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Aus: Zimmermann, Dominic (Hrsg.) (2015). Vom Aufwachsen und Altern in der Hochhaussiedlung. Sozialräumliche Analysen der Lebensqualität von SenorInnen und raumbezogener Identität Jugendlicher im Berner Quartier Wittigkofen. Forschungsberichte der Gruppe Kulturgeographie, hrsg. von Doris Wastl-Walter. Geographisches Institut der Universität Bern, S. 4 - 29. Einleitung: Quartiere als Forschungsgegenstand und das Berner Quartier Wittigkofen Dominic Zimmermann Die in diesem Forschungsbericht versammelten zwei Abschlussarbeiten entstanden im Rahmen des Bachelorarbeitsprojekts „Sozialraumananalyse Wittigkofen“ zwischen 2013 und 2014 in der Gruppe Kulturgeographie am Geographischen Institut der Universität Bern. Sie untersuchen Bedeutungen des Berner Hochhaus- und Stadtrandquartiers Wittigkofen für Ihre Bewohnerinnen und Bewohner in sozialräumlicher Perspektive – einmal aus der Sichtweise von Jugendlichen, einmal aus dem Blickwinkel von Seniorinnen und Senioren. Damit fügen sich diese Arbeiten in eine lange Reihe von sozial- und raumwissenschaftlichen Arbeiten zu (meist städtischen) Quartieren ein, von denen jedoch die wenigsten explizit als „Quartierforschung“ verfasst wurden. In dieser Einleitung soll zuerst auf den Erkenntnisgegenstand Quartier eingegangen werden, darauf aufbauend die den beiden Arbeiten zugrunde liegende Quartierdefinition des Sozialgeographen Olaf Schnur erläutert und schliesslich das Quartier Wittigkofen und die beiden Bachelorarbeiten vorgestellt werden. Quartiere und Quartierforschung Obwohl Quartiere häufig und bereits seit den Anfängen moderner sozialwissenschaftlicher Forschung Gegenstand oder zumindest Schauplatz empirischer Untersuchungen gewesen sind und somit zur Produktion von Analysen des städtischen Lebens bis hin zu gesamtgesellschaftlichen Diagnosen einen gewichtigen Teil beigetragen haben – man denke beispielsweise an Engels Untersuchungen zu prekären Arbeiterquartieren 1 – ,stand die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Quartieren lange unter der Ägide der Stadtforschung 2 (vergl. Schnur 2014). Es war in der Regel, wie auch heute nicht unüblich, die Forschung über die Stadt, von der aus auf das Quartier geschlossen wurde (Drilling 1 Zu nennen sind insbesondere Engels Werke „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ (1845) über die menschenunwürdigen Lebensbedingungen des verarmten Proletariats und “Zur Wohnungsfrage“ (1872). In beiden Werken werden Wohnumfeld und die kapitalistische Gesellschaftsordnung miteinander in Beziehung gesetzt. 2 Eine Ausnahme davon bilden die Neighbourhood-Studies und Gemeindestudien (community studies) sowie neue kulturgeographische Studien (vergl. Schnur 2014). 5 2014: 77-79). Quartierforschung über die Untersuchung gesamtstädtischer Dynamiken zu betreiben birgt jedoch die Gefahr, Quartiere zu zwar durchaus dynamischen, aber homogenen Behältnissen städtischen Lebens zu machen, wie die klassischen human- resp. sozialökologischen Untersuchungen zu ethnischsegregierten Quartieren der Chicago School beispielhaft aufzeigen. Homogenisiert die Stadt(struktur)forschung Quartiere in ihrer Bedeutung für und Nutzung durch die Bewohnerinnen und Bewohner, so wird sie Globalisierungs- und Individualisierungsprozessen und der damit verbundenen Pluralisierung von Lebensstilen und der Ausdifferenzierung von Lebenslagen an ein und demselben Ort nicht gerecht. Wie Albrow (1997: 309) festhält, können in einer Gesellschaft, deren neuer Modus der Vergesellschaftung von Netzwerken bestimmt wird (Castells 1996), die Soziosphären von Menschen (verstanden als ihre sozialen Handlungsräume, Interessenssphären und sozialen Netzwerke) an einem bestimmten Ort höchst unterschiedlich sein. So können die Soziosphären einiger Quartierbewohnerinnen und -bewohnern auf vielfältige Weise transnational und divers sein, während diejenigen anderer Bewohnerinnen und Bewohnern des gleichen Quartiers (nicht zuletzt aufgrund der kulturellen und finanziellen Ressourcenausstattung oder eingeschränkter körperlicher Mobilität 3) stark lokal sind. Die verschiedenen sozialen Netzwerke am gleichen Ort müssen sich nicht zwingend überlappen 4. “For each person who is viewing other people there can only be a very partial idea of the relevance of locality for others' sociospheres“ (S. 52). Albrow vertritt die Ansicht, dass nicht nur bauliche Nachbarschaften keine Behältnisse für soziale Nachbarschaften, sondern Quartiere auch keine lokalen Gemeinschaften sind; Gemeinschaften sind für ihn translokal und deterritorialisiert. Folglich werden die sozialen Praktiken der Quartierbewohnerinnen und -bewohner auch nicht durch ihre Wohnquartiere bestimmt, vielmehr werden die sozialen Landschaften (socioscapes) an diesen Orten durch räumlich weit entfernte Praktiken mitgeformt. Quartiere sind entsprechend weder in ihrer Nutzung noch in ihrer Bedeutung homogen. Doch macht Quartierforschung unter diesen Bedingungen überhaupt noch Sinn? Machen nicht die Ausbreitung von virtuellen Räumen, (Hyper-)Mobilität und Transnationalisierung als Bestandteile der fortschreitenden Globalisierung einerseits 3 Obwohl Seniorinnen und Senioren nicht einfach eine immobile oder wenig vernetzte Gruppe darstellen, stellt die Alterung der Bevölkerung im Rahmen des 2. Demographischen Übergangs spannende Fragen in Bezug auf die Wichtigkeit von kleinräumigen Quartieren für die Entwicklung von Städten und Gesellschaft. Hier knüpft die Abschlussarbeit von Fabienne Herzog an. 4 Albrow beschreibt vielmehr ein Neben- als ein Miteinander: „Dem konkreten (Wohn-) Ort kommt keine tiefere Bedeutung zu, als der Punkt zu sein, an dem die einzelnen ‚Soziosphären die Erde buchstäblich berühren“ (Albrow, 1997 in Adam 2005: 44), und an dem sich verschiedene Soziosphären lediglich kreuzen. „They inhabit spheres of social life which intersect at the locality they occupy for the moment without ever interfering with each other. This is why the image of the sphere is appropriate: sociospheres have orbits which cross in space but never touch. It is the polar opposite of the idea of the functionally integrated community. The only single overarching social unit to comprise them is world society itself. Their traces in any one locality may be virtually invisible“ (Albrow 1997). 6 und angesichts zunehmender Individualisierungstendenzen andererseits die Beschäftigung mit Quartieren obsolet? Einer weitgehenden Bedeutungslosigkeit des Raums, wie sie beispielsweise Albrow postuliert (vergl. auch Graham 1998), wird entgegengesetzt, dass – ganz im Gegenteil – die Beschäftigung mit (Nah-)Raum und Räumlichkeit in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und Politikfeldern spätestens seit den 1990er-Jahren zugenommen hat (vergl. Kessl/Reutlinger 2010) 5. Der Annahme, dass Distanzen immer müheloser überwunden werden können und digitale Kommunikationsmittel den Raum relativieren, wird entgegnet, dass die technischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte nicht zu einer Bedeutungslosigkeit sondern einer Neuordnung des Räumlichen geführt haben. „Vom Raum ist in den letzten Jahrzehnten in veränderter Form die Rede: Dabei werden politische Regulierungen und soziale Sicherheitssysteme nicht mehr nur über den nationalstaatlichen Raum bestimmt. Vielmehr werden andere Räume wie beispielsweise der lokale, regionale, transnationale und supranationale Raum einflussreicher.“ (Kessl/Reutlinger 2010: 13). Im Zuge dieser Neujustierung der Raumordnung, welche sich unter der Ägide neoliberaler „Therapiemassnahmen“ vollzieht – Liberalisierung, Deregulierung, Devolution und Empowerment – und entsprechend mit einem Um- und Abbau nationaler sozialstaatlicher Sicherungssysteme einhergeht, wird insbesondere dem lokalen Nahraum und damit auch dem Quartier eine neue Bedeutung zugemessen. Einerseits als Antwort auf Kritiken an einer übertriebenen und starren Funktionalisierung und Bürokratisierung sozialer Hilfeleistungen, andererseits als Antwort auf die Zunahme räumlich ausgeprägter sozialer Ungleichheit in der postfordistischen Stadt (d.h. auf das Auseinanderdriften von benachteiligten und privilegierten Stadtteilen und auf die Entwicklung von sogenannten Problemquartieren 6, vergl. Reutlinger 2005), haben weit verbreitete administrative 5 Die erstarkte Aufmerksamkeit, die Raum und Räumlichkeit in verschiedenen Politikfeldern gegeben wird, geht einher mit einer Verräumlichung der Wirklichkeitsdeutungen in den Geistes- und Sozialwissenschaften, welche häufig als „spatial turn“ (Soja 1986) bezeichnet wird, und die als Resultat der Wahrnehmung gesellschaftlicher Segmentierungsprozesse sowie einer damit verbundenen veränderten Konstitution von Sozialräumen verstanden werden kann. Bezüge des physischen zum sozialen Raum des fordistischen Akkumulationsregimes haben sich verändert und dadurch sind nicht nur Veränderungen der gesellschaftlichen sondern auch der räumlichen Struktur zu Tage getreten (vergl. Werlen/Reutlinger 2005). Der Spatial Turn ist jedoch nicht unhinterfragt geblieben, da er bisweilen suggeriert, dass die Soziawissenschaften vor dem Turn raumblind gewesen seien. Letzterem würde aber bereits ein kurzer Blick in die Arbeiten von soziologischen Klassikern wie Durkheim oder Simmel widersprechen. 6 Für eine gegenwärtig zunehmende Bedeutung kleinräumiger sozialer Strukturen in Städten sprechen auch zentrale Befunde zunehmender Fragmentierung und sozialräumlicher Polarisierung aus der Stadtstruktur- und Segregationsforschung, welche die wissenschaftliche Grundlage der beschriebenen Fokussierung auf lokale Räume im Sozialbereich bilden: „In den letzten Jahren erleben wir […] eine Verstärkung der sozial-räumlichen Unterschiede zwischen Stadtgebieten, die besonders der sozialen Segregation einen neuen Stellenwert gibt: Es kommt zu einer anwachsenden Polarisierung zwischen Stadtgebieten. Gebiete, die von einer Bevölkerung mit hohem Einkommen geprägt sind, werden zudem wohlhabender, und Stadtgebiete mit Bewohnern mit geringerem Einkommen weiten sich in der Fläche aus und werden ärmer.“ (Friedrichs 1999: 265) 7 Reformen im Sozialbereich dazu geführt, dass einst adressatenorientierte bzw. nach Verwaltungsbereichen geordnete Zuständigkeiten für die soziale Sicherung neu auf soziale Nahräume ausgerichtet worden sind. Sozialstaatliche Ressourcen werden somit vermehrt ortsbezogen gebündelt, da der örtlichen Gemeinschaft, bzw. dem lokalen Sozialkapital, ein besonderer Wert für die Lösung sozialer Probleme zugeschrieben wird. „Die Hinwendung weg von bestimmten von bestimmten AdressatInnen bzw. Zielgruppen hin zu bestimmten Territorien liegt seit den 1990er Jahren im Trend vom wissenschaftlichen und stadtentwicklungspolitischen Diskurs: Das Wohnquartier als sozialräumliche ‚Einheit‘ gewinnt einen immer grösser werdenden Stellenwert.“ (Reutlinger 2005: 102) Im deutschsprachigen Raum wurde die Restrukturierung kommunaler sozialstaatlichen Engagements paradigmatisch unter dem Steuerungsprinzip Sozialraumorientierung (vergl. Hinte/Treeß 2007) vorgenommen. Mit einer Verräumlichung sozialer Problemlagen und einer Konzentration auf soziale Nahräume und lokale Gemeinschaften geht jedoch auch die Gefahr einher, dass räumlichen Disparitäten zum „Regulationsproblem lokaler Bürgerarbeit“ (Böhnisch/Schroer 2005: 38) werden, was sich rasch zur Formel verkürzt, dass die Probleme auch dort gelöst werden sollen, wo sie auch auftauchen. Ein viel diskutiertes Beispiel für die Verräumlichung von Sozialpolitik im deutschsprachigen Raum ist das auf benachteiligte Stadtquartiere ausgerichtete Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt“ des deutschen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie den Bundesländern. In der Schweiz nimmt die Stadt Zürich eine Pionierrolle der sozialraumorientierten Arbeit ein (Krucher 2013), doch auch in der Stadt Bern hat die Beschäftigung mit Nahräumen als Steuerungsgrösse im Sozialbereich Einzug gehalten. So betreibt die Fachstelle Sozialplanung das „Monitoring sozialräumliche Stadtentwicklung“ und organisiert Stadtteilkonferenzen, deren Ziel es ist, „für die Stadtteile aktuelle soziale Themen zu beurteilen und Entwicklungen in den Quartieren früh zu erkennen“ (Stadt Bern 2015). Nicht nur in der Sozialpolitik, ebenso in der flexibilisierten Fiskal- und Wirtschaftspolitik hat das Lokale an Bedeutung gewonnen. Im bisweilen globalen Wettbewerb um potente Steuerzahlende werden Quartiere mit besonderen Entwicklungsmöglichkeiten zu Assets und zu Werkzeugen des Stadtmarketings. Prominentes Beispiel hierfür sind sogenannte Kreativquartiere, deren Entwicklungsleitlinien sich auf Landrys Creative City (Landry/Bianchini 1995) beziehen. Dabei soll in Quartieren unter anderem durch die Kleinräumigkeit die 8 notwendigen Bedingungen geschaffen werden, dass sich Kreativität und die Kreativökonomie entwickeln können. Eine verstärkte Hinwendung zum Lokalen und Klein- bis Kleinsträumigen wird zuweilen auch als Identitäts- und Orientierungsstrategie im Rahmen der „Krise des Nationalstaats“, respektive – etwas weniger dramatisch ausgedrückt – im Rahmen von Bedeutungs- und Funktionsveränderungen des Nationalstaats, und der Infragestellung gängiger Werte und Normen verstanden (vergl. Knox et al. 2008). Das heisst, die starke Orientierung am Nationalstaat als absolute Bezugsgrösse gesellschaftlichen Handelns und damit verbundene Wertvorstellungen werden brüchig und teilweise von neuen räumlichen Identitätsbezügen abgelöst; unter anderem kommt es zu einem Rückzug ins Kleinräumige (Böhnisch/Schroer 2005), so die verbreitete Zeitdiagnose. Dieser Rückzug kann in dieser Logik als Antwort auf ein Bedürfnis nach Überschaubarkeit gedeutet werden und als wichtige Ressource für Verortungsprozesse, in denen „Zugehörigkeit, Anerkennung und Vertrauen in einer Mischung aus heterogenen sozialen und dinglichen Bezügen hergestellt werden.“ (Strauss 2002/2005). Bei diesen Verortungsprozessen hat der lokale Nahraum einen wichtigen Stellenwert als identitäre Gegenstrategie zur Globalisierung. Auch in der Stadt- und Arealplanung hat Kleinräumigkeit wieder an Bedeutung gewonnen. Die Zeit funktionaler Entflechtung ist bereits seit geraumer Zeit passé und beispielsweise mit den Ideen des New Urbanism, welcher passend zum gerade erwähnten identitären Rückzug ins Kleinräumige erneut die Idee urbaner Dörfer propagiert (vergl. Vogelpohl 2014), mit der Stadt der kurzen Wege (Kemper/Kulke/Schulz 2012, Wegener 1994) oder mit genossenschaftlichen Wohnprojekten, welche alternative Wohnformen mit dezidiert mehr räumlicher und sozialer Nähe anstreben, sind Nahräume wieder zentral geworden. 7 Zahlreiche Initiativen zur Stärkung lokaler Produktion 8 oder zur Förderung von Nachbarschaftshilfen 9 sind in den letzten Jahren entstanden. Auch Urban Gardening als attraktive Freizeitbeschäftigung Ökologie-bewusster Stadtbewohnerinnen und – bewohner, die sich wieder mehr Verwurzelung wünschen, kann als Strategie gegen den befürchteten Verlust von Identität und Orientierung in der globalen Gesellschaft 7 Prominente Schweizer Beispiele für die Suche nach mehr Zusammenleben anstelle des blossen Nebeneinander-Wohnens sind beispielsweise das genossenschaftliche Projekt „Mehr als Wohnen“ in Zürich oder die Aktivitäten des Vereins „Neustart Schweiz“. 8 Wie beispielsweise die ursprünglich aus Italien stammenden Initiativen „Slow Food“ und „Slow Cities“. 9 Ein Berner Beispiel ist die Initiative „Pumpipumpe“ (Dialekt für „Fahrradpumpe borgen/leihen“), in dem daran teilnehmende Quartierbewohnerinnen und –bewohner durch kleine Aufziehbildchen mit Symbolen für Gebrauchsgegenstände am eigenen Briefkasten aufkleben und dadurch darauf aufmerksam machen, dass sie gewillt sind, die abgebildeten Gegenstände (wie etwa eine Bohrmaschine oder eben eine Fahrradpumpe) Nachbarinnen und Nachbarn zu leihen. Damit soll neben einem ökologischen Nutzen ein Beitrag geleistet werden, Menschen im Quartier miteinander in Kontakt zu bringen. 9 verstanden werden 10. Es lässt sich zusammenfassend festhalten, dass lokale Bezüge für das Zusammenleben und dessen gesellschaftliche Organisation und damit auch Quartiere durch Globalisierungs- und Individualisierungstendenzen nicht partout an Bedeutung verloren haben. Vielmehr haben Lokalräume neue Bedeutungen erhalten, bisweilen wird der lokalen Massstabsebene sogar mehr Aufmerksamkeit geschenkt als in der Vergangenheit. Dennoch ist das Leben „vor Ort“ und der Stellenwert des Quartiers bei weitem nicht nur lokal bestimmt. Quartierleben kann heute gleichzeitig global vernetzt wie lokal verankert sein. Globalität und Lokalität sind ineinander verschränkt 11; lokale Phänomene, die unter globalem Einfluss entstehen, können zur Heterogenität des Lokalen führen (Drilling 2014: 81, Robertson 1995), und je nach Quartier, raumbezogener Governance und Soziosphären der Quartiernutzenden haben Globalität und Lokalität einen anderen Stellenwert. Neben der Tatsache, dass trotzt medialer Vernetzung das physische Nebeneinander weiterbesteht, sind es u.a. verstärkte sozialräumliche Disparitäten, auf räumliche Nähe ausgelegte Produktionsweisen der Kreativwirtschaft, neue Diskurse um Nah(-Raum), und entsprechende Praktiken sowie Governance-Techniken wie das Steuerungsprinzip Sozialraumorientierung, die dem Quartier weiterhin eine wichtige Bedeutung für die gesellschaftliche Organisation verleihen. Angesichts der gegenläufigen Tendenzen von Vernetzung und Verräumlichung sollten Sozialraumanalysen unterschiedliche Massstabsebenen einbeziehen. Bleiben wie eingangs erwähnt Analysen zum Leben in der Stadt jedoch auf die gesamtstädtischen Massstabsebene beschränkt, bleiben auch zahlreiche soziale Praktiken, die lokale Nahräume wie Quartiere als sinnhafte Gebilde erst erfahrbar machen, zu einem weiten Teil für die Analyse unzugänglich. Um die Bedeutung lokaler Nahräume und kleinräumlicher Konfigurationen (in Überlokalen bis globalen Kontexten) für unterschiedliche Bewohnerinnen und Bewohner sozialräumlicher Analysen sichtbar zu machen, hat das Quartier als eigenständiger Forschungsgegenstand und als zu beachtende Massstabsebene seine Berechtigung. Angesichts der Rolle, die Quartiere gegenwärtig in der Sozialplanung und der Sozialen Arbeit, insbesondere in der Gemeinwesenarbeit, im Quartiermanagement und in sozialraumorientierten Ansätzen spielen, ist ein vertieftes Verständnis von Quartieren zudem fundamental um sozialem Ausschluss durch sozialstaatliches Handeln vorzubeugen und entgegen zu wirken. Mit der hier vorgeschlagenen Interpretation von Urban Gardening als Strategie raumbezogener Identität sollen jedoch nicht andere Dimensionen von Urban Gardening z.B. als Subsistenzstrategie oder als Antwort auf ökologische Probleme industrialisierter Nahrungsmittelproduktion ausgeschlossen werden. 11 Was Robertson (1995) mit dem aus Locality und Globality geschaffenen Neologismus „Glocality“ bezechnet. Aus “local” und "global" wird “glocal“. 10 10 Wohnquartiere als unscharf konturierte Mittelpunktorte Wie Schnur in seinem Überblick zur Quartierforschung zeigt, gibt es weder zum Begriff Quartier noch zu den geläufigen angelsächsischen Bezeichnungen neighbo(u)rhood oder community einheitliche oder breit abgestützte Definitionen (Schnur 2014: 47, vergl. Filep 2015). Konsens aller Definitionen scheint lediglich zu sein, dass Quartiere (wie auch neighbourhoods und communities) eine soziale und/oder räumliche Einheiten sind, die grösser als ein Haushalt und kleiner als eine Stadt sind (vergl. Galster 1986: 243, vergl. Hunter 1979: 270, Schnur 2014: 38). Doch das Denken von Quartieren als „Einheiten“ leistet der Verdinglichung des Quartiers als Containerraum und der Beschränkung von Analysen auf einzelne Massstabsebenen Vorschub. Beides wird sowohl Vernetzungs- wie Verräumlichungsprozessen nicht gerecht. Doch wie sollen Quartiere gedacht werden, wenn nicht einfach als Unterteilungen des gesamtstädtischen Raums? Eine Strategie kann sein, Quartiere von den Konstitutionsleitungen durch die Handelnden her zu konzipieren. Schnur entwickelt in Abgrenzung zu Verständnissen von Quartieren als Containerräumen und in Berücksichtigung sozialkonstruktivistischer und relationaler Raumkonzepte sowie von subjektiven, symbolischen und materiellen Aspekten folgende Definition des Wohnquartiers: Ein Quartier ist ein kontextuell eingebetteter, durch externe und interne Handlungen sozial konstruierter, jedoch unscharf konturierter MittelpunktOrt alltäglicher Lebenswelten und individueller sozialer Sphären, deren Schnittmengen sich im räumlich-identifikatorischen Zusammenhang eines überschaubaren Wohnumfelds abbilden. (Schnur 2014: 43) Diese Definition bietet eine handlungstheoretisch fundierte Synthese von Quartierdefinitionen anderer Autorinnen und Autoren und ist dementsprechend umfassend, was den Vorteil hat, dass sie ein möglichst facettenreicher Blick auf den Erkenntnisgegenstand Quartier erlaubt. Aus diesem Grund stützen sich auch die beiden hier versammelten Abschlussarbeiten auf sie. Quartiere werden von Schnur durch soziale Handlungen konstruiert begriffen: d.h. die Quartierräume existieren nicht einfach und werden dann mit menschlichem Leben gefüllt, sondern welche Form Quartiere haben und welche Qualitäten sie ausmachen, wurde und wird durch verschiedenste Akteurinnen und Akteure konstruiert und rekonstruiert. Die Konstruktionsleistungen durch Architektinnen, Architekten und Bauunternehmungen sind besonders gut sichtbar, doch auch andere Expertinnen und Experten wie Raum- und StadtplanerInnen, KartografInnen, HistorikerInnen, KommunalpolitikerInnen, VerteterInnen von Quartiervereinen usw. sind in die Konstruktion involviert (z.B. wenn administrative Quartiergrenzen gezogen werden, 11 Quartiere auf Plänen eingezeichnet werden, die Geschichte eines Quartiers niedergeschrieben wird oder Interessen der Anrainer eingebracht werden). Und es sind natürlich nicht zuletzt die Quartiernutzerinnen und –nutzer, die sich das Quartier durch ihre alltäglichen Handlungen aneignen, sowie zahlreiche andere Menschen, die sich irgendwie in ihrem Tun auf das Quartier beziehen und dabei mitaushandeln, was das Quartier ausmachen soll. Möglicherweise reproduzieren all diese Akteurinnen und Akteure dabei lediglich bereits bestehende Vorstellungen und Nutzungen des Quartiers, möglicherweise gehen sie jedoch darüber hinaus und verändern es, vielleicht spektakulär und konfliktreich oder womöglich ganz unmerklich. Schnur hebt in seiner Definition die kontextuelle Einbettung von Quartieren hervor. Wie auch Anne Vogelpohl in Ihrer Definition von Quartieren als Place hervorhebt12, sind Quartiere „also nicht als neutrale Rahmen für lokale Prozesse, sondern sind als Teil städtischer Gesellschaften zu konzipieren“ (Vogelpohl 2014: 73–74). Quartiere sind wie bereits weiter oben erwähnt über vielfältige physische und soziale Netzwerke mit anderen Orten verwoben. Was ein bestimmtes Quartier und das Leben in diesem Quartier ausmacht, wird teilweise durch Akteure an ganz anderen Orten und Institutionen unterschiedlicher räumlicher Ausprägung mitbestimmt. 13 So mag beispielsweise die Einbettung in einen angespannten Immobilienmarkt oder das Vorhandensein bestimmter Präferenzen für bestimmte Wohnungstypen oder Wohnorte die Preise im Quartier beeinflussen und damit gewisse Menschen und Nutzungen ausschliessen oder begünstigen. Kommunale bis nationale Wohnbauförderungspolitiken, globalisierte Wohntrends oder beispielsweise regionale Investment-Strategien bestimmen so das Quartier mit. 14 Weiter ist ein Quartier nach Schnur ein „Mittelpunkt-Ort alltäglicher Lebenswelten und individueller sozialer Sphären“ (S. 43). Quartiere als Mittelpunkt-Orte zu verstehen bedeutet nicht zwingend, dass sie auch räumlicher und zeitlicher Lebensmittelpunkt Ihrer Bewohnerinnen und Bewohner sein müssen. Vielmehr sind es gemäss Schnur Orte, an denen sich alltägliche Lebenswelten (d.h. im Alltag 12 „Die Herstellung von Places basiert sowohl auf physischen, sozialen und symbolischen Wechselwirkungen, wobei ein besonderer Fokus auf Subjektivität und emotionale Bezüge gelegt wird“ (Vogelpohl 2014: 65). Die Definition von Quartieren als Place, um Quartiere möglichst ganzheitlich in der Bedeutung für seine Bewohnerinnen und Bewohner zu erfassen, würde sich auch für das vorliegende Bachelorarbeitsprojekt anbieten. Dieser Zugang zum Quartier weist starke Überschneidungen mit der hier vorgestellten Definition von Schnur auf. 13 Places und damit Quartiere sind nicht nur als räumlich sondern auch als zeitlich relational zu begreifen: So wird das Quartier von früheren materialisierten oder erinnerten Handlungen beeinflusst und auch zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten können einen gewichtigen Anteil am Quartier haben; beispielsweise wenn feststeht, dass es in einem Jahr plattgewalzt werden soll um einer viel teureren Neubausiedlung Platz zu machen. 14 Zwei der anschaulichsten und prominentesten Beispiele der letzten zwei Jahrzehnte liefert die Gentrifizierung zahlreicher Innenstädte (Friedrichs/Kecskes 1996, Holm 2010) oder der Stadtumbau Ost, bei dem grosse Areale in ostdeutschen Städten aufgrund von Bevölkerungsverlusten rückgebaut werden (vergl. Kühn/Liebmann 2009). 12 gemachte Vorstellungen und Erfahrungen der Welt 15 (Husserl/Ströker 2012)) verschiedenster Akteurinnen und Akteure treffen und allenfalls teilweise überlappen, und an denen sich Ihre Soziosphären (Albrow 1997) kreuzen. Im Quartier vollziehen sich verschiedenste soziale Handlungen, welche einerseits das Quartier mitkonstituieren, andererseits auch die Erfahrungen und Vorstellungen der Welt der Bewohnerinnen und Bewohner und das Wissen über die eigene Position in dieser Welt mitbestimmen. Einfacher ausgedrückt: Wer im Oberschichtsquartier wohnt und im zentralen Geschäftsviertel arbeitet, macht andere Bekanntschaften und andere Erfahrungen der Welt. Er oder sie erlebt auch sich selbst anders, als wer seinen Lebensmittelpunkt im marginalisierten Stadtrandquartier hat. In Schnurs Definition sind Quartiere „unscharf konturiert“ (S. 43). Topographisch unscharf konturiert sind Quartiere, da Quartiergrenzen im Alltagsleben nicht einfach klar festgelegt sind. Auch wenn häufig ein ungefährer Konsens darüber besteht, wo sich Quartiere befinden, sind ihre Grenzen eher oszillierend, je nach Person und je nach Handlungskontext verschieben oder überlappen sie sich. „Ein so verstandenes Quartier weist neben einer kleinen gemeinsamen Schnittmenge („Kern“) einen Randbereich permanent oszillierender Quartiers-Grenzräume auf […] Aus der Summe subjektiver ‚Quartiers-Layer‘ könnten sich an manchen Orten Schnittmengen oder Schwerpunktverdichtungen ergeben […] die dann de facto den Kern eines Quartiers ausmachen würden.“ (Schnur 2014: 43–44) Auch in der Optik sozialer Sphären und sozialer Netzwerke sind die Quartiere unscharf definiert. Schnur verweist hier auf das Prinzip der Fuzzylogik: Den Prinzipien der FuzzyLogik folgend haben wir es hier mit einer [raumzeitlich, Anm. DZ] ‚unscharfen Menge‘ zu tun, d.h. es geht nicht mehr darum, ob sich etwas (z. B. eine individuelle Soziosphäre im Sinne von Albrow [2007]) diskret innerhalb oder außerhalb einer Menge (z. B. des Quartiers) befindet, sondern dass es sich auch gleichzeitig ‚ein bisschen drinnen‘ (z. B. über Nachbarschaftsnetzwerke) und ‚ein bisschen draußen‘ (z.B. translokale oder dislozierte soziale Netzwerke ohne Quartiersbezug) befinden kann. (Schnur 2014: 44) Raum wird von Schnur als sozialen Prozessen nachgelagert begriffen und Quartiere werden dementsprechend nicht als Containerräume (z.B. im Sinne von klar begrenzten administrativen Räumen in denen sich soziale Prozesse abspielen) betrachtet. Vielmehr ist die Verzahnung der Quartiere mit anderen Räumen durch 15 Husserl definierte 1936 die „Lebenswelt“ als „[…] raumzeitliche Welt der Dinge, so wie wir sie in unserem vor- und außerwissenschaftlichen Leben erfahren und über die erfahrenen hinaus als erfahrbar wissen“ (Husserl/Ströker 2012). 13 quartierübergreifende Netzwerke und Gegebenheiten auf unterschiedlichen Massstabsebenen mitzudenken, wodurch sie „fuzzy“ werden. Schliesslich bezeichnet Schnur das Quartier als „räumlich-identifikatorischen Zusammenhang“. Räumliche Identifikation bzw. Identität kann verschiedene Dimensionen beinhalten (Weichhart 1990). So können Identifikationsprozesse die Identitäten des Quartiers selbst wie sie von In- oder Outsidern dem Quartier zugedacht werden, Identitäten die sozialen Gruppen aufgrund der Verortung in ein bestimmtes Quartier zugeschrieben werden oder die persönliche Verbundenheit und Identifikation mit dem Quartier gemeint sein. Als Bestandteil der bereits erwähnten sozialen Konstruktion von Quartieren als Place hat die Herstellung dieses räumlichidentifikatorischen Zusammenhangs soziale, physisch-materielle wie symbolische Komponenten: „Quartiere resultieren aus Verortungen sozialer Beziehungen und von subjektiven Vorstellungen von räumlichen Gegebenheiten, die wiederum jeweils von Materialitäten beeinflusst sind“ (Vogelpohl 2014: 61). So können „Quartiere als symbolisch und materiell gerahmte soziale Prozesse“ (Vogelpohl 2014: 73) wie auch als sozial hergestellte Syntheseleistungen verstanden werden. 16 Zu dieser Syntheseleistung bzw. räumlichen Identifikation gehören auch die (unscharfe) Verortung des Quartiers innerhalb eines relationalen Raumgefüges und dessen Konstitution als überschaubares Wohnumfeld. Die Überschaubarkeit hebt Schnur als konstitutive Eigenschaft von Quartieren besonders hervor: „Das wichtigste ‚Größenkriterium‘ ist die Überschaubarkeit. Quartiere müssen einen ‚menschlichen Maßstab‘ aufweisen, um eine Identifikation zu entwickeln und damit als ‚soziale Landschaft‘ konstruierbar und reproduzierbar zu sein“ (Schnur 2014: 43). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass „[a]usgehend von dieser Definition […] ein Quartier sozial konstruierbar (und nicht unbedingt administrativ abgegrenzt), überschaubar (also nicht zu groß), auf alltägliche Lebenswelten und soziale Sphären bezogen (also eine interaktive Struktur bereitstellen) und identifikatorisch sein (also ein Potenzial für zumindest eine partielle lokale Identifikation bieten) [muss]“ (Schnur 2014: 43). Damit liefert Schnur auch einen normativen Rahmen für den Bau von Quartieren und Richtlinien für die Quartierarbeit. 17 16 Hierbei gibt es keine einfachen mechanistischen Gesetzmässigkeiten. Gemäss Vogelpohl sind Quartiere, wie Places allgemein „weder nur als materielle Rahmen noch nur als symbolische Ideen zu verstehen, sondern als Komplex aus vielfältigen, subjektiven und sowie gesellschaftlich produzierten Räumlichkeiten. Die analytische Trennung materieller, sozialer und symbolisch-kognitiver Dimensionen ermöglicht einen heuristischen Zugang zu Quartieren, die als Wechselspiel zwischen Individuen und gesamtgesellschaftlichen Strukturen gedacht werden können“(Vogelpohl 2014: 74). 17 Gerade als normativen Rahmen bleibt m.E. die Dimension sozialer Ungleichheit anzufügen, welche in Schnurs Definition nicht explizit zum Ausdruck kommt, dabei beeinflussen Quartiere die Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe und die Lebensqualität massgeblich, wie dies in anderen Quartierdefinitionen zum Ausdruck kommt. (Wohn-)Quartiere sind Ressourcen für die „Realisierung alltäglicher Lebensvollzüge“ (Steinführer 2002: 3). Sie sind “key living space through which people get access to material and social resources, across which they pass to reach other opportunities and which symbolises aspects of the identity of those living there, to themselves and to outsiders”(Healey 1998: 69). 14 Das Berner Quartier Wittigkofen Wer von Thun mit dem Zug oder über die Autobahn nach Bern fährt, wird nach einer grünen Wiese, die den Stadtrand Berns markiert, von markanten Punkthochhäusern und massiven stufenförmig gestaffelten Kettenhochhäusern empfangen. Das Quartier Wittigkofen bildet einen klaren Kontrast zum Umland und zu den Gebäuden der Vorortsgemeinden. Die Grösse, Höhe und die kantigen Betonstrukturen der Plattenbauten fallen auf und verleiten manche Menschen, die nicht im Quartier wohnen, nicht selten zu abschätzigen Bemerkungen und Bezeichnungen wie Betonklotz oder „Ghetto“ – ein Stigma, das dem Plattenbau in der Schweiz seit rund 40 Jahren anhaftet. Wittigkofen befindet sich als einzige der neun Berner Grosswohnsiedlungen in Berns östlichstem Stadtteil Kirchenfeld-Schosshalde, der zu einem Grossteil durch das aufstrebende und finanzstarke Bürgertum des späten 19. Jahrhunderts geprägt worden ist. Die anderen acht Grosswohnsiedlungen sind in Berns einkommensschwächstem Stadtteil Bümpliz-Bethlehem im Westen Berns. Nicht nur hinsichtlich der geographischen Lage unterscheidet sich Wittigkofen von den anderen Berner Grossüberbauungen, Wittigkofen ist gemäss einer Untersuchung der Stadt Bern zu städtischen Grossüberbauungen auch die Grossüberbauung mit dem höchsten Medianeinkommen und -vermögen, was mit dem hohen Anteil an Eigentumswohnungen in Verbindung gebracht werden kann (28.3% im Jahr 2000) (Stadt Bern 2011: 10). Die mittleren Einkommen (CHF 46‘250) und mittleren Vermögen (CHF 53‘500) lagen 2009 sogar über dem gesamtstädtischen Schnitt (CHF 41‘300 Einkommen und CHF 27‘000 Vermögen) (Stadt Bern 2011: 44). Der Anteil sozialhilfebeziehender Personen (5.4%) war der tiefste unter den Grossüberbauungen Berns (im Schnitt 7.9%) und lag nur wenig über dem gesamtstädtischen Schnitt (4.4%) (S. 42). Der Anteil ausländischer Personen an der ständigen Wohnbevölkerung (17.4%) war 2009 in Wittigkofen der tiefste aller Grosswohnsiedlungen (durchschnittlich 28.3%) und deutlich tiefer als in der ganzen Stadt Bern (22%) 18. Werden jedoch auch Asylsuchende und diplomatisches Personal mitberücksichtigt 19,, wie dies die Statistiken der Stadt Bern seit 2012 tun, erhöht sich der Ausländeranteil markant auf Auch die Zugänge zur „Ressource Quartier“ sind ungleich verteilt und dementsprechend sowohl in Analyse von Quartieren wie in der Arbeit mit Quartieren belangvoll. 18 Zudem hatte er von 2000 bis 2009 leicht abgenommen (p. 38). Obwohl der Anteil von Personen ohne Schweizer Pass in den folgenden Jahren wieder leicht zugenommen hatte (auf 17.8%), lag er im Jahr 2012 noch deutlicher unter dem städtischen Schnitt (23.8%) (Stadt Bern 2013: 1) (Alte Definition der ausländischen Wohnbevölkerung, siehe Fussnote 18). 19 Im Jahr 2012 änderte die Stadt Bern die Definition der Wohnbevölkerung. Neu werden auch diplomatisches Personal, internationale Funktionär/innen, deren Familienangehörige (alle mit EDAAusweis) sowie Asylsuchende zur Wohnbevölkerung gezählt. Die hier angegebenen Zahlen für entsprechen noch der alten Definition ohne diese Personengruppen. 15 22.1% für das Jahr 2012 und 24.3% für 2014 20. Dies entspricht nun ziemlich genau dem städtischen Schnitt von 24.2% im Jahr 2014. Der deutliche Unterschied zwischen alter und neuer Bevölkerungsdefinition im Quartier Wittigkofen zeigt auch, dass Wittigkofens ausländische Bevölkerung betreffend ihres Aufenthaltsstatus diverser ist als der Rest der Stadt. Auch die Herkunftsländer der ausländischen Wittigkoferinnen und Wittigkofer unterscheiden sich: sie kommen seltener aus den traditionellen Zuwanderernationen, dafür sind Migrantinnen und Migranten aus afrikanischen und asiatischen, v.a. arabischen Ländern überproportional vertreten. Insgesamt ist die Ausländische Bevölkerung auch in Bezug auf Ihre Herkunft diverser als im städtischen Schnitt (S. 2). Diese Statistiken zeigen ein anderes Bild als die eines vermeintlichen „AusländerGhettos“ im Plattenbau, dennoch werden die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers immer wieder von Aussenstehenden mit dieser vorurteilsbehafteten Sicht auf Ihr Quartier konfrontiert, wie auch die beiden Abschlussarbeiten aufzeigen. Dabei herrschte zu Beginn der Quartiergeschichte ein überwiegend positives Bild von Grossüberbauungen und insbesondere des Quartiers Wittigkofen. Der Entwurf des Basler Architekten Otto Senn für die Bebauung des Areals beim alten Schloss Wittigkofen galt bei seiner Präsentation an der Expo 1964 „als herausragendes Beispiel für zukunftsweisenden Städtebau“ (Loderer 1988: 3) und wurde anlässlich der öffentlichen Projektpräsentation im Dezember 1966 als städtebaulicher Meilenstein (Eisinger 2000: 15) gefeiert, welcher die in der Schweiz gewohnten Dimensionen bei weitem übertrafen. In diesem Entwurf war das Quartier Wittigkofen als Teil einer viel grösseren Stadterweiterung Oberes Murifeld/Wittigkofen mit sieben Quartieren für rund 20‘000 Personen samt regionalem Einkaufszentrum vorgesehen. Ziel der Konzeption der Grossüberbauung war entsprechend der städtebautheoretischen Debatte der 1960er Jahre und angesichts der starken Zuwanderung in die Städte während der Nachkriegszeit „die Suche nach Siedlungsund Bebauungsformen, um die Zersiedlung städtischer Regionen zu bremsen und die weiterhin erwartete rasche Siedlungsentwicklung städtebaulich in geregelte Bahnen zu lenken“ (Eisinger 2000: 15).21 Letztlich wurde in Zusammenarbeit mit dem Berner Architekturbüro Thormann und Nusli aber lediglich das Quartier 20 Gem. Daten aus dem Geoportal der Stadt Bern www.geobern.ch und schriftlicher Auskunft der städtischen Abteilung für Aussenbeziehungen und Statistik vom 27.03.2015. 21 Die Stadt Bern hatte im Jahr 1962 einen Höchststand von über 165‘000 Einwohner gesehen (Stadt Bern 2011). Das Wachstum der Städte führte zu zunehmender Wohnungsnot und steigenden Bodenpreisen. Grossüberbauungen mit Hochhäusern, einem „demokratischen“ Mix an unterschiedlichen Wohnungsund Haustypen mit einer idealerweise als Abbild der Gesamtgesellschaft durchmischten Mieterschaft und zugehöriger Einkaufs-, Gastro- und Schulinfrastruktur wurden in der Hochkonjunktur der 1950er und 1960er Jahre als adäquate Antwort gesehen. Das Hochhaus wurde als Symbol der wachstumsorientierten, aufstrebenden Gesellschaft verstanden (vergl. Sulzer et al. , 1989, S. 43 in Stadt Bern 2011, S.7). 16 Wittigkofen realisiert, wo heute rund 2‘500 Einwohner leben22. Für Senn war neben gestalterischen Fragen und der Integration in die Gesamtstadt wichtig, die Quartiere überschaubar und möglichst frei von motorisiertem Verkehr zu bauen, was der damaligen Auffassung stadtbernischer Verkehrsplanung diametral widersprach: Die monotonen Agglomerationen ‚seelenloser‘ Überbauungen ausserhalb des historischen Kerns sind einerseits nach Möglichkeit in überschaubare Gliederungen aufzufächern und anderseits in einen übergreifenden städtebaulichen Verband zu integrieren. […] Gegenüber den Bedingtheiten, den Zwängen und Unzulänglichkeiten einer zur Eigengesetzlichkeit strebenden Perfektion des technischen Komforts, insbesondere des motorisierten Verkehrs, ist der grösstmögliche Freiraum zu behaupten. (Senn 1976: 824) Entsprechend Senns städtebaulicher Vision ist das Quartier Wittigkofen auch heute noch verkehrsfrei. Im Untergrund wurden für die rund 1300 Wohnungen gleich viele Parkplätze gebaut. Lediglich drei Areale mit Besucherparkplätzen an der Südtangente des Quartiers sowie beim Pflegeheim im Nordwesten und drei Rampen, die in das riesige unterirdische Parkhaus führen, sind heute sichtbare Spuren der weitgehenden Verbannung des motorisierten Verkehrs in den Untergrund. Zudem gibt es an der besagten Südtangente zwei Tramhaltstellen, die das Quartier in rund 10 Minuten mit der Innenstadt verbinden. Anstatt Strassen prägen Fusswege, grosse Grünflächen und verschiedene Kinderspielplätze das grossräumige Areal zwischen den Häusern. Um möglichst viel des Naherholungsgebietes Wittigkofen erhalten zu können, setzten die Architekten auf eine konzentrierte Bauweise durch höheres Bauen und verdichteten Flachbau (Senn 1976: 824). So sind für Berner Grosswohnsiedlungen trotzt der dichten Bauweise die Wohnungen überdurchschnittlich gross (Stadt Bern 2011: 20).23,24 22 Gemäss schriftlicher Auskunft der Abteilung Aussenbeziehungen und Statistik der Stadt Bern betrug die ständige Wohnbevölkerung im Dezember 2014 2‘552 Personen (inkl. diplomatischem Personal und Asylsuchenden). 23 Der Anteil an Grossswohnungen mit 4 und mehr Zimmern (60.5%) ist rund 50% höher als der Schnitt der anderen Grosswohnsiedlungen (41.8) (Stadt Bern 2011: 20). Trotzdem hat Wittigkofen im Jahr 2009 nur eine für Berner Grosswohnsiedlungen durchschnittliche Wohnungsbelegungsquote von 1.97, die in den letzten 20 Jahren zuvor kontinuierlich gesunken ist. (S. 23) 24 Damit kann Wittigkofen auch als eine Antwort auf die auch heute wieder sehr aktuelle Frage verdichteten Bauens und des Umgangs mit Grünräumen gesehen werden. „Tscharnergut, Gäbelbach, Schwabgut, Kleefeld im Westen und Wittigkofen Saali im Osten sind frühe Paradebeispiele, wie der konzeptionelle Widerspruch aus Freiraum und Zugänglichkeit für alle gemeistert werden kann. Hier stehen die zusammenhängenden Wiesenareale mit Wäldchen zum freien Gebrauch und unverstellt von Autoparkplätzen zur Verfügung“ (Oswald 2013: 13). 17 Der Bau der Grosswohnsiedlung begann 1972 nachdem die Berner Stimmbürger 1970 den Bebauungsplan und die Sonderbauvorschriften angenommen hatten (Eisinger 2000: 19). In einer ersten Etappe wurden 5 Punkthochhäuser mit 24 Geschossen und 5 Häuserketten mit 6 bis 16 Geschossen gebaut 25. Doch mit dem Ölschock im Herbst 1973 und dem anschliessenden konjunkturellen Einbruch verzögerte sich die Erstellung des ersten Quartiers des geplanten Grossprojekts Oberes Murifeld/ Wittigkofen. Die Vermietung der Wohnungen verlief aufgrund hoher Baukosten und hoher Leerbestände auf dem Wohnungsmarkt nur zögerlich und weder für die geplante Schule noch für das Ladenzentrum konnte lange Zeit die notwendigen Investitionen aufgebracht werden (S. 19). Doch nicht nur die finanziell schwierigere Lage verunmöglichte die Realisierung der weiteren sechs geplanten Quartiere, auch verschlechterte sich die Meinung gegenüber städtebaulichen Grossprojekten, Grosswohnsiedlungen, Plattenbauten, Hochhäusern, dem Material Beton und allem, was irgendwie damit in Verbindung gebracht werden konnte. Bereits vor dem konjunkturellen Einbruch um 1975 setzte eine Neubewertung der städtebaulichen Grossprojekte der Sechzigerjahre ein. Auch das Obere Murifeld sah sich unvermutet harscher städtebaulicher Kritik ausgesetzt. Wo sich kaum zehn Jahre zuvor dem geistigen Auge eine mustergültige Stadtlandschaft präsentiert hatte, erblickte man nur mehr unförmige Gebäudegebirge und Betonlandschaften. (Eisinger 2000: 19) 26 Unter diesen Bedingungen wurde nur das Quartier Wittigkofen gebaut, wo in den folgenden Jahren noch einige weitere Wohngebäude und ein Grossteil der vorgesehenen Infrastruktur entstanden. Heute finden sich ein Quartierzentrum mit Läden, einem Restaurant, ein Fitnessstudio und dem von der reformierten Kirche betriebenen 25 Diese erste Etappe dauerte bis 1983. In einer zweiten Etappe in den 1990er Jahren wurden drei weitere Hochhäuser gebaut. 26 Seit den 1950er Jahren waren im einem Umfeld von Hochkonjunktur, Verstädterung und starker Einwanderung in der Schweiz Grossprojekte (u.a. Grosswohnsiedlungen und grosse Infrastrukturprojekte wie der Nationalstrassenbau) mit viel Fortschrittsglauben und zunehmend rücksichtlos vorangetrieben worden. Dies führte auch zu deutlich negativen Konsequenzen, allen voran Umweltschäden und unkoordinierte, als monoton wahrgenommene Zersiedelung. Immer häufiger sah man auch die psychische und soziale Gesundheit durch Strassenbau und Grosswohnsiedlungen in Gefahr. Letztere wurden zuweilen auch als Bedrohung für die soziale Gerechtigkeit gesehen, so die weit verbreitete Meinung, dass wer in einer Grosswohnsiedlung aufwachse, schlechte Karten für die eigene Zukunft habe. Beton wurde nun als hässlich wahrgenommen und auf Betonfassaden die Kampfansage „Welche Bausau baute diesen Saubau!“ gesprüht, die die Spekulanten und die ganze Baubranche anklagte (vergl. Schnell 2013). Die anfängliche Baueuphorie hatte sich in ihr Gegenteil verkehrt, gefordert wurde Holz, Stein und Giebeldächer anstatt Beton, Glas und Flachbau. Das Stigma der Hochhaus- und Grosswohnsiedlungen, welche sich auch auf Ihre Bewohner übertragen sollte, war geboren. 18 Gemeinschaftszentrum „Treffpunkt Wittigkofen“ 27, Kindergarten und Primarschule, die Ecole cantonale de langue française (französischsprachige Schule des Kantons Bern) und ein Pflegezentrum im Quartier. Zudem wird ein historisches Gebäude vom Quartierverein genutzt und weitere Vereine und Personen sind aktiv am Quartierleben beteiligt. In der Umgebung finden sich Wiesen und Spazierwege, Familiengärten, ein Landwirtschaftsbetrieb und das Schloss Wittigkofen. Wittigkofen ist belebt und vieles lässt Besucherinnen und Besucher erahnen, dass der Innenblick auf das Quartier nicht dem gesellschaftlich verpönten Image von Grosswohnsiedlungen entspricht, beispielsweise wenn langjährige ältere Bewohnerinnen und Bewohner nicht ohne Stolz darauf hinweisen, dass man Wittigkofen auch „Manhattan von Bern“ genannt habe, und sie dabei Beton für einmal positiv konnotieren.28 Viele von Otto Senns Ideen scheinen sich bewährt zu haben und mögen heute wieder zeitgemäss erscheinen. Eine zukunftsweisende Siedlungskonzeption, die den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner während sehr langer Zeit entspricht (verkehrsfrei, im Grünen und weitgehend rollstuhlgängig), der damals für Grosswohnsiedlungen überdurchschnittliche Ausbaustandard und das weit verbreitete Stockwerkeigentum mögen einige der Gründe dafür sein. Alt und Jung im Quartier Die beiden hier versammelten Abschlussarbeiten analysieren das Quartier Wittigkofen in qualitativ-sozialräumlicher Hinsicht einmal aus der Perspektive von Seniorinnen und Senioren, einmal aus der Perspektive von Jugendlichen im Quartier. Damit werden die zwei demographischen Gruppen untersucht, die im Quartier im Vergleich zum gesamtstädtischen Durchschnitt am stärksten übervertreten sind. Ein Blick auf die verschiedenen Altersgruppen im Quartier zeigt, dass der Anteil der Kinder und Jugendlichen bis und mit 17 Jahren an der Bewohnerschaft im Jahr 2009 (14.9%) leicht tiefer als der Schnitt aller Grosswohnsiedlungen in Bern (15.9%), aber höher als der Anteil aller Kinder und Jugendlichen in der ganzen Stadt Bern (12.9%) war.29 Besonders der Anteil von Kindern und Jugendlichen im Schulalter (7-19 Jahre) 27 Der Herausgeber dieses Forschungsberichts und Betreuer der Abschlussarbeiten war während etwas mehr als zwei Jahren für den Treffpunkt Wittigkofen tätig, weshalb sich das zugrundeliegende Bachelor Abschlussprojekt gerade auf diese Berner Grosswohnsiedlung bezog. So konnten Synergien genutzt und für die Quartierarbeit des Treffpunkt Wittigkofen relevante Informationen erarbeitet werden. 28 Die Bezeichnung “Manhattan von Bern” findet sich auf für andere Hochhaus-Grosswohnsiedlungen Berns wie eine Studie zum Image des Berner Tscharnerguts zeigt (Jordi 2009). 29 Besonders die Anzahl der Schulpflichtigen (7-17 Jahre) war mit 10.2% deutlich über den 7.3% für die ganze Stadt Bern. Dafür gab es etwas weniger vorschulpflichtige Kinder in Wittigkofen (4.7% gegenüber 5.6% in der ganzen Stadt Bern (Stadt Bern 2011: 28–30). Der Anteil der Vorschulpflichtigen ist auch 2012 unverändert bei 4.7%, dafür ist er in der ganzen Stadt Bern auf 6.0% angestiegen. Bezieht man die Zahlen der 16 bis 19 Jährigen mit ein, in denen der Unterschied prozentual besonders gross ist (Wittigkofen 4.5%, Stadt Bern 2.9%) scheint sich die Tendenz abzuzeichnen, dass Wittigkofen als Ort für Kinder an 19 ist in Wittigkofen (12.4%) deutlich höher als in der ganzen Stadt (8.8%) (Zahlen zu Berichtsjahr 2012) (Stadt Bern 2013: 2). Junge Erwachsene und Menschen in der Familiengründungsphase (20 – 45 Jahre) sind deutlich untervertreten (23.9% in Wittigkofen, 44.4% in der Stadt Bern, Jahr 2012), Tendenz abnehmend. Der Anteil der Altersgruppe von 45-64 entspricht ungefähr dem städtischen Schnitt (26.8% in Wittigkofen, 24% in der gesamten Stadt, Jahr 2012). Wie in allen Berner Grossüberbauungen sind ältere Menschen im Quartier im Vergleich zum gesamtstädtischen Schnitt deutlich übervertreten. In Wittigkofen ist der Anteil von Seniorinnen und Senioren auch höher als der Durchschnitt aller Berner Grossüberbauungen. (Anteil von Menschen im Pensionsalter in Wittigkofen im Jahr 2009: 29.1%, Berner Grossüberbauungen 24.8%, Gesamtstadt Bern: 17.6%, Im Jahr 2012 in Wittigkofen: 32.2%, Stadt Bern 17%). Zudem hat sich der Anteil der Über-65Jährigen in Wittigkofen in den 20 Jahren fast verdoppelt (Stadt Bern 2013, Stadt Bern 2011: 28–35). 30 Wittigkofen wird immer älter, was sich auch am Durchschnittsalter von 41.2 Jahren im Jahr 1990 und 47.6 im Jahr 2009 ablesen lässt, während die Stadt Bern etwas jünger wird (1990: 42.8, 2009: 41.7) (S. 36). Dabei sind viele der Seniorinnen und Senioren mit Ihrem Quartier gealtert. Etliche wohnen bereits seit den 1970er Jahren im Quartier. 31 Es sind meist Schweizerinnen und Schweizer, etliche haben im Laufe der Zeit Stockwerkeigentum erworben. Als sie eingezogen sind, hatten Betonbauten zwar bereits ein negatives Stigma erhalten, dennoch war Wittigkofen modern und neu. Viele haben Kinder in Wittigkofen aufgezogen, die typischerweise nicht mehr im Quartier leben. Die Seniorinnen und Senioren haben auch erlebt, wie die Bewohnerschaft des Quartiers sich veränderte und bis zur Jahrtausendwende mehr Menschen aus anderen Ländern herzogen. Ein anderes Wittigkofen erlebt die andere deutlich übervertretene Gruppe im Quartier, die Kinder und Jugendlichen im Schulalter, die den einstigen Pioniergeist der Siedlung höchstens aus Erzählungen kennen. Unter Ihnen sind fremdsprachige Kinder deutlich übervertreten. Im Schulhaus Wittigkofen machen sie rund die Hälfte aus, während in der ganzen Stadt Bern fremdsprachige Kinder lediglich einen Drittel ausmachen (Erziehungsdirektion des Kantons Bern 2015). 32 Damit entzieht sich Wittigkofen nicht gänzlich der Karriere der Plattenbauten in der Schweiz, die einst Bedeutung verliert. Dies wiederspiegelt sich auch in den stark abnehmenden Zahlen von Menschen in der Familiengründungsphase. 30 Anteil Menschen im Pensionsalter in Wittigkofen im Jahr 1990: 18.3% (Stadt Bern 2011: 35) 31 Im Jahr 2009 lebten 9.1% der Bevölkerung seit mindestens 30 Jahren im Quartier und 20.6% lebten seit mindestens 20 Jahren im Quartier. 32 Auch die Anzahl Kinder und Jugendliche ohne Schweizer Pass ist deutlich höher als der Stadt Berner Schnitt. Gemäss schriftlicher Information der Abteilung für Aussenbeziehungen und Statistik der Stadt Bern vom 27.03.2015 weist Wittigkofen im Jahr 2014 einen Ausländeranteil von 37.7% für die Altersklasse von 7 bis 19 Jahren auf (im vergl. zu 27.5% für die selbe Altersklasse in der ganzen Stadt Bern). 20 bejubelt und dann bald verteufelt wurden, die einst vor allem von Schweizer Mittelstandsfamilien bewohnt wurden und in die mit den Jahren und dem schlechteren Ruf mehr Unterprivilegierte und damit mehr Ausländerinnen und Ausländer anzogen. Doch wie oben erwähnt, ist Wittigkofen sehr weit weg von einem „Ausländerghetto“ – suchte man nach Pauschalisierungen, würde die Bevölkerungsstatik viel eher die Bezeichnung „Altersheim“ nahelegen. Die Bedeutung des Quartiers für einzelne Personen aus den beiden ungleichen Einwohnergruppen der Pensionierten und der Jugendlichen werden in den beiden folgenden Abschlussarbeiten präsentiert. Damit werden Quartiersbezüge von Menschen aus zwei Gruppen angeschaut, die tendenziell viel Zeit im Quartier verbringen und von denen wir annehmen können, dass das Quartier eine zentrale Bedeutung in ihrem Leben hat. Fabienne Herzogs Arbeit befasst sich mit der Beziehung zwischen der subjektiv wahrgenommenen Lebensqualität von Seniorinnen und Senioren und deren Wohnumgebung. Das Ziel ihrer Arbeit war es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Eigenschaften des Quartiers Wittigkofen für die Einschätzung der Lebensqualität der im Quartier wohnhaften Seniorinnen und Senioren ausschlaggebend sind. Diese Fragestellung bearbeitete die Autorin mittels qualitativer Methoden, konkret anhand von sechs Leitfadeninterviews, die sie mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2010) analysierte . Die präsentierten Resultate zeigen, dass die Lebensqualität der befragten Seniorinnen und Senioren insbesondere anhand des Gesundheitszustandes eingeschätzt wird. Doch auch die physische, soziale und symbolische Struktur des Quartiers werden als relevant für die Lebensqualität wahrgenommen. Insbesondere ob das Quartier eine selbständige Lebensweise auch im fortgeschrittenen Alter erlaubt, ist für die befragten Seniorinnen und Senioren bedeutsam. Franziska Städlers Arbeit nimmt sich dem Konstrukt der raumbezogenen Identität an und untersucht die Zusammenhänge zwischen Raum- und Identitätskonstitutionen von Jugendlichen im Quartier Wittigkofen. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Frage inwiefern das Quartier eine identitätsstiftende Wirkung für die befragten Jugendlichen hat bzw. wie die Jugendlichen diese im alltäglichen Handlungsvollzug erschaffen. Städler setzte dazu Fotographie und halbstrukturierte Interviews ein und untersuchte letztere ebenfalls mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse. Ergebnis davon sind 8 Thesen darüber, wie die befragten Jugendlichen aktiv Räume schaffen, wie diese zum Bezugspunkt ihrer eigenen Identität werden und welche Bedeutung diese Räume für ihre Selbstbeschreibung und -verortung haben. Dem Quartier Wittigkofen kommt eine Bedeutung als Heimat zu, als Ort gemeinsamer und identitätsstiftender Erinnerungen. Ebenso hat das Quartier für die Befragten eine wichtige Bedeutung als Territorium der Jugendlichen Wittigkofens. Diese Gruppe besteht in den Augen der Befragten vor allem aus Jugendlichen mit 21 Migrationshintergrund und sie spielt sowohl für die Raum- als auch die Identitätskonstitution der befragen Jugendlichen eine zentrale Rolle, während andere Bewohnergruppen diesbezüglich kaum relevant werden. Die beiden Arbeiten zeigen das gleiche Quartier aus zwei sehr unterschiedlichen Perspektiven. Dennoch bleibt unverkennbar, dass es sich um das gleiche Quartier handelt. Immer wieder beziehen sie sich auch auf gleiche Eigenschaften, Stellen und Objekte im Quartier, auch wenn diese manchmal andere Bedeutungen erhalten. Sowohl die interviewten Jugendlichen wie die Seniorinnen und Senioren verweisen auf die Abwesenheit von Verkehr und die Frei- und Grünflächen als Qualitäten des Quartiers, und sie halten das Quartier aufgrund seiner Infrastruktur für einen guten Ort zum Aufwachsen bzw. zum Altern. In beiden Gruppen spielt das Quartierzentrum mit Läden und dem Treffpunt Wittigkofen eine bedeutende Rolle für die Aktionsräume im Quartier, und in beiden Gruppen wird deutlich auf den multikulturellen Charakter des Quartiers hingewiesen – trotz der nur durchschnittlichen Ausländerquote. 33 Die meisten der Interviewten in beiden Gruppen bezeichnen Wittigkofen als Heimat obwohl sie sich von negativen Fremdbilden abgrenzen müssen. Letztere haben immer auch mit der Bauform des Quartiers als Plattenbausiedlung zu tun. Es wird aber auch klar, dass die befragten Jugendlichen und Seniorinnen und Senioren nur wenig miteinander zu tun haben und sich entsprechend undifferenziert wahrnehmen. Es überrascht deshalb kaum, dass sie sie deutlich unterschiedliche Sozialräume im gleichen Quartier konstruieren. Diese Befunde passen zu den Resultaten des letzten FORS-Sozialberichts aus dem Jahr 2012 zum Thema Generationen, der darlegte, dass alte und junge Menschen ausserhalb der Familienstrukturen aneinander vorbei leben (Bühlmann et al. 2012). „Beinahe 60 Prozent der jungen Erwachsenen haben keine Bekannte unter den über 70-Jährigen. Diese Distanz zwischen den Generationen könnte laut dem Bericht ein Grund sein für diffuse Ängste der Älteren vor der Jugend. Rund 45 Prozent der Schweizer Senioren befürchten nämlich, dass Jugendliche die öffentliche Ordnung im Land gefährden.“ (SNF 2012). Junge fühlen sich gemäss dem Bericht dafür überdurchschnittlich häufig diskriminiert. 33 Ein Grund für die starke Wahrnehmung des Quartiers als multikulturelles Quartier könnte die aufgrund des im Vergleich zur Gesamtstadt erhöhten Anteils asiatischer und afrikanischer und damit deutlich sichtbarer Migrantinnen und Migranten sein. Zudem ist wie geschildert der Anteil Fremdsprachiger unter den Kindern und Jugendlichen überdurchschnittlich – einer Bevölkerungsgruppe die den öffentlichen Raum des Quartiers tendenziell überdurchschnittlich nutzt, was auch deren Sichtbarkeit im Quartier erhöht. Um diesen Sachverhalt weiter zu klären wären Daten notwendig, die die Bevölkerung nicht nach Nationalität sondern Migrationshintergrund klassifizieren. Auch Doppelbürger und –bürgerinnen erscheinen in der Bevölkerungstatistik nur als Schweizer- resp. Schweizerinnen. 22 Schlussfolgerungen für die Quartierarbeit Damit zeichnet sich auch ein Arbeitsfeld für die Gemeinwesen- und Jugendarbeit im Quartier und die Tätigkeiten des Quartiervereins ab, welches sich lohnen könnte in den nächsten Jahren auszubauen: eine raumsensible intergenerative Arbeit 34 um positive Begegnungen zwischen Jung und Alt und das Verständnis unter den Generationen und für deren Teilhabe am Quartier zu fördern. 35 Generationenübergreifendes Arbeiten verspricht, dass die zahlreichen Ressourcen der verschiedenen Altersgruppen für einander besser zugänglich gemacht und im Quartier vorhandene Potentiale für mehr Teile der Bewohnerschaft genutzt werden können. Da verschiedene Konfliktpunkte im Quartier mit Raumansprüchen und der Raumaneignung verschiedener Gruppen im Quartier zu tun haben, wie aus den beiden Arbeiten ersichtlich wird (z.B. am Konflikt um die Raumnutzung im Gemeinschaftszentrum oder dem Umgang mit Abfall), ist für eine generationenübergreifende Arbeit im Quartier die notwendige Sensibilität für die unterschiedlichen Konfigurationen der Sozialräume wichtig. Auch eine aktive Auseinandersetzung mit diesen Sozialräumen in der intergenerativen Arbeit und der Erschliessung neuer Räume für die verschiedenen Altersgruppen scheint vielversprechend. Schliesslich sind gerade für die befragten Jugendlichen im Quartier die Gestaltbarkeit eigener Räume und damit die Aneignungsfähigkeit des Quartiers eher beschränkt, wie die Arbeit von Franziska Städlers zeigt. Eine raumsensible intergenerative Arbeit hat das Potential, einen weiteren Beitrag zur von Senn gesuchten „urbanen Gestalt“ als Mittel gegen „monotone ‚seelenlose‘ Überbauungen“ (Senn 1976: 823) zu erbringen – diesmal nicht im baulichen sondern im sozialräumlichen Sinn. Die Arbeiten lassen vermuten, dass Senns Anspruch einer Beseelung des Stadtrandes bisher dank einer menschenfreundlichen Planung und dank dem freiwilligen Engagement zahlreicher Bewohnerinnen und Bewohner und dem professionellen Engagement des Treffpunt Wittigkofen sowie der Trägerschaft offener Jugendarbeit gut eingelöst wurde; zwar sind die Türme immer noch aus grauem Beton, doch die beiden Arbeiten zeigen, dass das Quartier Wittigkofen auch eine vielgeschätzte Ressource für Lebensqualität und Identität ist. 34 Die Förderung der Beziehungen zwischen den Generationen läuft auch unter den Bezeichnungen Generationenarbeit oder generationenübergreifende Arbeit. 35 Angesichts des Migrationshintergrunds zahlreicher Kinder und Jugendlicher im Quartier spielen in diesem Fall auch Begegnungen zwischen Menschen, die sich mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen identifizieren eine Rolle, ohne dass das intergenerationelle und nationalitätenübergreifende Arbeiten als „multikulturelles Ausländer-Projekt“ gerahmt werden müsste. Dies hat m.E. das Potential Blockaden abzubauen, da kulturelle Unterschiede nicht wie meist durch vermeintliche Herkunftskulturen thematisiert würden, sondern Verständnis anhand unterschiedlicher Lebenslagen und unterschiedlicher Wahrnehmungen gefördert werden könnte. 23 Literaturverzeichnis Adam, Jens. (2005): Kaum noch normale Berliner : stadtethnologische Erkundungen in einem «sozialen Problemquartier». Münster: Lit. Albrow, Martin. (1997): The global age : state and society beyond modernity. Stanford, Calif.: Stanford University Press. Böhnisch, Lothar und Schroer, W. (2005): Entgrenzung und die räumliche Transformation sozialer Probleme–zum bürgerschaftlichen Regieren der Sozialräume. Grenzen des; Sozialraums. Kritik eines Konzepts-Perspektiven für Soziale Arbeit. 1 Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. (= Schriften des Deutschen Jugendinstituts Jugend). S. 37–48. Castells, Manuel (1996). The rise of the network society. Malden, Mass.: Blackwell Publishers. 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Kartengrundlage: Ausschnitt aus map.bern.ch © Vermessungsamt Stadt Bern 28 Altersklasse Anzahl Anteil an Anzahl Anteil an der Personen in Quartier- Personen in der Bevölkerung d. Wittigkofen bevölkerung Stadt Bern Stadt Bern 0-6 113 4.7% 8'137 6.0% 7 - 15 192 7.9% 7'658 5.7% 16 - 19 110 4.5% 3'868 2.9% 20 - 24 147 6.1% 10'521 7.8% 25 - 44 433 17.8% 49'294 36.6% 45 - 64 652 26.8% 32'307 24.0% 65 - 79 539 22.2% 14'797 11.0% 80 und mehr 243 10.0% 8'093 6.0% Total 2'429 100.0% 134'675 100.0% Tabelle 1: Wohnbevölkerung nach Altersklassen I Wohnbevölkerung nach Altersklassen (2012) 40.0% 35.0% 30.0% 25.0% 20.0% 15.0% 10.0% 5.0% 0.0% 0-6 7 - 15 16 - 19 Wittigkofen Anteil an Quartierbevölkerung 20 - 24 25 - 44 45 - 64 65 - 79 80 und mehr Stadt Bern Anteil an Gesamtbevölkerung der Stadt Tabelle 2: Wohnbevölkerung nach Altersklassen II 29