmentativen und Diminutiven vor. Gemeinsamkeit sehen sie z.B. beim Ausdruck von Freude und Vergnügen. Beide drückten Abschwächung aus, wenn sie trotzdem auftreten würden. Im Gegensatz zu Diminutiven sollen Augmentative bei Gefühlen wie Hass und Ärger nicht ausgeschlossen sein, da sie direkter negative Haltungen vermitteln können. Trotz der oft negativen qualitativen Bewertung könnten auch Augmentative Sympathie ausdrücken. Wie bei den Diminutiven begrenzten Intimität und Familiarität den Augmentativersatz durch das Simplex. Bei Augmentativen sei ein höherer Grad an Intimität erforderlich. Formalität in Sprechsituationen sei radikaler bei der Blockierung von Augmentativen als bei der von Diminutiven. Bei Bitten werde durch Augmentative die illokutionäre Kraft47 verstärkt, aber weniger präzise als dies bei einer analytischen Paraphrase der Fall ist. Durch das Merkmal [fiktiv] bleibe immer noch Raum zur Interpretation, dass die Bitte nicht so wichtig ist. Der Gebrauch von Augmentativen in Bitten könne als negative Höflichkeitsstrategie interpretiert werden, indem der Sprecher eingesteht, dass seine Handlung gesichtsbedrohend für den Adressaten sein kann und er dies abmildert, indem er seine Bitte vordergründig als übertrieben charakterisiert. Eine Bitte mit Augmentativ-Verwendung stelle weniger Verpflichtung dar als ein Simplex. In Bitten seien Augmentative somit den Diminutiven ähnlich. Ausführlich behandeln Dressler/Merlini Barbaresi (1994) Augmentative in Einschätzungen, in denen sie eine Verstärkung des propositionalen Inhalts oder ein Abschwächen der Präzision (der Negativität der Bewertung) anzeigen. Bei Beleidigungen sehen sie die augmentative Form milder als das Simplex an. Nur sozial Gleichgestellte oder Höhergestellte könnten durch Augmentative modifizierte Beleidigungen äußern, ebenso Komplimente. Die Verpflichtung des Adressaten in Einschätzungen werde abgeschwächt, wenn die Einschätzung absurd oder über47 "Applied in the theory of speech acts to the force that an expression of some specific form will have when it is uttered. E.g. a speaker might stop someone and say 'Please, can you help me?' By virtue of its form (interrogative preceded by please) this would have t h e illocutionary force of a request for assistance." (http://www.xrefer.com) 62 trieben scheint. Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 464ff.) gehen des Weiteren auf Augmentative in weiteren Sprechakten ein wie u.a. Interjektionen, Entschuldigungen, Versprechen, Drohungen, Angeboten. Die Funktion des "Overstatement" wird von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) in verschiedene Typen unterteilt: Übertreibung, Prahlen, Bescheidenheit bei Selbsterniedrigung. Ironie werde oft durch Übertreibung signalisiert. Dressler/Merlini Barbaresi (1992) merken an, dass die zur Morphopragmatik gehörigen morphologischen Regeln nur teilweise mit der Kategorie der Modifikativa übereinstimmen, denen Scalise (1984: 131ff.) einen eigenen Status außerhalb der Derivationsund der Flexionsregeln zuschreibt. Die Morphopragmatik bestätige also die Klassifikation von Scalise (1984) auf Inhaltsebene nicht. Auch Augmentativsuffixe werden laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) auf den gesamten Sprechakt angewandt. Es gebe keine augmentativen Verben, kaum Adverbien, und es bestünden mehr lexikalische Restriktionen bei Adjektiven und Nomina als bei Diminutiven. Auf dieser pragmatischen Gleichheit basieren sie die Etablierung des Paradigmas der Modifikativa. Die Diminutive und Augmentative sind ihrer Auffassung nach innerhalb der Modifikativa durch den Mangel einer konstanten qualitativen Bewertung gekennzeichnet, ebenso durch ihre semantische Polarität bei den quantitativen Dimensionen [groß] vs. [klein], was sie von den Pejorativen unterscheidet. Innerhalb dieser quantitativen Polarität sehen sie Diminutive und Augmentative als antonym an. Aber nicht alle pragmatischen Unterschiede beruhten auf den Merkmalen [klein] bzw. [groß], da bei Augmentativen dieses Merkmal viel mehr Bedeutung habe als bei Diminutiven. Deshalb werde bei Diminutiven ein rein pragmatisches Merkmal [nicht ernsthaft] mit dem weniger bedeutenden semantischen Merkmal [klein] kombiniert, was bei Augmentativen so nicht möglich sei. Diese höhere Bedeutung sei verantwortlich dafür, dass stabilere qualitative Bewertungen oder Default-Bewertungen bei Augmentativen als bei Diminutiven bestünden. Die Gefahr der Fehlinterpretation als antagonistisch oder negativ bewertet mache den Gebrauch der Augmentative risikoreicher als den der Diminutive. Als Präventivmaßnahme gebrauchten Sprecher Augmentative tendenziell vorsichtiger als Diminutive und restringierten sie strenger auf intime und spielerische Sprechsituationen und Sprechakte. Eine wichtige pragmatische Qualifikation von Diminutiven sei ihre Adäquatheit für kindzentrierte u.ä. Sprechsituationen, was bei Augmentativen nicht der Fall sei. In früheren Sprachstufen kann dieser Unterschied laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) direkt von semantischen und pragmatischen Unterschieden zwischen Diminutiven und Augmentativen deriviert worden sein, aber im heutigen Italienisch scheinen diese Sprechaktbegrenzungen relativ autonom zu sein. Augmentative treten laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) im 63 Italienischen weitaus seltener auf als Diminutive. Dadurch seien sie markierter als Diminutive. Dies stehe im Gegensatz zur allgemein semantisch markierten Relation von 'groß' und 'klein', 'positiv' und 'negativ'. Bei Augmentativen kombiniere sich [fiktiv] mit [groß] und erzeuge somit ein Element der Übertreibung, welches grundlegend für die pragmatische Nutzung der Augmentative sei. Im Gegensatz zu Diminutiven bleibe das Merkmal [groß] immer relevant: *il mio piccolo tesorone (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 439). Bei Augmentativen finden sie kein Gegenstück des pragmatischen Merkmals [nicht ernsthaft] der Diminutive. Da die Markiertheit zwischen Intensivierung und Abschwächung umgekehrt ist zur Markiertheit bei Augmentativ/Diminutiv, kann Intensivierung ihrer Auffassung nach nicht die Hauptbedeutung von Augmentativen sein. Wie alle Modifikativa trügen Augmentative jedoch das Merkmal [fiktiv], um einen Übergang von der realen in die imaginäre Welt anzuzeigen. Der Sprecher suspendiere die Normen der realen Welt und lasse die Normen seiner Bewertung nach oben "shiften". Die transparente Präsenz des Merkmals [groß] zeige an, dass diese Aufwärtsbewegung der Normen mit einer Aufwärtsbewegung in der realen Welt korrespondiert. Bei Diminutiven sei das Merkmal [klein] hingegen häufig opak. Trotz der Begrenzung durch das transparente Merkmal [groß] sei es immer noch Fiktivität, welche die Pragmatik der Augmentative charakterisiere. Durch diese Fiktivität könnten Diminutive und Augmentative dieselbe Wirkung haben. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) erwähnen verschiedene textuelle Funktionen des Augmentativsuffixes -one. Literarische Genres, die Diminutivgebrauch favorisieren, würden durch eine hohe Konzentration von Diminutiven charakterisiert. Bei Augmentativen hingegen lägen persönliche Stile einzelner Autoren vor. Augmentative können vorzugsweise einem speziellen fiktiven Charakter eines literarischen Werkes zugeschrieben werden und somit zur Schaffung einer Isotopie für diesen Charakter beitragen (z.B. wird Prinz Salina in Lampedusas "Gattopardo" 1958 mit principone beschrieben; siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 481f.). Im Folgenden sollen Beobachtungen zu den Kopfeigenschaften der modifizierenden Suffixe erfolgen. 1.6 Kopfeigenschaften der Modifikationssuffixe Dressler/Merlini Barbaresi (1994) und Merlini Barbaresi (2004a) führen zwei Kopfeigenschaften der Modifikationssuffixe an, die zumindest für Diminutive und Augmentative kennzeichnend sind: 1. Sie können die Flexionsklasse ändern (alle 64 Derivate gehören entweder der o- oder der a-Deklination an)48. Die Diminutivbildung ist also transparent bezüglich der Kategorie des Genus, aber nicht hinsichtlich des morphologischen Ausdrucks: la mano - la manina49 (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 95). 2. Viele Diminutive ändern das Genus. 1.6.1 Morphologische Modifikation und Genus des Nomens Stefanini (1980) beschäftigt sich mit Genuswechsel; es geht ihm um modifizierende Funktion im Sinne von 'kleiner' vs. 'größer' durch Genuswechsel bei lexikalischen Paaren, die formal und semantisch demselben Paradigma angehören. Der Genuswechsel betrifft laut Stefanini (1980: 46) auch die Modifikativa, die neue Elemente zum Paradigma hinzufügen. Von der einfachen Opposition wie bei tavolo tavola, komme man zur komplexeren Beziehung von finestrone - finestra finestrino. Bei Augmentativen (oder Genuswechsel ohne modifizierendes Suffix mit augmentierendem Effekt) und Diminutiven (oder Genuswechsel ohne modifizierendes Suffix mit diminuierendem Effekt) könne der Genuswechsel von Feminin zu Maskulin erfolgen. Nur beim Diminutiv finde auch ein Genuswechsel von Maskulin zu Feminin statt (palazzo - palazzina) (vgl. Stefanini 1980: 47). Nach Stefanini tendiert der Mensch nicht nur dazu, seine eigene anatomische Struktur auf Objekte und die ihn umgebende Welt zu projizieren, sondern er assoziiert auch die Realität mit den Beziehungen, auf denen der Familienkern oder der Reproduktionszyklus der Tiere beruht. Diese Archetypen stellt er in zwei Ikonen dar. In der ersten Ikone sieht Stefanini (1980) die ideale Nachbildung eines Paares: ein Mann auf der Höhe seiner physischen Kraft und eine jüngere, zierliche Frau. Er unterscheidet zwischen folgenden Ableitungsbeziehungen: 1.a. Maskulin von Feminin (maskulines Augmentativ) und 1.b. Feminin von Maskulin (feminines Diminutiv). Durch den Genuswechsel würden maskuline Attribute gelöscht (1.b.) oder verliehen (1.a.). In dieser Ikone sei Maskulin augmentativ und Feminin diminutiv. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) erwähnen als "Klischee" bei Augmentativen das positiv bewertete Bild des großen, beschützenden Mannes mit Attributen der Stärke. Aus der ersten Ikone von Stefanini (1980) ergeben sich nun sprachliche Konsequenzen, die im Folgenden dargestellt werden sollen: 48 49 Lediglich das Suffix -one kann auch Derivate der e-Deklination bilden. Lloret/Viaplana (1997) zeigen interessante Diminutivbildungen im Spanischen, bei Maskulina wie mapa, poeta die auch im Diminutiv auf -a auslauten mapita, poetita. B e i Feminina auf -o scheinen zwei Klassen zu bestehen, 1. soprano - sopranito, modelo modelito und 2. mano - man(ec)ita, radio - radiecita. 65 [A] [A1] [A2] [A3] caprone caprone capro ← capro ← capra capra → → capretta capretta Aus Stefanini (1980: 64) Mit A, A1 , A2 , A3 bezeichnet Stefanini Modelle, die ein Wortpaar enthalten, welches sich hinsichtlich Genus und (außer im Modell A) Präsenz eines modifizierenden Suffixes (bzw. zwei bei A3 ) unterscheiden. Modifizierende Suffigierung trete nur in den Modellen A1 , A2 , A3 auf. Mit → bzw. ← wird die Ableitungsrichtung gekennzeichnet. Zwischen den einzelnen Feldern bestehe eine reziproke Distanz, die vermutlich als Größenunterschied aufzufassen ist. Die genaue Interpretation des Modells bleibt jedoch unklar. Die zweite Ikone beruht laut Stefanini (1980) auf Feminin augmentativ und Maskulin diminutiv. Im Zentrum dieser Ikone stehe die "Mutter-Sohn-Relation". Es werde zwischen folgenden Ableitungsbeziehungen unterschieden: 2.a. "weibliches Zuchttier" von anderen Vertretern der Spezies (feminines Augmentativ) und 2.b. ein typischer Repräsentant der häuslichen Spezies (jung, nicht oder kaum geschlechtsreif) vom weiblichen Zuchttier (maskulines Diminutiv). Durch den Genuswechsel werden feminine Attribute (2.b.) gelöscht oder verliehen (2.a.). [B] conigliola → conigliolino [B1] conigliola conigliolo ← Aus Stefanini (1980: 69) Stefanini (1980) nimmt ein "neutrales" Diminutiv an, da innerhalb dieser Ikone das Jungtier noch nicht geschlechtsreif sei und auch feminine Jungtiere mit maskulinem Derivat bezeichnet würden. Insgesamt werden genannt: feminines Augmentativ (immer ohne modifizierendes Suffix), feminines Diminutiv (ohne/mit modifizierendem Suffix), maskulines Augmentativ (ohne/mit modifizierendem Suffix) und "neutrales" Diminutiv (ohne/mit modifizierendem Suffix). Des Weiteren gibt Stefanini (1980) zwei Paradigmen der metaphorischen Ausbreitung für die zwei Ikonen an (im Zentrum des ersten Paradigmas steht eine feminine Basis, im zweiten eine maskuline Basis): (x) (y) CASONE ← (casona)  CASA  (casina) → CASINO  (palazzone)  PALAZZO  (palazzino) → PALAZZINA ↓ Aus Stefanini (1980: 71) Aufgrund der Zwischenposition des Femininum (klein bezüglich Mann, groß bezüglich Kinder) könne bei einer femininen Basis ein maskulines Augmentativ und ein maskulines Diminutiv auftreten. Das System (x) bestehe aus einer Kombination der komplementären Modelle A und B (Ikonen). (y) hingegen sei defektiv. 66 Bei einer maskulinen Basis sei nur ein Diminutiv mit Genuswechsel möglich (A2 ), jedoch kein Augmentativ. Hier sei nur das Modell B1 verfügbar. Die maskulinen oder femininen Attribute sind nach Stefanini (1980) hauptsächlich Relationen der Größe. Das grammatische Femininum bringe eine Reihe femininer "Konnotationen" mit sich, und zwar in physischer, psychologischer und kultureller Hinsicht. Eine feminine Form, die einer maskulinen gegenüberstehe, könne also, allein oder mit Hilfe eines adäquaten Suffixes, ein Diminutiv oder ein Augmentativ bezeichnen, je nachdem, auf welche Ikone Bezug genommen werde. 1.6.1.1 Diminutivsuffixe und Genus des Nomens Bezüglich des Genus der Derivate nimmt Schwarze (1988/1995) an, dass sie typischerweise das Genus der Basis übernehmen und somit der a- oder der o-Deklination angehören. Er erwähnt Genuswechsel nur bei lexikalisierten Derivaten. Im Unterschied zu den deutschen Diminutivsuffixen -chen und -lein legen die italienischen Diminutivsuffixe das Genus des Derivats nicht fest. Andere Autoren haben bezüglich des Genus des Derivats eine von Schwarze abweichende Theorie. Brunet (1991) unterscheidet bei -ino vier Fälle des Genuswechsels: 1. 2. 3. 4. Eine feminine Basis hat ein feminines und ein maskulines Derivat. Das Maskulinum ist hierbei normalerweise das Kleinere und oft das Kosendere. Das Suffix wählt Basen, die bereits zwei Genera besitzen. Es gibt dann ein maskulines und ein feminines Derivat, wobei die maskulinen Formen überwiegen. Eine feminine Basis besitzt nur ein maskulines Derivat. Wörter auf -o mit Plural -i und -a haben nur noch -i Plural (es gibt jedoch Ausnahmen). Dressler/Merlini Barbaresi (1994) und Merlini Barbaresi (2004a) erwähnen, dass viele Diminutivsuffixe das Genus verändern. Fast immer verlaufe dies in Richtung von femininer Basis zu maskulinem Derivat. Als Gegenbeispiel erwähnen die Autoren jedoch selbst carro - carretta, sigaro - sigaretta (lexikalisiert) (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 95). Viele, aber nicht alle dieser Derivate seien lexikalisiert. Sie vermuten hier eine Neutralisierung des Genus, da Genuswechsel bei Diminutiven nur in die Richtung des unmarkierten maskulinen Genus gehe, z.B. donnino, panciotto (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 95f.; Stefanini 1980 vertritt hierbei eine andere Auffassung, siehe oben). Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 95) nehmen an, dass bei Paaren wie faccina - faccino tendenziell faccino lexikalisiert werde. Maiden (1995) erwähnt eine Korrelation zwischen Genus und Größe bei maskulinen Diminutiven, die von femininen Basen abgeleitet sind, 67 zeigt dies allerdings nur durch Beispiele. Auch Napoli/Reynolds (1995: 156) erwähnen, dass modifizierende Suffixe das Genus des Derivats verändern können. 1.6.1.2 Augmentativsuffixe und Genus des Nomens Bezüglich des Genuswechsels bei dem Augmentativsuffix -one erwähnt Serianni (1988: 551) feminine Basen mit Genuswechsel, z.B. barca - barcone. Schwarze (1988/1995) führt an, dass bei männlicher Basis das Derivat ein maskulines Nomen der e-Deklination ist. Bei weiblicher Basis könne entweder ein Maskulinum der e-Deklination oder ein Femininum der a-Deklination entstehen. Bei Derivaten mit Genuswechsel sieht Schwarze (1995: 516) eine deutliche "affektive" Bewertung, z.B. donnone. Brunet (1991) erwähnt, dass bei typisch femininer Basis ein Genuswechsel oft pejorative Wirkung hat. Bei nicht belebten Basen seien feminines und maskulines Augmentativ meist gleich bedeutend, das maskuline Augmentativ trete jedoch häufiger auf. Das Augmentativsuffix hat laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) mehr Kopfeigenschaften als die Diminutivsuffixe. Obwohl es die feminine Form -ona gebe, könne maskulin -one auch auf feminine Basen angewandt werden. Die maskuline Form sei meist negativer bewertet. Nicht immer liegt nach Merlini Barbaresi (2004a) bei Genuswechsel eine Lexikalisierung vor.50 Laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) erfolgt, wie bei Diminutiven, Genuswechsel nur in Richtung Maskulin (vgl. Stefanini 1980), z.B. sind bei Dante alle Augmentative femininer Basen maskulin (siehe Baldelli 1978: 484). Auch laut Grandi (2001, 2003) überwiegt maskulines Genus bei den Augmentativen: Una prima analisi dei dati rivela che il legame tra gli accrescitivi ed il maschile ha una rilevanza statistica notevole: in italiano, ad esempio, circa il 95 % degli accrescitivi ha i l genere maschile, anche se la base è femminile; la forma -o n a è di introduzione relativamente recente ed ha una diffusione davvero limitata. (Grandi 2001: 33) Nach Grandi (2001) liegt dieser Zusammenhang zwischen Augmentativ und maskulinem Genus in der ursprünglichen Funktion vieler Augmentativsuffixe begründet: der Bildung von Nomina zur Bezeichnung von Menschen. Questo legame non ha, dal punto di vista sincronico, alcuna trasparenza semantica, ma trova una probabile motivazione nel valore originario dei suffissi coinvolti: questi ultimi, come si è visto, venivano principalmente impiegati nella formazione di nomi animati umani. (Grandi 2001: 37) Mutz (2000: 85) sieht den Zusammenhang zwischen Augmentativ -one und maskulinem Genus darin begründet, dass -one als Nominalsuffix im Lateinischen maskuline Derivate bildete. 50 In Merlini Barbaresi (2004a: 274) finden sich beispielsweise il monetone = la monetona und il tappone = la tappona. 68 Die Eigenschaft von -one, ebenfalls genustransparent zu sein, also das feminine Genus der Basis im Derivat nicht zu ändern, wäre dann als ein Analogiephänomen zu verstehen, d.h. -one hat sich an das Verhalten der anderen Modifikationssuffixe im Paradigma angepaßt. (Mutz 2000: 85) 1.7 Kombinierbarkeit der Modifikationssuffixe Im Folgenden möchte ich auf das Phänomen der Suffixhäufung oder Kumulation eingehen. Meist wird eine Suffixhäufung bei dem Suffix angeführt, welches als das grundlegende angesehen wird. Brunet (1991) führt dies jeweils beim ersten Suffix an. Mutz (2000: 88) nennt die folgenden "modifizierenden Merkmale", die zusammen auftreten können. Unklar ist, weshalb [groß] sich nicht mit [gut] verbinden kann. Zudem ist es sicher als Generalisierung zu verstehen, dass ein Suffix nur die Bedeutung [gut] vermitteln soll. klein groß gut schlecht klein √ groß gut √ √ √ √ schlecht √ √ √ √ √ Nach Mutz (2000: 89) 1.7.1 -etto /-ino Laut Dardano (1978; 1991) und Dardano/Trifone (1991) tritt beim Suffix -ino am häufigsten eine Suffixkumulation auf. Schwarze (1988/1995) stellt fest, dass -etto und -ino anscheinend miteinander auftreten können, und zwar prinzipiell in beiden möglichen Reihenfolgen. Diese Bildungen beruhten aber nicht auf einer Regel, die die beiden Suffixe beliebig an eine Basis anfüge, sondern darauf, dass die Diminutivregel auf ein bereits lexikalisiertes Diminutiv angewandt werde. Eine freie Kombination der beiden Suffixe schließt er aus. Schon Lepschy/Lepschy (1986) erwähnen, mit Beispielen belegt, Suffixhäufung und merken an, dass hier keine freie Kombinierbarkeit vorliegt. Tekavciç (1980) und Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sehen jedoch freie Kombinierbarkeit bei z.B. tazzettina - tazzinetta. Auch bei der Kombination Diminutiv und Pejorativ sehen sie freie Kombinierbarkeit, z.B. bestiaccina - bestiolinaccia (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 100). Diese freie Reihenfolge widerspreche der üblichen Annahme fester Morphemordnung. Gemäß Merlini Barbaresi (2004a) steht das Suffix –ino bei Kombination mit anderen Suffixen jedoch bevorzugterweise in Endposition. Tekavciç (1980: 95) nennt verschiedene Kombinationen mit -ino (hierbei treten auch Elemente auf, die von anderen Autoren als Interfixe bzw. Suffixvarianten betrachtet werden): 69 -icino in fiumicino; -cino in bastoncino (als synkopierte Form von -icino); -olino in magrolino; -uccino in fettucine; -ellino in centellino. Brunet (1991), die Suffixhäufungen beim jeweils ersten Suffix anführt, erwähnt als mögliche Kombinationen: -ettello, -ettino (negativ oder positiv bewertet, aber immer diminutiv), -ettone, -ettuccio (selten) sowie -inello (seltener als -ellino), -inetto (hier ist -ettino häufiger), -inicchio (selten), -inino und -inone (augmentativ). 1.7.2 -ello Tekavciç (1980) führt bei -ello folgende Kombinationen an (auch hier treten Interfixe u.Ä. auf): -erello in pazzerello, canterellare; -itello in campitello, -icello in campicello; die synkopierte Form -cello trete nach /n/ auf in bastoncello, informazioncella; -olello in filulella (apulisch) (siehe Tekavciç 1980: 93f.). Brunet (1991) erwähnt -ellino, -elluccio sowie -arellino, -erellino. Costa (1997) nennt -ellone. 1.7.3 -atto/-otto Beide Suffixe -atto und -otto gehen laut Tekavciç (1980: 98) Kumulationen ein, wie in febbriciattola, viottolo. Calboli/Moroni (1989: 492) erwähnen diesbezüglich giovanottino, salsiciottino. Brunet (1991) nennt -ottello, das ihres Erachtens verniedlichende Bedeutung hat, wie z.B. bei grassottella. Bei der Kombination -ottolo sei der Kontext wichtig; es könne eine pejorative Nuance auftreten. Bei der Kombination -ottone liege eine gegenseitige Beeinflussung beider Suffixe vor. 1.7.4 Sonstige Diminutivsuffixe Auch bei -uccio tritt laut Tekavciç (1980: 100) Suffixhäufung auf. Gemäß Brunet (1991) ist die Verbindung -uccino, als doppeltes Diminutiv, selten. Dardano (1988: 58) erwähnt, dass bei vielen Fällen der Suffixhäufung die Zwischenformen nicht gebräuchlich sind oder nicht existieren: orsacchio zu orsacchiotto sei selten, libriciatto zu libriciattolo gebe es nicht. Brunet (1991) nennt -oletto/-uoletto als sehr positiv bewertetes Diminutiv. In ihren Beispielen treten fast nur Personennamen oder Tiere als Basen auf. Die Suffixe -olino/-uolino seien verbreiteter als –oletto, aber -olone trete nur bei einem Beispiel auf. Brunet (1991) nennt zudem -icci(u)olo als diminutiv, jedoch fast immer negativ bewertet. Sie erwähnt, dass es Autoren gibt, die nur -icciolo verwenden. Dies seien v.a. zeitgenössische norditalienische oder toskanische Autoren. Vor allem Autoren des letzten Jahrhunderts oder süditalienische Autoren verwendeten hingegen nur -icciuolo. Dardano (1988, 1991) sowie Darda70 no/Trifone (1991) betrachten auch -olo, das meist in Kombination mit einem anderen Suffix auftrete, wie in nomignolo, mediconzolo (pejorativ). Die Verbindung -icciattolo habe diminutiv-pejorativen Wert, z.B. in febbriciattola (siehe Dardano 1978: 103). Auch bei -olo gebe es Kombinationen: -er-+-uolo: museruola (allerdings liegt hier kein Modifikativ vor), punteruolo (ebenfalls keines) und -iccio +-(u)olo: muricci(u)olo, stradicci(u)ola (siehe Tekavciç 1980: 97). 1.7.5 -one Bei der Suffixkumulation führen Dardano (1978, 1988, 1991) und Dardano/Trifone (1991) Beispiele an wie omaccione, porcaccione (siehe Dardano 1978: 104). Ferner erwähnt Brunet (1991) Formen wie -oncello, -oncino. Die rekursive Augmentation drückt laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 431ff.) einen extremen oder übertriebenen Grad der quantitativen Bewertung aus. 1.7.6 -acchio/-icchio Laut Dardano (1978: 104) tritt dieses Suffix fast nur in Suffixkumulation und mit ironischer "Konnotation" auf, wie in fratacchione, volpacchione, furbacchione (siehe Dardano 1978: 104). Musarra (1983) erwähnt -acchio und -icchio als kaum noch produktive Augmentativsuffixe. Brunet (1991) nennt Suffixhäufung bei -acchietto, -acchi(u)olo, -acchione und -acchiotto. Grimaldi (1991) sieht –acchione als Augmentativsuffix, das pejorativen Wert in ironischem Sinne ausdrückt. 1.7.7 -accio Brunet (1991) erwähnt als Suffixkumulation mit -accio die Verbindung -accino als selten und -accione als häufiger auftretend. Costa (1997) nennt omaccione, sporcaccione, ricconaccio. 1.7.8 Sonderfälle Dressler/Merlini Barbaresi (1994) gehen auf zwei Sonderfälle bei den modifizierenden Suffixen ein, die allerdings fast nur bei -ino auftreten. Der erste Sonderfall besteht ihres Erachtens in der rekursiven Anfügung ein und desselben modifizierenden Suffixes an dieselbe Basis (dies könne sowohl wurzelbasiert als auch wortbasiert geschehen). Sie gehen auf Formen wie guf-ino-ino-ino (guf-ini-ini-ini Plural) ein, die von ihren Informanten akzeptiert wurden (siehe Dressler/Merlini 71 Barbaresi 1994: 99). Das erste Suffix ist ihres Erachtens wurzelbasiert und die zwei nachfolgenden haben das flektierte Wort als Basis. Außer -ino könne nur bei -uccio wortbasierte Rekursivität auftreten. Durch diese rekursive Suffigierung werde eine Intensivierung der quantitativen Bedeutung erreicht. Bei wurzelbasierter Rekursivität könne quantitative oder qualitative Intensivierung auftreten. Im Gegensatz dazu sei bei rekursiver wortbasierter Diminution die qualitative Bewertung im Hintergrund, im Vordergrund stehe die Bezeichnung von Kleinheit. Diese könne pragmatisch verwendet werden, ein rein pragmatischer Gebrauch scheine jedoch ausgeschlossen. Eine Suffixkumulation bei wurzelbasierter Derivation desselben Suffixes tritt laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 100) selten und nur bei -ino auf, z.B. panciottinino. Die Kumulation der Suffixe (und somit Wiederholung der Bedeutung) mit verschiedenen Diminutivsuffixen ist ihrer Ansicht nach häufig. Die rekursive Anfügung ein und desselben Suffixes schließt Mutz (2000: 88) völlig aus. Im LIP FB16 findet sich jedoch pochinino wo eindeutig zweimal dasselbe Suffix auftritt. Einen weiteren Sonderfall sehen Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 102) in der Erlangung des Wortstatus von Diminutivsuffixen in der Umgangssprache (auch Lepschy/Lepschy 1986 erwähnen dies): un poderino proprio ino, questo vino è proprio uccio, questo è proprio one. Diese Formen treten wie Adjektive auf: è proprio ino/a. Wortstatus können nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nur -ino, -one und -uccio erlangen. Auch hier können "Suffix"häufungen auftreten. Bei -one sei auch eine wortbasierte, rekursive Suffigierung möglich, wie in fettona-ona-ona. 1.8 Restriktionen Im Folgenden soll auf Restriktionen eingegangen werden, die sich in der Literatur finden. Einzelne Bereiche werden erst in Kapitel 5 betrachtet, da sie im Zusammenhang mit der eigenen Untersuchung stehen. Lautliche Restriktionen, die in der Literatur angeführt werden, werden in den Abschnitten 5.1ff. unter Miteinbeziehung des Arbeitskorpus näher diskutiert. Morphologische Restriktionen aus der Literatur werden in den Abschnitten 5.2ff. näher betrachtet. 1.8.1 Semantische Restriktionen Innerhalb seiner Arbeit über italienische Qualitätsnomina nennt Rainer (1989) die morphologische Modifikation als semantische Restriktion bei der Bildung deadjektivischer Abstrakta. Rainer (1989) zeigt, dass eine Bildung von Qualitätsnomina nicht möglich ist, wenn ein modifiziertes Adjektiv als Basis vorliegt. 72 Rainer (1990) beschäftigt sich mit der Frage, warum echte Massennomina keine Diminutive haben können (un burrino aber *del burrino, vgl. Rainer 1990: 210). Eigentlich müsste eine Bildung Massennomen X+Diminutivsuffix eine geringere Masse an X bezeichnen. Bisher wurde nach Rainer (1990) hierfür immer das Merkmal [konkret] angeführt. Andererseits könnten Nomina, die Abstrakta bezeichnen, Diminutive bilden (cerimonietta, caratterino), was zeige, dass eine Restriktion auf konkrete Basen nicht richtig sei. Was Massennomina und Abstrakta gemeinsam haben, sei die "Begrenztheit" und zwar bezüglich des Raums, der Zeit oder in irgendeiner abstrakten Art. Die Bestätigung der Restriktion bezüglich des Merkmals [begrenzt] wird anhand des Beispiels una visitina al museo [+begrenzt] und *la visitina del museo [-begrenzt] begründet (siehe Rainer 1990: 211). Durch die Restriktion auf begrenzte (vermutlich zu interpretieren als zählbare) Basen werde die Zahl der möglichen Basen für eine Diminution merklich eingeschränkt und dadurch werde die traditionelle Unterscheidung konkret/abstrakt, derer sich viele Autoren (z.B. Sigg 1954) bedienen, überflüssig. Diese Idee wird in 5.3 näher untersucht. Rainer (1990) postuliert als Restriktion für Diminutivbildung also begrenzte Nomina. Gegenbeispiele von Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 125) bei nichtzählbaren Nomina sind z.B. piombino, venticello. Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich bei beiden Gegenbeispielen um umkategorisierte, zählbare Formen handelt (il tuo bel piombino und ma non un venticello, siehe näher hierzu 5.3). Laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) besteht die Möglichkeit der Suffigierung unzählbarer Formen jedoch nur unter speziellen pragmatischen Bedingungen. Die Restriktion auf zählbare Nomina sei lediglich eine Default-Restriktion. Stefanescu (1992) hält zählbare, nicht belebte konkrete Nomina für die Kernexemplare der Nominal-Basen, die modifizierende Suffixe zulassen. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) vertreten denselben Standpunkt, nur eine Begrenzung auf das Merkmal [nicht belebt] lehnen sie ab. Sie sehen, im Gegenteil, Menschen und Tiere als gleichwertig geeignet, wenn nicht sogar als die Kernexemplare der Nominal-Basen, die modifizierende Suffixe zulassen, an, und dies aus pragmatischen Gründen, da kind-tier-liebhaberzentrierte Sprechsituationen die bevorzugten Sprechsituationen seien, in denen Diminutivbildung auftrete (siehe hierzu 1.5 und 5.4.1). Rainer (1990) erwähnt zudem eine Restriktion auf stilistischem Niveau, die für alle Diminutivsuffixe gültig sein soll. Im Bereich der Synonyme oder Quasi-Synonyme stellt er fest, dass Basen, die dem bürokratisch-wissenschaftlichen Register angehören, keine Diminution zulassen. Allerdings zeigen Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 133f.), dass es sich hierbei nicht um eine undurchbrechbare Restriktion handelt (sie nennen zahlreiche Ausnahmen, wie z.B. comitatino, catastina, dichiarazioncella). 73 1.8.1.1 Blockierung Dardano (1978, 1988) erwähnt die Blockierung, im Falle von homonymen Lexikalisierungen, als semantische Restriktion. Eine modifizierte Form ist auch laut Musarra (1983) und Serianni (1988) von der weiteren Modifikativbildung bei derselben Basis ausgeschlossen, wenn bereits eine lexikalisierte, gleich lautende Form besteht. Schwarze (1988/1995) nimmt an, dass die Verteilung der Suffixe -ino und -etto vor allem durch die Blockierung beeinflusst wird. Wenn die Derivation mit einem der Suffixe blockiert sei, sei eine semantisch analoge Derivation noch mit dem anderen Suffix möglich. Rainer (1990) führt die Blockierung durch synonyme oder homonyme Formen an. Allerdings hält er die Blockierung durch Homonyme nicht für eine normative Regel, wie dies z.B. Musarra (1983: 494) tut. In seinem Korpus gebe es Homonyme, die eine Blockierung auslösen (bagnino, cavalletto usw.), und andere, die dies nicht tun (balletto, candelletta usw.) (siehe Rainer 1990: 211). Er vertritt den Standpunkt, dass eine "Blockierungstheorie" diese Fälle vorhersagen sollte. Das Studium der synonymischen Blockierung werde sowohl durch regionale Unterschiede erschwert als auch durch eventuelle semantische Unterschiede bei den Suffixen. Viele Fälle, in denen eine Blockierung nicht auftrete, könnten durch regionale oder semantische Unterschiede erklärt werden, ebenso durch die geringe Frequenz vieler diminutiver Formen. 1.9 Lexikalisierungen Fast alle Autoren erwähnen das Phänomen der Lexikalisierung. Lexikalisierte Bildungen werden auch als falsche Modifikativa bezeichnet. Manchen Autoren dient die Zahl der Lexikalisierungen als ein Beweis für die Produktivität eines Suffixes (z.B. Dressler/Merlini Barbaresi 1994). Problematisch ist, dass oftmals lexikalisierte Formen zur Erläuterung einer Modifikativbildung herangezogen werden. Zu einer möglichen Systematisierung der lexikalisierten Bildungen siehe Stefanini (1982). Serianni (1988) unterscheidet zwischen motivierten, lexikalisierten und scheinbaren Modifikativa. Er betrachtet jedoch nur motivierte Modifikativa. Als lexikalisierte Modifikativa nennt er solche, die nicht mehr auf die Derivationsbasis zurückzuführen sind und eine eigene Bedeutung haben. Die scheinbaren Modifikativa seien mittels eines Suffixes gebildet, das lediglich homonym zu einem modifizierenden Suffix, eigentlich aber ein generisches Relationssuffix sei; er nennt z.B. manette (wird von anderen Autoren jedoch als lexikalisiertes Diminutiv betrachtet) (siehe Serianni 1988: 549). Calboli/Moroni (1989) nehmen hingegen an, 74 dass es immer möglich sei, dieselbe homophone, lexikalisierte Form auch als echtes Modifikativ zu bilden. Brunet (1991) führt an, dass bei Lexikalisierungen mehrere Grade auftreten können. Bei echten Lexikalisierungen bestünden kaum Probleme der Unterscheidung, bei solchen die manchmal als Modifikativ, manchmal als Lexikalisierung benutzt werden, könnten Probleme auftreten. Dardano (1991) erwähnt, dass Lexikalisierungen im Wörterbuch als eigener Eintrag erscheinen. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nehmen an, dass auch die Produktivität bei der Lexikalisierung eine Rolle spielt. Bei synonymen Diminutiven, wie z.B. barchina barchetta, könne eine Variante produktiver und somit transparenter sein. Transparenz sehen sie als ungünstig für Lexikalisierung (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 96). Aus diesem Grund halten sie es für wahrscheinlicher, dass bei solchen Paaren die unproduktivere Bildung lexikalisiert wird. Bezüglich der Lexikalisierung vertreten sie folgende Annahme: Zuerst erfolge quantitative Bewertung durch Suffigierung, dann qualitative, dann erst pragmatische Bedeutung (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 101). Wörter mit neuer quantitativer Bedeutung seien wahrscheinlicher für Lexikalisierung als Wörter mit neuer qualitativer Bedeutung. Bei rein pragmatischer Bedeutung sei die Speicherung im Lexikon am wenigsten wahrscheinlich, da diese Einträge mögliche Sprechakte und Sprechsituationen miteinbeziehen müssten. 1.10. Einzelne Modifikativsuffixe Es sollen an dieser Stelle Angaben aufgeführt werden, die einzelne Suffixe betreffen. Wie bereits mehrfach erwähnt, werden keine spezifischen Angaben zur diachronen Entwicklung der Suffixe gemacht. Zur Herkunft einzelner Suffixe sei verwiesen auf u.a. Tekavciç (1980) und Mutz (2000). 1.10.1. Die Diminutive Rainer (1989: 340ff.) betrachtet die italienischen Diminutive als eine Gruppe, die unter einem "Etikett" vereinigt wird, sich bei näherem Hinsehen aber als weniger homogen als vermutet erweist. Die Diminutivsuffixe haben jeweils eine eigene Distribution und unterschiedliche Produktivität. Sie besitzen seines Erachtens einen gemeinsamen semantischen Kern. Er sieht -ino und -etto als zentral, sie seien semantisch am homogensten. Die anderen Suffixe unterschieden sich deutlicher: Das Suffix -uccio könne mit positiver oder negativer Bewertung auftreten, -icci(u)olo- und -(u)olo manchmal mit negativer Bewertung, -ucolo sei immer diminutiv mit negativer Bewertung. Wenn man auf der paradigmatischen Achse keine 75 völlige Symmetrie voraussetze, so könne man laut Rainer (1989) problemlos die Suffixe auf einer ersten Ebene unter der Kategorie Diminutive erfassen, und auf einer zweiten Ebene würden dann qualitative Bewertungen, die dem einzelnen Suffix inhärent sind, eingeführt. Dardano (1978) erwähnt, dass, wie in anderen Sprachen auch, im Italienischen die Diminution der Kern der Modifikation, bezüglich Typenzahl und Häufigkeit, ist. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sehen die Diminutive als die reichste Unterklasse der Modifikativa. Sie erwähnen eine universale Präferenz für nominale Basen. Die Suffigierung von Nomina sei freier und häufiger als z.B. die von Adjektiven oder Adverbien. Es träten oft synonyme Diminutivbildungen auf. Zudem bestünden diatopische und diastratische Unterschiede in der Produktivität der Diminutivbildungsregeln. Die Diminution im Italienischen ist laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sehr viel häufiger als im Deutschen und Englischen. Ich beginne mit dem Suffix -ino, welches fast alle Autoren als das produktivste Diminutivsuffix ansehen. 1.10.1.1 -ino Im Folgenden möchte ich auf die Angaben der aufgeführten Autoren speziell zu Produktivität, Bedeutung und möglichen Basen des Suffixes -ino eingehen. Dann erfolgen Angaben zu Varianten von -ino. Zur Herkunft des Suffixes sei verwiesen auf u.a. Mazzuoli Porru (1975), Tekavciç (1980), Serianni (1988) und Mutz (2000). Das Suffix -ino ist sehr produktiv - nach Auffassung der meisten Autoren sogar das produktivste Suffix. Nach Dardano (1978, 1991) ist -ino im Vergleich mit den anderen Diminutivsuffixen am klarsten rein quantitativ. Tekavciç (1980) sieht -ino sowohl als das lebendigste und "affektivste" als auch das komplizierteste Suffix (aus diachroner Sicht). Seine große Vitalität zeige sich daran, dass es sogar an dialektale Formen von andiamo angefügt werden könne, wie z.B. gnamino (Tekavciç 1980: 91). Musarra (1983) nennt eine Korrelation zwischen der hohen Zahl an Lexikalisierungen und dem häufigen Gebrauch von -ino. Er erwähnt, dass -ino häufig im Zusammenhang mit Kindern auftrete. Dies sei natürlich, da es auch eine Gattung bilde, die durch Märchen gestützt werde. Fast alle Autoren erwähnen, dass -ino im Gespräch mit und über Kinder sehr oft auftrete, bzw. präferiert werde. Nach Serianni (1988) ist -ino vielleicht das Diminutivsuffix per se. Mit -ino trete häufig auch eine Suffixhäufung auf (siehe 1.7). Dardano (1988) führt an, dass das ursprüngliche Adjektivsuffix -INUS im Italienischen weiterhin relationale Bezeichnung ausdrückt (alpino), aber auch neue Funktionen hinzugewinnt, z.B. ethnisch (fiorentino), diminutiv (ragazzino), Nomen agentis/actionis (postino, 76 frullino) (siehe Dardano 1988: 53). Dressler/Merlini Barbaresi (1994) begründen die Annahme von -ino als produktivstes Diminutivsuffix mit der großen Distributionsfreiheit, der Zahl an Neologismen und der Gebrauchsfrequenz. Außerdem erlauben fast nur -ino-Bildungen rekursive Bildungen (siehe 1.7.8). Napoli/Reynolds (1995) nennen -ino bei nominalen und adjektivischen Basen. Es gebe auch verbale Bildungen mit -ino, die ihres Erachtens allerdings denominal gestützt sein könnten. Insgesamt sei -ino bei allen Wortarten produktiv. Merlini Barbaresi (2004a) sieht als mögliche Basen von –ino Nomina, Adjektive, Adverbien und Numerale. Bei Verben sei –ino jedoch fast inexistent. Merlini Barbaresi (2004a: 281) nennt interessante Fälle in denen Nomina mit –ino die Basis eines Verbs bilden: uccellinare 'catturare uccellini' gegenüber von uccellare, und als Okkasionalismus telefoninare 'mit dem Handy telefonieren' gegenüber telefonare. Ihres Erachtens steht –ino klar in Opposition zu –one, was sich durch zahlreiche Bildungen illustrieren lasse und sich sogar auf die wissenschaftliche Terminologie ausdehne, sie nennt neutrino – neutrone. Musarra (1983) unterteilt die Bildungen mit Suffix -ino in drei Derivatgruppen: 1. der quantitative Wert ist überwiegend, z.B. cittadina, 2. der qualitative Wert überwiegt, z.B. babbino, 3. der Kontext entscheidet, welcher Wert überwiegt, z.B. ricordino, pesciolino (vgl. Musarra 1983: 495). Er erwähnt, dass der Kontext alle Modifikativa beeinflusst, aber vor allem in der dritten Gruppe treten Schwankungen auf. Dass -ino auch negative Werte ausdrücken kann, erklärt er durch Beeinflussung der Bildungen mit -ino bei niedrig bewerteten Berufen wie spazzino. Dies führe zu Modifikativbildungen mit negativem Wert, wie popolino (siehe Musarra 1983: 495). Schwarze (1988/1995) nimmt an, dass -ino grundsätzlich zwei Bewertungen auf einmal bezeichnet: die Bewertung bezüglich der Größe ('klein') und bezüglich der "affektiven" Qualität ('lieb, nett, angenehm'). Eine der beiden Bewertungen könne in den Hintergrund treten, je nach dem pragmatischen Kontext, den die Basis abrufe. Laut Schwarze (1988/1995) ist -ino bei der Bildung von Adjektivmodifikativa formal und semantisch mit dem Nominalsuffix zur Diminutivbildung identisch. Die Bedeutung des Suffixes sei die relative Eigenschaft 'klein'. Das Resultat ist seines Erachtens nicht dasselbe: Wenn ein Nomen einen Gegenstand bezeichne, so bezeichne das Derivat mit -ino einen kleinen Gegenstand derselben Art. Wenn ein Adjektiv eine Eigenschaft bezeichne, so bezeichne das Derivat mit -ino hingegen dieselbe, aber in geringerem Maße gegebene Eigenschaft (siehe Schwarze 1995: 578). Diese Grundbedeutung werde allerdings immer pragmatisch modifiziert. Bei Brunet (1991) tritt -ino entweder rein diminutiv oder mit "affektiver", positiver oder negativer Komponente auf, je nach Basis oder Kontext. 77 Dardano (1978, 1991) erwähnt als Basen Bezeichnungen für Personen, Haushaltsobjekte, Nahrungsmittel, Körperteile usw. In der gesprochenen Sprache treten seines Erachtens auch Adverbien als mögliche Basen auf. Das Suffix -ino kann laut Schwarze (1988/1995) an Basen angefügt werden, die semantisch den verschiedensten Kategorien angehören, z.B. Bezeichnungen für Personen, Tiere, konkrete Gegenstände, abstrakte Gegenstände, Handlungen und Ereignisse, Vornamen (zur Bildung von Koseformen) usw. Laut Brunet (1991) werden Eigennamen oft mit -ino deriviert, auch die Bezeichnung für junge Adlige sei häufig. Sehr oft trete es bei Bezeichnung von Körperteilen, Kleidung, Einrichtung, Architektur und Dekoration, Möbeln, Objekten des täglichen Lebens auf. Viele Adjektive, oft auch Adverbien, werden mit -ino deriviert. Stefanescu (1992) sieht als Basen für Diminutive allgemein zählbare Nomina, belebte und unbelebte Nomina und manchmal menschliche Nomina usw. an. Bei den Adjektiven lägen dieselben Basen vor, allerdings existiere eine Beschränkung auf graduierbare, antonymische Adjektive. Als Varianten von -ino geben Dardano (1978, 1991), Musarra (1983) und Schwarze (1988/1995) -(i)cino und -olino an. Musarra (1983) sieht den "affektiven" Wert bei -(i)cino als sehr stark (man könnte einwenden, dass das Auftreten von -cino auf lautlichen Bedingungen beruht). Laut Schwarze (1988/1995) tritt die kürzere Form der ersten Variante -cino vor allem dann auf, wenn die Basis auf /'on/ endet. Die längere Form -icino erscheine nur noch in Lexikalisierungen. Die Variante -olino tritt laut Schwarze unsystematisch auf, ist aber noch produktiv. Brunet (1991) betrachtet -icino, das ihres Erachtens diminutiv mit positiver oder negativer qualitativer Bewertung ist, als eigenes Suffix. Napoli/Reynolds (1995) sehen -cino als ein eigenständiges Suffix an, das bei der Bildung denominaler Nomina, Adjektive und Verben auftritt. Napoli/Reynolds (1995: 164) nennen Beispiele für den Kategorienwechsel: carne - carnicino, sermo - sermocinare. Sie betonen, dass -cino auch Verbstämme bilden kann. Meines Erachtens können solche Bildungen jedoch nicht problemlos zur Modifikation gerechnet werden. Manche Autoren sehen -icino und -olino als Varianten von -ino an, andere sehen hierin eigenständige Suffixe, wieder andere sehen eine Kombination aus einem so genannten Interfix und einem modifizierenden Suffix (siehe 1.3.2.1). 1.10.1.2 -etto Nach Dardano (1978, 1991) und Dardano/Trifone (1991) besitzt -etto eine große Produktivität. Häufig träten auch Suffixkumulationen auf. Es gibt viele lexikalisierte Formen. Auch Musarra (1983) sieht -etto als sehr produktiv an. Seines Erachtens führt -etto zu einer meist quantitativen Reduktion. Er geht ausführlicher 78 auf einzelne Beispiele ein, sieht z.B. bei viaggetto die "Konnotation" piacevole anche se breve (Musarra 1983: 496). Als sehr produktiv bezeichnet er -etto bei der Modifikation von Adjektiven und Eigennamen. Auch er erwähnt zahlreiche Lexikalisierungen. Nach Schwarze (1988/1995) hat das Diminutivsuffix -etto dieselbe semantische Funktion wie -ino und verbindet sich mit Basen derselben semantischen Kategorien. Brunet (1991) sieht bei -etto starke Kontextgebundenheit. Die Herkunft des Suffixes ist nicht unumstritten. Als möglicher Ursprung wird lateinischer (z.B. von Tekavciç 1980), keltischer, germanischer, griechischer, etruskischer, sogar baskischer angenommen.51 Nach Merlini Barbaresi (2004a) ist –etto das zweithäufigste Diminutivsuffix was Produktivität und Distribution betrifft (dies bestätigt auch die in dieser Arbeit durchgeführte Analyse des Korpus LIP). Die Suffixe -ino und -etto werden einstimmig als sehr produktiv und gebräuchlich eingestuft. Im Folgenden möchte ich einen Vergleich zwischen den beiden Suffixen darstellen. 1.10.1.3 Vergleich zwischen -ino und -etto Bezüglich der Synonymie der Diminutivsuffixe behauptet Pestelli (1979: 240), dass -etto weniger Kleinheit bezeichne als -ino, ein aeroplanino müsse also kleiner sein als ein aeroplanetto. Dardano (1978) hält das Diminutivsuffix -ino für "affektiver" als die anderen Diminutivsuffixe (ebenso Rainer 1990). Es werde auch mehr im Gespräch von und mit Kindern bzw. über Kinder benutzt. Dardano (1988) erwähnt regionale Variation im Suffixgebrauch. So werden beispielsweise -etto/-ino in Süditalien nicht benutzt. Auch Serianni (1988) erwähnt, dass regionale Präferenz zu beobachten ist. In Rom werde -etto bevorzugt, in Florenz -ino. Nach Serianni (1988) kann bei den beiden Suffixen ein und dieselbe Basis zum Beispiel beide Ableitungen aufweisen oder nur eine der Bildungen. Es ist seines Erachtens konventionell und nicht regelhaft, welche Bildungen tatsächlich auftreten. Die Verteilung zwischen -ino und -etto im lexikalisierten Wortschatz beruht, auch nach Annahme von Schwarze (1988/1995), im Wesentlichen auf zufälligen Umständen der Lexikalisierungsprozesse. Die Untersuchung von Rainer (1990) basiert auf einer Befragung von vier Informanten (zwei aus dem Veneto, zwei aus der Toskana) und soll Auskunft über Akzeptabilität von 500 Nomina mit jeweiligem Diminutiv -etto und -ino geben. Regional bestätige sich, wie zuvor schon festgestellt,52 dass in der Toskana -ino, im Veneto -etto bevorzugt werde. Allerdings merkt er an, dass rein venezianische 51 52 siehe Hasselrot (1957), Serianni (1988) und Mutz (2000: 224ff.). Von z.B. Sigg (1954). 79 Formen auf -etto selten sind, rein toskanische Formen auf -ino hingegen häufiger auftreten. Rainer (1990: 207f.) kritisiert die bisherige Vorgehensweise der Forschung, in der in diesem Zusammenhang nie das Konzept der möglichen Basis oder diatopische Dimensionen miteinbezogen wurden. Laut Rainer (1990) beruht die Verteilung von -ino und -etto auf der Interaktion von formalen und semantischen Kriterien. Bei den formalen Kriterien stellt er fest, dass gewisse Endsequenzen sowohl -etto als auch -ino zulassen, andere hingegen entweder eines der Suffixe favorisieren oder ablehnen (siehe Rainer 1990: 214). Basen auf /on(e)/ bilden Diminutive nur mit -cino, ebenso manche Basen auf /on+V/ (coroncina, personcina, siehe Rainer 1990: 215). Auch die Bindung von -etto an Basen auf /j/ sei sehr stark, es gebe dabei nur wenige Ausnahmen. Die Behauptung, dass bei Basis auf –aiund –oi- immer -ino auftrete, erklärt Rainer (1990: 215) für falsch und nennt als Gegenbeispiele rasoietto und tettoietta (*rasoino und *tettoina gibt es nicht nach Rainer 1990, Alberti et al. 1991 nennen jedoch rasoino). Laut Rainer (1990) besteht eine Systemhaftigkeit durch die semantischen Konditionierungen. Er beschränkt sich lediglich auf die semantischen Restriktionen bei -ino, da er diese für leichter greifbar hält. Dieses Suffix werde bevorzugt, wenn es sich darum handelt, Objekte zu bezeichnen, die der Kinderwelt, kleinen Tieren, Frauen und v.a. ihrer Kleidung, der Küche und eventuell anderen semantischen Bereichen angehören. Betrachte man also Fälle, in denen phonetisch -etto vorliegen müsste, tatsächlich aber -ino auftrete, so gehörten diese meist einem der obengenannten Bereiche an. Aus seiner Untersuchung geht hervor, dass -etto sozusagen der Default-Fall der beiden Suffixe ist, während die Derivate auf -ino sich gut in die oben genannten semantischen Bereiche einordnen lassen. Dass -ino "affektiver" sei als -etto, lehnt Brunet (1991) ab, da beide ihres Erachtens oft austauschbar sind. Sie stellt einen Vergleich zwischen -ino und -etto an. Bei ihrer Untersuchung treten 218 Bildungen mit -etto und 223 mit -ino auf. Die Verteilung auf menschliche Wesen, Tiere, nicht belebte Basen, Adjektive und Adverbien sei in etwa gleich. Die Verteilung auf semantische Sektoren sei jedoch nicht gleich: -etto trete bei den Sektoren Wohnraum, Möbel und Objekte des täglichen Lebens auf. Beim Sektor Körperteile sei es weniger und bei Kleidung kaum vertreten. In diesen Bereichen überwiege -ino. Brunet (1991) sieht einen Grund für die Annahme eines "affektiveren" -ino darin, dass sich -ino auf die Sphäre des "ich" bezieht: Körper, Kleidung, tägliches Leben. Nach Mutz (2000) war -etto das produktivste Diminutivsuffix des Italienischen. Im 19. Jahrhundert sei jedoch -ino an dessen Stelle getreten. 80 1.10.1.4 -ello Das Suffix -ello ist nach Dardano (1978, 1991) sehr produktiv, wenn auch weniger als -ino und -etto. Die Modifikativa dieses Typs haben fast immer eine positive qualitative Bewertung. Musarra (1983: 497) sieht bei -ello die Funktion, die Bedeutung der graziösen Kleinheit, oft der Unreife, der Leichtigkeit auszudrücken. Bei menschlicher Basis sei der qualitative Wert meist positiv. Bei Adjektiven sieht er den quantitativen Wert als dominierend an, jeweils mit positiver qualitativer Bewertung. Dieser sei so betont, dass sogar negativ "konnotierte" Basen gemildert werden könnten: scioccherello. Laut Serianni (1988) dient -ello zur Bildung von denominalen oder deadjektivischen Modifikativa. Es sei vor allem im Mezzogiorno verbreitet, wo es auch in Regionalismen auftrete, in Orts- oder Personennamen. Nach Schwarze (1988/1995) konkurriert dieses Suffix semantisch mit -ino und -etto. Die hiermit gebildeten motivierten Derivate wirken leicht "bukolisch-veraltet". Seines Erachtens ist das Suffix –ello kaum noch produktiv. Es verbinde sich mit denselben semantischen Kategorien wie -ino und -etto. Nur "Handlung oder Ereignis" schienen als Derivationsbasis ausgeschlossen zu sein. Brunet (1991) sieht die Interaktion zwischen Basis und Suffix als wichtig an. Bei negativ bewerteter Basis könne -ello diese pejorative Nuance mildern oder sie gar in eine positive transformieren. Ihre Beispiele bestätigen die These von Serianni (1988), dass -ello vor allem im Süden verbreitet ist (hier in der Form -illo/-iello). Das Suffix steht nach Merlini Barbaresi (2004a) an dritter Stelle der Diminutivsuffixe was Produktivität und Distribution angeht (auch dies bestätigt die Untersuchung des LIP). Das Suffix -ello hat laut Schwarze (1988/1995) eine ähnliche Variante wie -ino: -(i)cello und -erello. Dardano gibt ebenfalls eine Variante -(i)cello an, in (1991) noch die Variante -erello. Brunet (1991) betrachtet -arello/-erello als eigene Suffixe, die jedoch zusammen aufgeführt werden müssten. Sie führt an, dass -arello eher im Süden auftrete, aber es gebe Gegenbeispiele hierzu. Der Wert sei v.a. positiv. Brunet (1991) betrachtet -icello als diminutives, meist positiv bewertetes eigenständiges Suffix (vgl. -arello/-erello siehe auch Migliorini 1976). Napoli/Reynolds (1995) sehen -cello als weniger produktives eigenständiges Suffix an. Bei Suffigierung mit -cello trete oft ein /i/ zwischen Stamm und Suffix. Wenn -ino und -ello die Allomorphe -cello und -cino hätten, wäre nicht zu erwarten, dass beide Allomorphe bei demselben Stamm auftreten, was aber der Fall ist. Die Resultate sind jedoch semantisch unterschiedlich: panno 'Tuch' - pannicello 'Lumpen' - pannello 'Paneel' - pannicino 'kleines Tuch' - pannina 'Tuchwaren' (siehe Napoli/Reynolds 1995: 163f.; Übersetzungen in Anlehnung an die Autorinnen). Sie schließen 81 hieraus, dass die jeweiligen Suffixe -cello und -cino lauten. Ihres Wissens ist –cello auch das einzige modifizierende Suffix, das sich an ein (ihrer Auffassung nach) flektiertes Nomen anfügt, wie z.B. fiumicello. Bei sbocconcellare sehen sie eine Bildung des Typs Verbstamm + modifizierendes Suffix, obwohl der Verbstamm nicht existiert (siehe Napoli/Reynolds 1995: 163f.). Bei canterellare erwähnen Napoli/Reynolds (1995: 166) die Variante cantarellare, die sie als vom Infinitiv abgeleitet betrachten. 1.10.1.5 -uccio Nach Dardano (1978, 1991) tritt -uccio, vor allem diminutiv, immer mit einer zusätzlichen, positiven oder negativen, qualitativen Wertung auf. Dardano/Trifone (1991) sehen den positiven Wert als gebräuchlicher an. Auch Musarra (1983: 497) nennt -uccio als manchmal positiv (cavalluccio, reuccio) und manchmal negativ (filmuccio) bewertet. Es trete häufig bei Adjektiven auf. Derselben Auffassung ist Serianni (1988). Auch laut Brunet (1991) ist -uccio diminutiv, positiv oder negativ, je nach Basis oder Kontext. Fast nie trete es jedoch rein diminutiv auf. Bei Vornamen besitze es fast immer einen kosenden Wert. Hauptsächlich trete es bei Nomina, selten bei Adjektiven und kaum bei Adverbien auf. Nach Tekavciç (1980) hingegen tritt eine kosende Bedeutung fast nie ohne diminutiven Wert auf. Deshalb sei das stärkste der Diminutivsuffixe auch ein Kosesuffix. Umgekehrt sei auch das einzige als reines Kosesuffix angesehene -uccio klar diminutivisch. In gewissen Fällen aber könne -uccio über die Bezeichnung der Gutmütigkeit eine pejorativ-mitleidig-ironische Nuance erhalten. Calboli/Moroni (1989) betrachten -uccio ebenfalls als Kosesuffix. Im Zusammenhang mit der Vorstellung von Kleinheit zeige es "Affekt", Freundlichkeit, Wohlwollen und Sympathie an. Zur Idee der Kleinheit könne sich auch die der Dürftigkeit/Unzulänglichkeit gesellen, und in diesem Fall bekomme das Suffix einen pejorativen Wert. Auch Napoli/Reynolds (1995) nennen -uccio als produktivstes Kosesuffix. Sie finden nur nominale und adjektivische Bildungen. Laut Schwarze (1988/1995) liegt bei diesem Suffix eine semantische Unterscheidung zu den Suffixen -ino, -ello, -etto vor. Das Suffix -uccio bezeichne die Kleinheit verbunden mit einem Mangel. Eine pejorative qualitative Bewertung könne im Kontext entstehen, trete aber nicht immer auf, z.B. im Gespräch mit Kindern oder über sie. Die Basen entstammten denselben semantischen Kategorien wie bei den anderen Diminutiven. Laut Tekavciç (1980: 100) ist -uzzo die norditalienische Variante von -uccio. Bei Verben trete nur -uzzare auf, z.B. tagliuzzare. Nach Serianni (1988) tritt in nordund süditalienischen Dialekten -uccio in der Form -uzzo auf, auch in lexikalisierten 82 Formen (auch Dardano 1978, 1991 und Calboli/Moroni 1989 nehmen diese Variante an). Musarra (1983) betrachtet -uzzo hingegen als eigenes Suffix an, da vorwiegend negative Bewertung in Verbindung mit diesem Suffix auftrete. Er sieht bei -uzzo lediglich eine geringe Produktivität. Auch laut Brunet (1991) tritt -uzzo als eigenes Suffix, mit Ausnahmen meist als Kosesuffix, auf. 1.10.1.6 -atto/-otto Nach Dardano (1978, 1991) und anderen ist -otto vor allem bei dem Typ 'Jungtier' vertreten. Wenn das Merkmal [+ menschlich] hinzutritt, liegt seines Erachtens ein neutrales Derivat vor, z.B. giovanotto, qualitativ bewertet (ohne Angabe, in welcher Hinsicht) hingegen bei contadinotto, vecchiotto. Auch mit -otto gebildete Adjektive treten nach Dardano (1978, 1991) meist mit qualitativer Bewertung auf: brunotto, grassotto. Dardano (1978: 103) erwähnt nicht belebte Diminutive mit -otto, wie z.B. candelotto und isolotto. Tekavciç (1980) vermutet, dass -atto und -otto als Parallelismus zu -etto entstanden sind.53 Im Friulanischen gebe es auch -uto. Tekavciç (1980) sieht die diminutive Bedeutung als ziemlich schwach, da die Bildung von Bezeichnungen für Jungtiere nicht Teil der Modifikation sei (Tekavciç 1980: 98). Die Adjektivbildungen bezeichneten eine abgeschwächte Eigenschaft. Die Verben seien hingegen pejorativ. Nach Musarra (1983: 498) kann -otto a) rein quantitative Funktion haben (tigrotto), b) pejorativ sein (contadinotto), oder c) augmentativ sein (anzianotto). Serianni (1988: 550) sieht -otto als Variante von -etto an. Es besitze diminutiven Wert bei der Bezeichnung von Jungtieren. In anderen Fällen besitze es allgemein mildernden Wert und entspreche einer Periphrase mit alquanto (piuttosto) + nominale/adjektivische Basis, wie z.B. vecchiotto. Es könne auch zur Bildung von Ethnika, vor allem in Norditalien, benutzt werden (Chioggia - chioggiotto). Laut Schwarze (1995: 515f.) ist -otto spezialisiert auf die Bildung der Bezeichnung von Jungtieren. Im Gegensatz zu den anderen Diminutivsuffixen sei das Genus des Derivats immer maskulin. Die Bedeutung dieses Suffixes erfahre eine systematische Übertragung zu 'kräftig, gesund, stattlich'. So könne es auch an Bezeichnungen für Menschen angefügt werden, z.B. giovanotto, vecchiotto. Hieraus könne der Eindruck entstehen, -otto sei zugleich sowohl Diminutiv- als auch Augmentativsuffix. Aber die augmentative Nuance entsteht nach Schwarze (1988/1995) nur als Konsequenz aus der Übertragung des Stereotyps junges Tier auf den Menschen. In der Tat sehen viele Autoren bei -otto einen augmentativen und diminutiven Wert. Nach Calboli/Moroni (1989) ist -otto (-atto) ein weniger ausgeprägtes 53 Mutz (2000: 226) sieht diese Sekundarität auch in ihrem Korpus belegt. 83 Diminutivsuffix als -ino, -etto, -ello; vor allem würden hiermit Jungtiere bezeichnet. Das Suffix -otto besitze zahlreiche Nuancen: giovanotto ('junger Mann'), contadinotto (Diminutiv mit pejorativer Nuance), anzianotto (Diminutiv mit ironischer Nuance), sempliciotto (Pejorativ), salsicciotto (Augmentativ), grassotto (Augmentativ) vs. grassetto (Diminutiv) (siehe Calboli/Moroni 1989: 492). Laut Brunet (1991) dienen -otto und -atto (selten) zur Bezeichnung von Jungtieren, sind diminutiv und meist kosend. Bei menschlicher Basis oder nicht belebter Basis seien sie leicht augmentativ. Bei Adjektiven trete eine scherzhafte Nuance auf. Brunet (1991) betrachtet -iciattolo, das meist diminutiv und oft mit negativer qualitativer Bewertung ist, als eigenes Suffix. Die Größenreferenz des Suffixes -otto kann laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) zwischen -ino und -one angesiedelt werden. Als Diminutiv/Augmentativ sehen Napoli/Reynolds (1995) -otto an, das sich mit nominalen, adjektivischen und verbalen Stämmen verbindet. Es füge oft augmentativen Sinn zusätzlich zum diminutiven hinzu. Sie sehen candelotto als kürzer als candela, aber dicker und untersetzter (siehe Napoli/Reynolds 1995: 164f.). Die Erkenntnis dieses dualen Effekts ist ihrer Auffassung nach neu. Mutz (2000: 31f.) sieht in -otto ein Suffix, das sich jeglicher Kategorisierung als Diminutiv- oder Augmentativsuffix im Standarditalienischen entzieht und das man nur als ein quantifizierendes Modifikationssuffix beschreiben kann, das abhängig vom Kontext, zwischen diminutiver und augmentativer Bedeutung hin- und herschwankt, [...] Aus diesem Grund ist das Suffix bei Mutz (2000) hinsichtlich beider quantitativ bewertender Merkmale unterspezifiziert. 1.10.1.7 -(u)olo Nach Dardano (1978) und Dardano/Trifone (1991: 472f.) ist -(u)olo immer diminutiv, manchmal mit pejorativer Bedeutung, wie z.B. bei faccenduola. Laut Musarra (1983) ist -(u)olo außer diminutiv meist gleichzeitig pejorativ. Brunet (1991) erwähnt bei -olo/(u)olo, dass der Kontext oder die Intention des Autors über positive oder negative Bewertung entscheidet. Sie versucht, den Gebrauch von -olo oder -uolo in Abhängigkeit zur Basis anzugeben: 1. Basen auf C, CC oder Konsonantengruppe haben -uolo. 2. Basen mit Auslautkonsonant + /j/ oder /i/ haben -olo, bei palatalisiertem Konsonant unregelmäßig mal -uolo, mal -olo. Manchmal bestehen Schwankungen bei demselben Autor. Napoli/Reynolds (1995) sehen als weniger produktives Suffix auch -olo/-olare an, das sich mit nominalen und verbalen Stämmen verbindet. Mutz (2000) vertritt hingegen den Standpunkt, dass -olo nicht mehr allein als modifizierendes Suffix im heutigen Italienischen auftreten 84 kann, sondern nur noch in Verbindung mit anderen Suffixen auftritt. Sie nennt -oletto und -olino (Mutz 2000: 17). Als Variante des Suffixes tritt nach Dardano (1978, 1991: 472f.) -icci(u)olo immer diminutiv, manchmal mit negativer qualitativer Bewertung auf, z.B. donnicci(u)ola. Brunet (1991) sieht -iccio hingegen als eigenes Suffix an, das hauptsächlich bei Adjektiven (manchmal nominalisiert) auftrete. Es habe diminutiven Wert und oft eine negative qualitative Bewertung, die bei Farben fast immer unerwünscht sei, manchmal trete ein leicht augmentativer oder kosender Wert auf. Auch Mutz (2000) nennt -iccio als autonomes Suffix, welches jedoch nur noch mit anderen modifizierenden Suffixen zu finden sei. Brunet (1991) betrachtet -icolo als eigenes, wenn auch selten auftretendes Diminutivsuffix. Sie sieht auch -occolo, welches selten zur Bezeichnung von Jungtieren auftritt, als eigenes Suffix an. 1.10.1.8 -ucolo Das Suffix -ucolo ist bei Dardano (1978) und Dardano/Trifone (1991: 472) immer mit diminutiv-pejorativem Wert belegt: maestrucolo. Es ist laut Musarra (1983: 498) sehr negativ bewertet, allerdings auch sehr ungebräuchlich. Brunet (1991) sieht -ucolo als rein pejorativ oder diminutiv-pejorativ an. Es trete sehr oft bei Personen im Gegensatz zu nicht belebter Basis auf, und hierin v.a. bei Berufsbezeichnungen. 1.10.2 Die Augmentative Augmentativbildungen tendieren nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) dazu, alle relevanten Dimensionen, zumindest per Default, zu intensivieren: alberone scheine dicker, höher und breiter zu sein als albero. In manchen Fällen setze sich eine der relevanten Dimensionen durch. Eine stanzone müsse v.a. lang sein, aber nicht hoch: uno stanzone largo ma basso aber *alto ma stretto (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 436). Im Gegensatz zu Diminutiven können Augmentative laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994) schwer von Maßbegriffen deriviert werden. Sie erwähnen jedoch den pragmatischen Effekt von chilone (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 437). Zunächst wird das Augmentativsuffix -one betrachtet, welches fast einstimmig als das produktivste Augmentativsuffix angesehen wird. 85 1.10.2.1 -one Nach Musarra (1983) ist -one entweder rein augmentativ, oder augmentativ mit positiver oder negativer qualitativer Bewertung. Als rein augmentativ nennt er calcione, bacione, ubriacone. Bei den letzten beiden Beispielen sei die positive bzw. negative Bewertung ein Teil der Basis. Als Augmentativ mit positiver Bewertung nennt er filmone, mit negativer donnone (siehe Musarra 1983: 499). Laut Serianni (1988) wird -one normalerweise als objektives Augmentativ verwendet. Er erwähnt jedoch negativ bewertete Derivate wie fascistone (Serianni 1988: 551). Schwarze (1988/1995) sieht lediglich -one als Augmentativsuffix an. Ähnlich wie bei den Diminutiven nimmt er auch hier eine häufige Verbindung der Bewertung von Größe und qualitativer Bewertung an. "Dies kann, je nach kulturellen Normen, sowohl bewundernd als auch abschätzig sein" (Schwarze 1995: 516). Brunet (1991) sieht bei -one Kontext und Basis als wichtig an, bei pejorativ bewerteter Basis werde dieser Wert durch -one verstärkt. Verbinde sich -one mit einer Basis, die sich normalerweise mit Diminutiv verbinde, werde ein lächerlicher Effekt erzielt. Oft trete Genuswechsel in Richtung Maskulin auf (siehe Brunet 1991: 181). Das Suffix -one repräsentiert bei Dressler/Merlini Barbaresi (1994) und Merlini Barbaresi (2004a) das Gegenteil und die gegenüberliegende polare Position der quantitativen Bedeutung von -ino auf der dimensionalen Skala groß klein. Die enge Verbindung zwischen -ino und -one werde v.a. deutlich bei Adhoc-Bildungen, wenn ein Gegensatz verstärkt werden soll, und eine Bildung mit -ino eine Bildung mit -one ersetze. Dardano (1978, 1988, 1991) und Dardano/Trifone (1991) sehen -one als sehr produktiv mit nominalen, adjektivischen und verbalen Basen an (ebenso Dressler/Merlini Barbaresi 1994). Musarra (1983) betrachtet -one hingegen als das produktivste Augmentativsuffix (derselben Auffassung sind Napoli/Reynolds 1995). Schwarze (1988/1995) erwähnt als Basen Bezeichnungen von Personen, Körperteilen, Tieren, Gebäuden und Gebäudeteilen sowie unbelebten Gegenständen. Augmentierte Adjektive würden oft nominalisiert und meist nominal verwendet. Auch laut Dressler/Merlini Barbaresi (1994: 432) tritt der Bildungstyp Adj > N/Adj oft auf, verde -verdone, facile - facilone (die nominale Verwendung ist ihres Erachtens häufiger als die adjektivische). Ist das Adjektiv nicht graduierbar, könne die Eigenschaft selbst nicht erhöht werden. Deshalb würden relationale Adjektive durch Augmentation immer nominal: meridionale - meridionalone (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 432). Nominalphrasen könnten ebenfalls als Basis für die Nominalbildung auftreten: buon tempo - un buontempone. Es gebe keine augmentativen Verben, aber eine Bildung V > N chiacchierone, VP > N fare nulla - 86 fannullone54. Eine Bildung wie chiacchierino trete nur auf, wenn bereits ein Augmentativ existiert (siehe Dressler/Merlini Barbaresi 1994: 432). Das Adverb bene wird laut Brunet (1991: 181) oft augmentiert. Auch Napoli/Reynolds (1995) betrachten denominale und deadjektivische Bildungen. Sie erwähnen zudem Nominalbildung aus Verbstämmen. Allerdings betrachten sie hier -ar- beim Infinitiv als Flexionsaffix und sehen einen Fall von Flexion vor Modifikation, z.B. magnarone von dialektal magnare (siehe Napoli/Reynolds 1995: 158) (dies ist in der Literatur nicht unumstritten). Nach Costa (1997: 179) und Mutz (2000: 28) kann -one nicht bei Adjektiven auftreten, im Korpus LIP finden sich jedoch colleghi vigliacconi e infamoni (LIP ME7). Ebenso schließt Costa (1997: 184) -one bei Abstrakta aus, siehe jedoch Alberti et al. (1991) z.B. ideona. Nach Mutz (2000) tritt -one nicht bei Farbadjektiven auf (in Alberti et al. 1991 finden sich giallone und verdone, allerdings ohne Beispiel, Merlini Barbaresi 2004b: 447 nennt biancone, verdone, giallone, grigione und biondone). Zur Herkunft und Entwicklung des Suffixes sei verwiesen auf u.a. Grandi (2003). 1.10.2.2 -acchio/-icchio Über den Status der Suffixe -acchio/-icchio herrscht völlige Uneinigkeit. Dardano (1978, 1991) nennt -acchio, -acchione, -acchiotto, -icchio als Augmentativsuffixe. Musarra (1983) erwähnt -acchio und -icchio als kaum produktive Augmentativsuffixe, die seines Erachtens höchstens noch in Kumulationen auftreten (ebenso Mutz 2000). Grimaldi (1991) betrachtet augmentatives -acchione, das pejorativen Wert in ironischem Sinne ausdrücke. Laut Brunet (1991) ist -acchio hingegen diminutiv oder mildernd, aber es stehe selten allein (siehe 1.7.6). Das Suffix -icchio sei meist negativ, in einem toskanischen Beispiel jedoch positiv qualitativ bewertend. Als mögliches Pejorativsuffix sehen Napoli/Reynolds (1995: 167) -acchio an, da es im Latein schon als Modifikativsuffix gebräuchlich gewesen sei und es viele korrespondierende Formen gebe. Sie erwähnen Beispiele wie verdacchio, scribacchiare. 1.10.2.3 -occio/-ozzo Laut Tekavciç (1980) kann -occio (mit Variante -ozzo) augmentativ sein, wobei dann eine Komponente der Grobheit hinzukomme. Es sei hingegen keine "affektive Konnotation" wie in saccoccia, tinozza mehr wahrzunehmen (siehe Tekavciç 54 Es besteht keine einheitliche Auffassung darüber, ob diese Bildung deverbaler Nomina zur Modifikation gehört oder nicht. Wer als Eigenschaft der Modifikation annimmt, dass kein Wechsel der syntaktischen Kategorie erfolgt, kann konsequenterweise diesen Bildungstyp nicht zur Modifikation rechnen. 87 1980: 101). Calboli/Moroni (1989: 493) sehen -occio als Augmentativsuffix, mit positiver Bewertung oder scherzhafter "Konnotation" beim Nomen, an oder als Diminutiv (fratoccio, belloccio). Nach Brunet (1991) tritt -occio, v.a. bei Adjektiven, leicht augmentativ und bezüglich der "Konnotation" sehr Kontext gebunden auf. Sie sieht -ozzo als eigenes Suffix an. 1.10.2.4 -izzo/-izzare Als mögliches Augmentativsuffix bei Adjektiven und Verben sehen Napoli/Reynolds (1995: 167) -izzare an, das schon im Latein aufgetreten sei. Italienische Beispiele sind rubizzo, aderizzare. 1.10.3 Die Pejorative 1.10.3.1 -accio Dardano (1978, 1991) sieht -accio als Augmentativ mit immer pejorativer Bedeutung an. Er erwähnt, dass beim Adjektiv meist ein abschwächender Wert vorliegt. Musarra (1983) nennt -accio sowohl bei belebten als auch bei unbelebten Basen, z.B. donnaccia, boccaccia. Als Beispiel für eine Abmilderung der Basis beim Adjektiv nennt er poveraccio (Musarra 1983: 498). Serianni (1988) betrachtet -accio als das verbreitetste Pejorativsuffix im Italienischen. Auch er erwähnt Milderung bei adjektivischer Basis. Im toskanischen Gebrauch könne die Derivation mit -accio, laut Serianni (1988: 551), auch nicht negative qualitative Bewertung besitzen und familiär-scherzhaft sein. Einzelne Modifikativa mit -accio mit nicht pejorativem Charakter seien auch außerhalb der Toskana zu finden: praticaccia = una discreta pratica. Nach Schwarze (1988/1995) ist -accio das allgemeinere Pejorativsuffix. Die mit ihm gebildeten Derivate können sich auf eine breite Skala von "Ausprägungen des Negativen" (Schwarze 1995: 517) beziehen. Als Basen treten laut Schwarze (1988/1995) auf: Bezeichnungen für Personen, Körperteile, Tiere, unbelebte Gegenstände, nicht materielle Gegenstände. Schwarze (1995: 517) widerspricht Dardano (1978-1991) und anderen, die -accio als Augmentativsuffix ansehen, da -accio auch an Basen angefügt werden könne, die lexikalisch die Komponente 'klein' enthalten, was widersprüchlich zum Augmentativsuffix wäre. Brunet (1991) erwähnt Suffixkumulation (siehe 1.7.7). Napoli/Reynolds (1995) sehen bei -accio das einzige wirklich produktive Pejorativsuffix. Es trete, wie die anderen produktiven modifizierenden Suffixe, bei Eigennamen, Nomina, Adjektiven und Verben auf. 88 Dardano (1978, 1991) nennt -azzo als Variante von -accio. Derselben Auffassung ist Musarra (1983). Laut Calboli/Moroni (1989) wird diese Variante manchmal vorgezogen, z.B. in amorazzo. Außerhalb der Toskana werde -azzo auch statt -accio verwendet, wie in librazzo (Calboli/Moroni 1989: 493). Brunet (1991) sieht -azzo nicht als Variante von -accio an. Auch Napoli/Reynolds (1995) betrachten -azzo als weniger produktives eigenes Pejorativsuffix bei nominalen und verbalen Basen. 1.10.3.2 -astro Nach Dardano (1978, 1991) und Calboli/Moroni (1989) haben Bildungen mit -astro bei Nomina pejorativen Wert, bei Adjektiven hingegen abschwächenden Wert (Calboli/Moroni 1989 sehen hier auch eine leicht pejorative Nuance). Nach Musarra (1983: 498) reduziert -astro das Konzept des Basisbegriffs, z.B. poetastro. Laut Serianni (1988) ist -astro weitaus weniger verbreitet als -accio. Es habe pejorativen Charakter, könne manchmal aber scherzhaften Charakter besitzen. Serianni (1988) erwähnt lediglich die Abschwächungsfunktion bei adjektivischer Basis. Laut Schwarze (1988/1995: 517) wird -astro auf adjektivische Basen angewendet, die Sinnesqualitäten bezeichnen. Das Derivat bezeichne dann die entsprechende unreine oder negativ bewertete Sinnesqualität: dolciastro. Bei -accio und -astro tritt laut Schwarze kein Genuswechsel auf. Nur -astro sei für Personenbezeichnungen üblich, z.B. politicastro. Die Bedeutungsnuance "so ähnlich wie x, kein richtiges x" ist seines Erachtens nur noch in Lexikalisierungen vorhanden. Brunet (1991) sieht -astro bei allen Basen pejorativ, außer bei Tiernamen, bei denen es dann das Jungtier bezeichne. Napoli/Reynolds (1995) nennen -astro als weniger produktives Pejorativsuffix bei Nomina und Adjektiven. 1.10.3.3 -ucolo/-onzolo/-uncolo/-ereccio Nach Tekavciç (1980) und Calboli/Moroni (1989) sind auch -ucolo (vgl. oben) und -onzolo pejorativ in Bildungen wie mediconzolo. Brunet (1991: 219) erwähnt -onzolo als pejorativ diminutiv sowie -uncolo in z.B. porziuncola, das meist pejorativ auftrete. Napoli/Reynolds (1995: 165f.) sehen -ucolo/-ucolare als weniger produktives Pejorativsuffix an, ebenso -ereccio. Die pejorative Bedeutung ist nach Napoli/Reynolds (1995) nicht immer vorhanden, -ereccio könne auch relational sein, z.B. spendereccio; relational: villa - villereccio. 89 1.10.4 Die Modifikation bei Verben Die Modifikation von Verben wird bei vielen Autoren getrennt von den anderen Bildungsmustern und lediglich kurz behandelt, die Suffixinventare unterscheiden sich kaum. Nach Dardano (1978, 1991), Dardano/Trifone (1991) entstehen hierbei Frequentative, Diminutive und Augmentative. Das Modifikativsuffix diene dazu, einen Aspekt des Basisverbs anzugeben: Als allgemeine Bezeichnung könnte ihres Erachtens nur Wiederholung, Nichtkontinuität bzw. Unregelmäßigkeit und Abschwächung im weiteren Sinne auftreten. Auch hier gebe es Fälle von Lexikalisierung. Lepschy/Lepschy (1986) betrachten Modifikation bei Verben. Üblicherweise entstehe eine (u.U. mehrfache) Wiederholung des betreffenden Vorgangs auf einer quantitativ oder qualitativ niedrigeren Stufe. Bei den Verben erwähnt Serianni (1988), dass man sich hier in einem Gebiet befinde, das zwischen normaler Derivation und Modifikation liege. Die Modifikation sei bei den Verben von begrenzter Produktivität. Das Suffix -ellare modifiziere auf diminutiv-frequentative Weise die durch das Verb bezeichnete Handlung, ähnlichen Wert hätten -icchiare, -acchiare und -ettare. Schwarze (1988/1995) sieht zudem die Suffixe -ucchiare, -ottare als produktive Suffixe innerhalb dieses Bildungsmusters an. Die Suffixe -acchiare, -icchiare, -ucchiare, -ottare, -(er)ellare und -ettare bildeten alle Verben, die der a-Konjugation angehören und unterscheiden sich laut Schwarze semantisch nicht. Die Bedeutung der Basis werde in dem Sinne verändert, dass das Derivat einen Vorgang bezeichne, dessen Intensität vermindert sei: dormicchiare. Bei Verben, die einen nicht durativen Vorgang bezeichnen, trete eine iterative Bedeutung hinzu, z.B. tossicchiare (siehe Schwarze 1995: 557). Diese Derivationen seien semantisch mit den Diminutivsuffixen bei der Nominalbildung verwandt, teilweise seien sie auch formal gleich. Die Suffixe -acchiare, -icchiare, -ucchiare kann man laut Schwarze als Variante desselben Suffixes mit willkürlich wechselndem Tonvokal ansehen. Nach Calboli/Moroni (1989) gibt ein modifizierendes Suffix bei Verben einen Aspekt oder eine spezielle zeitliche Dimension an, in der die Handlung abläuft, die durch das Verb bezeichnet wird. Brunet (1991) findet verbale Modifikativa mit -eggiare, -ettare, -icchiare (diminutiv pejorativ), -olare, -ozzare, -arellare/-erellare. Nach Auffassung von Grimaldi (1991) dienen die Modifikativsuffixe bei den Verben dazu, einen speziellen Modus, in dem die Handlung erfolgt, zu bezeichnen. Mayrhofer (1993) findet modifizierte Verben mit folgenden Suffixen -acchiare, -azzare, -ecchiare, -ellare, -erellare, -ettare, -icchiare, -icolare, -occhiare, -olare, -ottare, -ucchiare, -ucolare, -uzzare. 90 Napoli/Reynolds (1995) diskutieren die Frage, ob die Verbalsuffixe getrennt von den anderen betrachtet werden sollen oder nicht. Da sie die Bildung von Nomina, Adjektiven und Verben als gleich ansehen, nehmen sie nur eine Reihe von modifizierenden Suffixen an. Nach Napoli/Reynolds (1995) ist unklar, ob die Modifikation bei Verben noch produktiv ist. Auch Scalise (1995) sieht die Suffixe bei Verben als formal gleich zu denen bei Nomina, Adjektiven usw. an. Er äußert sich jedoch nicht darüber, ob diese Suffixe modifizierende Suffixe sind oder nicht. Er nennt -icchiare, -erellare und -ottare. Schafroth (1998) untersucht die Produktivität und Akzeptabilität von modifizierten Verben mit den Suffixen -icchiare, -acchiare, -ucchiare bei Gymnasiasten. Bei seinen Ergebnissen wurden viele modifizierte Verben nicht akzeptiert. Er fordert größere Korpora der gesprochenen Sprache, da das LIP kein einziges modifiziertes Verb enthalte (Schafroth 1998: 801), was jedoch nicht zutrifft. Bei der Untersuchung des Korpus wurden u.a. die modifizierten Verben brucicchiare und lavoricchiare gefunden. Mutz (2000: 29f.) begrenzt die möglichen verbalen Basen für morphologische Modifikation auf Verben, "die auf Ereignisse referieren, d.h. Phasen haben". Durch die Modifikation werde die Intensität und Aktionsart der durchs Verb bezeichneten Handlung betroffen. Bertinetto (2004) betrachtet die suffixale Modifikation innerhalb aller deverbalen Verben, da er es für zweifelhaft hält, dass die deverbalen Verben alle zur Modifikation zählen. Seines Erachtens ist die semantische Kompositionalität charakteristischer bei den modifizierten Nomina als bei den Verben. Nichtsdestotrotz lasse sich die Mehrheit der deverbalen Verben vier Haupttypen zuschreiben: 1. Diminutiv/Attenuativ, 2. Pejorativ, 3. Intensiv/"indeterminato" und 4. Iterativ (Bertinetto 2004: 470). Er nennt die nach ihrer Produktivität geordneten Suffixe –acchiare, -icchiare, -olare, -eggiare, -ucchiare, -azzare, -er-ellare, -ettare, -icare, -ecchiare, -uzzare, -acciare, -iccicare, -ignare, -izzare, -arellare, -ellare, -icchinare, -iccicare, -igginare, -inare, -occhiare, -onzolare, -ottare, -ottolare, -ucolare, -ugliare und -uzzicare. Zur Modifikation bei Verben im Spanischen (bei Partizip Perfekt, Gerundium, Infinitiv und finiten Formen) siehe De Bruyne (2001). Nach Mutz (2000: 126f.) ist im Französischen überraschenderweise die morphologische Modifikation der Verben produktiver als in den anderen romanischen Sprachen und dies im Gegensatz zur nur geringen Produktivität der nominalen und adjektivischen Modifikation. 91 1.11 Zusammenfassung Innerhalb dieses Teils der Arbeit sind verschiedenartige Sichtweisen und Studien zu den modifizierenden Suffixen zusammengefasst. Trotz der vielen Dissenspunkte bei den Autoren hoffe ich, ein relativ umfassendes Gesamtbild über verschiedene Bereiche der Modifikation gegeben zu haben. Die untersuchten Autoren betrachten die Modifikation aus teils recht unterschiedlichen Blickweisen. Leider wird oft jeweils nur ein Teilaspekt der Modifikation betrachtet, weshalb es schwierig ist, ein umfassendes Gesamtbild wiederzugeben. Eine ganzheitliche Betrachtung der Modifikation ist einer Einzelbetrachtung von jeweils Diminution, Augmentation etc. sicher vorzuziehen, da sich hieraus Parallelen, Unterschiede u.Ä. zwischen den Suffixen ableiten lassen. In diesem Kapitel zeigt sich klar, dass bei den Modifikativa noch einige Fragen offen sind und Aussagen über zulässige und unzulässige Bildungen bei den modifizierenden Suffixen nicht ohne empirische Absicherung erfolgen sollten; viele Autoren schließen nach eigener Intuition Bildungen aus, die sich im Korpus LIP oder in Alberti et al. (1991) finden lassen.55 Die Pragmatik spielt sicher eine große Rolle bei den Modifikativa. Diese Komponente wird meines Erachtens von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) jedoch etwas überbewertet. Es bleibt zu untersuchen, wie viel wirklich von der Pragmatik abhängt und ob die Semantik der Modifikativsuffixe (vor allem der Diminutive) tatsächlich nur noch eine kleine Rolle spielt. Insgesamt ist es problematisch, zwischen pragmatischer Komponente, "Affekt" o.Ä. zu unterscheiden, da viele Autoren diesbezüglich unklar bleiben. Die Verwendung von Begriffen wie "Affektivität", "Expressivität" u.Ä. stellt den Leser oftmals vor große Probleme. Derartige Begriffe hatten in bestimmten theoretischen Auffassungen einen Stellenwert, in neueren Arbeiten scheinen diese Termini sehr vage verwendet zu werden. Ihr Verständnis bleibt meist der Intuition des Lesers überlassen, welche nicht immer ausreicht. Es scheint an dieser Stelle vielmehr ein Forschungsproblem vorzuliegen - was verbirgt sich wirklich hinter "Affektivität"? Ist sie immer Teil der Pragmatik? Um auf diese Unklarheiten aufmerksam zu machen, wurden Affektivität und ähnliche Begriffe in Anführungszeichen gesetzt bzw. wurde versucht, sie in eine klarere Terminologie zu übersetzen, sofern dies möglich war. Aus ähnlichen Gründen wurde auch mit Begriffen wie Denotation, Konnotation derart verfahren. Zu einer Diskussion des Problems siehe auch Mutz (2000: 32ff.). In der weiteren Arbeit soll auf diese Begriffe weitgehend verzichtet werden. 55 Auch unter http://www.google.it lassen sich leicht Recherchen anstellen. 92 2. Kapitel Adjektive In diesem Kapitel werden kurz in der Literatur behandelte Charakteristika der italienischen Adjektive und hiermit zusammenhängende Probleme dargestellt. Manchmal ist jedoch auch ein Blick auf Arbeiten nicht speziell zum Italienischen notwendig. In einem weiteren Schritt wird sich der Fokus auf die Gruppe der Dimensions- und der Wertadjektive richten, da diese für die vorliegende Arbeit von Bedeutung sind. Insgesamt können hier natürlich nur teilweise die zahl- und umfangreichen Arbeiten zu Adjektiven sowie die untersuchten Fragestellungen im Bereich der Adjektive berücksichtigt werden. 2.1 Die Wortart Adjektiv Adjektive bilden eine der Hauptwortarten, die Wörter zur Beschreibung von Eigenschaften und Qualitäten enthält. Hagège (1986) unterscheidet vier Sprachgruppen bezüglich des Ausdrucks von "Eigenschaften", also dessen was Adjektive typischerweise bezeichnen: 1.) 32 % der Sprachen drücken diese Konzepte mit Verben aus. 2.) 18 % der Sprachen besitzen nur wenige Adjektive (diese bezeichnen Alter, Dimension, Farbe, Bewertung). 3.) 22 % der Sprachen verteilen den Ausdruck von Eigenschaftsbezeichnungen auf Nomina und Verben. 4.) 28 % der Sprachen besitzen eine eigene Wortart Adjektiv. Häufig seien diese Adjektive zweigeteilt in eine qualifizierende Gruppe und eine determinierende Gruppe. Scheinbar besitzen also viele Sprachen gar keine Adjektive. Aber nach Goes (1999) verfügen die meisten Sprachen zumindest über ein paar basic adjectives wie 'groß', 'klein', 'gut', 'schlecht'. Konzepte wie Qualität, Farbe, Dimension (bzw. das Zuschreiben einer Eigenschaft) werden als semantische Universalien angesehen. Dixon (1982, 1994 und 1999) entwickelt eine Theorie basierend auf semantischen Typen, d.h. auf sprachlichen Universalien, die einen semantischen Inhalt haben, der in allen Sprachen derselbe ist. Lediglich die syntaktische Realisierung variiere von Sprache zu Sprache. Anhand des Bezugs auf diese universellen Typen unterscheidet Dixon sieben Klassen von Adjektiven (Dimension, Physical Property, Colour, Human Propensity, Age, Value, Speed). Bei Sprachen, die nur eine kleine Adjektivklasse besitzen, findet man laut Goes (1999) allgemein dieselbe Reihe bezeichneter Konzepte mit abnehmender Universalität (bei Dixon sind es sieben): 1. Dimension, 2. Zeit/Alter, 3. Bewertung, 4. Farbe, 5. physische Eigenschaften, 6. Modale (vrai/faux), 7. persönliche Disposition (brave, fier) und 8. Geschwindigkeit; Adjektive aus den Klassen 1. - 4. finden sich immer auch bei Sprachen, die nur we93 nige Adjektive besitzen. Hieraus leitet sich die Sonderstellung der basic adjectives ab, die allerdings, wie Goes (1999) feststellt, in einer Sprache meist schwer klar abzugrenzen sind. Das Italienische besitzt vergleichsweise viele Adjektive. Im auf CD-ROM verfügbaren Wörterbuch DISC von Sabatini/Coletti (1997) finden sich 23175 Adjektive. Selbst nach Ausschluss der Adjektive, die zugleich auch als Nomina verwendet werden können (nach DISC 8163), sowie nach Ausschluss der im DISC aufgeführten possessiven, numeralen, interrogativen, indefiniten und demonstrativen Adjektive (197, die gemäß der italienischen Grammatiktradition zu den Adjektiven gerechnet werden), verbleiben 14815 Adjektive. Auf die Unterscheidung der Adjektive von Nomina und Verben möchte ich in dieser Arbeit nicht weiter eingehen. 2.2 Adjektive im Italienischen Im Folgenden werden die italienischen Adjektive nicht exhaustiv dargestellt. Es sollen skizzenhaft morphologische, syntaktische und semantische Phänomene betrachtet werden. Zunächst die Definition nach Schwarze (1995: 221): Als syntaktisch-morphologische Kategorie betrachtet, ist das Adjektiv wie folgt definiert: das Adjektiv flektiert nach den grammatischen Kategorien des Genus und des Numerus die Flexion des Adjektivs beruht vollständig auf Kongruenz. Zitierform ist das Maskulinum Singular das Adjektiv ist der Kopf der Adjektivphrase typische Adjektive treten in Vergleichskonstruktionen auf aus typischen Adjektiven lassen sich Adverbien bilden 2.2.1 Flexion des Adjektivs Im Italienischen verteilen sich die Adjektive auf zwei Flexionsklassen (die Endungen sind dieselben wie bei den Nomina), die a/o-Deklination und die e-Deklination. Nur Adjektive der a/o-Deklination flektieren nach Genus und Numerus in Kongruenz zum Nomen, bei der e-Deklination wird Genus nicht ausgedrückt. Guasti (1991) erwähnt zudem die Klasse der unveränderlichen Adjektive. Außerdem verweist sie auf eine Untergruppe der veränderlichen Adjektive, die im Singular nicht nach Genus kongruieren, im Plural hingegen schon; z.B. ottimista. Bezüglich Kurzformen, Elision sei verwiesen auf Schwarze (1995: 224ff.) bzw. andere Grammatiken des Italienischen. An dieser Stelle möchte ich lediglich die Kurzformen der Adjektive angeben, die für diese Arbeit von Interesse sind: zu bello - bel, bei; zu buono - buon, zu grande - gran. 94 Nach Schwarze (1995: 226) erfolgt die Bildung des Komparativs und des Superlativs nicht mittels Flexion, sondern syntaktisch. Komparativ wird mit den Gradadverbien più bzw. meno gebildet, Superlativ mit dem bestimmten Artikel. Allerdings besitzt das Adjektiv einen Elativ, welcher mit Hilfe des Derivationssuffixes -issimo56 gebildet wird. Lediglich buono, cattivo, grande und piccolo besitzen außer den syntaktischen Konstruktionen auch die in folgender Tabelle (nach Schwarze 1995: 226) angegebenen, synthetischen Steigerungsformen. Grundformen buono cattivo grande piccolo synthetische Steigerungsformen deklinabel indeklinabel migliore meglio peggiore peggio maggiore minore - syntaktisch gebildete Steigerungsformen più buono più cattivo più grande più piccolo Zur Distribution der Formen siehe Schwarze (1995: 227). Die vier Adjektive mit synthetischen Komparativformen besitzen auch vom Latein ererbte Elative. Nach Schwarze (1995: 684) sind dies ottimo zu buono, pessimo zu cattivo, massimo zu grande, minimo zu piccolo. Zur Kongruenz des Adjektivs siehe Schwarze (1995: 221f.). Zur Graduierbarkeit der italienischen Adjektive und Vergleichskonstruktionen siehe 2.2.7. 2.2.2 Klassen von Adjektiven Schwarze (1995) unterteilt die Adjektive des Italienischen aus semantischer Sicht (mit syntaktischen Folgen) in zwei große Klassen: typische (= qualifizierende) und untypische (= determinierende) Adjektive. Die typischen Adjektive bezeichnen solche Eigenschaften von Gegenständen, die - einem Gegenstand entweder ohne Bezug auf einen anderen Gegenstand (z.B. rosso 'rot', rotondo 'rund') zugeschrieben werden können oder - auf einem Vergleich des Gegenstands mit anderen, gleichartigen Gegenständen beruhen (z.B. grande 'groß', buono 'gut'). (Schwarze 1995: 222) Typische Adjektive können prädikativ und attributiv auftreten, sind graduierbar und können in Vergleichstrukturen auftreten. Zudem kann der Grad des Zutref- 56 Manchmal wird das Suffix -issimo zu den modifizierenden Suffixen gerechnet. Auch Mutz (2000: 14, 17) erwähnt diese Überlegung. Ich werde das Suffix nicht hierzu rechnen, da es klare Fakten gibt, die dagegen sprechen. So können beispielsweise Adjektive, die durch die hier behandelten Suffixe modifiziert sind, nicht pränominal stehen. Diese Restriktion besteht bei Adjektiven mit Suffix -issimo nicht (siehe auch 3.1). Ein weiteres Gegenargument liefert Rainer (1989: 57). Mit -issimo derivierte Adjektive können Adverbien auf -mente bilden, Adjektive mit modifizierenden Suffixen sind hiervon ausgeschlossen. 95 fens der durch das Adjektiv bezeichneten Eigenschaft angegeben werden (bello, molto bello, bellissimo). Untypische Adjektive bezeichnen nach Schwarze (1995) Eigenschaften, die a) relational, z.B. agricolo, b) deiktisch, z.B. odierno oder c) modal, z.B. cosiddetto sind. Die untypischen Adjektive treten normalerweise nicht prädikativ auf und sind nicht graduierbar.57 Bartsch/Vennemann (1972) in Hamann (1991: 665), stellen eine Klassifikation der Adjektive insgesamt anhand der Folgerungseigenschaften auf: 1. 2. 3. absolute Adjektive, z.B. tot; für "X ist ein ADJ N" gilt: "X ist ein N und X ist ein ADJ"58 relative Adjektive, z.B. groß, gut; für "X ist ein ADJ N" gilt: "X ist ein N, aber *X ist ein ADJ" Nicht-Standard Adjektive, z.B. ehemalig; für "X ist ein ADJ N" gilt "*X ist ein N und *X ist ein ADJ".59 Die Adjektive aus 1. und 2. zusammengefasst bilden die Gruppe der qualifizierenden Adjektive im Gegensatz zu den Adjektiven unter 3. Bei absoluten Adjektiven legen nach Bierwisch (1987) Adjektiv und Nomen voneinander unabhängige Bedingungen fest, z.B. ein verheirateter Tennisspieler ist Tennisspieler und verheiratet. Absolute Adjektive sind nach Hamann (1991) nicht graduierbar und legen keine extensionale Lücke fest. In manchen Kontexten sind absolute Adjektive jedoch graduierbar. Es ist also fraglich, wie genau die Trennung zwischen absoluten und relativen Adjektiven haltbar ist. Bierwisch (1987) vermutet, dass vielmehr die Klassen-Eigenschaft der Vagheit die speziellen Eigenschaften der individuellen Adjektivbedeutung überlagert. Besonderheit der absoluten Adjektive sei, dass sie nicht in antonymen, sondern in komplementären Paaren auftreten. Relative Adjektive zeichnen sich nach Bierwisch (1987) dadurch aus, dass die Geltung der Adjektive durch Zusatzbedingungen relativiert werde, z.B. durch die Be57 58 59 Guasti (1991) erstellt eine Typologie der Adjektivphrasen basierend auf lexikalischen Eigenschaften der Adjektive. Sie unterteilt in folgende Klassen: unakkusativische Adjektive, nicht unakkusativische Adjektive, Adjektive auf -bile, psychologische Adjektive, relationale Adjektive. Ich möchte nicht näher auf die einzelnen Klassen eingehen, da dies für die vorliegende Untersuchung nicht von Interesse ist. Nach Goy (1996) auch intersektive Adjektive. Für sie gilt die conjunction analysis: p a l l a rossa = palla(x) & rosso(x); wohingegen Jo è una tartaruga veloce ≠ Jo è un animale veloce, sondern Jo è veloce per una tartaruga. Bierwisch (1987) nennt diese Klasse von Adjektiven nicht-restriktive Adjektive. Restriktive Adjektive schränken nach Bierwisch (1987) die durch das Nomen angegebene Bezugsklasse ein, bei nicht-restriktiven Adjektiven gilt die durchs Nomen angegebene Bezugsklasse nicht mehr: ehemaliger Lehrer ≠ x ist Lehrer. 96 zugsklasse. Nach Hamann sind relative Adjektive durch die Vergleichsklassenabhängigkeit/Normabhängigkeit charakterisiert. Sie werden üblicherweise unterteilt in: a) Dimensionsadjektive (mit inhärenter Vergleichskala) und b) Wertadjektive (mit kontextabhängiger Vergleichskala). Die zwei Unterklassen bei den relativen Adjektiven werden aufgrund des unterschiedlichen Verhaltens bei der Graduierung und bei der Komparation angenommen. Dimensionsadjektive identifizieren inhärent die Vergleichsskala, Wertadjektive nur kontextabhängig. Dies impliziere, dass Dimensionsadjektive je dieselbe Skala besitzen, während sie bei Wertadjektiven variieren könne. Die zwei Unterklassen unterscheiden sich auch in der Art, wie ihre Normen aufgebaut werden: Dimensionsadjektive nehmen den Durchschnitt als Norm, Wertadjektive haben eine kontextabhängige Erwartungsnorm (siehe hierzu jedoch die Kritik von Varnhorn 1993 sowie Radtke 2000: 153ff.60). Radatz (2001) zählt zu den relativen Adjektiven (bei ihm Kernadjektive) 1. die bei ihm so genannten Maßadjektive, welche die Dimensionsadjektive, die Adjektive zum Ausdruck von Geschwindigkeit und auch die Adjektive zum Ausdruck von Physical Property nach Dixon (1982) (wie hard, strong) umfassen und seines Erachtens eine geschlossene Klasse bilden, 2. die Wertadjektive und 3. die Beschreibungsadjektive (siehe Radatz 2001: 88ff.). Die Unterschiede der drei Untergruppen manifestieren sich laut Radatz (2001) wie folgt: - Klasse 1 (Maßadjektive): messbare, bidimensionale Skala; nur fuzzy, wenn Wert nicht spezifiziert; - Klasse 2 (Beschreibungsadjektive): objektivierbare, nicht messbare bidimensionale Skala; immer fuzzy; - Klasse 3 (Wertungsadjektive): subjektive, mit Einschränkungen explizierbare Skala; immer fuzzy. (Radatz 2001: 90) Nicht-Standard Adjektive (u.a. relationale Adjektive): Zu den Nicht-Standard Adjektiven werden neben solchen wie ehemalig auch denominale Adjektive gerechnet. Denominale Adjektive, wie economic, parental nehmen nach Dixon eine Sonderstellung ein. Sie träten selten prädikativ auf und seien oft nicht graduierbar. Üblicherweise werden sie relationale Adjektive genannt (oder Relationsadjektive nach Bally 1932) bzw. untypische oder Nicht-Standard Adjektive. Diese Adjektive bilden eine enge semantische Einheit mit dem folgenden deverbalen Nomen, deshalb nennt Goes (1999) sie determinierende Adjektive (im Gegensatz zu den qualifizierenden Adjektiven). Da die in dieser Arbeit untersuchten Adjektive ausschließlich zu den relativen Adjektiven gehören, werden weder die absoluten noch die relationalen Adjektive weiter betrachtet. 60 Für Radtke (2001: 153) besteht die Bedeutung eines Adjektivs wie schlecht in schlechter Kaffee lediglich in der Bewertung des Kaffees "als unter der zu erwartenden Norm liegend". 97 2.2.3 Syntax der Adjektivphrase Ich berufe mich in diesem Teil der Arbeit, soweit nicht anders angegeben, auf die Grammatiken von Schwarze (1995: 227ff.) und von Renzi et al. (1988-1995). Eine Adjektivphrase kann aus nur einem Adjektiv bestehen, welches fast keinen Beschränkungen unterliegt, da nach Schwarze (1995) nur sehr wenige Adjektive ein Präpositionalkomplement verlangen (esente di, privo di). Eine Adjektivphrase kann zudem bestehen aus Adjektiv und a) einem Adverb, b) einem präpositionalen Obliquus oder einem Komplement, c) einem Adjunkt. Solche erweiterten Adjektivphrasen sind laut Schwarze (1995) nur möglich, wenn ein typisches Adjektiv Kopf der Adjektivphrase ist. Seines Erachtens besitzen manche Adjektive eine Valenz.61 Innerhalb von syntaktischen Konstruktionen, die kein Subjekt besitzen, können Adjektive offensichtlich nur in prädikativer Stellung auftreten; es handelt sich hierbei um Infinitivkomplemente ohne Präposition (hier treten nach Schwarze 1995 nur Adjektive mit bewertender Bedeutung auf) sowie Satzkomplemente mit che. Bei den syntaktischen Konstruktionen mit Subjekt hingegen kann das Adjektiv zusätzlich einen Obliquus, ein Infinitivkomplement oder Satzkomplemente regieren. Beispiele nach Schwarze (1995: 234ff.): è molto geloso del fratello una collezione privata non è paragonabile con un museo sei libera di fare quello che vuoi questo libro è facile da leggere sono sicuro che non è vero Die Adjektivphrase kann auch durch Adjunkte modifiziert werden. Die Adjunkte geben an, unter welchem Gesichtspunkt das adjektivische Prädikat zu deuten ist. So kann beispielsweise ein Adjunkt mit per bei einem Adjektiv mit relativer Bedeutung den Bezugswert für den Vergleich angeben (nach Schwarze 1995: 242): è piccolo per un ragazzo della sua età è caro per un vino da tavola Von Bedeutung für die vorliegende Arbeit ist die numerisch quantifizierte Adjektivphrase. Manche Adjektive können mit Maßangaben auftreten, wie die Beispiele aus Schwarze (1995: 243) zeigen: lungo tre metri oder distante un paio di chilometri 61 Nähere Angaben zur Erhöhung bzw. Reduktion der Valenz des Adjektivs innerhalb verschiedener syntaktischer Konstruktionen siehe Schwarze (1995: 232ff.). Hier sollen nur skizzenhafte Angaben erfolgen. 98 2.2.4 Funktionen der Adjektivphrase Adjektive können nach Schwarze (1995) die Funktion des Modifikators eines Nomens innehaben (attributiver Gebrauch). Weiterhin können Adjektive als Komplement der Kopula oder eines anderen intransitiven Verbs auftreten (prädikativer Gebrauch), als Adjunkt (in Kongruenz mit der grammatischen Funktion, durch die es kontrolliert wird), in nominaler Verwendung oder als selbständige Äußerung. Eine Adjektivphrase kann nach Guasti (1991) zudem präsentative Funktion haben. Sie gibt folgende Definitionen fürs Italienische: Eine Adjektivphrase hat attributive Funktion, wenn sie Teil einer Nominalphrase ist. Eine Adjektivphrase hat prädikative Funktion, wenn sie von einem Kopulaverb regiert wird; in Verbindung mit der Kopula fungiert die Adjektivphrase als Prädikat des Subjekts, oder Komplement eines epistemischen (z.B. ritenere) oder kausativen (z.B. lasciare) Verbs. Eine Adjektivphrase besitzt präsentative Funktion, wenn sie als Komplement von kopulativen Verben auftritt. 2.2.5 Attributive und prädikative Funktion Adjektive können in attributiver Funktion (also als Modifikator des Nomens innerhalb der NP) oder in prädikativer Funktion (als Komplement der Kopula) auftreten. Goy (1996) erläutert zwei unterschiedliche Richtungen in der Forschung zu den Adjektiven: a) die nominale-Modifikator-Theorien, die als grundlegende Funktion von Adjektiven die attributive Verwendung annehmen und die prädikative Verwendung als hiervon abgeleitet ansehen und b) die Prädikat-Theorien, die hingegen die prädikative Verwendung als grundlegende Funktion annehmen und die attributive hiervon ableiten. Goy (1996) zeigt, dass beide Theorierichtungen nicht ohne Probleme sind. Die traditionelle transformationelle Analyse beispielsweise leitet nach Goy (1996) die attributiven Adjektive von prädikativen Formen in zugrunde liegenden Relativsätzen ab, z.B. un simpatico ragazzo ← un ragazzo che è simpatico. Diese Analyse ist nach Goy (1996) aber zu beschränkt, die Paraphrase funktioniert beispielsweise nicht bei relationalen Adjektiven (siehe 2.2.2), die nicht prädikativ stehen können: un ingegnere chimico - *un ingegnere che è chimico.62 Mit der Frage des Primats von attributiver vs. prädikativer Stellung beschäftigt sich auch Kaiser (1978), die verschiedene Positionen beleuchtet und verschiedene Argumente für beide Positionen liefert. Außerdem zu diesem Problem siehe 62 Beispiele aus Goy (1996). 99 Vendler (1968) sowie Radatz (2001: 47ff.). Szabó (2001: 136) weist auf psycholinguistische Evidenz hin, die das Primat der prädikativen Stellung untermauert (im Spracherwerb werde zuerst die prädikative Stellung erworben, bei Aphasikern und Dysphasikern werde diese zuerst wiedererlangt). 2.2.5.1 Prädikative Funktion Die prädikative Funktion der Adjektive stellt nach Goes (1999) eine Scharnierfunktion zwischen Nomina und Verben dar. Nur das Adjektiv könne in prädikativen Konstruktionen mit allen Kopulaverben auftreten. Es sei der Prototyp des "Prädikatsnomens". Nomina und Partizipien haben adjektivischen Charakter in dieser Funktion. Goes (1999) betrachtet den Zusammenhang der Bedeutung von Adjektiven in attributiver und prädikativer Stellung fürs Französische. Es können folgende Fälle auftreten (siehe auch 2.2.6.1): 1. 2. 3. 4. Das pränominale und das postnominale Adjektiv weisen einen Bedeutungsunterschied auf; die Bedeutung des prädikativen Adjektivs entspricht nicht der Bedeutung in pränominaler Stellung. Es besteht kein Bedeutungsunterschied zwischen prä- und postnominaler Stellung, und die Bedeutung in prädikativer Stellung ist dieselbe. Es besteht kein Bedeutungsunterschied zwischen prä- und postnominaler Stellung; die prädikative Stellung ist nicht möglich. Das postnominale Adjektiv begrenzt die Extension des Nomens (determinierendes Adjektiv); die prädikative Stellung ist nicht möglich. Im Folgenden möchte ich nur die attributive Funktion näher betrachten, da diese im engsten Zusammenhang mit den modifizierenden Suffixen gesehen werden kann. 2.2.5.2 Stellung des attributiven Adjektivs Im Gegensatz zum Deutschen können in den romanischen Sprachen attributive Adjektive post- oder pränominal stehen.63 Im Französischen und Spanischen stehen die meisten Adjektive postnominal, bei pränominaler Stellung besteht laut Dixon (1994, 1999) ein semantischer Unterschied. Dies ist jedoch nicht vollständig zu akzeptieren (vgl. u.a. Conte 1973, Goes 1999, Mälzer 1999). 63 Radatz (2001: 30 FN2) nennt weitere Sprachen, in denen prä- und postnominale Stellung möglich sind, z.B. klassisches Armenisch, Polnisch, Tagalog. 100 Goes (1999) betont, dass das Adjektiv der einzige adnominale Modifikator ist, der vor oder nach dem Nomen stehen kann. Er untersucht morphologische, syntaktische und semantische Faktoren, welche die post- bzw. pränominale Stellung beeinflussen könnten (wie z.B. die oft in der Literatur angegebene Reihenfolge nach zunehmender Länge: längere Adjektive stehen tendenziell eher postnominal), die jedoch nie ausnahmslos zutreffen, wie Goes (1999) fürs Französische zeigt. Zur post- bzw. pränominalen Stellung im Italienischen siehe 2.2.5.2.1 und 2.2.5.2.2. Nach Schwarze (1995: 244ff.) kann das attributive Adjektiv im Italienischen prinzipiell prä- oder postnominal stehen. Die Regeln für prä- bzw. postnominale Stellung sind "kompliziert, da sie sich auf verschiedene Bereiche von Regeln oder Prinzipien beziehen". Schwarze (1995) erwähnt textpragmatische (tendenziell stehen Elemente "auf denen das kommunikative Gewicht der Äußerung liegt" am Ende der Konstituente), syntaktische (s.u.) und lexikalische (s.u.) Faktoren, die die Stellung beeinflussen können. Seines Erachtens besteht eine Analogie zur Thema-Rhema-Abfolge im Satz (Schwarze 1995: 780ff.). Er sieht je einen Zusammenhang zwischen der pränominalen Stellung und deskriptiver Funktion des Adjektivs (siehe 2.2.5.2.2) sowie postnominaler Stellung und restriktiver Funktion (siehe 2.2.5.2.1). Insgesamt spiegelt sich seines Erachtens hier die rhematische Endstellung vs. die thematische Anfangsstellung einer Konstituente im Satz wider. Nach Nespor (1988) können vor oder nach dem Nomen eine oder mehrer Adjektivphrasen stehen. Die Stellung in der Nominalphrase sei nicht frei wählbar. Bei den syntaktischen Faktoren verweist Schwarze (1995) auf das rhythmische Prinzip der wachsenden Glieder; alle Adjektivphrasen mit Erweiterung stehen postnominal, außer bei manchen erweiterten Adjektivphrasen. Nach Nespor (1988) können auch mehrere Adjektivphrasen koordiniert werden (in pränominaler Stellung meist nicht mehr als drei Adjektive). Die Reihenfolge der koordinierten Adjektivphrasen sei frei (es bestehen höchstens phonologische Restriktionen). Sie verweist auch auf Adjektive die koordinierte Nomina modifizieren. Das Weltwissen entscheidet ihrer Auffassung nach in solchen Fällen, ob das Adjektiv sich nur auf das nächststehende Nomen oder auf alle Nomina bezieht. Bei den lexikalischen Faktoren bemerkt Schwarze (1995), dass für manche Adjektive pränominal die unmarkierte Stellung ist, für andere die postnominale, für wieder andere entscheidet die Stellung über die Lesart. Es gibt nach Nespor (1988) Adjektive, die nur postnominal stehen können und solche die nur pränominal stehen können, z.B. l'energia nucleare aber *la nucleare energia. Auch sie verweist auf Bedeutungsunterschied bei Stellungsunterschied. Die postnominale vs. pränominale Stellung des Adjektivs ist auch für einen Vergleich mit den modifizierenden Suffixen von Interesse, da sich die Frage stellt, ob modifizierende Suffixe nur eine Ausdrucksalternative zu pränominalen oder auch 101 zu postnominalen Adjektiven darstellen können. In dieser Perspektive möchte ich zeigen, welche Faktoren und Funktionen bezüglich der Stellung des attributiven Adjektivs angeführt werden. 2.2.5.2.1 Postnominale Stellung Gemäß Nespor (1988: 426) ist die nicht markierte Position des Adjektivs die postnominale. Adjektive mit restriktiver Funktion (bei Schwarze 1995 identifizierende Funktion) stehen postnominal. Restriktive Funktion (denotativ oder referentiell) definiert Nespor (1988) wie folgt: Das Adjektiv legt eine Unterklasse der Klasse fest, die durch das Nomen bestimmt wird, z.B. denotativ vorrei vedere dei cavalli selvaggi, referentiell (zur Individuierung eines Objektes über das gesprochen wird) vorrei vedere i cavalli selvaggi. Viele Adjektive haben laut Nespor (1988) immer die Funktion, eine Unterklasse abzugrenzen und stehen deshalb fast ausschließlich in postnominaler Stellung. So sind ihres Erachtens alle denominalen Adjektive (scolastico, statale) ebenso relationale Adjektive, weil sie eine Relation zwischen dem Nomen der Nominalphrase und dem Basisnomen des Adjektivs herstellen: l'amore paterno → l'amore del padre. Weitere Adjektive, die Unterklassen definieren, sind solche, die eine objektive, nicht inhärente Eigenschaft ausdrücken: ho comprato un tavolo rosso. Auch Wertadjektive können diese Funktion haben: vorrei un gatto simpatico. 2.2.5.2.2 Pränominale Stellung Nach Nespor (1988: 430) ist die pränominale Stellung die markierte Position, mittels der eine "konnotative" Bedeutung in Bezug aufs Nomen (Adjektive, die Geschmack oder Meinung des Sprechers und/oder Hörers ausdrücken) zum Ausdruck gebracht wird. Sie sieht solche Adjektive als syntaktisch appositiv oder deskriptiv an (bei Schwarze 1995 charakterisierend). Beispiele von Nespor (1988): 1. restriktiv Luca è andato a Roma con un suo amico simpatico und 2. deskriptiv Luca è andato a Roma con un suo simpatico amico. Das erste Beispiel wird von Nespor (1988) folgendermaßen gedeutet: Der Freund wird als sympathisch denotiert. Der Sprecher sagt aus, dass Luca nach Rom gegangen ist mit einem Individuum, welches durch die Unterklasse 'sympathische Freunde' aus der Klasse 'Freunde' identifiziert wurde. Im zweiten Beispiel hingegen werde eine Meinung des Sprechers über den Freund von Luca zum Ausdruck gebracht. Nespor (1988) nennt weitere Adjektivtypen, die häufig deskriptiv verwendet werden. Sie streicht v.a. Adjektive, die eine Wertschätzung ausdrücken, hervor, z.B. simpatico, buono, brutto. Aber auch Adjektive, die sich auf physische Eigen102 schaften beziehen, wie z.B. rosso, pesante, könnten deskriptiv verwendet werden. Solche Adjektive werden ihres Erachtens immer deskriptiv verwendet und gehen dem Nomen voraus, wenn sie eine inhärente Eigenschaft des Nomens ausdrücken: la bianca neve, la buia notte und wenn sie in übertragener Bedeutung verwendet werden: mi sembra proprio una bassa soddisfazione (= meschina); è una persona di alto ingegno (= molto); Carlo è un vecchio amico (l'amicizia dura da molto tempo). Nespor (1988) zufolge können manche denominalen Adjektive deskriptive Funktion haben: lo guardò con paterna dolcezza. Ihres Erachtens wird restriktive Funktion nie durch ein pränominales Adjektiv ausgedrückt (pränominale Adjektive können bei Ausdruck von Gegensatz nicht verwendet werden): *vorrei vedere il tuo simpatico cane, non quello antipatico vs. vorrei vedere il tuo cane simpatico, non quello antipatico. Nespor (1988) folgert, dass semantische Faktoren, die die Stellung des Adjektivs bestimmen, keine Eigenschaften des Adjektivs selbst sind, sondern in der semantischen Funktion zu suchen sind, die der Sprecher einem Adjektiv zu geben beabsichtigt. Möchte der Sprecher Adjektiv X in restriktiver Funktion verwenden, so werde er postnominale Stellung wählen, möchte er Adjektiv X hingegen deskriptiv verwenden, so werde er sich für pränominale Stellung entscheiden. Dass manche Adjektive nur postnominal auftreten können, liege daran, dass sie sich wenig dazu eignen, deskriptiv verwendet zu werden. Zur Reihenfolge bei mehreren Adjektivphrasen, Koordination bzw. Reihenfolge von Adjektivphrase und anderen Syntagmen innerhalb der Nominalphrase möchte ich verweisen auf z.B. Nespor (1988). 2.2.6 Semantik der Adjektivphrase Die Grundbedeutung von Adjektiven wie z.B. alto/basso kann nach Goy (1997) beschrieben werden als 'Bezug auf die Konzeptualisierung unserer perzeptiven Erfahrung'. Ihres Erachtens kann lexikalische Semantik nur voll erfasst werden, wenn man eine Verbindung zwischen Sprache und Wahrnehmung annimmt. Es handelt sich hierbei um eine Grundlagenfrage der lexikalischen Semantik (vgl. auch die Position von Vandeloise 1992): Quindi l'idea è che le carenze dei sistemi artificiali di comprensione del linguaggio dipendano dalla mancanza di una connessione tra semantica lessicale e percezione. Recentemente infatti, sempre più linguisti, filosofi, psicologi e informatici, si sono convinti che una teoria adeguata e completa della nostra competenza del significato delle parole non possa essere costruita senza un'ipotesi sulle connessioni tra il linguaggio da un lato e l e capacità di percezione e interazione col mondo dall'altro [...]. (Goy 1998: 40f.). Da diese Frage nicht zentral für die Analyse einer Ausdrucksalternative zwischen Adjektiven und Suffixen ist, soll sie jedoch nicht weiter vertieft werden. 103 Qualifizierende Adjektive (bello, cattivo) bezeichnen nach Goy (1996) eine Eigenschaft des Referenten; determinierende Adjektive hingegen (mio, questo) fügen dem Nomen eine Bestimmung hinzu, die der besseren Identifizierung des Referenten dient. Ihres Erachtens handelt es sich hierbei um eine schwache Unterscheidung, da qualifizierende Adjektive in postnominaler Stellung (in einer definiten NP) auch restriktive Funktion haben können, d.h. sie dienen eher dazu, den Referenten zu identifizieren, als ihn zu qualifizieren. Dies spiegle sich in den zwei Funktionen wider, die in italienischen Grammatiken unterschieden werden – allerdings mit sehr unterschiedlichen Bezeichnungen, welche beispielhaft in der folgenden Tabelle dargestellt werden: Funktion in postnominaler Funktion in pränominaler Stellung (nicht markiert) Stellung (markiert) Autor identifizierend restrittivo/distintivo charakterisierend descrittivo restrittivo restrittivo (denotativo/ referenziale) referent-modifying oggettivo non-restrittivo appositivo (ruolo semanticamente connotativo) reference-modifying apprezzativo Schwarze Dardano/Trifone, Serianni, Lepschy/Lepschy Conte Nespor, (Guasti) Bolinger D'Addio Goy (1996) kritisiert die Unterscheidung von denotativer und referentieller Funktion bei Nespor (1988). Die unterschiedliche Interpretation hängt ihres Erachtens vom Determinator ab und nicht vom Adjektiv. Die restriktive Funktion (in postnominaler Stellung) und die deskriptive Funktion (in pränominaler Stellung) unterscheiden sich ihres Erachtens bei definiter und indefiniter NP. Bei definiter NP sei ein Unterschied aufgrund der Adjektivstellung deutlich: è andato a Roma con l'amico simpatico (restriktiv) vs. è andato a Roma con il simpatico amico (deskriptiv). Bei indefiniter NP scheine dies nicht der Fall zu sein: è andato a Roma con un amico simpatico vs. è andato a Roma con un simpatico amico.64 Zusätzlich zur Unterscheidung restriktiv vs. deskriptiv kann bei manchen Adjektiven auch ein Bedeutungsunterschied bestehen, welcher durch die Adjektivstellung signalisiert wird. Auf dieses Phänomen möchte ich im Folgenden eingehen. 2.2.6.1 Bedeutungsunterschied bei prä- oder postnominaler Stellung Laut Nespor (1988) besteht bei manchen Adjektiven auch ein Bedeutungsunterschied, der sich in unterschiedlicher Stellung zeigt. In postnominaler Stellung trete 64 Aber es scheint Fälle zu geben, in denen auch bei indefiniter NP ein Unterschied besteht, z.B. un ragazzo intelligente non avrebbe reagito così vs. *un intelligente ragazzo non avrebbe reagito così. Ich danke Christoph Schwarze für den Hinweis. 104 die wörtliche Bedeutung auf, z.B. libri nuovi (= non vecchi), in pränominaler Stellung hingegen die übertragene Bedeutung, z.B. nuovi libri (= altri). Andere sind nach Nespor in postnominaler Stellung Adjektive, z.B. certo (= sicuro), und in pränominaler Stellung Quantifikatoren, z.B. parecchio (= alcuni). Für diese Adjektive besteht ihres Erachtens keine Distinktion zwischen restriktiver und deskriptiver Funktion. Eine begrenzte Gruppe von Adjektiven habe neben der normalen Funktion (deskriptiv-pränominal; restriktiv-postnominal) eine andere Bedeutung mit bestimmten Nomina, wenn das Adjektiv pränominal steht. Beispiele nach Nespor (1988: 433f.): un grand'uomo (Held) ≠ un uomo grande (Körpergröße) un alto ufficiale (hoher Rang) ≠ un ufficiale alto (Körpergröße) Conte (1973) beschäftigt sich ebenfalls mit Adjektiven, die einen Bedeutungsunterschied je nach Stellung zum Bezugsnomen aufweisen. Sie versucht, Normen für die Stellung anzugeben und nimmt an, dass die Stellung der Adjektivphrase von der Semantik des Bezugsnomens abhängt, wobei sich dies durch Merkmale darstellen lässt. Da sich Conte (1973) explizit auf die für die vorliegende Arbeit relevanten Adjektive bezieht, soll ihre Untersuchung im Detail dargestellt werden. Wie bereits erwähnt, korreliert bei den meisten Adjektiven postnominale Stellung mit restriktiver Funktion. Aber Adjektive, die in post- oder pränominaler Stellung unterschiedliche Bedeutung haben können, z.B. grande, alto, buono, povero, könnten auch in pränominaler Stellung restriktive Funktion besitzen. Die Bedeutung in postnominaler Stellung entspreche jeweils der Bedeutung in prädikativer Stellung: il ragazzo è povero = il ragazzo povero. Die Bedeutung in pränominaler Stellung könne hingegen eine übertragene, metaphorische Bedeutung besitzen. Die semantische Differenzierung (prä- oder postnominal) trete allerdings nicht immer auf. Conte (1973) untersucht unter, welchen Bedingungen diese Differenzierung bei den Adjektiven grande und buono auftritt. Grande ist ein Dimensionsadjektiv, welches beim Bezugsnomen das Vorhandensein des semantischen Merkmals 'Maß, Größe' (bei Conte misura) voraussetzt. Messbar sind nach Conte (1973) Nomina, die ein physisches konkretes Maß haben (tavolo). Aber auch abstrakte Nomina, wie avvenimento oder paura, besäßen das Merkmal 'Größe, Maß': un grande avvenimento; la grande paura. Folglich nimmt Conte (1973: 84) ein Merkmal für 'Maß, Größe' beim Nomen an, welches bezüglich Abstraktheit spezifiziert sein kann: (misura-astratto) und (misura+astratto) . Bei uomo treten beide Merkmale auf, deshalb könne das postnominale Adjektiv auf das Merkmal (misura-astratto) und das pränominale Adjektiv auf (misura+astratto) zugreifen: uomo - (misura-astratto) uomo grande - (misura+astratto) grande uomo 105 Nur Nomina, die die beiden Merkmale haben können, lassen nach Conte (1973) eine semantische Differenzierung des Adjektivs zu. Sie nennt folgende Korrelation: (misura-astratto) und postnominal vs. (misura+astratto) und pränominal. Des Weiteren betrachtet sie Fälle mit dem Wertadjektiv buono. Es sei kompatibel mit Nomina, die das Merkmal 'Bewertung' haben. Als möglichen Aspekt bezüglich dessen bewertet wird, nennt Conte (1973) einerseits die Bewertung des Charakters, andererseits die Bewertung der Funktion, was zu folgender Korrelation führe: valutazionecarattere → postnominal und valutazionefunzione → pränominal. Zusammenfassend soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass nicht immer ein Bedeutungsunterschied zwischen prä- und postnominaler Stellung auftreten muss. Es besteht lediglich die Möglichkeit bei manchen Adjektiven in Verbindung mit manchen Nomina. In dieser Arbeit möchte ich nicht weiter auf die Korrelation von Bedeutungsunterschieden und post- bzw. pränominaler Stellung eingehen bzw. auf die Suche nach Faktoren für je prä- oder postnominale Stellung. Verwiesen sei u.a. fürs Italienische auf Sciarone (1970), D'Addio (1974), Wuttig (1979), Vincent (1986), Crisma (1993) und Rocci (2000). Die Arbeit von Mälzer (1999) beschäftigt sich mit dem Problem der Adjektivstellung in den romanischen Sprachen. Des Weiteren behandeln Leischner (1990), Langer (1998) und Goes (1999) das Problem fürs Französische und Pelzing (1981) fürs Spanische. Radatz (2001) untersucht innerhalb der construction grammar die semantische Seite der Adjektivstellung fürs Spanische, Französische und Italienische. Insgesamt besteht eine umfangreiche Literatur zu diesem Problembereich für die romanischen Sprachen. 2.2.7 Graduierbarkeit Viele Autoren halten die Graduierbarkeit für ein verlässliches Kriterium zur Abgrenzung von Adjektiven. Sie verlangt nach Goes (1999) einen impliziten Vergleich und sei nur interpretierbar in Bezug auf eine implizite Norm - je nach Klasse, der das Objekt, das sie bezeichnet, angehört. Eine strenge Trennung zwischen Morphologie, Syntax und Semantik sei schwer durchführbar, da Steigerung manchmal ein morphologisches, semantisches und syntaktisches Phänomen sei. Nach Hamann (1991) sind Adjektive inhärent graduierbar. Nomina und Verben sind hingegen nicht inhärent graduierbar. Klein (1991) erwähnt, dass graduierbare Adjektive typischerweise in Paaren auftreten, die in polarer Opposition stehen, z.B. alt/jung, groß/klein. Traditionell erlauben graduierbare Adjektive vier Grade der Komparation (nach Klein 1991: 674): Positiv (X is tall), Äquativ (X is as tall as Y), Komparativ (X is taller than Y) und 106 Superlativ (X is the tallest of the children). Äquativ und Komparativ werden manchmal als Gleichheits- und Ungleichheitskomparativ gemeinsam unter Komparativ gefasst. Nach Bußmann (2002) zählt auch der Elativ zu den Steigerungsstufen des Adjektivs. Es handelt sich hierbei um die höchste Steigerungsstufe des Adjektivs zur Bezeichnung eines hohen Grades einer Eigenschaft, [...] aber (im Unterschied zum relativen → Superlativ) ohne vergleichende Komponente: Man nennt den E[lativ] daher auch »absoluten Superlativ«. (Bußmann 2002: 186) Graduierbarkeit liegt laut Goy (1996) vor, wenn ein Adjektiv mit Modifikatoren wie molto, abbastanza auftreten kann und wenn es in Komparativ- und Superlativkonstruktionen auftritt. Nicht alle Adjektive sind ihres Erachtens graduierbar: buono ist graduierbar; morto nicht. Beispiele nach Goy (1996: 183): questo panino è abbastanza buono *il gatto è abbastanza morto Es gibt allerdings nach Goy (1996) Fälle, in denen diese Tests keine klaren Ergebnisse liefern. Superlative65 werden oft auch in verstärkender Funktion verwendet (verissimo, possibilissimo); manche Adjektive besitzen eine nicht graduierbare und eine graduierbare Lesart. Ihres Erachtens besteht ein Mechanismus, der an sich nicht graduierbare Adjektive graduierbar macht, und dieser scheint sehr produktiv zu sein, z.B. morto in metaphorischer Bedeutung: questa città è abbastanza morta. Bei der Diskussion der relationalen Adjektive verweist auch Goes (1999) auf diese Möglichkeit. Im Folgenden möchte ich die Graduation fürs Italienische nach Schwarze (1995) darstellen. "Referenz auf Grade kann stattfinden, wenn wir Gegenständen Eigenschaften zuschreiben, die ihrer Natur nach in höherem oder geringerem Maße gegeben sein können" (Schwarze 1995: 651). Grade kann man in Bezug auf eine Skala angeben oder mittels eines Vergleichs. Nicht alle bei der Graduierung implizit vorausgesetzten Skalen sind vom selben Typ; Schwarze unterscheidet zwischen Skalen mit telischer, prototypischer und komparativer Struktur. Für die vorliegende Arbeit sind nur Skalen mit komparativer Struktur von Interesse, aus diesem Grund werden nur diese näher betrachtet. Skalen mit komparativer Struktur besitzen keinen Maximalwert, sind also nach oben offen und dienen dazu, "Werte durch den Vergleich mit variabel festlegbaren anderen Werten zu vergleichen" (Schwarze 1995: 671). 65 Die von Goy (1996) angeführten Formen werden in dieser Arbeit als Elative verstanden, nicht als Superlative. 107 Schwarze (1995: 672) Auf einer solchen Skala werden Größe, Gewichte, Temperaturen und Preise von Waren bewertet. Der Bezugspunkt für den Vergleich ist entweder ein Normalwert für die Kategorie von Gegenständen oder der Wert eines Gegenstandes. Eigenschaften, die sich anhand einer komparativen Skala angeben lassen, sind komparative Eigenschaften. Adjektive, die auf solche Eigenschaften referieren, sind relative Adjektive. Relative Adjektive verlangen nach Schwarze "die Ermittlung eines Bezugspunkts aus dem Kontext. Sie spezifizieren aufgrund ihrer lexikalischen Bedeutung die Art der vorzunehmenden Bewertung" (Schwarze 1995: 678). Gradadverbien können angeben, ob der Wert weit oder nicht weit vom Bezugspunkt entfernt ist. Gradadverbien sind bei den relativen Adjektiven z.B. molto, poco, troppo, più, meno. Zudem ist der Elativ möglich. Der Grad kann nach Schwarze (1995: 673) auch durch das Diminutiv -ino ausgedrückt werden. Als Beispiel für die lexikalische Bedeutung eines Adjektivs möchte ich das Adjektiv alto in seiner "naheliegendsten Bedeutung" nach Schwarze (1995: 678) darstellen. Alto legt fest: - daß der Wert auf einer Skala liegt - daß diese sich auf eine räumliche Ausdehnung konkreter Gegenstände bezieht - daß der Wert in der Senkrechten und nach oben gemessen wird - daß der Wert über dem (variablen) Bezugswert liegt Außerdem gehört es zum Wissen über konkrete Gegenstände, daß ihre Ausdehnung meßbar ist. Die entsprechende Maßangabe kann Teil der Vergleichskonstruktion sein. (Schwarze 1995: 678) Vergleiche können nach Schwarze (1995: 675) sowohl qualitative als auch quantitative Werte betreffen. Zur "Grundgestalt einer Vergleichskonstruktion" vgl. Schwarze (1995: 675ff.). Fakultativ könne eine Maßangabe hinzutreten, wenn die Messbarkeit des Objekts gegeben ist, z.B. sei più alto di Luigi di cinque centimetri. 108 2.2.8 Vagheit Ein Problem der Semantik der (graduierbaren) Adjektive ist laut Goy (1996) das der Vagheit. Sie führt hierzu das Beispiel 'groß' an: Ist ein 2m großer Mann groß und ein 1,50m großer Mann nicht groß, so bestehen dazwischen liegende Fälle, bei denen es nicht immer klar ist, ob 'groß' zutrifft oder nicht. Ist ein 1,75m großer Mann groß?66 Es besteht also keine klare Grenzlinie zwischen wahr und falsch. Die Vagheit könne darauf beruhen, dass Sprecher-/Hörerwissen nicht explizit gemacht werden und Normen, und somit Vergleichsklassen, implizit blieben. Des Weiteren besteht eine zusätzliche Quelle der Vagheit in der Abhängigkeit vom Gebrauchskontext, welcher wiederum die relative Vergleichsklasse bestimmt. Es existiert ein positiver Bereich (in dem die Wahrheitsfunktion den Wert 'wahr' ergibt), ein negativer Bereich (in dem die Wahrheitsfunktion den Wert 'falsch' ergibt) sowie eine extensionale Lücke (extensional gap, in diesem Bereich ist die Wahrheitsfunktion nicht definit). Unterschiedliche Adjektivklassen weisen nach Hamann (1991) unterschiedliche Vagheitsgrade auf, 'rot' sei beispielsweise weniger vage als 'lang', welches wiederum weniger vage als 'gut' sei. Die Vagheit bei Adjektiven ist zu unterscheiden von Nomina mit unscharfen Rändern. Nomina besitzen nach Hamann (1991) keine systematische und vorhersagbare extensionale Lücke. Typische Nomina sind ihres Erachtens scharfe Prädikate; typische Adjektive sind inhärent vage. 2.2.9 Antonymie Viele Autoren halten die Organisation des Adjektivsystems in Antonymenpaare für zentral. Jackson (1988) unterscheidet beispielsweise drei Typen der Antonymie: 1. 2. 3. Graduierbare Antonyme, wie piccolo/grande oder lang/kurz: Es besteht eine extensionale Lücke, in der keines der beiden Adjektive zutrifft. Komplementäre Antonyme, wie vivo/morto oder verheiratet/unverheiratet: Zwei komplementäre Begriffe teilen exhaustiv den konzeptuellen Bereich in zwei Teile, die sich gegenseitig ausschließen. Konverse oder relationale Gegenteile, wie vendere/comprare: Hierbei bezieht sich ein Teil auf die inverse Relation des anderen. Cruse (1986) unterscheidet hingegen nur zwei grundlegende Gegensatzrelationen, nämlich 1. die Komplementarität wie bei Jackson (1988, hier treten nicht gra66 Nimmt man als Vergleichsklasse die der Jockeys, so verschieben sich die Grenzen für 'groß' sicherlich. 109 duierbare Adjektive seines Erachtens auf) und 2. echte Antonymie (Jacksons graduierbare Antonyme). Zwei echte Antonyme teilen den Bereich nicht exhaustiv (es besteht eine extensionale Lücke): Sie bezeichnen unterschiedliche Grade einer einzigen Eigenschaft, und wenn sie intensiviert werden, bewegen sie sich auf der Skala in entgegengesetzter Richtung. Cruse (1986) nennt weiterhin zwei unterschiedliche Typen von Komparativen: Pseudokomparative: più pesante impliziert nicht pesante, sondern bedeutet di peso maggiore, deshalb kann man sagen: la scatola è leggera, ma è più pesante di quell'altra. Echte Komparative: più cattivo impliziert cattivo und nicht di bontà minore; deshalb ist nicht möglich: *Gianni è buono, ma è più cattivo di suo fratello. Anhand dieser Unterscheidung stellt Cruse (1986) drei Unterklassen von Antonymen auf: 1. Bei polaren Antonymen, wie pesante/leggero, besitze jeder Begriff einen Pseudokomparativ67. Diese Adjektive sind im Allgemeinen neutral bewertet und die Frage "Wie ADJ ist X?" impliziere nicht 'X ist ADJ'. Goy räumt allerdings ein, dass dies nur für den positiven Teil des Paars gilt: Quanto è pesante questa scatola? könne als Antwort haben: è pesante oder è leggera, aber Quanto è leggera questa scatola? impliziere: la scatola è leggera. 2. Bei überlappenden Antonymen, wie buono/cattivo, bilde ein Begriff einen Pseudokomparativ (buono), der andere einen echten Komparativ (cattivo): Gianni è cattivo, ma è più buono di suo fratello (Pseudokomparativ) vs. *Gianni è buono, ma è più cattivo di suo fratello (echter Komparativ). Diese Adjektive haben generell bewertende Polarität, und die Frage "Wie ADJ ist X?" sei nur für einen der Begriffe verpflichtend (hier cattivo). Quanto è cattivo Gianni? impliziere Gianni è cattivo; Quanto è buono Gianni? hingegen lasse offen, ob Gianni gut oder böse ist. 3. Bei gleichwertigen Antonymen besitze jeder Term einen echten Komparativ (bei Cruse 1986 hot/cold, happy/sad, bei Goy 1996 allegro/triste). Diese Adjektive beziehen sich üblicherweise auf subjektive Empfindungen, und die Frage "Wie ADJ ist X?" sei verbindlich, d.h. sie impliziere 'X ist ADJ', wie in *Maria è allegra, ma è più triste di Paola und *Maria è triste, ma è più allegra di Paola. Bei den überlappenden und den gleichwertigen Antonymen sind die Extremwerte nach Cruse (1986) zwei unabhängige Eigenschaften, und es liegen zwei unterschiedliche Skalen vor. Bei den polaren Antonymen liege hingegen nur eine Skala vor. 67 Questa scatola è più leggera, ma è più pesante di quell'altra. Questa scatola è più pesante, ma è più leggera di quell'altra. Più pesante = di peso maggiore, più leggero = di peso minore. Beispiele nach Goy (1996). 110 2.2.10 Attribute und Dimensionen Larson (1998) beschäftigt sich mit der Ambiguität zwischen intersektiver und nicht-intersektiver Lesart.68 Er erwähnt Theorien, in denen diese Ambiguität dem Adjektiv zugeschrieben wird.69 In anderen Theorien werde die Ambiguität durch das Nomen ausgelöst. Nach Larson lassen sich mittels einer Ereignisanalyse (nach Davidson 1967) viele Probleme leicht erfassen. Nomina können ein Ereignisargument e enthalten. Manche Adjektive können ausschließlich das Ereignisargument modifizieren, andere Adjektive nicht. Manche Adjektive schließlich können auch das Ereignisargument modifizieren. Nach Larson modifiziert former bei president immer das Ereignisargument. Beautiful hingegen könne bei dancer entweder das Ereignisargument (nicht-intersektiv) modifizieren oder dancer als Person (intersektiv). Im Italienischen werden Fälle wie beautiful nach Larson unterschieden durch pränominale und postnominale Stellung. Weiterhin sei eine Koordination zwischen intersektivem und nicht-intersektivem Adjektiv nicht möglich, *she is a blonde and fast dancer (blonde beziehe sich auf dancer als Person, fast beziehe sich auf e = Ereignis des Tanzens). Goy (1996) erwähnt einen Forschungszweig, der die Behandlung der Adjektive auf die Ergebnisse von psycholinguistischen Untersuchungen zur Speicherung von Bedeutung stützt (Gross et al. 1989, Fellbaum et al. 199370). Nach diesen Analysen sind die Adjektive um eine Antonymierelation organisiert (Goy 1996 merkt an, dass dieser Begriff nicht unproblematisch ist). Die Autoren beschränken die Anwendung der Antonymierelation auf die qualifizierenden Adjektive, also auf die, die den Wert eines Attributs bezeichnen, so präsupponiere beispielsweise il pacco è pesante das Vorhandensein eines Attributs GEWICHT in der semantischen Repräsentation von pacco. Pesante wäre somit der Wert des Attributs GEWICHT im instantiierten Frame von pacco. Ein Attribut bezieht sich auf eine Skala. Zwei Adjektive, die die Extremwerte einer Skala bezeichnen, sind Antonyme. Die qualifizierenden Adjektive werden in Form von Clustern aus synonymen Begriffen organisiert gespeichert. Jedes Cluster hat einen Fokus, d.h. ein zentrales Adjektiv, um welches sich alle Synonyme gruppieren, und es steht in Antonymie zu einem anderen Cluster, als direktes Antonym zum Fokus des anderen Clusters. Die direkten Antonyme bilden somit das semantische Skelett, an das sich die anderen 68 69 70 Siehe 2.3.1.3: Bei Vendlers Bedeutungen I und III Olga is a beautiful dancer: intersektiv: Olga is beautiful and a dancer, nicht-intersektiv: Olga is beautiful as a dancer = O l g a dances beautifully. Das Adjektiv wird als semantisch komplex angesehen. Es bestehen zwei Klassen von Adjektiven: 1. Adjektive die immer intersektiv modifizieren, 2. Adjektive die immer nicht-intersektiv modifizieren. Bei Fällen wie beautiful werden zwei Homophone angenommen: eines in Klasse 1, eines in Klasse 2. Fellbaum, C.; Gross, D. & Miller, K. (1993): Adjectives in WordNet. Manuskript. In: Goy (1996). Leider nicht zugänglich. 111 Adjektive durch Synonymie anhängen. Antonymie und Synonymie sind somit die einzig notwendigen Relationen zur Charakterisierung der semantischen Struktur der deskriptiven Adjektive. Goy (1996) kritisiert diese "vereinfachende" Sichtweise. Es gelinge hiermit nicht, die Bedeutung der Wörter ausreichend zu erfassen. Auch das Ziehen von Inferenzen sei nicht mehr möglich, wie beispielsweise umido → acqua. Goy (1996) beschäftigt sich weiterhin mit dem Begriff des Attributs bzw. der Dimension (thematische Dimension nach Bartsch 1987). Ein Attribut sei ein Konzept wie SALUTE oder COLORE, das als Gesamtheit von Eigenschaften gesehen werden könne, z.B. das Attribut COLORE sei die Gesamtheit aller Eigenschaften, die von Adjektiven wie rosso, blu, giallo usw. bezeichnet werden. Laut Bartsch (1987) gibt es Adjektive, die hinsichtlich des entsprechenden Attributs markiert sind (malato → SALUTE). Diese Adjektive drücken eine Eigenschaft relativ zum Attribut aus und sind weitgehend kontextunabhängig. Weiterhin gebe es Adjektive, die sich auf mehrere Attribute beziehen können, auch wenn sie ein (nicht markiertes) Default-Attribut haben können und sie kontextuell von Fall zu Fall das betroffene Attribut festlegen. Dies trifft bei Adjektiven wie buono, forte, grande zu. Gewisse Adjektive nehmen also Bezug auf ein Attribut. Für manche sei dies bereits in der Wortsemantik selbst festgelegt. Andere Adjektive hingegen referierten auf ein Attribut, welches nicht durch die Wortsemantik, sondern durch den Kontext festgelegt ist, auch wenn es ein Default-Attribut geben könne: giovane alto bello → → → (dim ETÀ) (dim ALTEZZA) (dim_default ASPETTO FISICO) (Goy 1998: 73) Ein Problem ist jedoch die Definition von Attribut. Welche Attribute soll man annehmen? Zudem bleibt bei solchen Attributen die Polysemie unberücksichtigt. Was geschieht beispielsweise mit dem Attribut ALTEZZA bei Abstrakta? Im Folgenden sollen nur noch Dimensions- und Wertadjektive näher betrachtet werden (also Adjektive zum Ausdruck von quantitativer und qualitativer Bewertung), da diese potentielle Kandidaten für eine Ausdrucksalternative mit den modifizierenden Suffixen darstellen. 2.3 Dimensions- und Wertadjektive 2.3.1 Grundannahmen über Dimensions- und Wertadjektive Bei den folgenden Angaben soll ein Gesamtbild skizziert werden, immer im Hinblick auf die Relevanz für die spätere Untersuchung. Völlig einsichtig ist zweifel112 los, dass Dimensionsadjektive, die sich auf eine ausgezeichnete Dimension von mehreren beziehen (wie z.B. alto), keine mögliche Ausdrucksalternative mit den modifizierenden Suffixen bilden können. Ein modifizierendes Suffix kann sich nicht auf nur eine Dimension von mehreren verfügbaren des Basisnomens beziehen und bezüglich dieser eine quantitative und/oder qualitative Bewertung vornehmen. Deshalb sollen die theoretischen Ausführungen dieses Bereichs auch nur sporadisch sein. Verwiesen sei der Leser insbesondere auf Bierwisch/Lang (1987, 1989) sowie Varnhorn (1993). Aus diesem Grund bleiben auch Arbeiten zu den räumlichen Dimensionsadjektiven weitgehend außer Acht, da diese sich fast ausschließlich mit Adjektiven beschäftigen, die sich auf eine ausgezeichnete Dimension beziehen. Es sind dies z.B. Wunderlich (1982 a und b), Durell (1988), SpangHanssen (1990), Vandeloise (1992), Mettinger (1999) oder der Sammelband von Bloom et al. (1999). Graduierbare Adjektive, die nach Auffassung der meisten Autoren in die Untergruppen der Dimensionsadjektive und der Wertadjektive zu unterteilen sind, sind nach Bierwisch (1987) entweder neutral oder spezifisch zu interpretieren (bei Bierwisch treten die Begriffe nominativ für neutral und kontrastiv für spezifisch auf; in neutralem Gebrauch identifizieren sie eine Skala bezüglich einer Dimension, sie implizieren nicht automatisch das Vorhandensein der durchs Adjektiv ausgedrückten Eigenschaft, vgl. "Wie groß ist X?" impliziert nicht zwingend "X ist groß"; in spezifischem Gebrauch legen sie einen Extremwert auf dieser Skala fest und implizieren die durchs Adjektiv bezeichnete Eigenschaft). Die spezifische Interpretation ist stets abhängig von einer kontextuell bestimmten Vergleichsklasse, relativ zu der der Extremwert bestimmt ist. Spezifisch interpretierte Adjektive71 sind normbezogen, d.h. bezogen auf einen Durchschnittswert bzw. eine Norm bezüglich der Vergleichsklasse. 2.3.1.1 Unterscheidung zwischen Dimensions- und Wertadjektiven In der Literatur zum Adjektiv werden meist zwei Mengen graduierbarer Adjektive unterschieden: 1. Wertadjektive (schön/hässlich) und 2. Dimensionsadjektive (hoch/niedrig). Die Unterschiede werden hinsichtlich der Relativität und Kontextabhängigkeit sowie den Folgerungseigenschaften in Vergleichssätzen und/oder der Art der zugrunde liegenden Skala angegeben. Hamann (1991) und Varnhorn (1993: 17ff.) beispielsweise nennen u.a. folgende Phänomene bezüglich der Dimensionsadjektive (DA) und Wertadjektive (WA). 71 Varnhorn (1993) verwendet in ihrer Studie die Begriffe nominativ wie Bierwisch und normativ für spezifischen Gebrauch. 113 Maßangaben Gemäß Hamann (1991) können Maßangaben +Pol-DA72, aber nicht -Pol-DA oder WA begleiten, um den Unterschied in der Eigenschaft der Individuen zu spezifizieren, z.B. Hans is three centimeters shorter than Fritz, vs. ? ? ?Belinda is two units more beautiful than Miranda (Hamann 1991: 669). Manche "Einheiten" könnten für WA kontextuell fixiert werden. Bei den WA sind nach Radatz (2001) keine Maßangaben möglich, zudem sind die "Kriterien der Bewertung kaum vorhersagbar" (Radatz 2001: 90). Minuspolige DA in Verbindung mit Maßangaben werden nach Bierwisch (1987) meist als ungewöhnlich oder abweichend bewertet. Die Skalen bestimmter Dimensionen besitzen nach Bierwisch (1987) Maßeinheiten, deshalb sei eine Verbindung mit Maßangaben im Positiv und Komparativ möglich; mit Maßangaben seien Adjektive stets neutral, d.h. nicht normbezogen. Zusammen mit Maßangaben werden relative Adjektive nach Hamann (1991) absolut, da sie nicht mehr normabhängig sind. Bei absolutem Gebrauch erfolge sprachlich expliziter Bezug auf einen Skalenwert, genauer noch auf einen Maßwert. Bei relativem Gebrauch erfolge sprachlich impliziter Bezug auf eine Vergleichsklasse. Nach Bierwisch (1987) sind Adjektive absolut, wenn sie eine vom Bezugsnomen unabhängige Bedingung festlegen. Weder für 'klein' noch für 'schlecht' gelte dies, bei ihnen werde ihre Geltung in Abhängigkeit vom Bezugsnomen durch eine Zusatzbedingung relativiert. Nicht alle graduierbaren Adjektive sind nach Bierwisch (1987) relativ (z.B. Adjektive wie 'voll' - 'leer' müssten als absolut bestimmt werden, insofern sie eine vom Bezugsnomen unabhängige Bedingung festlegen). Varnhorn (1993) kritisiert allerdings, dass bei Bierwisch die Begriffe relativ vs. absolut nur ungenügend präzisiert werden und es unklar bleibe, wie die Begriffe Relativität, Graduierbarkeit, Kontextabhängigkeit und Vergleichsbezug aufeinander zu beziehen und voneinander abzugrenzen sind. Folgerungseigenschaften Komparative von DA involvieren gemäß Hamann (1991) keine Norm, Komparative von WA sind, zumindest beim -Pol, normabhängig. Dies impliziere, dass antonyme Paare von DA inverse Relationen voneinander sind. Dies gelte nicht für WA. Siehe hierzu: Hans is shorter than Franz (impliziere nicht, dass beide short sind), Franz is taller than Hans (impliziere nicht, dass beide tall sind), Hans is better than Fritz (müsse nicht implizieren, dass beide good sind), Fritz is worse than Hans (impliziere, dass beide bad sind) (Beispiele und Bewertungen nach Hamann 1991: 669). Antonyme DA im Komparativ stehen nach Varnhorn (1993) zueinander in konverser Relation, z.B. X ist größer als Y = Y ist kleiner als X. Bei WA sei dies 72 +Pol-Adjektive sind Adjektive, die die Norm überschreiten (grande) und -Pol-Adjektive sind Adjektive, die die Norm unterschreiten (piccolo). 114 nicht der Fall, da der Komparativ hier spezifisch zu werten sei, z.B. X ist klüger als Y (es gilt: X ist klug). Bei DA sei dies nicht der Fall, da z.B. X ist größer als Y nicht zwingend X ist groß impliziere. Im Superlativ sind WA nach Varnhorn (1993) spezifisch, DA neutral73. Nur der Äquativ (Gleichheitskomparativ siehe 2.2.7) pluspoliger DA werde neutral interpretiert. X ist so klein wie Y → X ist klein, X ist so groß wie Y → *X ist groß. Quantifizierungsfragen Bei Quantifizierungsfragen, also Fragen, durch die das Ausmaß des Zutreffens der jeweiligen Eigenschaft erfragt wird, z.B. "Wie ADJ ist N?", werden nach Varnhorn (1993) nur pluspolige DA neutral interpretiert. Solche Fragen mit minuspoligen DA werden als ungewöhnlich oder abweichend bewertet. Quantifizierungsfragen mit WA seien hingegen immer adäquat. Auch Kaiser (1978) behandelt die Asymmetrie zweier antonymer DA wie groß/klein, die sich unter gewöhnlichen Bedingungen nicht symmetrisch verhalten. Sie unterscheidet zwischen spezifischem und neutralem Sinn. In spezifischem Sinn sieht sie die jeweiligen Paare als antonym (X ist groß vs. X ist klein), in neutralem Sinn können nur die +Pol-Adjektive auftreten (wie groß ist X? aber *wie klein ist X?). Das Adjektiv, das in spezifischem und neutralem Sinn gebraucht werden könne, sei unmarkiert. Das Adjektiv, das nur in spezifischem Sinn auftreten könne, sei markiert. Bei den DA sei immer das +Pol-Adjektiv unmarkiert, das -Pol-Adjektiv markiert. Antonymie Nach Bierwisch (1987) treten DA infolge ihrer Graduierbarkeit weitgehend systematisch in Antonymenpaaren auf. Nicht-dimensionale Adjektive sind seines Erachtens weniger systematisch in Antonymenpaaren organisiert, zum anderen verhalten sich die jeweiligen Paare anders als die DA. Gemäß Radatz (2001) organisieren sich die WA als Varianten eines einzigen Antonymenpaars, nämlich positiv und negativ. Dies steht im Gegensatz zu Aussagen von Seiler (1978: 311), wonach sich WA nicht in Antonymenpaaren manifestieren. Die Antonyme sind nach Bierwisch (1987) bei den WA weniger direkt aufeinander bezogen als bei den DA. Während der relative Charakter und auch der Unterschied zwischen Dimensions- und Wertadjektiven im Prinzip mit verschiedenen Bedingungen der Graduierung zusammenhänge, ergebe sich der Unterschied zwischen transparenten und nicht-transparenten Adjektiven aus einem ganz anderen Aspekt der semantischen Struktur. Bei der Unterscheidung von transparenten und nicht-transparenten Adjektiven geht es um die Fixierung der Eigen73 Auf die Verhältnisse bei Elativ geht sie nicht ein. Unklar ist, ob sie den Elativ zum Superlativ rechnet oder nicht. 115 schaft oder Dimension, auf die sich die Graduierung bezieht. Ein Adjektiv ist nach Bierwisch transparent, wenn es eine konstante Bedingung, bezüglich derer eine vergleichende Wertung vorgenommen wird, festlegt. Nichttransparente Adjektive binden diese Wertung an wechselnde Eigenschaften des qualifizierten Objekts. Sie enthalten mithin einen weiteren Parameter, dessen Wert kontextuell - in der Regel durch eine entsprechende Bedingung, die das Bezugsnomen angibt – festgelegt wird. Die variierende Interpretation von gut/schlecht sei dafür das augenfälligste Beispiel. Laut Bierwisch (1987) besteht eine weitgehende Entsprechung von transparent-DA und nicht-transparent-WA. Varnhorn (1993) kritisiert, dass der Beweis der Transparenz eines Adjektivs entscheidend von der Wahl des Bezugsnomens abhänge. Alternative Wertungen seien auch dann möglich, wenn der Wertungsaspekt variiere. Szabó (2001: 127) führt die falsche Folgerung an: Sue is a good dancer. Sue is a pianist. *Sue is a good pianist. Zum Versuch einer Erfassung der Kontextabhängigkeit von good siehe Szabó (2001). Er diskutiert die Annahme ob good besser als Prädikat oder als Prädikatmodifikator zu analysieren ist (siehe auch 2.2.5). Er entscheidet sich für eine Erfassung von good als kontextabhängiges, unvollständiges Prädikat74. Skalenbezug - Normen Antonyme DA haben nach Bierwisch (1987) unterschiedlichen Skalenbezug auf der gleichen Skala, antonyme WA haben gleichen Skalenbezug auf verschiedenen Skalen. Lang/kurz usw. beziehen sich auf die gleiche Dimension, legten aber auf der Skala entgegengesetzte Vergleichsrichtungen fest. Adjektive wie faul oder gut wiesen andere Merkmale aufgrund des unterschiedlichen Skalentyps auf. Der eingeführte Normbezug hat unterschiedliche Grundlagen für DA und WA. 'Größer als der Durchschnitt der Vergleichsklasse' gelte nur für DA. Auch negative DA spezifizieren immer einen positiven Wert auf der Skala des Antonyms, für ein negatives WA gelte das in dieser Weise nicht. Nur in spezifischer Verwendung seien DA normbezogen. Auch WA treten nach Bierwisch (1987) sowohl in neutralem als auch in spezifischem Gebrauch auf. Bierwisch unterscheidet nach Leisi (1953) folgende vier Normen: Klassennorm, Funktionsnorm, Erwartungsnorm, Proportionsnorm. Nach Varnhorn (1993) sind Entscheidungen über den durchgehend spezifischen Gebrauch von WA nicht eindeutig. Unsicherheiten bei der Beurteilung sieht sie teilweise adjektiv- und teilweise kontextbedingt. Unberücksichtigt bleibt nach 74 Diese Analyse scheint mit Bierwisch/Lang (1987) kompatibel zu sein, allerdings bezieht sich Szabó (2001) nicht auf sie. 116 Varnhorn (1993) bei fast allen Autoren, dass Adjektive auch ohne Komplement im Komparativ oder Superlativ auftreten, ohne dass ein solches Komplement mühelos aus dem Kontext ergänzt werden könnte. Nach Radatz (2001) verlangen DA einen "objektbezogenen Vergleichsstandard", der entweder durch das allgemeine Weltwissen oder durch die konkrete Situation erschlossen werden kann. Bei allen DA wisse der Sprecher, wo in etwa der "neutrale Standardwert" liege, der natürlich in Abhängigkeit vom nominalen Konzept variabel sei. "'Klein' bedeute demnach soviel wie 'merklich kleiner als die als unstreitig angenomme Normalgröße der Vertreter dieser Kategorie'" (Radatz 2001: 85). WA bezeichnen nach Radatz hingegen keine "objektiv nachweisbare Eigenschaft [...], sondern eine subjektive Reaktion des Sprechers" (Radatz 2001: 88). Seines Erachtens sind WA deshalb sprecher- bzw. sprechaktbezogen. Gemeinsamkeiten Es bestehen nach Hamann (1991) u.a. folgende Analogien zwischen DA und WA: 1. Sie bilden Antonymenpaare. 2. Sie verlangen den Bezug auf eine Vergleichsklasse. 3. Sie sind graduierbar und können einen Komparativ bilden. 4. Es besteht eine extensionale Lücke (dies ist im Antonymiebegriff bereits impliziert). Bierwisch (1987: 108f.) erwähnt, dass DA sekundär als WA interpretiert werden können. Allerdings untersucht er die DA als sekundäre WA nur hinsichtlich der Graduierung. Er betrachtet Sätze wie Der Tisch ist so niedrig wie er schmal ist (Bierwisch 1987: 237ff.), in denen die DA sich seines Erachtens bezüglich der Graduierung wie WA erfassen lassen. Bei WA wie gut werde die kontextbezogene Interpretation jeweils durch die Bezugsgröße fixiert (guter Wein vs. guter Arzt). Eine Vergleichsklasse könne extensional, d.h. durch ihre Elemente, oder intensional, d.h. durch ihre Eigenschaften, determiniert sein. Laut Bierwisch (1987) gibt es aber keine grundlegende Struktur für alle WA wie es sie für DA gibt. Es besteht seines Erachtens auch keine klare Klassengemeinschaft der graduierbaren Adjektive; die Grenze zwischen absoluten und graduierbaren Adjektiven sei nicht strukturell begründet. WA würden nur graduierbar relativ zu einer Vergleichsklasse. In der Skala eines WA gibt es nach Bierwisch auch keinen Normwert. Stattdessen sei der Nullpunkt abhängig von der jeweils relevanten Vergleichsklasse. Varnhorn (1993) kritisiert die angeblich klare Trennung in Wert- und Dimensionsadjektive. Sie vertritt folgende Thesen:75 1. Nicht nur die Menge der DA sei durch Bezug auf eine durch den Kontext determinierte Vergleichsmenge charakterisiert. 2. Die Vergleichswerte bei absolutem Positiv, auf die sich Wert- und Dimensionsadjektive beziehen, unterschieden sich nicht grundsätzlich. 3. Unterschiede bei den 75 Diese nehmen eine Gegenposition zu den üblicherweise in der Literatur genannten Unterschieden ein (Varnhorn 1993:1). 117 Skalen sind ihres Erachtens kein ausreichendes Kriterium für die Unterscheidung der beiden Mengen. 4. Dimensions- und Wertadjektive unterscheiden sich nicht so klar in ihren Folgerungseigenschaften wie allgemein angenommen. 2.3.1.2 Dimensionsadjektive Ziel von Lang (1987) ist die Klärung der genauen Realisierung der Variablen der Dimension in den semantischen Repräsentationen der DA. Im Gegensatz zu Lafrenz (1983) nimmt Lang ein höchst sinnvoll und ökonomisch organisiertes Teilsystem der Lexik bei den DA an. Zur Kritik an Langs modularer Analyse siehe Vandeloise (1992), welcher eine globale Analyse vorschlägt.76 Unterschiedliche DA stellen nach Lang (1987) unterschiedliche Anforderungen an die Objekte, welche sie modifizieren. Adjektive können beispielsweise ein-, zweioder dreidimensionale Objekte erfordern. Zudem können manche räumlichen Objekte eine positionsbezogene Orientierung haben, z.B. Turm. DA können nun auf eine solche sog. kanonische Orientierung Bezug nehmen, z.B. hoch. Andere Objekte sind hingegen immer normalsituiert interpretierbar. Sie können lediglich eine inhärente Orientierung (oben-unten) besitzen, Lang nennt als Beispiel Grabstein (z.B. durch eine Aufschrift könne eine solche Orientierung erfolgen). Bei diesen Objekten könne sich hoch auf eine dem Objekt inhärente oben-unten Erstreckung beziehen, die nicht mit der Vertikalachse identisch sein müsse. Schließlich nennt Lang (1987) noch Objekte die keine positionsbezogene Orientierung besitzen wie Ziegelstein, Rohr. Hier könne hoch nicht auftreten. Derartige Orientierungsmerkmale sind den Objekten inhärent und müssen bei der semantischen Analyse erfasst werden. Nach Lang (1987) können auch die Adjektive sensitiv bezüglich solcher Orientierungs- und Positionsmerkmale sein. Seines Erachtens sind hoch, breit, tief positionssensitiv, lang, dick, weit hingegen nicht.77 Die Bedeutung von alto/basso löst nach Goy (1997) eine Prozedur aus, die aufgrund einiger Merkmale der Form des Objektes und des gewählten Referenzrahmens ein Merkmal auswählt (die relevante vertikal-orientierte Achse), welches in der Repräsentation der Form des Objektes präsent ist und die unscharfen Werte, die damit assoziiert werden, verändert. Dies trage der wohlbekannten 76 77 Vandeloise (1992) kritisiert vor allem, dass in normaler Sprache zwei- und dreidimensionale Objekte nicht zwingend durch zwei bzw. drei Adjektive modifiziert werden. Allerdings konnte ich keine solche Annahme in Lang (1987) finden. Meines Erachtens geht hieraus klar hervor, dass sowohl bei den Adjektiven, als auch bei den modifizierenden Suffixen, die Bezugsnomina nicht außer Acht gelassen werden dürfen, da diese eventuelle dimensionale, positionsbezogene u.ä. Merkmale als Teil ihrer Bedeutung besitzen. 118 Tatsache Rechnung, dass ihre Bedeutung nämlich in vielen Fällen stark kontextabhängig ist. Ebenso wie Lang (1987) verlangen ihres Erachtens verschiedene Adjektive einen bevorzugten Rahmen und verschiedene Objektklassen besitzen verschiedene Default-Bezugsrahmen. Ziel ihrer Studie ist es, herauszufinden, unter welchen Bedingungen welcher Rahmen verfügbar ist. Laut Lang (1987) genügt es nicht, Größe mit Ausdehnung gleichzusetzen. Ausdehnung werde zu Größe erst durch Begrenzung. Eine durchgängige Begrenztheit des auszuzeichnenden Objekts sei eine semantische Bedingung für die Zuweisung von groß/klein auf räumliche Objekte. Aus diesem Grund sei eine Kombination von groß/klein nicht möglich bei Objekten, die keine klaren Begrenzungslinien besitzen (er nennt u.a. Massewörter wie Nebel, Beläge wie Schneedecke). Groß befindet sich gemäß Lang zwischen Dimension und Quantität. Die Vorkommen von groß/klein mit einer Interpretation, die sich analog zu der von lang, hoch etc. direkt auf Objektabmessungen bezieht (= Da-Gebrauch [dimensionaler Gebrauch]), sind zu unterscheiden von Vorkommen von groß mit einer rein quantifizierenden Interpretation, die sich ebenfalls, wenngleich indirekt, auf die dimensional ausgezeichneten Abmessungen eines räumlichen Objekts beziehen kann (= QGebrauch [quantifizierender Gebrauch])[...] (a) Das Brett ist lang ↔ (b) Das Brett hat eine große Länge ↔ (c) Die Länge des Bretts ist groß. (Lang 1987: 426, Hervorhebungen im Text) Er zeigt dies außer der unterschiedlichen Belegung des Bezugsnomens ("Abstraktum vs. Bezeichnung für ein begrenztes physikalisches Objekt") und der Unmöglichkeit von Maßangaben bei quantifizierender Bedeutung auch anhand der unterschiedlichen Antonyme von groß, gering, minder in quantifizierender Lesart, klein in dimensionaler Lesart. Lang (1987) sieht eine klare Affinität von groß/größer und viel/mehr. Die Paare haben seines Erachtens komplementäre Verteilung: viel/wenig treten im Singular bei Massewörtern auf, z.B. viel Wasser, viel Wind, groß/klein bei Individuativa, wie beispielsweise großer Tropfen, großer Sturm. Er erwähnt eine Kippstelle: Sowohl groß/klein als auch viel/wenig können bei abstrakten Kontinuativa auftreten, z.B. großes/viel Elend, großer/viel Unsinn. Siehe hierzu 5.3. Mit der Reihenfolge bei mehreren (dimensionalen) Adjektiven aus textueller Perspektive beschäftigt sich Guil (1998). Sie geht davon aus, dass bei Präsenz mehrerer DA (besonders in restriktiver Funktion) zugleich eine präferierte Reihenfolge besteht. Diese Reihenfolge umfasst, dass +Pol-Adjektive vor -Pol-Adjektiven auftreten (also unmarkierter Part vor markiertem). Sie begründet dies mit der größeren perzeptiven Prominenz des positiven Pols. Bei Auftreten mehrerer Adjektive zur Bezeichnung unterschiedlicher Dimensionen nennt Guil folgende unmarkierte Reihenfolge: a) die maximale Dimension (Länge) vor Dicke bzw. Länge vor Breite vor Dicke/Tiefe; b) bei orientierten Achsen: Vertikalität vor Maximalität (Höhe, Breite, Tiefe oder Höhe, Länge, Breite). Eine Veränderung der unmar- 119 kierten Reihenfolge findet nach Guil (1998) nicht arbiträr statt. Die veränderte Reihenfolge könne beispielsweise auf dem Respektieren des Topic, auf oppositionellen Kontexten oder auf der Präferenz, längere Konstituenten nachzustellen, beruhen. 2.3.1.3 Wertadjektive Vendler (1963) versucht, eine Grammatik für das Adjektiv good zu schreiben. Ausgehend von philosophischen Überlegungen unterteilt er in mehrere Lesarten von good in unterschiedlichen syntaktischen Kontexten und bei unterschiedlichen Nomina. Er betrachtet insgesamt, welche Verbindungen zwischen Adjektiven und ihrem Bezugsterm bestehen können. Dies erlaubt ihm einerseits eine Klassifikation der Adjektive, als auch den Gebrauch eines Adjektivs aufzustellen (was er nur am Fall von good skizziert). Seine Bedeutungsangaben sind wie folgt (Vendler 1963: 449ff.): (I) ADJ N — N ist ADJ (II) ADJ N — N ist ADJ für ein N (III) ADJ N — N [V] DA 79 (IV) ADJ N — N ist ADJ zu V red hat (=the hat is red), she is a beautiful dancer (= she is beautiful) 78 small elephant (= small for an elephant), good king (= good as a king) she is a beautiful dancer (= she dances beautifully), fast horse (= the horse runs fast) good meal (= good to eat) Für die verbleibenden Kontexte liefert Vendler keine Bedeutungsangaben mehr, deshalb sollen hier nur Beispiele wiedergegeben werden. (V) John is good to help his brother - It is good of John to help his brother, (VI) It is possible for you to work und It is impossible for me to succeed und (VII) It is good for you that I go away. Für das Adjektiv good sind nach Vendler die Bedeutungen (III), (IV), (V) und (VII) möglich. Katz (1964) liefert einen Ansatz zur Erfassung des Problems der Abhängigkeit der Bedeutung des Adjektivs vom Nomen, welches es modifiziert. Er untersucht die unterschiedlichen Bedeutungen, welche das Adjektiv good in Verbindung mit verschiedenen Nomina haben kann. Der zentrale Gedanke ist, dass die lexikalischen Einträge der Nomina ein semantisches Merkmal evaluativen Typs haben (Eval), welches je nach Referententyp Informationen enthält, die vom typischen Gebrauch (für z.B. Artefakte oder natürliche Substanzen, bei z.B. Messer, Holz) bis zur Funktion (Komponenten eines Systems, Mitglieder einer Organisation, bei 78 79 Es handelt sich hierbei um einen mehrdeutigen Satz, wie auch (III) zeigt. Zu lesen als Nomen + geeignetes Verb + deadjektivisches Adverb, um solche Fälle wie she is a beautiful dancer - she dances beautifully zu erfassen. Dieser Satz stellt einen Spezialfall dar, da das Verb die Basis des deverbalen Nomens ist. In anderen Fällen scheint die richtige Wahl des Verbs dem Weltwissen überlassen zu sein. 120 z.B. Herz, Mittelstürmer) reichen.80 Das Adjektiv good könne dann nur auf die Nomina angewandt werden, die ein solches evaluatives semantisches Merkmal besitzen. Demnach besitze good keine eigene Dimension, auf der die bewertende Operation abläuft, sondern benutze die semantische Information des Nomens. So könne der Tatsache Rechnung getragen werden, dass ein gutes Messer gut schneidet. Durch dieses Vorgehen werden unzählige Lesarten von good vermieden. Nach Katz (1964) ist die Bedeutung von good eine Funktion, die über andere Bedeutungen operiert, selbst aber kein unabhängiges Attribut ist. McConnellGinet (1979) kritisiert diese Annahme von Katz und zeigt hingegen, dass man nicht ohne Rückgriff auf Weltwissen sowie den sprachlichen Kontext interpretieren könne, worauf sich good bezieht. Sie spezifiziert ihrerseits die Bedeutung von good anhand der syntaktischen Umgebung. 2.3.2 Dimensionsadjektive, die Ausdrucksalternativen zu Suffixen darstellen Bei den DA stellen nur 'groß' und 'klein' in dimensionaler Lesart eine Ausdrucksalternative zu den modifizierenden Suffixen dar. Die anderen DA können nur in nicht dimensionaler Lesart eine Ausdrucksalternative mit den Suffixen eingehen. Die Adjektive, die Thema der Untersuchung sind (Dimensions- und Wertadjektive, also solche zum Ausdruck quantitativer und/oder qualitativer Bewertung), gehören nach Schwarze (1995) zu den typischen Adjektiven und sind relative Adjektive. Insgesamt zu den Ausdrücken räumlicher Dimension in typologischer Hinsicht (mit Bezug auf Höhe, Länge, Breite, Tiefe, Dicke, Größe, Volumen, Abstand) sowie weiterer Literatur hierzu siehe Lang (2001). Wie Bierwisch (1967) gezeigt hat, kann sich groß je nach dem qualifizierenden Nomen bzw. dem weiteren Kontext auf drei Dimensionen oder aber auch auf zwei oder nur eine beziehen, also eine kontextuelle Modulierung im Sinne von Cruse (1986: 52) mit den natürlichen Bedeutungsverschiebungen, die sich aus dem Gebrauch eines Lexems in verschiedenen Kontexten ergeben. Mit groß gebe man einfach Auskunft über die perzeptiv relevante Dimensionalität eines Objektes. Es hänge vom jeweiligen Objekt sowie auch von den geltenden Situationsbedingungen ab, wie viele Dimensionen damit gemeint werden. Groß/klein bilden nach Lang (1987) das Dimensionsadjektivpaar schlechthin, sie sind am wenigsten 80 Es sind diese bei Katz (1964: 752): Evalus, Evalfn, Evalpu, Evaldu (die Subskripte stehen für 'use', 'function', 'purpose', 'duty'). 121 spezifisch, nahezu universell auf räumliche und abstrakte Objekte anwendbar.81 Sie haben eine unspezifische semantische Repräsentation; es treten bei Informanten schwankende Akzeptabilitätsbewertungen auf für groß/klein mit Bezugsnomina. Hierbei sei zu trennen zwischen Kollokationsbeschränkungen (ungrammatisch, aber interpretierbar) und konzeptueller Unverträglichkeit (nicht interpretierbar). Interpretierbarkeit liegt nach eigenen Informantenbefragungen bei piccolo/grande fast immer vor. Groß/klein haben nach Lang (1987: 427) "zwar keinen Bezug auf eine spezielle Dimension", müssten aber immer "auf eine Dimension bezogen werden [...], deren Träger individualisiert, d.h. als Referent ausgegliedert ist". Groß/klein beziehen sich auf eine Eigenschaft eines grammatisch individualisierten Referenten und zugleich auf eine Eigenschaft (bei Lang 1987 Dimension), die bezüglich ihres speziellen Wertes unspezifiziert ist, soweit dies das Adjektiv als lexikalische Einheit, d.h. außerhalb jedes Kontextes, betrifft. Als spezifische Belegung können nach Lang (1987) z.B. Höhe, Länge, Größe, aber auch Gewicht oder Intensität auftreten. Ohne spezifischen Kontext beziehen sich groß/klein nach Bierwisch (1967) am ehesten auf die perzeptiv am deutlichsten hervorstechende Dimension. Lang (1987) liefert eine modular konzipierte Analyse von 'groß' und 'klein'. Die Auszeichnung eines Objekts X durch 'groß'/'klein' erfolge ganzheitlich, es entstehe ein Gesamteindruck bezüglich aller Dimensionen von X: groß/klein hingegen zeichnet nicht einzelne Achsenabmessungen von x, sondern das I n t e g r a t i o n s r e s u l t a t der Achsenabmessungen von x als Dimension aus. (Lang 1987: 431, Hervorhebungen im Text) Als Defaultwert für 'groß'/'klein' setzt Lang (1987: 432) "Gesamteindruck". In Verbindung mit Gesamteindruck nimmt er an, dass die Bestimmung des räumlichen Gesamteindrucks auf einem "eigenständigen, ganzheitlichen Integrationsprinzip beruht". Abweichenden Gebrauch führt er auf interagierende Kontextfaktoren zurück. Die Interpretation von groß/klein in Bezug auf die menschliche Körperlänge (also Bezug auf nur eine Dimension) im Deutschen ist eine Idiosynkrasie (im Italienischen treten hier alto/basso auf, im Englischen tall/short). Aber auch bei Bezug auf Personen können nach Bierwisch (1967) mehrere Dimensionen gemeint sein. Im Gegensatz zu den anderen DA beziehen sich groß/klein gemäß Lang (1987) weitgehend nicht auf Achsen, sondern auf Flächen. Die Zuweisung und Interpretation von 'groß'/'klein' müsse auf einem "kognitiv elementaren, ganzheitlichen Identifizierungskriterium beruhen" (Lang 1987: 435). Ausschlaggebend für eine solche ganzheitliche Zuweisung und Interpretation von 'groß'/'klein' sei, dass objekt- bzw. objektklassenabhängig ein stabiles proportionales Verhältnis 81 Lang (1987) beschäftigt sich mit dem Adjektivpaar im Deutschen. Seine Ergebnisse sind weitgehend auf piccolo/grande übertragbar (mit Ausnahme der Lesart 'Körpergröße'). 122 der verschiedenen Dimensionen des Objekts bestehe (bei Lang 1987 Normalproportion). Lang (1987: 432) nennt folgende Interpretationsmöglichkeiten für big: big → → → → refers to all relevant extensions refers (in some cases) only to the dominant extension refers to the product of all relevant extensions refers to something like global impression Lafrenz (1983) betrachtet Kombinationsmöglichkeiten mit repräsentativen Teilbereichen aus dem nominalen Wortschatz. Er nennt Nomengruppen mit den Merkmalen: [Mensch], [Körperteil], [Kleidungsstück], [Artefakt] → Konkreta, von Menschenhand erschaffen, ["natürlicher" Gegenstand] und abstrakte Nomina. Bei groß und Antonymen wird auch die Gruppe der Kollektiva mitbetrachtet. Er nimmt eine Lesarteneinteilung vor. Ich möchte jedoch nur auf seine Untersuchung zu groß näher eingehen. Bei groß/klein entstehe Normbezug aus dem Situationskontext. Der Normbegriff sei eine Bezugsgröße, die sich aus dem soziokulturellen Kontext als Konvention ergebe. Lafrenz (1983) nennt folgende Normen: Propositionsnorm; individuelle Erwartungsnorm; Tauglichkeitsnorm. Er unterteilt in drei Oberlesarten: konkretes groß (hier tritt auch quantitatives groß bei Kollektiva auf), groß als Intensitätspartikel (s.u. bzw. Lafrenz 1983: 39ff.) und groß im übertragenen Sinn (s.u. bzw. Lafrenz 1983: 46ff.). Er geht bei allen drei Bereichen auf die einzelnen Nomengruppen ein und versucht festzulegen, auf wie viele Dimensionen sich das Adjektiv jeweils bezieht und welche Antonyme vorliegen. Lafrenz sieht den Gesamteindruck, der durch Modifikation mit groß entsteht, als Produkt aller Dimensionen, also vergleichbar mit der in Lang (1987) vertretenen Auffassung. 1. Groß in konkreter Bedeutung bezieht sich in Verbindung mit Nomina mit ein, zwei oder drei Hauptdimensionen nur auf die Hauptdimensionen, die in einem Gegenstand dominieren oder auf Dimensionen, die "sichtbar" sind, z.B. bei Tisch, See auf die Fläche; bei Wagen, Haus auf alle 3 Dimensionen. In Bezug auf Personen ist nur die maximale Ausdehnung betroffen. Lafrenz (1983) betrachtet sowohl unterschiedliche Bezugsnomina wie Personen, Körperteile, Kleidungsstücke und Artefakte als auch den Zusammenhang mit den anderen Adjektiven wie dick, lang, weit usw. Bei jeder Nominalgruppe nennt er auch das jeweilige Antonym. Auf die Einzelheiten möchte ich nicht eingehen, da es sich zum Teil klar um Idiosynkrasien handelt, die aufs Deutsche beschränkt sind. 123 2. Groß als Intensitätspartikel/Gradpartikel bezeichnet nach Lafrenz (1983) in Bezug auf Abstrakta82 reine Intensität. In Bezug auf Personenbezeichnungen (die Person als Trägerfunktion für eine Eigenschaft oder Tätigkeit) bezieht sich das Adjektiv auf eine Eigenschaft oder Tätigkeit der Person (z.B. Lügner, Optimist, Trinker, Bewunderer). Bei den Nomina agentis ist groß seines Erachtens allerdings nicht mehr als reiner Intensitätspartikel realisiert, sondern nimmt auch in mehr oder weniger starker Form Bezug auf qualitative Bewertung. Bei Personenbezeichnungen, die semantisch pejorativ gefärbt sind, ist groß nicht mehr reines Intensitätswort, sondern referiert - ähnlich wie bei den Nomina agentis - auch auf qualitative Bewertung. Nomina agentis mit qualitativer Bewertung stellten eine Übergangsgruppe zwischen groß als Intensitätspartikel und groß 'im übertragenen Sinn' (siehe nächste Lesart) dar. 3. Bei Groß im übertragenen Sinn besteht nach Lafrenz (1983) in Kombination mit Personenbezeichnungen die Bedeutung aus zwei Merkmalen: [Zunahme des Grades] und [bedeutend]. Das Merkmal [bedeutend] könne sich auf unterschiedliche Aspekte des Bezugsnomens beziehen, gesellschaftliche Hinsicht, Berühmtheit, moralischer Wert. Eine andere Merkmalskombination, [Zunahme des Grades] und [bewertender Aspekt] trete bei Abstrakta auf. Die Ergebnisse von Lafrenz' Untersuchung basieren jedoch nur auf seiner Sprachintuition und Informationen aus Wörterbüchern. Zudem fehlt meines Erachtens ein Versuch der Systematisierung der Daten, bei dem klare Idiosynkrasien als solche gekennzeichnet werden können. Wie sich gezeigt hat, gibt es kaum Untersuchungen zur Polysemie der DA und noch weniger zu den "Passepartout"-Adjektiven groß, klein bzw. piccolo, grande. Groß/klein bzw. piccolo/grande sind die einzigen DA, die sich nicht auf eine spezielle Dimension bzw. ausgezeichnete Achse beziehen. Meistens behandeln Autoren nur die Adjektive als DA, ihre Polysemie wird (abgesehen von kurzen Erwähnungen) nicht weiter untersucht. Speziell zum Italienischen ist wenig zu finden. Studien zum italienischen Adjektiv beschäftigen sich meist mit der post- bzw. pränominalen Stellung des attributiven Adjektivs (siehe 2.2.5.2). Im folgenden Kapitel werden die Adjektive und die modifizierenden Suffixe einer ersten Gegenüberstellung unterzogen. Es sollen zunächst die Unterschiede genannt werden, die sich offensichtlich aus dem Status eines Affixes einerseits und eines Wortes andererseits ableiten lassen. Insbesondere handelt es sich hierbei um den beim Adjektiv möglichen Zugriff von außen auf die bezeichnete Eigenschaft, was wiederum beim Suffix nicht möglich ist. 82 Die Abstrakta werden von Lafrenz (1983) nicht weiter systematisch unterteilt. Er betrachtet beispielsweise Nomina actionis nicht getrennt. 124 3. Kapitel Vergleich von Adjektiven und modifizierenden Suffixen Im Folgenden werden die Adjektive und die modifizierenden Suffixe einer ersten Gegenüberstellung unterzogen. Es sollen an dieser Stelle die Unterschiede genannt werden, die sich offensichtlich aus dem Status eines Affixes einerseits und eines Wortes andererseits ableiten lassen. Insbesondere handelt es sich hierbei um den beim Adjektiv möglichen Zugriff von außen auf die bezeichnete Eigenschaft, was wiederum beim Suffix nicht möglich ist. Anschließend werden erste Unterschiede gezeigt, die sich nicht bereits aus dem morphologischen Status eines Wortes vs. eines Wortbildungssuffixes ergeben. Es soll an dieser Stelle noch einmal an die onomasiologische Vorgehensweise der Arbeit erinnert werden. Grundidee der Arbeit ist, dass die Modifikation im Italienischen für den Ausdruck von 'klein', 'groß', 'gut' und 'schlecht' mittels Adjektiven und modifizierenden Suffixen erfolgen kann. Im Rahmen der lexikalisch-funktionalen Grammatik wird angenommen, dass eine funktionale Information an mehreren Stellen der K-Struktur (Konstituentenstruktur) auftreten kann. Natürlich gibt es auch andere Verfahren zum Ausdruck dieser Bedeutungen, beispielsweise durch Präfixe wie mini-, maxi-, malusw.83 In dieser Arbeit soll es jedoch nur um die Ausdrucksalternative zwischen Adjektiven und modifizierenden Suffixen gehen. Sowohl bei der Modifikation durch Adjektive als auch bei der durch Suffixe kann die Bedeutung der modifizierten Bildung (Nominalphrase bzw. deriviertes Nomen) als Resultat der Anwendung des Prädikats des Modifikators (Suffix/Adjektiv) auf das Prädikat der Basis/des Bezugsnomens gesehen werden. Aber auf das Prädikat des Modifikators in Form eines Adjektivs kann weiter zugegriffen werden. Es kann z.B. der Grad seines Zutreffens näher bestimmt werden, wie bereits gezeigt. Dies ist beim durchs Suffix ausgedrückten Prädikat nicht möglich. 3.1 Statusunterschiede Viele Beschränkungen auf Seiten der modifizierenden Suffixe im syntaktischen Bereich beruhen natürlich auf dem morphologischen Status eines Affixes - also eines gebundenen Morphems - vs. dem des Adjektivs als Wort.84 Adjektive treten in Phrasen auf, Suffixe in Wörtern. Aber auch diese grundsätzlichen Unterschiede 83 84 Interessanterweise scheint es auch bei den Präfixen keine Entsprechung für positive qualitative Bewertung (ohne quantifizierende Bewertung) zu geben. Diese Unterschiede zwischen Suffix und Adjektiv sind klar morphologisch bedingt, mit syntaktischen und semantischen Folgen. Ausgehend vom semantischen Typ besteht hingegen kein Unterschied zwischen Suffix und Adjektiv (persönliche Mitteilung von Klaus von Heusinger). 125 können zeigen, wie sich das Spektrum der syntaktischen Modifikation von dem der morphologischen Modifikation unterscheidet. Die in diesem Abschnitt behandelten Unterschiede gehen über das Suffix hinaus. Meine Untersuchung soll auch auf die allgemeinere Frage nach dem Unterschied zwischen der Lexikalisierung der quantitativ oder qualitativ bewertenden Bedeutung als Wort und dem Ausdruck als Suffix ein neues Licht werfen. Ab dem folgenden Kapitel sollen die modifizierenden Suffixe fast ausschließlich mit nominalen Basen betrachtet werden, andere Derivationsmöglichkeiten sollen außen vor bleiben85, da Ziel der Arbeit eine Ausdrucksalternative zwischen Adjektiven und modifizierenden Suffixen ist. Die Ausarbeitung einzelner sprachlicher Bereiche (z.B. der lautlichen oder der semantischen Ebene) wird eingehend in Kapitel 5 erfolgen. Zunächst möchte ich den syntaktischen Bereich und die offensichtlichen Unterschiede, die sich aus dem Status eines Worts vs. dem Status eines Affixes ergeben, darstellen. Bei den betrachteten Autoren treten höchstens kurze Anmerkungen zu den dargestellten Fakten auf, wenn diese überhaupt erwähnt werden. Bei der Korpusanalyse treten diese Fakten jedoch deutlich hervor. Aus diesem Grund wird im Folgenden durch Beispiele aus dem Korpus illustriert. Attributive und prädikative Funktion Die hier betrachteten Adjektive zum Ausdruck quantitativer und qualitativer Bewertung können sowohl attributiv als auch prädikativ auftreten. Die adjunktive Verwendung sehe ich als Unterform der prädikativen Verwendung an. Wie Goes (1999) erwähnt, können alle adjunktiv verwendeten Adjektive auch prädikativ verwendet werden. Auch Adjektive, die als selbständige Äußerungen auftreten, möchte ich zur prädikativen Verwendung zählen. Für die modifizierenden Suffixe nehmen beispielsweise Dressler/Merlini Barbaresi (1994) und Lepschy/Lepschy (1986), wie in 1.1 erwähnt, an, dass manche der modifizierenden Suffixe auch Wortstatus erhalten können und als Adjektiv v.a. in prädikativer Stellung verwendet werden. In dem von mir untersuchten Korpus86 tritt dieser Fall nicht auf. Außerhalb des Korpus lassen sich vereinzelt Belege für diese Verwendungsweise finden (s.u.). In Zingarelli (1999) treten folgende separate Einträge für die basislosen Suffixe -accio, -ino und -uccio auf (allerdings immer in attributiver Verwendung). Es sind die einzigen der im LIP auftretenden, modifizierenden Suffixe, die mit eigenem Eintrag für die adjektivische Verwendung in Zingarelli (1999) angeführt werden. Siehe beispielsweise: 85 86 Lediglich Besonderheiten im Verhalten von suffixal modifizierten Adjektiven sollen mitbetrachtet werden. Zum Korpus siehe Kapitel 4. 126 ìno [dal suff. alterativo -ino con valore di ripresa o ripetizione espressiva; a. 1879] agg. • (tosc. fam.) Detto di cosa o persona, già espressa in forma diminutiva o vezzeggiativa, di cui si vuole sottolineare ancor più la piccolezza, la graziosità o comunque la caratteristica: un ragazzino proprio ino; un pezzettino, ma ino ino. Im folgenden Beispiel aus einer Zeitschrift findet sich das Suffix -ino in prädikativer Verwendung, mit metasprachlicher Funktion: Su in alto c'è il covo del Maestro, una mansardina - dice spesso - che tanto "ina" poi non è. (Gazzetta dello Sport Magazine, Supplemento della Gazzetta dello Sport N. 48, 1997, 31) Diese "Suffixadjektive" treten scheinbar nur in repetitiver Funktion auf, also echoartig als Wiederholung des Suffixes beim Nomen, wie auch letzteres Beispiel illustriert. Da in meinem Korpus keine diesbezüglichen Verwendungen auftreten, werde ich diese Möglichkeit der Suffixe nicht weiter behandeln, da sie scheinbar nicht zur üblichen Verwendungsweise der Suffixe zählt. Offensichtlich ist diese Verwendung nicht Teil des grammatischen Systems - dies zeigt auch die beschränkte Distribution (sie treten kaum als attributive "Adjektive" auf). Es handelt sich eher darum, mit der Sprache zu spielen. Die Wortspiele zeigen, dass es sich um wirkliche Modifikation handelt. Die Verwendungsweise des Suffixes ohne Basis ist aber gewiss ein Zeichen dafür, dass die Suffixe Prädikate sind. Das fast ausschließliche Auftreten nach der Kopula unterstreicht den prädikativen Charakter, es handelt sich also nicht um reine Pragmatik. Eine Ausdrucksalternative zwischen den Adjektiven und den Suffixen kann also nur in attributiver Funktion, als Modifikator des Nomens, vorliegen (natürlich begründet durch den Status als gebundenes Morphem bei den Suffixen). Nebenbemerkung: Durch modifizierende Suffixe derivierte Adjektive sind in ihrer Distribution diesbezüglich nicht beschränkt, sie treten sowohl attributiv (mit Einschränkungen) als auch prädikativ auf. Prä- und postnominale Stellung Die hier betrachteten Adjektive können in attributiver Verwendung sowohl präals auch postnominal stehen. Die Suffixe sind durch ihren Affixstatus positionsgebunden. Sie können nicht vor dem Nomen, welches sie modifizieren, auftreten. Bezüglich des manchmal mit prä- und postnominaler Stellung verbundenen Funktions-/Bedeutungsunterschieds siehe 3.2.1. Nebenbemerkung: Durch modifizierende Suffixe derivierte Adjektive sind in ihrer Distribution in attributiver Funktion eingeschränkt. Sie können in der Nominalphrase nur postnominal auftreten. Diese Restriktion bildet auch ein klares Argument gegen die Hinzunahme des Derivationssuffixes -issimo zu den modifizierenden Suffixen, wie Dressler/Merlini Barbaresi (1994) dies beispielsweise vorschlagen87. Elativische Adjektive mit -issimo sind bezüglich der Stellung 87 Zudem tritt das Suffix -issimo primär bei Adjektiven auf, die modifizierenden Suffixe hingegen treten primär bei Nomina auf. 127 zum Nomen nicht beschränkt: Sie können prä- und postnominal auftreten. Bezüglich der prädikativen Verwendung siehe oben. Spezifikation des Zutreffens einer Eigenschaft Die durch ein Adjektiv bezeichnete Eigenschaft kann bezüglich des Ausmaßes ihres Zutreffens näher spezifiziert werden. Die hier betrachteten Adjektive sind alle graduierbar, d.h. sie können gesteigert werden. Sie besitzen die Steigerungsstufen Komparativ und Superlativ. Detailliertere Angaben zum Auftreten graduierter Adjektive im Korpus siehe 4.2.1.1. Modifizierende Suffixe sind gänzlich ausgeschlossen bei Komparativstrukturen88, und zwar sowohl mit als auch ohne Maßangabe. Auch zwischen Superlativstrukturen und den modifizierenden Suffixen besteht keine Ausdrucksalternative; bei den Suffixen ist es nicht möglich, einen absolut hohen Grad auszudrücken. Nebenbemerkung: Durch modifizierende Suffixe derivierte Adjektive können hingegen in Komparativ- und Superlativstrukturen auftreten. Siehe hierzu die Beispiele aus dem Korpus: D: E: piu' piccoline per cui anche ora [incomprensibile] ah be' molto piccola. LIP MA24 ...cioe' io posso avere l'unita' didattica di lingua la piu' bellina e raffinata ma se io poi l a somministro per usare un orrendo termine in maniera segretario t'ho mandato un biglietto [si_rivolge_ad_altri] non ti voglio leggilo pero'. LIP FA4 Bei Elativstrukturen besteht hingegen die Möglichkeit einer Alternative. Folgende und ähnliche Beispiele wurden von Muttersprachlern als gleichwertig akzeptiert: Lui ha una casa grandissima - Lui ha una casona Lui ha una casa piccolissima - Lui ha una casetta/casettina Der Grad des Zutreffens der durch das Adjektiv bezeichneten Eigenschaft kann auch durch andere Verfahren als Komparativ- und Superlativstrukturen weiter eingegrenzt oder erweitert werden. Dies geschieht beispielsweise durch Gradadverbien wie molto, poco (un po', un pochetto, un pochino), troppo, abbastanza, enormemente, così89 oder Interrogativpronomina wie quanto, come, vgl. auch Guasti (1991: 321f.). Die Adjektive selbst können durch modifizierende Suffixe oder Präfixe deriviert werden (stragrande, piccolino). Auch eine Kookkurrenz von adverbialer und suffixaler Modifikation ist möglich (troppo bellino, molto bellino). Weiterhin können Adjektive Maßangaben oder präpositionale Komplemente regieren (d.h. die Maßangabe ist Teil der Adjektivphrase), oder die Maßangabe kann als Präpositionalphrase mit di angeschlossen werden. Bei den Suffixen ist nur die Konstruktion als Präpositionalphrase mit di möglich. Allerdings sind -Pol-Ad88 89 Im Lateinischen treten auch Komparativformen mit Diminutivsuffixen auf, vgl. Mutz (2000: 167). Es scheint, dass im Korpus meist Gesten erfolgen, wenn così postadjektivisch auftritt. 128 jektive mit Maßangaben, wie erwartet (siehe hierzu 2.3.1.1), ungewöhnlich und wurden bei Informantenbefragung abgelehnt. Man findet also folgende Möglichkeiten: Maßangabe ist Teil der AP Maßangabe ist nicht Teil der AP una casa grande 100 metri quadri ?una casa piccola 20 metri quadri *una casona 100 metri quadri *una casetta 20 metri quadri una casa grande, di 100 metri quadri90 una casa piccola, di 20 metri quadri91 una casona di 100 metri quadri92 una casetta di 20 metri quadri93 In diesen Fällen liegt keine Ausdrucksalternative für die Suffixe vor, da die Maßangabe ohne Präposition angeschlossen wird und Teil der Adjektivphrase ist. Im LIP wurde nur eine Okkurrenz mit suffixal modifiziertem Nomen und Präpositionalkomplement gefunden. Es handelt sich um eine zeitliche Bestimmung mit der Präposition di. io invece mi son fatta un bel riposino di un'ora. LIP FA1 Allerdings besitzt auch das unmodifizierte Nomen die Fähigkeit, mit dem Komplement aufzutreten (vgl. un riposo di un'ora) und stellt also somit keine Fähigkeit des Suffixes dar. Handelt es sich bei den Präpositionalkomplementen jedoch nicht um Maßangaben, sondern um Obliquen mit di oder a, die vom Adjektiv regiert werden, so besteht keine Ausdrucksalternative. Im folgenden Beispiel mit Präpositionalkomplement mit a besteht keine Ausdrucksalternative. Die Präpositionalphrase ist abhängig vom Adjektiv und besetzt Obliquusposition. Die Präpositionalphrase modifiziert das Adjektiv nicht, sondern ist ein syntaktisches Argument des adjektivischen Prädikats. e la pacificazione di questi eh di queste tensioni e' un argomento molto caro al potere. LIP RC3 Durch den Affixstatus sind die Suffixe ausgeschlossen von analytischen Prozessen, bei denen ausschließlich auf die Eigenschaft Bezug genommen wird (z.B. Angabe des Grades oder Maßes, in dem die Eigenschaft zutrifft, wenn sie durchs Adjektiv ausgedrückt wird). Nominale Basis und modifizierendes Suffix bilden hingegen eine Einheit. Es gibt keine Verfahren, mittels derer man ausschließlich aufs Suffix Bezug nehmen könnte. Somit ist es nicht möglich, Gradangaben aufs Suffix zu beziehen. Das Suffix drückt eine Eigenschaft aus, aber der Grad, zu dem die Ei90 91 92 93 Mit Pause bzw. Akzent auf Maßangabe. Mit Pause bzw. Akzent auf Maßangabe. Mit oder ohne Pause bzw. Akzent. Mit oder ohne Pause bzw. Akzent. 129 genschaft zutrifft, kann nicht näher spezifiziert werden. Ebenfalls nicht möglich ist es, einen Vergleich durch das Suffix zu motivieren, wie dies bei Adjektiven geschieht, z.B. in: ci ha certi problemi lui grandi come una casa # e parla dei problemi. LIP FB12, wird der Vergleich nur durch das Auftreten des Adjektivs motiviert. Ohne das Adjektiv wäre der Satz unverständlich. Das Suffix bildet keine Adjektivphrase und besitzt keine adjektivische Syntax. Hierbei zeigt sich der erste systematische Unterschied zwischen Adjektiven und Suffixen: Adjektive können hinsichtlich des Grades, in dem die durch sie bezeichnete Eigenschaft auftritt, spezifiziert werden, bei Suffixen ist dies nicht möglich. Offenbar eröffnen Suffixe keine Vergleichsstruktur. Zwarts (2000: 431f.) nimmt bei graduierbaren Adjektiven ein externes Grad-Argument in deren Argumentstruktur an. In Vergleichskonstruktionen stellen modifizierende Suffixe also keine Ausdrucksalternative zu den Adjektiven dar. Adjektive, die bereits in ihrer lexikalischen Bedeutung einen komparativischen oder superlativischen Grad implizieren, stellen aus denselben Gründen keine Ausdrucksalternative dar. Es handelt sich um Adjektive wie beispielsweise inferiore oder minuscolo. Adjektive werden also gewählt, wenn der Grad des Bestehens der durch sie bezeichneten Eigenschaft spezifiziert werden soll. Ebenso werden Adjektive gewählt, wenn das Zutreffen bzw. der Grad, in dem die Eigenschaft zutrifft, bewertet werden soll, ohne diese Bewertung zugleich auch für das Nomen gelten zu lassen. Es kann auch spezifiziert werden, wie die Eigenschaft im Verhältnis zu anderen Eigenschaften desselben Bezugsnomens zu sehen ist. Außer den Verfahren zur Spezifizierung, die oben bereits genannt wurden, treten im Korpus u.a. folgende auf: Heckenausdrücke94 (siehe hierzu auch Schwarze 1995: 673ff.) wie z.B. insomma, veramente, piuttosto, non voglio dire, fra parentesi, alquanto, ovviamente, forse, certamente, più o meno, chiaramente, davvero. Als Heckenausdrücke treten u.a. eingeschobene Formeln, nominale Ausdrücke, Adjektive und Adverbien auf. Es treten auch mehrere Heckenausdrücke kombiniert auf, z.B. veramente molto bello. Bei den modifizierenden Suffixen tritt im Korpus nur der folgende Fall auf, in dem eine Spezifikation des Zutreffens der Eigenschaft vorliegen könnte: perche' la ragazza cioe' una una conosco una ragazza che l'ha fatta con un regista che abitano tutti a Roma hanno delle palazzine per loro sono come delle specie di residence 94 "Heckenausdruck [engl. hedge]. Von LAKOFF [1973] eingeführte Bezeichnung für Ausdrücke, die andeuten, in welchem Sinne bestimmte Exemplare von Objekten einer bestimmten Kategorie zugeordnet werden." (Bußmann 2002) sowie "Zwischen dem, was man ausdrücken will und den Kategorien und Lexemen, über die man verfügt, kann eine Diskrepanz bestehen. Das Bewußtsein dieser Tatsache kann signalisiert werden. [...] Sie können erstens den Hörer darauf hinweisen, daß eine Diskrepanz zwischen einem verwendeten Prädikat und dem eigentlich Gemeinten besteht. Solche Signale heißen Hecken." (Schwarze 1995: 673, Hervorhebungen im Text) 130 dove abitano loro quando hanno gli spettacoli e appunto per la Carra' cinque paia di calze quelle dure sai proprio se l'avevate vista ieri allora aveva la minigonna fra l' altro larga quel quel vestitino orrendo orrendo anni non lo so che anni e questa qui le gambe vedevi de<i> dei cosciotti cosi' dei prosciutti ma ma ti metti quelle cose li' in piu' chiare te l e metti scure sai che lo scuro smagra ma chiare. LIP MA15 In diesem Beispiel könnte es so aussehen, als ob von außen auf das modifizierende Suffix Bezug genommen wird und così sich nur auf das Suffix bezieht. Aber diese Deutung passt nicht ins Gesamtbild, wo normalerweise nicht auf das Suffix von außen zugegriffen werden kann. Man könnte hingegen auch annehmen, dass das Suffix -otti und così parallel dasselbe angeben, also sozusagen rekursiv zweimal 'dick'. Der Skopus von Heckenausdrücken ist variabel. Wie folgendes Beispiel zeigt, könnte im Skopus von diciamo nur das Adjektiv, das Nomen oder die gesamte Phrase liegen: con questi voti bassi diciamo. LIP RA9 Bezieht sich die Bewertung auf die ganze Nominalphrase, sollte dies auch bei suffixal modifizierten Nomina möglich sein. Auch wenn im Korpus kein diesbezügliches Beispiel auftritt. Nebenbemerkung: Suffixal modifizierte Adjektive sind hinsichtlich Komparativ und Superlativ nicht eingeschränkt. Auch mit Quantoren und Heckenausdrücken können sie auftreten, allerdings findet sich im Korpus kein Vorkommen mit Präpositionalkomplement. Siehe z.B.: no no ce l'ho ce l'ho # questo qui <??> molto bellino qui sono i colori di quest'anno eh? LIP FE2 cioe' io posso avere l'unita' didattica di lingua la piu' bellina e raffinata. LIP FA4 ma non lo so vedi [incomprensibile] esteticamente e' bruttina. LIP NA6 (es wird über ein Auto gesprochen) B: A: B: ...mo' s'e offesa la madre e quindi pure la sorella eh insomma e' caruccetta ah molto molto molto LIP RB3 Anaphern, pronominale Wiederaufnahme Auf Text- und Diskursebene werden mittels verschiedener diskursiver Verfahren auf dieselben Referenten bei Mehrfachnennung Bezug genommen. Wird ein Referent mittels eines Pronomens verschiedener Art (Personalpronomina, Demonstrativpronomina, Indefinitpronomina etc.) wieder aufgenommen, kann er durch Adjektive modifiziert werden. ...con l'evasione fiscale dei grandi baroni della medicina dei grandi commercialisti dei grandi tutto sono loro i grandi evasori fiscali... LIP FB19 131 Suffixe können in solchen Fällen nicht auftreten, da es sich bei den in Frage kommenden Ausdrücken nicht um geeignete Basen für die morphologische Modifikation handelt. Ebenso können Adjektive Eigenschaften bezeichnen, die Personen zugeschrieben werden, die nicht explizit bezeichnet werden müssen, da das Italienische eine Pro-Drop-Sprache ist (dies trifft natürlich auf Adjektive in prädikativer Verwendung zu). Modifizierende Suffixe sind auch in solchen Fällen ausgeschlossen, da keine geeignete Basis vorliegt. Ebenso kann der Bezug auf einen Sachverhalt erfolgen bzw. sich auf nicht verbal Realisiertes beziehen (z.B. jemand zeigt auf ein Objekt und referiert mit questo darauf). # vede_ queste belline a duemila duemila duemila brachette Sloggy a fascia alta duemila LIP FE1 In allen genannten Fällen liegt für das modifizierende Suffix keine geeignete Derivationsbasis vor. Skopus der Modifikation In diesem Abschnitt soll der Skopus des Adjektivs betrachtet werden. Es treten hierbei zwei Fälle auf: 1. kann ein Adjektiv mehrere koordinierte Nominalphrasen modifizieren und 2. kann eine Nominalphrase durch mehrere koordinierte Adjektive modifiziert werden.95 Die betrachteten Autoren geben leider keine syntaktische Analyse für den zweiten Fall. Es scheint nicht unproblematisch zu sein, für diesen Fall einen Strukturbaum anzugeben. 1. Ein Adjektiv kann mehrere koordinierte Nominalphrasen modifizieren, wie folgendes Beispiel aus dem Korpus zeigt: dunque io noto una situazione eh un po' di conflittualita' fra di voi ci sono degli alti e dei bassi notevoli, LIP ME6 In solchen Fällen kann ein modifizierendes Suffix nicht auftreten, es kann nur jeweils seine Nominalbasis modifizieren - nicht mehr. 2. Es können auch mehrere koordinierte Adjektive eine Nominalphrase modifizieren. Nach Angabe der meisten Autoren ist die Reihenfolge meist frei, siehe als gegenteilige Auffassung hierzu jedoch Guil (1998). In solchen Fällen der mehrfachen Modifikation derselben Nominalphrase kann das Suffix theoretisch als Ausdrucksalternative auftreten. Durch mehrfache Suffigierung kann dieselbe Bedeutung wiedergegeben werden - wie bei mehreren Adjektiven, die sich auf ein Nomen beziehen. Sind die Eigenschaften jedoch antonym (z.B. piccoli e grandi feudi), so kann dies nicht durch mehrfache Suffigierung ausgedrückt werden. Bei Suffi95 Siehe auch Schwarze (1995: 479f.) und Nespor (1988). 132 gierung kann nicht explizit gemacht werden, dass es sich um eine komplementäre Beziehung handelt (beispielsweise grande + piccolo), es können lediglich koordinierte Beziehungen ausgedrückt werden (beispielsweise grande + brutto = -one + -accio), Disjunktionen können durch Suffixe nicht wiedergegeben werden.96 Zudem können nur Bedeutungen, die im Spektrum der Suffixe liegen wiedergegeben werden. Im Falle von Bezug auf eine ausgezeichnete Dimension (bei Objekten, die klar mehrere Dimensionen besitzen) kann dies nicht durchs Suffix ausgedrückt werden. Beispiele aus dem Korpus für die mehrfache Modifikation durch ein Adjektiv: in cui il sistema di strade ortogonali # disegna una rete a maglie strette e lunghe . LIP ND3 (Adjektiv mit Bezug auf ausgezeichnete Dimension) ...# possiamo affermare che quello tra la Toscana e Saar e' un accordo emblematico # di come dal basso con piccoli ma significativi passi si possa portare il contributo rilevante alla costruzione della casa comune europea #. LIP FC1 (disjunktive Verbindung der Adjektive) Abstand, mögliche Einschübe zwischen Bezugsnomen und Adjektiv Auch attributive Adjektive müssen nicht unmittelbar vor oder nach dem Nomen auftreten. Es können Einschübe zwischen Adjektiv und Nomen auftreten oder die Adjektive können, z.B. durch so genannte Heckenausdrücke (z.B. davvero, sul serio),97 vom Nomen getrennt sein. Die Suffixe hingegen sind durch ihren Affixstatus positionsgebunden. Zwischen Basis und Suffix kann nichts eingeschoben werden. Bei attributiven Adjektiven (v.a. in postnominaler Stellung) kann der Abstand zwischen Bezugsnomen und Adjektiv sehr groß sein. e' un lavoro e' una legge ovviamente molto complicata e delicata perche' non e' una legge cosi' <F> [onomatopea_per_rumore_ improvviso] allora l'atto a casa un milione al mese cosi' a a a scatola chiusa. LIP FB19 Ebenso ist natürlich bei suffixaler Modifikation eine Negierung ausgeschlossen, die bei den Adjektiven etwa durch eine Litotes auftreten kann, siehe beispielsweise: 96 97 Nicht ausreichend untersucht ist bisher auch die genaue Beziehung bei mehrfacher Suffigierung eines Nomens. Es ist nicht unmittelbar klar, ob eine koordinierende oder eine subordinierende Beziehung vorliegt. Eine Untersuchung dieses Phänomens kann im R a h men dieser Arbeit leider nicht geleistet werden, da auch das Datenmaterial diesbezüglich nicht sehr zahlreich und oft nicht klar zu deuten ist. Weiterhin treten im Korpus u.a. auf: davvero, anche, estremamente, un po'/un poco, v e r a mente, troppo, fra l'altro, piuttosto, abbastanza, così, relativamente, molto, diciamo, d i rei, più o meno, comunque, sostanzialmente, proprio tipo... una vita, fra parentesi, certamente, non, altrettanto, qualche volta, un po' più, anche, per altro, quanto, magari, sul serio, talmente, un pochetto, così X che. 133 all'interrogazione dice maga<ri> magari credevo di prendere di piu' cre<devo> credevo di prendere_ di avere un voto non dico buono ma discreto ma_ ora ho parlato co'_ quella di_ # con la XYZ. LIP FA15 Prädikabilität Adjektive bezeichnen Eigenschaften, die sich nicht nur auf durch Nomina bezeichnete Referenten beziehen können. Auch nicht verbalisierte Entitäten des Diskurses, Sachverhalte usw. können mittels Adjektiven Eigenschaften zugeschrieben werden. Bei den modifizierenden Suffixen stellt sich hierbei das Problem der Basis, wie auch schon zuvor gesehen, z.B. bei der Modifikation von Referenten, auf die anaphorisch Bezug genommen wird. Das Suffix braucht ausnahmslos eine Basis. Nebenbemerkung: Das modifizierende Suffix kann natürlich das Adjektiv modifizieren (sozusagen als zusätzliche quantitative oder qualitative Bewertung). Im Gegensatz zu den Adjektiven können die durchs Suffix ausgedrückten Eigenschaften auch nicht erfragt werden. Quantifizierungsfragen wie "Wie ADJ ist X?" sind bei den Suffixen nicht möglich. Insgesamt ist festzustellen, dass Adjektive auf Vergleichskonstruktionen spezialisiert sind, Suffixe treten hier nicht auf. Auf syntaktischer Ebene sind Suffixe erwartungsgemäß sehr eingeschränkte Ausdrucksmittel, aber wie verhält es sich auf semantischer und konzeptueller Ebene? Im Folgenden soll die semantische Ebene einer (ersten) Sichtung unterzogen werden. Dies soll wieder mit der Fragestellung geschehen, ob sich erste deutliche Unterschiede zwischen Adjektiven und Suffixen ziehen lassen. 3.2 Semantische Restriktionen der Suffixe 3.2.1 Restriktive und deskriptive Funktion Bei den Adjektiven kann eine syntaktische Variation (prä- oder postnominale Stellung) auftreten. Diese syntaktische Variation kann eine semantische (siehe 2.2.6) oder eine konzeptuelle (siehe 2.2.6.1) Variation signalisieren. Wie in 2.2.6 beschrieben, können Adjektive restriktive oder deskriptive Funktion haben. Dort, wo die Stellungsvariation keinen konzeptuellen Unterschied signalisiert, besitzen postnominale attributive Adjektive restriktive Funktion, pränominale Adjektive hingegen deskriptive - also eine semantische - Variation. Wie sieht es nun bei den Suffixen aus? Wie bereits erwähnt, sind sie positionell gebunden. Aber können sie restriktive und deskriptive Funktion haben, oder sind sie auf eine Funktion beschränkt? Verschiedene Beispiele aus dem Korpus sollen dies illustrieren. 134 Im folgenden Beispiel stehen sich grandi cuochi und cuochini gegenüber: che sono fondamentalmente alcune arti culinarie per esempio l'arte di servire un piatto a partire dalle ricette # certo in passato <??> grandi cuochi ora_ si arriva anche ai cuochini normali insomma quelli che # si danno da fare intorno ai fornelli in mancanza di meglio e h ai quali vengono comunicate delle ricette eh magari da_ eh da pubblicazioni adeguate_ che dicono tutto pero' eh immaginate che accada che in queste pubblicazioni mettiamo # cucchiaio d'oro d'argento o la vera cucina italiana o altre cosine italiane LIP ND4 Aus erster Sicht könnte man schließen, dass ein semantischer Kontrast zwischen grandi cuochi und cuochini vorliegt. Aber dieser Kontrast rührt wohl eher vom Adjektiv normali bei cuochini her: Das modifizierende Suffix scheint die restriktive Funktion vielmehr zu unterstützen. Im folgenden Beispiel werden bei gattoni selvatici den gattini domestici gegenübergestellt: il gatto e' resta comunque sempre un animale sacro e siccome e' stato sacro in certi paganesimi i gatti che sono quei bei gattoni selvatici non gattini domestici gatti che tirano il fioc<co> il cocchio della <?>. LIP FD15 Auch hier wird die restriktive Funktion zusätzlich durch die modifizierenden Suffixe unterstützt. In folgendem Beispiel könnten bei la gonna und il gonnellone unterschiedliche Referenten vorliegen. Allerdings bezeichnet gonna vermutlich keinen bestimmten Rock, sondern vielmehr den Oberbegriff, welcher dann durch den Referenten von gonnellone spezifiziert wird. Eine restriktive Funktion des Suffixes kann sich nicht wirklich festmachen lassen. forza che abbiamo anche la confezione_ # la gonna il gonnellone la maglietta co' le < ? ? > hai trovata il colore? hai visto che bella quella co' questo <???>. LIP RE1 Im folgenden Beispiel erfolgt eine Aufzählung, uomini vs. mezzi uomini vs. uominicchi: B: A: B: come faceva Sciascia ci sono uomini mezzi uomini uominicchi e quaquaraqua' allora ma te sei un uomo <?> ma io non sono niente. LIP FB16 Es wird ein Paradigma aufgezeigt, in welchem Grade es sich um Menschen handelt. Allerdings ist es schwierig, an dieser Stelle von wirklich restriktiver Funktion zu sprechen. Zudem handelt es sich um ein literarisches Beispiel. Für die deskriptive Funktion des Suffixes lassen sich hingegen zahlreiche Belege im Korpus finden. In folgenden Beispielen gibt das pränominale Adjektiv analoge Information zum Suffix: 135 entrera' a casa vostra con una proposta mai vista attenzione lo dico a tutta l'Italia perche' in questo momento siamo in diretta nazionale attenzione Scatto la proposta dell'anno Scatto XYZ attenzione per due milioni novecento e novantamila lire pagabili anche a rate versando un comodo acconto di seicento e novantamila lire e il resto con comode rate con qualche piccola spesuccia commerciale avrete una grande immensa batteria da cucina valore commerciale un milione di lire. LIP NE10 A: C: non era il soprannome era i problemi del lessico con il futuro remoto anzi ricordate si ricordi lei e' il nove alle eh sedici e trenta a Coroglio pero' visto che Bobbio si e ' tirato indietro non ci vediamo piu' in quella squallida stanzaccia e ci riuniamo a Coroglio chi coordina le_. LIP NA5 Manche Adjektive besitzen in Verbindung mit bestimmten Nomina, wie bereits in 2.2.6.1 dargestellt, eine konzeptuelle Variation, die durch prä- oder postnominale Stellung signalisiert wird. Beispiele aus dem Korpus sollen dies illustrieren. In den folgenden Beispielen modifiziert grande in Bezug auf Bedeutung/Wichtigkeit/Wert des Referenten: B: A: ah ma voi siete un grande uomo grazie signorina Clara. LIP NE6 ...con l'evasione fiscale dei grandi baroni della medicina dei grandi commercialisti dei grandi tutto sono loro i grandi evasori fiscali ... LIP FB19 Folgendes Beispiel zeigt grande in Bezug auf Größe/Alter des Referenten: quasi sedici ma perche' io ci avevo quattordici anni e sta ragazzina me rompeva le palle a me cioe' me dava fastidio che lei <??> sai perche' non perche' gli cioe' gli piacevo ma gli piacevo ma nel senso sai quando uno vede il ragazzo piu' grande. LIP RB3 Nachfolgend entspricht omino der Bedeutung von piccolo uomo (in Bezug auf Bedeutung/Wichtigkeit/Wert des Referenten): ma poi chi approva questa gente che noi abbiamo eletto in una democrazia dovrebbe valere automaticamente ma no signori_ non vale prima di diventare legge effettiva deve passare attraverso il controllo di un omino di un granello di polvere che ci ha inviato_ ci h a inviato questa classe politica e che si chiama commissario di governo . LIP MD13 Bei folgendem Beispiel entspricht omone hingegen uomo grande (in Bezug auf Größe oder Statur des Referenten): B: A: Vespa Vespa non e' penso che e' un omone ahah Vespa no Vespa era era terrificante quando ha fatto la_ l'intervista era pallido pallido non si era messo il cerone per cui aveva tutti i nei tutti i nei qua. LIP MA1 Adjektive und Suffixe unterscheiden sich demzufolge hinsichtlich restriktiver und deskriptiver Funktion. Das Suffix kann die restriktive Funktion nicht allein ausüben, es kann lediglich unterstützend auftreten. Die konzeptuelle Variation, die beim Adjektiv durch prä- und postnominale Stellung signalisiert wird, kann beim Suffix hingegen auftreten. Aber das Suffix besitzt, wie bereits erwähnt, natürlich 136 keine syntaktische Variation, weshalb kein formaler Unterschied den konzeptuellen Unterschied signalisiert. 3.2.2 Dimensionsbezug Die meisten dimensionalen Adjektive referieren auf spezifische Dimensionen eines mehrdimensionalen Objekts. Lang/kurz beziehen sich beispielsweise auf die maximale Dimension eines Objekts - die Länge (vgl. Bierwisch/Lang 1987). Solche Adjektive, die sich auf eine spezifische Dimension eines mehrdimensionalen Objekts beziehen, stellen in dimensionaler Lesart keine Ausdrucksalternative zu den Suffixen dar, da die Suffixe keine ausgewählte Dimension von mehreren auswählen können. Es besteht lediglich die Vermutung, dass das Suffix -otto sich auf eine Dimension spezialisiert hat.98 Adjektive, die mit den modifizierenden Suffixen eine Ausdrucksalternative eingehen können, besitzen keine komplexe Semantik. Aus diesem Grund stellen piccolo und grande die besten Kandidaten für eine Ausdrucksalternative dar. Im folgenden Beispiel zeigt sich jedoch, dass grande nicht immer einen dimensionalen Gesamteindruck bezeichnet, sondern auf eine Dimension beschränkt sein kann, auch wenn dies erst durch weitere Spezifizierungen klar wird. Im vorliegenden Fall bezieht sich das Adjektiv auf den Durchmesser der Tischplatte, was allerdings erst durch die zusätzliche Angabe der Höhe des Tisches klar wird. e l'altro e' proprio un tavolo grande ahah quarantasei centimetri con un'altezza di cinquantaquattro le gambe sono tutte raccolte da un cerchio in massello e i quattro tavolini infilati occupano pochissimo spazio si rivelano estremamente utili nel momento in cui avrete bisogno di tanti piccoli piani d' appoggio ahah. LIP RD11 Hieraus zeigt sich, dass kein Adjektiv grundsätzlich eine Ausdrucksalternative mit dem Suffix eingeht bzw. ausgeschlossen ist. Aus diesem Grund werden die Adjektive in sämtlichen Vorkommen im Korpus weiterhin berücksichtigt. 3.2.3 Polysemie Es gibt zahlenmäßig weniger modifizierende Suffixe als Adjektive. In räumlicher Lesart stellen die Adjektive, wie oben bereits erwähnt, mit Ausnahme von piccolo, grande, keine Ausdrucksalternative, da die Suffixe keine Dimension klar auszeichnen. Die Adjektive alto und basso in räumlicher Lesart spezifizieren klar die betroffene Dimension als vertikal. Bei den modifizierenden Suffixen ist dies nicht der 98 Nach Angabe mehrerer muttersprachlicher Informanten wird cuscinotto als kleines, aber dickes Kissen verstanden. 137 Fall, da sie keine Dimensionen spezifizieren; die von der Modifikation betroffene Dimension ist eher als Gesamteindruck zu interpretieren. Siehe folgendes Beispiel aus dem Korpus: B: A: eh che e' un castello gonfiabile eh per farti cosi' render conto alto_ due metri largo quattro metri per quattro mh LIP RE8 Die modifizierenden Suffixe stellen auch keine Ausdrucksalternative im Fall der räumlichen Anordnung oder Position dar (wie dies z.B. durch alto/basso ausgedrückt werden kann). Sie können zwar beim selben Bezugsnomen auftreten, drücken aber räumliche Vergrößerung bzw. Verkleinerung desselben aus, nicht dessen Position. Im folgenden Beispiel aus dem Korpus wurden in Fettdruck räumliche Anordnung, in Unterstreichung ausgezeichnete Dimension markiert: i forellini sono traslati uno sulla parte alta della zona stretta e uno sulla parte alta della zona larga. LIP ND13 Bei der Analyse der Okkurrenzen des Adjektivs breve hat sich gezeigt, dass die Ausdruckskraft der modifizierenden Suffixe bei zeitlicher Ausdehnung (als Untergruppe von Quantität) eingeschränkt ist. Sie scheinen hier keine wirkliche Ausdrucksalternative darzustellen. Das Bezugsnomen muss bereits das Sem [zeitlich] enthalten, um eine zeitliche Quantifizierung durch das Suffix zu ermöglichen. Auffällig ist, dass bei Zeitbegriffen wie ora, anno Diminutive auftreten können, Augmentative dagegen nicht. Über das genaue Auftreten der Polysemie der Adjektive und der Suffixe im Korpus soll es im vierten Kapitel gehen. An dieser Stelle sei nur vorausgegriffen, dass die Adjektive sich auch in Abhängigkeit vom Bezugsnomen auf räumliche, quantitative Bewertungen beziehen können, auf Bewertungen der Intensität oder auf Bewertung der Bedeutung, der Wichtigkeit, des Werts des Bezugsnomens. Wie schon mehrfach erwähnt, ist bezüglich des Ausdrucks von qualitativer Bewertung (Wertadjektive) bei den Suffixen nur der negative Pol vertreten. Die Diminutivund Augmentativsuffixe können zwar zum Ausdruck positiver qualitativer Bewertung dienen, allerdings immer mit (mehr oder weniger deutlicher) quantitativer Komponente. 3.2.4 Vagheit Die in Kapitel 2 bei den Adjektiven festgestellte Vagheit tritt auch bei den Suffixen auf. Es besteht immer ein Bezug auf eine Vergleichsklasse bzw. Norm. Die Vagheit ist als Konsequenz der Bedeutung 'klein', 'groß', 'gut' und 'schlecht' anzu138 sehen, und zwar unabhängig davon, ob das Prädikat als Adjektiv oder Suffix realisiert wird. 3.2.5 Begrenztheit Nach Lang (1987) können Adjektive wie groß/klein nur Nomina modifizieren, wenn diese klare Begrenzungen aufweisen (siehe Kapitel 2). Wie diese Restriktion genau aussieht und in welchem Zusammenhang die modifizierenden Suffixe auftreten können, soll in Abschnitt 5.3 untersucht werden. 3.2.6 Antonymie Die Antonymiebeziehungen bei den Adjektiven finden sich in gewissem Maße auch bei den Suffixen, allerdings mit einer gewissen Asymmetrie. Die Adjektive treten meist in antonymischen Paaren auf (vgl. 2.2.7 und 2.2.9). Bei den modifizierenden Suffixen stehen die Diminutivsuffixe in Antonymierelation zu den Augmentativsuffixen (allerdings nicht paarweise). Die Pejorativsuffixe besitzen jedoch keine Antonyme, da das Italienische keine Suffixe zum reinen Ausdruck der positiven qualitativen Bewertung besitzt. Positive Bewertung kann jedoch sekundär bei den Suffixen zum Ausdruck quantitativer Bewertung auftreten. Über einen Erklärungsansatz für das Fehlen der positiven qualitativen Bewertung auf Suffixseite siehe Guil (1997). Ihres Erachtens werden positiv qualitativ bewertende Adjektive wie buono, bello im Diskurs dahingehend verwendet, dass sie den Mittelwert einer Skala bezeichnen, also der Norm entsprechen: i loro termini positivi [die positiv bewertenden Adjektive] sembrano subire una degradazione venendo a coprire i valori medi della scala, quelli che corrisponderebbero alla norma: si identifica così il normale, l'abituale, lo standard con i valori positivi. (Guil 1997: 26) Sollte Guils Idee zutreffen, so wäre es nur natürlich, dass keine Sprache Suffixe zur Identifikation mit der Norm entwickelt hat, da modifizierende Suffixe ja eine Abweichung von der Norm ausdrücken. 3.2.7 Rekursion Das rekursive Auftreten von Adjektiven und Suffixen ist möglich. Es kann sich hierbei um das Auftreten mehrerer bedeutungsähnlicher Elemente handeln, aber auch um die mehrfache Nennung desselben Elements. Aus diesem Grund wird bei Kookkurrenz von Adjektiv und Suffix nicht ausgeschlossen, dass Suffix und 139 Adjektiv dieselbe Bedeutung ausdrücken können - im Sinne einer Intensivierung der bezeichneten Eigenschaft. Diese Intensivierung kann in verschiedenen Ausprägungen erfolgen, z.B. durch mehrfache Verwendung des Adjektivs (siehe auch Wierzbicka 1986) oder durch mehrfach suffigiertes Nomen. Siehe auch 4.3.1.1. An dieser Stelle möchte ich die Möglichkeiten durch Beispiele aus dem Korpus illustrieren: Suffixal modifiziertes Nomen und Adjektiv: quindi ecco a noi i pulmini piccoli # in questo caso non e' che si debbano prendere apposta per questo servizio qui pero' ci possono sempre far comodo. LIP FA12 tutti_ tutti_ ma tutti dirigenti poi ci avevo con me persino_ la segretaria del partito_ del una delle segretarie di Occhetto [brusio] ecco_ eh <?> una citta' che_ e'_ fra le piu' importanti_ dell'Albania ma siamo proprio al sud dell'Albania siamo molto vicini a l l a Grecia guardate che cosa vendono_ sono delle piccole nespoline_ eh delle prognole si chiamano da noi in Toscana. LIP FD17 B: A: B: A: B: A: sono delle zanzare ma no sono piccolissime # sono sempre zanzare non sono pulci? no no no no e poi sai che cosa ho scoperto_? me ne sono accorta stamattina prima ieri sera_ perche'_ ho visto una cosina piccolissima ho cercato di batterla e poi e' scappata [incomprensibile] poi invece ma che cazzo vuoi ma vaffanculo eh poi invece ho visto attaccato al muro come se fosse una piccola larvina io pensavo che fosse polvere # praticamente uscivano di li' LIP NB32 Suffixal modifiziertes Nomen und zweifache Verwendung desselben Adjektivs: un bacione grande grande. LIP FB11 quel quel vestitino orrendo orrendo anni non lo so che anni. LIP MA15 Nomen und zweifache Verwendung desselben Adjektivs: un bacio grande grande e una buona giornata LIP NB6 Mehrfach suffixal modifiziertes Nomen: E: D: E: D: ci ripenso un attimo guardi che bellina tutta pelle di vitello ahah e'_ un amore come secchiellino e ' veramente un amore ora non c'e' specchio non glielo posso far vedere poi signorina questo e' un vitello ingrassato vede? basta passarci un po' di cera come per le scarpe anche se ci fa un graffiettino_ passa con la cera <??> come_ le scarpe_ via via lei ci passa ogni_ tanto ogni tanto un po' di cera le rimane sempre bello cosi' ci penso un attimo le do un bigliettino signorina del banco? ahaha LIPFE5 Mehrfach suffixal modifiziertes Nomen und suffixal modifiziertes Adjektiv (bei einer Wegbeschreibung): 140 B: A: B: 3.3 a San Giovanni esco si' devi uscire ora a destra mh c'e' una stradettina piccolina ora finisce tutte le volte quand'arrivo qui un mi ricordo mai Napoli_ zona industriale Pogg<io> Poggioreale. LIP NB13 Sprechakte In Sprechakten wie Grußformeln, Verabschiedungsformeln, Glückwünschen etc. treten hauptsächlich Adjektive wie buono, bello, grande etc. auf. Die modifizierenden Suffixe treten zusätzlich hierbei auf, also vielmehr ornamental. Siehe auch 5.4.3 sowie 5.4.4. 3.4 Reichweite als Modifikator In der Rolle als Modifikator sind die modifizierenden Suffixe weniger beschränkt als die Adjektive. Die Suffixe können als Modifikator von Nomina, Adjektiven, Verben, Adverbien und teilweise auch anderer Wortarten auftreten. Die Adjektive treten lediglich als Modifikator von Nomina auf. 3.5 Markiertheit Bei den Adjektiven sind, wie in Kapitel 2 erwähnt, die +Pol-Adjektive unmarkierter als die -Pol-Adjektive. Dies zeigt sich an ihrem Inferenzverhalten und dem Ausmaß ihrer syntaktischen Distribution (Auftreten mit Maßangaben, Fragen nach der Quantität bzw. Qualität). Bei den modifizierenden Suffixen ist die Lage hingegen genau umgekehrt: Die Diminutive sind deutlich unmarkierter als die Augmentative und weniger beschränkt in ihrem Auftreten. Bei der qualitativen Bewertung besteht eine klare Asymmetrie; es gibt nur für den -Pol formal ausgeprägte Suffixe, nämlich die Pejorative. Auch bei der Betrachtung unterschiedlicher Sprachen besitzt eine Sprache mit Augmentativsuffixen immer auch Diminutivsuffixe, der gegenteilige Schluss ist jedoch nicht immer möglich (wie bereits in 1.1 erwähnt). Zusammenfassend lassen sich bereits die ersten klaren Restriktionen für die Suffixe anführen: Die Suffixe sind klar ausgeschlossen, wenn in irgendeiner Weise eine Spezifikation des Grades, in dem eine Eigenschaft zutrifft, erfolgen soll. Weiterhin stellen die Suffixe keine Ausdrucksmöglichkeit dar, wenn keine nominale Basis vorhanden ist. Auch der Skopus des Suffixes ist im Vergleich mit dem des Adjektivs beschränkt. Ebenso kann über eine suffixal ausgedrückte Modifikation 141 keine Litotes erfolgen. Im Falle der Modifikation einer ausgezeichneten Dimension unter mehreren besitzt das Adjektiv die Alleinherrschaft. Schließlich sind die Suffixe ausgeschlossen, wenn lediglich die qualitative Bewertung 'gut' übermittelt werden soll. Im folgenden Kapitel werden nun eingehend die Korpusanalyse und deren Ergebnisse dargestellt. 142 4. Kapitel Ergebnisse der Korpusanalyse Wie bereits in der Einleitung angeführt, beruht die Vorgehensweise dieser Arbeit auf linguistischen Standardmethoden wie der Korpusauswertung und ergänzend der Informantenbefragung. Korpus ist De Mauro et al. (1993) LIP, welches im Folgenden näher dargestellt werden soll. Zudem erfolgen in diesem Kapitel ausführliche quantitative Angaben zu den Adjektiven und Suffixen im Korpus sowie zu den für diese Arbeit erstellten Datenbanken. Weiterhin wird in diesem Kapitel die Bedeutungsvariation der Adjektive und der modifizierenden Suffixe nach ihrem Auftreten im Korpus dargestellt sowie die daraus resultierenden Ausdrucksalternativen. 4.1 Das LIP-Korpus Als Textkorpus werden die auf Diskette gespeicherten Texte des LIP (Lessico di frequenza dell’italiano parlato99) benutzt. Es handelt sich hierbei um eine repräsentative Sammlung100 verschiedener Typen von Sprechakten, Sprechsituationen und Gesprächstypen. Insgesamt umfasst das Korpus 500.000 Wörter, verteilt auf je vier gleichgroße Unterkorpora nach Ort der Aufnahme - Firenze, Milano, Napoli, Roma - und verteilt auf folgende fünf Gesprächstypen (jeweils 100.000 Wörter für alle fünf Gesprächstypen und hiervon 25.000 pro Stadt): A-Bereich (Face-To-Face-Kommunikation, dialogisch mit freiem Turntaking): Hierunter finden sich Gespräche zu Hause, am Arbeitsplatz, im schulischen und universitären Bereich sowie in Freizeiteinrichtungen und Transportmitteln. B-Bereich (Nicht-Face-To-Face-Kommunikation, dialogisch mit freiem Turntaking): Hierunter fallen beispielsweise normale Telefongespräche und Radiosendungen, bei denen angerufen werden kann. C-Bereich (Face-To-Face-Kommunikation, dialogisch nicht mit freiem Turntaking): Hierbei treten Versammlungen verschiedener Gruppen auf, kulturelle Debatten, Zusammenkünfte von Arbeitern, Abhörungen in Grundschulen und höheren Schulen, Universitätsprüfungen, Anhörungen bei Gericht, Radio- und Fernsehinterviews. 99 100 Mit Italiano Parlato wollen die Autoren nur spontane Äußerungen, die den lautlichen Kanal implizieren, verstanden wissen. Sie wollen das gesprochene Italienisch nicht auf Stilregister, wie etwa das Italiano Popolare, reduzieren. Mittlerweile ist das LIP auch verfügbar unter http://languageserver.uni-graz.at/badip Die Sammlung ist repräsentativ im Hinblick auf die unterschiedlichen Gesprächstypen und -konstellationen, ebenso auch im geographischen Sinn. 143 D-Bereich (monologische Kommunikation mit Präsenz der/des Empfänger/s): Hierunter fallen Unterrichtsstunden an Grundschulen und höheren Schulen, Vorlesungen an der Universität, Vorträge verschiedenster Art, Homilien, juristische Reden vor Gericht. E-Bereich (monologische Kommunikation ohne direkte Präsenz des Empfängers): Hier treten vor allem Fernseh- und Radiosendungen auf. Die Unterscheidung der fünf Gesprächstypen spiegelt nach Auffassung der Autoren des LIP die vielschichtige Situation des Italiano Parlato wieder. Sie zeigen mittels ganz unterschiedlicher Evidenzen101, dass die Unterteilung in obengenannte fünf Bereiche gerechtfertigt ist. Die fünf Gesprächstypen lassen sich im Sinne von Koch/Oesterreicher (1990) als Gesamtheit verschiedener Parameter der Kommunikationsbedingungen verstehen. Die von Koch/Oesterreicher (1990: 8f.) angeführten Parameter zur Unterscheidung innerhalb des Kontinuums von Mündlichkeit-Schriftlichkeit sind a) Grad der Öffentlichkeit, b) Grad der Vertrautheit der Gesprächspartner, c) Grad der emotionalen Beteiligung, d) Grad der Situationsund Handlungseinbindung von Kommunikationsakten, e) Referenzbezug (egohic-nunc), f) physische Nähe der Kommunikationspartner, g) Grad der Kooperation, d.h. Mitwirkungsmöglichkeiten der einzelnen Gesprächsteilnehmer, h) Dialogizität, i) Spontaneität und j) Themenfixierung. Die Aufnahmen des LIP fanden versteckt, teilweise mit einem informierten Partizipanten, im Zeitraum von November 1990 bis Juli 1992 statt. Es wurden nur Aufnahmen verwendet, in denen primär die Standardvariante102 des Italienischen auftrat. Transkribiert wurde gemäß den italienischen Schreibkonventionen. Interpunktionszeichen wurden nicht notiert, lediglich Fragezeichen zur Kennzeichnung von interrogativer Intonation. Insgesamt wurden keine Korrekturen an den Äußerungen vorgenommen. Überschneidungen wurden durch Untereinanderstellung der betreffenden Sequenzen notiert. Durch <?> wurden unverständliche Sequenzen gekennzeichnet, wo möglich entspricht die Zahl der Fragezeichen der Zahl der unverständlichen Wörter (bis zu drei). In spitzen Klammern wurden auch rekonstruierte Wortteile geschrieben, z.B. indov<ina>. In Bindestrichen wurden nicht weiter rekonstruierbare Elemente angegeben, z.B. -pe-. Durch # wurden Pausen gekennzeichnet, durch [silenzio] hingegen längere Pausen. Idiomatische Wendungen wie tavola rotonda wurden durch & verbunden, z.B. tavola&rotonda. Vokaldehnung wurde durch Tiefstrich nach dem gelängten Vokal notiert, z.B. 101 102 Es lassen sich u.a. syntaktische und lexikalische Unterschiede finden. Zudem weise auch die automatische Lemmatisierung unterschiedliche Schwierigkeitsgrade je nach Bereich auf. Die Autoren des LIP sind sich natürlich des Kontinuums zwischen Standard und Dialekt bewusst. Es handelt sich jeweils um überwiegend im Standard geführte Gespräche. 144 ciao_. Primäre Interjektionen103 wurden in Ausrufezeichen gesetzt, z.B. !eh!. In eckige Klammern wurden Kommentare bzw. Annotationen zum außersprachlichen Kontext gesetzt, z.B. [risate]. In den Transkripten traten folgende Sprecher auf: gesamt 1653; Frauen 726; Männer 915; Chor 12 (Publikumsstimmen, etc.). Zu Angaben bezüglich Alter, Bildungsgrad und Beruf der Sprecher siehe De Mauro et al. (1993: 50ff.). Bei Korpora wie dem LIP kann man aus den Reaktionen des Gesprächspartners und Anmerkungen wie [lacht], [scherzt] seine Schlüsse ziehen, wenn Unklarheiten über die genaue Intention des Sprechers vorliegen (vor allem, an Stellen, an denen die Intonation nähere Auskünfte geben könnte). Problematisch bei der Arbeit mit LIP sind manchmal die fehlenden Angaben über die Gesprächssituation und die Gesprächsteilnehmer sowie an manchen Stellen nicht ausreichende Angaben zum non-verbalen Geschehen (Gesten, Handlungen etc.). Klar wird auch, dass oftmals Insiderwissen fehlt, um die Gespräche vollkommen nachzuvollziehen. Aus diesem Grund habe ich in meinen Datenbanken, soweit dies möglich war, Angaben zu Gesprächssituation und Gesprächsthema vervollständigt. An manchen Stellen zeigt sich, dass auch prosodische Informationen (v.a. Intonation) große Bedeutung haben und mittranskribiert werden sollten. Insgesamt ist das LIP jedoch klar dazu geeignet, als Grundlage für eine Untersuchung der gesprochenen Sprache zu dienen, da aufgrund der vielfältigen Gesprächskonstellationen ausgewogene Betrachtungen angestellt und auch Unterschiede bezüglich verschiedener Parameter aufgezeigt werden können (z.B. Einflüsse von Formalität vs. Informalität). Zunächst wird nun die Datenbank der Adjektive dargestellt. 4.2 Datenbanken104 4.2.1 Datenbank Adjektiv Insgesamt wurden im LIP 2770 Tokens mit nachfolgenden 91 Adjektiven gefunden und in Datenbank 1 'Adjektiv' erfasst. Nominal, adverbial u.ä. verwendete Adjektive105 wurden nicht berücksichtigt, da sie nicht für diese Arbeit von Interesse sind (hierauf können Abweichungen von den Frequenzangaben in De Mauro 103 104 105 Hierunter fassen de Mauro et al. (1993) solche Formen, die a) keine lexikalische Bedeutung besitzen, sondern eine oder mehrere holophrastische Lesarten haben können und b) eine lautliche Form haben können, die vom normalen phonologischen System der jeweiligen Sprache abweichend sein kann. Bei den Datenbanken handelt es sich um Dokumente in Filemakerformat; für jedes Token wurde jeweils ein Datensatz erstellt, sodass gezielte Abfragen nach unterschiedlichen Kriterien möglich sind. z.B. degli alti e bassi, tenere alto, salire in alto, da piccolo 145 et al. 1993 beruhen). Bei rekursiver Modifizierung durch dasselbe Adjektiv wurde nur einmal gezählt, auch dies kann zu Abweichungen von De Mauro et al. (1993) führen. Es wurden nur prädikativ und attributiv verwendete Adjektive weiter betrachtet. Bei Adjektiven mit mehreren Lesarten wurden zudem nur die Okkurrenzen in quantitativ bzw. qualitativ bewertender Lesart berücksichtigt, also solche, die eine potentielle Ausdrucksalternative zulassen. Im Folgenden sind die Adjektive nach ihrer Frequenz geordnet, in Klammern stehen die Zahlenangaben des Auftretens im Korpus: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 106 bello (471) grande (456) buono (349) piccolo (231) grosso (120) caro (92)106 lungo (76) alto (68) forte (65) molto (57) brutto (54) bravo (44) breve (36) simpatico (35) basso (33) splendido (32) cattivo (30) negativo, positivo, tanto (29) stupendo (28) poco (27) enorme (24) meraviglioso (20) ampio (18) corto, favoloso, leggero (17) fantastico, vasto (14) largo, notevole (13) pesante, piccino, stretto (12) debole (10) delicato (9) discreto, terribile (8) magnifico, sottile (7) brillante, insufficiente (6) immenso, magro, massiccio, ristretto (5) abbondante, deliziosio, gigante, limitato, modesto, profondo, ridotto, scarso, superbo (4) elevato, fine, gigantesco, grandioso, inferiore, mitico, orrendo (3) colossale, decente, deludente, esteso, estremo, grasso, meschino, parecchio, rozzo, snello (2) divino, dolce, eccellente, glorioso, infernale, insoddisfacente, mingherlino, minuscolo, misero, orribile, piccirillo, prosperoso, sgradevole, spesso, squallido, superiore, supremo, vile (1) (51x caro; 36x carino, 4x caruccio, 1x caruccetto) 146 Die folgende Graphik stellt ein kognitives Schema des quantitativ-qualitativen Raums dar, innerhalb dessen sich die betrachteten Adjektive, aber auch die Suffixe einreihen lassen: gut klein + gut groß + gut klein groß klein + schlecht groß + schlecht schlecht In einer weiteren Graphik wurden in Anlehnung an Tekavciç (1980) die Adjektive in obiges Schema eingeordnet, gemäß ihrem Auftreten im Korpus. Mehrfachnennungen sind motiviert durch das tatsächliche Auftreten im Korpus (wie z.B. stretto als sowohl quantitativ 'groß' als auch 'klein', in der Graphik durch ! markiert). Auffällig ist, dass die Kardinalpunkte (also 'groß', 'klein', 'gut' und 'schlecht') zahlenmäßig gut besetzt sind. Interessanterweise finden sich wenige Adjektive bei den gemischten Werten, und dies auch nur im Kontext. So finden sich im Korpus dolce und mingherlino beim Wert 'klein' + 'gut'107, debole am Punkt 'klein' + 'schlecht', grasso bei 'schlecht' + 'groß'108 und caro bei 'gut' + 'groß'. Durch die Einordnung der Adjektive an den Polen 'groß' und 'klein' soll ausgedrückt werden, dass die qualitative Bewertung variieren kann, bzw. nicht vorhanden sein kann (welche qualitative Bewertung bei einzelnen Adjektiven im Korpus auftritt, lässt sich aus den jeweiligen Lexikoneinträgen in Anhang C ersehen, allerdings wird diese nur aufgeführt, wenn die qualitative Bewertung nicht vom Nomen o.ä. kommt). Die Einordnung bei den Punkten besagt zudem nichts über Synonymie. Die Adjektive besitzen nur lediglich alle die jeweilige Pol-Bedeutung, drücken aber natürlich noch weitere Bedeutungsaspekte aus (bei den Suffixen hingegen handelt es sich um wirkliche Bedeutungsgleichheit). 107 108 Dolce und mingherlino traten nur einmal im Korpus auf (bzw. dolce trat nur einmal in der hier relevanten Lesart auf). Da ein Vorkommen beider Adjektive auch ohne qualitative Bewertung leicht vorstellbar ist, wurden sie beim rein quantitativen Pol eingeordnet. Grasso tritt im Korpus insgesamt zweimal mit negativer qualitativer Bewertung auf. Allerdings sind auch Vorkommen ohne qualitative Bewertung vorstellbar, deshalb wurde grasso beim rein quantitativen Pol eingeordnet. 147 gut basso breve corto debole decente delicato discreto dolce fine inferiore leggero limitato magro mingherlino minuscolo misero modesto piccino piccirillo piccolo poco ridotto ristretto scarso snello sottile stretto! vile mitico bello positivo bravo brillante simpatico splendido buono stupendo caro delizioso superbo divino eccellente fantastico favoloso fine glorioso grandioso magnifico meraviglioso groß klein schlecht brutto cattivo deludente infernale insoddisfacente insufficiente meschino negativo orrendo orribile rozzo sgradevole squallido terribile abbondante alto ampio colossale elevato enorme esteso estremo forte gigante gigantesco grande grasso grosso immenso largo lungo massiccio molto notevole parecchio pesante profondo prosperoso spesso stretto ! superiore supremo tanto vasto Die Adjektive verteilen sich auf die Unterkorpora wie folgt: Firenze Milano Napoli Roma 745 Tokens verteilt auf 61 Types (in 68 Transkripten) 684 Tokens verteilt auf 59 Types (in 91 Transkripten) 673 Tokens verteilt auf 63 Types (in 80 Transkripten) 668 Tokens verteilt auf 49 Types (in 66 Transkripten) Eine gesamte Aufstellung der Diskurssituationen, in denen die Adjektive im LIP auftreten, findet sich im Anhang A. Die Adjektive treten in 2040 Fällen in attributiver Verwendung auf, in 730 Fällen in prädikativer Verwendung. Bei attributiver Verwendung trat 1276x pränominale Stellung des Adjektivs auf, 765x postnominale (in einem Fall wurde zugleich prä- und postnominal mehrfach das Adjektiv grande verwendet, un grande saluto grande grande. LIP RE3). Im Anhang B wird das jeweilige Auftreten der Adjektive im Einzelnen aufgeschlüsselt. 148 4.2.1.1 Graduiertheit Bezüglich der Graduiertheit der Adjektive ergeben sich folgende Verteilungen: Komparativische Strukturen treten 208x auf (mit 32 Adjektiv-Types, hierbei zwei lexikalisch Komparativische inferiore 3x, superiore 1x), hiervon 125 in attributiver Funktion, 83 in prädikativer Funktion. Synthetische Komparative (siehe 2.2.1) sind 64x zu finden, die Verteilung auf die Adjektiv-Types ist die folgende: buono 19x (migliore, hiervon 17x in attributiver Funktion, 2x in prädikativer), grande 32x (maggiore, 30x in attributiver Funktion, 2x in prädikativer), piccolo 13x (minore, 11x in attributiver Funktion, 2x in prädikativer). Die Adjektive mit synthetischer Komparativform besitzen alle auch ein analytisches Pendant; das Verhältnis ist bei buono 19x synthetisch : 8x analytisch, bei grande 32x synthetisch : 26x analytisch, bei piccolo 13x synthetisch : 15x analytisch. Bei cattivo findet sich die synthetische Form peggiore nicht in komparativischer Funktion, sondern in analytischer Bildung mit superlativischer Funktion. Elative109 treten 214x auf (mit 27 Adjektiv-Types)110, hiervon 147x mittels Derivationssuffix -issimo, 68 beruhend auf vom Lateinischen übernommenen Elativen (im Folgenden lat.) wie ottimo (von buono, 32x, hiervon 27x attributiv, 5x prädikativ), pessimo (von cattivo, 2x, beide attributiv), massimo (von grande, 17x, alle attributiv), minimo (von piccolo, 17x, hiervon 16x attributiv, 1x prädikativ), einer Kombination aus Elativ beruhend auf lateinischer Form und Derivationssuffix -issimo: minimissimo. Das Verhältnis zwischen den mit -issimo gebildeten Elativen und den auf dem Lateinischen beruhenden Elativen bei buono, cattivo, grande und piccolo ist wie folgt: buono 3x -issimo : 32x lat., cattivo 1x -issimo : 3x lat., grande 22x -issimo : 21x lat., piccolo 9x -issimo : 17x lat. Zu den Argumenten gegen eine Hinzurechnung von -issimo zu den modifizierenden Suffixen siehe 3.1. Superlative treten 125x auf, (bei 20 Adjektiv-Types, hiervon drei lexikalisch: estremo 2x, minuscolo 1x, supremo 1x), hierbei in attributiver Funktion 122x, in prädikativer Funktion 3x. Mit synthetischer Komparativform gebildet 56x, mit buono (migliore 32x, 31x attributiv, 1x prädikativ), mit cattivo (peggiore 3x, alle attributiv), mit grande (maggiore 21x, alle attributiv). Die Adjektive mit synthetischer Komparativform besitzen theoretisch zwei Möglichkeiten der Superlativbildung, 1. mit Hilfe der synthetischen Komparativform oder 2. mit Hilfe von più und Adjektiv109 110 Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass die Elative von den Superlativen zu unterscheiden sind, wie in 2.2.7 dargestellt. Es handelt sich um alto, basso, bello, bravo, breve, brillante, brutto, buono, caro, cattivo, delicato, forte, grande, grosso, leggero, limitato, lungo, magro, modesto, molto, notevole, piccolo, poco, simpatico, sottile, tanto, vasto. 149 form. Bei den vier Adjektiven buono, cattivo, grande und piccolo treten im Korpus nur bei grande beide Möglichkeiten der Superlativbildung auf (synthetisch 21 : analytisch 16), bei buono und cattivo finden sich nur Superlative mit synthetischer Komparativform, bei piccolo nur Superlative mit più und Adjektiv (3x). Für die weitere Untersuchung werden nur die attributiv verwendeten Adjektive näher betrachtet, da in prädikativer Verwendung keine Ausdrucksalternative zu den modifizierenden Suffixen besteht, wie in Kapitel 3 ausgeführt. Für die weitere Untersuchung werden also 2040 Fälle relevant sein. Hiervon sind aus technischen Gründen 26 Fälle abzuziehen, da sich unverständliche Sequenzen im Transkript in unmittelbarer Nähe zum Adjektiv befinden.111 4.2.1.2 Bezug der Adjektive Für die separate Untersuchung der Ausdrucksalternative bei den Bezugstermen der Adjektive werden auch die der prädikativen Adjektive mitbetrachtet, falls eine attributive Modifikation durchs Adjektiv vorstellbar wäre. Dies geschieht, um das Spektrum der Bezüge möglichst breit gefächert zu halten (was für eventuelle Restriktionen auf phonologischer, morphologischer oder semantischer Ebene von Bedeutung sein kann). Zunächst jedoch möchte ich einige Fälle darstellen, in denen keine geeignete Derivationsbasis für die modifizierenden Suffixe vorliegt. Wie in den bereits zum Teil in Kapitel 3 erwähnten Restriktionen der modifizierenden Suffixe bei prädikativen Adjektiven besteht sehr oft bei den prädikativen Adjektiven das Problem (für die Suffixe), dass keine geeignete Derivationsbasis vorliegt. Es handelt sich meist um wiederholte Referenz auf bereits genannte Entitäten und Personen des Diskurses. Zunächst das Subjekt als Bezugsterm: 102x ist der Bezug eine Person, die Teilnehmer oder Thema des Gesprächs ist. Es erfolgt keine Verbalisierung der Person. Der Bezug wird klar durch die finite Verbform, deren Subjekt der Bezugspunkt ist, da das Italienische eine Pro-Drop-Sprache ist, bzw. in 12 Fällen tritt ein Personalpronomen (io, tu, lei, lui, voi) auf, welches aber keine geeignete Derivationsbasis für die modifizierenden Suffixe darstellt. Dies ist durchgehend nur bei Adjektiven in prädikativer Funktion der Fall. Auch pronominalisierte Objekte treten auf, 1x la, 1x mi, 1x ti, 1x li. Es kommen in 45 Fällen weiterhin folgende Pronomina vor: chi Relativpronomen, questo usw. Demonstrativpronomen (chista dialektal), quello Demonstrativpronomen, tutto Indefinitpronomen, uno Indefinitpronomen. In 188 Fällen werden durch das Adjektiv nicht 111 Es handelt sich um 2x alto, 6x bello, 1x brutto, 4x buono, 1x corto, 1x debole, 1x forte, 4x grande, 1x grosso, 1x piccolo, 1x ridotto, 2x sottile, 1x stupendo. 150 verbal realisierte Entitäten modifiziert. Es handelt sich um Entitäten, die Gesprächsthema sind bzw. waren oder im außersprachlichen Kontext verankert sind. 57x schreibt das Adjektiv einem gesamten Sachverhalt eine Eigenschaft zu. Es finden sich hierbei auch Sachverhalte, die zuvor bzw. nachfolgend Gesprächsthema sind oder waren. In 65 Fällen ist der Bezug unklar, es handelt sich um Referenz auf Außersprachliches, Insiderwissen, Deiktisches. In vier Fällen modifiziert ein Adjektiv zwei Bezugsentitäten, was auch außerhalb der Reichweite der modifizierenden Suffixe liegt, welche an die Wortebene gebunden sind. 5x gehen dem Adjektiv unverständliche Sequenzen voraus oder folgen direkt nach, was natürlich ein technisches Problem ist. Aber auch bei den attributiven Adjektiven treten Bezugsterme auf, die keine geeignete Basis für die Suffixe bereitstellen. Zunächst kommen folgende Pronomina vor: questo usw. Demonstrativpronomen, quello Demonstrativpronomen, tutto Indefinitpronomen, uno Indefinitpronomen sowie Possessivpronomina mio, tuo. In zwei Fällen modifiziert ein Adjektiv zwei Bezugsterme. In einem Fall schließlich dient bei Ellipse der Präpositionalartikel als Bezug der Modifikation. Und 26x finden sich unverständliche Sequenzen unmittelbar vor oder nach den Adjektiven. Abzüglich der obengenannten Fälle bleiben 2247 Fälle mit 953 Bezugstypes. In 75 Fällen handelt es sich um 48 Eigennamen (Types, Namen von Personen, Büchern, Filmen, Städten, Sehenswürdigkeiten usw.). In zwei Fällen finden sich nominalisierte Interjektionen als Bezug (ciao, mannaggia), in einem Fall ein Indefinitpronomen (qualcosa), in vier Fällen nominalisierte Adverbien (drei Types, fuori, insieme, po'). Weiterhin handelt es sich in 29 Fällen um nominalisierte Numerale (10 Types) sowie 5x um nominalisierte Infinitive (drei Types). Nominalisierte Partizipien kommen in 21 Fällen vor (7 Types). In 56 Fällen treten nominalisierte Adjektive auf (33 Types). Die verbleibenden 2053 Fälle verteilen sich auf 846 Nomen-Types. Es soll angemerkt werden, dass Nomina wie ragazzo, ragazza; amico, amica nur jeweils als ein Type gezählt werden. 4.2.1.3 Polysemie Die Adjektive, die in dieser Arbeit untersucht werden, sind allesamt polysem. Bei den Bedeutungen 'groß', 'klein' handelt es sich abstrakt gesehen um die Bewegung auf einer Skala. Diese Bewegung findet auf einer konkreten Skala (räumliche/zeitliche Ausdehnung) statt, je nach Bezug kann auch die Skala der Intensität (z.B. bei Gefühlen) betroffen sein oder die Skala der Bedeutung, Wichtigkeit, Wert (im Folgenden auch BWW) oder die der Qualität (positiv/negativ). Konkret bezeichnet hierbei die Obergruppe für räumliche, zeitliche Ausdehnung und weitere. In konkreter Bedeutung lassen sich verschiedene Skalenbezüge bzw. 151 Unterlesarten feststellen, was folgende Graphik illustrieren soll. Die Graphik stellt nur die Vorkommen der Adjektive im Korpus dar, es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. In dieser Untersuchung wurden die Adjektive nur im Hinblick auf die Bedeutungsaspekte 'groß', 'klein', 'gut' und 'schlecht' sowie hiermit verbundene Parameter untersucht. Es sollen keine vollständigen Bedeutungsangaben erfolgen, da dies nicht relevant für das Zusammenspiel mit den modifizierenden Suffixen ist. Auch sortale Beschränkungen bezüglich der Argumente bei den Adjektiven wurden nicht betrachtet (z.B. Adjektiv wird nur auf Personen oder belebte Entitäten angewendet). Kontinuum der Bedeutungsvariation der Adjektive abstrakt konkret räumlich Intensität soziale Bedeutung, Wichtigkeit, Wert - räuml. Ausdehnung - räuml. Anordnung - zeitl. Ausdehnung - Gewicht - Geldmenge - Distanz - Menge - Position num. Skala - Materialbeschaffenheit - Maßeinheit Übertragung räumlicher Begriffe auf abstrakte Bereiche Dementsprechend können unterschiedliche Skalen vorliegen, wie etwa die Skala mit räumlichen Maßeinheiten. Besitzt das in Frage kommende Objekt keine räumliche Ausdehnung, so können andere Lesarten auftreten, wie beispielsweise die der zeitlichen Ausdehnung. Dass die räumliche Lesart als primär anzunehmen ist, daran besteht in der Literatur kaum Zweifel, was folgende Zitate illustrieren mögen: Spatial readings constitute the basic semantic structures, the other readings being derived variants, which rest upon the following principles: referential tolerance, transfer from spatial orientation to frames of analogous, non-spatial orientation, devisualization of spatial concepts, and amalgamation of spatial and interactive concepts. (Schwarze 1998: 202) Diese Analyse ist konsistent mit der Annahme, daß die interaktiven Lesarten sekundär und die räumlichen primär sind. Die Alternative, daß rein räumliche Lesarten, umgekehrt, aus interaktiven Lesarten abstrahiert sind, oder daß beide auf gleicher Stufe nebeneinander stehen, ist damit zwar, streng genommen, noch nicht widerlegt. Aber die Idee, daß die rein räumlichen Lesarten primär sind, hat sich als fruchtbar erwiesen: S i e hat es erlaubt zu zeigen, daß die Annahme relativ konstanter lexikalischer Strukturen und die Beobachtung lexikalischer Variation durchaus miteinander vereinbar sind. (Schwarze 1997: 60) 152 Meine Grundthese (die in dieser oder ähnlicher Form schon vielfach vertreten wurde) ist diese: Der Raum ist für die Organisation von Sprache fundamentaler als die Zeit. Eine Stützung erhält die These durch die moderne Wahrnehmungspsychologie und Handlungstheorie: Die primäre Orientierung des Menschen erfolgt im Raum; Objektidentifizierung verlangt ein gewisses Raumkonzept, aber nicht notwendigerweise ein Zeitkonzept [...]; körperliche Tätigkeiten des Menschen erfolgen im Raum [...] (Wunderlich 1982a: 1, Hervorhebungen im Text) Wo raum- und zeitbezogene Kategorien nebeneinander existieren [...], scheinen die raumbezogenen die primären, die zeitbezogenen die abgeleiteten zu sein. Man kann gewissermaßen die zeitbezogenen Kategorien dadurch erhalten, daß man etwas auf eine Dimension projiziert und diese Dimension als Zeit deutet [...] (Wunderlich 1982a: 2, Hervorhebungen im Text) Die von mir behandelten Adjektive treten im Bereich der räumlichen Ausdehnung am wenigsten beschränkt auf - ein weiteres Argument für das Primat des Raums. Ich nehme für die Adjektive die Lesart bei räumlicher Ausdehnung als primär an. Weitere Lesarten, wie die der Intensität und die der BWW sehe ich als hiervon abgeleitet an.112 Also betrachte ich Lesart I konkret - Lesart II abstrakt, als zwei Großgruppen von weiteren (abgeleiteten) Lesarten (wie räumlich > zeitlich).113 Vermutlich müssen nicht alle einzelnen Lesarten lexikalisch aufgelistet werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass es Prinzipien gibt, die in Kraft treten, wenn das fragliche Konzept nicht räumlich sein kann. Die Großgruppen I und II werden insgesamt als quantitativ bewertend betrachtet, im Gegensatz zu den qualitativ Bewertenden. Die Polysemie dieser Adjektive wurde bisher wenig untersucht (siehe Kapitel 2), lediglich Lafrenz (1983) stellt eine Untersuchung dahingehend dar. Aufgrund fehlender Vorarbeiten wurden die Bezeichnungen der Lesarten weitgehend intuitiv gewählt. Es ist jedoch ein Desiderat, diese Bedeutungsvariation noch eingehender und systematischer zu untersuchen. Für die Adjektive zum Ausdruck von quantitativer Bewertung konnte eine systematische Variation festgestellt werden. Diese Variation lässt sich im Rahmen der drei unterschiedlichen Skalenbezüge konkret, Intensität und BWW darstellen. Bei den qualitativ bewertenden Adjektiven ließ sich eine solche systematische Variation nicht feststellen. Trotzdem konnten gewisse regelmäßig auftretende Inferenzen unterschieden werden. Eine genaue Untersuchung der Ableitungsreihenfolge innerhalb der Großgruppen würde den Rahmen der Arbeit jedoch sprengen. In meiner Arbeit wird eine formelhafte Angabe der jeweiligen Lesarten, die bei jedem Adjektiv vorkommen, in Anlehnung an Schwarze (1995: 678) erfolgen. Zunächst zu den quantitativ bewertenden Adjektiven. 112 113 Die Lesartenbezeichnungen beruhen auf der Skala. Die Begriffe 'konkret' und 'abstrakt' wurden eher aus der Not heraus gewählt - im vollen Bewusstsein der hiermit verbundenen Probleme. 153 4.2.1.3.1 Die Quantitativen Die Angabe der lexikalischen Bedeutung eines Adjektivs erfolgt anhand eines Schemas, welches im Stil eines LFG-Eintrags aus Attribut-Wert-Paaren besteht. Es handelt sich um stilisierte Lexikoneinträge (die sich zudem auf die Vorkommen im Korpus beschränken), in denen nur die Aspekte berücksichtigt werden, die in dieser Arbeit von Interesse sind. Vollständige LFG-Einträge sind problemlos möglich und hätten in etwa die folgende Form: /piccolo/ Adj, @quant-, (↑ PRED) = "klein <(↑ SUBJ)>" (↑ SUBJ NUM) = SG ©(↑Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(↑konkrete Skalen) = {Distanz, Geldmenge, num. Skala, Menge} ©(↑Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(↑Skala II) = Intensität ©(↑Skala III) = BWW → Hierarchie. ©(↑Qualität) = {positiv, negativ} Der Aufbau des Schemas für Quantitative ist wie folgt: ADJEKTIV TEMPLATE eventuell Angabe zu weiteren Vorkommen bei Qualitativ (LAGE ZUM BEZUGSWERT) = Wert bezeichnet Extremwert unter Bezugswert ©(SKALA) = räumliche Ausdehnung (DIMENSION) = Vertikale (von unten nach oben) ©(SKALA Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(SKALA II, III usw.) = Intensität → Unterinferenzen, die systematisch bei bestimmten Skalen auftreten, Fähigkeit/Funktionalität der Bezugsentität (bei Bedeutung, Wichtigkeit, Wert) ©(BEWERTUNG) = Inferenzen wie Aussehen oder wahrnehmbare Eigenschaft ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen Bewertung der Bezugsentität) ©(QUALITÄT) = negativ ©(WEITERVERARBEITUNG) = Bewertung trifft real nicht zu → Ironie (WERT) = wird als 'nicht genug' bewertet; impliziert Mangel Es handelt sich hierbei um ein Maximalschema, d.h. nicht alle Zeilen müssen bei jedem Adjektiv auftreten. Im obigen Schema sind für alle bei den Adjektiven auftretenden Attribute jeweils Beispielswerte angegeben. Besteht zu Attributen kein Wert, so erfolgt im Schema keine Angabe des Attributs. Zusätzlich bestehen bei den Untergruppen Templates114 (wie auch in den neueren LFG-Grammatiken), 114 Die Verwendung von Templates erfolgt aus mehreren Gründen. Zunächst verhindern die Templates eine gewisse Redundanz immer wiederkehrender Angaben und erlauben auch weitgehende Generalisierungen. Zudem bestehen praktische Vorteile für die Implementierung - bei Änderung eines Templatewerts müssen nicht alle jeweiligen Einträge verändert werden. 154 siehe hierzu bei den einzelnen Untergruppen. Die verschiedenen Lesarten werden durch © getrennt, da ja nicht ein Adjektiv in einem jeweiligen Vorkommen alle Attribute aufweist. Es soll jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass mehrere Attribute zugleich auftreten können, beispielsweise gleichzeitig (räumliche Ausdehnung) und (BWW). In der ersten Zeile wird das Adjektiv, um dessen Bedeutung es sich handelt sowie das jeweilige Template genannt. In der zweiten Zeile finden sich eventuell weitere Vorkommen des Adjektivs mit qualitativ bewertender Lesart. Die grundlegende Annahme hierbei ist, dass die Bedeutung des Adjektivs die ist, eine Quantität auszudrücken. Dies erfolgt meist über die Angabe eines Wertes auf einer Skala. In der dritten Zeile wird aufgeführt, welche Lage der Wert zum Bezugswert einnimmt (über dem Bezugswert bei den +Pol-Adjektiven, unter dem Bezugswert bei den -Pol-Adjektiven), falls nicht in der ersten Zeile durchs Template gegeben. In Zeile 4 wird die Skala genannt; bei den Quantitativen handelt es sich um eine konkrete Skala oder um die Skala der Intensität bzw. um die Skala der BWW. Liegt keine Skala vor wird dies angegeben. In Zeile 5 wird angeführt ob und welche ausgezeichnete Dimension ein Adjektiv auswählt (natürlich nur bei konkreten Bezugsobjekten). Grande und piccolo wählen beispielsweise keine ausgezeichnete Dimension ihres Bezugsobjekts aus. In Zeile 6 werden weitere Skalen bei mehreren auftretenden Lesarten des jeweiligen Adjektivs aufgeführt. In Zeile 7 werden eventuelle Inferenzen genannt, die sich nicht systematisch von Skalen ableiten lassen. Systematisch ableitbare Inferenzen finden sich direkt nach der jeweiligen Skala (z.B. die Inferenz der Fähigkeit, Funktionalität als Bezugsentität ableitbar von der Skala für BWW, ebenso die Hierarchie). In Zeile 8 stehen Angaben zur Funktion der Verstärkung bzw. Wiederholung einer bereits vorhandenen Bewertung der Bezugsentität. In Zeile 9 wird qualitative Bewertung angeführt. In Zeile 10 schließlich steht, ob eine Weiterverarbeitung der Bewertung auftritt (im Fall der Ironie beispielsweise trifft die Bewertung real nicht zu, und die Äußerung wird als ironisch gewertet). In Zeile 11 werden eventuell weitere Angaben zum Wert gegeben, den das Adjektiv bezeichnet. Im Anhang C Lexikon sind alle Schemata der Adjektive aufgeführt. An dieser Stelle sollen nur einzelne Adjektive angeführt werden. Als nächstes werden Schemata der +Pol-Adjektive für Quantität, anschließend die der -Pol-Adjektive dargestellt. 4.2.1.3.1.1 +Pol-Adjektive für Quantität Zunächst wird das Template für +Pol-Adjektive für Quantität (Quantitativ+) angegeben. Erfolgt keine weitere Spezifizierung so gilt: 155 @quant+ quant+ = (Lage zum Bezugswert) = Wert liegt über Bezugswert. Im jeweiligen Eintrag der Adjektive wird auf das Template mittels @quant+ zugegriffen. Innerhalb der Schemata treten folgende Abkürzungen auf: BE = Bezugsentität, BWW = Bedeutung/Wichtigkeit/Wert, BW = Bezugswert. Der Eintrag für das häufigste quantitative Adjektiv im Korpus grande, sieht wie folgt aus. grande @quant+ ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Distanz, Menge, Geldmenge, Alter, numerische Skala} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → {Fähigkeit/Funktionalität der BE, Hierarchie} ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen Bewertung der BE) ©(Qualität) = {positiv, negativ} ©(Weiterverarbeitung) Bewertung trifft real nicht zu → Ironie Das Adjektiv grande weist auf einer Skala einen Wert zu, der über einem Bezugswert liegt. Es besitzt bei den konkreten Lesarten eine Lesart, bei der bezüglich der räumlichen Ausdehnung der Bezugsentität ein hoher Wert zugewiesen wird. Weitere konkrete Lesarten betreffen eine zurückgelegte Distanz, eine Menge der Bezugsentität, eine Geldmenge, das Alter (bei Personen oder Tieren) und schließlich eine numerische Skala. Eine weitere konkrete Lesart stellt die der zeitlichen Ausdehnung bzw. Dauer dar. Bei den abstrakten Lesarten treten die der Intensität und die der Bedeutung, der Wichtigkeit und des Wertes auf. Bei Letzterer lassen sich die Inferenzen der Fähigkeit, Funktionalität der Bezugsentität sowie die Inferenz der Hierarchie finden. Weiterhin treten Verstärkungen bzw. Wiederholungen von bereits vorhandenen Bewertungen der Bezugsentität auf. Das Adjektiv tritt ohne qualitative Bewertung, mit positiver oder negativer Bewertung auf. Schließlich lässt sich auch Weiterverarbeitung feststellen. Im Falle der Ironie trifft eine Bewertung nicht real zu. Bei dem Adjektiv treten keine ausgezeichneten Dimensionen innerhalb der räumlichen Ausdehnung auf. Es wird immer ein Gesamtbild vergrößert. Als Beispiel für ein Adjektiv mit ausgezeichneter Dimension dient lungo: 156 lungo ©(Skala) ©(konkrete Skala) (Dimension) ©(Skala Ia) @quant+ = räumliche Ausdehnung = Distanz = maximale Dimension (von mehreren) = zeitliche Ausdehnung Das Adjektiv tritt nur in konkreten Lesarten auf. In räumlicher Ausdehnung bezieht sich die quantitative Bewertung auf die maximale Dimension der Bezugsentität. Es kann auch eine Distanz bewertet werden. Schließlich tritt das Adjektiv noch bei zeitlicher Ausdehnung auf. Zuletzt soll für diese Gruppe noch das Adjektiv alto angeführt werden, bei dem die ausgezeichnete Dimension zudem gerichtet ist: alto ©(Skala I) (Dimension) ©(Skala II) ©(Skalen konkret) ©(Skala III) ©(Skala IV) @quant+ = räumliche Ausdehnung = Vertikale (von unten nach oben) = räumliche Anordnung = {Geldmenge, numerische Skala, Menge} = Intensität = BWW → {Hierarchie(≈räumliche Anordnung)} Das Adjektiv betrifft in räumlicher Ausdehnung eine vertikal ausgerichtete Dimension, die von unten nach oben gemessen wird (im Gegensatz zu beispielsweise profondo). Eine weitere Besonderheit ist die Lesart der räumlichen Anordnung. Die modifizierenden Suffixe können eine solche Lesart nicht haben. 4.2.1.3.1.2 -Pol-Adjektive für Quantität Wie bei den +Pol-Adjektiven findet sich auch bei den -Pol-Adjektiven für Quantität (Quantitativ-) ein Template. Der Zugriff aufs Template erfolgt mittels @quantim Schema des jeweiligen Adjektivs. @quantquant- = (Lage zum BW) = Wert liegt unter BW. Das häufigste der -Pol-Adjektive für Quantität im Korpus ist piccolo. 157 piccolo @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Distanz, Geldmenge, num. Skala, Menge} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Hierarchie ©(Qualität) = {positiv, negativ} Das Schema sieht ganz ähnlich aus wie bei grande. Es treten alle quantitativen Lesarten auf: räumliche Ausdehnung, zeitliche Ausdehnung, Intensität und BWW. Als Inferenz zu letzterer Gruppe tritt Hierarchie auf. Das Adjektiv tritt ohne qualitative Bewertung, mit negativer oder positiver qualitativer Bewertung auf. breve ©(Skala Ia) ©(Skala I) ©(Dimension) @quant= zeitliche Ausdehnung = räumliche Ausdehnung = Länge Das Adjektiv breve bezieht sich in räumlicher Ausdehnung immer auf die Dimension der Länge. Im Korpus tritt breve häufiger in zeitlicher Ausdehnung auf. basso @quant©(konkrete Skalen) = {Geldmenge, numerische Skala} (Dimension) = Vertikale (von unten nach oben) ©(Skala II) = räumliche Anordnung ©(Skala III) = Intensität ©(Skala IV) = BWW → {Hierarchie(≈räumliche Anordnung)} ©(Qualität) = negativ Wie bei alto tritt beim Adjektiv basso eine ausgezeichnete Dimension auf, die gerichtet ist: die Vertikale, die von unten nach oben gemessen wird. Auch bei basso tritt die Lesart der räumlichen Anordnung auf. Das Adjektiv tritt ohne oder mit negativer qualitativer Bewertung auf. Nun zu den qualitativ bewertenden Adjektiven. 158 4.2.1.3.2 Die Qualitativen Insgesamt tritt bei den Qualitativen keine solch systematisch beobachtbare Bedeutungsvariation auf wie bei den Quantitativen. Zudem besteht ja eine Asymmetrie zwischen den Adjektiven und den Suffixen - es gibt formal keine Suffixe für den Ausdruck positiver Qualität. Die qualitativ bewertenden Adjektive besitzen eine riesige Anwendungsbreite, die es fast unmöglich macht, die Bewertungsaspekte, die sie bei der Bezugsentität bewerten, zu systematisieren. Für die +Pol-Adjektive für Qualität soll lediglich ein Anwendungsbeispiel gemacht werden. Wie bei den quantitativ bewertenden Adjektiven wurde auch bei den qualitativ bewertenden Adjektiven versucht, die Angabe der lexikalischen Bedeutung anhand eines Schemas mit Beispielwerten bei den Attributen darzustellen. Auch bei den Qualitativen treten Templates auf. Der Aufbau ist hierbei: ADJEKTIV Template eventuell Angabe zu weiteren Vorkommen bei Quantitativ (QUAL. BEWERTUNG) = positiv in hohem Maß ©(BEWERTUNG BZGL.) = moralischem Wert ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen Bewertung der Bezugsentität) ©((Diskursfunktion) = Anrede) ©((Skala) = Bedeutung, Wichtigkeit, Wert) ©(WEITERVERARBEITUNG) = Bewertung trifft real nicht zu → Ironie In der ersten Zeile steht das Adjektiv, um dessen Bedeutung es sich handelt. In der zweiten Zeile werden eventuell weitere Vorkommen des Adjektivs mit quantitativ bewertender Lesart angeführt. In der dritten Zeile wird qualitative Bewertung durchs Adjektiv genannt. Es handelt sich um positive oder negative qualitative Bewertung sowie eventuell, wo im Hinblick auf den Bezugswert die Bewertung anzusiedeln ist. In Zeile 4 wird angegeben, hinsichtlich welchen Kriteriums die Bewertung der Bezugsentität erfolgt. In Zeile 5 wird aufgeführt, ob eine verstärkende bzw. intensivierende Funktion bezüglich einer bereits vorhandenen Bewertung auftritt. In der sechsten Zeile ist ersichtlich, ob das Adjektiv in der Diskursfunktion der Anrede steht (siehe hierzu Abschnitt 5.4). In der siebten Zeile werden quantitative Vorkommen des jeweiligen Adjektivs aufgelistet, d.h. es wird die Skala, die betroffen ist, genannt. In Zeile 8 schließlich erfolgt die Angabe einer eventuell auftretenden Weiterverarbeitung der Bewertung (z.B. im Fall der Ironie, wie bereits bei den quantitativ bewertenden Adjektiven). Beim obigen Schema handelt es sich, wie bereits bei den Quantitativen, um ein Maximalschema. Zunächst werden Schemata der qualitativ positiv bewertenden Adjektive, anschließend solche von qualitativ negativ bewertenden Adjektiven genannt. Wie bereits aus obigem Schema ersichtlich ist, unterscheiden sich die 159 qualitativ bewertenden Adjektive im Aufbau ihres Schemas von den quantitativ bewertenden Adjektiven. 4.2.1.3.2.1 +Pol-Adjektive für Qualität Für +Pol-Adjektive für Qualität (Qualitativ+) könnte man ein Template annehmen, wie bei den Quantitativen; erfolgt keine weitere Spezifizierung so gilt: @qual+ qual+ = (qual. Bewertung) = positiv. bello @qual+ ©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft, Fähigkeit/Funktionalität der BE} ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen Bewertung der BE) ©((Skala) = {räumliche Ausdehnung, BWW}) ©(Weiterverarbeitung) = positive Bewertung trifft real nicht zu → Ironie Das insgesamt häufigste Adjektiv im Korpus ist bello. Es bezeichnet eine positive qualitative Bewertung hinsichtlich verschiedener Aspekte der Bezugsentität. Diese reichen vom Aussehen oder einer sonst wahrnehmbaren Eigenschaft. Ebenso werden nicht wahrnehmbare Eigenschaften bewertet, moralische Werturteile abgegeben oder die Fähigkeit bzw. Funktionalität der Bezugsentität bewertet. Mit bello treten auch Verstärkungen/Wiederholungen einer bereits vorhandenen Bewertung der Bezugsentität auf. Weiterverarbeitung im Sinne von Ironie tritt auf. Aus dem quantitativen Bereich ist bello bei räumlicher Ausdehnung und bei BWW zu finden. 4.2.1.3.2.2 -Pol-Adjektive für Qualität Wie bei den vorigen Gruppen wird das Template für -Pol-Adjektive für Qualität (Qualitativ-) angegeben: @qualqual- = (qual. Bewertung) = negativ. Im jeweiligen Eintrag der Adjektive wird auf das Template mittels @qual- zugegriffen. Gleich bedeutend mit dem Template ist das Adjektiv negativo: 160 @qual- negativo Das häufigste der negativ qualitativ bewertenden Adjektive ist brutto: brutto @qual©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft} ©((Skala) = {num. Skala, Intensität}) ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen negativen Bewertung der BE) Das Adjektiv tritt mit negativer qualitativer Bewertung auf bezüglich ähnlicher Aspekte wie das positive Gegenstück bello. Auch quantitative Lesarten kommen hierbei vor. Schließlich ist auch die Verstärkung einer bereits vorhandenen negativen Bewertung der Bezugsentität zu beobachten. Das Adjektiv insoddisfacente drückt eine negative Bewertung aus, und zwar wird eine Eigenschaft als negativ bewertet, da sie nicht in ausreichendem Maß vorhanden ist: insoddisfacente (Qual. Bewertung) 4.2.1.3.3 = negativ, in einem Maße, welches nicht als ausreichend angesehen wird Lesarten und Gegensatzrelationen Insgesamt verteilen sich die Adjektivtokens auf die Lesarten bzw. Gruppen wie folgt: 161 Lesart/Gruppe Tokens im Korpus konkret räumliche Ausdehnung zeitliche Ausdehnung räumliche Anordnung Menge Geldmenge Gewicht numerische Skala Distanz Materialbeschaffenheit Maßeinheit Übertragung auf abstrakten Bereich 802 388 123 13 136 52 18 31 8 4 3 26 abstrakt Intensität Bedeutung, Wichtigkeit, Wert Qualität Qualität positiv Qualität negativ 718 253 465 1323 1159 164 Auch mehrfacher Skalenbezug zugleich ist möglich, wie folgende Tabelle zeigt: Kombination konkret + Intensität konkret + Bedeutung, Wichtigkeit, Wert Intensität + Bedeutung, Wichtigkeit, Wert konkret + Qualität Intensität + Qualität Bedeutung, Wichtigkeit, Wert + Qualität Adjektivtokens im Korpus 7 79 18 38 (32x positiv, 6x negativ) 7 (3x positiv, 4x negativ) 19 (13x positiv, 6x negativ) Bei den Adjektiven lassen sich verschiedene Gegensatzrelationen hinsichtlich verschiedener Parameter feststellen, zunächst bei den quantitativ bewertenden Adjektiven, anschließend bei den qualitativ bewertenden. Es werden nur Beispiele angeführt. Es handelt sich also nicht um eine vollständige Angabe sämtlicher Gegensatzrelationen im Korpus. A Quantitative Folgende Adjektive tragen quantitative Bewertung: quantitativ + abbondante, alto, ampio, caro, colossale, elevato, enorme, esteso, estremo, forte, gigante, gigantesco, grande, grasso, grosso, immenso, largo, lungo, massiccio, molto, notevole, parecchio, pesante, profondo, prosperoso, spesso, stretto, superiore, supremo, tanto, vasto 162 quantitativ - basso, breve, corto, debole, decente, delicato, discreto, dolce, fine, inferiore, insufficiente, leggero, limitato, magro, mingherlino, minuscolo, misero, modesto, piccino, piccirillo, piccolo, poco, ridotto, ristretto, scarso, snello, sottile, stretto, vile Die Adjektive lassen sich jedoch hinsichtlich ihrer Bedeutung in feinere Gruppen zusammenfassen, die im Folgenden aufgeführt werden. Alle Adjektive tragen eine quantitative Bewertung, aus diesem Grund werden nur zusätzliche Aspekte der lexikalischen Bedeutung genannt. Anschließend werden die antonymischen Gruppen angeführt. Gruppe 1: Die ausgezeichnete Dimension ist die Vertikale und zwar wird von unten nach oben gemessen: quantitativ + alto quantitativ basso Gruppe 2: Die ausgezeichnete Dimension ist die Horizontale: quantitativ + largo quantitativ fine, sottile, stretto Gruppe 3: Die ausgezeichnete Dimension ist die maximale bzw. die Länge der Bezugsentität: quantitativ + lungo quantitativ breve, corto Gruppe 4: Die ausgezeichnete Dimension ist die des Gewichts: quantitativ + pesante quantitativ leggero Gruppe 5: Die ausgezeichnete Dimension ist die Vertikale, zudem ist ein weiterer Vergleichspunkt Teil der lexikalischen Bedeutung des Adjektivs: quantitativ + superiore quantitativ inferiore Gruppe 6: Es besteht die Inferenz Körperkraft: quantitativ + forte quantitativ debole, delicato Gruppe 7: Es wird ein Extremwert auf einer Skala bezeichnet: quantitativ + estremo, gigante, gigantesco, immenso quantitativ minuscolo Gruppe 8: Gleichzeitig tritt eine feste qualitative Bewertung auf: quantitativ +, qualitativ - grasso quantitativ -, qualitativ + mingherlino 163 Gruppe 9: Als Bezugsentitäten treten Massennomina auf: quantitativ + molto, tanto quantitativ poco B Qualitative Folgende Adjektive tragen qualitative Bewertung: qualitativ+ qualitativ- bello, bravo, buono, brillante, caro, delizioso, divino, eccellente, fantastico, favoloso, fine, glorioso, grandioso, meraviglioso, mitico, positivo, simpatico, splendido, stupendo, superbo brutto, cattivo, deludente, infernale, insoddisfacente, insufficiente, meschino, negativo, rozzo, sgradevole, squallido Bei den qualitativ bewertenden Adjektiven können nicht analog zu den quantitativ Bewertenden feinere Gruppen gebildet werden. Die Bedeutungsvielfalt der Adjektive ist zu komplex. Als eine Untergruppe lassen sich jedoch folgende Adjektive zusammenfassen. Qualitativ Bewertende Adjektive, bei denen die Eigenschaft in hohem Maß besteht: qualitativ + qualitativ - 4.2.1.3.4 brillante, fantastico, favoloso, glorioso, grandioso, magnifico, meraviglioso, mitico, stupendo infernale, orrendo, orribile, terribile Inferenzen und Dimensionen Bei der Modifikation durch Adjektive treten verschiedene Inferenzen und Dimensionen auf, die in Kombination mit der jeweiligen Bezugsentität zu deuten sind. Es wird inferiert, welcher Aspekt der Bezugsentität eine quantitative/qualitative Bewertung erfährt. Manche der Inferenzen stehen systematisch in Verbindung mit anderen Aspekten der Adjektive. So treten verschiedene Inferenzen systematisch mit konkreten Lesarten auf, andere mit denen der Intensität, weitere mit BWW der Bezugsentität, und schließlich treten verschiedene Inferenzen systematisch bei qualitativer Bewertung auf. Die folgende Aufstellung zeigt diese Zusammenhänge: 164 Konkret Räumliche Ausdehnung Zeitliche Ausdehnung Intensität BWW Qualität → räumliche Ausdehnung → zeitliche Ausdehnung → Gewicht → Geldmenge → räumliche Anordnung → Distanz → Menge → Position auf numerischer Skala → Materialbeschaffenheit → Maßeinheit → Inferenz bei der Bezugsentität Alter, Arbeitsaufwand, Körperstatur → Dimension dritte Dimension, horizontale Ausdehnung, Breite, maximale Dimension, vertikale Ausdehnung, Länge, Körpergröße → Inferenz vage, Verstärkung (!) → Inferenz Lautstärke, Qualität, Verstärkung (!) → Inferenz Arbeitsaufwand, Fähigkeit, Funktionalität als X (!), Gewichtung bei der Notenermittlung, Handlungsfähigkeit, Willensstärke, Hierarchie, Verstärkung (!) → Inferenz Aussehen oder wahrnehmbare Eigenschaft, emotives Urteil, Fähigkeit, Funktionalität als X (!), intensivierend, Qualität, Verstärkung (!), moralisches Werturteil, Leistung Mit (!) gekennzeichnete Inferenzen treten an mehreren Stellen auf. Ohne Verbindung zu den obengenannten Bereichen steht die Ironie. Sie beruht unabhängig von Adjektiv und Bezugsentität auf einer Weiterverarbeitung der Bedeutung, ausgelöst durch einen Clash zwischen Realität und Gesagtem. 4.2.1.4 Kookkurrenz Wie bereits verschiedentlich erwähnt, schließen sich adjektivische und suffixale Modifikation nicht gegenseitig aus. Sie können im Gegenteil sogar jeweils mehrfach kookkurrieren. Im Korpus traten 184 Fälle von Kookkurrenz auf. In 89 Fällen ist hierbei das Nomen durch ein Suffix modifiziert, in 101 Fällen tritt das Suffix beim Adjektiv auf.115 Hierbei sind in 8 Fällen sowohl Adjektiv als auch Nomen suffixal modifiziert. Nähere Angaben hierzu siehe 4.3.1.1. 115 Nicht betrachtet wurden hierbei Fälle, in denen ein Adverb modifiziert wurde. 165 4.2.1.5 Format der Datenbank Bevor im nächsten Abschnitt auf die Datenbank der Suffixe eingegangen wird, soll an dieser Stelle noch das Modell des Filemakerdatensatzes dargestellt werden, in welchem die Adjektive erfasst sind. Die verschiedenen Felder machen eine gezielte Abfrage gemäß verschiedener Kriterien möglich. Adjektiv konkret Intensität Bed. Wicht. räuml. Ausdehnung zeitl. Ausdehnung Dimension Qualität Inferenz Beispiel Herkunft Bemerkung Diskursfkt. Diskurssit. Kookkurrenz attributiv prädikativ Bezug Alternative Determinator Pragm. Funktion Numerus Zählbarkeit Bed. Wicht. = Bedeutung/Wichtigkeit/Wert Diskursfkt. = Diskursfunktion Diskurssit. = Diskurssituation Pragm. Funktion = Pragmatische Funktion 4.2.2 Datenbank Suffix Die Annahme, dass -ino das produktivste Modifikationssuffix im heutigen Italienischen ist, hat sich bestätigt. Von insgesamt 1406 motivierten Bildungen mit modifizierenden Suffixen im LIP sind 891 mit -ino zu finden, gefolgt von -etto mit 303 Bildungen, -one tritt mit 139 Bildungen erst an dritter Stelle auf. Die modifizierenden Suffixe sind in Datenbank 2 'Suffix' erfasst. In dieser Arbeit werden teils zum LIP abweichende Einordnungen der Bildungen vorgenommen (z.B. affarino wird von den Autoren des LIP nicht als Modifikativ zu affare gerechnet. In Anlehnung an Alberti et al. 1991 und Zingarelli 1999 sehe ich die Form jedoch klar als motiviertes Modifikativ an). Manchmal scheinen auch Fehler bei der automatischen Lemmatisierung vorzuliegen (z.B. cittadina als Adjektiv analysiert, obwohl es sich klar um ein nominales Diminutiv handelt). Im Folgenden die gesamten Zahlenangaben: 166 Suffix -acchio -accio -aglia -astro -azzo Anzahl 5 22 3 1 1 -eggiare -ello/-ellare 18 36 -etto/-ettare -icare 303 2 -icchio/-icchiare -ino 4 891 -(u)olo/-olare -one -otto/-ottare -uccio -uncolo 14 139 20 11 2 Bemerkung 2x mit -one, 1x mit -otto man könnte es als Variante von -accio ansehen116 2x in der Form -erello/-erellare, 1x -arello, 1x -icello, 1x mit -one, 13x mit -ino 44x mit -ino, 1x mit -one, 1x mit -uccio Formen weder in Alberti et al. (1991) noch in Zingarelli (1999) zu finden 4x in der Form -erino, 5x in der Form -olino, 13x mit -ello, 44x mit -etto, 3x mit -olo 3x mit -ino, 2x in der Form -uolo, 1x mit -uoccio 2x mit -acchio, 1x mit -ello, 1x mit -etto 1x mit -acchio 1x mit -etto Im Folgenden sind die Suffixe nach ihrer Frequenz geordnet, in Klammern stehen die Zahlenangaben des Auftretens im Korpus: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. -ino (891) -etto/-ettare (303) -one (139) -ello/-ellare (36) -accio (22) -otto/-ottare (20) -eggiare (18) -(u)olo/-olare (14) -uccio (11) -acchio (5) -icchio/-icchiare (4) -aglio (3) -icare, -uncolo (2) -azzo,-astro (1) Die vollständige Aufstellung der Typen von Diskurssituationen, in denen die Suffixe im Korpus auftreten, findet sich im Anhang A. In der folgenden Graphik wird die Verteilung der Suffixe auf die vier Pole 'groß', 'klein' und 'gut', 'schlecht' nach ihrem Auftreten im Korpus dargestellt, wie schon bei den Adjektiven in 4.2.1. Durch die Einordnung der Diminutiv- und Augmentativsuffixe beim quantitativen Pol soll ausgedrückt werden, dass die qualitative Bewertung variieren kann. Aus 116 Auf den ersten Blick könnte es sich in einem Fall um das Auftreten der Form azzo, als interjektionsartiges Auftreten des Suffixes ohne jede Basis handeln. Aber, wie von De Mauro et al. (1993) vertreten, handelt es sich um eine dialektale Form von cazzo (was von süditalienischen Informanten bestätigt wurde). Dies wurde nicht mitgezählt. 167 der Graphik lässt sich auch leicht die Asymmetrie in der Verteilung der Suffixe ersehen. Aus Platzgründen steht jeweils das Suffix -etto auch für -ettare usw. gut keine Suffixe -uccio -eggiare -ello -etto -icare klein -icchio -ino -otto -(u)olo -one groß -otto -acchio -uncolo -uccio schlecht -accio -azzo -astro -aglio Im Gegensatz zur Einordnung bei den Adjektiven sind die jeweils den einzelnen Polen zugeordneten Suffixe weitgehend bedeutungsgleich. Die modifizierenden Suffixe verteilen sich auf die Unterkorpora wie folgt: Firenze Milano Napoli Roma 4.2.2.1 402 Formen verteilt auf 11 Suffixe (in 62 Transkripten) 434 Formen verteilt auf 10 Suffixe (in 84 Transkripten) 268 Formen verteilt auf 10 Suffixe (in 66 Transkripten) 302 Formen verteilt auf 14 Suffixe (in 54 Transkripten) Bezug der Suffixe Die modifizierenden Suffixe treten bei den lexikalischen Kategorien wie folgt auf: In 1243 Fällen handelt es sich um Nomina, hiervon sind 23 Eigennamen117 (Tokens). In 142 Fällen gehören die Derivate der Kategorie Adjektiv an. In 18 Fällen ist hierbei nicht klar zu entscheiden, ob es sich um Nomina oder Adjektive handelt. Diese Schwierigkeiten beruhen natürlich auf der Art des Korpus bzw. Phänomenen der gesprochenen Sprache (z.B. A: poverino [incomprensibile] comunque lui ha raccontato la storia in una maniera diversa cioe' ha detto che l'Annamaria aveva completamente esagerato. LIP MA 11). In 11 Fällen bezeichnen die Derivate Adverbien. In 28 Fällen schließlich sind die Derivate Verben. Einen Überblick über Derivatskatego- 117 Eigennamen wurden nur erfasst, wenn auch die nicht modifizierte Basisform verwendet wurde. 168 rie, Basiskategorie und verwendetes Suffix zeigt die folgende Tabelle. Die Reihenfolge bestimmt die Frequenz (beginnend mit den nominalen Derivaten): Derivat N gesamt 1243 Basis Eigenname 23 V4 Suffixe Bemerkungen -accio 2x, -ello 1x, -etto + -ino 2x, -ino 7x, -one 9x, -uccio 2x -ino 2x, -one 2x es handelt sich nicht um reine Modifikation, da Kategorienwechsel auftritt N/ADJ -acchione 2x, -acchiotto 1x, -accio 3x, (Derivat und Basis -azzo 1x, -ello 3x (1x -erello), -etto 22x, N/ADJ 18x; 1x -accio, 61118 -ino 19x, -one 4x, -otto 6x 8x -etto, 9x -ino) N/NUM 2x -ino ventino N 1153 -accio 17x, -aglia 3x, -astro 1x, -ello 17x (1x -arello, -icello), -ellino 13x, -ellone 1x, -etto 229x, -ettino 42x, -ettone 1x, -icchio 1x, -ino 683x (4x -erino, 4x -olino), -(u)olo 8x, -olino 3x, -one 117x, -otto 11x, -uccio 3x, -uncolo 2x, -uocciolo 1x ADJ gesamt 142 N/ADJ vgl. ADJ treten nie attribuN, 18x tiv pränominal auf! PPP 4x -acchio 2x, -ino 2x ADJ 120x -etto 5x, -ino 107x (1x -olino), -one 2x, -otto 1x, -uccio 4x, -uccetto 1x ADV gesamt 11 ADV 11x -ino 9x, -one 1x, -uccio 1x V gesamt 28 V 28x -eggiare 18x, -erellare 1x, -ettare 1x, -icare 2x, -icchiare 3x, -olare 2x, -ottare 1x In die weitere Untersuchung werden nur die nominalen Derivate miteinbezogen, also 1243 Formen. Hierbei treten folgende Suffixe auf: -accio, -aglia, -astro, -azzo, -ello (auch -arello, -erello, -icello), -etto, -icchio, -ino (auch -erino, -olino), -(u)olo, -one, -otto, -uccio, -uncolo. Das Suffix -acchio tritt nur in Verbindung mit anderen Suffixen auf (-one und -otto). Es treten Verbindungen auf zwischen -ello + -ino, -ello + -one, -etto + -ino, -etto + -one, -olo + -ino, -uoccio + -olo. Die Suffixe treten bei 409 Bezugstypes auf. Es handelt sich hierbei in 23 Fällen um Eigennamen bei 18 Types. Bei vier Types handelt es sich um eine verbale Basis, diese Fälle werden allerdings nicht zur reinen Modifikation gerechnet. In 61 Fällen kann es sich um eine nominale oder adjektivische Basis handeln mit 19 Types. In zwei Fällen tritt bei einem Type ein Numeral als Basis auf. Bei den 1153 verbleibenden Fällen handelt es sich um nominale Basen (366 Types). Hiervon sind 5 Types nominalisierte Adjektive (23 Fälle). Bei einem Typ handelt es sich um ein nominalisiertes Adjektiv/Adverb (121 Fälle, poco). Ein nominalisiertes Partizip tritt in 118 Bei diesen Formen handelt es sich bezüglich der Derivatskategorie klar um Nomina, als Basis können Adjektive oder Nomina vorliegen. Dies beruht auf dem auch von Goes (1999) erwähnten problemlosen Übergangsbereich zwischen der Kategorie Nomen und der Kategorie Adjektiv. 169 zwei Fällen auf bei einem Type. Ein nominalisiertes Indefinitpronomen (qualcosa) tritt in drei Fällen auf. Einen interessanten Fall stellt un tantino dar (im Gegensatz zu poco, pochino). Lediglich die modifizierte Form kann nominalisiert werden. Sie tritt natürlich auch adjektivisch und adverbial auf. Wir finden also folgenden Unterschied: Adjektiv/Adverb poco pochino tanto tantino 4.2.2.2 nominalisiert un poco/un po' un pochino *un tanto un tantino Polysemie Auch die modifizierenden Suffixe lassen sich, wie die Adjektive, in quantitativ bewertende und qualitativ bewertende Suffixe unterteilen. In der folgenden Tabelle werden die Suffixe diesbezüglich angegeben: Suffix -acchio -accio -aglia -astro -azzo -ello -etto -icchio -ino -(u)olo -one -otto -uccio -uncolo Auftreten im Korpus quantitativ – u. qualitativ qualitativ -119 qualitativ qualitativ qualitativ quantitativ quantitativ quantitativ quantitativ quantitativ quantitativ + quantitativ +/quantitativ - u. qualitativ +/quantitativ- u. qualitativ - Kontinuum der Bedeutungsvariation der modifizierenden Suffixe Wie schon bei den Adjektiven, möchte ich auch bei den Suffixen die Variation der Bedeutung, wie sie im Korpus auftritt, erfassen. In Anlehnung an die Untersuchung der Adjektive wurden auch die Suffixe bezüglich einer systematischen Variation der Skalenbezüge und im Zusammenspiel mit bei der Derivationsbasis auftretenden Inferenzen untersucht. Eine vollständige 119 In einem Fall tritt -accio mit positiver qualitativer Bewertung auf. Es handelt sich um einen komplexen Fall innerhalb einer Werbesendung. Prezzaccio, der Preis eines Produktes, wird als niedrig und somit positiv für den Kunden, aber negativ für den Händler dargestellt. 170 Angabe der Schemata (analog zu denen der Adjektive) findet sich im Anhang C – Lexikon der modifizierenden Suffixe. Wie aus der folgenden Figur ersichtlich ist, treten die Lesarten des Gewichts, der räumlichen Anordnung, der Materialbeschaffenheit, der Position auf einer numerischen Skala sowie der Maßeinheit nicht im Korpus auf. Ob es sich hierbei um zufällige Belegslücken handelt oder die Lesarten nicht durch die Suffixe ausgedrückt werden können, wird, soweit möglich, in Abschnitt 4.3.1 angegeben. abstrakt konkret soziale Bedeutung, Wichtigkeit, Wert Intensität räumlich - räumliche Ausdehnung - zeitliche Ausdehnung - Geldmenge - Distanz - Menge Übertragung räumlicher Begriffe auf abstrakte Bereiche Da sich die Schemata der Adjektive weitgehend auf die Suffixe übertragen lassen, sollen hier nur kurz einzelne Schemata kommentiert werden. Zunächst für die Quantitativen. Wie schon bei den Adjektiven handelt es sich bei den Suffixangaben lediglich um schematische Angaben. Ein voller LFG-Eintrag könnte in etwa wie folgt aussehen: /ino/ ndsufx, @quant-, (↑ DPRED) = Klein<(↑ARG)> (↑ GEN) = (↑ ARG GEN) ©(↑Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(↑konkrete Skalen) = {Alter, Distanz, Geldmenge, Menge} ©(↑Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(↑Skala II) = Intensität ©(↑Skala III) = BWW → Fähigkeit, Funktionalität als X ©(↑Qualität) = {positiv, negativ} ©(↑Weiterverarbeitung) = Ironie. 4.2.2.2.1 +Pol-Suffixe für Quantität Bei den +Pol-Suffixen für Quantität (Quantitativ +) oder Augmentativsuffixen steht im Vordergrund die quantitative Komponente. Eine qualitative Bewertung kann sekundär erfolgen, und sie kann positiv oder negativ sein. Wie bei den Adjektiven, so wird auch bei den Suffixen ein Template zugrunde gelegt. Im Gegensatz zu den Adjektiven tritt das jeweilige Template bei allen Suffixen auf. 171 Wie bei den Adjektiven ist das Template für Quantitativ+ -Suffixe: @quant+ quant+ = (Lage zum BW) = Wert liegt über BW. Der Eintrag für das Suffix -one sieht folgendermaßen aus: -one @quant+ ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Distanz, Menge, Geldmenge} ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Fähigkeit/Funktionalität der BE ©(Qualität) = {positiv, negativ} Das Suffix tritt auf zur Erhöhung der räumlichen Ausdehnung des Basisnomens, ebenso in weiteren konkreten Lesarten, in denen es die Distanz, die Menge bzw. die durchs Basisnomen bezeichnete Geldmenge erhöht. Auch bezüglich der Erhöhung von Intensität sowie der BWW des Basisnomens (hierbei mit der Inferenz, die Fähigkeit bzw. Funktionalität des Bezugsnomens betreffend) tritt das Suffix im Korpus auf. Die qualitative Bewertung muss nicht vorhanden sein, kann aber sowohl positiv als auch negativ sein. 4.2.2.2.2 -Pol-Suffixe für Quantität Bei den -Pol-Suffixen für Quantität (Quantitativ -) oder Diminutivsuffixen sieht das Template analog zu den Adjektiven aus: @quantquant- = (Lage zum BW) = Wert liegt unter BW. Als Beispiel soll das insgesamt häufigste Suffix im Korpus dienen: -ino. Das Suffix tritt in allen Bereichen auf, in denen auch -one auftritt. Zusätzlich finden sich Beispiele mit Verringerung der zeitlichen Ausdehnung. Das Suffix -ino tritt auch mit ironischem Wert auf. 172 -ino @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Alter, Distanz, Geldmenge, Menge} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Fähigkeit, Funktionalität als X ©(Qualität) ©(Weiterverarbeitung) = {positiv, negativ} Bewertung trifft real nicht zu → Ironie Die Gruppe der Diminutivsuffixe ist zahlenmäßig die stärkste, mit neun Suffixen (im Gegensatz zu zwei Augmentativsuffixen und vier Pejorativsuffixen). Bei den Diminutivsuffixen –uccio, -acchio und -uncolo scheinen sich die qualitativen Werte festgelegt zu haben (bei Ersterem muss eine qualifizierende Bewertung enthalten sein, aber diese kann positiv oder negativ sein, bei Letzteren ist die Bewertung immer negativ), wenigstens suggerieren dies Beobachtungen von Mutz (2000) und die Beobachtungen im Korpus. Da im Italienischen keine Suffixe zum reinen Ausdruck positiver Qualität zur Verfügung stehen (es gibt natürlich bei den Diminutiv- und Augmentativsuffixen die Möglichkeit einer positiven Bewertung, die allerdings nicht fest ist - mit den obigen Ausnahmen - und zudem nicht primär zu sein scheint), komme ich nun sofort zu den –Pol-Suffixen für Qualität. 4.2.2.2.3 -Pol-Suffixe für Qualität Wie auch bei den Adjektiven sieht das Template für -Pol-Suffixe für Qualität (Qualitativ -) oder Pejorativsuffixe folgendermaßen aus: @qualqual- = (qual. Bewertung) = negativ. Das häufigste Pejorativsuffix -accio liefert negative Bewertung bezüglich einer optisch oder sonst wahrnehmbaren Eigenschaft des Basisnomens, bezüglich des moralischen Werts (in den meisten Fällen im Korpus handelt es sich um sprachliche Sanktionierung) sowie nicht wahrnehmbarer Eigenschaften der Basis. Auch tritt das Suffix zur Verstärkung/Wiederholung einer bereits bei der Basis impliziten negativen Bewertung auf. In fünf Fällen werden Pejorativa scherzhaft verwendet. 173 -accio @qual©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft} ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen negativen Bewertung der BE) 4.2.2.3 Lesarten Bei den Suffixen soll, wie bei den Adjektiven, die Verteilung der Tokens auf die Lesarten bzw. Gruppen dargestellt werden: Lesart/Gruppe Tokens im Korpus konkret räumliche Ausdehnung zeitliche Ausdehnung Menge Geldmenge räumliche Anordnung Gewicht numerische Skala Distanz Materialbeschaffenheit Maßeinheit Übertragung auf abstrakten Bereich 796 666 105 16 7 0 0 0 10 0 0 2 abstrakt Intensität Bedeutung, Wichtigkeit, Wert Qualität Qualität positiv Qualität negativ 199 63 78 83 19 64 Auch bei den Suffixen ist, ebenso wie bei den Adjektiven, ein mehrfacher Skalenbezug zugleich möglich: Kombination konkret + Intensität konkret + Bedeutung, Wichtigkeit, Wert Intensität + Bedeutung, Wichtigkeit, Wert konkret + Qualität Intensität + Qualität Bedeutung, Wichtigkeit, Wert + Qualität Adjektivtokens im Korpus 4 6 0 16 (8x positiv, 8x negativ) 0 25 (1x positiv, 24x negativ) 274 Fälle sind bisher nicht eingeordnet. Sie werden im Rahmen der Untersuchung auf pragmatischer Ebene untersucht (siehe 5.4). 174 Die Gegensatzrelationen sind im Bereich der Suffixe relativ banal: Die Diminutivsuffixe bilden die Gegengruppe zu den Augmentativsuffixen. Den Pejorativsuffixen fehlt, wie schon mehrfach erwähnt, ein positives Gegenstück ohne quantitative Komponente. 4.2.2.4 Format der Datenbank Wie auch bei den Adjektiven soll an dieser Stelle das Modell eines Filemakerdatensatzes für die Suffixe gezeigt werden. Die Suffixe werden in Datenbank 2 'Suffix' wie folgt erfasst (es wurde weitgehend versucht, die Adjektiv- und die Suffixdatensätze gleich aufzubauen). Suffix konkret Intensität Bed. Wicht. räuml. Ausdehnung zeitl. Ausdehnung Qual. pos Qual. neg Inferenz Beispiel Herkunft Bemerkung Diskursfkt. Diskurssit. Derivkat. Basis Genuswechsel Determinator Basiskat. Form Pragm. Funktion Dimension Numerus Zählbarkeit Bed. Wicht. = Bedeutung/Wichtigkeit/Wert Qual.pos./Qual. neg. = Qualitative Bewertung positiv bzw. negativ Diskursfkt. = Diskursfunktion Basiskat. = lexikalische Kategorie der Basis Derivkat. = lexikalische Kategorie des Derivats Diskurssit. = Diskurssituation Pragm. Funktion = Pragmatische Funktion 4.3 Ausdrucksalternativen Zur Untersuchung möglicher Ausdrucksalternativen zwischen Adjektiven und modifizierenden Suffixen ist es notwendig, von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus das Untersuchungsgebiet anzugehen. Einerseits muss auf der Ebene der Bezugsnomina gearbeitet werden (und zwar auf phonologischer und morphologischer Ebene), andererseits müssen die syntaktische Ebene (Spektrum der Adjektive, siehe Kapitel 2 und 3) und die pragmatische Ebene untersucht werden. An dieser Stelle soll bezüglich der Polysemie der Adjektive bereits ein erster Blick auf das Zusammenspiel zwischen Suffixen und Adjektiven geworfen werden. 175 4.3.1 Bemerkungen zur Ausdrucksalternative Als Ergebnisse aus der Korpusanalyse lassen sich folgende Faktoren schließen, welche eine Ausdrucksalternative regeln: Komplexe Semantik: Die Suffixe können keine Ausdrucksalternative für Adjektive mit komplexer Semantik sein. Sie drücken sehr einfache Bedeutungen aus. Quantitativ +: Bei den Adjektiven handelt es sich um den unmarkierten Teil. Bei den modifizierenden Suffixen handelt es sich um den markierten Teil. Es gibt weniger Suffixe. Sprachen, die Augmentativsuffixe besitzen, haben auch Diminutivsuffixe. Umgekehrt ist dies nicht immer der Fall. Qualitativ +: Es gibt formal keine Suffixe, die nur eine positive qualitative Bewertung bezeichnen. Ausgezeichnete Dimension: Die Suffixe können nicht eine von mehreren Dimensionen des Bezugsnomens auswählen und diesbezüglich eine quantitative Bewertung bezeichnen. Räumliche Anordnung: Die Suffixe besitzen nicht die Fähigkeit, sich auf eine räumliche Anordnung des Bezugsnomens zu beziehen. Vergleichbar mit der räumlichen Anordnung ist die Hierarchie im abstrakten Bereich. Auch hier fehlt den Suffixen das Ausdruckspotential. Sem [zeitlich]: Verschiedene Adjektive können das Sem [zeitlich] einführen, worauf die quantitative Bewertung (= zeitliche Ausdehnung) angewendet wird. Suffixe besitzen diese Fähigkeit nicht. Sie können lediglich bei Bezugsnomina auftreten, die dieses Sem bereits enthalten. Gewicht: Die Suffixe können sich nicht selektiv auf das Gewicht der modifizierten Entität beziehen. Sie drücken eher eine Gesamtmodifikation aus, z.B. coperta leggera ≠ copertina. Numerische Skala: Die Suffixe können nicht die Position auf einer numerischen Skala betreffen, z.B. numero alto ≠ numerone. Zählbarkeit: Die Suffixe verlangen die Zählbarkeit ihrer Basis. Diese Restriktion wird in Abschnitt 5.3 ausführlich behandelt. Spezifikation des Grades: Der Grad, in dem eine Eigenschaft zutrifft, kann nur beim Adjektiv näher spezifiziert werden (syntaktisch oder lexikalisch). Ein separates Zugreifen auf die durchs Suffix bezeichnete Eigenschaft ist nicht möglich. Nominale Basis: Die Suffixe sind (in nominaler Modifikation) an das Vorhandensein einer geeigneten Basis gebunden. Adjektive sind in diesem Bereich freier. Skopus: Die durchs Adjektiv ausgedrückte Modifikation kann weiteren Skopus haben, als dies beim Suffix möglich ist (z.B. ein Adjektiv modifiziert mehrere Nomina, mehrere Adjektive disjunkter Bedeutung modifizieren ein Nomen). 176 Die Variabilität der qualitativen Bewertung bei Diminutiv- und Augmentativsuffixen tritt auch bei der Mehrheit der Adjektive für quantitativ + bzw. - auf. Im Folgenden sollen zu den gruppierten Adjektiven potentielle suffixale Alternativen angegeben werden. Es stehen folgende Suffixe, nach ihren Werten geordnet, zur Verfügung. Besonders hervorzuheben ist, dass das Suffix -otto sowohl als Diminutiv- als auch als Augmentativsuffix auftritt. Bei Qualitativ - werden keine Diminutiv- und Augmentativsuffixe als Alternative angegeben, da deren qualitative Bewertung variabel ist und somit ohne Kontext keine Angaben gemacht werden können. In der Tabelle schlüsseln sich die Alternativangaben folgendermaßen auf: quant + quant qual quant -/qual quant -/qual +/- = = = = = -one, -otto -ello, -etto, -icchio, -ino, -(u)olo, -otto -accio, -aglia, -astro, -azzo -acchio, -uncolo -uccio Die Quantitativen: Quantitativ + Adjektiv Einschränkung abbondante alto keine nicht in räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension; räuml. Anordnung), numerische Skala nicht bei Hierarchie (BWW) keine Qualitativ + (Quantitativ +) bei quantitativ ok keine keine Lage zum Bezugswert nicht genau durchs Suffix wiedergegeben keine nein, Suffix gibt keinen Extremwert auf Skala an keine nein, Suffix gibt keinen Extremwert auf Skala an nein, Suffix gibt keinen Extremwert auf Skala an nicht, wenn Sem [Alter] nicht bereits salient im Bezugsnomen ist, nicht bei numerischer Skala, in allen anderen Fällen ok! Quantitativ +/Qualitativ -; qualitativ - nicht klar durchs Suffix; variable qualitative Bewertung! keine nein, Suffix gibt keinen Extremwert auf Skala an nicht in räumlicher Ausdehnung bei ausgezeichneter Dimension ampio caro colossale elevato enorme esteso estremo forte gigante gigantesco grande grasso grosso immenso largo Alternative quant + quant + quant + quant + quant + quant + --??-quant + ---------quant + ------------------quant + (quant +) quant + ---------quant + 177 lungo massiccio molto notevole parecchio pesante profondo prosperoso spesso stretto superiore supremo tanto vasto nicht in räumlicher Ausdehnung bei ausgezeichneter Dimension; nicht bei [zeitlich] wenn dies nicht bereits im Nomen präsent ist nicht bei Materialbeschaffenheit nein, alle Bezugsnomina sind nicht zählbar die Inferenz "Maß, das bemerkenswert ist" wird durchs Suffix nicht ausgedrückt -> komplexe Semantik nein, alle Bezugsnomina sind nicht zählbar nicht bei räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension) nicht bei räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension) keine nicht bei räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension) quantitativ - und quantitativ +(!!!), Alternative nur bei Intensität (in räumlicher Ausdehnung quantitativ -) nein, lexikalischer Komparativ nein, lexikalischer Superlativ/Extremwert nein, alle Bezugsnomina sind nicht zählbar keine quant + nicht in räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension; Anordnung), nicht bei numerischer Skala, nicht bei BWW (Hierarchie) nicht in räumlicher Ausdehnung bei ausgezeichneter Dimension; nicht bei [zeitlich], wenn dies nicht bereits im Nomen präsent ist nicht in räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension); nicht bei [zeitlich], wenn dies nicht bereits im Nomen präsent ist bei qualitativ negativ nur -acchio, -uncolo, die immer negative Bewertung tragen nicht bei numerischer Skala keine nicht bei BWW (Hierarchie) keine bei Intensität, Problem ist qualitativ + quant - quant + ---------------------------quant + quant + quant + ---------quant + ------------------------------------quant + Quantitativ basso breve corto debole decente delicato discreto dolce fine inferiore insufficiente leggero nicht in räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension) nein, lexikalischer Komparativ die Bewertung der quantitativen Komponente als "nicht genug" kommt nicht mit dem Suffix -> komplexe Semantik nicht bei räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete Dimension) quant quant quant /qualquant quant quant (quant /qual+)? quant --------------------quant - 178 limitato magro mingherlino minuscolo misero modesto piccino piccirillo piccolo poco ridotto ristretto scarso snello sottile stretto vile die Inferenz "begrenzt" kommt nicht mit dem Suffix -----------> komplexe Semantik nicht bei räumlicher Ausdehnung (Körperstatur) quant Problem qualitativ + (quant/qual+)? nein, lexikalischer Superlativ -----------nicht bei BWW (Hierarchie) quant keine quant außer [Alter], [zeitlich] quant keine quant außer [Alter], [zeitlich], BWW (Hierarchie) quant nein, alle Bezugsnomina sind nicht zählbar ---------nein, lexikalischer Bezug zu weiterem ---------Vergleichspunkt -> komplexe Semantik keine quant nein, Adjektiv impliziert Mangel -> komplexe ---------Semantik keine quant nicht bei räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete quant Dimension) nicht bei räumlicher Ausdehnung (ausgezeichnete quant Dimension); ansonsten quantitativ + keine quant - Die Qualitativen: Qualitativ + Es gibt keine Suffixe zum reinen Ausdruck von positiver qualitativer Bewertung. Deshalb werden nur einzelne Alternativmöglichkeiten jeweils angegeben: bello bravo brillante buono caro delizioso divino eccellente fantastico favoloso fine - bei räumlicher Ausdehnung Augmentativ - bei Verstärkung/WDH teils Augmentativ- teils Diminutivsuffixe - bei Fähigkeit/Funktionalität Augmentativ - bei Fähigkeit/Funktionalität Augmentativ - bei Intensivierung teils Augmentativ-, teils Diminutivsuffixe nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken - bei räumlicher Ausdehnung Augmentativ - bei BWW Augmentativ - bei Verstärkung/WDH teils Augmentativ-, teils Diminutivsuffixe - bei Fähigkeit/Funktionalität Augmentativ nein nein nein, Suffix kann Extremwert nicht ausdrücken nein, Suffix kann Extremwert nicht ausdrücken nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein 179 glorioso grandioso magnifico meraviglioso mitico positivo simpatico splendido stupendo superbo nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein nein nein nein, Suffix kann hohes Maß nicht ausdrücken nein, Suffix kann Extremwert nicht ausdrücken Qualitativ brutto cattivo deludente infernale insoddisfacente insufficiente meschino negativo orrendo orribile rozzo sgradevole squallido terribile keine keine keine Suffix drückt hohes Maß nicht aus die Bewertung "nicht ausreichend" kommt nicht mit dem Suffix -> komplexe Semantik die Bewertung "nicht genug" kommt nicht mit dem Suffix -> komplexe Semantik keine keine Suffix drückt hohes Maß nicht aus Suffix drückt hohes Maß nicht aus durchs Suffix nicht Bezug auf Elaboration -> komplexe Semantik (vielleicht auch Augmentativ + negativ qual.) durchs Suffix wird negative Wirkung nicht explizit keine Suffix drückt hohes Maß nicht aus qual qual qual ---------------------qual qual ----------------------------qual -------- Als mögliche Ausdruckspendants stehen sich demnach gegenüber:120 quant + quant - qual - 120 -one, -otto abbondante, (alto), ampio, (caro), colossale, elevato, esteso, forte, (grande), (grasso), grosso, (largo), (lungo), (massiccio), (pesante), (profondo), prosperoso, (spesso), (stretto), vasto -ello, -etto, -icchio, -ino, -(u)olo, -otto (basso), (breve), (corto), (decente), delicato, (discreto), (dolce), (fine), (leggero), (magro), (misero), modesto, (piccino), piccirillo, (piccolo), ristretto, snello, (sottile), (stretto), vile -accio, -aglia, -astro, -azzo brutto, cattivo, deludente, meschino, negativo, squallido In Klammern stehen die eingeschränkten Pendants. Es können nur einzelne Lesarten der Adjektive betroffen sein. 180 quant -/qual quant -/qual + -acchio, -uncolo debole (-uccio) mingherlino Die weitere Untersuchung der Ausdrucksalternativen erfolgt im 5. Kapitel. 4.3.1.1 Kookkurrenzen Adjektiv und modifizierendes Suffix im Korpus Die mehrfache Verwendung von Adjektiven und Suffixen ist möglich. Es kann sich hierbei um eine mehrfache Nennung bedeutungsähnlicher Elemente handeln, aber auch um die mehrfache Nennung desselben Elements. Aus diesem Grund wird auch bei Kookkurrenz nicht ausgeschlossen, dass Suffix und Adjektiv dieselbe Bedeutung ausdrücken können, und zwar im Sinne einer Intensivierung. Dies kann durch folgende nach ihrer Frequenz im Korpus geordneten Kombinationsmöglichkeiten geschehen: a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) Nomen und suffixal modifiziertes Adjektiv, modifizierendes Suffix beim Nomen und ein Adjektiv, mehrfach suffigiertes Nomen, mehrfaches Nennen des Adjektivs, suffixal modifiziertes Nomen und mehrfaches Nennen des Adjektivs, suffixal modifiziertes Nomen und suffigiertes Adjektiv, mehrfach suffigiertes Nomen und Adjektiv, suffixal modifiziertes Nomen und suffixal modifiziertes Adjektiv, suffixal modifiziertes Nomen und suffigierte Adjektive sowie Nomen und mehrfach suffigiertes Adjektiv (kein Beispiel mit attributivem Adjektiv, nur mit prädikativem Adjektiv). Die einzelnen Typen lassen sich durch Beispiele aus dem Korpus illustrieren: a) N + [ADJ + Suffix] una signora piccolina b) [N + Suffix] + ADJ i fratellini piccoli c) [N + Suffix + Suffix] quel barettino d) N + ADJ + ADJ quei tavoli lunghi lunghi e) [N + Suffix] + ADJ + ADJ un bacione grande grande f) [N + Suffix] + [ADJ + Suffix] un fuocherino piccolino g) [N + Suffix+Suffix] + ADJ un pezzettino di pane piccolo h) [N + Suffix+Suffix] + [ADJ + Suffix] una stradettina piccolina i) [N+Suffix+Suffix] + [ADJ + Suffix] [ADJ + Suffix] un braccialettino bellino carino j) N + Kopula +[ADJ + Suffix + Suffix] la sorella è caruccetta 181 Die genaue Erfassung dieser Kookkurrenzen wurde meines Wissens bisher nie gemacht. Eine gründlichere Erforschung der Möglichkeiten und Restriktionen einer solchen Kookkurrenz würde sicher interessante Aufschlüsse über das Zusammenspiel der morphologischen und der syntaktischen Modifikation geben, kann im Rahmen dieser Arbeit aber leider nicht geleistet werden. Im folgenden Kapitel sollen nun abschließend die einzelnen Sprachebenen nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Suffixen und Adjektiven untersucht werden. 182 5. Kapitel Auf der Suche nach Restriktionen In diesem Kapitel sollen systematisch auf phonologischer, morphologischer, semantischer und pragmatischer Ebene121 Restriktionen der Ausdrucksalternative zwischen Adjektiven und den modifizierenden Suffixen untersucht werden. Um die Gefahr von reinen Beleglücken des Korpus zu vermeiden, wurden sämtliche Basen aus Alberti et al. (1991) sowie vereinzelte Eigenfunde mitberücksichtigt (diese wurden zusammen mit den Basen aus Datenbank 2 'Suffix' in Datenbank 3 'Alberti/LIP' zusammengefasst, welche ca. 4940 Einträge umfasst). Zunächst sollen die Verhältnisse auf lautlicher Ebene untersucht werden. 5.1 Phonologie Durch die Vielzahl lautlich unterschiedlicher Suffixe und die verschiedenen allomorphen Varianten sind phonologische Restriktionen sehr unwahrscheinlich. Phonologische Seltsamkeiten werden durch die "Interfixe" ausgeschlossen. Zunächst sollen lautliche Beschränkungen, die in der Literatur zu den modifizierenden Suffixen diskutiert werden, überprüft werden. 5.1.1 Oxytona mit vokalischem Auslaut Bezüglich der suffixalen Modifikation von Oxytona mit vokalischem Auslaut bestehen in der Literatur drei Auffassungen: 1. 2. 121 122 Nach Schwarze (1995: 512) bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder kann nicht modifiziert werden oder die nominale Basis wird um einen sprachgeschichtlich zugrunde liegenden Konsonanten erweitert. Als Beispiel nennt er das /d/ in cittadino von città (altitalienisch: cittade). Bei Brunet (1991) ersetzt der Vokal des Suffixes normalerweise den Auslautvokal der Basis122, bei Oxytona mit Auslautvokal wird tendenziell der Auslautvokal beibehalten, wenn er nicht gleich dem Suffixanlaut ist. Beispiele: caffeuccio, reuzzo, reuccio, clichettone, paltoncino (Brunet 1991: 33). In 3.1 wurden bereits Vergleiche zwischen Suffix und Adjektiv auf syntaktischer Ebene angestellt und klare Restriktionen für die Suffixe diesbezüglich festgestellt. Es handelt sich streng genommen nicht um den Auslautvokal der Basis, sondern um die Flexionsendung. 183 3. Gemäß Bosco Coletsos (1997) sind Oxytona mit vokalischem Auslaut nicht modifizierbar. Sie nennt z.B. buffé, ragú, caucciù, tribù, gru (in Alb.123 findet sich jedoch gruetta). Es geht also darum, ob und wie der Hiatus bei Modifikativa bei Basen wie caffè vermieden werden kann. In Alb. und LIP traten nur 10 suffixal modifizierte Bildungen auf, deren Basis auf betonten Vokal endet. Es handelt sich um baccalà, blu, caffè, città, gagà, gru, menabò, paltò, papà, re. Wie sich in Datenbank 3 zeigt, gibt es verschiedene Verfahren, bei Oxytona den Typ caffeuccio zu vermeiden. Der Typ caffeuccio tritt jedoch auf. Wir können also nur eine schwache Restriktion feststellen, die durchbrochen werden kann. Es handelt sich jedenfalls nicht um eine Beschränkung, die zur Blockierung der Derivation führt. Die folgenden Angaben sollen keinerlei Schlüsse über die Häufigkeit der verwendeten Verfahren im heutigen gesprochenen Italienischen darstellen, es sollen lediglich die möglichen Verfahren illustriert werden (hierbei ist es irrelevant, ob die Bildung in Alb. zu finden ist, bzw. eine scherzhafte Bildung wie z.B. menabotto ist). Zunächst möchte ich sämtliche vorkommende Formen anführen: Auslautvokal à Basis città à à baccalà gagà Modifizierte Form cittadaccia, cittadella, cittadetta, cittadina LIP, cittadona, cittadone, cittaduccia, cittaduzza baccalaccione gagarella, gagarello, gagarino, gagarone à papà paparino, paparone, papino è caffè è re caffeaccio, caffeino LIP, caffettino, caffeuccio, caffeuzzo reino, reuccio ò menabò menabotto LIP ò paltò paltoncino ù blu bluastro ù gru gruetta Im Folgenden sollen die verschiedenen Modifikationsmöglichkeiten, die im Korpus auftreten, dargestellt werden: 1. città/caffè (u.a. cittadona; caffettino): Hier wird ein Stamm gewählt, der auf dentalen Okklusiv endet. Bei città handelt es sich in der Tat um einen sprachgeschichtlich zugrunde liegenden Konsonanten (siehe oben). Bei caffè 123 Alb. = Alberti et al. (1991) 184 2. 3. 4. 5. 6. ist auffällig, dass es Derivate derselben erweiterten Basis gibt: caffeteria, caffettiera. Zudem fällt auf, dass bei caffè auch der vokalisch auslautende Stamm gewählt werden kann, bei città hingegen wird nur der Stamm auf -d gewählt.124 baccalà/menabò (baccalaccione; menabotto): Es wird der Auslautvokal der Basis durch den gleich lautenden Anlautvokal des Suffixes ersetzt. gagà/papà (u.a. gagarino; paparone): Bei diesen zwei Basen wird (nach der hier vertretenen Sichtweise) der Auslautvokal der Basis durch den gleich lautenden Anlautvokal der erweiterten Form des Suffixes -arino ersetzt. papà (papino): Der Auslautvokal der Basis wird durch den nicht gleich lautenden Anlautvokal des Suffixes ersetzt. caffè/re/blu/gru (u.a. caffeuccio; reino; bluastro; gruetta): Hier bleibt der Auslautvokal erhalten und durch Anfügung des vokalisch anlautenden Suffixes entsteht ein Hiatus. paltò (paltoncino): Es tritt ein [n] nach dem Auslautvokal der Basis und die erweiterte Form des Suffixes -cino auf. Diese Form des Suffixes steht normalerweise nach Basen, die auf -on auslauten. Es treten 36 oxytone Formen mit betontem Auslautvokal in der Datenbank 1 für Adjektive auf, für die keine belegten, modifizierten Formen mit Suffix gefunden wurden. Außer den vereinzelten Formen sofà, zoo treten hierbei vor allem abgeleitete Nomina mit den Suffixen -ità/-tà wie attualità, libertà auf. Bei den letzten beiden Auslautsequenzen muss nicht zwingend eine phonologische Restriktion vorliegen, da es sich meist um so genannte Qualitätsnomina handelt und eine semantische oder morphologische Restriktion vorliegen kann (siehe 5.2.2). Bei den oxytonen Nomina, die keine weitere morphologische Struktur aufweisen, handelt es sich insgesamt gesehen um eine zahlenmäßig kleine Gruppe des italienischen Wortschatzes. Bei oberflächlicher Suche finden sich im DISC von Sabatini/Coletti (1997) etwa 340 solcher Nomina. Die Mehrheit der Nomina ist nicht italienischen Ursprungs. Die Frage nach ihrer Integriertheit ins italienische Lexikon scheint also angemessen. 5.1.2 Konsonantischer Auslaut Normalerweise sind italienische Wörter aus Stamm und Endung aufgebaut, wobei die vokalische Endung Flexionsinformation gibt. Bei konsonantischem Auslaut der Basis (was meist bei Lehnwörtern der Fall ist) fügt sich laut Brunet (1991) das Suffix direkt an. Bei einem ihrer Beispiele erfolgt die Längung des Auslaut124 Bei einem Restaurantbesuch in Pavia wurde auch die Form cafferino gehört (21.10.01). 185 konsonanten. Beispiele (nach Brunet 1991: 34): filmettino, jeepone, tailleurino, valzerino, slippino, slippini, slippucci. Bei diesen Wörtern entspricht die Basis dem syntaktischen Wort, da kein Flexionssuffix auftritt. Es wurden sämtliche in Datenbank 1 'Adjektiv' auftretenden Formen mit konsonantischem Auslaut daraufhin untersucht, ob es Belege für suffixal modifizierte Formen mit demselben Basisauslautkonsonanten gibt. In einem ersten Schritt wurden Belege für Basen gesucht, die ebenfalls konsonantisch auslauten. In einem zweiten Schritt wurden auch Belege für Basen gesucht, deren Stamm auf denselben Konsonanten endet.125 Im LIP traten 26 Bezugsformen mit konsonantischem Auslaut auf. Bei folgenden Auslautkonsonanten wurden erst im zweiten Schritt suffigierte Belege gefunden: [g], [ns], [S], [ts], [z]. Nur bei einem Konsonanten wurden überhaupt keine Belege gefunden. Es handelt sich um den Frikativ [Z]. Er tritt im Korpus bei dem Bezugswort ramage auf. Es handelt sich um einen dem Standarditalienischen fremden Laut, der hier nur als Teil einer Affrikate auftritt. Allerdings gibt es diesen Laut im Toskanischen. Insgesamt gesehen handelt es sich bei den konsonantisch Auslautenden um eine merkwürdige Klasse von Wörtern, die nicht flektieren (so wie die Oxytona) und meist Lehnwörter sind. Gibt es eine Tendenz, dass diese Wörter für die Suffigierung blockiert sind, so ist diese durchbrechbar. Es könnte diskutiert werden, ob es sich an dieser Stelle um eine morphologische oder eine phonologische Restriktion handelt. Das Suffix wird an das lexikalische Wort angefügt; phonologisch gesehen (ohne Endung) handelt es sich hierbei fast ausschließlich um konsonantisch auslautende Stämme. Auffällig ist, dass die modifizierenden Suffixe nicht zwischen nativen und fremden Basen unterscheiden, sondern bei beiden auftreten. Bestehen vielleicht phonologische Kriterien in der Morphologie? 5.1.3 Velare Konsonanten - Beibehaltung der Velarität oder Palatalisierung Nach Brunet (1991: 35) kann bei velarem Auslautkonsonanten des Basisstamms die Velarität beibehalten werden oder es kann palatalisiert werden monaco – monacello/monachello. Nach eingehender Untersuchung der Formen auf [-ka, -ko, -ga, -go] in Alb. und dem LIP ist klar, dass in den meisten Fällen die Velarität beibehalten wird. In folgenden Fällen treten Modifikativa mit palatalisiertem Konsonanten neben solchen mit velarem Konsonanten auf: arcella (Alb.; < arca) forcella, forcina, forcino (Alb.; < forca) miccichino, miccino, micella (Alb.; < mica (=minuzzolo)) 125 Es liegt bei dieser Vorgehensweise die Idee zugrunde, dass fast alle Stämme des Italienischen auf Konsonant enden und die Modifikation eigentlich den Stamm als Basis nimmt. 186 monacella (Alb.; < monaca) moscerino (LIP; < mosca) tonacella (Alb.; < tonaca) tunicella (Alb.; < tunica); porcello, porcetto (Alb.; < porco). Der einzige Fall, in dem nur Modifikativa mit palatalen Konsonanten belegt sind, ist sparagino, sparagione (Alb.; < asparago). Es zeigt sich klar, dass in den meisten Fällen die Velarität des Konsonanten beibehalten wird, was natürlich im Sinne der Stammidentität ist. Bei den Formen mit palatalem Konsonanten könnte es sich um Überbleibsel handeln, die noch aus einer Zeit stammen, in der die Palatalisierung aktiv war. Die Belegzeiten nach Zingarelli für die fraglichen Formen (leider bestehen keine Angaben zu Erstbelegen für die Modifikativa) sind: arca 1296; forca 13. Jh.; mica 12. Jh.; monaca 1279; mosca 1306; tonaca 1306; tunica 1308 ; porco 1262; asparago 15. Jh. 5.1.4 Vermeidung des Binnenreims Unter Binnenreim wird verstanden, dass die Basis mit einer Sequenz endet, die der des Suffixes lautlich ähnelt. In der Literatur bestehen zwei Auffassungen bezüglich der Vermeidung des Binnenreims im Zusammenhang mit den modifizierenden Suffixen. 1. 2. Dardano (1978, 1988, 1991), Dardano/Trifone (1991) und auch Mutz (2000) sehen die Vermeidung des Binnenreims als phonetische Restriktion, wohingegen Schwarze (1995: 513) die Vermeidung des Binnenreims für systematisch hält. Ein Gegenbeispiel zur Vermeidung desselben wäre jedoch asinino (siehe Alb.). Laut Rainer (1990) ist der Binnenreim als Restriktion aufgrund der zahlreichen Gegenbeispiele in seinem Korpus nicht haltbar. Manche Autoren wie Serianni (1988) sehen hierin nur eine Tendenz, keine Regel: vino, *vinino; collina, *collinina aber auch asinino, saltetto (Beispiele alle aus Serianni 1988: 549). Die Vermeidung des Binnenreims ist ein euphonisches Prinzip, das verletzt werden kann. Es ist nicht Teil der Wortbildungssemantik, sondern steuert die Produktion, d.h. es regelt sozusagen die Verteilung der Suffixe (nach dem Prinzip 'endet die Basis auf [ot…], so wähle ein anders lautendes Suffix'). Es handelt sich nicht um eine völlige Blockierung der Modifikation, da ja auch anders lautende Suffixe zum Ausdruck derselben Funktion zur Verfügung stehen. Mittels einer Kontrolle sämtlicher modifizierten Formen in Alb. wurden "Verstöße" gegen die 187 Vermeidung des Binnenreims ermittelt; im LIP trat kein Fall von Binnenreim auf:126 Suffix -accio: facciaccia (< faccia); mostacciaccio (< mostiaccio) Suffix -ino: z.B. arginino (< argine); bambinino (< bambino); cucinina/cucinino (< cucina); grandinina (< grandine; hierbei ist die Form mit Binnenreim die einzige Diminutivform); immaginina (< immagine); lesinino (lesina; auch hier ist die Form mit Binnenreim die einzige Diminutivform); ominino (< omino); pellegrinino (< pellegrino); piccinino (< piccino); susinina (< susina); verginina (< vergine) Suffix -one: z.B. bonone (< buono); ?madonnona/madonnone (< madonna). Auch Verfahren der Vermeidung des Binnenreims wurden kontrolliert, wie etwa die Vermeidung durch Wahl einer erweiterten Variante des Suffixes, bei z.B. pellicella (< pelle); colazionciona (< colazione); lezioncina (< lezione). Kontrolliert wurden alle im LIP auftretenden Suffixe. Bei den Suffixen -accio, -ino und -one kann der Binnenreim lediglich als tendenziell vermieden betrachtet werden. Interessant sind die Fälle, in denen durch eine Variante des Suffixes der Binnenreim vermieden wird. Bei den Formen auf [-on-] wird das euphonische Prinzip noch verstärkt durch die fast automatische Wahl von –cino, -cione etc. 5.1.5 Phonologische Ähnlichkeiten Rainer (1990) hält es für zu generell, dass Silbenzahl oder Vokalqualität der vorletzten Silbe die Auswahl des Diminutivsuffixes beeinflussen (wie von Ettinger 1974 angenommen). Es bestehen seines Erachtens lediglich Tendenzen, dass gewisse Endsequenzen eine Rolle bei der Auswahl des Suffixes spielen. Rainer (1990) nimmt als Basis der Derivation das syntaktische Wort an, betrachtet aber nur stammfinale Konsonanten. Ich habe diese Idee weiter ausgeführt und überprüft, ob vielleicht die Lautsequenz am Ende der Basis eine suffixale Modifikation völlig ausschließen kann - also eine phonologische Restriktion. Allerdings habe ich diese Lautsequenz weiter gefasst als nur den Endkonsonanten. Ich ging davon aus, dass die Derivation auf dem Stamm basiert. Untersuchungskriterium war die Auslautsequenz des jeweiligen Basisworts als syntaktisches Wort. Es wurde untersucht, ob in Alb. und LIP jeweils eine bzw. mehrere Formen derselben Auslautsequenz vorliegen. Aufgrund der Untersuchung hinsichtlich phonologischer Ähnlichkeit lassen sich diesbezüglich keine Einschränkungen ausmachen. 126 Die Ergebnisse aus Alb. wurden von muttersprachlichen Informanten weitgehend akzeptiert. 188 Im nächsten Abschnitt wird nun die morphologische Ebene der Bezugsentitäten untersucht. 5.2 Morphologie 5.2.1 Kategorienneutralität und das Problem der Restriktionen Eine große Frage innerhalb der Literatur zu den modifizierenden Suffixen ist die der Kategorienneutralität, auch Unitary Base Hypothesis (UBH) genannt. Die UBH von Aronoff (1976) besagt, dass jede Wortbildungsregel auf Basen einer einzigen lexikalischen Kategorie angewendet wird - also auf Basen, die syntaktisch spezifiziert sind. Die meisten modifizierenden Suffixe akzeptieren jedoch Basen mehrerer lexikalischer Kategorien. Die modifizierenden Suffixe sind nach Scalise (1984, 1990 und 1995) transparent bezüglich syntaktischer Kategorie und bezüglich syntaktischer Merkmale. Sie gehorchen der Hypothese der einzigen Basis also nicht. Grundlegend in diesem Teil meiner Arbeit ist die Annahme, dass die modifizierenden Suffixe aufgrund ihrer Transparenz bezüglich der Basiskategorie diese auch nicht verändern, die Kategorie der Basis und des Derivats also dieselbe sind.127 Bei den nach Grandi (1998) scheinbaren Gegenbeispielen zur Kategorienneutralität (es handelt sich um deverbale Nomina) trete gemäß Dal (1997) eine Suffixlöschung auf, bevor diminuiert werde. Fürs Italienische würde also folgende Ableitungsfolge gelten: frullareV > frullatoreN > frull-ø-N > frullinoN.128 Grandi (1998) argumentiert, dass Bildungen mit -tore/-trice nicht diminuiert werden können. Formen wie frullatorino, mitragliatricetta kennzeichnet er als ungrammatisch. Grandi überlegt, ob diese angebliche Restriktion auch für andere Suffixe gilt. Er hält dies für möglich bei den Suffixen -aio/-ista: ? gelataietto, ? macellaietto, ? paltonistino, ? carrieristino (die Fragezeichen geben Grandis Annahme wieder; fascistone ist beispielsweise im LIP belegt). Grandis Annahmen möchte ich anhand der Belege in Alb. und dem LIP überprüfen. Anschließend sollen nicht belegte Formen aus dem Korpus bezüglich einer morphologischen Restriktion untersucht werden. Ich beginne mit Grandis (1998) Annahme, dass Bildungen mit -tore/-trice nicht suffixal modifiziert werden können. In Datenbank 1 'Adjektiv' finden sich neun Bezugsnomina auf -tore sowie einmal mit -trice, die durch Adjektive modifiziert werden und für die keine Belege in Datenbank 3 gefunden wurden. In der Datenbank 3 als modifizierbar zu finden 127 128 Aus diesem Grund werden die vier deverbalen Fälle im Korpus LIP nicht zur reinen Modifikation gezählt. Allerdings bleibt einzuwenden, dass ein frullino kein 'kleiner Mixer', sondern ein 'Quirl, Handrührgerät' ist. 189 sind jedoch zahlreiche deverbale Bildungen auf -tore (wie beispielsweise giocatorone Alb. und registratorino LIP) und auch ein Beleg für -trice (attricetta Alb.). Diese Behauptung Grandis sehe ich somit als widerlegt an. Mit Suffixlöschung kann eine Form wie frullino nicht erklärt werden. 5.2.2 Verfahren zur Bildung von Nomina Die weitere Vorgehensweise bestand in der Untersuchung des morphologischen Aufbaus der Basis (Suffigierung, Präfigierung, Komposition, Konversion). Dementsprechend wurden ähnliche belegte Basen gesucht. Es wurden also morphologisch transparente Bildungen untersucht. Zunächst wurden alle deverbalen Nomina im Korpus, die durch Adjektive modifiziert wurden, auf Belege mit modifizierenden Suffixen untersucht. Bei den durch Suffigierung gebildeten Nomina finden sich für alle Bildungstypen Belege mit modifizierenden Suffixen, wie z.B. sbattimentino, sfogliatina oder operazioncine. Auch bei den Formen auf -ione, bei denen synchron keine Derivationsbasis vorliegt, finden sich zahlreiche Belege. Ebenso bei der Konversion vom Verb (auch Partizip Perfekt) zum Nomen finden sich keine Lücken. Bei dem morphologischen Typ der durch Suffix gebildeten denominalen Nomina (z.B. fascistoni) und bei dem der deadjektivischen Nomina (z.B. incazzaturina) sind ebenfalls alle Typen belegt. Auch präfigierte Nomina sind belegt, z.B. (riassuntino). Scalise (1995: 506f.) schließt Komposita als mögliche Basen für Modifikation aus: ? pescecanino, *capostazioncella usw. Lediglich bereits lexikalisierte Komposita könnten seiner Ansicht nach als Basis auftreten (z.B. pomodorino). Eine Untersuchung von Datenbank 3 lässt jedoch 34 modifizierte Komposita finden, wie beispielsweise asciugamanuccio, mezzoretta oder treppiedino. Es handelt sich durchgehend um motivierte Komposita. Die Erstbelege reichen vom 13. Jahrhundert bis 1958 (nach Zingarelli 1999). Komposita im Korpus mit Erstelement auto-, sotto- sowie Komposita bestehend aus Verbal- und Nominalstamm sind belegt. Lediglich für die Erstelemente inter-, mini- finden sich auf Anhieb keine Belege; bei Letzterem finden sich jedoch miniabitino, minicomputerini etc. mittels Google. Für gelehrte Bildungen (nach Schpak-Dolt 1992 terminologische Kombinatorik) finden sich Belege, ebenso für Abkürzungen. Im Folgenden sollen Verfahren angeführt werden, bei denen keine suffixal modifizierte Form gefunden wurde. Es handelt sich zunächst um deadjektivische Bildungen, die mit dem Derivationssuffix -ità, wie in attualità, responsabilità sowie der nicht mehr produktiven Variante -tà, wie in libertà, realtà, gebildet sind (Schwarze 1995: 539). In Datenbank 3 wurden keine diesbezüglichen Formen gefunden, 190 ebenso wurden kreierte Beispiele von Muttersprachlern eindeutig abgelehnt. Eine phonologische Restriktion liegt, wie bereits in 5.1.1 gesehen, nicht vor. Auch für Bildungen verschiedenartiger Basen mit dem Suffix -ismo wurden keine suffigierten Formen gefunden. Interessanterweise verbindet sich das Suffix -ismo sowie die modifizierenden Suffixe, mit Basen verschiedener lexikalischer Kategorien, wie mit Adjektiven, z.B. in totalitarismo, Nomina, z.B. in berlusconismo, oder Syntagmen wie z.B. in menefreghismo. Es scheint, als sei -ismo ein abschließendes Suffix, das keine weitere Derivation zulässt. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) erwähnen weiterhin, dass Adverbien auf -mente nicht diminuiert werden können und dass umgekehrt aus Diminutivbildungen keine Adverbien auf -mente gebildet werden können. In der Tat liegen keine modifizierten Formen in der Datenbank 3 vor, die auf Adverbien auf -mente beruhen. Schwarze (1995: 603) nennt -mente auch als abschließendes Suffix, d.h. ein Derivationssuffix, das jede weitere Derivation ausschließt. Ob aus modifizierten Bildungen wiederum Adverbien auf -mente gebildet werden können oder nicht, ist nicht Thema dieser Arbeit (in Datenbank 3 finden sich keine Belege hierfür). In allen drei Fällen ist die Annahme einer morphologischen Restriktion plausibel. Eine weitere mögliche Restriktion könnte die reine Infinitivnominalisierung darstellen. Im Korpus traten drei reine Infinitivnominalisierungen bei den Adjektiven auf: Es handelt sich um andare (= Handlung des Gehens), potere (= konkrete Möglichkeit, etwas zu tun) und avvenire (= das Kommende, Geschehende). In Datenbank 3 finden sich verschiedentlich suffigierte Infinitivnominalisierungen, wie mangiare (ohne Beispiele in Alb.), essere (Bezug auf eine Person bzw. ein Wesen), piacere (nur im Sinne von Gefallen). Es treten keine Belege zu Infinitiven der -ireKlasse auf. Aufgrund fehlender Beispiele bei den meisten modifiziert belegten Infinitiven in Funktion eines Nomens in Alb. wird nicht klar, ob auch reine Nominalisierungen modifizierbar sind. Die Vermutung ist, dass hier die in 5.3 untersuchte semantische Beschränkung auf zählbare Basen ins Spiel kommt, da reine Infinitivnominalisierungen keine zählbaren Entitäten bezeichnen. Eine rein morphologische Beschränkung liegt jedenfalls nicht vor. Alle belegten Formen mit Beispielsangaben in Alb. sind bereits umkategorisierte Nomina. Für Nominalisierungen ausgehend von anderen Wortarten wie Indefinitpronomina, Interjektionen und Adverbien (außer die mittels -mente gebildeten) scheinen keine Restriktionen zu bestehen. 5.2.3 Klassifikation nach Flexionsmerkmalen Bisher wurden vor allem morphologisch komplexe Nomina untersucht. Für nicht abgeleitete Nomina wird nun untersucht, ob sich anhand von Flexionsmerkmalen 191 Restriktionen ergeben. Es werden nur die Flexionsklassen untersucht, die auch bei den Bezugsnomina der Adjektive auftraten. Für maskuline Nomina, die im Singular das Person-Numerussuffix -o und Plural -i besitzen (tavolo - tavoli), lassen sich unzählige suffixal modifizierte Formen finden. Dasselbe gilt für feminine Nomina, die im Singular das Person-Numerussuffix -a und im Plural -e haben (zona - zone). Auch für maskuline und feminine Nomina, die im Singular -e und im Plural -i haben (nome - nomi; fase - fasi), besteht eine große Belegsvielfalt. Selbst für maskuline Nomina, die im Singular -a als PersonNumerussuffix besitzen und im Plural -i, lassen sich Belege finden (dramma, sistema). Für feminine Nomina, die im Singular und Plural auf -à auslauten (qualità), findet sich nur ein Beleg für die Basisform città. Bei den maskulinen unveränderlichen Nomina auf -à finden sich Belege für baccalà, gagà, papà. Auch für maskuline und feminine Nomina, die in Singular und Plural unveränderlich sind, lassen sich suffixal modifizierte Belege finden (bar, crisi). Durch Bezüge aus der letzten Klasse können auch mögliche Restriktionen auf Lehnwörter ausgeschlossen werden, die in dieser Klasse im Übrigen sehr zahlreich auftreten. Insgesamt gesehen ist im Fall der Adverbien auf -mente, im Fall der Nomina auf -ità sowie im Fall der Nomina auf -ismo die Annahme einer morphologischen Beschränkung plausibel. Im Folgenden möchte ich zur semantischen Ebene übergehen. 5.3 Semantik Ausgehend von Rainers Annahme, dass modifizierende Suffixe auf begrenzte Basen beschränkt sind (Rainer 1990, siehe 1.8.1), wurde das Korpus diesbezüglich untersucht. Bei den Adjektiven zum Ausdruck von quantitativer Bewertung treten auch molto, parecchio, poco und tanto auf (in der italienischen Grammatiktradition werden sie zu den Adjektiven gerechnet). Diese können Individualnomina (im Folgenden IN) im Plural modifizieren und bezeichnen dann eine große bzw. geringe Anzahl; in Bezug auf Massennomina (im folgenden MN) im Singular drücken sie eine große bzw. geringe Quantität aus. Bei den IN besteht keine Ausdrucksalternative zwischen den Adjektiven wie molto etc. und den anderen Adjektiven wie grande etc. sowie den modifizierenden Suffixen; weder das Adjektiv noch das Suffix können zum Ausdruck von Anzahl verwendet werden. Die Suffixe und Adjektive können zwar teilweise bei denselben Bezugsnomina (IN) auftreten, haben aber andere Auswirkungen auf die Bedeutung, wie folgende Beispiele zeigen: molte bistecche (viele Steaks) vs. bisteccone (riesige Steaks); poche parole (wenige Worte/Wörter) vs. paroline (süße, nette Worte/Wörter). Diese 192 Verwendung von quantitativen Funktoren wurde nicht in der Datenbank erfasst, da weder zu den Adjektiven wie grande, piccolo eine Ausdrucksalternative besteht, noch zu den modifizierenden Suffixen. Besteht hingegen bei den MN eine echte Ausdrucksalternative? Die Überlegung wäre die Folgende: 1. 2. Es besteht eine Beziehung zwischen -one und grande. Es besteht eine Beziehung zwischen grande und molto (bei bestimmten Nomina, z.B. Qualitätsnomina, wie successo, piacere, bei denen molto als unbestimmter Nominalquantor im Singular auftritt). Es besteht keine Beziehung zwischen -one und molto. 3. Im Folgenden wird die gedankliche Struktur graphisch dargestellt: grande = Alternanz -one molto Alternanz grande -one Alternanz grande molto keine Alternanz -one molto (zählbar) (nicht zählbar) Die modifizierenden Suffixe und Adjektive wie piccolo/grande haben natürlich ein breiteres Bedeutungsspektrum als molto/poco. Sie können außer der Quantität auch andere Aspekte des Bezugsnomens modifizieren. Die Adjektive besitzen eine größere Reichweite als die Suffixe. Es scheint so, als ob dieselbe Alternanzrelation zwischen piccolo - poco nicht in dem Maße besteht. Piccolo ist oft nicht durch poco ersetzbar und umgekehrt. Die grundlegende Annahme ist, dass Adjektive wie grande bei gewissen Bezugsnomina nicht sensitiv bezüglich der Zählbarkeit - Nichtzählbarkeit ihres Bezugsnomens (bei Qualitätsnomina usw.)129 sind, wohingegen modifizierende Suffixe wie –ino/ -one dies sehr wohl sind. Sie können nur zählbare Basen modifizieren. Das hat sich bei der Untersuchung klar gezeigt, die im Folgenden eingehend dargestellt wird. Außer Rainer (1990) gehen auch Grandi/Scalise (1999, 2000) von dieser Restriktion aus, allerdings stimme ich nicht in allen Punkten zu. Sie nehmen unterschiedliche Grade der Modifizierbarkeit an, u.a. eine Ebene, auf der das modifizierende Suffix die Zählbarkeit einführt, z.B. bei zuccherino, burrino, formaggino. Ich gehe hingegen davon aus, dass es generelle Prinzipien gibt, nach denen nicht-zählbare Wörter zählbar gemacht werden können und umgekehrt. Wie ich zeigen möchte, sind 129 Lang (1987) erwähnt die abstrakten Kontinuativa, bei denen Austauschbarkeit zwischen den Adjektiven 'groß' und 'klein', 'viel' und 'wenig' besteht. Siehe auch 2.3.1.2. 193 diese Prinzipien klar zu fassen und machen zahlreiche Einzelannahmen überflüssig, in denen das Suffix die Zählbarkeit des Basisnomens bewirkt. Zunächst aber möchte ich eingehender die Argumentation von Grandi (1998) und Grandi/Scalise (1999, 2000) darstellen. Grandi (1998) tritt in Rainers Fußstapfen und beschäftigt sich mit der obenerläuterten Restriktion auf begrenzte Basen, und zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob Diminutivsuffixe den gesamten Rahmen der Subkategorisierung der Basis übernehmen - ein Punkt, der immer wieder in der Diskussion um die Eigenschaften der modifizierenden Suffixe aufgegriffen wurde (siehe 1.6). Wie bereits erwähnt, nimmt Rainer (1990) an, dass bei den Basen für Diminutivbildung eine Restriktion auf begrenzte Basen vorliegt ([+b] = [+begrenzt]): [+b]-Basen stellen mögliche Basen für die Diminutivbildung dar, z.B. cagnolino, gruppetto; [-b]-Basen stellen keine möglichen Basen für die Diminutivbildung dar, z.B. *coraggino, *fantasietta, *timidezzina, ?acquina, ?sabbietta, *vigorino (Kennzeichnung durch * und ? nach Grandi/Scalise 1999). In Fällen wie birretta liegt nach Grandi (1998) nicht das unbegrenzte Nomen zugrunde, sondern die Basis enthält das Merkmal [+b]. Es liege also folgende Struktur vor: birra [-b] > birra [+b] > + Diminutivsuffix. Mit birretta werde verwiesen auf una piccola bottiglia/un piccolo bicchiere di birra und nicht auf *una bottiglia di birretta (Anmerkung: bereits mit una birra wird referiert auf una bottiglia/un bicchiere di birra oder un tipo di birra). Aber es gibt nach Grandi (1998) auch Diminutivbildungen von unbegrenzten Nomina wie z.B. zucchero > zuccherino; es liegt seines Erachtens nicht dieselbe Situation vor wie im Falle von birra, da seines Erachtens uno zucchero ebenso wenig möglich ist wie un burro, un ghiaccio. In diesen Fällen identifiziere das Suffix selbst eine begrenzte Quantität (das Suffix fügt das Merkmal [+b] an). Also verändern Suffixe nach Grandi (1998) den Rahmen der Subkategorisierung, da zucchero nicht begrenzt ist, zuccherino hingegen begrenzt. Im Falle von zuccherino liegt meines Erachtens jedoch ein lexikalisiertes Diminutiv vor, also keine produktive Bildung, denn zuccherino bezeichnet nicht irgendeine kleine Quantität von Zucker, sondern einen Zuckerwürfel. Auch innerhalb der Klassifikation von Grandi/Scalise (1999) nimmt zuccherino eine Sonderposition ein. Aufgrund seiner Merkmale müsste das Diminutiv die einzelnen Zuckerkörner bezeichnen, "mais le diminutif, zuccherino ne dénote pas le singulier grain de sucre, mais plutôt la plus plausible unité 'de mesure' associable au sucre: le morceau." (Grandi/Scalise 1999: 91). Im Fall von birretta liegt meines Erachtens der "begrenzte" Unterschied nicht anders. Mit una birra bezieht man sich auf una bottiglia/un bicchiere di birra, auch bei zucchero könnte man sich vorstellen, uno zucchero mit Verweis auf un cucchiaino di zucchero zu verwenden (was meines Erachtens ebenfalls eine plausible Maßeinheit 194 für Zucker darstellt). Vermutlich spielen Konventionalisierungsunterschiede eine Rolle, wenn una birra akzeptabler ist als uno zucchero. Unklar ist meiner Ansicht, warum Grandi (1998) die Ausführungen diesbezüglich nicht unter den Abschnitt 3.2 Livello semantico ordnet. Grandi führt auch Gràcia/Turon (2000) an, die eine Untersuchung in derselben Richtung fürs Katalanische machen: Begrenztheit bestehe bezüglich Raum, Zeit oder abstrakt in Richtung einer Dimension. Sie unterscheiden vier Bedeutungsgruppen bei modifizierenden Bildungen: (a) (b) (c) (d) modification of physical extension of the object (in space), modification of the number of elements of a set, modification of physical extension of the elements of a conglomerate, modification of temporal extension. (Gràcia/Turon 2000: 234) Ist das Nomen inhärent begrenzt, beziehe sich das Diminutiv auf die konstituierenden Elemente: pluja → plugeta (Regen mit kleinen Tropfen); sorreta (Sand mit kleinen Körnern). Eine Suffigierung ist ihres Erachtens nur möglich, wenn die Basis das Merkmal [+b] besitzt. Grandi/Scalise (1999, 2000) führen die Hypothese der begrenzten Basen weiter. Zunächst erläutern sie die Merkmale [±begrenzt] und [±interne Struktur] und die Klassifikation der Nomina in zählbare, nicht-zählbare und Pluralnomina nach Jackendoff (1991: 20). Ich möchte zunächst die Merkmale [begrenzt] und [interne Struktur] sowie die Ausformulierung verschiedener konzeptueller Funktionen, die über die Merkmale operieren, nach Jackendoff (1983, 1991) darstellen. Anschließend kehre ich wieder zur Argumentation von Grandi/Scalise (1999, 2000) zurück. Ein physikalisches Objekt hat nach Jackendoff (1983) räumliche Grenzen; man kann aber auf Substanzen referieren, ohne auf deren räumliche Grenzen Bezug zu nehmen (Beispiele aus Jackendoff 1983): i oil was leaking onto/all over the floor i i some oil was leaking onto/*all over the floor Satz i referiert auf die Substanz als mehr oder weniger kontinuierlichen Strom, unbegrenzte Quantität innerhalb des durch die Äußerung bestimmten Zeitrahmens. Satz ii referiert auf die Substanz als begrenzte Quantität; dieser Unterschied ist verbunden damit, dass all over nicht mehr auftreten kann. Jackendoff (1991) geht es darum, eine Reihe konzeptueller Merkmale zu entwickeln, die Phänomenen in der Nominalsemantik Rechnung tragen, wie beispielsweise der IN/MN-Unterscheidung oder dem Universal Packager (drei Kaffees). Diese Merkmale oder Funktionen können Teil der lexikalisch-konzeptuellen Struktur sein, durch ein Affix oder eine kompositionsähnliche Konstruktion eingeführt werden oder durch eine rule of construal (also ohne syntaktischen oder morphologischen Ausdruck). Zunächst zu den beiden Merkmalen: 195 1. [begrenzt] (bounded). Es handelt sich um ein konzeptuelles Merkmal, welches sich auf die Grenzen einer Entität bezieht (IN und abgeschlossene Ereignisse sind [+ b]; MN, artikellose Pluralnomina (bare plurals) und unbegrenzte Prozesse sind [- b]): Let me be slightly more specific about what is intended by -b. As suggested in the previous section, a speaker uses a -b constituent to refer to an entity whose boundaries are not in view or not of concern; one can think of the boundaries as outside the current field of view. This does not entail that the entity is absolutely unbounded in space or time; it is just t h a t we can't see the boundaries from the present vantage point. (Jackendoff 1991:19) 2. [interne Struktur] (internal structure). Auch hierbei handelt es sich um ein konzeptuelles Merkmal: I will call the feature ± internal structure, or ± i. Aggregates - the entities normally expressed by plural nouns - will be +i. Substances - the entities normally expressed by mass nouns - will be -i. (Jackendoff 1991: 20) Das Merkmalssystem, angewandt auf Objekte und Substanzen, ergibt folgende Möglichkeiten (nach Jackendoff 1991: 20): a b c d [±b] + + - [±i] + + Kategorie Individuen Gruppen Substanzen Aggregate Beispiel a pig a committee water cattle, rice, buses Das Merkmal [begrenzt] dient zur Unterscheidung von Individuen und Gruppen von Substanzen und Aggregaten. Das Merkmal [interne Struktur] hingegen unterscheidet Individuen und Substanzen von Gruppen und Aggregaten. Die übergeordnete Kategorie, die alle Entitäten erfasst, nennt Jackendoff Material Entity (Jackendoff 1991: 20). Er führt insgesamt sechs Funktionen an, die über die Merkmale [begrenzt] und [interne Struktur] operieren. Es handelt sich um die Funktionen Plural; Element_von; Material (bei Jackendoff composition); Universal_grinder; Partitiv; Containing (Behälter). Ich möchte nur kurz auf die Funktionen eingehen, die für die Arbeit von direkter Bedeutung sind (Jackendoff 1991: 20ff.). Ich beginne mit der Funktion Plural. In the case of objects, the plural maps an expression denoting an instance of a category (say apple) into an expression denoting a multiplicity of instances of the category (apples) . (Jackendoff 1991: 16) Die Funktion Plural hat folgende Änderungen der Merkmalswerte zur Folge. Wie klar ersichtlich ist, verlangt die Funktion Plural ausschließlich [+b]-Input. Die Funktion verändert den Wert des Merkmals [b]: bei Individuen: [+b, -i] dog → [-b, +i] dogs; bei Gruppen: [+b, +i] committee → [-b, +i] committees. Die Funktion Material wählt als Argument eine Substanz oder ein Aggregat aus und bildet es auf ein Individuum ab: [-b, -i] wood → [+b, -i] a house of woods; [+b, -i] 196 brick → [-b, +i] bricks → [+b, -i] a house of bricks; bei Gruppennomina: [+b, -i] bird → [-b, +i birds] → +b, +i a flock of birds. Material kann auch ohne syntaktische Form durch eine so genannte Rule of construal eingeführt werden, wie im Fall von three coffees. Es handelt sich hierbei um den in der Literatur wohlbekannten Universal Packager. Mit der Funktion Universal_Grinder werden Shifts von IN zu MN erfasst. Diese Funktion ist für diese Untersuchung nicht relevant. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Universal Grinder findet sich bei Kleiber (1999: 110ff.), eine formale Ausarbeitung bei Copestake/Briscoe (1995). Kehren wir zurück zur Argumentation von Grandi/Scalise (1999, 2000). Grandi/Scalise (1999, 2000) kontrollieren für die verschiedenen Kategorien die Möglichkeit der suffixalen Modifikation und kommen zu folgenden Ergebnissen: 1. Bei begrenzten Nomina scheinen sowohl bei [+belebt] [±menschlich] Nomina sowie bei [-belebt] [±abstrakt]130 Nomina keine Beschränkungen vorzuliegen, z.B. nennen sie ragazzino, gattino, elefantino sowie tavolino, quadretto, passeggiatina. 2. Bei begrenzten Nomina mit interner Struktur scheinen nicht alle modifizierbar zu sein, Grandi/Scalise (1999, 2000) nennen gruppetto, squadretta131, mucchietto, aber *comitatino (in Alb. finden sich jedoch comitatino, comitatone belegt). 3. Manche unbegrenzten Nomina (unabhängig davon, ob sie interne Struktur besitzen oder nicht) können modifiziert werden: zuccherino, burrino, birretta, formaggino. Sie schlagen eine neue Klassifikation der Nomina und die Restriktion der 'begrenzbaren Basis' vor. Klassifikation nach Grandi/Scalise (1999: 87): [+hum] (garçon, maîtresse) [+anim] [+b] [-hum] [-anim] [+d] (table, visite) [+m] [-b] (groupe, troupeau) [+e] N [-m] [-e] [-d] (chat, éléphant) (sable, riz) (eau, peur) (courage, force) d = begrenzbar (délimitable), b = begrenzt (bounded), anim = belebt, e = diskrete Elemente (éléments discrets - ersetzt Jackendoffs internal structure), hum = menschlich, m = belebte Mitglieder (membres animés). 130 131 Zu einer Diskussion der in der Sprachwissenschaft nicht unproblematischen Unterscheidung in konkrete und abstrakte Nomina siehe Kleiber (1994: 48-64). Schwache Mannschaft ≠ kleine Mannschaft nach Grandi & Scalise (1999). Meines Erachtens lässt sich dies jedoch ohne Kontext nicht entscheiden. 197 Dies führt sie zur Unterscheidung von drei Ebenen der Modifizierbarkeit: 1. Ebene der Modifizierbarkeit [+d], [+b] Die Nomina mit den Merkmalen [+d], [+b] sind nach Grandi/Scalise (1999) bis auf wenige Ausnahmen völlig produktiv modifizierbar. Als Beispiele nennen sie aquilotto, passeggiatina. 2. Ebene der Modifizierbarkeit [+d], [-b] Die Nomina mit den Merkmalen [+d], [-b] sind nur in gewissen Kontexten modifizierbar und mit spezifischer Lesart, z.B. zuccherino, burrino, formaggino. Nach Grandi/Scalise (1999) fügt das modifizierende Suffix hier das Sem [+b] an! Es erfolgt Bezug auf eine Maßeinheit von X: "entités qui peuvent prendre des limites non arbitraires, mais conventionnellement reconnues (eau, sucre, beurre)" (Grandi/Scalise 1999: 87). Bestehen keine konventionellen Einheiten für das Nomen, so ist kein Diminutiv möglich (Grandi/Scalise 1999: 91) oder sie sind potentiell modifizierbar (Grandi/Scalise 1999: 93) (fumo, olio, aceto, riso - in Alb. finden sich jedoch fumaccio, fumetto, es ist nicht der Comic gemeint, sowie risaccio, risetto, risino). 3. Ebene der Modifizierbarkeit Bei Nomina mit dem Merkmal [-d] ist eine Modifikation nicht möglich. Ein nicht begrenzbares Nomen kann nach Auffassung von Grandi/Scalise (1999) niemals begrenzt werden. Die folgende Einteilung in tabellarischer Form erfolgt in Anlehnung an Grandi/Scalise (1999: 91): 1. Kategorienkonfiguration N[+d][+b][+anim] [±hum] N[+d][+b][-anim] N[+d][-b][+e] [+m] Beispiele ragazzo gatto tavolo favola gruppo squadra 2. N[+d][-b][+e] [-m] N[+d][-b][-e] 3. N[-d] riso zucchero acqua burro Bedeutung petit132 X " " peu de membres unité conventionnelle associée à X membre de X unité de mesure de X coraggio Abschließend erwähnen sie eine Korrelation zwischen Plural und Diminution. Nur pluralisierbare Nomina sind modifizierbar. Klar ausformuliert findet sich in 132 Nach Grandi/Scalise (1999: 88) hat das Adjektiv piccolo zwei Lesarten: 1. "physicospatiale" und 2. "temporelle", die sich manchmal auch überlagern können: "Ces interprétations peuvent se superposer: un aquilotto ("aiglon") est plus jeune qu'un aigle et donc plus petit." 198 Grandi (2001) die Hypothese, die auch ich, allerdings in etwas anderer Form, vertrete: Nur Nomina, die eine Pluralform besitzen, können Basis für eine suffixale Modifikation sein. Allerdings muss laut Grandi nicht jedes pluralisierbare Nomen auch suffixal modifizierbar sein (comitiva/comitive/?comitivina; fantasia/fantasie/ *fantasietta133; coraggio/*coraggi134/*coraggino; grandine/*grandini135/*grandinetta136, Bewertungen nach Grandi 2001). Diachronisch ist es nach Grandi (2001) motiviert, eine Beziehung zwischen Kollektiv und Augmentativ zu sehen. Diminutiv sei hierin das ideale Gegenstück zum Augmentativ, da eine Beziehung zwischen Diminutiv und Singulativ bestehe. Grandi (2000) nimmt an, dass eine Interaktion zwischen Modifikation und Numerus besteht. Zur Funktion des Diminutivs bei MN: [...] la parola con il suffisso identifica infatti la più plausibile unità convenzionale che può essere associata all'entità non delimitata designata dalla base. (Grandi 2001: 44) Diese Funktion scheint jener der Singulative137 ähnlich zu sein. Secondo la definizione di Cuzzolin (1998: 125), questo termine indica «una forma nominale specifica la cui funzione è quella di caratterizzare e identificare nella sua individualità un elemento all'interno di un gruppo qualitativamente omogeneo di elementi». (Grandi 2001: 44) Grandi (2001) diskutiert, ob diese Diminutive vielleicht aus der Modifikation ausgeschlossen werden sollten. Er vergleicht die syntaktischen Kontexte von zucchero, zuccherino und cane, cagnolino. Distribution von Simplex und suffigierter Form unterscheiden sich: ho comprato uno *zucchero/zuccherino ho comprato qualche *zucchero/zuccherino ho comprato tutto lo zucchero/*zuccherino Distribution von Simplex und suffigierter Form ist dieselbe: ho comprato un cane/cagnolino ho comprato qualche cane/cagnolino ho comprato *tutto il cane/*cagnolino (nach Grandi 2001: 45) Er zieht hieraus den Schluss, dass die Beziehung zwischen zucchero, zuccherino anderer Natur ist, als die zwischen cane, cagnolino. Vielleicht beruht die völlig unterschiedliche Distribution bei zucchero, zuccherino jedoch auf dem Status der Lexikalisierung von zuccherino? Aber trotzdem möchte Grandi (2001) diese Bildungen zur 133 134 135 136 137 In Alb. fantasiaccia, fantasiuccia. Mit www.google.it findet man den Plural coraggi. Mit www.google.it findet sich Plural grandini. In Alb. grandinina. Grandi (2000) scheint hierbei die von mir so genannte Typ/Sorte-Bildung anzusprechen. Zu ähnlichen Bildungen im Polnischen siehe Kryk-Kastovsky (2000). 199 Modifikation rechnen, da sonst eine Generalisierung verloren ginge, nämlich die, dass in verschiedenen (meist nicht verwandten) Sprachen, die konzeptuellen Kategorien 'kleines X' und 'Portion von X' durch dasselbe Suffix ausgedrückt werden. Grandi (2001) geht also von einem polysemen Suffix aus. Das Sem [PICCOLO] weist seiner Auffassung nach die folgenden drei Realisierungen auf: 'giovane X' bei belebten Nomina, 'Portion von X/konventionelle Einheit von X' bei MN und 'piccolo X' bei allen anderen. Er bezieht die Bildungen bei MN also mit in die Modifikation ein, allerdings nicht als prototypische Modifikation. Im Gegensatz zu Grandi/Scalise (1999, 2000), die annehmen, dass das Suffix manchmal die Funktion hat, ein Wort zählbar zu machen (die Möglichkeiten sollten dann konzeptuell vorgegeben sein, und es sollten Gelingensbedingungen bestehen), muss die Basis meines Erachtens bereits zählbar sein, bevor modifizierende Suffigierung auftreten kann. Das Suffix verlangt eine zählbare Form. Bei wohl jedem Massennomen besteht die Möglichkeit eines Bedeutungsshifts hin zu Individualnomen. Wie genau der Ablauf der Ableitungen aussehen kann, wird in 5.3.2 dargestellt. Die Suffixe greifen nicht tief in die Merkmalsstruktur des Basisnomens ein, es bestehen konzeptuell motivierte Ableitungen (MN > IN). Meine Annahme ist, dass es im Lexikon des Italienischen primär zählbare und primär nicht-zählbare Wörter gibt, was natürlich keine Universalie ist. Wenn der Mechanismus der Zählbarmachung auch ohne das Suffix erfolgen kann, warum sollte man dann annehmen, dass das Suffix manchmal diese Funktion hat? Grandi/Scalise (1999, 2000) äußern sich nicht explizit zu den qualitativ bewertenden Suffixen. Innerhalb des Korpus verhalten sich die qualitativen modifizierenden Suffixe diesbezüglich wie die quantifizierenden Suffixe, denn auch sie treten nur bei zählbaren Basen auf. 5.3.1 Massennomina Zur Klärung und Verdeutlichung der Restriktion der Suffixe auf zählbare Basen möchte ich den Hintergrund und Besonderheiten von MN näher beleuchten. Im Vordergrund steht natürlich die Behandlung dieser Unterscheidung im Italienischen, deshalb werden sprachspezifische Idiosynkrasien anderer Sprachen weitgehend außer Acht gelassen. Im Rahmen dieser Arbeit kann nicht auf die weitreichende Literatur zu MN insgesamt Bezug genommen werden. Zu einer möglichen Ausdehnung der Unterscheidung zählbar/nicht-zählbar auf Adjektive siehe Kleiber (1994: 29-47). Eine Diskussion der Annahme von Begrenztheit bei manchen graduierbaren Adjektiven findet sich bei Paradis (2001). Zur Untersuchung einer möglichen Analogie zwischen Zählbarkeit im nominalen Bereich und 200 Aspektualität im verbalen Bereich (Ereignisse und IN; Zustände und MN) siehe Talmy (1988), Jackendoff (1991) und Brinton (1998). 5.3.1.1 Unterteilung der Nomina Die Nomina lassen sich mit Bäuerle (1994) unterteilen in IN (Sortale) und MN. Schon auf Frege geht die Definition des sortalen Prädikats als ein Begriff, "der das unter ihn Fallende bestimmt abgrenzt und keine beliebige Zertheilung gestattet", zurück (Frege zitiert in Krifka 1991: 405). Gemäß Frege ist die Teilbarkeit das Unterscheidungskriterium zwischen den beiden Prädikatarten. Später wurde dies Kriterium der distributiven, partitiven oder divisiven Referenz genannt. Es bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob der Kontrast MN-IN im Lexikon (z.B. Chierchia 1997) oder in der Grammatik (z.B. Bunt 1985) einer Sprache anzusiedeln ist. Manche Autoren gehen wegen der Variabilität der Verwendungsweisen (IN als MN verwendet und vice versa) soweit, die Annahme einer lexikalischen Distinktion zwischen IN und MN aufzugeben und stattdessen davon auszugehen, dass jedes Nomen sowohl als MN als auch als IN verwendet werden kann - also MN und IN als abstrakte syntaktische Kategorie, ohne feste Zuordnung (z.B. Allan 1980). Es besteht auch die Annahme, dass die Nomina auf einem kategorialen Kontinuum angesiedelt sind. Mit dieser Annahme vernachlässigt man nach Krifka (1991) allerdings die Tatsache, dass MN in IN-typischen Kontexten auftreten können und umgekehrt IN in MN-typischen Kontexten. Krifka stellt fest, dass ein MN in Verbindung mit einer konventionellen Einheit immer zu einer IN -Verwendung führt. 5.3.1.2 Referenz MN referieren nach Bäuerle (1994) kumulativ und distributiv: [...] ein Quantum Wasser und noch ein Quantum Wasser ergeben vereinigt wiederum ein Quantum Wasser; bei der Teilung eines Quantums Wasser entstehen zwei Quanten Wasser. (Bäuerle 1994: 5) MN referieren in diffuser Weise, ohne explizit zu machen, wie ihre Referenten individualisiert oder in individuelle Objekte dividiert werden. Sie referieren typischerweise auf Entitäten, die als kontinuierlich empfunden werden. IN referieren nicht kumulativ (daher zählbar) und nicht distributiv: [...] ein Haus und noch ein Haus sind nicht wieder ein Haus sondern zwei Häuser; und zwei Teile eines Hauses sind nicht wiederum Häuser, sondern Hausteile. (Bäuerle 1994: 5) 201 IN referieren auf diskrete, gut abgegrenzte Entitäten. Sie individuieren und dividieren ihre Extensionen, was MN nicht tun. Zählbarkeit hängt nach Krifka (1991) von der Atomarität des Prädikats ab. Aber zählbare Entitäten dürfen sich auch nicht überlappen, d.h. sie müssen diskret sein (also abgrenzbar). In der Semantik der natürlichen Sprache ist wohl weder ein atomares noch ein nichtatomares Weltbild eingebaut; sie läßt die Frage der Atomarität vielmehr offen. Dies ist wiederum mit dem Kriterium der kumulativen Referenz verträglich, das nichts über die Existenz oder Nicht-Existenz von kleinsten Teilen postuliert. (Krifka 1991: 405) 5.3.1.3 Massennomina vs. Individualnomina Es lassen sich mindestens 10 grundlegende empirische Eigenschaften aufstellen, die den Unterschied zwischen IN und MN charakterisieren. Im Folgenden werde ich mich primär auf Chierchia (1997) beziehen, Annahmen von Marcantonio (1988) und anderen sind als solche gekennzeichnet. Das Merkmal [abstrakt] spielt bei der Unterteilung in MN vs. IN keine Rolle. Wie Marcantonio (1988) zeigt, gibt es zählbare Abstrakta und nicht-zählbare Konkreta (Beispiele aus Marcantonio 1988: 324f.), von Bedeutung ist die Zählbarkeit: [+zählbar] [-abstrakt]: [+zählbar] [+abstrakt]: [-zählbar] [+abstrakt]: [-zählbar] [-abstrakt]: sedia, uomo parere, condizione, qualità pazienza, gelosia acqua, vino Allerdings scheinen Adjektive wie grande sensitiv bezüglich des Merkmals [abstrakt] im Zusammenhang mit [-zählbar] zu sein. Lediglich bei [-zählbar] [+abstrakt] können sie auftreten, bei [-zählbar] [-abstrakt] sind sie ausgeschlossen (*grande acqua im Sinne von molta acqua). Im Folgenden gebe ich die unterschiedlichen Eigenschaften von IN und MN an. I Pluralbildung Die IN weisen im Unterschied zu den MN eine Numerusunterscheidung auf, sie können im Singular oder im Plural auftreten; MN hingegen besitzen keine Numerusunterscheidung, sie treten entweder nur im Singular auf (Singularetantum) oder nur im Plural (Pluraletantum); sie werden üblicherweise unterteilt in Stoffnomina und Kollektivnomina. MN (Singularetantum) können nur mit Bedeutungsshift im Plural auftreten (Beispiele aus Chierchia 1997: 230). Zur formalen Ausarbeitung solcher Bedeutungsshifts (durch lexikalische Regeln) siehe z.B. Copestake/Briscoe (1995). a a' b ci sono mobili in questo negozio *ci sono mobilie in questo negozio ci sono gocce di sangue in questa stanza 202 b' c c' *ci sono sangui in questa stanza ci sono virtù nascoste in ognuno *ci sono carità nascoste in ognuno II Numerale Die Numeralia treten nur mit zählbaren Nomina auf: a b tre gocce, quattro mobili, cinque virtù *tre sangui, *quattro mobilie, *cinque carità III Zählen von MN Um MN zählen zu können, müssen Klassifikatoren oder ähnliche Maßsyntagmen verwendet werden: a b tre gocce di sangue cinque litri di sangue Sowohl MN als auch IN können mit Klassifikatoren (Maßangaben, Behälterbezeichnung usw.) auftreten. Aber bei MN tritt die Zählbarkeit erst durch die Klassifikatoren auf, da sie selbst keine Einheit individuieren, die gezählt werden könnte. Der Unterschied zwischen IN und MN beim Ausdruck von Quantität besteht darin, dass IN eine Default-Dimension und Default-Maßeinheit haben: die des Zählens von Individuen. Für MN besteht eine solche Dimension und Einheit nicht per se, vgl. (Beispiele übersetzt aus Bunt 1985): a b ci sono 5 cipolle nell'insalata (= Existenz von fünf Objekten) ci sono 5 grammi di cipolla nell'insalata (≠ Existenz von fünf Objekten) Charakteristisch für das Auftreten von MN sind Numerativkonstruktionen (cinque bicchieri di vino). Krifka (1991: 402) nennt verschiedene Unterarten. Auf syntaktische und semantische Besonderheiten dieser Konstruktionen möchte ich nicht weiter eingehen, da sie nicht zentral für diese Arbeit sind; modifizierende Suffixe können natürlich auf den nominalen Teil der Konstruktion angewendet werden (bicchierino, fettina, branchetto). Folgende Unterschiede betreffen den Bereich der Determinatoren: IV Determinatoren nur mit IN Manche Determinatoren treten nur bei IN auf, z.B. ogni, nessuno, qualche. a b qualche nuvola, ogni virtù, nessun mobile *qualche sangue, *ogni carità, *nessuna mobilia 203 V Determinatoren nur mit MN Manche Determinatoren treten hingegen nur bei MN auf, wie beispielsweise niente. a b non c'è niente pane *non c'è niente panini VI Determinatoren und Quantoren mit MN und pluralischen IN Analog zu "vagen" numerischen Quantifikatoren für IN wie molti, parecchi (im Plural) treten für MN im Italienischen dieselben "vagen" Quantifikatoren molto, parecchio (allerdings im Singular) auf. Molto, parecchio etc. spezifizieren nicht, in welchen Einheiten MN gemessen werden, zudem sind sie ebenso vage wie molti, parecchi hinsichtlich der Anzahl der betrachteten Einheiten. Manche Determinatoren treten nach Marcantonio (1988) sowohl mit MN als auch mit pluralischen IN auf (wie zuvor bereits erwähnt allerdings bei MN immer im Singular, bei IN immer im Plural). Es handelt sich um Formen wie molto, di + bestimmter Artikel, quanto, poco, abbastanza: a b c molta acqua, della mobilia molte gocce, dei mobili *molta goccia, *del mobile VII Bestimmter Artikel mit MN und IN Der bestimmte Artikel tritt bei MN ebenso wie bei IN auf (bei Letzteren im Plural und Singular): a b c il sangue sul pavimento la goccia sul pavimento le gocce sul pavimento VIII Variation IN-MN Dasselbe Konzept kann sowohl mittels IN als auch mittels MN sprachlich realisiert werden: a b c mobile vs. mobilia rifiuto vs. spazzatura vestito vs. vestiario Nach Chierchia denotiert mobile die Atome, mobili hingegen die Pluralität, die aus den Atomen gebildet wird, und mobilia denotiert die Vereinigung dieser Gesamtheiten. Hieraus folgert Chierchia, dass folgende Sätze äquivalent sind: a b i mobili in questa stanza sono antichi la mobilia in questa stanza è antica 204 IX IN > MN Ein IN kann massifiziert werden: a b c'è del coniglio in questo stufato quanta virtù in un giovane Dies ist für diese Untersuchung jedoch nicht weiter relevant. X MN > IN Von Interesse für diese Arbeit ist jedoch die gegenteilige Richtung, von MN > IN: a b tre acque minerali entspricht etwa tre bottiglie di acqua minerale tre vini entspricht etwa tre tipi di vino Wenn ein MN in einem Kontext stehe, der eine zählbare Interpretation verlangt, werde das Nomen reinterpretiert. Die Sätze a und b illustrieren zwei Arten, wie dies typischerweise geschieht. Es liegt nach Marcantonio (1988) klar ein Bedeutungsshift vor, wenn ein MN im Plural oder mit unbestimmtem Artikel auftritt: In einem solchen Fall gehe das MN dazu über, eine diskrete Entität zu bezeichnen, oder eine Unterklasse, eine Spezifizierung des Massennomens. Auf jeden Fall sei das fragliche Nomen kein MN mehr, sondern sei zu einem IN geworden (un vino, due caffè), mit Bezug auf Typen oder Qualitäten, oder auf Portionen u.ä. So stehe un vino rosso z.B. für eine Qualität des Weins, un caffè für eine Tasse Kaffee. Der Gebrauch des unbestimmten Artikels bzw. Plurals werde gerechtfertigt dadurch, dass es sich um eine diskrete Entität handelt. Chierchia (1997) illustriert den Shift mittels Bezug auf Typ: a b ci sono due vini che non amo: il lambrusco e il chianti californiano c'è un mammifero che odio: il gatto Wie Chierchia zeigt, kann die "Funktion TIPO" generell auf alle Nomina angewandt werden. Für den Shift mit der Interpretation Portion (genauer Standardportion), in ci sono tre acque minerali sul tavolo könnte z.B. eine Flasche als Portion dienen. Für manche Nomina spezifiziere das Lexikon die Verfügbarkeit beider Lesarten, und der Kontext wähle die relevante aus. Dies betreffe Fälle wie vino, birra usw., deren IN-Verwendungen stark standardisiert sind. Für andere (z.B. oggi ho analizzato tre sangui)138 müsse die Äußerungsumgebung die relevante Standardportion spezifizieren und der Gebrauch eines MN als IN werde viel markierter sein, je schwieriger es ist, den Standard der relevanten Klassifikation auszumachen. Zum Zählen müssen homogene Unterge138 Beispiele ebenso nach Chierchia (1997). 205 samtheiten individuierbar sein; es gibt nach Chierchia (1997) zwei Arten zu zählen: 1. übers Lexikon oder 2. über Klassifikatoren, die Substanzen in diskrete zählbare Einheiten teilen. Fast jedes MN kann nach Bunt (1985) in einer Lesart 'Art/Typ von X' als IN auftreten. Dies tritt auch bei abstrakten MN auf. Ebenso können die meisten IN mit der Lesart 'X-Substanz/-Masse' als MN verwendet werden. Um diese möglichen Bedeutungsshifts zu verbildlichen, wurden hypothetische Maschinen geschaffen: Der Universal Grinder139 IN > MN und der Universal Sorter MN > IN (Sortierung nach Typ, usw.). Nomina per se können laut Bunt (1985) nicht als IN oder MN klassifiziert werden. Diese Tatsache wurde unterschiedlich interpretiert; nach Quirk et al. (1972) beispielsweise besitzen Nomina, die sowohl als IN als auch als MN auftreten können, eine doppelte Klassenmitgliedschaft, gemäß Krifka (1991) hingegen ist es vorzuziehen, von primären IN und primären MN zu reden, Allan (1980) weist jedem Nomen einen Zählbarkeitsgrad zu. So wie u.a. Pelletier (1974) geht Bunt (1985) davon aus, dass die MN/IN-Unterscheidung eine Unterscheidung zwischen Okkurrenzen von Nomina ist und nicht zwischen Nomina. Es ist interessant, dass diese unterschiedlichen Charakteristiken zwischen IN und MN tendenziell in allen Sprachen gelten, in denen der Unterschied festzustellen ist. Bezüglich verschiedener theoretischer Ansätze zur Erfassung von Massennomina und Individualnomina siehe z.B. Bunt (1985). Für typologische Ausblicke soll auf Chierchia (1997) verwiesen werden. Zu den verschiedenen Bedeutungsshifts im Englischen, Russischen, Italienischen und Litauischen siehe auch Gobber (1993). 5.3.1.4 Abstrakte Nomina Abstrakte Nomina bezeichnen definitionsgemäß nicht physisch wahrnehmbare und somit schwer begrenzbare Entitäten. Manche verhalten sich nach Marcantonio (1988: 327ff.) wie MN, andere wie IN. Nomina wie beispielsweise amore, dolcezza, diffidenza, gioia, verità, bellezza, coraggio, scheinen dieselben Eigenschaften wie konkrete MN zu besitzen (manche völlig, manche teilweise): *gli amori/*le diffidenze/*le verità molto/poco/abbastanza/tanto amore ha dell'amore per gli animali c'è della bontà sul suo volto *una dolcezza Wie bei den konkreten MN bringt der Gebrauch des Plurals und des unbestimmten Artikels uno nach Marcantonio (1988) einen Bedeutungsshift mit sich. 139 Pelletier (1979: 5 FN 7) schreibt die Erfindung des Universal Grinder David Lewis 1968 zu. Hierzu jedoch Jackendoff (1991: 24 FN). 206 un amore/gli amori/i molti amori di Casanova ha avuto una (sola)/(solo) poche gioie nella vita tutte le sue diffidenze Aber selbst wenn Plural auftreten kann, sind nach Marcantonio nicht alle Nomina zählbar: Sie können nicht mit uno auftreten und nicht mit einem echten numerischen Quantifikator, *una dolcezza/*tre dolcezze. Wie sich bei meiner Untersuchung gezeigt hat, reicht diese Pseudozählbarkeit bereits aus, um eine Modifikation mittels Suffix zu ermöglichen. Zum unbestimmten Artikel bei nicht-zählbaren Nomina mit impliziter qualitativer Bewertung im Englischen siehe Hlebec (1995). Mit anderen MN ist der Gebrauch des unbestimmten Artikels uno möglich, aber nur, wenn ein nominaler Modifikator (z.B. ADJ, ADV, Relativsatz oder Pause, die Vorhandensein eines ähnlichen Modifikators suggeriert) vorhanden ist. In diesem Fall bezeichnet uno nach Marcantonio (1988) lediglich Unbestimmtheit: *era di una bellezza *aveva una paura era di una grande bellezza Nomina wie qualità, sventura, aspetto sind abstrakte IN. Sie besitzen nach Marcantonio (1988) sämtliche Eigenschaften konkreter IN: le qualità di Gianni *ha molta qualità ha molte qualità *ha della qualità ha delle qualità una/mille qualità Im Folgenden sollen die oben angeführten Charakteristika von MN und IN auf die Relevanz für die Untersuchung der Adjektive und der modifizierenden Suffixe überprüft werden. 5.3.1.5 Untersuchung von Artikelverwendung Im Zusammenhang mit der semantischen Restriktion für modifizierende Suffixe auf zählbare Basen gibt auch die Artikelverwendung Hinweise auf Zählbarkeit bzw. Nicht-Zählbarkeit des Bezugsnomens. Die Artikelverwendung im Zusammenhang mit der Zählbarkeit bzw. Nicht-Zählbarkeit des Nomens kann an dieser Stelle nur skizziert werden. Für eine detaillierte Darstellung sei auf Renzi (1988) verwiesen. Aus semantischer Sicht gibt es nach Renzi (1988) drei Arten von Syntagmen, mit der illustrierten Artikelverwendung bei IN und MN (Tabelle nach den Angaben aus Renzi 1988: 364 erstellt): 207 Definitheit IN Singular Plural MN Singular definite NP il cane i cani il vino spezifisch, indefinite NP un cane dei cani del vino nicht spezifisch, indefinite NP un cane dei cani del vino _ cani _ vino Aus Renzis Angaben lässt sich demnach folgern, dass nur im Falle des bestimmten Artikels kein formaler Unterschied zwischen IN und MN besteht. Der unbestimmte Artikel tritt mit zählbaren Nomina auf. Vor MN findet sich hingegen der Teilungsartikel (dello riso, dello zinco). Tritt vor ein Nomen, das normalerweise als MN verwendet wird, der unbestimmte Artikel, so ist es nach Renzi zählbar geworden: un riso molto consistente = un tipo di riso molto consistente. Der unbestimmte Artikel kommt nicht mit MN vor. Se davanti a un nome che di solito è massa appare uno, vuol dire che il nome non è usato come massa ma come numerabile; un riso molto consistente = «un tipo di riso». (Renzi 1988: 368) Renzi (1988: 401ff.) nennt verschiedene Typen von Nominalphrasen, die weder definit noch indefinit sind. Die Typen, die Renzi nennt, werden alle nicht referentiell verwendet. Wenn also Nominalphrasen in dieser Funktion suffixal modifiziert werden können, so lässt sich eine Restriktion auf referentielle Nomina als mögliche Basen ausschließen. Zu einer Kritik an der Unterscheidung zwischen referentiellem und prädikativem (bzw. qualitativem) Gebrauch siehe von Heusinger (1997: 11f.). In der Tat besteht keine Restriktion für die Suffixe. Es finden sich Beispiele im Korpus sowohl in referentieller (a, b), als auch in prädikativer Funktion (c): a) b) c) B: F: B: C: A: I: A: B: A: B: e ve<ro> e manca e manca il canino eh si'_ e dov'e' andato ora? e' qui sotto la mia sedia LIP FE15 va bene # va ben vai pure a posto il quadernone te l'ho bell' e visto vero? si' LIP FC6 quattro e mezzo mh che e' un votino basso insomma mh brutto si' LIP FA14 Renzi (1988) behandelt prädikative Nominalphrasen (der Form NP Kopula NP;140 Appositionen; Ausrufe bestehend aus Adjektiv und Nominalphrase ohne Artikel), 140 Die Konstruktion mit Verben, die ein prädikatives Komplement verlangen, wie diventare, finire usw., folgt denselben Regeln. 208 Ausrufe (in Objektfunktion, Grußformeln und Wünsche) und Komplemente als weder definite noch indefinite Nominalphrasen. Ich möchte nur seine Ausführungen zum prädikativen Typ und zu den Komplementen näher betrachten, da nur diese für eine mögliche Ausdrucksalternative relevant scheinen. 5.3.1.6 Prädikativer Typ Nominalphrasen des prädikativen Typs werden nicht zur Referenz verwendet, sondern zur Zuschreibung einer Eigenschaft (nach Renzi 1988 sind sie somit eher Adjektiven ähnlich). Renzi (1988) nennt folgende Typen prädikativer Nominalphrasen, die jeweils durch Vorkommen aus dem Korpus illustriert werden: I X è Y (NP hat eine dem prädikativen Adjektiv vergleichbare Funktion). queste erano piccole cose LIP MA5 (es finden sich kaum Okkurrenzen) eh insomma so' so' bei tipetti LIP RB3 (" ") II X è il Y (Identifikation; keine Beispiele für die modifizierenden Suffixe) noi siamo la brutta copia del Corriere della sera LIP MB8 Maurizio Nichetti e' uno dei grandi registi LIP ME10 III X è un Y (Zugehörigkeit zu einer Gruppe) sei un ottimo cuoco LIP FB18 il bulldog e' un bel cane LIP MA1 l'Ortica e' un piccolo modestissimo giornale LIP NC3 Pino e' diventato un soldatino ubbidiente LIP FE15 questa e' pure una bella basetta ahah proprio una piccola base LIP RD11 tu eri uno scugnizzetto LIP NE13 Manche durch Präposition eingeleitete Nominalphrasen besitzen nach Renzi (1988) den einer prädikativen Nominalphrase ähnlichen Wert, Renzi nennt hierbei u.a. die Präpositionen come: guardi che bellina tutta pelle di vitello ahah e'_ un amore come secchiellino e' veramente un amore LIP FE5 5.3.1.7 Präpositionalphrasen Sowohl die durch Adjektiv als auch die durch Suffix modifizierten Nomina treten in vielen unterschiedlichen Typen von Präpositionalphrasen auf. An dieser Stelle sollen nur die Typen spezifiziert werden. Bei der Korpusanalyse finden sich vor allem im Bereich der Präpositionalphrasen klare Fälle bei den Adjektiven in denen Suffixe nicht auftreten können. Es handelt sich, abgesehen von klar nicht-zählbaren Nomina, um solche, deren Interpretation nicht eindeutig bezüglich der Zählbarkeit ist. Diese Fälle sollen im Folgenden herausgearbeitet werden. 209 Suffixal oder durch Adjektiv modifizierte Nominalphrasen mit Präposition lassen sich im Korpus für u.a. folgende Funktionen finden: Adjunkt, Obliquus, Komplement der Kopula, Teil einer Nominalphrase als Modifikator oder Komplement. Adjunkt: ma voi sapete che l'islam si e' costituito sulla base di una sincresi giudaico cristiana si' ma con grosse memorie anche di religioni autoctone arabiche e grossi ricordi egizi LIP FD15 la ringrazio co un bacione grande grande LIP RE3 Obliquus: faccio riferimento alla grande enorme questione femminile LIP RD13 parliamo # di quest'ultima grande opera filosofica LIP MD2 signor giudice scusi quando io ho chiesto a coso a Angelino se mi poteva far mettere la salma della mia povera moglie dentro il suo loculo LIP RE11 Komplement der Kopula: una questione_ # che ritengo di grande rilevanza LIP MD5 B: so' un po' piu' anziano pero' somiglio a un ragazzetto LIP RB36 Präpositionalphrasen, die als Modifikator eines Nomens auftreten: manca qualche giocatore di gran classe LIP FE18 brodi di cipolline LIP ND5 Komplement als Teil einer Nominalphrase: che cosa devono fare per lo meno fanno quello che devono fare prendono il loro stipendio senza eh senza specchiarsi con l'evasione fiscale dei grandi baroni della medicina... LIP FB19 la mia formazione # da da_ da scugnizzetto insomma LIP NE13 Suffixe und Adjektive treten also erwartungsgemäß in Präpositionalphrasen verschiedenster Funktion auf. 5.3.1.8 Indikatoren für Zählbarkeit bzw. Nicht-Zählbarkeit Die Indikatoren für Zählbarkeit bzw. Nicht-Zählbarkeit, die in der Untersuchung verwendet wurden, stammen aus der umfangreichen Literatur zu MN/IN, die in diesem Kapitel ausschnittsweise diskutiert wurde. Es wurden für den Vergleich nur Okkurrenzen von attributiven Adjektiven betrachtet. Als Indikatoren für Zählbarkeit im Italienischen lassen sich folgende ausmachen: • Individualnomina können im Singular und Plural auftreten (außer Kollektivplurale wie le mura, le ossa) • Spezifikatoren wie nessuno, ogni, qualche • Postartikel wie 1. Possessiva; 2. altro, qualsiasi, 3. Kardinal-/Ordinalzahlen • Artikelwörter: Partitivartikel nur im Plural; Demonstrativartikel questo, quello; unbestimmter Artikel 210 • • • restriktiver Relativsatz postnominales Adjektiv Modifikation durch PP Als Indikatoren für Nicht-Zählbarkeit finden sich fürs Italienische hingegen: • Massennomina können nur im Singular auftreten; bzw. Kollektiva nur im Plural • unbestimmte Quantoren wie molto, poco, parecchio, troppo, tanto im Singular; niente • Partitivartikel nur im Singular • bei artikellosen Massennomina: Wiederaufnahme durch ne bei Singular: ne ha, di pazienza • tendenziell PP mit MN + Modifikator → ohne Artikel Anhand der Indikatoren wurden die Bezugsnomina der Adjektive in zählbare (2086) und nicht-zählbare Vorkommen (klare Fälle 142) unterschieden. Es wurden Vorkommen und nicht Types analysiert, da Schwankungen bei demselben Wort auftreten können (aufgrund möglicher Umkategorisierungen). Bei Vorkommen ohne Indikatoren treten unterschiedliche Fälle auf: a) Das Wort bezeichnet klar eine zählbare bzw. nicht-zählbare Entität ohne explizite Indikatoren für eine gegenteilige Interpretation. b) In etwa 140 Fällen ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob Zählbarkeit oder Nicht-Zählbarkeit vorliegt. Bei einer Informantenbefragung trat klar hervor, dass es unklare Fälle gibt, in denen Interpretationsspielraum für den Hörer/Leser bleibt. Bei der Befragung traten gegenteilige Ergebnisse auf. Es handelt sich hierbei um Okkurrenzen, die sich in folgende Typen aufschlüsseln lassen: 1. 2. Nicht-referentielle Nominalphrase mit vorwiegend pränominalem Adjektiv ohne Artikel oder mit bestimmtem Artikel innerhalb einer Präpositionalphrase. Es handelt sich im Korpus um die Präpositionen a, con, da, di, in, per, senza. Nominalphrase mit bestimmtem Artikel oder ohne Artikel, Adjektiv, wenn das Nomen keine klar zählbare Entität bezeichnet.141 Aber der Unterschied lässt sich nicht an der syntaktischen Umgebung festmachen, ausschlaggebend ist das Bezugsnomen. Dies zeigt sich klar daran, dass auch suffixal modifizierte Nomina in denselben syntaktischen Kontexten auftreten. Bei den nicht-zählbaren oder diesbezüglich unklaren Bezugsnomina finden sich Qualitätsnomina (amicizia, disponibilità), natürliche Stoffe und Flüssigkeiten 141 In zwei Fällen treten widersprüchliche Indikatoren auf, Teilungsartikel und postnominales Adjektiv. Es könnte sich natürlich auch lediglich um Anakoluthe handeln. 211 (argento, neve), Kollektive (burocrazia, cultura); Handlungs- und Vorgangsnomina (partecipazione, attenuazione), Zustände (distanza), menschliche Haltungen und Einstellungen (fiducia) und Gefühle (piacere). Es treten hierbei folgende Adjektive auf: alto, ampio, basso, bello, breve, brutto, buono, caro, cattivo, corto, dolce, enorme, estremo, fine, forte, grande, grosso, insufficiente, largo, leggero, limitato, lungo, magnifico, magro, massiccio, molto, notevole, parecchio, pesante, piccolo, poco, scarso, sottile, splendido, stretto, tanto, vasto. In den syntaktischen Kontexten scheint der Kontrast zwischen IN und MN bei manchen Nomina außer Kraft gesetzt zu sein. Die Adjektive können in dieser Position auftreten, die Suffixe können nicht auftreten, solange keine Indikatoren eine zählbare Interpretation unterstützen. Wie sich gezeigt hat, stellen diese Nomina in nicht-zählbarer Interpretation keine mögliche Basis für modifizierende Suffigierung dar. Bei den unklaren Fällen entschied in der Befragung von Informanten die jeweils getroffene Interpretation - sah der Informant die Okkurrenz als zählbar an, wurde auch eine Paraphrase mit suffigiertem Nomen akzeptiert, bei nichtzählbarer Interpretation wurde keine solche Paraphrase akzeptiert. Unter den Nomina findet sich auch beispielsweise piacere, an welchem sich der Unterschied zwischen suffixaler und adjektivischer Modifikation klar zeigt. Piacere besitzt zwei Lesarten, einmal als MN (piacere I, Gefühl), einmal klar als IN (piacere II, Handlung, 'Gefälligkeit, Gefallen'). Bei piacere bezieht sich das modifizierende Suffix immer auf die Lesart als IN bzw. auf das umkategorisierte MN wie im folgenden noch ausführlicher behandelt wird. Folgende Beispiele aus dem Korpus sollen dies illustrieren: 1. 2. 3. 4. allora amici ascoltatori non andate via adesso dopo la pubblicita' parleremo di un grande piacere ahah che arriva ogni sera a quest'ora cioe' una buona tazza di caffe' Lavazza ... LIP MD18 (piacere I) grazie al signor Pietro che si avvicina accarezzando con un grande piacere # questo lotto fantastico meraviglioso. LIP ND9 (piacere I) G: eh logicamente anche noi siamo dalla vostra parte e ci fa molto E: abbiamo_ G: piacere. LIP NE7 (piacere I) Avrebbe fatto un piacerone anche a Guido se gliel'avesse un poco intrattenuta. Alb. (piacere II) Auch im Fall des Nomens successo lässt sich die Beschränkung der modifizierenden Suffixe leicht aufzeigen. In Satz 1. und 2. liegt eine nicht-zählbare Interpretation vor, in den Sätzen 3. - 5. eine zählbare: 1. 2. 3. 4. e portano in casa vostra con grande successo questi lotti LIP ND8 (*con successone) colorato su cui i bambini saltano e rimbalzano tipo pedana e' una cosa che ha avuto molto successo ovviamente perche' e' molto divertente LIP RE8 queste macchine hanno avuto un grande successo LIP ND13 (un successone) ...lui guarirà e io farò del suo caso una ghiotta relazione al congresso culturale mensile del nostro circolo...streghe, scope, voli notturni...un successone. Alb. 212 5. In pochi mesi approda a Telemontecarlo con uno show, "Videocatalogo Antico Frattini", che offre di tutto: tappeti, mobili, porcellane, avori e giade. Un successone. Alb. Erst wenn diese Umkategorisierung vorliegt, kann das Suffix auftreten. 5.3.2 Konzeptuelle Klassen Im Weiteren wurden zunächst Bezeichnungsgruppen der Basisnomina bei den Adjektiven gebildet (ausgehend von den Nomina, für die sich bei den Suffixen keine Belege finden), anschließend wurden in Datenbank 3 'Alberti/LIP' modifiziert belegte Formen derselben Bezeichnungsgruppe gesucht. Im Idealfall handelt es sich um Synonyme. Es lassen sich folgende konzeptuelle Klassen finden:142 1. 2. 3. 4. 5. 6. Konkreta a Personen; Kollektive von Personen b Tiere/Pflanzen; Kollektive von Tieren c Artefakte; Kollektive von Artefakten d Natürliche "Gegenstände", Flüssigkeiten und Substanzen Institutionen Qualitätsnomina Handlungs- und Vorgangsnomina Zustände und statische Verhältnisse; menschliche Haltungen und Einstellungen; Gefühle Diverses: Abstraktion aus Konkreta; Messbegriffe und Mengenbegriffe; Zahlen; Raum- und Zeitbegriffe Nun zu den einzelnen Gruppen. Jeweils nur bei den Gruppen, bei denen sich systematisches Verhalten bezüglich der Ausdrucksalternative zeigt, möchte ich ins Detail gehen. 1. Konkreta a Personen; Kollektive von Personen Mit Suffixen modifiziert zu finden sind bei nur oberflächlicher Suche zahlreiche Formen, die Personen bezeichnen. Es treten Personenbezeichnungen anhand von Berufen, Haltungen, Eigenschaften, Nationalitäten u.a. auf. Auch Bezeichnungen von Kollektiven von Personen wurden gefunden. Eine Restriktion auf Personen und Kollektive von Personen kann somit ausgeschlossen werden. 142 Es handelt sich hierbei nicht um eine vollständige Klassifikation aller Bezüge. Nur dann, wenn sich systematisch Gruppen bilden lassen, werden diese aufgeführt. 213 b Tiere/Pflanzen; Kollektive von Tieren Bei der Bezeichnung von Tieren und Pflanzen lassen sich zahlreiche Okkurrenzen mit Suffixen finden. Bei der Bezeichnung von Tiergruppen findet sich lediglich branco belegt. Nicht belegt sind hingegen mandria, gregge, schiera. c Artefakte; Kollektive von Artefakten Auch bei den Artefakten finden sich zahlreiche suffigierte Belege, ebenso Kollektive von Artefakten treten hierbei auf (beispielsweise biancheria, bucato, collezione, completo, corredo, masserizia). Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass eine Restriktion besteht, sofern sie zählbar sind. Bei Artefakten, die Stoffe und Flüssigkeiten bezeichnen, kann ja durch Typenbildung bzw. Portionsbildung Zählbarkeit erreicht werden. d Natürliche "Gegenstände", Flüssigkeiten und Substanzen Auch bei dieser Bezeichnungsgruppe liegen Belege mit Suffixen vor. Bei den Flüssigkeiten und den Substanzen ist eine Suffigierung nur möglich, wenn eine Umkategorisierung aufgetreten ist (Typenbildung oder Portion) und somit Zählbarkeit vorliegt (allerdings treten auch Adjektive wie piccolo, grande erst nach Umkategorisierung auf). Es finden sich beispielsweise sangue, fango, acqua, arena, aria, bava. 2. Institutionen Bei den Institutionen finden die seit Bierwisch (1983: 81ff.) bekannten konzeptuellen Verschiebungen statt: Gebäude (Lokalität) Die Schule steht neben dem Sportplatz Institution Die Schule wird von der Gemeinde unterstützt Beschäftigungsart (Prozess) Die Schule langweilt ihn nur manchmal Institutionstyp (Prinzip) Die Schule ist aus der Geschichte Europas nicht wegzudenken Auch bei den Institutionen scheint keine Restriktion vorzuliegen. Natürlich müssen nicht alle konzeptuellen Verschiebungen bei jedem Basiswort möglich sein einzelne Verschiebungen wurden jedoch beobachtet. 3. Qualitätsnomina In dieser Gruppe wurden Nomina untersucht, die eine Eigenschaft bezeichnen. Zählbar können nur umkategorisierte Qualitätsnomina (QN) sein. Bei abgeleiteten Qualitätsnomina ist zu beobachten, dass das modifizierende Suffix eher beim Basisadjektiv auftritt als beim derivierten Nomen. Fast alle zugrunde liegenden Adjektive treten in Datenbank 3 als Basen für Derivation mit modifizierendem Suffix auf. Bei den meisten Qualitätsnomina scheint auf den ersten Blick keine Möglichkeit der Modifikation mittels Suffix zu bestehen. Es wurden die in Rainer (1989) genannten Qualitätsnomina zu folgenden Suffixen als Kontrollbasis gewählt: -aggine (auffällig ist, dass die Basis immer in Alb. belegt ist); -a/enza; -edine; 214 -eria; -esimo; -ezza; -ia; -igia; -ione; -ismo; -itù; -izia; -ità143; -ore; -(it)udine; -ume; -ura; -uria sowie nicht abgeleitete QN wie: audacia, calma, corruttela, efficacia, eloquio, forza, perspicacia, qualità, quiete. Die Datenbanken 2 und 3 wurden daraufhin nach suffigierten Qualitätsnomina durchsucht und die genauen Kontexte der Funde untersucht. In einzelnen Fällen wurden auch Belege im Internet gesucht (über www.google.it). Es handelt sich bei den gefundenen Nomina ausschließlich um nicht echte Qualitätsnomina. Die modifizierenden Suffixe können auftreten, wenn beispielsweise eine der folgenden Lesarten besteht:144 a Person/Objekt, welche/s die durch das QN bezeichnete Eigenschaft besitzt, b Handlung, die QN aufweist. Bei beiden Lesarten liegt Zählbarkeit vor. Die Modifikation durch Adjektive wie grande/piccolo (Letzteres in eingeschränktem Maß) ist grundsätzlich möglich. Aber es treten noch weitere Lesarten auf, die sich systematisch darstellen lassen. In der folgenden Graphik werden die möglichen Umkategorisierungen bei Qualitätsnomina dargestellt (es handelt sich, im Gegensatz zu den möglichen Lesarten bei Rainer 1989, um maximale Typen, die natürlich feiner ausformuliert werden können. Rainer 1989 zeigt jedoch keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Lesarten auf): Qualitätsnomen Instantiierung Konkretisierung Instanz/ Fall Typ Handlung Person Objekt Das Qualitätsnomen (= zur Bezeichnung einer Eigenschaft) kann umkategorisiert werden (diesen Typ möchte ich Instantiierung nennen) und bezeichnet dann eine Instanz oder einen Fall des Auftretens der durch das Nomen bezeichneten Eigenschaft bzw. einen Typ der durchs Nomen bezeichneten Eigenschaft oder eine Handlung, die die Eigenschaft aufweist. Eine weitere Umkategorisierung kann durch eine Konkretisierung erfolgen, das Nomen bezeichnet dann eine Person, die die Eigenschaft besitzt, oder ein Objekt (bzw. eine Äußerung, siehe Rainer 143 144 mit -ità soll auf die Derivationssuffixe -ità und -età referiert werden, wie in responsabilità, proprietà. Ernst (1995: 78ff.) gibt Beispiele für solche und ähnliche Lesarten bei Qualitätsnomina für die romanischen Sprachen. Siehe auch die Behandlung in Rainer (1989: 344ff.). 215 1989: 360ff.). Jede Umkategorisierung führt zu zählbaren Okkurrenzen des Nomens. Das reine Qualitätsnomen ist hingegen nicht zählbar. Die Umkategorisierung zu Typ von X wird beispielsweise von Grandi/Scalise (1999, 2000) völlig außer Acht gelassen. Sind keine Indikatoren für die zählbare bzw. nicht-zählbare Interpretation vorhanden, besteht in manchen Fällen ein großer Interpretationsspielraum, wie sich bei der Befragung von Muttersprachlern gezeigt hat. Im Folgenden sollen die Umkategorisierungen durch Beispiele illustriert werden: Instanz/Fall 1. 2. poi io con lui non aveva una grande confidenza LIP RA1 Clip alla lingua? A forza di giocarci è facile scheggiare i denti, ma si può anche avere difficoltà nel parlare e perdita di sensibilità: se poi la lingua si gonfia, diventa difficile respirare e mangiare. Ma certo queste sono sciocchezzuole per chi si sottopone senza esitazione alla pratica del piercing, incurante del dolore che provoca l'inserimento del monile. (http://www.spaziodonna.com/piercing.phtml) Typ 1. 2. pero' vi devo dire che da un punto di vista linguistico eh c'hai una # ottima capacita' di costruire discorsi molto piu' che nello scritto LIP FC6 spinta in su dalla moglie del professore tedesco, un'intelettuale lei stessa, con grossi occhiali e un viso triangolare non privo d'una sua grazietta di rana. (Alb.) Handlung A quei tempi le si erano tanto affezionati, che se la tenevano quasi tutto il giorno e l a guastavano a forza di contenerla nei suoi capricci, ché anche lei colle sue graziette e i suoi occhietti furbi, per farsi mangiare dai baci era fatta a posta... (Alb.) Person 1. 2. tu hai delle amicizie un po' limitate LIP ME6 Liolà: (pavoneggiandosi) Sono bello, sì o no? Mi faccio sposo! Ciuzza: Con quale diavola dell‘inferno? Liolà: Con te, bellezzina, non mi vuoi? (Pirandello: Liolà) Objekt 1. 2. cioe' che sono in possesso di una notevole ricchezza LIP NE14 Portachiavi, palloncini, puzzle e molte altre simpatiche sciocchezzuole riempiono i l negozio. (http://www.ngi.it/Stuff/WCG_ReportDay6.asp) In der Gruppe der Qualitätsnomina treten zahlreiche Bildungen mittels -ità auf (z.B. potenzialità, responsabilità). Auch bei umkategorisierten Bildungen treten jedoch keine modifizierenden Suffixe auf. Sie wurden von Informanten abgelehnt. Also handelt es sich hierbei um eine morphologische Restriktion, vielleicht zusätzlich durch die Phonologie gestützt, da eine Umkategorisierung möglich ist, das Suffix aber auch bei zählbaren Vorkommen nicht auftritt. Ganz ähnliche Umkategorisierungsprinzipien lassen sich bei anderen Gruppen nachzeichnen. Bei den folgenden Nominalgruppen soll dies nur noch skizzenhaft erfolgen, da innerhalb der Arbeit keine ausführliche Analyse der nominalen Umkategorisierungen erfolgen kann. Die Terminologie entspricht weitgehend der von Schwarze (1995: 519ff.). 216 4. Handlungs- und Vorgangsnomina In der folgenden Graphik werden die möglichen Umkategorisierungen bei Handlungs- und Vorgangsnomina (HVN) dargestellt: Handlung/Vorgang Instantiierung Konkretisierung Instanz/Fall zeitliche Begrenzung Typ Resultat Objekt/Instrument hervorgebrachtes Objekt Mengenbegriff Manche Handlungsbezeichnungen (z.B. die auf -ata) treten per se schon instantiiert auf; sie sind immer zählbar. Andere HVN bezeichnen eine Handlung oder einen Vorgang (nicht zählbar, sondern unbegrenzt, hypothetisch). Hieraus kann eine Umkategorisierung in Form einer Instantiierung geschehen, so dass das Nomen eine Instanz oder einen Fall der durch das Nomen ausgedrückten Handlung bezeichnet (zeitliche Begrenzung; realisiert, abgeschlossen) bzw. den Typ oder das Resultat einer Handlung. Das Resultat einer Handlung kann jedoch auch bei der nächsten Umkategorisierung, der Konkretisierung auftreten (als hervorgebrachter Gegenstand). Durch die Konkretisierung bezeichnet das Nomen ein Objekt oder Instrument, welches an der Handlung beteiligt ist, oder das durch die Handlung hervorgebrachte Objekt; möglich ist auch die Bezeichnung eines Mengenbegriffs. Instanz/Fall 1. 2. 3. va be' ma io non non dicevo di_ di stipen<diare> cioe' il fatto era comunque cioe' di fare una buona selezione LIP NE7 Ecco, dovresti farti un'accorciatina qui, far rimontare questa ciocca (Alb.) Madonna [ride] un aiutino me lo puoi dare? LIP FB14 Resultat 1. Di là da questa trovatina, i testi offrono assai poco (Alb.) Objekt/Instrument 1. 2. e aperta a furia di denti e di unghioli la porticina di legno, che ne chiudeva l'entratina, v i sgusciarono dentro, una dopo l'altra (Pinocchio) (Alb.) Battaglia vuole attenuare le polemiche dei giorni scorsi, ma non manca di lanciare qualche frecciatina (Alb.) hervorgebrachtes Objekt 1. 2. si' l'ha visto il biglie<tto> eh l'appuntino li' di quando eravamo LIP FA12 Il discorsetto era stato preparato da tempo, anzi era stato oggetto di succinte note a matita sul calepino che adesso riposava nella tasca posteriore dei pantaloni di Chevalley. (Alb.) 217 Mengenbegriff Aus instantiierten Handlungsbezeichnungen können auch Mengenbegriffe entstehen, wie beispielsweise die unterschiedlichen Interpretationen von grattatina in 1. und 2. als Handlungen, in 3. als Mengenbegriff (alle aus Alb.): 1. 2. 3. Un gatto si prepara al salto rischioso, sta lì immobile, ostenta una grattatina. tirò fuori una mano di tasca e si dette una lunghissima grattatina al capo. Aggiungete alla carne di manzo un uovo intero, 50 gr. di grana, il prezzemolo, una grattatina di noce moscata, sale e pepe. 5. Zustände und statische Verhältnisse; menschliche Haltungen und Einstellungen; Gefühle In den folgenden Gruppen lassen sich ebenso systematische Umkategorisierungen erkennen. Sie sollen an dieser Stelle nur kurz skizziert werden. Zunächst bei Zuständen und statischen Verhältnissen. begrenzter/ instantiierter Zustand Konkretisierung Ort Resultat Objekt Nur zeitlich begrenzte Zustände sind zählbar sowie Zustandstypen. Es sollen lediglich ein paar Beispiele angeführt werden. 1. 2. "Dopo tutto", dice ironicamente, "quelle erano guerricciole, quattro spari, due morti..." (Alb.) ma il fatto è, signora Brusa, che mi trovavo all'infermeria per una infezioncella dovuta...perdoni l'indecenza...a un callo mal tagliato (Alb.) Menschliche Haltungen Haltung/ Einstellung Instantiierung Instanz/ Fall Typ Handlung 218 Die Bezeichnung einer menschlichen Haltung per se ist nicht zählbar, aber durch Instantiierung zur Bezeichnung eines Falls, eines Typs oder einer Handlung, welche die Haltung aufweist, kann Zählbarkeit auftreten. 1. L'altra carriera era letteraria e, all'infuori di una riputazioncella, - soddisfazione di vanità più che d'ambizione - non gli rendeva nulla, ma lo affaticava ancora meno (Alb.) Gefühle Bei Gefühlen verläuft dies ganz analog: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Avrebbe fatto un piacerone anche a Guido se gliel'avesse un poco intrattenuta (Alb.; piacere II; Bitte, Gefallen) Se in questo tempo vi fosse nato qualche dubbio, qualche pentimentuccio, grilli di gioventù, avreste dovuto spiegarvi; ma al punto a cui sono ora le cose, non è più tempo di far ragazzate (Alb.) ma non so, tutte le cosucce meschine, le bugie, i calcoletti, le falsità, le invidiucce, gli egoismi piccini che stanno acquattati in fondo all'animo come i bacherozzi in fondo all'acqua morta (Alb.) Ella non rispondeva, o diceva - nulla! - con voce soffocata; diceva sempre così, ch'era poco espansiva, e aveva superbiette da bambina. (Alb.) La ragazza deve avere un sentimentuccio per quel briccone (Alb.) Più incline al sentimentalismo lagrimoso, si trovò pervasa da una rabbietta fisica che si manifestava con quell'inutile moto (Alb.) 6. Diverses: Abstraktion aus Konkreta; Messbegriffe und Mengenbegriffe; Zahlen; Raum- und Zeitbegriffe Abschließend soll ein kurzer Blick auf das Sammelsurium erfolgen. In dieser Gruppe finden sich die unterschiedlichsten Nominalgruppen. Es lassen sich jedoch keine systematischen Restriktionen ausmachen. In der Gruppe der Mess- und Mengenbegriffe ergeben sich zahlreiche suffixal modifizierte Belege. In der Gruppe der Zahlenbegriffe treten die Suffixe nur sporadisch auf, bei den Zahlen von 120 findet sich beispielsweise nur 6 belegt. Allerdings handelt es sich um die Diminution einer Schulnote, nicht um die einer echten Zahl. Die Suffixe können nicht stehen, wenn die Basis eine Position im Zählsystem bezeichnet. Hierbei sind Zahlwörter nicht zählbar, *un 1. Bei Zeitbegriffen lässt sich ebenfalls keine systematische Restriktion ausmachen. Die Suffixe treten beispielsweise bei tempo, passato, presente, anno, mese, giorno und vielen mehr auf. Wie sich leicht erkennen lässt, erfolgt die Umkategorisierung nicht zählbarer Nomina zu zählbaren Nomina in systematischen Bahnen, sobald konzeptuelle Klassen betrachtet werden. Die umgekehrte Richtung (von zählbar zu nicht-zählbar) ist in dieser Arbeit nicht relevant, da die Suffixe bei motivierten Bildungen eine solche Umkategorisierung nicht erlauben. Der Mechanismus der Zählbarmachung greift bei Nomina unabhängig von einem modifizierenden Suffix. Deshalb möchte ich mich noch einmal klar gegen die Annahme aussprechen, dass das Suffix eine Lesart besitzt, in der es "unzählbare" Merkmale der Basis verändert. Natürlich 219 sollten diese Umkategorisierungsprinzipien im Detail untersucht werden, ebenso ist die Terminologie nicht sehr ausgereift. Leider kann dies im Rahmen der Arbeit nicht geschehen. Im Folgenden soll nun abschließend die pragmatische Seite untersucht werden. 5.4 Pragmatik Innerhalb dieses Abschnitts soll es um die Verwendung von Modifikativa gehen, die nicht primär eine quantitative oder qualitative Modifikation ausdrücken. Im Vordergrund sollen deshalb die Belege aus dem Korpus stehen, bei denen klare quantifizierende oder qualifizierende Funktion ausgeschlossen scheint. Damit soll natürlich nicht behauptet werden, dass die semantisch motivierten Modifikativa nicht auch pragmatisch verwendet werden können, vielmehr liegt es immer innerhalb der Funktionsbreite der Modifikativa. Vor allem bei Diminutiven stören eventuelle pragmatische Interpretationen die Kommunikation ja nicht, da die Verwendung meist positiv ist (d.h. der Kooperation förderlich). Zunächst möchte ich Bezug nehmen auf die Untersuchungen von Dressler/Merlini Barbaresi (1994, u.a.; eine ausführlichere Darstellung der Untersuchung siehe 1.5.2), anschließend anhand meines Korpus zeigen, inwieweit pragmatische Verwendungen der Modifikativa nachgewiesen werden können und wie man diese systematisch erfassen kann. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) zeigen eine Systematik des Gebrauchs von modifizierenden Suffixen als Mittel zur Sprechaktmodifizierung (siehe auch Dressler 1995: 50) in einem pragmatischen Modell, in dem statische und dynamische Aspekte sowie konstitutive und regulative Faktoren unterschieden werden. Ihr Ziel ist es, pragmatische Restriktionen und pragmatische Strategien für den Gebrauch der Suffixe zu finden. Wie bereits in 1.5.2 dargelegt, nehmen sie für alle modifizierenden Suffixe das pragmatische Merkmal [fiktiv] an - bei den Diminutiven das Merkmal [nicht ernsthaft], welches hiervon abgeleitet ist. Der Sprecher suspendiert die Normen der realen Welt und lässt die Normen seiner Bewertung nach oben (augmentativ) oder unten (diminutiv) gleiten. Zur Erklärung der Pragmatik von Diminutiven sei deshalb das Merkmal [nicht ernsthaft] geeigneter, da [klein] oft nicht zur bezeichneten Realität passe. Allerdings möchte ich genau umgekehrt argumentieren: Auf pragmatischer Ebene muss die Quantität nicht mehr real sein. Ein Zeichen für pragmatische Verwendung ist es, dass semantische Kontraste wie 'groß' - 'klein' nicht mehr widersprüchlich sind. Deshalb lassen sich die Verwendungen ausgehend von den Bedeutungen 'groß' und 'klein' ableiten, da bei pragmatischer Funktion nicht reale, semantische Quantität betroffen sein muss. 220 Dressler/Merlini Barbaresi (1994) konfrontieren zwei Sichtweisen, die maximalistische, die auch sie vertreten, und die minimalistische Sicht (siehe auch 1.5.2.1). In minimalistischer Sichtweise wird der pragmatische Gebrauch der modifizierenden Suffixe von ihrer Semantik (unter Annahme jeweils nur eines Bedeutungsmerkmals) abgeleitet mittels genereller pragmatischer Strategien. Wie ich noch zeigen möchte, ist es möglich, die Pragmatik der Modifikativa, ausgehend von der semantischen Bedeutung 'klein', 'groß' usw., abzuleiten. Vor allem erledigt sich so das Problem von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) bezüglich des gewählten "Landeplatzes" des Suffixes. Da innerhalb des Sprechaktes bestimmte Aspekte üblicherweise "groß gemacht" werden (Dank, Angebotenes, Leistung des Gesprächspartners), andere hingegen "klein gemacht" werden (Verlangtes in Bitten, Aufträgen, eigene Leistung), bietet sich der "Landeplatz" von selbst an. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) kritisieren, dass es bei dieser Sichtweise problematisch ist, die unterschiedliche Verwendung der Suffixe im Deutschen und Italienischen auf pragmatischer Ebene zu erklären, obwohl sie auf semantischer Ebene gleich bedeutend sind. Meines Erachtens stellt dies kein Problem für die minimalistische Sichtweise dar. Zunächst stellt sich die Frage, ob die pragmatische Verwendung der Diminutive im Deutschen und Italienischen wirklich drastisch unterschiedlich ist, oder ob sie lediglich in unterschiedlichem Maße konventionalisiert wurde. Zudem ist es eine bekannte Tatsache, dass auch bei bedeutungsgleichen Wörtern die Polysemie in unterschiedlichen Sprachen nicht dieselbe sein muss (siehe beispielsweise Schwarze/Schepping 1995). Eine weitere Kritik von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) betrifft die Annahme, dass Diminutivsuffixe und Adjektive wie piccolo auch in pragmatischem Gebrauch völlig austauschbar sein müssten. Dies treffe jedoch nicht zu. Meines Erachtens ist auch dies kein Gegenargument. Nimmt man an, dass piccolo und -ino semantisch bedeutungsgleich sind, so müssen sie deshalb nicht zwingend dieselbe Polysemie aufweisen. Grundidee meiner Arbeit ist es ja, dass sich das Verhältnis zwischen Adjektiven und modifizierenden Suffixen als Ausdrucksalternative erfassen lässt. Es wäre sogar unlogisch anzunehmen, dass eine Sprache zwei exakt gleiche Formen verwendet, womit eine klare Redundanz vorliegen würde. Vielmehr liegt meiner Ansicht u.a. in der pragmatischen Funktion der Suffixe ein deutlicher Unterschied zu den Adjektiven. Unterschiede zum Deutschen mögen auch darin begründet liegen, dass die Modifikation im Deutschen durch Suffixe wesentlich begrenzter ist als im Italienischen. Vielleicht würde sich bei Miteinbeziehung von Elementen wie riesen-, mords-, mega-, mini- usw. in die Untersuchung ein anderes Bild ergeben. Zudem würden nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) beispielsweise Koseformen (zur reinen Erzielung pragmatischer Effekte) ein Problem für 221 diese Sichtweise darstellen. Allerdings lassen sich auch diese Formen problemlos mit der später illustrierten Pragmatik des Groß- und Kleinmachens erklären. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) hingegen vertreten eine maximalistische Sicht (siehe 1.5.2.1) mit einem semantischen Merkmal [klein] und einem morphopragmatischen Merkmal [nicht ernsthaft]. In meiner Arbeit möchte ich die minimalistische Auffassung vertreten; die pragmatische Verwendung der Modifikativa lässt sich mit der Pragmatik des Klein- und Großmachens erfassen. Nach Auffassung von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) sind Faktoren der statischen Dimension (zur Sprechsituation gehörig) weniger wichtig als Faktoren der dynamischen Dimension (zum Sprechakt gehörig). Meines Erachtens geht hieraus klar hervor, dass die Pragmatik von innen nach außen zu erklären ist, nicht durch eine Situationstypologie. Vielmehr handelt es sich um eine zunehmende Konventionalisierung. Grundannahme von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) ist, dass Erwachsene kleine Kinder nicht als ernsthafte Interlokuteure behandeln und eine kindzentrierte Sprechsituation als [nicht ernsthaft] kennzeichnen. Meiner Auffassung nach ist es nicht so deutlich wie Dressler/Merlini Barbaresi (1994) dies darlegen, dass Erwachsene Kinder grundsätzlich als nicht ernsthafte Gesprächspartner ansehen. Es wäre wohl plausibel die pragmatische Grundfunktion der Modifikativa als Signalisierung von Sympathie und positiver Einstellung anzunehmen. Zudem können auch Augmentative in scherzhafter Form verwendet werden, analog zu Diminutiva. Meiner Ansicht nach beruht die scherzhafte Wirkung auf dem Kontrast zwischen Realität und Modifikationswelt. Die pragmatische Verwendung der Modifikativa ist nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) konventionalisierter in Anwendung auf Sprechakte als bei Charakterisierung einer spezifischen Sprechsituation ("kindzentrierte" u.ä.). Deshalb sollte im Sprachvergleich die Verwendung auf Sprechakte unterschiedlicher sein, als beim Gebrauch in Sprechsituationen. In meiner Untersuchung zeigt sich jedoch, dass die Modifikativa z.B. in Werbegesprächen im Italienischen anders verwendet werden als im Deutschen (s.u.). 5.4.1 Diskurssituationen Zunächst möchte ich das Korpus bezüglich der Diskurssituationen, in denen nach Dressler/Merlini Barbaresi (1994) das Merkmal [nicht ernsthaft] konstitutiv ist, untersuchen (es werden hier nicht nur die Nomina betrachtet). Es soll hierbei auf die "kindzentrierten" ("haustier- und liebhaber-zentrierten") Diskurssituationen eingegangen werden. In 33 der Transkripte treten "kindmotivierte" Modifikativa auf (insgesamt 213; hiervon nur 12 Augmentative). Die Verteilung der Modifikativa auf die verschie222 denen Korpusbereiche zeigt folgende Tabelle. Die Zahlenwerte sollen hierbei keine Aussage über regionale Unterschiede machen, da Art und Länge der Transkripte nicht vergleichbar sind (in Klammern stehen die Gesamtmodifikativa für den jeweiligen Bereich). Deshalb soll auch die Verteilung auf die Gesprächstypen mit einbezogen werden (siehe 4.1). Kindzentrierte Modifikativa A-Bereich B-Bereich C-Bereich D-Bereich E-Bereich Gesamt Firenze 48 (86); 55,81% 13 (122); 10,66% 15 (29); 51,72% 20 (55); 36,36% -- (110) Milano -- (117) 96 (402); 23,88% 69 (434); 15,90% 5 (128); 3,91% 45 (73); 61,64% 19 (81); 23,46% -- (35) Napoli 2 (63); 3,17% -- (59) 1 (17); 5,88% 7 (55); 12,73% 1 (74); 1,35% 11 (268); 4,10% Roma 21 (84); 25% 3 (76); 3,95% 4(17); 23,53% 7 (40); 17,5% 2 (85); 2,35% 37 (302); 12,25% Gesamt 71 (350); 20,29% 21 (385); 5,45% 65 (136); 47,79% 53 (231); 22,94% 3 (304); 0,99% 213 (1406); 15,15% In 13 der Transkripte treten Kinder als Partizipanten des Gesprächs auf (118 Formen). In 20 Transkripten sind die Modifikativa durch das Gesprächsthema "Kind" motiviert (95 Formen). In elf Transkripten stellen die kindzentrierten Modifikativa nicht die Gesamtzahl der Modifikativa dar, in diesen Gesprächen haben nur Teile das Thema "Kind". Bei den Gesprächen mit Kindern als Partizipanten handelt es sich bei 12 Transkripten um Unterrichtsstunden bzw. Abhörungen in der Schule, nur in einem Fall handelt es sich um ein Gespräch zwischen Mutter und Kind im Familienkreis. Hiermit kann eine Verfälschung der Ergebnisse durch übertriebenen Baby-Talk (Motherese) ausgeschlossen werden. Im Folgenden möchte ich kindzentrierte Modifikativa durch Beispiele illustrieren: A: B: A: B: che e' un votino basso insomma mh brutto si' allo scri<tto> eh allo scritto ha fatto il recupero e ha preso sette meno meno che e' un voto_ buonino discreto LIP FA14 Gespräch Mutter (B) mit Lehrerin (A) (Kind als Thema) A: C: A: C: allora si prende la mamma prende le su manine si mette l'acqua_ fra le mani e <f> <?> cade l'acqua e stumb te alla Federica gliela lavavi mai? la faccina? le mani le mani # e' bellino lavare la faccia e le mani ai bambini piccoli # poi con Paolo era se<mpre> tutto eccezionale perche' gli facevo le foto scappava <?> lo vestivo non voleva essere vestito quando lo spogliavo non voleva essere spogliato quando lo lavavo non voleva essere lavato LIP FA2 Mutter (A) und Kind (C) (Kind als Partizipant) 223 I: A: I: ah va bene # va ben vai pure a posto il quadernone te l'ho bell' e visto vero? si' LIP FC6 Unterrichtsstunde; Lehrerin (A), Kind (C) (Kind als Partizipant) Im LIP treten nur neun "haustiermotivierte" Modifikativa auf, zwei im Transkript FD16, einem Treffen von Katzenfreunden. Es sind die Formen gattino und uccellino. Beide Male handelt es sich um eine generische Referenz auf diese Art von Haustieren. Auffällig ist in Transkript FD15 - dem ersten Teil des Treffens der Katzenfreunde - dass die Form gattini negativ dem Augmentativ gattoni entgegengestellt wird: il gatto e' resta comunque sempre un animale sacro e siccome e' stato sacro in certi paganesimi i gatti che sono quei bei gattoni selvatici non gattini domestici gatti che tirano il fioc<co> il cocchio della <?> LIP FD15 Die Äußerung tritt im Kontext einer Skizze über die Geschichte der Katze als Haustier auf. Es zeigt sich hier besonders deutlich, dass die Wahl des "Landeplatzes" nicht willkürlich erfolgt. Ein Modifikativ tritt in Transkript MB66 auf, einem informellen Gespräch. Es handelt sich um die Form micetto. Vier Modifikativa sind in Transkript ME9 zu finden. Es handelt sich viermal um capretta in einem Interview mit einer Dame, die einen richtigen kleinen Zoo zu Hause besitzt. Zwei Modifikativa treten in Transkript FE15 auf, der Radiosendung Radio Incontri (vergleichbar mit Blind-Date-Shows). Es handelt sich um die Form canino, welche eindeutig als Nomen verwendet wird und mit der auf einen Yorkshire referiert wird, der im Studio ist. Zu Beginn des Transkripts wird auf den Hund mit dem Simplex cane referiert, später in der folgenden Sequenz: B: F: B: C: e ve<ro> e manca e manca il canino eh si'_ e dov'e' andato ora? e' qui sotto la mia sedia Ein weiteres Modifikativ, cimurrino, tritt in folgender Sequenz auf: A: guai se dovesse un giorno avere un cimurrino dovesse assentarsi un momento avreste allora signora lei che ha questo bel sorriso mi dica quant'e' che manca dall'Inghilterra? Anhand des LIP lässt sich die Besonderheit der "haustierzentrierten" Diskurssituation nicht nachweisen - was natürlich auf der Transkriptauswahl beruhen kann. 224 Die Nachbildung der "kindzentrierten" Diskurssituation im "lover-zentrierten" Gespräch tritt im LIP in 19 Fällen auf, verteilt auf vier verschiedene Transkripte. In allen Fällen handelt es sich um Telefonate145. In tabellarischer Darstellung: Transkript Diskurssituation Anzahl Bemerkung Form MB22 informelles Gespräch am Telefon 1 lover-talk preghierina MB23 informelles Gespräch am Telefon 8 lover-talk z.B. bacione, girello MB46 informelles Gespräch am Telefon 8 lover-talk z.B. aeroplanino; poverino NB32 informelles Gespräch am Telefon 2 lover-talk cosina, larvina Anhand des LIP lässt sich die Besonderheit der lover-zentrierten Diskurssituation also ebenfalls nicht klar nachweisen (was auch hier auf der Transkriptauswahl beruhen kann). Werbungs- bzw. Verkaufgespräche Eine Diskurssituation, die Dressler/Merlini Barbaresi (1994) nicht speziell erwähnen, die aber meines Erachtens einen weiteren Situationstyp für Modifikativa darstellt, sind Werbe- bzw. Verkaufsgespräche. Will man eine Ableitungsbeziehung bei den für Modifikativa relevanten Diskurssituationen annehmen, so wird man Verkaufsgespräche wohl von den "liebhaberzentrierten" Gesprächen ableiten, da Kunden erwartungsgemäß die Behandlung als kindlicher Gesprächspartner nicht akzeptieren. Es gibt verschiedene Diskurssituationen (z.B. Verkaufsgespräche s.u.) in denen sozusagen eine Modifikationswelt geschaffen wird und in der Vertrautheit eventuell nur vorgespielt wird (fiktive Vertrautheit). Es wird Vertrauen, Sympathie signalisiert, um den potentiellen Käufer positiv zu stimmen. Es werden günstige Diskursbedingungen für die angestrebten Ziele geschaffen. Es tritt keine reale Quantitätsverringerung ein, sie wird nur vorgegaukelt. Diese Modifikationswelt ist daran zu erkennen, dass gehäuft modifizierende Suffixe auftreten, die meist keine reale quantitative Veränderung bewirken. Eindeutig an der Diskurssituation festzumachen ist die pragmatische Funktion in Verkaufsgesprächen oder Werbesendungen. Hier werden Ware, Käufer usw. durch modifizierende Suffixe positiv und sympathisch dargestellt. So wird ein vestito zum vestitino, auch wenn es sich um eine ausgewachsene Frau handelt, die dieses später tragen soll. Es wird eine sympathische, vertrauensvolle Welt geschaffen; oft tritt auch voi als Zeichen der fiktiven Vertrautheit auf. Es treten insgesamt 219x Modifikativa in diesen Diskurssituationen auf (Werbesendungen 152, 1x 145 Eine Aufnahme spontaner Face-to-Face-Gespräche dieses Typs ist vermutlich schwer realisierbar, da es sich bei Kenntnis des Aufnehmens kaum mehr um ein spontanes Gespräch handelt. 225 Werbesendung mit Verkauf, Verkaufsgespräche 59, Gespräche auf dem Markt 9). Interessanterweise geht der Kunde meist auf diesen "Weltwechsel" ein und benutzt auch selbst Modifikativa. In Diskurssituationen wie Werbungs- oder Verkaufsgesprächen treten zwei unterschiedliche "Interaktionsstrategien" auf, die jeweils durch Beispiele aus dem Korpus illustriert werden: 1. Modifikationswelt im Werbesuperlativ, alles wird riesig, toll, hervorragend → Augmentativstrategie Z: N: 2. no_ al limite venti ma non meno di venti non e' possibile #va bene che siamo al mercato ma_ e' un regalone LIP FE2 (es wird um den Preis gehandelt) Modifikationswelt in der alles klein, süß, nett ist → Diminutivstrategie. insomma fanno vedere questi capi di questa ditta che e' una proposta anche per le donne che verranno s<e> s<e> se ci hanno da fa' un regalino ai mariti che sono stati cosi' tanto buoni da dare i soldi e concedergli la serata disponibile va bene? gli portano il regalino mica quella sera li' vanno dalla ditta va bene <?> il costumino a dire la la vestaglina i l pigiama insomma quelle cose li' pero' oltre a questo insomma c'e' tutte_ de<lle> delle battute fatte uguali io ho fatto anche delle battutine simpatiche non e' la classica sfilata ci sono anche delle battute simpatiche verra' coinvolto anche il pubblico va bene? insomma ci sono delle situazioni <?> poi ci sono dei giochi LIP FE7 (Es handelt sich um die Einladung zu einer Modenschau) In 30 der Transkripte finden sich "werbezentrierte" Modifikativa (insgesamt 219). 13 der Modifikativa treten bei zugleich kindzentrierter als auch werbezentrierter Diskurssituation auf. Es handelt sich um sieben Modifikativa mit -ino und sechs mit -one, alle aus dem Transkript FD12 (einer Werbesendung der Firma Mondobimbo). Wie bei den "lover-zentrierten" Diskurssituationen werden auch hier tabellarisch die einzelnen Gespräche mit werbezentrierten Modifikativa aufgeführt, allerdings nur exemplarisch für die Transkripte Firenze (in denen die meisten Werbemodifikativa vorkommen)146. Die weiteren durch Werbediskurs charakterisierten Diskurssituationen finden sich im Anhang A unter Werbesendung bzw. Verkaufsgespräch. In der ersten Spalte steht die Transkriptnummer, in der zweiten Spalte wird die Diskurssituation angegeben sowie grob das Produkt bzw. die Produkte, die verkauft werden oder für die geworben wird. In der dritten Spalte wird die Anzahl der Modifikativa im Transkript genannt, in der vierten Spalte wird angegeben, ob die Diminutiv- oder die Augmentativstrategie verfolgt wird. In der fünften Spalte schließlich finden sich Angaben zum Geschlechterverhältnis, soweit dies aus dem Transkript ersichtlich ist, d.h. es wird angegeben, ob der Verkäufer/ 146 Das Überwiegen der Werbemodifikativa in den Transkripten Firenze kann auf der Transkriptauswahl beruhen und nicht an eine sprachliche Besonderheit der Region gebunden sein. Eine vertiefende Studie dieses Diskurstyps unter Miteinbeziehung regionaler Unterschiede wäre sicher von großem Interesse. 226 Werbesprecher ein Mann oder eine Frau ist und ob als Zielpersonen Frauen, Männer oder beide angesprochen sind. Insgesamt ist die Diminutiv-Strategie in den werbezentrierten Diskurssituationen häufiger. Transkript FD10 FD11 FD12 FD6 FD8 FD9 FE1 FE2 FE3 FE4 FE5 Diskurssituation Werbesendung; Haushaltswaren, -textilien Werbesendung; Ski, Sportbekleidung Werbesendung (Firma Mondobimbo); Artikel für Kinder Werbesendung; Küchengeräte u.ä. Werbesendung; Haushaltswäsche Werbesendung; Matratzen u.ä. Verkaufsgespräch; Obst, Kleidung Verkaufsgespräch; Kleidung Anzahl 7 Verkaufsgespräch; Blumen, Kleidung Verkaufsgespräch; Kleidung 9 2 13 2 4 1 9 11 11 Verkaufsgespräch; Kleidung, 14 Taschen Werbesendung; 11 Veranstaltung mit Essen FE7 Bemerkung DiminutivStrategie DiminutivStrategie gemischt (6x Augmentativ) Gender Sprecher; Zielpublikum Frauen nicht spezifisch DiminutivStrategie DiminutivStrategie DiminutivStrategie DiminutivStrategie DiminutivStrategie (1x Augmentativ) DiminutivStrategie DiminutivStrategie DiminutivStrategie DiminutivStrategie nicht spezifisch nicht spezifisch Sprecher; Zielpublikum Frauen nicht spezifisch Zielpublikum Frauen Zielpublikum Frauen nicht spezifisch Zielpublikum Frauen Zielpublikum Frauen Sprecher; Zielpublikum Frauen In den Gesprächssituationen insgesamt treten Frauen in 13,5 Transkripten als Zielpublikum auf (bei den Verkäufern, Werbesprechern handelt es sich hierbei in der Mehrzahl um Männer), Männer in 3 Transkripten, nicht spezifisches Zielpublikum besteht in 13,5 Transkripten. Auch an dieser Stelle sollen ein paar Beispiele angeführt werden. su qualcosa di caldo bellino da portare senza giacca a vento e <?> mette con un gileino senza problemi LIP FD11 (Werbesendung) A: ... D: A: forza i carciofi due mila # quattro duemila lire il carciofino [VOCI_SOVRAPPOSTE] # comprate l'arancino bono dumila lire guarda # le perine maturine dolci come la <?> LIP FE1 (Verkaufsgespräch) eccezionale_ parliamo di un accessorio importato direttamente dal Giappone chiamato_ Universal un accessorio unico nel suo genere ma attenzione non confondiamolo con tante altre piccole cose_ i piccoli taglierini_ quelle cose che puo' essere una <?> e costano delle cifre_ LIP MD11 (Werbesendung) (Abwertung von Konkurrenzprodukten) 227 Ein weiterer Situationstyp liegt vermutlich in Radio-Fernsehsendungen vor. Es ist auffällig, wie in den meisten Sendungen fiktive Vertrautheit vorgespielt wird und vor allem verstärkt Modifikativa zur Sympathiebezeugung verwendet werden. Hierauf möchte ich jedoch nicht weiter eingehen. Es sollte lediglich gezeigt werden, dass es weitere Situationstypen gibt, in denen eher pragmatisch basierte Modifikativa auftreten. Meines Erachtens liegt die pragmatische Funktion der Modifikativa jedoch auf einer höheren Ebene, in der Signalisierung von Sympathie und Vertrautheit. Es bestehen kommunikative Konstellationen, in denen die modifizierenden Suffixe auftreten und ihre Funktion haben. Dies lässt sich nicht ausschließlich durch eine Situationstypologie erklären. Mehr hierzu bei 5.4.4 Interaktive Komponente. 5.4.2 Regulative Faktoren Auf folgende regulative Faktoren von Dressler/Merlini Barbaresi (1994, siehe 1.5.2.1) möchte ich anhand des Korpus näher eingehen: • Formalität, Familiarität, Intimität • spielerischer Charakter (= scherzhaft) • Sympathie, Emphatie • Euphemismus, Ironie, Bescheidenheit • Sprechakte Formalität In den meisten Transkripten, in denen Modifikativa auftreten, liegen familiäre und informelle Situationen vor, wie von Dressler/Merlini Barbaresi (1994) angenommen. Diese Familiarität kann nur fiktiv sein, wie in Radio- und Fernsehsendungen. Aber es treten auch Modifikativa in formellen Situationen auf. So z.B. in Transkript FC2, einer formellen Diskussion um die Rolle der Frau in der Gesellschaft: A: ecco # ognuno di noi ha [VOCI_SOVRAPPOSTE] lui l'ha sempre pensata cosi' per questo te l'ha detto la donna brasiliana viene pensata cosi' libera sessualmente a l e ' toto ben tota gioia ahah allora vediamo un pochino se corrisponde davvero a [VOCI_SOVRAPPOSTE] A: un conto e' l'allegria perche'<??> ma un conto e' l'allegria un conto e' l'immagine fisica da agenzia che c'abbiamo noi volevo <??> vi fermate un attimino Vermutlich finden sich in formellen Situationen eher konventionelle Modifikativa oder die später noch erwähnten Modifikativa mit der Funktion des Ausdrucks von Höflichkeitsstrategien bzw. zur Signalisierung von Diskursgliederung. Die 228 volle Funktionsvielfalt auf pragmatischer Ebene wird eher in informellen, familiären Situationen ausgeschöpft. Spielerischer Charakter - scherzhaft Im Korpus lassen sich 95 klar scherzhafte Sequenzen von Modifikativa ausmachen. Teilweise erstreckt sich dies über das gesamte Gespräch, z.B. in MA4, einem Gespräch über Arbeit. Wichtige Hinweise sind natürlich Anmerkungen im Transkript wie [ride], ah ah ah, etc., aber natürlich auch Reaktionen des Gesprächspartners. B: A: B: A: B: senti ma io comunque non posso fare affari con te perche'? perche' tu sei un tantino [risata] un tantino un tantino? psicolabile LIP MA4 Das gesamte Gespräch ist in scherzhaftem Ton. B: A: B: A: si' per poter fare poi le cose giuste # # cosa fai? ti scrivo un menabotto [ride] LIP MA27 Gespräch am Arbeitsplatz; zuvor durch menabo bezeichnet Auffällig ist, dass das Suffix -one, das 16x in scherzhafter Verwendung auftritt, nur bei Personen als Basis vorkommt und zudem in der Mehrzahl bei Eigennamen (z.B. Danielone, Lucialone, Nandone, Robertone). Sympathie Modifikativa treten systematisch zur Signalisierung von Sympathie auf. Im Korpus lassen sich etwa 120 Fälle dieses Typs ausmachen. Unter Sympathie möchte ich auch die Fälle fassen, die Dressler/Merlini Barbaresi (1994) als Empathie betrachten (Mitleid usw.). Sympathie kann bezüglich des Gesprächspartners, -themas bzw. des Objektes, auf welches referiert wird, bestehen. Die modifizierenden Suffixe sind hierbei geeigneter als die Adjektive, da klarer die sympathische Komponente wahrnehmbar ist. 45 dieser Sympathie-Modifikativa treten in so genannten Grußformeln auf, dies sind konventionelle Begrüßungs- und Verabschiedungsfloskeln (z.B. bacio, saluto, abbraccio). Zur Illustration ein paar Beispiele für die Signalisierung von Sympathie: B: C: un bacione grande grande anche a te statti bene vai a letto subito LIP FB11 (Telefongespräch unter Freunden) ... se dovesse vincere uno da fuori Firenze addirittura gli mandiamo con un pacco a casa un bel pacco <?> arriva un bel pacco sara' grande il pacco <F> [rinforzo] pero' -do- dentro troverete la scatolina piccina con il regalino allora vai XYZ LIP FB14 (Radiosendung, bei der angerufen werden kann) 229 si' la cerchi la cerchi perche' e' importante specialmente per un tipo come_ per un tipetto come il tuo comunque eh il tuo giorno corrisponde anche questo a Plutone come gia' un'ascoltatrice precedente quindi chiaramente non hai molto senso negli affari eh questo t i risulta vero Giusi? LIP ME6 (Radiosendung, Horoskop, es kann angerufen werden) Als eine Unterform zum Ausdruck von Sympathie, möchte ich eine Verwendung des Modifikativs erwähnen, die stark an die reflexive Verwendung des Typs "mi bevo un caffè" erinnert. Es geht hierbei darum, zum Ausdruck zu bringen, dass das fragliche Objekt bzw. die fragliche Handlung als sehr positiv für denjenigen gesehen wird, für den es/sie bestimmt ist. Bei Nahrungsmitteln beispielsweise wird signalisiert, dass es sich um Wohlschmeckendes, Wohltuendes handelt. Bei Handlungen und Objekten, die der Sprecher selbst ausführt oder verwendet, wird auch ausgedrückt, dass er dies gerne tut und genießt. Ist das fragliche Objekt bzw. die Handlung für einen anderen als den Sprecher bestimmt, so wird Ermunterung im Sinne von Appetitmachen mit impliziert. Folgende Beispiele mögen zur Illustration genügen: io invece mi son fatta un bel riposino di un'ora LIP FA1 (Gespräch beim Essen, Familie) A: C: no perche' tu ha' fatto Guido so' la Barbara no se tu voi ti mando un cognacchino non so che hai bisogno di un cognacchino un caffeino icche' tu voi? nulla nulla LIP FB14 (Radiosendung) A: B: un bell'antipastino di mare ho mangiato ma rimangerei mi viene l'acquolina LIP FE9 (Kochsendung im Radio) A: adesso guardo un po' di televisione mi fumo una birra e poi un whiskino LIP MB53 (informelles Gespräch) Insgesamt tritt dies bei etwa 20 Formen auf. Euphemismus, Ironie, Bescheidenheit Eine Funktion, in der modifizierende Suffixe systematisch verwendet werden, ist die euphemistische Abschwächung von Tabu- und Schimpfwörtern. Mit z.B. dem Diminutiv wird demnach eine Konvergenz zwischen der 'Kleinheit' und "Konnotationen" morphopragmatischen Charakters bewirkt. Im Korpus LIP traten verschiedene Fälle dieser Verwendung auf. In einem Fall tritt z.B. die Form foglietti als Euphemismus für Spickzettel auf. Eine äußerst interessante Sequenz aus Transkript MB1, einem Telefongespräch zwischen Freunden, möchte ich fast vollständig anführen. Es handelt sich um eine scherzhafte längere Sequenz, in der euphemistische Benennungen für primäre Geschlechtsorgane sowie deren Bewertungen ausgetauscht werden. 230 B: C: B: C: B: C: B: C: B: C: B: C: ... C: B: C: B: C: B: C: B: C: B: C: B: C: B: [RIDE] e li'_ bo' davanti alle nostre patatine_ e_ pistacchini_ e arachidi cioe' ambiguo come discorso di fronte alle nostre patatine e pistacchini e' molto ambiguo come discorso comunque perche' cosa son le patatine? ma tu da piccola come la chiamavi scusa? la chiamavo <?> ah ecco perche' [RIDE] no io la chiamavo patatina e pisellina oppure anche non so pistacchina patatina ma non c'e' nessuna allusione cioe' una patata che cos'e' che ricorda? ma no perche' e' una cosa_ bella_ familiare bella_ tu dici? si' ma secondo me la cosa piu' bella e' farfallina farfallina? alcuni la chiamano farfallina farfallina non e' male ahah insomma se ci pensi anche e' abbastanza da' l'idea ahah si' si' si' si' mi piace farfallina e' carino e'_ farfallina si quindi va be' noi stasera le farfalline_ non le mangiamo [RIDE] e quindi_ [RIDE] passo e chiudo mi sembra giusto salutami tutta la combriccola_ la' di masnadieri guarda ce lo leghiamo_ all'alluce ah pensavo al pistacchino va be' no [RIDE] no pero'_ va be' dovrai fare qualcosa di clamoroso per farti perdonare va' Das genaue Gegenteil scheint bei Interjektionen mit Augmentativ- bzw. Pejorativsuffix vorzuliegen. Fraglich bleibt, ob die modifizierte Form negativer als das Simplex ist. In 26 Fällen liegt klar eine ironische Funktion bei den Modifikativa vor. Es handelt sich beispielsweise um folgende Sequenzen: B: A: bellina [TOSSISCE] Daniele la ragazza di Daniele ma grazie LIP FA1 (Gespräch beim Essen) Aus der Reaktion des Sprechers A sowie des Hustens direkt nach der Äußerung von bellina geht klar hervor, dass das Urteil nicht wörtlich zu nehmen ist. c'ho qui tutte le_ # duemila busterelline diverse perche' eh # # # allora di tutte le varie perizie diciamo # qua c'ho le ricevute dell'affitto va be' tanto quelle si tirano fuori a l momento e' catalogato qui LIP FA10 (Beratung beim Rechtsanwalt) Durch den vorherigen Kontext geht klar hervor, dass es sich nicht um kleine Umschläge handelt, sondern um Pläne, Gutachten usw. Durch das Numeral kommt zudem eine übertreibende Wirkung hinzu. C: B: e poi con quelle manine pulite e' sbagliato perche' le ho lavate prima di mangiare LIP FA2 (Mutter und Kind) 231 Klares Indiz ist die Reaktion des "Beschuldigten". Vor allem durch Diminutive wird die Höflichkeitsmaxime der Bescheidenheit nach Leech (1983) befolgt. Wie später noch durch die Modifikativa in Sprechakten illustriert werden soll, so ist auch beim Ausdruck von Bescheidenheit eine gesichtswahrende Handlung vorhanden. Der Sprecher verwendet Strategien des "Understatement" nicht nur aufgrund der Maxime "sei bescheiden", sondern auch um seinen Gesprächspartner positiv zu stimmen - vor allem wenn es sich hierbei um hierarchisch Höhergestellte handelt. Wie auch Dressler/Merlini Barbaresi (1994) erwähnen, kann diese Bescheidenheit natürlich nur vorgespielt sein, was im Korpus nicht immer leicht zu durchschauen ist. Im Korpus LIP traten z.B. folgende Bescheidenheitsdiminutive auf: <???> con il flauto dice l'Elisa fammi sentire <??> e se ne va a fare quella canzoncina vero Paolo con l'Elisa? LIP FA1 (Gespräch beim Essen, Familie) Später nimmt derselbe Sprecher wieder canzoncina auf. Diese Sequenz wird eingeleitet durch die Frage, ob der Sprecher am Klavier geübt habe. C: H: C: H: ecco ha preparato uno sch<ema> uno schema? nel senso dell'America si' uno schemino ahah certamente insomma e' la' l'ho scritto LIP NA13 (Gespräch mit Professor) Auf die Frage, ob die Studentin ein schema vorbereitet habe, bezeichnet die Studentin dieses als schemino. Was sie einerseits als bescheiden erscheinen lässt, andererseits auch ein geringeres Risiko bei Nichtgefallen oder Unzufriedenheit von Seiten des Professors bedeutet. Ähnlich der Bescheidenheit treten Modifikativa zur reinen Gesichtswahrung auf, wenn beispielsweise Urteile abgegeben werden sollen und man sich nicht sicher ist, ob der Gesprächspartner derselben Meinung ist. Ein Modifikativ-Urteil kann leichter widerrufen werden als ein Simplex-Urteil, wie beispielsweise in: B: A: ... B: A: ahah si' infatti bellino il film cacata disumana si' infatti me l'avevano detto che era una stronzata notevole LIP FB13 (Gespräch unter Freunden) Zunächst bewertet der Sprecher den Film als positiv, nach einer extrem negativen Bewertung durch den Gesprächspartner zieht Sprecher A sein positives Urteil quasi zurück. Ähnlich kann eine modifizierte Bildung auch zur Abschwächung der Verantwortung dienen, wenn man nicht allzu sicher auftreten möchte oder gewisse Behauptungen nicht als völlig sicher darstellen möchte. 232 5.4.3 Sprechakte In Sprechakten wie Grußformeln, Verabschiedungsformeln, Glückwünschen etc. treten hauptsächlich Adjektive wie buono, bello, grande etc. auf. Die modifizierenden Suffixe treten in solchen Sprechakten zusätzlich auf (ornamental). Modifikativa, hierbei vor allem Diminutive, treten in potentiell gesichtsbedrohenden Sprechakten auf, wie beispielsweise Bitten, Angeboten, Vorschlägen, aber auch in Aufträgen, Befehlen, ebenso in Absagen, Widerspruch, Einwänden und Kritik. Nachfolgend finden sich einzelne Beispiele aus dem Korpus. In Bitten treten häufig Diminutive auf - auch bei Bitten, die indirekt formuliert bzw. nur angedeutet werden: D: ... D: un pezzettino di pane non c'e' in questa tavola? si' me lo scaldi un pochetto di caffe'? LIP FA1 (Gespräch beim Essen, Familie) Bei Arbeitsaufträgen scheinen selbst hierarchisch Höhergestellte Aufträge in gemilderter Form zu bevorzugen: eccetera vediamo di fare qualche lavoretto in modo da non restare magari # fermi per la strada con qualche veicolo eccetera e intanto io sento qual e' il programma attuale prevedibile della sostituzione_ del... LIP FA12 (Gespräch am Arbeitsplatz) Widerspruch: B: A: infatti insomma diecimila buttate al vento si' ma invece il film che si e' visto noi e' stato anche bellino LIP FB13 (Gespräch unter Freunden) Gemilderter Widerspruch nach der Kritik, das Geld für den Film sei sinnlos ausgegeben. Angebot: E: A: C: c'e' un'altra bustona di cornetti poi abbiamo deciso di rinunciare a quello che h a portato lui e di mandarlo si' c'e' un'altra busta di cornetti LIP RA3 (Arbeitsbesprechung) Das Angebot erfolgt mit Augmentativ, später wird mit Simplex auf dieselbe Entität referiert. 233 5.4.4 Interaktive Komponente Die Besonderheit der modifizierenden Suffixe liegt auf pragmatischer Ebene in der interaktiven Funktion. Mit den Suffixen signalisiert der Sprecher seine Beziehung zum Gesprächspartner, zum Thema des Gesprächs oder zur Diskurssituation. Er kann wiederholt signalisieren, dass der Diskurs besonders gekennzeichnet ist, z.B. als Diskurs mit oder über Kinder, oder als Werbediskurs (mit den impliziten Zielen, wie etwa der Überzeugung des potentiellen Kunden zum Kauf des Produktes). Subtil wird hierbei eine Atmosphäre der Sympathie und der Vertrautheit geschaffen, der Käufer soll positiv gestimmt werden. Weiterhin kann der Sprecher signalisieren, dass das Gespräch bzw. einzelne Teile nicht ernst genommen werden sollen. Der Unterschied zu den Adjektiven im Italienischen scheint mir in ebendieser interaktiven Verbindung zum Gesprächspartner bzw. Gesprächsgegenstand zu liegen. Virtuell haben die Adjektive dasselbe Ausdruckspotential wie die modifizierenden Suffixe. Dies kann man leicht aufzeigen an dem Gebrauch von Adjektiven in dieser Funktion in Sprachen, die nicht denselben Reichtum der suffixalen Modifikation besitzen, siehe z.B. Sifianou (1992) oder Schneider (2000) fürs Englische. In Sprachen wie dem Italienischen oder dem Neugriechischen haben sich jedoch die Suffixe auf den Ausdruck dieser Funktion spezialisiert. Bei Ersatz des Suffixes durch ein Adjektiv geht diese interaktive Verbindung verloren. Meistens führt der Ersatz zu seltsamen Ergebnissen, da das Adjektiv andere Aspekte zum Ausdruck bringt. Mit dem Adjektiv kann man einfach über die Dinge der Welt reden, mit dem Suffix kann man den Gesprächspartner hierbei miteinbeziehen. Diese interaktive Funktion ist bei den Suffixen immer vorhanden, selbst bei primär quantitativer Funktion. Eine Studie zum Gebrauch der Diminutive zum Ausdruck freundlicher, informeller Höflichkeit im Neugriechischen stellt Sifianou (1992) dar. Eine klare Formulierung dieser interaktiven Funktion findet sich auch in Lo Duca (1996a: 24): [...] l'uso delle parole suffissate in -ino, -ina si accompagna sempre a un atteggiamento di simpatia, di tenerezza da parte di chi le usa. Non è forse per questo che quando parlano con i bambini ne fanno largo uso? Inchaurralde (1997) skizziert kurz, wie sich die pragmatische Funktion der Diminutive im Spanischen innerhalb von Begriffen des emotionalen Raums erfassen lässt: It may be considered that in the Spanish diminutive there is a predominance of a subjective attitude of the speaker towards the object mentioned. And it can be explained in terms of emotional spaces: we feel close to the entity affected by it and for that reason we make it enter our personal space by reducing its dimensions. We do not feel threatened by 234 the object, and therefore, it is included as part of our private territory by making room in i t [...] (Inchaurralde 1997: 138f.) Sehr deutlich hat sich die interaktive Komponente der modifizierenden Suffixe herauskristallisiert. In interaktiver Funktion treten sie häufig und in ihrem gesamten Spektrum auf. Hier scheint das Suffix -one nicht so produktiv zu sein. Dies beruht vermutlich darauf, dass bei einer Bildung mit -one potentiell leichter Missverständnisse darüber auftreten können, wie eine solche Form zu interpretieren ist. Interaktive -one-Bildungen treten scheinbar nur in Diskurssituationen auf, in denen eine große Vertrautheit unter den Sprechern besteht, oder -one tritt mit weiteren Indikatoren zur Interpretationserleichterung auf (z.B. mit klar bewertenden Adjektiven). Als Besonderheiten bei einzelnen Bildungen haben sich bei attimino, momentino herausgestellt, dass sie 1. zeitlich diminuiert auftreten können oder 2. gleich bedeutend mit un po'. Die Diskursfunktion des Downgrading wird hierbei häufig verwendet, um die Geduld des Hörers oder Gesprächspartners nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, wenn dieser warten muss, beispielsweise bei Einwürfen, Themenwechsel, Zusammenfassungen des zuvor Gesagten und ebenso zur Einleitung von Exkursen. Insgesamt werden modifizierte Formen häufig dazu verwendet, gewisse Höflichkeitsstrategien zum Ausdruck zu bringen. Formen wie pochino, momentino, attimino usw. sind nicht begrenzt auf familiäre, informelle Situationen, sondern treten auch in formellen Gesprächen und gegenüber hierarchisch Höhergestellten auf. Die Formen werden auch dazu verwendet, eventuell negative Äußerungen, die als antagonistisch verstanden werden könnten, abzumildern. Man könnte diese Funktion als derjenigen von Heckenausdrücken ähnlich ansehen. Dressler/Merlini Barbaresi (1994) ordnen in ihrer Arbeit die Ebene der Höflichkeit unter die der Sprechakte und Diskurssituationen (1994: 27f.), da sie das gesamte Gebiet der Morphopragmatik auf systematische Weise erfassen wollen. Allerdings erfolgt meines Erachtens die Verwendung gewisser Modifikativa in diesem Bereich sehr systematisch und äußerst frequent, so dass diesem eine größere Bedeutung zugemessen werden sollte. Wie ich hoffe klar gemacht zu haben, kann man die pragmatische Funktion nicht völlig aus einer Situationstypologie erklären. Viel besser lässt sie sich erklären, wenn man die Sprache als Handlung auffasst. Modifikativa sind Signale, die Sympathie, eine positive Einstellung bzw. Umgebung herstellen sollen. Die Modifikativa funktionieren jedoch anders als Äußerungen wie "Du bist mir sympathisch". Sie sind Teil von Verfahren, die für das Gelingen der Interaktion günstige Voraussetzungen schaffen sollen. Sprachliches Handeln zielt auf Kooperation ab. Für das Zustandekommen der Kooperation kann man günstige Bedingungen schaffen, 235 etwa durch nonverbale Aspekte wie Stimme oder Beachtung von Höflichkeit sowie "Selbsterniedrigung", vor allem bei Bitten und Aufträgen, wenn das Verlangte kleingemacht wird, lavoretto, attimino; dies kann man aus der quantitativen Bedeutung ableiten. Es gibt unterschiedliche Diskursstrategien: sich selbst klein machen bzw. das was man verlangt oder getan hat, um selbst sympathisch zu erscheinen und nichts Übertriebenes zu verlangen. Andererseits macht man die Leistungen des Gesprächspartners groß. Die Modifikativa unterstützen also das Gelingen der Sprechakte, da in Sequenzen der Auftrag klein gemacht werden kann (piacerino), der Dank aber dann groß ist (piacerone). Da dies ohne semantischen Widerspruch auftritt, handelt es sich klar um Pragmatik. Diese Strategien können sich auch phraseologisch verfestigen, zum Beispiel bei typischen Interaktionen wie Dank, Bitten usw., in denen man etwas als klein oder groß darstellt. Insgesamt lässt sich sagen, dass sich die pragmatische Funktion aus der quantitativen (semantischen) Funktion ableiten lässt und nicht über KIND. Über die Kleinheit wird das Terrain vorbereitet. Im Falle von Angeboten beispielsweise können sowohl Diminutive als auch Augmentative auftreten. Im Falle von Diminutiven kann der Sprecher die Menge des Angebotenen als klein darstellen und somit signalisieren, dass für den Gesprächspartner keine große Anstrengung vorliegt, wenn er das Angebot annimmt. Natürlich können alle positiven Werte mitschwingen, die mit dem Diminutiv verbunden werden. Ebenso können bei Angeboten die angebotenen Objekte groß gemacht werden, um dem Gesprächspartner zu signalisieren, dass genügend vorhanden ist. Alle pragmatischen Werte lassen sich problemlos jeweils von 'klein' bzw. 'groß' ableiten. Die Pragmatik beruht also auf der Semantik, und die Suffixe besitzen klar eine denotative Bedeutung. In dieser Arbeit kann lediglich angedeutet werden, wie dies im Einzelnen funktioniert - die Ausarbeitung würde sicherlich eine eigene Untersuchung verdienen, die an dieser Stelle jedoch nicht geleistet werden kann. In folgender Tabelle wurde versucht, die Pragmatik des Groß- und Kleinmachens exemplarisch anhand des Korpus zu illustrieren. Wie zu sehen ist, können an manchen Stellen dieselben Entitäten diminuiert oder augmentiert werden. Der Sprecher verfolgt dann unterschiedliche Strategien. 236 Diminutiv √ für Y ist es eine geringe Anstrengung, da es sich um wenig handelt √ das angebotene Objekt, die Begründung der Absage, Ablehnung Angebot, Menge des Angebotenen X bietet Z an (seinem Gesprächspartner Y) bei Ablehnung eines Angebots/Absage einer Einladung Geschenke, die andere gemacht haben Signale für Sympathie, Grußformeln Negative Äußerungen über Abwesende Positive Bewertung des Gesprächspartners oder Gesprächsthemas Werbung √ Objekte bei Werbung (auch Kunden), Personen, die beim Werbeprozess (auch Kunden) involviert sind, zusätzliche Kosten, Konkurrenzprodukt negative Eigenschaften, nega√ tiv bewertete Objekte des Sprechers bzw. von Personen, für die man sich verantwortlich fühlt eigene Leistungen, Handlungen, √ hervorgebrachte Objekte, eigene Urteile Kind √ Kinder und deren Körperteile, Haustiere, Objekte für Kinder o. von Kindern, Objekte o. Tiere in Erzählungen von oder für Kinder, Aufgaben an Kinder Einschränkung bei Lob √ in Bitten/Aufträgen/Vorschlä- √ gen/Ratschlägen (X will, dass das verlangte Objekt bzw. die Menge Y Z tut; X will, dass Y ihm Z des verlangten Objektes; die gibt; unterschiedliche hierarDringlichkeit der verlangten chische Konstellationen) Handlung; das Instrument der verlangten Handlung; vorhandene Geldmittel beim Kauf bei Widerspruch/Kritik (X be- √ hauptet A, Y behauptet Nicht- Gegenargumente; das betroffene A)/potentielle Kritik (X Objekt/die betroffene Person der denkt, dass Y nicht Z gemacht Kritik; Eigenschaften des betroffenen hat, nicht kann) Objekts, Instrument der Handlung wird diminuiert bei Rechtfertigung nach erfolg- √ ter Kritik bzw. zur Vorwegnahme erwarteter Kritik Zugeständnis √ das Zutreffen von X, das zuvor abgelehnt wurde, wird diminuiert Höflichkeit √ Wartezeit wird diminuiert Augmentativ √ Y soll nicht annehmen, dass zu wenig Z vorhanden ist √ √ √ √ √ Objekte bei Werbung √ Objekte √ Leistung des Gesprächspartners (Aufforderungen, Ermunterungen) 237 5.5 Zusammenfassung Wie sich in diesem Kapitel gezeigt hat, bestehen nicht viele feste Restriktionen, die die Ausdrucksalternative zwischen modifizierenden Suffixen und Adjektiven steuern. In Kapitel 2, 3 und 4 wurden bereits klare Restriktionen aufgezeigt, die eine Modifikation durch das Suffix ausschließen. Es handelt sich hierbei vor allem um syntaktische Restriktionen, die natürlich auf dem unterschiedlichen syntaktischen Status eines Adjektivs einerseits und eines Suffixes andererseits beruhen. Die modifizierenden Suffixe sind keine Adjektive. Sie haben zwar dieselbe Funktion die der Modifikation - aber sie sind als gebundene Morpheme sehr eingeschränkt in ihrem syntaktischen Verhalten. Auf phonologischer Ebene finden sich keine undurchbrechbaren Restriktionen für die Suffixe. Durch die Vielzahl an Suffixen können phonetische Unschönheiten leicht umgangen werden. Auf morphologischer Ebene lassen sich klare Restriktionen finden. Es handelt sich hierbei um 1. deadjektivische Nomina auf -ità bzw. die heute nicht mehr produktive Variante -tà, 2. abgeleitete Nomina (verschiedenster Basen) mit dem Suffix -ismo, 3. Adverbien auf -mente. In allen drei Bildungstypen ist eine Modifikation mittels Suffix ausgeschlossen. Auf semantischer Ebene lässt sich eine Restriktion finden, die undurchbrechbar scheint und sich auf die grundlegende Struktur des Nomens bezieht: Das Nomen muss klar zählbar sein bzw. bei Nomina, die sowohl als zählbar als auch als nicht-zählbar interpretiert werden können, muss ein klar zählbarer syntaktischer Kontext vorliegen. Ob wirklich beim fraglichen Nomen eine Pluralbildung möglich ist, ist für die suffixale Modifikation nicht ausschlaggebend. Es genügt bereits eine Pseudozählbarkeit. Auf pragmatischer Ebene scheint es so, als haben sich die modifizierenden Suffixe auf den Ausdruck einer interaktiven Komponente spezialisiert, die durch die Adjektive nicht so klar zum Ausdruck kommt. Im folgenden Fazit soll nun ein Versuch erfolgen, die verschiedenen Restriktionen zu systematisieren. 238 6. Fazit: Ein Weg durchs Labyrinth der Modifikation Anstelle einer Schlussbemerkung sollen untenstehende Grafik und deren Kommentar aufzeigen, wie sich die Systematik der Modifikation mittels Adjektiven und mittels modifizierenden Suffixen in Form eines prozessualen Modells darstellen lässt. Der Weg durch die Modifikation beginnt sozusagen bei der Syntax. Trifft einer der im Syntaxrahmen, Morphologierahmen oder Semantikrahmen beschriebenen Fakten zu, ist die Modifikation durch Suffixe ausgeschlossen, und lediglich eine Modifikation durch Adjektive steht zur Verfügung. Im Pragmatikrahmen schließlich treten unterschiedlich bewertete Fakten auf: Im Fall des Ausdrucks einer Grußformel ist nur das Adjektiv möglich, im Fall der interaktiven Funktion hingegen gewinnt das modifizierende Suffix. Der Phonologierahmen ist zuletzt geordnet, da sich keine undurchbrechbaren Restriktionen finden lassen. Es ist höchstens denkbar, dass Prinzipien der Wohlgeformtheit die Verteilung der verschiedenen Suffixe regeln. Natürlich ist auch eine andere Anordnung der einzelnen Rahmen möglich. Es handelt sich an dieser Stelle lediglich um einen Versuch der Darstellung. Die nachstehende Grafik ist im Sinne eines Algorithmus zu verstehen, der die Ausdrucksalternative zwischen den Adjektiven und den modifizierenden Suffixen regelt. Zunächst wird die syntaktische Ebene überprüft. Treten Vergleichskonstruktionen oder Spezifikationen hinsichtlich des Grades, in dem die bezeichnete Eigenschaft 'groß', 'klein', 'gut' oder 'schlecht' zutrifft, auf, so können modifizierende Suffixe den Ausdruck der Eigenschaft nicht übernehmen - es stehen ausschließlich die Adjektive zur Verfügung. Ebenso verhält es sich, wenn die Eigenschaft durch hiervon syntaktisch abhängige Maßangaben präzisiert wird. Falls keine nominale Basis zur Verfügung steht, sind die modifizierenden Suffixe ebenfalls nicht möglich. Auch wenn der Skopus der Eigenschaft mehr als ein Nomen umfassen soll, wenn komplementäre oder disjunkte Beziehungen zwischen mehreren Eigenschaften ausgedrückt werden sollen, so kann dies nur durch das Adjektiv geschehen. Schließlich sind die Suffixe ausgeschlossen, falls die erwähnte Eigenschaft im Sinne einer Litotes negiert wird. In all diesen Fällen bleibt lediglich das Adjektiv als Ausdrucksmittel. Falls keine der syntaktischen Restriktionen für das Suffix zutrifft (in der Grafik durch den grauen Pfeil und 'nein' dargestellt), kann im Algorithmus auf die nächste Ebene – die morphologische - weitergerückt werden. 239 Auf dieser Ebene bestehen nur zwei klare Bedingungen, die eine Modifikation durch das Suffix ausschließen: Deadjektivische Nomina mit dem Suffix -ità bzw. -tà und Nomina mit dem Suffix -ismo können nicht durch Suffixe modifiziert werden. Die Unmöglichkeit der Modifikation durch Suffixe bei Adverbien auf -mente ist für die hier untersuchte Ausdrucksalternative nicht von Bedeutung. Trifft keine der morphologischen Restriktionen zu, kann der Algorithmus für die Suffixe weiterlaufen auf die semantische Ebene. Auf semantischer Ebene sind die Suffixe ausgeschlossen, falls eine komplexe Semantik der Eigenschaft vorliegt. Beispielsweise kann keine ausgezeichnete Dimension oder eine räumliche Anordnung durch das Suffix ausgedrückt werden. Die klarste Beschränkung bei den Suffixen liegt auf semantischer Ebene bei nicht klar zählbaren Nominalvorkommen. Die Suffixe sind völlig ausgeschlossen, falls die Basis nicht zählbar ist. Die Adjektive können hingegen bei abstrakten Nomina in nicht klar zählbaren Vorkommen auftreten. Schließlich stehen für den Ausdruck rein positiv qualitativ bewertender Eigenschaften keine Suffixe zur Verfügung. Auch beim Ausdruck der restriktiven Funktion stehen die Suffixe nicht zur Verfügung. Wird keine der semantischen Restriktionen erfüllt, bleiben die Suffixe weiterhin als Ausdrucksalternative zu den Adjektiven bestehen. Im Algorithmus kann zur pragmatischen Ebene übergegangen werden. Bis zur pragmatischen Ebene stehen die Adjektive sowohl bei Zutreffen als auch bei Nicht-Zutreffen der Beschränkungen der verschiedenen Ebenen zur Verfügung. Auf pragmatischer Ebene nun kehrt sich das Bild. Soll eine interaktive Funktion durch Verwendung der "Eigenschaften" mitschwingen, so können die Adjektive nicht alleine auftreten. Auf diese Funktion haben sich die Suffixe spezialisiert. Bei so genannten Grußformeln hingegen sind die Suffixe nur ornamental zulässig. Abschließend durchläuft der Algorithmus die phonologische Ebene, aber wie im fünften Kapitel gezeigt, treten hier durchbrechbare Prinzipien der Wohlgeformtheit auf, die nicht ausnahmslos greifen. 240 Adjektive Modifizierende Suffixe Syntax Vergleichskonstruktion (Komparativ/Superlativ) Spezifikation des Grades des Zutreffens der bezeichneten Eigenschaft Maßangaben, abhängig von der Eigenschaft keine nominale Basis Skopus: - mehr als ein N - komplementäre/disjunkte Beziehung zwischen Eigenschaften Litotes auf die Eigenschaft ja nein Morphologie - deadjektivische N auf -ità/-tà - N auf -ismo (- ADV auf -mente) Pragmatik ja Sprechakte, Grußformeln Interaktive Funktion ja nein Phonologie Prinzipien der Wohlgeformtheit nein Semantik Komplexe Semantik ausgezeichnete Dimension räumliche Anordnung Einführung von 'zeitlich' Gewicht Position auf numerischer Skala Maß Maßeinheit Materialbeschaffenheit keine klare Zählbarkeit (bei abstrakten N) rein Qualitativ + restriktive Funktion 241 Zweifellos können an mehreren Stellen der Arbeit Anknüpfungspunkte für weitere Untersuchungen gefunden werden, da einige der Problemstellungen leider nur oberflächlich untersucht werden konnten. Zudem sollte eine Untersuchung anhand eines größeren Korpus erfolgen, um die Repräsentativität des vorliegenden Korpus verstärken bzw. einschränken zu können. 242 7. Anhang A Diskurssituationen Adjektive Die betrachteten Adjektive treten in 305 verschiedenen Transkripten des LIP auf, die nach Diskurssituationen geordnet sind. Folgende Diskurssituationen finden sich bei den Adjektiven: Gespräch mit Freunden/Familie Gespräch in der Familie FA1, FB6, FB8, NA1 FA2, MB25, MB45, NB25, NB33, NB49, NB50 Gespräch unter Freunden FA6, FB1, FB10, FB11, FB12, FB13, FB31, FB4, FB5, MA1, MA11, MA15, MA2, MB1, MB10, MB4, NA7, NA8, RA1, RA2, RA4, RA5, RB1, RB2, RB3, RB6, RB7, RB8 Gespräch Elternteil mit Lehrerin FA13, FA14, RA9 Gespräch Mutter mit Physiotherapeutin RB14 Lovertalk MB22, MB34, MB46, MB48, NB32, NB65 informelles Gespräch FA3, MA13, MA14, MA25, MB12, MB2, MB28, MB3, MB36, MB43, MB5, MB52, MB53, MB56, MB60, MB65, MB66, MB67, MB7, MB79, MB81, MB91, MB92, NA3, NA6, NB1, NB11, NB13, NB18, NB2, NB21, NB27, NB29, NB34, NB41, NB45, NB46, NB47, NB52, NB55, NB63, NB64 Gespräch am Arbeitsplatz FA12, MA27, MA28, MA5, NA5, RA3, RA8, RB30, RB31 geschäftliches Gespräch FA10, FA4, MA4, MB11, MB30, MB44, MB6, MB8, MB82, NA2, NB23, NB37, NB5, NB56, NB59, RB17, RB21, RB29, RB9 Gespräch in/mit Behörde MA10, NA9, RA7, RB16 Radio-/Fernsehsendung FB14, FB15, FB16, FB17, FB18, FB19, FB34, FB35, FB36, FB37, FE10, FE11, FE15, FE6, FE9, MC10, MC11, MC12, MD18, ME11, ME6, NB6, NE12, NE14, NE2, NE5, NE6, NE7, RB10, RB12, RD19, RE11, RE3, RE5, RE6, RE7 Sportsendung FE12, FE16, FE17, FE18, RE10, ME7 243 Interview FE8, MC9, ME10, ME8, ME9, NE13, NE3, RC11, RC12, RC13, RE8 Werbesendung FD10, FD11, FD12, FD6, FD8, FD9, FE7, MD10, MD11, MD7, MD8, ND8, ND9, NE10, NE11, NE9, RD10, RD11, RD12, RD9, RE2, RE4 Verkaufsgespräch FE1, FE2, FE3, FE4, FE5, MA24, ME1, ME2, ME3, ME4, ME5, RE1 Versammlung FC1, FC4, FD13, FD15, FD16, MC1, MC2, MC4, MC5, MD17, NC1, NC2, NC3, NC5, ND11, ND7, RC1, RC2, RC3, RC4, RC5, RC6, RC7, RD13, RD14, RD17, RD18 Vortrag (formell) FD5, MC3, MD5, MD6, ND13, RD8 Diavortrag FD17, ND3 politische Rede MD12, MD13, MD14, ND10, ND6, RD7 Diskussion FC2, FE19, ME12, NC4, NE8, RE9 Arbeitsbesprechung Aktionstage Schule FC3 Informationsveranstaltung Universität RD4 Unterrichtsstunde FC5, FC6, FD1, FD2, FD3, MC6, MC7, MD1, MD2, MD4, NC7, NC9, ND1, ND2, RC8, RC9, RD1 mündliche Abhörung in der Schule NC6, NC8 Vorlesung FD4, ND4, ND5, RD2, RD5, RD6 Prüfung Universität NC10, NC11, RC10 Universität (Sekretariat, Bibliothek) MA18, MA21, MA29 Gespräch Student mit Professor MA30, MC8, NA11, NA12, NA13 Predigt/Bibelstunde FD14, MD15, MD16, ND12, RD15, RD16 "monologisches" Telefongespräch NB7 Aufnahme Anrufbeantworter NB8 Gerichtsverhandlung NC12, ND14 Modifizierende Suffixe Die modifizierten Formen insgesamt (nicht nur die nominalen Formen) treten in 268 Transkripten des Korpus auf. Wie bei den Adjektiven werden die Transkripte nach analogen Diskurssituationen aufgeführt. Gespräch mit Freunden/Familie Gespräch in der Familie FA1, NA1 FA2, MB24, NB25, NB33, NB49, NB50 244 Gespräch unter Freunden FB1, FB10, FB11, FB12, FB13, FB31, FB5, MA1, MA11, MA15, MA2, MB1, MB10, MB16, MB4, MB84, MB90, RA1, RA2, RA4, RA5, RB1, RB2, RB3, RB6, RB7, RB8 Gespräch Elternteil mit Lehrerin FA13, FA14, RA9 Gespräch Mutter mit Physiotherapeu- RB14 tin Lovertalk MB22, MB23, MB46, NB32 informelles Gespräch FA3, MA12, MA14, MA9, MB12, MB28, MB29, MB3, MB30, MB32, MB36, MB47, MB5, MB53, MB55, MB65, MB66, MB67, MB7, MB75, NA6, NA7, NB1, NB13, NB17, NB18, NB2, NB21, NB24, NB34, NB35, NB36, NB42, NB51, NB55, NB60, NB65 Gespräch am Arbeitsplatz FA12, MA23, MA26, MA27, MA28, MA5, NA4, NA5, RA3, RA8, RB31 geschäftliches Gespräch FA10, FA4, FB20, MA4, MB11, MB44, MB6, MB69, MB70, MB71, MB74, MB8, MB82, MB9, NA2, NB22, NB37, NB5, NB56, NB59, RB17, RB21, RB34, RB36, RB9 Gespräch in/mit Behörde FA7, FA8, FA9, FB22, FB23, FB28, MA22, NA10, NB31, RA6, RA7, RB13, RB16 Radio-/Fernsehsendung FB14, FB15, FB16, FB17, FB18, FB19, FB35, FB36, FB37, FE15, FE6, FE9, MC10, MC11, MC12, MC9, MD18, ME11, ME6, NB6, NE12, NE14, NE2, NE5, NE6, NE7, RB10, RB11, RB12, RD19, RE11, RE3, RE5, RE6, RE7 Sportsendung FE13, FE16, FE17, FE18, ME7, RE10 Interview FE8, ME8, ME9, NE13, NE3, NE4, RC11, RC12, RE8 Werbesendung FD10, FD11, FD12, FD6, FD8, FD9, FE7, MD11, MD7, MD8, ND9, NE10, NE11, NE9, RD1, RD11, RD12, RE2, RE4 Verkaufsgespräch FE1, FE2, FE3, FE4, FE5, MA24, ME2, ME3, ME4, ME5, RE1 245 Versammlung Vortrag (formell) Diavortrag politische Rede Diskussion Arbeitsbesprechung Aktionstage Schule Informationsveranstaltung an der Universität Unterrichtsstunde mündliche Abhörung in der Schule Vorlesung Prüfung an der Universität Universität (Sekretariat, Bibliothek) Gespräch Student mit Professor Predigt/Bibelstunde "monologisches" Telefongespräch Aufnahme Anrufbeantworter Gerichtsverhandlung FC4, FD15, FD16, MC4, MD17, NC3, NC5, ND11, RC2, RC3, RC4, RC5, RC7 FD5, MD6, ND13, RD8 FD17 MD12, MD13 FC2, FE19, NC4, NE8, RE9 FC3 RD4 FC5, FC6, FD1, FD3, MC6, MC7, MD1, MD2, ND1, ND2, RC8, RC9 NC6 ND4, ND5 RC10 MA18, MA19, MA21, MA29 MA30, MC8, NA11, NA12, NA13 FD14, MD16, ND12 NB7 NB8 NC12, ND14 246 Anhang B Adjektiv abbondante alto ampio basso bello bravo breve brillante brutto buono caro cattivo colossale corto debole decente delicato delizioso deludente discreto divino dolce eccellente elevato enorme esteso estremo fantastico favoloso fine forte gigante gigantesco glorioso grande grandioso grasso grosso immenso inferiore infernale insoddisfacente insufficiente largo leggero limitato lungo Adjektive prädikativ - attributiv: postnominal - pränominal Anzahl 4 68 18 33 471 44 36 6 54 349 92 30 2 17 10 2 9 4 2 8 1 1 1 3 24 2 2 14 17 3 65 4 3 1 456 3 2 120 5 3 1 1 6 13 17 4 76 prädikativ 1 16 4 4 222 27 5 4 22 70 37 8 1 9 6 0 2 0 0 1 1 0 0 1 5 2 0 7 8 1 20 0 1 0 34 1 2 7 0 1 0 0 5 3 10 1 28 attributiv pränominal 0 20 2 9 162 11 17 0 22 208 47 13 0 1 1 0 0 2 0 4 0 0 0 0 7 0 2 2 5 0 20 0 0 0 330 0 0 82 3 0 0 0 0 2 2 1 21 postnominal 3 32 12 20 87 6 14 2 10 71 8 9 1 7 3 2 7 2 2 3 0 1 1 2 10 0 0 5 4 2 25 4 2 1 93 2 0 31 2 2 1 1 1 8 5 2 27 247 magnifico magro massiccio meraviglioso meschino mingherlino minuscolo misero mitico modesto molto negativo notevole orrendo orribile parecchio pesante piccino piccirillo piccolo poco positivo profondo prosperoso ridotto ristretto rozzo scarso sgradevole simpatico snello sottile spesso splendido squallido stretto stupendo superbo superiore supremo tanto terribile vasto vile 7 5 5 20 2 1 1 1 3 4 57 29 13 3 1 2 12 12 1 231 27 29 4 1 4 5 2 4 1 35 2 7 1 32 1 12 28 4 1 1 29 8 14 1 1 4 0 7 0 0 0 0 1 2 1 3 0 1 0 0 7 8 1 38 5 1 0 1 0 1 2 0 0 22 1 3 1 11 0 3 16 3 1 0 1 0 2 0 3 1 1 1 0 0 0 1 1 1 56 0 5 1 0 2 1 0 0 124 22 0 0 0 1 0 0 2 0 2 0 1 0 14 1 3 3 0 0 0 28 1 3 1 3 0 4 10 2 1 1 0 1 1 0 26 8 1 1 0 4 4 0 69 0 28 4 0 3 4 0 2 1 11 1 3 0 7 0 6 9 1 0 1 0 7 9 0 248 Anhang C Lexikon Lexikon der Adjektive In diesem Anhang soll die Auswertung des Korpus in Form eines Lexikons erfolgen, und zwar zunächst für die Adjektive, anschließend für die Suffixe. Die Untersuchung erfolgte nur hinsichtlich verschiedener Parameter. Es war nicht das Ziel, vollständige Bedeutungsangaben zu machen, deshalb können lexikalische Feinheiten verloren gehen. Die Unifikationspfeile der LFG bleiben unberücksichtigt. Nicht quantitative oder qualitative Lesarten wurden in der weiteren Untersuchung ausgeklammert. Die betrachteten Adjektive sind polysem - nicht alle Lesarten fallen unter Quantität/Qualität. Es gibt insgesamt kaum Vorarbeiten zu diesem speziellen Thema. Die verschiedenen Lesarten werden durch © getrennt, da ein Adjektiv ja nicht in einem jeweiligen Vorkommen alle Attribute aufweist. Bei quantitativ bewertenden Adjektiven wird eine qualitative Bewertung angegeben, wenn diese durch das Adjektiv geleistet wird. Tritt nur bei manchen Vorkommen des Adjektivs eine qualitative Bewertung auf wird diese durch © markiert. Es soll jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass mehrere Attribute zugleich auftreten können, beispielsweise gleichzeitig (räumliche Ausdehnung) und (Bedeutung, Wichtigkeit, Wert). Wie schon in 4.2.1.3 erwähnt, handelt es sich um stilisierte Lexikoneinträge, die sich auf das Vorkommen im Korpus beschränken. Folgende Abkürzungen finden sich innerhalb der Schemata: BE = Bezugsentität; BWW = Bedeutung, Wichtigkeit, Wert; BW = Bezugswert. Quantitativ + Template für +Pol-Adjektive für Quantität: Erfolgt keine weitere Spezifizierung so ist @quant+ quant+ = (Lage zum BW) = Wert liegt über BW. abbondante ©(Skala I) ©(Skala Ia) @quant+ = Menge = zeitliche Ausdehnung 249 alto ©(Skala I) (Dimension) ©(Skala II) ©(Skalen konkret) ©(Skala III) ©(Skala IV) @quant+ = räumliche Ausdehnung = Vertikale (von unten nach oben) = räumliche Anordnung = {Geldmenge, numerische Skala, Menge} = Intensität = BWW → {Hierarchie(≈räumliche Anordnung)} ampio ©(Skala I) ©(Skalen konkret) ©(Skala II) ©(Skala III) @quant+ = räumliche Ausdehnung = {Geldmenge, übertragen} = Intensität = BWW ebenso vasto caro @quant+ Qualitativ + (Quantitativ +) ©(Skala I) = Geldmenge ©(Skala II) = BWW colossale (Lage zum BW) ©(Skala I) ©(Skala II) ©(Qualität) elevato ©(konkrete Skala) ©(Skala II) = Wert liegt in hohem Maße über BW = räumliche Ausdehnung = BWW = positiv @quant+ = Geldmenge = BWW 250 enorme (Lage zum BW) ©(Skala I) ©(konkrete Skala) ©(Skala II) ©(Skala III) esteso ©(Skala I) estremo (Lage zum BW) ©(Skala I) = Wert liegt maßlos über BW = räumliche Ausdehnung = Menge = Intensität = BWW @quant+ = räumliche Ausdehnung → übertragen = Wert bezeichnet Extremwert über BW = Intensität forte @quant+ ©(konkrete Skalen) = {Materialbeschaffenheit, Menge} ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Fähigkeit/Funktionalität der BE ©(Bewertung) ©(Qualität) = {Ausdrucksstärke, nicht wahrnehmbare Qualität, Körperkraft, Willensstärke} = {positiv, negativ} gigante (Lage zum BW) ©(Skala I) ©(konkrete Skala) ©(Skala II) = Wert bezeichnet Extremwert über BW = räumliche Ausdehnung = Distanz = Intensität 251 gigantesco (Lage zum BW) ©(Skala I) ©(Skala II) = Wert bezeichnet Extremwert über BW = räumliche Ausdehnung = Intensität grande @quant+ ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Distanz, Menge, Geldmenge, Alter, numerische Skala} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → {Fähigkeit/Funktionalität der BE, Hierarchie} ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen Bewertung der BE) ©(Weiterverarbeitung) Bewertung trifft real nicht zu → Ironie ©(Qualität) = {positiv, negativ} grasso @quant+ Quantitativ +/Qualitativ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung (Qualität) = negativ grosso @quant+ ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Geldmenge, Maßeinheit, Menge} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Fähigkeit, Funktionalität der BE immenso (Lage zum BW) ©(konkrete Skala) ©(Skala II) ©(Skala III) = Wert bezeichnet Extremwert über BW = Menge = Intensität = BWW 252 largo ©(Skala) (Dimension) ©(konkrete Skala) ©(Skala II) @quant+ = räumliche Ausdehnung = Horizontale = Menge = Intensität lungo ©(Skala) ©(konkrete Skala) (Dimension) ©(Skala Ia) @quant+ = räumliche Ausdehnung = Distanz = maximale Dimension (von mehreren) = zeitliche Ausdehnung massiccio ©(konkrete Skala) ©(Skala II) @quant+ = Materialbeschaffenheit = Intensität molto ©(konkrete Skala) ©(Skala Ia) ©(Skala II) ©(Skala III) ©(Qualität) @quant+ = Menge = zeitliche Ausdehnung = Intensität = BWW = positiv notevole (Lage zum BW) ©(konkrete Skala) ©(Skala II) ©(Skala III) = Wert liegt bemerkenswert über BW = Geldmenge = Intensität = BWW parecchio (Lage zum BW) ©(Skala Ia) = Wert liegt deutlich über BW = zeitliche Ausdehnung 253 pesante ©(Skala I) (Dimension) ©(Skala II) ©(Skala III) ©(Qualität) @quant+ = Menge = Gewicht = Intensität = BWW = negativ profondo (Dimension) ©(Skala II) @quant+ = Vertikale (von oben nach unten) = BWW prosperoso ©(Skala I) @quant+ = räumliche Ausdehnung spesso ©(Skala I) (Dimension) @quant+ = räumliche Ausdehnung = dritte Dimension (kleiner als Länge u. Breite) stretto!! ©(Skala I) @quant+ = Intensität superiore (Lage zum BW) ©(konkrete Skala) (Dimension) = Wert liegt über BW, lexikalisch Bezug zu einem weiteren Vergleichspunkt = Menge = Vertikale supremo (Lage zum BW) ©(Skala I) (Dimension) = Wert bezeichnet Extremwert über BW = BWW = Vertikale 254 tanto ©(konkrete Skala) ©(Skala Ia) ©(Skala II) @quant+ = Menge = zeitliche Ausdehnung = Intensität Quantitativ Template für -Pol-Adjektive für Quantität: @quantquant- = (Lage zum BW) = Wert liegt unter BW. basso @quant©(konkrete Skalen) = {Geldmenge, numerische Skala} (Dimension) = Vertikale (von unten nach oben) ©(Skala II) = räumliche Anordnung ©(Skala III) = Intensität ©(Skala IV) = BWW → {Hierarchie(≈räumliche Anordnung)} ©(Qualität) = negativ breve ©(Skala Ia) ©(Skala I) ©(Dimension) @quant= zeitliche Ausdehnung = räumliche Ausdehnung = Länge corto ©(Skala I) (Dimension) ©(Skala Ia) @quant= räumliche Ausdehnung = maximale Dimension (von mehreren) = zeitliche Ausdehnung debole ©(Skala II) ©(Bewertung) ©(Qualität) @quant= Intensität = Körperkraft = negativ 255 decente @quant©(konkrete Skalen) = {Menge, numerische Skala} delicato ©(Skala I) ©(Bewertung) discreto (Lage zum BW) ©(konkrete Skala) ©(Skala II) ©(Bewertung) @quant= räumliche Ausdehnung = {Körperkraft, verlangt Feingefühl} = Wert liegt unter BW in einem mittleren Bereich (auf dem Weg zur negativen Qual.) = num. Skala = BWW → {Hierarchie(≈räumliche Anordnung)} = nicht wahrnehmbare Eigenschaft dolce ©(Skala II) (Qualität) @quant= Intensität = positiv fine ©(Skala I) (Dimension) @quant= räumliche Ausdehnung = Horizontale inferiore (Lage zum BW) ©(Skala I) (Dimension) ©(Skala II) = Wert liegt unter BW, lexikalisch Bezug zu einem weiteren Vergleichspunkt = {Geldmenge, Menge} = Vertikale = BWW → Hierarchie 256 insufficiente Qualitativ - (Quantitativ -) (Lage zum BW) = Wert liegt zu weit unter BW ©(konkrete Skala) = Geldmenge ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW (Wert) = liegt auf Skala, wird als "nicht genug" bewertet leggero ©(Dimension) ©(Skala II) ©(Skala III) limitato (Lage zum BW) ©(Skala I) ©(konkrete Skala) @quant= Gewicht = Intensität = BWW = Wert liegt unter BW, Begrenzung = räumliche Ausdehnung = Menge magro ©(Skala I) ©(Skala II) @quant= räumliche Ausdehnung = Intensität mingherlino ©(Skala I) (Qualität) @quant= räumliche Ausdehnung = positiv minuscolo (Lage zum BW) ©(Skala I) misero ©(Skala) = Wert bezeichnet Extremwert unter BW = räumliche Ausdehnung @quant= BWW → Hierarchie 257 modesto (Lage zum BW) ©(Skala) ©(Bewertung) ©(Qualität) = Wert liegt unter BW, Begrenzung = BWW = moralischer Wert = positiv piccino ©(Skala I) ©(konkrete Skala) ©(Skala Ia) ©(Skala II) @quant= räumliche Ausdehnung = Alter = zeitliche Ausdehnung = BWW piccirillo ©(Skala I) @quant= räumliche Ausdehnung piccolo @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Distanz, Geldmenge, num. Skala, Menge} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Hierarchie ©(Qualität) = {positiv, negativ} poco @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Distanz, Geldmenge, Menge} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW 258 ridotto (Lage zum BW) ©(konkrete Skala) = Wert liegt unter BW, lexikalisch Bezug zu einem weiteren Vergleichspunkt = {Menge, Geldmenge, num. Skala} ristretto ©(Skala I) ©(konkrete Skala) ©(Skala II) @quant= räumliche Ausdehnung = Menge = Intensität scarso ©(konkrete Skala) ©(Skala II) (Vagheit) (Wert) @quant= Geldmenge = Intensität sottile ©(Skala I) ©(Dimension) ©(Skala II) ©(Qualität) @quant= räumliche Ausdehnung = Horizontale = Intensität = positiv snello ©(Skala I) ©(Qualität) @quant= räumliche Ausdehnung = positiv stretto ©(Skala I) (Dimension) @quant= räumliche Ausdehnung = Horizontale, Breite vile ©(Skala) @quant= BWW = liegt auf Skala, impliziert Mangel 259 Die Qualitativen: Qualitativ + Template für +Pol-Adjektive für Qualität: Erfolgt keine weitere Spezifizierung so ist @qual+ qual+ = (qual. Bewertung) = positiv. bello @qual+ ©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft, Fähigkeit/Funktionalität der BE} ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen Bewertung der BE) ©((Skala) = {räumliche Ausdehnung, BWW}) ©(Weiterverarbeitung) = positive Bewertung trifft real nicht zu → Ironie ebenso buono bravo @qual+ ©(Bewertung der BE) = {moralischer Wert, Fähigkeit/Funktionalität der BE} ©(Intensivierung einer bereits vorhandenen Bewertung der BE) ©(Weiterverarbeitung) = positive Bewertung trifft real nicht zu → Ironie brillante (Qual. Bewertung) ©(Bewertung der BE) = positiv in hohem Maß = nicht wahrnehmbare Eigenschaft caro @qual+ Qualitativ + (Quantitativ +) ©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, emotiver Wert} ©(Diskursfunktion) = Anrede ©((Skala) = {Geldmenge, BWW}) ©(Weiterverarbeitung) = positive Bewertung trifft real nicht zu → Ironie 260 delizioso @qual+ ©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, nicht wahrnehmbare Eigenschaft} divino (Qual. Bewertung) ©(Bewertung der BE) = positiv in extremem Maß = nicht wahrnehmbare Eigenschaft eccellente (Qual. Bewertung) ©((Skala) = positiv in extremem Maß = BWW) fantastico (Qual. Bewertung) ©(Bewertung der BE) favoloso (Qual. Bewertung) ©(Bewertung der BE) = positiv in hohem Maß = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, nicht wahrnehmbare Eigenschaft} = positiv in hohem Maß = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, nicht wahrnehmbare Eigenschaft, Fähigkeit/Funktionalität der BE} ebenso magnifico fine @qual+ ©(Bewertung der BE) = {moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft} ©((Skala) = räumliche Ausdehnung) glorioso (Qual. Bewertung) ©((Skala) = positiv in hohem Maß = BWW) 261 grandioso (Qual. Bewertung) ©(Bewertung der BE) ©((Skala) ©(Weiterverarbeitung) meraviglioso (Qual. Bewertung) ©(Bewertung der BE) mitico (Qual. Bewertung) positivo = positiv in hohem Maß = moralischer Wert = BWW) = positive Bewertung trifft real nicht zu → Ironie = positiv in hohem Maß = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft, Fähigkeit/Funktionalität der BE} = positiv in hohem Maß @qual+ ebenso splendido simpatico @qual+ ©(Bewertung der BE) = Wirkung stupendo (Qual. Bewertung) ©(Bewertung der BE) = positiv in hohem Maß = Wirkung superbo (Qual. Bewertung) = positiv in extremem Maß Qualitativ Template für -Pol-Adjektive für Qualität: Erfolgt keine weitere Spezifizierung so ist @qualqual- = (qual. Bewertung) = negativ. 262 brutto @qual©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft} ©((Skala) = {num. Skala, Intensität}) ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen negativen Bewertung der BE) cattivo @qual©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft, Fähigkeit/Funktionalität der BE, Auswirkungen der BE} deludente @qual©(Bewertung der BE) = nicht wahrnehmbare Eigenschaft infernale (Qual. Bewertung) = negativ in hohem Maße ebenso orrendo, orribile, terribile insoddisfacente (Qual. Bewertung) = negativ, in einem Maße, welches nicht als ausreichend angesehen wird insufficiente Qualitativ - (Quantitativ -) (Qual. Bewertung) = negativ, in einem Maße, welches nicht als ausreichend angesehen wird ©((Skala) = {räumliche Ausdehnung, Intensität, BWW}) ©((Lage zum BW) = Wert liegt zu weit unter BW)) meschino @qual©(Bewertung der BE) = moralischer Wert negativo @qual- ebenso squallido 263 rozzo @qual©(Bewertung der BE) = Elaboration sgradevole @qual©(Bewertung der BE) = Wirkung Lexikon der modifizierenden Suffixe Die Untersuchung erfolgte analog zu der der Adjektive. Die verschiedenen Lesarten werden durch © getrennt, da nicht ein Suffix in einem jeweiligen Vorkommen alle Attribute aufweist. Es soll jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass mehrere Attribute zugleich auftreten können, beispielsweise gleichzeitig (räumliche Ausdehnung) und (Bedeutung, Wichtigkeit, Wert). Abkürzungen innerhalb der Schemata: BE = Bezugsentität; BWW = Bedeutung, Wichtigkeit, Wert; BW = Bezugswert Quantitativ + Template für +Pol-Suffixe für Quantität: Erfolgt keine weitere Spezifizierung so ist @quant+ quant+ = (Lage zum BW) = Wert liegt über BW. -one @quant+ ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Distanz, Menge, Geldmenge} ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Fähigkeit/Funktionalität der BE ©(Qualität) = {positiv, negativ} 264 -otto @quant+ Quantitativ+ und Quantitativ-147 ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = Alter ©(Skala II) = Intensität ©(Qualität) = negativ Quantitativ Template für -Pol-Suffixe für Quantität: @quantquant- = (Lage zum BW) = Wert liegt unter BW. -acchio ©(Skala III) (Qualität) @quant= BWW = negativ -ello @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = Distanz ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW ©(Qualität) = {positiv, negativ} -etto @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Alter, Distanz, Menge} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW ©(Qualität) = {positiv, negativ} ©(Weiterverarbeitung) Bewertung trifft real nicht zu → Ironie 147 Es muss kontextuell gedeutet werden, ob Diminutiv oder Augmentativ vorliegt. 265 -icchio ©(Skala I) ©(Qualität) @quant= räumliche Ausdehnung = negativ -ino @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = {Alter, Distanz, Geldmenge, Menge} ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Skala II) = Intensität ©(Skala III) = BWW → Fähigkeit, Funktionalität als X ©(Qualität) ©(Weiterverarbeitung) = {positiv, negativ} Bewertung trifft real nicht zu → Ironie -(u)olo @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = Alter ©(Skala Ia) = zeitliche Ausdehnung ©(Qualität) = positiv -otto @quantQuantitativ+ und Quantitativ-148 ©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = Alter ©(Skala II) = Intensität ©(Qualität) = negativ -uccio @quant©(Skala I) = räumliche Ausdehnung ©(konkrete Skalen) = Geldmenge (Qualität) = positiv Es wird hier nur das Auftreten im Korpus angegeben, eigentlich ist für -uccio {positiv, negativ} möglich. 148 Es muss kontextuell gedeutet werden, ob Diminutiv oder Augmentativ vorliegt. 266 -uncolo @quant©(konkrete Skalen) = ?? (Qualität) = negativ Das Suffix tritt im Korpus nur nicht-konkret auf. Qualitativ Template für -Pol-Suffixe für Qualität: Erfolgt keine weitere Spezifizierung so ist @qualqual- = (qual. Bewertung) = negativ. -accio @qual©(Bewertung der BE) = {Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft, moralischer Wert, nicht wahrnehmbare Eigenschaft} ©(Verstärkung/WDH einer bereits vorhandenen negativen Bewertung der BE) -aglio @qual©(Bewertung der BE) = moralischer Wert -astro @qual©(Bewertung der BE) = Aussehen o. wahrnehmbare Eigenschaft -azzo @qual©(Bewertung der BE) = nicht wahrnehmbare Eigenschaft 267 8. Literaturverzeichnis Alberti, Claudia et al. (1991): La donzellétta vien dalla donzèlla. Dizionario delle forme alterate della lingua italiana. Bologna: Zanichelli. Alinei, Mario (1962): Dizionario Inverso Italiano. The Hague: Mouton. Allan, Keith (1980): Nouns and countability. Language 56(3), 541-567. Aronoff, Mark (1976): Word Formation in Generative Grammar. Cambridge, Mass.: MIT Press. 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