WOLFGANG WÜST
Die„gMte"Policey
im Reichskreis
Bandi
WOLFGANG WÜST
Die „ gute" Policey
im Reichskreis
Zur frühmodernen Normensetzung
in den Kernregionen des Alten Reiches
Bandi
WOLFGANG WÜST
Di e „gute " Policey
im Schwäbischen Reichskreis,
unter besonderer Berücksichtigung
Bayerisch-Schwabens
Akademie Verlag
Gedruckt mit Unterstützung der Universität Augsburg,
des Instituts für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg
und des Historischen Vereins für Schwaben
Abbildung auf dem Einband:
Karte aus: Johann Baptist Homann,
„Neuer Atlas über die Gantze Welt",
Nürnberg 1716 (FAU Erlangen-Nürnberg)
Die Deutsche Bibliothek - CIP - Einheitsaufnahme
Ein Titeldatensatz für diese Publikation
ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich.
ISBN 3-05-003415-7
©Akademie Verlag GmbH,Berlin 2001
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Einbandgestaltung: Gute Grafik, Hans Baltzer, Berlin
Druck: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza
Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach
Printed in the Federal Republic of Germany
Inhalt
Vorwort
11
I.
13
Historische Einleitung
1.
2.
3.
3.1.
3.2.
3.3.
3.4.
4.
Anlässe zur Normensetzung.
Eine Rechtfertigung aus der Sicht der Obrigkeit
Zur Rezeption der Reichsgesetze
Zu den großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
Die Konfessionalisierung
Die Sozialdisziplinierung
Herrschaftsintensivierung: das Bild der starken Policey
Normen und die Entstehung des frühmodernen Gouvernements.
Entstehung, Publikation, Wandel und Vollzug
Policey und legislativer Transfer aus regionaler Sicht
II. Zur Überlieferung
1.
2.
3.
4.
Die Reichsstädte Kempten und Lindau (Quellen S. 141-193)
Das Damenstift Edelstetten (Quelle S. 296-325)
Das Reichsstift Ursberg (Quellen S. 359-382)
Das Reichstift Wettenhausen (Quelle S. 382-405)
III. Editionsrichtlinien
19
22
27
28
35
42
48
57
65
66
68
69
70
73
Die Quellen
A. Die Reichsstädte
Nr. 1 :
Augsburg: „Ains erbern rats der stat Augspurg zucht vnd
polliceyurngdO
Ordnung MDXXXVII" vom 14. 8. 1537
77
77
6
Inhalt
Nr. 2:
Nr. 3:
Nr. 4:
Nr. 5:
Augsburg: „Eines ehrsahmmen raths der statt Augspurg
zucht- und policeyordnung de anno 1621/1630
[2. 9. 1621, 3. 8. 1630]" mit zahlreichen Dekreten
Augsburg: „Policey- vnd Tax-Ordnung Augspurg
17. VIII. 1656"
Kempten: „Polizei Ordnung" der Reichsstadt Kempten,
erste Hälfte 18. Jahrhundert (vor 1748) mit späteren
Ergänzungen
Lindau: „Reformirte Policey-Ordnung Lindaw" von
1673/1697
B. D i e geistlichen Staaten: Klöster, Stifte u n d Spitäler
1.
Die Landsassen
88
133
141
161
195
195
Landeshoheit: Hochstift Augsburg:
Nr. 6: Augsburg, Damenstift St. Stephan: „Polizei-Ordnung von
Asch und Oberdißen" von 1534/25. 11. 1719
Landeshoheit: Reichsstadt Augsburg:
Nr. 7: Augsburg, Heilig-Geist-Spital: „Von denen wohlverordneten
Tit. Tit. PI. PI. herren hospital-pflegeren zu Augsburg erneuerte
zucht- und policey-ordnung in denen hospitalischen stiftungsgerichten auf dem land" vom 20. 11. 1764
Landeshoheit: Hochstift Augsburg:
Nr. 8: Oberschönenfeld, Kloster: „Polizeiordnung der Äbtissin [Maria]
Irmengardis" von 1667/ 11. 09. 1775
259
2.
274
Die Reichsstände
Nr. 9:
Nr. 10:
Augsburg, Hochstift: Polizeiordnung vom 30. Mai 1606
Augsburg, Domkapitel: „Policey Ordnung eines hochwürdigen
thümbcapitels der hohen vnser lieben frauwen stifft zuo
Augspurg" vom 21. 11. 1571/1579
Nr. 11 : Edelstetten, Damenstift: Polizeiordnung des unmittelbaren
adeligen Stifts von 1625/1671
Nr. 12: Elchingen, Reichskloster: „Elchingensche polizeyordnung de
anno 1685, renovirt anno 1718"
Nr. 13 : Kempten, Fürststift: „Landesordnung oder Kemptisches
allgemmeines civilgesezbuch de A° 1562" vom 7. 9. 1562
Nr. 14a: Ursberg, Reichsstift: „Reichs-Gotteshauß Ursbergische
Statuta, Satz- und Ordnungen" vom 12. 4. 1777
Nr. 14b: Ursberg, Reichsstift: „Statuten und Ordnungen des
Reichsgotteshauses Ursberg" vom 7. 8. 1790
195
207
274
285
296
325
338
359
375
7
Inhalt
Nr. 15 :
Wettenhausen, Reichsstift: „Ordnung des AugustinerChorherren-Stifts Wettenhausen" vom 31. 7. 1525
C. Die weltlichen Staaten
1.
Die Reichsstände
Nr. 16:
Nr. 17a:
Nr. 17b:
Nr. 18:
Nr. 19:
Nr.20a:
Nr.20b:
2.
Burgau, Markgrafschaft/ Vorderösterreich: Polizeiordnung
fur die Stadt Burgau vom 7. 10. 1597
Fugger-Babenhausen: „Statuta und Policey Ordnung, bey dem
ghr[ich]ts Vogtambt zue Gabiingen samt angehengten
fraeuelen, gebott und verbott" vom 27. 11. 1725
Fugger-Kirchberg-Weißenhorn (Herrschaft Wellenburg):
„Polliceyordnung deß hochgräfflichen fuggerschen
pfleggerichts Wöllenburg" vom 14. 8. 1726
Königsegg-Rothenfels, Grafschaft mit der Herrschaft
Staufen: „Landts-Ordnung der Herrschaft Staufen"
vom 31. 5. 1621
Oettingen-Oettingen, gefürstete Grafschaft: „Verneuerte
Policey-Ordnung, wie solche bey gemeiner Stadt Oettingen
solle gehalten werden" vom 26. 2.1 8. 3. 1678
Württemberg, Herzogtum: „Pollicei Ordnung furstenthumb
Wirtemberg" vom 30. 6. 1549
Württemberg, Herzogtum: „Policey-ordnung Würtemberg"
vom 8. 10. 1660
Die Reichsritterschaft: (Kanton Donau)
Nr.21 :
Harthausen, v. Riedheim'sche Adelsherrschaft:
„Neu-Auffgerichte Policey-Ordnung" vom 11. 11. 1723
D. Der Schwäbische Reichskreis
Nr.22:
Bettler-, Gauner- und Polizeipatent „deß hochlöblichen
Schwäbischen creyß" vom 6. 5. 1720
382
407
407
407
430
457
476
490
501
519
530
530
563
563
Anhang
Quellen und Literatur
Quellen
Literatur
573
573
574
Glossar, Abkürzungen und Register
Glossar
Abkürzungen
Register
587
587
601
602
Meiner Familie und
meinen Freunden
gewidmet
Vorwort
Der erste Band dieses Werkes im Akademie Verlag veranschaulicht und interpretiert
mit Beispielen aus über zwanzig Territorien eines in der zentralen Gesetzgebung sehr
aktiven Reichskreises typische und bisweilen auch untypische Kennzeichen frühmoderner „Ordnungspolitik". Diese wird für eine Zeit untersucht, der als „Sattelzeit" der Moderne eine kaum zu überschätzende Weichenstellung zufiel, nach der sich Rechte und
Pflichten, öffentliche und kirchliche Ordnung, sozialer Friede, Ehre, Glückseligkeit und
Wohlstand zum Teil bis heute ableiten. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
und in den ihm zugeordneten zehn Reichskreisen - dabei bestimmen der Schwäbische
Reichskreis in Band 1 und der Fränkische Reichskreis in Band 2 die regionalen
Schwerpunkte - setzten sowohl die Kaiser selbst als auch die legislativen Reichsorgane,
allen voran die Reichstage, auf eine bereits im 16. Jahrhundert weitgehend ausgereifte
neue Form zur Vermittlung allgemeiner Normen und Wertmaßstäbe. Die zentralen Fragen lauten freilich, wie und seit wann sie umschrieben werden können und ob sie sich
regional unterschiedlich entwickelten und verbreiteten.
Policey-Forschung hat seit einigen Jahren Konjunktur. So hat auch dieser Band seine
kleine Entstehungsgeschichte, die in Abstimmung und Ergänzung zur Arbeit anderer
Institutionen steht. Die Ursprünge reichen auf das Jahr 1996 zurück als ich mich nach
abgeschlossener Habilitation an der Universität Augsburg als Privatdozent thematisch
zu neuen Ufern hin orientierte. Angeregt durch die Arbeiten am Repertorium frühmoderner Policeygesetze am Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte in
Frankfurt/ Main - der erste Band mit dem TitelutsrnmlihgfedcRKD
Deutsches Reich und geistliche Kurfürstentümer erschien ebenfalls 1996 - kreiste das Interesse um den damals noch brachliegenden Schwäbischen Reichskreis. Zudem schien ein Editionsprojekt eine notwendige
inhaltliche Ergänzung zum Repertorium zu sein. Das damals aufgenommene Projekt,
dessen erster Teil jetzt vorliegt, hatte natürlich auch seine zahlreichen Förderer und Helfer. Das Institut für Europäische Kulturgeschichte an der Universität Augsburg unter
seinem geschäftsführenden Direktor Prof. Dr. Johannes Burkhardt setzte zunächst mit
der Bereitstellung von Finanzmitteln einen Anfang. Unter Mitarbeit von Frau cand.
phil. Iris Hofer (jetzt: Paris) und Karolina Kapfer (Augsburg) konnten so 1997/1998 die
12
Vorwort
Quellenbestände bearbeitet werden, die mit einer Schwerpunktsetzung für Ostschwaben
als dem heutigen Bayerisch-Schwaben ausgewählt waren. Mit meinem Wechsel vom
Augsburger Stadtarchiv auf den Lehrstuhl für Bayerische und Fränkische Geschichte an
der Friedrich-Alexander-Universität im Frühjahr 2000 entstand in der Schlußphase der
Arbeiten zudem ein neuer regionaler Schwerpunkt. Er ließ das Vorhaben nun auf zwei
Bände anwachsen. Der Band zum Fränkischen Reichskreis wird dann den Anspruch,
eine Kernregion des Alten Reiches bearbeitet zu haben, hoffentlich nahtlos und wesentlich ergänzen.
Mein herzlicher Dank gebührt vielen; in erster Linie aber Herrn Manfred Karras
(Berlin), dessen Lektorat am Berliner Akademie Verlag die Drucklegung mit großer
Umsicht betreute und der das große Thema der Policey sachgerecht in das Verlagsprofil
einfugte. Frau Katrin Moya (Berlin) erstellte das Layout sowie die Endfassung des Registers und betreute die Korrekturbearbeitung. Herr Pascal Metzger (Erlangen), Frau
Anne-Katrin Beer und Susanne Sperber (Erlangen) arbeiteten am Register bzw. am
Glossar. Editionen sind auch auf die Hilfe zahlreicher Archive angewiesen. Hier gilt es
dem Staatsarchiv und dem Stadtarchiv in Augsburg, den Hautstaatsarchiven in Stuttgart
und München, der Stadtverwaltung Burgau, dem Klosterarchiv in der Abtei Oberschönenfeld, dem fürstlich und gräflich Fugger'sehen Familien- und Stiftungsarchiv Dillingen und dem Privatarchiv der Freiherren von Riedheim (Schloß Harthausen) für mannigfache Hilfestellung zu danken.
Für namhafte Druckkostenzuschüsse danke ich den Philosophischen Fakultäten der
Universitäten Augsburg und Erlangen-Nürnberg, dem Institut für Europäische Kulturgeschichte in Augsburg und dem Historischen Verein von Schwaben e. V.
Mögen beide Bände zur Konkretisierung der Normenentwicklung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation beitragen. Sie verstehen sich als ein landeshistorischer
Beitrag, Brücke zwischen Reichs- und Territorialgeschichte zu sein.
Wolfgang Wüst
Augsburg, zu Jahresbeginn 2001
I. Historische Einleitung
Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in den ihm zugeordneten zehn
Reichskreisen setzten sowohl die Kaiser selbst als auch die legislative Reichsorgane, allen voran die Reichstage, auf eine bereits im 16. Jahrhundert weitgehend ausgereiftezyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZWUSRPONLIGEBA
neue Form zur Vermittlung von allgemeinen Normen und Wertmaßstäben.
Sie war trotz der Scheidung in spezielle oder allgemeine, die Herrschaft partiell
oder insgesamt berührende Materien - gegliedert nach ordinationes speciales, imperiales bzw. provinciales - in der Summe als legislativer Typus umfassend angelegt.
Die Forschung zur Policey der frühen Neuzeit trug dem jüngst auch Rechnung. Der
von Peter Preu geprägte, ältere Ansätze resümierende Policeybegriff in seiner Analyse vom „Polizeibegriff der Polizeiordnungen" 1 entsprach weniger der eingeschränkten Definition Johann Stephan Pütters 2 , sondern folgte im wesentlichen Johann Jacob Mosers (1701-1785) Ausführungen von 1773: „[...] zu dem PoliceyWesen, wie dises Wort in praxi üblich ist und verstanden wird, gehören diejenige
Stücke, welche zu Einführ- oder Erhaltung der Sicherheit, guten Zucht und Ordnung, Nothdurfft, Wohlstand, Bequemlichkeit und Nutzen des allgemeinen bürgerlichen Lebens gereichen oder doch datzu angesehen seynd.3 In der Einleitung seiner
fast fünfhundertseitigen Abhandlung „Von der Landes-Hoheit in Policey-Sachen"
(1773) präzisierte Moser: Ich verstehe hier unter dem Wort Policey diejenige
landesherrliche Rechte und Pflichten auch daraus fliessende Anstalten, welche die
Absicht haben, der Unterthanen äusserliches Betragen im gemeinen Leben in Ordnung zu bringen und zu erhalten, wie auch ihre zeitliche Glückseligkeit zu be-
1
2
3
Peter Preu, Polizeibegriff und Staatszwecklehre. Die Entwicklung des Polizeibegriffs durch die rechtsund Staatswissenschaft des 18. Jahrhunderts (Göttinger Rechtswissenschaftliche Studien 124), Göttingen
1983, S. 15f.
Johann Stephan Pütter, Institutiones juris publici Germanici, Göttingen 1767, S. 350: Cap. III. D e iure
Politiae. Korrigierend: Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 1:
Reichspublizistik und Policeywissenschaft 1600-1800, München 1988, S. 313f.
Johann Jacob Moser, Von der Teutschen Crays-Verfassung (Neues Teutsches Staatsrecht, 10), Frankfurt
am Main/ Leipzig 1773 (Neudruck Osnabrück 1967), S. 736.
14
Historische Einleitung
fördern,4 Haben wir es also mit einem nur schwer faßbaren Allgemeinplatz in der
Welt der Normen zu tun? In der Tat fallt es zunächst schwer, Policey hinsichtlich
ihres thematischen Gehalts in ein festes Schema einzuordnen. Auch ihre Herkunft
ist nur unpräzise datierbar. Wie wir noch sehen werden, entstand in teilweiser Anlehnung an die Reichsreformdiskussion des 15. Jahrhunderts5, an die Postulate aus
den Jahren der Reformation und des Bauernkriegs6 sowie an ältere, durchaus breit
angelegte Gesetzessammlungen - Dorf- und Ehaftsordnungen, Weistiimer, Gerichtsordnungen usw. - des späten Mittelalters7 ein Regelwerk, das als frühmoderne
Policey eine neue Gesetzesdimension postulierte. Dabei ist das Faktum festzustellen, daß der Begriff samt seinen Vorformen (Politie) bereits in den frühesten Gesetzen8 wie in der Literatur am häufigsten mit „Ordnung"9 verbunden wurde. Schon
die Schrift des Rostocker Juristen Johann Oldendorp (ca. 1488-1567) aus dem Jahr
1530 - am Beginn der Policeywissenschaft - trägt den Titel: „Van radtslagende/ wo
men gude Politie und ordenunge/ ynn Steden und landen erholden moeghe".10 In
Süddeutschland finden sich bisher die frühesten Belege in der Überlieferung der
Reichsstadt Nürnberg. In einem kaiserlichen Privileg für Nürnberg von 1464 heißt
es: Polletzey und regirung in allen Sachen ordnen [...] (1464 VII 26). 1476 folgte
dort ein zweiter Verweis: Nachdem dise stat mit vil loblichen pollicein und guten
Ordnungen versehen (1476 III 24)." Verweise auf ältere Gesetzeswerke finden sich
4
5
6
7
8
9
10
11
Johann Jacob Moser, Von der Landes-Hoheit in Polizey-Sachen, Frankfurt/ Main 1773, S. 2. Vgl. für
den Schwäbischen Kreis: Ders., Schwäbische Nachrichten von Oekonomie-, Cameral-, Polizey-, [...]
Sachen, Stuttgart 1756.
Franz-Ludwig Knemeyer, Polizeibegriffe in Gesetzen des 15. bis 18. Jahrhunderts, in: Archiv für öffentliches Recht, NF 92 (1967), S. 154-181; Dietmar Willoweit, Gesetzgebung und Recht im Übergang
vom Spätmittelalter zum frühneuzeitlichen Obrigkeitsstaat, in: Okko Behrends/ Christoph Link (Hg.),
Zum römischen und neuzeitlichen Gesetzesbegriff. 1. Symposion der Kommission „Die Funktion des
Gesetzes in Geschichte und Gegenwart" vom 26. und 27. April 1985, Göttingen 1987, S. 123-146.
Als Fallbeispiel: Winfried Schulze, Klettgau 1603. Von der Bauernrevolte zur Landes- und Policeyordnung, in: Heinrich R. Schmidt/ André Holenstein/Andreas Würgler (Hg ), Gemeinde, Reformation und
Widerstand. Festschrift für Peter Blickle zum 60. Geburtstag, Tübingen 1998, S. 429-^131.
Als eines der wenigen Editionsvorhaben, das mit einem Policeybegriff vor 1500 operierte vgl.: Hermann Hoffmann, Würzburger Polizeisätze, Gebote und Ordnungen des Mittelalters, 1125-1495, Würzburg 1955.
Als erstes Reichsgesetz spricht bereits die Reichsregimentsordnung von 1495 von „Ordnung und Polizei"; vgl. Karl Härter, Entwicklung und Funktion der Policeygesetzgebung des Heiligen Römischen
Reiches Deutscher Nation im 16. Jahrhundert, in: Jus Commune 20 (1993), S. 61-141, hier: 69f.
Vgl. Karolina Zobel, Polizei. Geschichte und Bedeutungswandel des Wortes und seiner Zusammensetzung, Diss, phil., München 1952, S. 480.
Johann Oldendorp, Opera omnia, 2 Bde, Rostock 1559, Neudruck 1966; Zitiert nach Michael Stolleis,
Geschichte des öffentlichen Rechts 1 (Anm. 2), S. 85f. Vgl. zur Policeykonzeption Oldendorps jetzt
auch: Birgit C. Bender-Junker, Utopia, Policey und Christliche Securitas. Ordnungsentwürfe der Frühen Neuzeit, Marburg 1992, S. 155-162.
Vgl. Werner Buchholz: Anfänge der Sozialdisziplinierung im Mittelalter. Die Reichsstadt Nürnberg als
Beispiel, in: ZHF 18 (1991), S. 129-147; Georg-Christoph v. Unruh: Polizei, Polizeiwissenschaft und
Kameralistik, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I: Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Reiches, hg. v. Kurt G.A. Jeserich u. a., Stuttgart 1983, S. 389.
Historische Einleitung
15
auch in den schwäbischen Ordnungen. So stammtezxwvutsrponmlihgfedcbaQPONMJHFEDB
ζ. B. der Haupttext der Polizeiordnung des Damenstifts Edelstetten von 1671 (Quellenteil, Nr. 11 ) zwar aus der
Feder des damaligen Obervogts Johann Friedrich Molitor, doch rezipierte er vielfach ältere Rechte. Namentlich wurde eine ältere Stiftsordnung von 1625 erwähnt.
Außerdem zitierte er zahlreiche Passagen aus älteren Gerichtsordnungen und Protokollen, die im einzelnen bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts (1427) zurückreichten. 12 Die Anfänge bzw. die Übergänge aus älterem Recht zur Policeygesetzgebung sind rechtshistorisch allerdings weder für Bayerisch-Schwaben noch für
andere Regionen hinreichend untersucht, nur für das Herzogtum Bayern liegen erste
Ergebnisse vor. 13 Daß der retrospektive Blick auf ältere Rechtstraditionen lohnend
sein kann, zeigte zuletzt Peter Kissling am Beispiel Berchtesgadens und dem Regelwerk der dortigen Landespolicey von 1629. 14
Hand in Hand mit den Initiativen des Alten Reichs - die Debatte um die 1530
erlassene Policeyordnung bildete den Auftakt und die Reichspoliceyordnung von
1548 zeitigte den Höhepunkt der Gesetzgebungsaktivitäten des Reichstags - entwickelten auch die Fürsten, Herzöge, Grafen, Äbte, Prälaten, Freiherren, ja selbst
Kollegialorgane wie einzelne Regierungsämter (Hofrat, Geheimer Rat) und städtische Ratsgremien ihre Vorstellungen von der großen Welt der Normen. Inhaltlich
und formal knüpften diese territorialen oder städtischen Ordnungen vielfach bewußt
an die „Vorgaben" der Reichsgesetze an. Reichspoliceyordnungen wurden dann zur
Richtschnur für territoriales Handeln; ja sie rechtfertigten vor Ort eine Intensivierung des legislativen output. Herzog Ulrich von Württemberg ließ deshalb im Vorspann zu seiner Landesordnung 1549 erläutern: Erklärung etlicher artickel, da in
rö[misch] &e/[serlichen] maie[stät], vnsers allergnädigsten
herrn
außgekündten
polliceiurngdO
Ordnung [von 1548] jedem churfürsten, fürsten, stand, statt vnd oberkeit
auferlegt würdt, nach eines jeden lands art erleutterung zuthun vnd darüber Ordnung zugeben, wie die sambt der keiserlichen pollicei Ordnung fürterhin in dem
fürstenthumb
Wirtemberg gehalten werden sollen. (Quellenteil, Nr. 20 a). Um die
Reichsnähe policeylichen Handelns zu dokumentieren, konnte man aber auch andere Formen wählen. So zeigte die Wahl eines symbolträchtigen Zeitpunkts vielfach
programmatischen Charakter für das Mandat selbst. Der Rat der Reichsstadt Frankfurt a. Main erließ beispielsweise eine seiner Policeyordnungen so, daß sie exakt
auf dem [...] in Franckfurt a. M. angestellten Kayserlichen
Wahl-Tag d[&n]
16. Dez. 1741 publiciret werden konnte. 15 Policey wurde dabei auch zum Kennzeichen einer sich rasch intensivierenden Staatlichkeit in der frühen Neuzeit - ja zum
12
13
14
15
StaatsA Augsburg, Damenstift EdelstettenzutsronmlihgfedcbaXVSPNLIHFDBA
Β 27. Alte Signatur: Laden XIV, Fascicul 11, Nr. 16.
Heinz Lieberich, Die A n f i n g e der Polizeigesetzgebung des Herzogtums Baiem, in: Dieter Albrecht
(Hg ), Festschrift für Max Spindler zum 75. Geburtstag, München 1969, S. 3 0 7 - 3 7 8 .
Peter Kissling, „Gute Policey" im Berchtesgadener Land. Rechtsentwicklung und Verwaltung zwischen
Landschaft und Obrigkeit 1377 bis 1803 (Studien zu Policey und Policeywissenschaft), Frankfurt
a. Main 1999, S. 6 1 - 6 8 , 9 7 - 1 4 7 .
B S B München, 4 J. germ. 204,1, Buchnr.: 01608456, Druck: Frankfurt 1741.
16
Historische Einleitung
Gradmesser von Modernität, landesfürstlicher und sozialer Fürsorge bzw. Disziplinierung. Lediglich die Reichskreise selbst überließen das innovative Feld ihren
Kreisständen oder verwiesen auf zurückliegende Initiativen im Reichstag. Nur im
Fränkischen Kreis kam es trotzdem mit Des löblichen Frenckischen
Reichskrayß
verainte und verglichne Policeyordnung etlicher puncten und Artickeln zu einer direkten Ausformulierung grenzüberschreitender Ordnungsvorstellungen, die in
Nürnberg 1572 gedruckt wurden. 16 Auch die Forschung nahm sich des Phänomens
an und prägte unter dem Begriff „Policey"-Wissenschaft
eine eigene Wissenskategorie, die sich traditionell vor allem durch politikwissenschaftliche Fragestellungen,17 weniger aber durch historische Analysen manifestierte. Dem forschenden
Bemühen unserer und vergangener Tage um Strukturierung dieser frühmodernen
Gesetzesmaschine scheint eine auf den ersten Blick diffuse thematische Spannweite
in den zeitgenössischen Quellen selbst gegenüberzustehen. Sie reichte von Maßnahmen gegen das schuldenfördernde fressen und sauffen {zutrinken) in öffentlichen Gasthäusern und insbesondere bei Hochzeiten, Tauffeiern oder Kirchweihen,
gegen einen, die Ständeordnung negierenden Kleiderluxus, gegen die sich ausbreitende Spielleidenschaft, gegen Ehebruch, Fluchen und Gotteslästern bis hin zur
praktischen Seite der Seuchen- und KatastrophenpräventionzyutsrponmlkihgedcbaWPKDB
(ζ. B. bei der Wasserpolicey 18 ) oder zur orientierenden Kategorie einer generellen Wertschätzung aller
Kirchengebote (ζ. B. biblische Policey 19 ). Dabei sprach man in katholischen und lutherischen Policeystatuten gleichermaßen vor allem Warnungen aus vor der
entheiligung der Sonn- und Feiertage und des obligatorischen Kirchgangs infolge
von Wirtshausbesuch, Haus-, Gewerbe- oder Erntearbeit. Hinweise zu diesen Vorgaben konnten ganz konkret umschrieben sein. In der lutherischen Reichsstadt
Kempten hieß das um die Mitte des 18. Jahrhunderts: Die cramläden an hohen festund bußtägen sollen den ganzen tag hindurch geschlossen bleiben, an sonn- und
feyer tagen erst nach endigung des morgen gottesdienst eröffnet, am donnerstag
aber während der predigt auch nicht aufgethan werden. [...] Sodann ist nicht gestattet, die zeit über als der gottesdienst daurt, auf dem kirchhof sail zu spannen
oder wasch zu trocknen. Ebenfalls erfahren wir dort, wie konkret städtische Maßre16
17
18
19
Wolfgang Wüst, DieyvutronlihgedcaPO
gute Policey im fränkischen Reichskreis. Ansätze zu einer überterritorialen Ordnungspolitik in der Frühmoderne. Edition der verainten und verglichnen Policey Ordnung von 1572, in:
JffL 60 (Festschrift ftir Rudolf Endres zum 65. Geburtstag), S. 177-199.
Hans Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre (Polizeiwissenschaft). Ein Beitrag zur
politischen Wissenschaft in Deutschland, Neuwied a. Rhein 1966; Peter Preu, Polizeibegriff und
Staatszwecklehre. Die Entwicklung des Polizeibegriffs durch die Rechts- und Staatswissenschaften des
18. Jahrhunderts, Göttingen 1983; Franz-Ludwig Knemeyer, Polizeibegriffe in Gesetzen des 15. bis 18.
Jahrhunderts, in: Archiv fur öffentliches Recht, NF 92 (1967), S. 154-181.
Carl Gottlob Rößig, Wasserpolizey für Länder zur Minderung der Schäden des Einganges und der Ueberschwemmungen wie auch zur Wasserbenutzung, Leipzig 1789.
Als Beispiel: Dieterich Reinkingk, Biblische Policey. Das ist: Gewisse, auß Heiliger Göttlicher Schrifft
zusammengebrachte, auff die drey Haupt-Stände, als Geistlichen, Weltlichen und Häußlichen gerichtete
Axiomata, oder Schlußreden, Frankfurt/ Main (Spörlin) 1663.
Historische Einleitung
17
gelungen in Sachen „Luxus" kirchliche, öffentliche und familiäre Feierlichkeiten
begleiten konnten. Die kostbare heyrathsabenden, anding- und abrechnungen, nicht
weniger die theur zu stehen kommende morgensuppen sind verbotten und sollen die
übertrettere in willkiihrliche straffe verfallen seyn. [...] Deßgleichen solle die erlaubnus nachhochzeiten zu halten und der musicanten sich zu bedienen bey
wohlersagt einem wohllöbl. magistrat erhohlet werden, und hat der hochzeitwürth
bey dem löbl. burgermeister amt fl. 10.- zu hinderlegen, welche, wann länger alß
biß 11 uhr getanzet wird, dem fìsco alß eine straffe heimgefallen seyn solin. (Quellenteil, Nr. 4). In evangelischen Regionen verwies man zusätzlich auf die Folgen
bei leichtfertigem Umgang mit den Inhalten der Predigt, der Bibel (Schrift) und des
Wort Gottes. Policey umfaßte Regelungen zu Arbeits-, Handwerks- und Gewerbeordnungen ebenso wie die Vorsorge - es handelt sich um die noch kaum erforschte
medicinische Policey - im Gesundheitswesen mit der Möglichkeit zur Ausweisung
Kranker bei Seuchengefahr 20 sowie Maßnahmen gegen (unberechtigtes) Bettelwesen, gegen Diebe, Straßenräuber und Bandenkriminalität.
Es überrascht, daß das Korpus dieser Landesverordnungen bis heute weder annähernd erfaßt noch inhaltlich erschlossen ist. Editionsvorhaben scheiterten bisweilen an der Fülle der Rechtsquellen, ja selbst der eingeschränkte Blick auf „wichtige"
Policeygesetze erwies sich fur so manches Vorhaben als undurchführbar. So beschränkte sich ein erstes Projekt 21 von Wolfgang Kunkel, Hans Thieme und Gustaf
Klemens Schmelzeisen 22 auf die privatrechtlichen Teile von Policey- und Landesordnungen. Zurecht wurde die Auswahl methodisch kritisiert, da die klassischen
Policeygesetze auf die Regelung aller Lebensbereiche abzielt. Das Projekt des
Max-Planck-Instituts fur Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main beschränkt sich auf die Repertorisierung der Policeyordnungen 23 , d. h. auf das Regelwerk zur inneren Verwaltung. Vom Anspruch einer flächendeckenden Bearbeitung
aller Reichsterritorien ist man aber auch dort längst abgerückt. So zeichnete sich
deutlich ab, daß die räumliche Begrenzung des Themas vor allem aus editorischer
20
21
22
23
Wolfgang Thomas Rauen, Gedanken von dem Nutzen und der N o t w e n d i g k e i t einer medicinischen Policeyordnung in einem Staat, Regensburg ca. 1760.
Wolfgang Kunkel/ Gustaf Klemens Schmelzeisen/ Hans Thieme, Polizei und Landesordnungen, I. und
II. Halbband. Reich und Territorien (Bd. 1) und Einzelverordnungen (Bd. 2) (Quellen zur neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands 2,1 und 2,2), Köln-Graz-Breslau 1968 und 1969.
Gustaf Klemens Schmelzeisen, Polizeiordnungen und Privatrecht, (Forschungen zur neueren Privatrechtsgeschichte Bd. 3), Münster und Köln 1955.
Karl Härter/ Michael Stolleis (Hg ), Repertorien der Policeyordnungen der Frühen Neuzeit (Jus Commune, Sonderhefte) Frankfurt a. M. 1996ff. Bisher erschienen sind: Bd. 1: Karl Härter (Hg ), Deutsches
Reich und geistliche Kurfürstentümer (Kurmainz, Kurköln, Kurtrier) (Jus Commune, Sonderheft 84),
Frankfurt a. M. 1996; Bd. 2/ 1,2: Thomas Simon (Hg.), Brandenburg/ Preußen mit Nebenterritorien
(Kleve-Mark, Magdeburg und Halberstadt) (Jus Commune, Sonderheft 111) Frankfurt a. M. 1998; Bd.
3/ 1,2: Lothar Schilling/ Gerhard Schuck (Hg ), Wittelsbachische Territorien mit Nebenterritorien
(Kurpfalz, Bayern, Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach, Jülich-Berg, Pfalz-Zweibrücken) (Jus Commune,
Sonderheft 116), Frankfurt a. M. 1999.
18
Historische Einleitung
Sicht methodisch und arbeitstechnisch unerläßlich ist. Für Schesien24, Berchtesgaden25 und Württemberg26 liegen deshalb auch neuere Arbeiten zum Policeywesen
vor, deren regionaler Ansatz sich allerdings traditionell an politisch-territorialen
Grenzen, im Falle Württembergs an der Zuständigkeit eines Oberamts (Leonberg)
orientierte. Der Blick auf die Reichskreise ist dabei allerdings noch kaum erprobt
worden, setzte doch hier erst die Arbeit von Uwe Gittel27 für den Niedersächsischen
Kreis neue Akzente. Dabei können die Ergebnisse Gittels wegen der örtlich sehr unterschiedlichen Anbindung an die Gesetzesaktivitäten im Reich im „königsnahen"
Schwaben und in den „königsfernen" norddeutschen Reichskreisen kaum auf den
Süden des Reiches übertragen werden.
Dem Programm der Policey lag die Absicht herrscherlicher Benevolenz zugrunde. In einigen der Ordnungen kündigt sich bereits über die Titel das Programm gueter Policey an. Im 18. Jahrhundert erließ der Rat zu Straßburg mindestens vier solcher aussagekräftiger Verordnungen. Einer Polizeiordnung die Gimplerin und
Hauß-Räthe derer Minderjährigen betrn von 1743 folgten 1747 eine Ordnung
über die Aufführung derer allhiesigen Wirthen, Gastgebern, Aubergisten, Bier- und
Caffée-Siedern, wie auch dererjenigen, welche die Erlaubniß, fremde
Weine,
Liqueurs oder Brandten-Wein auszuschenken erhaltenutsrnihfedcbaLK
haberι29uronmihgedaVJI
und 1751 die
Verordnung die Lehn-Kutschen betreffend,30 Im Jahr 1780 ließ der Straßburger Rat
dann die Polizeiordnung publicieren, wodurch das Carten-Spieln in Cafe- und
anderen öffentlichen Häußern verbotten wird.31 Auch andere Reichsstädte legten
eher spezifizierte als generelle Mandate vor. Deß Heiligen Rom. Reichs-Stadt
Augspurg Policey-Ordnung [...] welcher gestalten sich die gesambte allhiesige
burgerschafft und Beysitzern [...] In Schmuck und Kleydern, Haußrath [...]
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25
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28
29
30
31
Matthias Weber, Die schlesischen Polizei- und Landesordnungen der Frühen Neuzeit (Neue Forschungen zur schlesischen Geschichte 5), Köln 1996.
Peter Kissling, „Gute Policey" im Berchtesgadener Land: Rechtsentwicklung und Verwaltung zwischen
Landschaft und Obrigkeit 1377 bis 1803 (Studien zu Policey und Policey Wissenschaft), Frankfurt am
Main 1999. Vgl. hierzu auch: Rezension v. Jochen Ramming, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
2000, S. 153-154; Peter Kissling, „Gute Policey" und Konfessionalisierung im Berchtesgadener Land,
in: Karl Härter (Hg.), Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft (lus commune. Sonderhefte Studien zur
europäischen Rechtsgeschichte 129), Frankfurt am Main 2000, S. 71-105.
Heinz Schmucker, Das Polizeiwesen im Herzogtum nach seiner geschichtlichen Entwicklung dargestellt, Diss, jur., Tübingen 1958; Achim Landwehr, Policey im Alltag: die Implementation frühneuzeitlicher Policeyordnungen in Leonberg (Studien zu Policey und Policeywissenschaft) Diss. Freiburg
(Breisgau) 1999, Frankfurt am Main 2000.
Udo Gittel, Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren „Friedenssicherung"
und „Policey" (1555-1682) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission fοlr Niedersachsen und
Bremen 35), Hannover 1996.
BSB München, 2 J. gall. 60,197, Buchnr.: 01608463, Mandat vom 7. 9. 1743, Druck: Straßburg 1743.
BSB München, 2 J. gall. 60,206, Buchnr.: 01867771, Druck: Straßburg (Kürßner) 1747, Mandat vom
2. 1. 1747.
BSB München, 2 J. gall. 60,215, Buchnr.: 01608481, Mandat vom 22. 11. 1751, Druck: Straßburg
1751.
BSB München, 2 J. gall. 60,270, Buchnr.: 01519255, Mandat vom 20. 11. 1780, Druck: sine loco 1780.
Anlässe zur Normensetzung. Eine Rechtfertigung aus der Sicht der Obrigkeit
19
32
verhalten sollenzyxwvutsrponmlkjihgfedcbaZWUTSRQPONMLJIHGFEDBA
von 1735 stand ganz in der Tradition der detaillierten und thematisch eng begrenzten Luxus- und Hoffartsverbote, die die feinen Unterschiede auch
in der ständisch gegliederten Gesellschaft einer Stadtrepublik markierten. Und 1583
hatte der Rat zu Nürnberg erlassen Eins ehrbaren Raths der Stadt Nürnberg vermutezywutsrponmljigfedcaVOH
ΡoliceyOrdnung und Verpot der Hoffart, und was einem jeden seinem stände
nach, von Klaidung und anderm zu tragen gebürt und zugelassen ist.11 Bischof und
Domkapitel zu Würzburg konkretisierten in ihrer Policeyverordnung des Jahres
1572 ebenfalls aus ihrer Sicht Laster und Luxus nicht pauschal, sondern gezielt. Sie
zogen gegen das übermäßige Essen und Trinken, Fluchen, Schwören und andere
ungeziemliche Betragen, auch Hochzeiten, Gastereyen, Wirth und Gastgeber betreffend zu Felde. In Württemberg ließ schließlich der Landesherr Herzog Eberhard
Ludwig 1714 eine Ρolizey-VerOrdnungzutsrponmlihgfedcbaA
mit spezieller Ausrichtung anschlagen, die
sich nur der offenbar gefährdeten Reinlichkeit der Hauptstadt Stuttgart zuwandte. 34
Die Bandbreite der Themen war groß, doch die Zielgruppen wurden immer genauer gefaßt. 1527 erließ der Landesherr eine neu Pollicey- und Ordnung der
Handtwercher und Dienstvolck35 flir die niederösterreichischen Lande, 1659 ließ
der sächsische Herzog zu Dresden eine ältere Policey-, Hochzeit-, Kleider-, Gesind-, Taglöhner- und Handwerks-Ordnung36 erneuern und erweitern.
Im folgenden wenden wir uns einigen Hauptpunkten im Selbstverständnis guter Policey-Doktrin und ihrer zugehörigen Reflexionsebene in der historischen Forschung
zu. Da die Policey grundsätzlich ein grenzüberschreitendes Medium war, wurde der
regionale Bezugsrahmen im Einleitungsteil der Quellenedition auch gegebenenfalls
durch Beispiele außerhalb Bayerisch-Schwabens, ja sogar jenseits der Grenzen des
Schwäbischen Reichskreises erweitert.
1. Anlässe zur Normensetzung.
Eine Rechtfertigung aus der Sicht der Obrigkeit
Polizeigesetze wiederholten sich an vielen Orten in überraschend kurzen Abständen. Dies traf insbesondere für die frühmodernen „Ballungsräume" (größere Residenz- und Reichsstädte gleichermaßen) oder für die Zentren und die Landesverwaltung zu, deren Größenzuschnitt wie im Falle Immenstadts als dem administrativen
32
33
34
35
36
B S B München, J. germ. 82 c, Buchnr.: 01867773, Druck: Augsburg (Labhart) 1735.
B S B München, 4 Diss. 1417 ad Beibd.19 a, Buchnr.: 01595385, Druck: [Nürnberg] 1583.
B S B München, 2 Ded. 178 ad Beibd.5, Buchnr.: 01632323, Druck: sine loco 1714.
Druck: Wien 1527.
Erneuerte und vermehrte Policey-, Hochzeit-, Kleider-, Gesind-, Taglöhner- und Handwerks-Ordnung
[ . . . ] Johann Georgens des andern Herzogen zu Sachsen Dresßden, 1659.
20
Historische Einleitung
Mittelpunkt in der Grafschaft Rothenfels-Königsegg durchaus überschaubar blieb.
In der Reichsstadt Augsburg ergriff der Rat zusätzlich zu den Reichspolizeiordnungen der Jahre 1530, 1548, 1551 und zuletzt 1577, deren uneingeschränkte Gültigkeit der Rat immer wieder betonte, eigene Initiativen. Sie mündeten seit 1537 A ins erbernutsronlihgedcaWVS
rats der stat Augspurg zucht vnd pollicey Ordnung MDXXXVII vom 14.
August 1537 (vgl. Quellenteil, Nr. 1) kann dabei als ein Wegbereiter gelten - in
zahlreiche stadtpolizeiliche Dekrete, Mandate und Ordnungen, deren Zahl zwischen
dem frühen 16. und dem späten 18. Jahrhundert zwischen 4 000 und 5 000 Einzelstücken 37 liegt. Ausfuhrlichere Ordnungen, die sich expressis verbis der Policeymaterie zuordnen lassen, erließ der Augsburger Rat in den Jahren 1537, 1553, 1568,
1577, 1582, 1621, 1655, 1656, 1667, 1668, 1683 1735, 1756, 1764 - s i e betraf die
unter reichsstädtischer Landeshoheit stehenden Ämter des Heilig-Geist-Hospitals 1778, 1794, 1808-1812 (königlich bayerische Polizeidirektion Augsburg) und
1835. Einzelne Ordnungen wurden hier und andernorts entweder vollständig wiederholt oder man ergänzte sie zumindest von Zeit zu Zeit um aktuelle Fragen. So erließ der sächsische Herzog Johann Georg 1659 beispielsweise eine erneuerte und
vermehrte Policey-, Hochzeit-, Kleider-, Gesind-, Taglöhner- und
Handwerks-Ordnung38 oder der reichsstädtische Rat zu Rothenburg o. d. Tauber 1685 publizierte
eine erneuerte Polizey-Ordnung39
Das Anliegen der Erneuerung formulierte
Reichsgraf Franz zu Königsegg-Rothenfels im Vorspann zur Polizeiordnung der
Herrschaft Staufen (siehe Quellenteil Nr. 18) mit der erneuerte[n] und verbesserte[n] statuta und Verordnungen der gemeinen stat Immenstadt vom 17. 5. 1779.40
Dort resümierte er ganz in aufklärerischer Manier: Und da wir nun unter anderen
auch befunden, daß die bisherige statuta und Verordnungen der allhiesigen Stadt in
manchen stücken dunkel und unbestimt, und wegen länge der zeit, zu welcher solche verfaßt worden, theils nicht mehr anwendtbar, theils auch, und besonders so
vieil eine wohl eingerichtete forst- und holzordnung betrift, gar zu unvollkommen
und mangelhaft beschaffen seyen, also haben wir uns aus liebe und landesvaterlicher für sorge für den Wohlstand [...] bewogen gesehen, sothane statuta nicht nur
zu erneüern [...], sondern auch mit neuen gemein nützlichen Zusätzen zu vermehren, wie folgt [...]." Andere Ordnungen folgten nur partiell älteren Formulierungen, wenn der Gesetzesgeber zur Erkenntnis kam, daß einzelne Bereiche einer
erneuten öffentlichen Bewußtseinsmachung bedurften. Die Pfleger des paritätisch
ausgerichteten Spitals zu Augsburg glaubten 1764, daß in allen weltlichen haendlen
37
Eine erste, von mir durchgeführte, sicher noch vorläufige Zählung für das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützte Projekt der Repertorisierung der Augsburger Polizeimandate ergab
für die Zeit von 1500 bis 1800 immerhin 4 571 Stück.
38
B S B München, 4 J.germ. 138, Buchnr.: 01608519, Druck: Dresßden (Bergen) 1659. Titel: Erneuerte
und vermehrte Policey-, Hochzeit-, Kleider-, Gesind-, Taglöhner- und Handwerks-Ordnung [ . . . ] Johann Georgens des andern Herzogen zu Sachsen, 141 Seiten.
Erneuerte Polizey-Ordnung deß [... ] Statt Rotenburg o. d. Tauber, Rotenburg 1685.
StaatsA Augsburg, Adel, v. Königsegg-Rothenfels (Herrschaft), Nr. 139 c.
39
40
Anlässe zur Normensetzung. Eine Rechtfertigung aus der Sicht der Obrigkeit
21
nichts bestaendigeszyxwvutsrponmlkihgfedcbaXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDBA
liege. Folglich haben die dermalen wohlloeblich
verordnete
herren hospital-pflegere, die alte policey-ordnungen durchzugehen, das was nicht
mehr nach denen jezigen zeiten und umstaenden abgemessen ist, nach denen heutigen gewonheiten, und gesaetzen einzurichten verordnet; derohalben dann die aeltere zucht und policey-ordnungen revidiert, durchgangen, eine neue darueber verfast,
berathschlagt, und beschlossen. (Quellenteil, Nr. 7). Kurfürst Karl Theodor machte
1782 für die Pfalz keinen Hehl daraus, wenn der höchst-landesherrliche[n]
Verordnung Seiner Churfürstl. Durchl. [...] mißfälligst zu vernehmen gekommen war, welcher gestalten verschiedene theils unter vorig- theils unter
dermalig-glorreichester
Regierung erlassen- und öffentlich kund gemachtezywutsronlihgfedcbaVO
Ρ olizey-Ver Ordnungen entweder
gar nicht, oder wenigstens nicht durchgehend befolget werdensrnmidaUE
[...].'41 Um das Erinnerungsvermögen der Untertanen zu schärfen und wohl aus der bitteren Erfahrung
der gerichtlichen Vollzugspraxis zur Policey setzte man vielerorts auch auf ein
permanentes Gesetzesmemorial. In der Oettinger Ordnung von 1678 verfugte man
dazu, daß solche unsere Ordnung umb bestaendiger observantz willen jaehrlich obbemeldten personen, die es vornemlich angehet, montags nach dem hiesigen bartholomaei marckt vorgelesen werden solle. (Quellenteil, Nr. 19). Solche Ansätze
waren nicht nur der überschaubaren Welt kleinerer Territorien im Reichskreis dienlich, sondern auch dem Reichskreis selbst. Das Bettler-, Gauner- und Armenpatent
des Kreises von 1720, das im übrigen das Fehlen älterer Kreispolicey-Ordnungen
auszugleichen suchte, nahm darauf Bezug. Am Ende ließen die kreisausschreibenden Fürsten wissen, daß diesem allen destomehr nachgelebet werde, auch sich keiner mit derwtsniheU
Unwissenheit entschuldigen koenne: so ist dieses patent sofort an gewoehnlichen orten zu verkuenden und zu affigiren, auch alle quartal vor denen
kirchen und rathhaeußern abzulesen. (Quellenteil, Nr. 22).
Nicht wenige, die Polizeiordnungen erließen, bereicherten ihr legislatives Handeln in einer Präambel zur Gesetzesvorlage mit politischer Theorie oder verwiesen
auf schlichte Sachzwänge der Staatsräson. Der Prälat der Augustinerchorherren zu
Wettenhausen tat dies 1525 auf folgende Weise: Vnnd damit aber sollich vnordnung, müßbräuch vnnd hochmuettigkait abgestelt vnnd unnser ambtleuth, hiindersassen, vnnderthanen vnd gerichtsuerwanndten
in künfftig zeit dester fridlicher,
freuntlicher vnnd nachpaurlich er bey vnnd nebenainander wonen vnd ain yeder
reych vnnd arm, frömbd vnd haymisch gegen dem andern auff sein erforderen
gepurlichs, austräglichs rechtens bekumen vnnd erlanngen muge, auch die vngehorsamen vnd widerwertigen mit gepürlichem rechten vnnd straffe gepuest werden
(vgl. Quellenteil, Nr. 15). Der reichsstädtische Rat tat in Augsburg nur wenige Jahre
später 1537 ähnliches, wobei durch ein weltliche Ratsregiment stärker auf das
Evangelium und die ordnende Hand christlicher Lehre Bezug genommen wurde als
im Stiftsstaat der Augustinerchorherren. Wiewol ain erber rat diser loeblichen stat
41
BSB München, 2 Bavaria 960, XX, 110, Buchnr. : 04901494, Druck: sine loco 1782.
22
Historische Einleitung
Augspur g guter Hoffnung gewest jre vnderthone gemaine burgerschafft inwoner vnd
verwandte sollten sich gegen got dem allmechtigen vmb gnadenreicher
Verleihung
willen seines hailigen worts vnd evangelij das nun vil jar here rain vnd hell mit
ermanungen
allem fleiß geprediget worden auch auf die vorgeenden vaetterlichen
etwas mer danckbarlicher erzaiget jren wanndel vnd leben darnach gericht vnd also gebessert haben das jr begirig hertz vnd eyfer nach aller gotseligkait vnd vnschuld mit erweisung christenlicher frucht vnd werck weiter vermerckt were. So
gibt doch laider die that zuerkennen das noch mancherlay stra'fliehe laster bey vilen stat finden vnd nit woellen abgestellt werden. Danach folgte die Legitimation
durch Gottes Gebot, die der Rat im Jahr der Beseitigung der papistischen
abgötterey mit der Auflösung aller noch in der Stadt vorhandenen Klöster und nach dem
Verbot der Messe nunmehr fur sein Wirken in Anspruch nahm. Alles
zuerweckung
des billichen zorn vnd straf Gottes zum anstoß vnd aergernus des naechsten vnd
endtlich zu schmach des hailigen Evangelij welchs allermaist darumb
verargwenet
geschendt vnd verlo"stert würdt als were es nit das ware vnd rain wort des Herrn.
[...] Deßhalben vnd zu fürkommung aller laster vnd vnordnung so vil menschlich
vnd müglich vnnd zu pflantzung aller zucht vnd erberkait auch erhaltung guter pollicey hat ain erber rat auß Gottes gnaden vnd mit gu°ter vorbetrachtung
nachfolgende Ordnung begreiffen vnnd verfassen lassen (Quellenteil, Nr. 1). Räte, Regierungen und Landesfursten verwiesen keineswegs nur auf die Belange der Obrigkeit, denn die Programmatik guter Policey suchte den Schulterschluß mit dem
glückseligen Untertan. Hier konnten Norm und Realität natürlich selten zur Dekkung gebracht werden, doch blieb der Anspruch fest in den Ordnungen verankert.
Im Fürststift Kempten war dies 1562 gleich zu Beginn, je nach dem Status eigener
Lesefahigkeit, zu hören oder nachzulesen. Wir Georg von Gottes gnaden abbte des
erwürdigen stifts und gottes hauß Kempten [...] entbieten allen [...] was für merklicher nuz, friedleben, ruhe und einigkeit, nicht allein den obrigkeiten, sondern auch
denutrnhgedcaO
unterthanen, durch gute, gesez, Ordnungen undpoliceyen erfolgen (Quellenteil,
Nr. 13) könne.
2. Zur Rezeption der Reichsgesetze
Die lange vernachlässigte, weil von nationalstaatlicher Prämisse überlagerte Strukturdebatte zur historischen Bedeutung des Alten Reiches, wie sie sich seit dem
Zweiten Weltkrieg abzeichnet, sollte meines Erachtens längst auch ein verändertes
Koordinatensystem in der Landesgeschichte initiieren. Doch blieben bisher Arbeiten, deren Fragestellung in einem überschaubaren regionalen Untersuchungsraum
gleichsam eine Reichsgeschichte von „unten" beinhalten, nicht allzu häufig. Ein
Zur Rezeption der Reichsgesetze
23
Feld, das für das Spannungsverhältnis zwischen dem Alten Reich als einem legislativem Corpus und den einzelnen Territorien aussagekräftig sein kann, ist dabei sicher das des frühmodernen Policeyrechts. 42 Entscheidende Initiativen gingen sowohl vom Reichsoberhaupt als auch vom Reichstag aus. Trotzdem wurden diese
Reichsordnungen in der Forschung nicht entsprechend rezipiert, da ihre Zahl quantitativ gesehen - bescheiden blieb und da ihr Einfluß als Rahmengesetzgebung
auf fμirstenstaatliche Mandate unterschätzt wurde.
Karl V. markierte am 21. Januar 1530 während des Reichstags zu Augsburg den
Anfang, als er mit den Reichsständen zusammentrat, um - neben der Türkengefahr
und der Religionsproblematik - vor allemzywvutsrponmlkihgfedcbaR
gute ainigkait und frid, auch sunst gute
muntz pollicey und wolfahrt des hailigen Reichs allenthalben in disen und andern
desselben obligenden sachen: zu beschliessen: zumachen: aufzurichten und zuvnderhalten,43 Das wichtige konkrete gesetzgeberische Ergebnis dieser Reichsversammlung war dann auch die - erst später so bezeichnete - Reichspoliceyordnung.
Sie wurde 1548, 1551 und 1577 erneuert und reichlich ergänzt. Als ein Orientierungsgesetz blieb sie bis zum Ende des Alten Reiches im Jahr 1806 in Kraft. Diese
vermeintlich quantitativ und qualitativ wenig beeindruckende Tätigkeit der Reichsgesetzgebung auf dem weiten Feld der frühneuzeitlichen Policey schien daher einmal mehr zu belegen, daß das Reich bereits im 16. Jahrhundert in dem zentralen
Bereich der Gestaltung der öffentlichen Ordnung versagt habe. Im 17. und 18. Jahrhundert erfolgten, im Gegensatz zu den Reichsterritorien, prima vista ebenfalls keine neuen Initiativen. Somit schien sich die lange vorherrschende Bewertung als ein
zerfallendes, morsches, machtloses und dysfunktionales Gebilde, das den Weg in
die moderne Staatlichkeit nicht fand, zu bestätigen. Die Forschung konstatierte
dementsprechend ein „Versagen" der Reichsgesetzgebung seit Beginn des 16. Jahrhunderts und betonte die führende Rolle der Territorien im Bereich der Policeygesetzgebung. 44 Dabei blieb meist völlig unbeachtet, wie stark die Reichspolizeiordnungen qualitativ an der frühmodernen Staatsbildung beteiligt waren. Jedenfalls
nahmen zahlreiche Stadt- und Landesverordnungen direkten Bezug darauf. Dies traf
zu einem gewissen Grad offenbar selbst für Länder wie die Schweiz zu, die spätestens seit 1648 außerhalb des Reichsverbands standen. 45 Für Ostschwaben läßt sich
der Bezug zur Reichsgesetzgebung ebenfalls herstellen, ja er wurde sogar als Stil-
42
43
44
45
Johann Jacob Moser, Von der Landes-Hoheit in Policey-Sachen, nach denen Reichs-Gesezen und dem
Reichs-Herkommen wie auch aus denen Teutschen Staats-Rechts-Lehren und eigener Erfahrung (9
Bde.). Hier einschlägig Band VI: In Policey-Sachen, Frankfurt/ Main u. a. 1773.
Karl Härter, Entwicklung und Funktion der Policeygesetzgebung (Anm. 8), S. 6 1 - 1 4 1 ; StadtA Frankfurt/ Main, Reichstagsakten 1397-1806, Bd. 44 (Einladungsschreiben Karls V. zum Augsburger
Reichstag 1530).
Karl Härter (Anm 8), Fußnote 5.
Claudia Schott-Volm, Policey in der Schweiz: Das Beispiel Zürich, in: Michael Stolleis unter Mitarbeit
v. Karl Härter/ Lothar Schilling (Hg ), Policey im Europa der Frühen Neuzeit, Frankfurt am Main 1996,
S. 4 8 9 - 5 0 9 .
24
Historische Einleitung
mittel zur erhofften Steigerung eigener Policeygewalt eingesetzt. Die Äbtissin des
Damenstifts Edelstetten tat dies im Versuch, ihre Polizeiordnung von 1671 zu implementieren. Damit nun solche gebott allenthalben zuen unserem stüfft desto baß
gehalten unnd gehandthabt werde, unnd sich niemandts der unwissenhait entschuldigen möge, so ist unser ernstlicher will und mainung, daß der pfarrer, alleonS
Sonntag: oder gebotne feyrtäg vor: oder nach vollendter predig, die pfarr künder fleisiglich ermanen unnd gewarnen, daß sie die gottslesterung bey dem namen gottes,
seinen heilligen sacramenten beym hagel donner, blitz unnd dergleichen freuentlichen schwur unnd flüch genzlich vermeiden, und sich der selben enthalten. [...]
Inmassen dan solches allen pfarrherren im ganzen Rom: Reich, durch die Rom:
kayser[liehen] mayest[ät] unnd derselben publicierten pollicey Ordnung auferlegt
und geboten ist. (vgl. Quellenteil, Nr. 11). Erfolgte dort der Verweis auf die erneuerte Reichspolizeiordnung von 1577, ohne sie konkret zu benennen, noch im vorderen Teil der Stiftsordnung, so verwies der Lindauer Rat dagegen beispielsweise erst
im 16. Abschnitt (Von juden und derselben, wie auch anderen
wucherlichen
conträcten) seiner reichsstädtischen Polizeiordnung von 1697 direkt auf das Reich:
Als wollen wiir, daß heyl[igen] reichs abschid undpolicey Ordnungen von wucherlichen conträcten, monopolien und falschen wahren, deßgleichen unsere
abgegangene underschidliche tax Ordnungen und bestimmung der löhnen, arbeit und wahren hiehero widerholt und damit alle vnsere angehörige in statt und land ernstlich
gewahrnet haben, sich aller wucherlichen und jüdischen contract und handlungen,
sie geschechen mit andingung wochent- oder jährlicher unbillicher zinß oder mit
übersezten und vertheürten anschlag der wahren und victualien oder mit auffrichtung falscher und schein verschreibungen oder heimlicher nebenschein [...] (Quellenteil, Nr. 5). Blieben die Querverweise auf Reichsgesetze in den genannten Polizeigesetzen relativ unpräzise, so konnte dies andernorts ganz konkret geschehen. Im
Herzogtum Württemberg verwies man 1549 beim Thema Von reysigen, auch
dienstknechten, mägdten vnd eehalten sogar auf ein bestimmtes Blatt der Reichspolizeiordnung von 1548: Wollen wir, das dem artickel, so jr halb in Rö. Kei. Ma. etc.
vnd des heyligen reichs pollicey Ordnung am drey vnd zweintzigisten blat nachgangen werd. Also anfahend: „Nach dem sich auch vil begibt etc. " Einen weiteren Foliohinweis auf dieses Reichsgesetz enthält das Kapitel Von den handtwercken in
gemein, auch derselben sönen, gesellen, knechten vnd leerknaben. Dort verweist die
territoriale Policeyordnung: Nachdem derhalben von Rö. Kei. Ma. vnnd den Stenden
des heiligen reichs etlich artickel in außgegangner pollicei Ordnung im ein vnnd
dreissigisten blat wolbedachtlich gesetzt vnd geordnet, also anfahend: „ Vnd nachdem die handtwercker etc. " (Quellenteil, Nr. 20 a)
Auch im Archiv der Kölner Kurfürsten - um Beispiele außerhalb Schwabens zu
nennen - war der Zugriff auf gedruckte Reichsgesetze und die Sammlungen der
Reichstagsbeschlüsse 1596 offenbar ziemlich unkompliziert, denn die dortige Landesordnung verweist für das Delikt der Gotteslästerung sehr konkret: [...] Wiewoll
Zur Rezeption der Reichsgesetze
25
in geistlichen vnnd weltlichen rechten vnd darzu vff gehaltenen reichßtägen gottslesterung vnd gottsschweren bey hohen poenen vnnd straffen verbotten seyn [...]. zyxwvutsrp
Und in einem Abschnitt zu den Wiedertäufern heißt es: Vnd nachdem dan auch leider in diesen jetzigen geschwinden leuffen die vnchristliche auffrürische vnd verfürische verdampfe sect der wiedertauff entstanden ist vnd darvmb die röm. kay.
maiest. Kayser Carli der Fünffte mit consent vnd guten vorbedacht der churfürsten,
fürsten vnd stende des heyligen römischen reichs eine heilsame constitution, in das
reich hatpublicieren
lassen [...]. Auch die Normierung der Domprediger und ordinierten Pfarrer inszenierte man mit Verweisen auf den Augsburger Reichstag von
1530 im Abschnitt zu den winckelpredigeren. Wir beuehlen auch, daß die winckelprediger vnd lehrer, auch alle andere, die nit nach inhalt des Augspurgischen
reichs abschiedts vom jar 1530 ordentlich beruffen, durch den ertzbischoffen oder
bisschoff darunder er gesessen, examinert vnd seines lebens, lehr vnnd geschickligkeit erfahren, auch zum predigampt genoichsam erkandt [...].'46 Und im evangelischen Fürstentum Ansbach der fränkischen Zollernlinien gipfelte der Gesetzestransfer zwischen dem Alten Reich und einem Territorium darin, daß der Bezug auf die
einschlägige Reichspoliceyordnung von 1548 noch im Jahre 1566 zum Auftakt einer eigenen Landesverordnung stilisiert wurde. Polliceyordnung etlicher punct vnnd
artickel/ in welchen vermög des heiligen Römischen Reichs/ verschinen XLViiijars
[1548]/ vff dem dazumal zu Augspurg gehaltenem reichstag/ vffgerichten vnd publicirtenzyvutsrponligfedcaOC
Ordnung vnd reformation guter pollicey/ einer jeden obrigkeit/ selbsten fürsehung zuthun/ beuolhen/ wie die in des durchleuchtigen hochgebornen fürsten vnd
herrn herrn Georgen Friderichen Marggraffens zu Brandenburg/ etc. auch in
Schlesien zu Jegerndorff/ etc. Herzogen/ fürstenthumb/ jetzo widerumb/ von newem
vbersehen vnnd außgangen, anno MDLXV1.47
Die Bezüge zu den einzelnen Reichspolizeiordnungen mußten aber vor Ort nicht
nur durch direkte längere Zitate oder Textverweise auf zentralörtliche Reglementierung deutlich gemacht werden. Nein - sie konnten sich auch einfach durch thematische Anlehnung oder durch die Übernahme von Begriffen ergeben. So befaßten
sich Reichspoliceyordnungen und Reichsabschiede traditionell gerne mit dem Laster der Trunkenheit, wobei das sog. Zutrinken zum Schlüsselbegriff erhoben wurde. In den Reichspolizeyordnungen von 1530 und 1548 sah man dies wie folgt ge-
regelt: Und nachdem aus Trunckenheit, wie man täglich befindet, der Allmächtig
höchlich erzürnt wird/ auch viel Lasters/ Übels/ und Unraths entstehet/ auch in vergangenen Reichs-Tagen des Zutrinckens, halben geordnet und gesetzt, daß eine je-
46
47
Polizeiordnung ( d e ß erzstiffts Cölln pollicey vnd landsordnung) vom 4. 11. 1596, Gedruckt zu Münster
in Westphalen (Lambert Räßfeldt) M.D. XCVI. StadtA Köln, Historisches Archiv, Druckschrift v o m
4. 11. 1596, S. 4f.
StaatsA Nürnberg, Rep. 103 lai (Ansbachische Ordnungen), A 25: Polizeiordnung etliche Punkt und
Artikel [ . . . ] wie die in des [...] Fürsten Georg Friedrichen [ . . . ] Fürstentum jetzo wiederum von neuem
übersehen und ausgangen, Druck von 1566.
26
Historische Einleitung
de Obrigkeit solches Zutrincken abstellen, und das zu vermeiden, die Uberfahrer
ernstlich straffen soll [...]. 48 Danach regelte die Augsburger Ordnung von 1537: Es
setzt vnd gepeüt auch ain erber rat das kain wein, meth oder pierschenck weder an
feyr- noch wercktaegen bey naechtlicher weil, wann die glock neun geschlagen hat
vnd darnach in jren wirtsheüsern ainiche gast mer halten setzen noch jme zutrinkken auftragen sollen (Außgenomen die frembden goeste die bey jme zu herberg
ligen) bey straff aines yeden vberfarens ains gulden reinisch. (Quellenteil, Nr. 1).
Der Lindauer Rat verfugte 1673, daß niemands den andern bey gastungen zum
trinckhen wider seinen willen bescheid zuthun und gemessen oder gleich voll außzutrinckhen nöthigen, tringen, importuniren oder darüber rechtfertigen, vilweniger
schmähen oder beleidigen, große unmenschliche triinckh anfangen oder in andern
weegen sich voll oder von der vernunfft trinckhen solle. (Quellenteil, Nr. 5). Im Stift
Kempten ließ Fürstabt Georg im Jahr 1562 exzessives Trinken (Zutrinken) ebenfalls policeylich bannen. Hinweise folgten sowohl im Text als auch in einer Kapitelsüberschrift zu Fremde herrschaften, spielens oder zutrincken, auch tanzen halber nicht zu besuchen. Der Text führte das Verbot detailliert aus: Es soll auch hiemit einem jeglichen wirth und gastgeben, in unser grafschaft Kempten gesessen und
uns gehörig, gebotten seyn, <i[a]s er seinen gasten, so unserm gottshauß zugewandt,
auch andern zu solchem zutrincken und füllerey kein wein geben, thäte er aber es
darüber oder ließ das zudrincken in seiner behausunng fürgehen, oder wo sich ein
gefecht, hander oder rumor auf d[&\s zutrincken und füllerey begebe und zutrüge,
und zeigte solches unsern vögten und amtleuthen nicht an, derselbig soll auch in
gleicher straf wie obgemeldt stehen. (Quellenteil, Nr. 13). Im Territorium des
Augsburger Domkapitels war ähnliches - reduziert auf Wein und Branntwein - sicher nicht erst seit der Ordnung von 1571/1579 geregelt. Vnd bey welchem würth
deß zutrincken oder vberladen deß weins auch spil flu°chen oder schwoeren fürgiengen soll ain jeder so darbey ist vnd das hoeret insonderhait aber der würth solches
jederzeyt vnuerzogenlichen dem vogt vnd die voegt dieselbigen Verbrecher vnsern
landpflegern anzaigen49 (Quellenteil, Nr. 10). In der Markgrafschaft Burgau hielt
man es 1577 in der Ordnung für die Stadtgemeinde Burgau ebenfalls für nötig, einen eigenen Abschnitt ( Vom vbermessigen zuetrinckhen, vnd grossen leichtfertigen
spileri) in Beziehung zu diesem Leitbegriff aus der Reichspolicey zu setzen. Auch
dort ergänzte man die Passage vom Zutrinken, wie in der Reichsordnung, mit anderen Lastern - speziell mit der Spielleidenschaft: Alles muetwillig, freuenlich vnd
vbermessig zuetrinckhen, wie grosses leichtfertiges spilen, sollen genzlichen verboten sein, bey straff der landtsfürstlichen mandaten. Sonsten mag ainer wol ain
48
49
Hanns Hubert Hofmann (Hg ), Quellen zum Verfassungsorganismus des Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nation 1495-1815 (Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte der Neuzeit. Freiherr
vom Stein-Gedächtnisausgabe 13), Darmstadt 1976, S. 93f., Polizeiordnung vom 30. 6. 1548, VIII.
Vom Zutrinken.
An späterer Stelle erging das Verbot für das Zutrinken von Branntwein.
utronmkieZV
Zu denzywvutsrqponmlkjihgfedcbaZVTSRQPONMKIFEDBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
27
abendtzech thuen, vnd dem andern ain freundtlichen drunckh bringen, allain daswsrnlihgecbaV
es
mit beschaidenhait beschehe vnd zwo oder drey zechen nit aneinander gesezt werden, welliches bey straff jedes Verbrechens, an fünff schilling haller verboten.
(Quellenteil, Nr. 16). Die Policey zu Edelstetten widmete 1625/1671 schließlich
dieser Materie - immer noch in Anlehnung an die Reichspolizeiordnungen - ebenfalls einen eigenen Artikel: Von überflüßigem zutrinkhen. Darin verwies der Obervogt mit Konsequenz: Dieweil nun auß der füllerey, und übermeßigen
trinkhenhait
wie man täglich augenscheinlich befündt, der allmächtig höchlich erzürnet würdet,
auch viel sündtlicher laster als gotts lästeren, mordt, todtschlag, ehebruch, hurerey,
vnnd dergleichen vnzalbarlichen täglich je lenger je mehr daraus volgen [...], sah
man sich veranlaßt zu wirken, daß sich alle Stiftsuntertanen fürterhin des übermessigen ungeschikhten zu trünkhens gänzlich entmessigen. (Quellenteil, Nr. 11).
Besonders deutlich wurde der Bezug zu den Reichsgesetzen, um abschließend den
Blick bereits in den Fränkischen Reichskreis zu richten, noch 1685 in einer Policeyordnung für die Stadt Rothenburg o. d. Tauber erklärt. Dort verfugte der Rat zum
Thema „Zutrinken": Besonders aber soll man sich des übermäßigen zu- und gesundheit-trinckens
bey hochzeiten gastereyen und andern zusammenkunfften,
wie
nicht allein in unsern vorigen edicten sondern auch in des //e;7[igen] i?öm[ischen]
reichsabschieden
verbotten worden, enthalten so lieb einem ieden ist gottesfurcht
zucht und erbarkeit zu befördern und hingegen alles aus überflüssigem
anfüllen
entstehndes Unwesen und darauf folgende strafen zu vermeiden,50
3. Zu den großen Überschriften des
Forschungsobjekts Policey
Das unverändert große wissenschaftliche Interesse 51 an Normengebung und Normendurchsetzung im allgemeinen und an der Policeymaterie im besonderen deckt
sich vielfach mit dem mainstream einiger Fragestellungen, die zur Erklärung der
Entstehung frühmoderner Staatlichkeit herangezogen werden. Der Diskurs zu Konfessionalisierung, Sozialdisziplinierung und herrschaftlich-administrativer Verdichtung incl. des weiten Felds der Implementation von legislativer Autorität (Mandate,
50
Bay. StaatsBi München, Polizeyordnung, I. germ. 4, 203 (38). Vgl. zu den fränkischen Ordnungen:
Wolfgang Wüst, Die „gute Policey" im Reichskreis. Zur frühmodernen Normensetzung in einer Kernregion des Alten Reiches, Bd. 2: Der Fränkische Reichskreis, Akademie-Verlag Berlin, in Vorbereitung.
51
V o m 5 . - 7 . November 2000 fand beispielsweise unter der Federführung des Historischen Seminars der
Universität Kiel (Prof. Dr. Olaf Mörke) auf Gut Salzau eine von der DFG geförderte Tagung zum Thema: „Normen und Normveränderungen im Verhältnis von Herrschern und Ständen im 17. Jahrhundert"
statt.
28
Historische Einleitung
Dekrete, Urteile, Gebote, Ordnungen usw.) spielt dabei eine besondere Rolle. Blikken wir zunächst auf den Zusammenhang von Konfessionsbildung und außerkirchlicher Normierung.
3.1. Die Konfessionalisierung
Policey und Konfession bildeten in vielerlei Hinsicht eine Einheit. Wo keine Religion ist, da lebet man wie das unvernünfftige Viehe/ da ist auch keine bestendige
Policey,51 formulierte bereits der bekannte Jurist und Politiker Dieterich Reinkingk
(1590-1664). In geradezu klassischer Form kam beispielsweise auch in der Ursbergischen Landesordnung noch am Ende des 18. Jahrhunderts der Auftrag und Wille
eines geistlichen Landesherrn bzw. seiner Regierung zur Konfessionalisierung des
Landes zum Ausdruck. Die Reichs-Gotteshauß Ursbergische Statuta von 1777 ließ
Reichsprälat Wilhelm III. v. Schöllhorn (1771-1790) mit dem Gebot einleiten, daß
künftig alle unser unterthanen mann- und weiblichen geschlechts, jung und alte keine andere religion, oder glauben halten, oder annehmen, als die wahre katholische
allein selig machende religion, deßwegen auch niemand ketzerische, und von der
christlichen kirchen verbothnen bûcher bey sich haben, gebrauchen, oder lessen
sollen. Unter verluest der herrschaft, auch haab und guts. (Quellenteil, Nr. 14 a). In
der Herrschaft Fugger-Babenhausen ließ Graf Eustach Maria 1725 für seine Gerichtsvogtei zu Gabiingen am Anfang der Policeystatuten in aller Ausführlichkeit
klarstellen: Nachdem der wahre glaub daß fundament vnd grundt vöste vnnßerer
seeligkhait ist, so will vnd befülcht hiermit die gnädige herrschafft, daß alle ihr von
gott annbefehlen vnnderthanen, des glauben sein. Auch glauben: vnndt halten sollen, waß der hayl. apostel Petrus alß eintrlheaS
Statthalter christi: vnndt volgendts alle seine nachkhümling: vnndt päbst, zu Rom, biß zu vnnßeren zaitten ainhälliglich geglaubt, gelehrt vnndt gehalten haben. Das ist in einer summa, der römische
cathollische apostolische vnndt allain seeligmachente glauben, dabey wir auch dessen hayl. sacramenten: vnndt wohl her gebrachten hayl. ceremonys vnd ubungen,
wie die vonn vnnßeren lieben eiteren seeligen ann vnnß löblich kommen sein. Wür
beständig verharren: vnndt bleiben sollen. (Quellenteil, Nr. 17 a). Die hochstiftaugsburgische Policeyordnung, die Bischof Heinrich [V.] v. Knöringen 1606 erlassen hatte, stieß genau in das gleiche Horn. Konfessionelle Exklusivität wurde zur
Maxime in Landes-, Amts- und Ortsverftigungen.53 So wellen, ordnen und sezen
wir, das alle diejenige so uns und unserm hochen stifft Augspur g mit obrigkhait underworffen, darinnen wohnen und hausen oder khünfftigkhlich in dessen gebiett ir
beharrliches haimbwesen zue suchen und zue haben bedacht weren, sich zue unse52
53
Dieterich Reinkingk, Biblische Policey (Anm. 19), S. 11.
Wolfgang Wüst, Von „offnen lästern", „excommunication" und „bueßfertigen christenmenschen". Eine
hochstiftisch-augsburgische Polizeiordnung vom 30. Mai 1606, in. JHVD 87 (1985), S. 2 3 4 - 2 4 6 .
Zu denzyxwvutsrponmlkihgfedcbaZWVUSRQPONMLKJHGFEDCBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
29
rer wahren catholischen, apostolischen und römischen kirchen, derselben glauben,
lehr, Satzungen und gebotten bekhennen, auch denselben in allen und jeden articuln
und stuekhen nachkhomen. Ir leben, thuen und lassen darnach richten, auch ire
haußgenossen, weib, kind und ehehalten dahin aufferziehen, halten und weisen. Der
Augsburger Fürstbischof sorgte über das Policeyrecht entsprechend auch für den
Fall des Zuzugs oder bei Abwesenheit von Untertanen im evangelischen Herrschaftsbereich vor, um exterritoriale Einflüsse und Konfessionsvermischung zu
verhindern. Dahero auch hinfüro niemandt, was standts, landts, wesens und berueffs der immer seye, sich mit haußheblichen wesen, es gehe gleich mit annemen
deß burgerrechts oder allain einwohner und gastsweis niderzuelassen,
gestattet
werde. Er habe dann glaubwürdige urkundt auffzuelegen, das er in angedeüter
catholischen religion erboren und erzogen sey oder, da er an sectischen ortten geboren und iemanden in ainer andern secten anhengig gewesen ware, der alle nachforen und inhalt der synododisch Statuten vor deß ortts, allda er sich hin zue begeben Vorhabens ist, pfarherrn professionem fìdei und hinfüro dabey zuebeharren
Versprechung thuen. (Quellenteil, Nr. 9). Und die katholische Vogteiherrschaft zu
Gabiingen veranlaßte wie in den anderen Ämtern der Fuggerherrschaft auch einen
Nachweis über Jahresbeichte und Osterkommunion. Entfiel er, belegte die Herrschaft Hintersassen, Hausväter und Fürstendiener gleichermaßen mit Sanktionen.
Eß sollen auch dergleichen dienendte persohnnen schuldig sein, jedes jähr umb die
öesterliche zeith 14 tag vor: oder nach, der herrschafft oder derselben angesezten
beambten, ein uhrkhundt, von ihrem beicht vätteren zu bringen vnnd darmit zu bescheinen, das seye cathollischen gebrauch nach gebeicht vnndt communiciert haben: wann sie änderst des alters sein: wo daß nit bescheche, soll ihnen weder abschüdt, geburths, noch freybrieff aus ihrer haimbet erthailt oder gevolgt werden.
(Quellenteil, Nr. 17 a).
Konfession, Glaubensgemeinschaften und Policey standen also im Wechselspiel,
doch diente normatives Recht auch dem, was dem historischen Konzept Konfessionalisierung an staatenfestigender und herrschaftsintensivierender Wirkung zugeschrieben wurde. Seit 1956 Ernst Walter Zeeden 54 mit dem Vergleich landes- und
landeskirchlicher Phänomene eine „Konfessionsbildung" beschrieb, die die Reichskonfessionen der Calvinisten, Lutheraner und Katholiken als zeitlich parallele und
vergleichbare Entwicklungsstufen der Frühmoderne charakterisierte, ist das dialektische Bild von der Reformation und Gegenreformation aufgebrochen. Noch bevor
das Konzept zur Konfessionalisierung in enger Verknüpfung kirchen- und politikgeschichtlicher Zusammenhänge die zeitliche Aufeinanderfolge konfessionstypischer Modernisierung grundsätzlich in Frage gestellt wurde - dies gilt im übrigen
auch für die zeitliche Einordnung der Policeyordnungen, wo man generell keines-
54
Ernst Walter Zeeden, Grundlagen und Wege der Konfessionsbildung in Deutschland im Zeitalter der
Glaubenskämpfe [1956], in: Ders. (Hg ), Konfessionsbildung, Stuttgart 1985, S. 6 7 - 1 1 2 .
30
Historische Einleitung
wegs eine verspätete Initiative in Territorien mit dominierender altgläubiger Ausrichtung feststellen kann - mehrte sich die Kritik an den Paradigmen Reformation
und Gegenreformation. Wolfgang Reinhard 55 legte 1977 dar, daß die Gegenreformation durchaus - gewollt oder ungewollt - Beiträge zur Modernisierung in der
Mitte Europas leistete. Man verwies auf die Unterschätzung der Rolle der Jesuiten
in diesem Prozeß, die in ihrer Missionierungstätigkeit das Prinzip der Fremdbestimmung durch das neuartige Konzept der Selbstdisziplinierung ersetzten. Der
Schritt von der Konfessionsbildung zur Konfessionalisierung wurde aber mit letzter
Konsequenz erst 1981 vollzogen und etablierte sich seitdem als ein weitgehend akzeptiertes Interpretationsmodell, das Anleihe nahm an der Systemtheorie Niklas
Luhmanns und an der Identitätspsychologie Erik H. Eriksons. 56 Die Rolle der Konfessionen als ein gesellschaftlicher „Fundamentalvorgang" 57 war erkannt, doch fehlten Raster zum konkreten Erfassen dieses Prozesses. Zu einem der wichtigsten
Punkte im Versuch Konfessionsentwicklungen zu „messen" zählte zunächst die
Schaffung eines klaren Glaubensbekenntnisses („confessio"), auf das sich nicht nur
die Mitglieder der Kirche festzulegen hatten, sondern zu deren Einhaltung auch
Fürsten- und Staatsdiener eidlich verpflichtet wurden. An zweiter Stelle mußte dann
das einmal gewählte oder bestimmte Konfessionsbekenntnis zuverlässig in Land
und Stadt instrumentalisiert werden. Eine Schlüsselrolle fiel dabei dem auch in Policeyordnungen immer wieder genannten Kreis der Pfarrer, Lehrer, Beamten und
Juristen zu. Sie trugen als Multiplikatoren der Lehrmeinungen und Einzelbestimmungen einen kaum zu überschätzenden Anteil am Konfessionalisierungsvorgang.
Im Augsburger Bistum richtete deshalb auch der hochstiftische Landesherr 1606
sein policeyliches Augenmerk (wir entbieten ...) zuallererst an allen und jeden unsern pßegern, burgermaistern, vögten, pröbsten, ambtleüthen, richtern und gerichten und gemainlich allen den jenigen, so unß und unserm Höchen stifft Augspurg mit
weltlicher obrigkhait und dienstpflichten underworffen und zuegethan seyen. (Quellenteil, Nr. 9). Konfessionszwang funktionierte nur über die erfolgreiche Disziplinierung der Fürsten- und Kirchendiener. Als dritter Punkt ist zu beachten, ob es
dem Landesherrn und seinen Räten gelang, eine planmäßige Propaganda in Gang zu
55
56
57
Wolfgang Reinhard, Gegenreformation als Modernisierung? Prolegomena zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters, in: Archiv für Reformationsgeschichte 68 (1977), S. 2 2 6 - 2 5 2 .
Wolfgang Reinhard, Konfession und Konfessionalisierung in Europa, in: Ders., Ausgewählte Abhandlungen, Berlin 1997, S. 103-125; Heinz Schilling, Konfessionskonflikt und Staatsbildung. Eine Fallstudie über das Verhältnis von religiösen und sozialen Wandel in der Frühneuzeit am Beispiel der Grafschaft Lippe, Gütersloh 1981; Niklas Luhmann, Funktion der Religion (Suhrkamp-Taschenbuch
Wissenschaft 407) Frankfurt am Main 1982; Erik H. Erikson, Der vollständige Lebenszyklus (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft 737), Frankfurt am Main 1988.
Resümierend: Olaf Mörke, Die politische Bedeutung des Konfessionellen im Deutschen Reich und in
der Republik der Vereinigten Niederlande. Oder: War die Konfessionalisierung ein „Fundamentalvorgang"?, in: Ronald G. Asch/ Heinz Duchhardt (Hg.), Der Absolutismus - ein Mythos? Strukturwandel
monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1 5 5 0 - 1 7 0 0 ) (Münstersche Historische Forschungen 9), Köln/ Weimar/ Wien 1996, S. 125-164.
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großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
31
setzen. Sie begann mit standardisierter Theologie 58 und endete mit der Indoktrination der Menschen durch Predigt 59 , Bilder, Katechismus, Lieder, Gerichtsprozesse
und durch eine Flut an Gesetzen, Ordnungen und Mandaten, die auch Kirchengebote zum Kanon staatlichen Handelns erhoben. Nicht konformes Wort-, Bild- und
Liedgut galt es auszugrenzen, so handelte etwa ein Titel der Augsburger Policeyordnung von 1621 Vom schmählichem nachreden, bücheren, liederen und anderer
schambarer leichtfertigkeit. Darin zielte der Rat auf die Anzeige jedes verbottnen
schmächlichen, unverschambten und scha[m]bahren buechs, liedes, gedichts oder
schrifft halben es seyn gleich wider hoch- oder nidriges standts persohnen, alß daß
jemandt dergleichen erdacht, gedieht, gemacht, erneiiert, gedruckht,
geschrieben,
fail gehabt, verkaufft, gesungen, geiessen, angeschlagen. (Quellenteil, Nr. 2). Die
Versuche, die Buchproduktion staatlich zu reglementieren und die Zensurgesetze 60
zu verschärfen, ergänzten das Ringen um die Inszenierung von Konfessionalisierung. Das Bemühen um die ausreichende Publizierung und die Solidarisierung der
Amts- und Gerichtsstellen um die Einhaltung und Überwachung der Policeyvorschriften gehören in diesen Zusammenhang. Die Augsburger Spitalpfleger verankerten diesen Grundsatz, ähnlich wie andere Obrigkeiten, in der Herrschaftsordnung von 1764 an vorderer Stelle. Die hohen und niederen Amtsleute sollten gleichermaßen Sorge tragen, daß die Policey auch in allen spitalischen gerichten publiciert worden war. Und solle hiemit von allen und jeden des spitals
unterthanen,
hintersassen, und einwohneren darueber unverbruechlich und unnachlaeßlich
gehalten, sonderlich aber von denen beamten alles genauest befolgt, und, so lieb jedem seine eigenetrolhfaW
Wohlfahrt ist, in keinem stueck hierwider gehandlet werden. Wobey dann auch die herrschafft alle gehorsame unterthanen zu schuetzen und zu
schirmen, die ungehorsame und widerspenstige hingegen durch die hierinnen angesetzte straffen, nachdrucksamst zu besseren, nicht ermanglen wird. (Quellenteil, Nr.
7). Ein weiteres Kriterium, um Konfessionalisierung effektiv zu gestalten, ist der
Ausbau des Bildungswesens. Universitäten und Lateinschulen sind zuerst zu nennen. Hier konnte der Nachweis einer entsprechenden Infrastruktur auch eine bildungsmäßige Monopolisierung einleiten, die zu Verboten für das Studium im „Ausland" führte. Wichtig war natürlich aber auch der Bereich der Volks-, Kinder- und
Elementarbildung gewesen. Policeyordnungen verwiesen in diesem Zusammenhang
58
Für das Herzogtum Württemberg: Martin Brecht, Die Ordnung der Württembergischen Kirche im Zeitalter der Reformation, in: Ders.: Kirchenordnung und Kirchenzucht in Württemberg vom 16. bis zum
18. Jahrhundert (Quellen und Forschungen zur Württembergischen Kirchengeschichte 1), Stuttgart
1967, S. 1-52.
59
Zum Kontext von weltlich-städtischer Policey und kirchlicher Dogmatik als Fallstudie: Monika Hagenmaier, Predigt und Policey. Der gesellschaftliche Diskurs zwischen Kirche und Obrigkeit in Ulm
1 6 1 4 - 1 6 3 9 (Nomos Universitätsschriften, Geschichte 1), Baden-Baden 1989.
60
Wolfgang Wüst, Censur als Stütze von Staat und Kirche in der Frühmoderne. Augsburg, Bayern, Kurmainz und Württemberg im Vergleich. Einführung-Zeittafel-Dokumente (Schriften der Philosophischen
Fakultäten der Universität Augsburg 57), München 1998.
32
Historische Einleitung
auf die Umsetzung der Kirchenzucht, der Glaubens- und weltlichen Werteordnung
vor allem in der kinderzucht. Der reichsstädtische Rat zu Lindau ließ deshalb in den
erneuerten Ordnungen 1673, 1682 und 1697 einen entsprechenden gleichlautenden
Absatz - Von der kinderzucht - aufnehmen. Adressaten waren alle Eltern und
Hausväter. Sonderlich aber sollen alle und jede elitern und vorgesezte ihre leibliche
oder anbefohlne kinder strackhs von kindheit ahn im gebott und articuln christlicher religion wohl vnderrichten, benebenß die selbe in die kirchen zur predigt und
gebott, in Sonderheit auch [Nachtrag: zu der so wohl in der statt alß auf dem land
angestelten kinderlehr] auff dem land zu der kinderlehr. deßgleichen in die schulen
zeitlich und fleissig schickhen, und nicht zu früh [Nachtrag: noch ohnexaminirt]
darauß nemmen, sie zum gehorsam und schuldiger ehrerbietung gegen unß der obrigkeit, denen herren predigern, preceptoribus, schul- und lehrmeistern, eitern, Vormündern und anderen vorgesezten; ja insßgemein gegen alten, ehrlichen und fürnemmen, auch frembden leüthen vnd sonsten zu aller christburgerlichen
erbarkeit
mit eyfer anweißen. (Quellenteil, Nr. 5). Ferner entwickelten die Konfessionen eigene Kontrollverfahren, die sich vielfach in Parallele zur reglementierenden Policey
seitens der Ämter organisierten. Hierzu zählten die weit verbreiteten Kirchenvisitationen 61 ebenso wie auch die Inquisition, die sich nicht nur als katholische Variante
in Spanien und dem näheren Einflußbereich Roms breit etablierte. Inquisitionsverfahren zählten beispielsweise zum festen Repertoire im Gerichtswesen aller größeren frühmodernen Staaten. Am augenfälligsten trat sie bei Hexenprozessen 62 zu Tage. In evangelischen Territorien entwickelten sich neben den Visitationen andere
Kontrollformen, zu deren effektivsten die reformierte Kirchenzucht durch die Gemeinde selbst zählte. Im Bereich der Policey, die wie sich zeigte in vielfacher Hinsicht ältere kirchliche Aufsichtsverfahren aufgriff und ergänzte, wäre es reizvoll zu
untersuchen, ob die dort genannten Marken- und Hausvisitationen in Anlehnung an
kirchliche Visitationsformen in Pfarreien und Dekanaten entstanden oder ob sie genuin herrschaftlicher Herkunft sind. Für die Stadt (Dettingen wurden 1678 die Funktion bestellter visitatores umschrieben. Damit zum andern es in kauffen und verkauffen derer victualien desto richtiger und ohne betrug hergehe haben wir vor
noethig erachtet neben unserm gemeinschafftlichen stadtschreiber auf ieder Seiten
noch eine also zwey ihres wandels halben untadeliche personen [...] zubestellen
und solche soviel diese Verrichtung betrifft in gemeinschafftliche pflicht nehmen zulassen auch denenselben die hieunten benanbtste geschau des viehes obsicht und
Schätzung ueber wein bier brodt fleisch fisch und anders anbefohlen hingegen vor
ihre muehe und Sorgfalt zu reichen verordnet. (Quellenteil, Nr. 17 a). Als sechster
61
62
Peter Thaddäus Lang, Die Kirchenvisitationsakten des 16. Jahrhunderts und ihr Quellenwert, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 6 (1987), S. 133-153.
Wolfgang Behringer, Hexenverfolgung in Bayern: Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der
frühen Neuzeit, München 2 1988; Ders., Hexen und Hexenprozesse in Deutschland, 3. aktualisierte
Aufl., München 1995, ausführliche Bibliographie: S. 4 5 8 - 5 0 0 .
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33
Punkt der Konfessionalisierung ist auf die Symbolik und die gemeinsamen Riten in
den Glaubensgemeinschaften zu verweisen. Hierzu zählten die Kontrolle an der
Teilnahme von Beichte und Abendmahl, die Ausmerzung von suspekten Formen
der christlichen Botschaft wie dem Laienkelch durch die Katholiken oder der Bilderverehrung durch die Reformierten. Hierzu zählte auch die Ausprägung des Sakramenten·, Heiligen- und Reliquienkults in katholischen Ländern. Pauschal forderte man deshalb 1625 im Damenstift Edelstetten ein entschiedenes Vorgehen gegen
Sektierer, wobei die Strafbemessung sogar der Hochgerichtssprechung zugeordnet
worden war. [...] Da sich aber aines sunsten anderer: oder nichtiger ketzerey: oder
secten, wie die namen haben möchten, underfienge, vnnd also von der rechten wahren römischen cathollischen kürchen Ordnung vnnd sazung, in den wenigsten abfallen: oder dem anderen anweissung vnnd ursach mit worte, oder werkhe heimlich:
oder öffentlich geben wurde, daß soll in allweg an leib und leben, nach Ordnung der
geschribne gaistlich und weltliche rechte peinlich gestrafft werden. (Quellenteil,
Nr. 11). Als siebter und letzter Punkt konfessionalisierter Identitätsbildung sind
sprachliche Regelungen anzuführen. So bestimmte eine unterschiedliche Taufnamensgebung die „unsichtbare" Grenze zwischen den Glaubensgemeinschaften mit
Auswirkungen bis heute.
Auf der anderen Seite setzte das Policeyrecht auch zu einer umfassenden Friedensregelung an, die - und das war neu - vor allem auf die Schlichtung konfessioneller Streitbarkeit in den paritätischen Städten und den Gebieten mit konfessioneller Gemengelage abzielte. Im Gegensatz zum traditionellen mittelalterlichen Recht
waren dabei Policeynormen nicht mehr das „Ergebnis einer Summe von Rechtsfällen, [...] nicht geronnene, erstarrte, schriftlich fixierte Gewohnheiten, nicht altes
Herkommen". 6 3 Policeyordnungen konnten jetzt vielmehr als Rechtsgebote und
herrschaftliche Pflichten- und Fürsorgeordnungen charakterisiert werden, die nahezu alle Gesellschafts- und Lebensbereiche eines Gemeinwesens im Blick auf die
Bewahrung und Herstellung eines Zustandes guter und friedfertiger Ordnung einer
Steuerung unterwarfen. Stabilität, Frieden, Sicherheit und Wohlfahrt sollten gewährleistet sein. Konkret auf den Konfessionsausgleich nahmen erst die Ordnungen
des 17. Jahrhunderts Bezug. In der reichsstädtischen Polizeiordnung von 1621 zählte dann die Pax Augustana 64 als Friedenssymbol bereits zum Kanon normativer
Vorgaben in einer großen Stadtgemeinschaft: Wurden dann den beeden allhier erlaubten alt catholischen religion und Augspurgischer confession verwandte persohnen einander der religion und glauben sachen halben sehenden und schmächen
oder lestern, so solle die sach also gleich einem ehrßamen rath angezeigt und durch
63
64
Wilhelm Brauneder, Der sozialrechtliche Gehalt der österreichischen Polizeiordnungen des 16. Jahrhunderts. in: ZHF 3 (1976), S. 2 0 5 - 2 1 9 , hier: S. 209
Wolfgang Wüst, Die Pax Augustana als Verfassungsmodell: Anspruch und Wirklichkeit, in: Johannes
Burkhardt/ Stephanie Haberer (Hg.), Das Friedensfest Augsburg und die Entwicklung einer neuzeitlichen Toleranz-, Friedens- und Festkultur (Colloquia Augustana 13), Berlin 2000, S. 7 2 - 1 0 0 .
34
Historische Einleitung
selbigen zupflantzung befürderung und erhaltung des geliebten friedens mit ernstlicher straff gegen einem jeden nach gestalt der sachen die gebühr fürgenohmmen
werden. (Quellenteil, Nr. 2). Die allgemeine Sorge um den Religionsfrieden ergänzte der Rat um eine Vielzahl konkreter Ausführungen, die aber bereits die Diskrepanz zwischen Norm und Alltagsgeschehen offenkundig werden lassen. Wiewohlen
hiebevor allhier zu mehrer mahlen ernstlich verbotten worden, das sich männiglichen alle disputirens in religionssachen, schändens, schmächens, verspottens und
betrohens enthalten, und einer den andern in seinem wesen ruhig und friedlich verbleiben lassen sollen. So kommet doch einem ehrßamen rath glaubwirdig für, daß
ein zeithero sonderbar unter der gemaind beeder religion in bier- und würthshäußeren, auch auff der gassen und reichßstrassen, in religionsachen, und sonderlich
wegen deß abgestelten exercitij Augspurgischer confession, allerhandt disputationes, schände, schmächen, verspott und schimpffierungen fürgehen.
Welliches
aber guther policey, bürgerlichen wohlstandt und sicherer beywohnung strackhs
zuwider, auch dahero in dieser löblichen reichsstatt keineswegs zu gedulten ist.65
Konfessionalisierung und Policey dürfen keine rein makrohistorischen Erklärungsmodelle bleiben, sondern müssen sich auch kleinräumiger Analyse stellen.
Bayerisch-Schwaben ist dabei eine Region in der die Konfessionsforschung auch zu
einer Belebung landeshistorischer Betrachtung führte. 66 Die Spiegelung konfessioneller Vorgänge im Schwäbischen Reichskreis und speziell in Ostschwaben setzt
somit auch einen Blick auf die kirchenpolitische Entwicklung voraus. Der Augsburger Religionsfriede von 1555 und seine Folgen für die Territorien steht dabei im
Zentrum. In Schwaben blieb aufgrund jener in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandenen konfessionellen Gemengelage die Ära nach dem Abschluß des
Augsburger Religionsfriedens von 1555 keineswegs spannungsfrei. Die Reichsritterschaft, die gerade im Kanton Donau eine beachtliche Stellung einnahm, sollte
1555 mit der ihr zugebilligten freien Bekenntniswahl zwischen Katholizismus und
Augsburger Konfession den Reichsständen politisch gleichgestellt werden. Somit
bildete sich in Ostschwaben eine organisatorische Trias heraus, in der mit dem
Schwäbischen Reichskreis, dem Φsterreichischen Kreis 67 (incl. Vorderösterreich)
und eben der Reichsritterschaft die konfessionellen Zwistigkeiten nicht beseitigt
waren. Ja selbst innerhalb der Reichskreise lähmten zweierlei Glaubensformen häu65
66
67
Augsburger Policeyordnung von 1621, „Der achte titul: Vom schmählichem nachreden, biicheren, liederen und anderer schambarer leichtfertigkeit". Vgl. S. 99 dieses Bandes.
Peer Frieß/Rolf Kießling (Hg.), Konfessionalisierung und Region (Forum Suevicum. Beiträge zur Geschichte Ostschwabens und der benachbarten Regionen 3), Konstanz 1999.
Anton Karl Mally, Der Österreichische Kreis in der Exekutionsordnung des Römisch-Deutschen Reiches (Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte 8), Wien 1967; Ders., Der Österreichische
Kreis. Seine Bedeutung für die habsburgischen Erbländer, für Brixen, Trient und die anderen „Kreismitstände", in: Wolfgang Wüst (Hg ), Reichskreis und Territorium: Die Herrschaft über der Herrschaft?
Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Vergleich süddeutscher
Reichskreise (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayrisch-Schwabens 7), Stuttgart 2000, S.
313-331.
Zu denzyxwvutsrponmlkihgfedcbaZWVUTSRQPONMLKIHGFEDBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
35
fig die Landespolitik, zumal die kreisausschreibenden Fürsten - der Herzog von
Württemberg und der Bischof von Konstanz - selbst ein konfessionell ungleiches
Paar bildeten. In den konfessionell gemischten Reichsstädten Augsburg, Biberach
a. d. Riß, Ravensburg und Dinkelsbühl wurde 1555 auf der Grundlage des Status
Quo die Parität 68 beider Konfessionen festgeschrieben. In den beiden, heute Bayern
zugehörigen Reichsstädten Augsburg und Dinkelsbühl drohte diese sensible geistliche Klammer allerdings im Kalender- und Vokationsstreit (1583-1591) noch vor
seiner reichsrechtlichen Manifestierung durch den Westfälischen Friedensschluß
1648 wieder auseinander zu brechen. Schließlich lag auch für den ostschwäbischen
Raum Gefahr im Vollzug, den im Augsburger Religionsfrieden festgeschriebenen
„Geistlichen Vorbehalt" (reservatum ecclesiasticum) durchzusetzen, nach dem das
ius reformandi nicht für geistliche Reichsstände zur Anwendung kommen konnte.
Diese Regelung betraf neben Hochstift und Domkapitel Augsburg vor allem die
schwäbischen Reichsstifte und Klöster in Augsburg. Dies waren die Benediktinerabtei vor St. Ulrich und Afra zu Augsburg und außerhalb der Stadt die Karthause
Buxheim, das adelige Damenstift Edelstetten, die Benediktinerklöster Elchingen, Irsee und Ottobeuren 69 , die Prämonstratenserstifte Roggenburg und Ursberg, die Zisterzienserabtei Kaisheim, das benediktinische Fürststift Kempten, das Augustinerchorherrenstift Wettenhausen und schließlich das reichsgefurstete Damenstift
Lindau, das allerdings ohne Territorium auch keine landesherrliche Stellung erringen konnte. 70
3.2. Die Sozialdisziplinierung
Neben dem komplementären Feld von Policey und Konfessionalisierung ist der Begriff der Sozialdisziplinierung ebenfalls hilfreich, um die Intention normativer Wertebildung zu interpretieren. Der Begriff geht zurück auf Überlegungen in der Atrittsvorlesung Gerhard Oestreichs von 1962 und entwickelte sich seitdem, trotz
berechtigter Einwände, zu einem Leitkonzept in der Frühneuzeitforschung. In Aueinandersetzung mit der älteren Absolutismusforschung beschrieb er die Sozialdiziplinierung als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Bei der Suche nach Ant68
69
70
Paul Warmbrunn, Zwei Konfessionen in einer Stadt. Das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten in den paritätischen Reichsstädten Augsburg, Biberach und Dinkelsbühl von 1548 bis 1648
(Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Abtl. für abendländische Religionsgeschichte 111), Wiesbaden 1983.
Peter Blickle, Der Kampf Ottobeurens um die Erhaltung seiner Reichsunmittelbarkeit im 17. und 18.
Jahrhundert, in: Ottobeuren 7 6 4 - 1 9 6 4 . Beiträge zur Geschichte der Abtei, Ottobeuren 1964, S. 9 6 - 1 1 8 .
Pankraz Fried, Zur Ausbildung der reichsunmittelbaren Klosterstaatlichkeit in Ostschwaben, in: ZWLG
40 (1981), S. 4 1 8 - 4 3 5 . Wiederabdruck in: Peter Fassl/ Wilhelm Liebhart/ Wolfgang Wüst (Hg ), Forschungen zur bayerischen und schwäbischen Geschichte. Gesammelte Beiträge von Pankraz Fried
(Veröffentlichungen SFG/SFA, Sonderpublikation), Sigmaringen 1997, S. 3 9 7 - 4 1 4 .
36
Historische
Einleitung
Worten zu Zielvorstellungen und Praxis frühneuzeitlicher Herrschaftsausübung hat
sicher Gerhard Oestreich eine wichtige Grundlage geschaffen, als er den Rationalisierungsbegriff Max Webers für die Forschung durch die Einführung des Begriffs
„Sozialdisziplinierung" 71 fruchtbar machte. Den Polizey- und Landesordnungen
wurde damit sekundär, aber doch gleichzeitig, für die Entwicklung des frühmodernen Staates eine Schlüsselrolle zugewiesen. 72 Freilich blieb das aber zunächst ein
wohlmeinend formuliertes Postulat, denn von einer Erfassung des Korpus der Policeyordnungen, geschweige denn von der editorischen Aufarbeitung dieser Quellengattung war man weit entfernt. Winfried Schulzes Analyse des Sozialdisziplinierungsbegriffs Oestreichs in der Zeitschrift für Historische Forschung 73 und die
Arbeiten von Wolfgang Reinhard74 und Heinz Schilling 75 zur frühneuzeitlichen
Konfessionalisierung und Kirchenzucht 76 - von ihnen war schon die Rede - haben
sich dann wiederum als Initialzündungen auf die weitere historische Forschung im
gesamten deutschsprachigem Raum77 ausgewirkt. Und obendrein fugte sich der äl71
Gerhard Oestreich, Strukturprobleme des europäischen Absolutismus, in: VSWG 55 (1968), S. 3 2 9 347; Ders., Strukturprobleme des europäischen Absolutismus, in: Ders. (Hg.), Geist und Gestalt des
frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze, Berlin 1969, S. 179-197. Hier stellte Oestreich die „Sozialdisziplinierung" im Zeitalter des Absolutismus als Fundamentalvorgang, als Grundtatsache und als
Leitidee heraus. Vgl. außerdem: Gerhard Oestreich, Policey und Prudentia civilis in der barocken Gesellschaft von Stadt und Staat, in: Brigitte Oestreich (Hg ), Strukturprobleme der frühen Neuzeit, Berlin
1980, S.367-379. Zur Kritik: Winfried Schulze, Gerhard Oestreichs Begriff „Sozialdisziplinierung in
der Frühen Neuzeit", in: ZHF 14 (1987), S. 265-302; Hans Maier, Sozialdisziplinierung - ein Begriff
und seine Grenzen (Kommentar), in: Paolo Prodi (Hg ), Glaube und Eid. Treueformeln, Glaubensbekenntnisse und Sozialdisziplinierung zwischen Mittelalter und Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 28), München 1993, S. 237-240.
72
Gerhard Oestreich, Strukturprobleme (1968), S. 343, über die frühneuzeitliche Entwicklung: „Der
Mensch wurde in seinem Wollen und seiner Äußerung diszipliniert [...]. Der soziale Prozeß fand in den
Stadt-, Landes- und Reichspolizeiordnungen seinen Niederschlag. [...] Diese Landes- und Polizeiordnungen sind uns ein Mittel zum Verständnis des Disziplinierungswillens".
Winfried Schulze, Gerhard Oestreichs Begriff „Sozialdisziplinierung in der frühen Neuzeit", in: ZHF
14(1987), S. 265-302.
Wolfgang Reinhard, Konfession und Konfessionalisierung. „Die Zeit der Konfessionen (1530—
1620/30)" in einer neuen Gesamtdarstellung, in: Historisches Jahrbuch 114 (1994), S. 107-124; Ders.,
Zwang zur Konfessionalisierung? Prologomena zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters, in: HZ
10 (1983), S. 257-277.
Heinz Schilling, Die Konfessionalisierung im Reich. Religiöser und Gesellschaftlicher Wandel in
Deutschland zwischen 1555 und 1620, in: HZ 246 (1988), S. 1^15; Ders., Die „Zweite Reformation"
als Kategorie der Geschichtswissenschaft, in: Ders. (Hg ), Die reformierte Konfessionalisierung in
Deutschland - Das Problem der „Zweiten Reformation", Gütersloh 1986, S. 387—437.
Heinz Schilling, Die Kirchenzucht, in: ZHF. Beiheft 16 (1994), S. 11—40; Ders. (Hg ), Kirchenzucht
und Sozialdisziplinierung im frühneuzeitlichen Europa, Berlin 1994. Als Auswahlbibliographie zur
Kirchenzucht im frühneuzeitlichen Europa: ZHF. Beiheft 16 (1994), S. 221-232.
Als Forschungsüberblick für Φsterreich: Wilhelm Brauneder, Die Polizeigesetzgebung in den österreichischen Ländern des 16. Jahrhunderts: Derzeitiger Forschungsstand und Perspektiven, in: Michael
Stolleis unter Mitarbeit v. Karl Härter/ Lothar Schilling (Hg.), Policey im Europa der Frühen Neuzeit,
Frankfurt/Main 1996, S. 299-317; Ingeborg Mayer, Studien zum Polizeiwesen in Wien und Niederösterreich von seinen Anfängen bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, Masch.schrift Diss. Univ. Wien
1985. Für die Schweiz: Claudia Schott-Volm, Policey in der Schweiz (wie Anm. 45).
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tere zivilisationstheoretische Ansatz von Norbert Elias 78 ebenfalls in diesen Kontext
ein, wenn auch dort insbesondere die höfische Welt thematisiert wurde. Hof und
Policey wären angesichts der Frage nach dem Raumkonzept zentralitätsbildender
Residenzen ein interessantes Aufgabenfeld. Sie stand aber bisher außerhalb policeylicher Beobachtung und soll auch uns hier nicht weiter interessieren. Das gemeinsame Verständnis von einer „Totalisierung jener Disziplinierungstechniken, mit deren Hilfe abweichendes Verhalten schon in der Wurzel ausgerottet wird",79 neigt
allerdings im Bestreben, der „Fabrikation des zuverlässigen Menschen" 80 - insbesondere der nutzbringenden Untertanen - dienlich zu sein und die Genese bürgerlicher Tugenden, auf Ordnung, Fleiß, Willfahrigkeit und Sparsamkeit zu fokussieren,81 zu einer zu einseitigen Deutung des historischen Begriffs Disziplin. Als Folge
stellten sich eine tendenzielle Überschätzung policeylicher Macht und obrigkeitlicher Instrumentarien, eine Verdinglichung des Disziplinierungsansatzes, die Negierung individualistischer Gesichtspunkte 82 und die mangelnde Präzisierung bei der
zeitlichen Einordnung ein. 83 Die Wirksamkeit kodifizierter Verhaltensweise und
Affektkontrolle wurde neuerdings dann auch vermehrt außerhalb policeylich staatlicher Regie in den face-to-face-Beziehungen dörflicher Lebensumstände, in der
Ehrbeschämung, im Brauchtum oder im statusbezogenen Konsumverhalten festgemacht. 84 Trotzdem avancierte der Disziplinerungsprozeß zum „Fundamentalprozeß", zur „Grundtatsache" und zur „Leitidee", doch wo waren die primären Quellen
mit denen das „ganze" Bild gesellschaftlicher Phänomene veranschaulicht werden
konnte? Betrachten wir lediglich die Gliederungen der Policeyordnungen wird be78
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83
84
Albert Cremer, Höfische Gesellschaft und „Königsmechanismus" - zur Kritik an einem Modell absolutistischer „Einherrschaft", in: Sozialwissenschaftliche Informationen für Unterricht und Studium 12
(1983), S. 227-231; Norbert Elias, The civilizing process, 2 Bde., Oxford 1978/1982.
Stefan Breuer, Sozialdisziplinierung. Probleme und Problemverlagerungen eines Konzepts bei Max
Weber, Gerhard Oestreich und Michel Foucault, in: Christoph Sachße/ Florian Tennstedt (Hg ), Soziale
Sicherheit und soziale Disziplinierung, Frankfurt 1986, S. 45-69, hier: S. 62.
Hubert Treiber/ Heinz Steinert, Die Fabrikation des zuverlässigen Menschen - Über die „Wahlverwandtschaft" von Kloster- und Fabrikdisziplin. Über die „Wahlverwandtschaft" von Kloster- und Fabrikdisziplin, München 1980.
Paul Münch (Hg ), Ordnung, Fleiß und Sparsamkeit. Texte und Dokumente zur Entstehung der „bürgerlichen Tugenden" (dtv-Dokumente 2940), München 1984; Ders., Zucht und Ordnung. Reformierte
Kirchenverfassungen im 16. und 17. Jahrhundert: Nassau-Dillenburg, Kurpfalz, Hessen-Kassel (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit. Tübinger Beiträge zur Geschichtsforschung 3), Stuttgart 1978.
Roman Schnur, Individualismus und Absolutismus. Zur politischen Theorie vor Thomas Hobbes
(1600-1640), Berlin 1963. Unter spezieller Ausrichtung auf ständestaatlichen Strukturen: Winfried
Schulze, Vom Gemeinnutz zum Eigennutz. Über den Normenwandel in der ständischen Gesellschaft
der frühen Neuzeit, in: HZ 243 (1986), S. 591-626.
Martin Dinges, Frühneuzeitliche Armenfürsorge als Sozialdisziplinierung? Probleme mit einem Konzept, in: Geschichte und Gesellschaft 17 (1991), S. 5-29, hier: S. 7. Dagegen: Robert Jütte, Disziplinierungsmechanismen in der städtischen Armenfürsorge der Frühneuzeit, in: Christoph Sachße/ Florian
Tennstedt (Hg ), Soziale Sicherheit und soziale Disziplinierung, Beiträge zu einer historischen Theorie
der Sozialpolitik, Frankfurt/Main 1986, S. 101-118.
Günther Lottes, Disziplin und Emanzipation. Das Sozialdisziplinierungskonzept und die Interpretation
der frilhneuzeitlichen Geschichte, in: Westfälische Forschungen 42 (1992), S. 63-74.
38
Historische Einleitung
reits der themenumfassende Anspruch dieser Gesetzestexte deutlich. Als Beispiel
wählen wir die ausfuhrlich und deutlich gegliederte Fassung einer reichsstädtischen
Ordnung aus Augsburg. Wir folgen dem Text des index titulorum von 1621/1630,
der fast 100 Druckseiten zusammenfaßte.
1 Von persohnen zu diesem ambt gehörig und ihrer besoldung
2
Von der straffherren pflicht und ambt
3
Wie die straffherren und ihnen zugethane inn ihrem ambt procedieren und
handien sollen
4
Vonn verächt und widerstrebung der heyligen religion
5 V o m gottesdienst, auch haltung der sonn- und feirtag
6
V o m gottslestern, schwören
7 V o m mayn- und falschen äyd schweren
8
V o m schmählichen nachreden, büchern, liedern und anderer schamperer
leichtfertigkeit
9
Von übriger beweinung und fdlerey
10 Von verderblich- und ergerlichem spillen
11 Von ehesachen, auch stand und pflicht der eheleüth
12 V o m laster des ehebruchs
13 V o m nothzwang, scheiiden der frauen und junckfrauen, und bluthschand
14 Von unehlichem beisitz und lediger hurerey, hic pagus 50
15 Von der kupplerey
16 V o m ambt der eitern gegen ihre kindern, auch der kinder gegen ihren eitern
17 V o m ambt der herrschafften und dienst ehehalten
18 Von unzimlicher köstlichkeit der kleider, mahlzeiten und wirthsschafften
19 Von wucherlichen und andern in rechten verbottnen contracten und gefahrlichen f u r k ä u f f e n
20
V o mzutsronmlihgfedcaSRQNLHFDBA
fallieren und ausstehen der Schuldner
21
V o m wehrzucken, friedbrechen, frevelen und rumoren, hic p. 69
22 V o m verbott des schiessens
23
Vonn [Feuers]brunsten
24
V o n würthen, wein, mötth und bierschencken
25
V o m zechen in den derffern
Der Blick auf die Gliederung und ihre Kapitelsüberschriften verdeutlicht die Notwendigkeit, Sozialdisziplinierung als einen gegenüber den Absichten Oestreichs
erweiterten Interpretationsansatz zu sehen. Diese Erweiterung kann sich ebenfalls
nicht nur in konfessionellen Themen und dessen, was Heinrich Richard Schmidt am
Beispiel Berner Gemeinden als Sittenzucht 8 5 bezeichnete oder was man auch als
85
Heinrich Richard Schmidt, Dorf und Religion. Reformierte Sittenzucht in Berner Landgemeinden der
Frühen Neuzeit (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte 41), Stuttgart u. a. 1995; Ders., Sozial-
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Zu denzywvutsrponmlkjihgfedcbaZWUSRQPONKJIGFDCBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
Kirchenzucht 86 umschreiben kann, erschöpfen. Nein soziale Disziplinierung mußte
auch um die kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen erweitert werden, um
sie für die Policeymaterie nutzbar zu machen. Daran schlossen sich Arbeiten an, die
nicht grundsätzlich das von „Oben" nach „Unten" disziplinierend wirkende Staatenmodell in Frage stellten, wenn wir etwa an den gerade für die Reichskreise wichtigen Bereich der Strafverfolgung denken. Carsten Küther setzte deshalb zurecht
Räuber und Bettelvolk immer wieder in Relation zur jeweiligen Obrigkeit. Diese
reagierte als ultima ratio mit den Instrumentarien der hohen Gerichtsbarkeit oder
der Zucht- und Arbeitshäuser.87 Dort, wo sich territoriale Grenzen öffneten oder wo
die Zuständigkeit der Reichskreise endete, agierten Banden und friedensbrechende
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Kräfte besonders erfolgreich. Andreas Blauert und Wolfgang Wüst zeigten dies
auch zuletzt für den Schwäbischen Reichskreis, obwohl dessen Kreistag und ausschreibende Direktoren zumindest in normativer Sicht als sehr aktive Gesetzgeber
galten. Kapitelsüberschriften der genannten reichsstädtischen Ordnung aus Augsburg wie Vom wehrzucken, friedbrechen, frevelen und rumoren oder Vom verbott
des schiessens weisen bereits im 17. Jahrhundert in diese Richtung. Policeyliche
Prävention tat Not. Doch veränderte sie sich nicht so rasch, wie dies ein europaweit
meßbares Armutsproblem 91 wahrscheinlich erfordert hätte. Darüber reflektierte man
bekanntlich insbesondere seit dem frühen 18. Jahrhundert. Johann Ulrich Schölls
„Abriß des Jauner- und Bettelwesens in Schwaben nach Akten und anderen sicheren Quellen" aus dem Jahr 1793 ist hierfür eines der späteren bekannten Beispiele. 92
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disziplinierung? Ein Plädoyer für das Ende des Etatismus in Konfessionsforschung, in: HZ 265 (1997),
S. 639-682.
Martin Brecht, Die Ordnung der Württembergischen Kirche im Zeitalter der Reformation, in: Ders.
(Hg ), Kirchenordnung und Kirchenzucht in Württemberg vom 16. bis zum 18. Jahrhundert (Quellen
und Forschungen zur Württembergischen Kirchengeschichte 1), Stuttgart 1967, S. 1-52.
Für den Schwäbischen Kreis: Karl Brauns, Das Zucht- und Arbeitshaus in Ravensburg 1725-1808, in:
ZWLG 10 (1951), S. 158-165; Beate Fühl, Randgruppenpolitik des Schwäbischen Kreises im 18. Jahrhundert: Das Zucht- und Arbeitshaus zu Buchloe, in: ZHVS 81 (1988), S. 63-115.
Carsten Küther, Räuber und Gauner in Deutschland (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 20),
Göttingen 1976; Ders., Räuber, Volk und Obrigkeit. Zur Wirkungsweise und Funktion staatlicher
Strafverfolgung im 18. Jahrhundert, in: Heinz Reif, Räuber, Volk und Obrigkeit. Studien zur Geschichte der Kriminalität in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert, Frankfurt 1984, S. 17-42.
Andreas Blauert, Diebes- und Räuberbanden in Schwaben und in der Schweiz, am Bodensee und Rhein
im 18. Jahrhundert, in: Harald Siebenmorgen (Hg.), Schurke oder Held? Historische Räuber und Räuberbanden, Sigmaringen 1995, S. 57-64.
Wolfgang Wüst, Grenzüberschreitende Landesfriedenspolitik: Maßnahmen gegen Bettler, Gauner und
Vaganten, in: Ders. (Hg.), Reichskreis und Territorium: die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens 7), Sigmaringen 2000,
S. 153-178.
Bereits im 18. Jahrhundert reflektierend: Michael A. v. Bergmann, Gegründete Erörterung, daß alle Anstalten gegen den Bettel, außer einem Opus publicum, nicht hinreichend sohin alle diese Nebenanstalten
der Aufmerksamkeit der Policey nicht würdig seyn, [München] 1778.
Johann Ulrich Schöll, Abriß des Jauner- und Bettelwesens in Schwaben nach Akten und anderen sicheren Quellen von dem Verfasser des Konstanzer Hanß, Stuttgart 1793.
40
Historische Einleitung
Frühmoderne Policey erweiterte die soziale Disziplinierung auch für den Bereich
der Wirtschaft, der Φkonomie, des Handwerks und vor allem der ländlichen Ehaftsgewerbe. Zu letzteren zählten im engeren Sinne Mühlen, Badstuben, Wirtshäuser
und Tafernen und Schmiedewerkstätten. Auch sie gerieten ins Visier der utilitaristischen Policeyforscher. So suchte schon Ende des 18. Jahrhunderts Johann Christoph Bernhard nach Vorschlägen zu einer wirtschaftlichen
Policei der Dörfer. 93
Sein Band fand immerhin Eingang in die Bibliothek des oettingischen Fürstenhauses und dürfte auch in anderen schwäbischen Territorien rezipiert worden sein. Je
eingeschränkter der Adressatenkreis der Policeyordnungen war, desto konkreter
konnten diesbezügliche Vorgaben lauten. In der Ordnung für die Stadt (Dettingen
von 1678 konkretisierte die Obrigkeit diesen Adressatenkreis. Diese unsere Ordnung hatte zu gelten für einen ieden solche betrifft als nemlich den wuerthen, bekken, kraemern, fischern, metzgern, bierbrauern, denen bestehen visitatoren, schaetzern, brunnenmeister, thurnern, waechtern und andern. Sie hatten sich auff dem
rathhaus in beysein unserer deputirten raeth und oberamptleuten einzufinden, damit so dann von denen visitatoren oder schaetzern die pflichte eydtlich auff diese
Ordnung abgelegt und niemand hierwieder zuthun oder zuhandlen bey Vermeidung
unserer ungnade gestattet sei. (Quellenteil, Nr. 19). Die Verzahnung der Policey
mit dem konkreten Anliegen, ökonomische Strukturen zu verbessern und letztlich
die fiskalischen Erträge aus der Landwirtschaft, aus der Viehzucht 94 und aus dem
Gewerbe zu optimieren, wird in fast allen dieser Ordnungen deutlich. Dies traf auch
für die im Augsburger Spital 1764 in Kraft getretene zucht- undpolicey-ordnung in
denen [...] stiftungs-gerichten auf dem land zu. Die Überschriften vermitteln bereits
ein konkretes Bild der legislativen Absicht. Folgt man dort dem 15. Kapitel Von
unterschiedlichen gemeinen, und taeglich vorfallenden gerichtshaendeln breiten
insgesamt 25 Einzelabsätze die Angelegenheit in aller und offenbar auch nötigen
Ausführlichkeit aus: §. 2. Wann die gemeinde zusammen berufen wird, §. 3. Von
anordnung der wachen im dorf §. 4. Wozu das sturmschlagen seye? besonders
wann solches zeichen bey benachbarten feuersbrunsten gegeben wird, §. 5. Wann
zu weeg- und Stegen gebotten wird, §. [11], Wann jemand zu schaden faehrt oder
reitet, §. 12. Wann vieh in den jungen gehaeuen betretten wird, §. 13. Von beschaedigungen in gaerten und feldern ueberhaupts, §. 14. Daß die vor denen haeusern
und staedten liegende geraethschaften, nicht abgetragen werden sollen, §.15. Wie
und wann denen armen leuthen das nachaerndten erlaubt ist, §. 16. Von verbottenen bäum- und holzfaellen auch andern frevlen, §. 17. Von straeflichen marck-veraenderungen, §. 18. Uebermaehen, ueberschneiden, ueberaeckern und ueberzaeunen, wie solches alles zerschiedentlich abzuwandeln?, §. 19. Den saamen, oder
93
94
Johann Christoph Bernhard, Vorschläge zu einer wirtschaftlichen Policei der Dörfer, Neueste Auflage
1787.
Darüber reflektierend: Carl August Geutebrück, Gesammelter Unterricht von Schafen und Schäfereyen
zum Behuf der dabey vorkommenden öcconomischen Policey- und Cameral-Geschäfte, Leipzig 1767.
Zu denzyxwvutsrponmlkjihgfedcbaWUTSRQPONLKJIHGFEDCBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
41
stehendes getraid, ingleichen das gras zu verkauffen ist nicht erlaubt, §. 20. Auch
den tung aus dem dorff zu verkauffen verbotten, §. 21. Von dem zehend ueberhaupts, auch das die zehende garb redlich und und ohne arglist gereicht werde, §.
22. Ohne herrschafftliche bewilligung sollen weder neubruech gemacht, noch sonsten die grundstuecke in dem anbau veraendert werden, §.23. Von dem flachs doerren, §. 24. Bestraffung deren daraus oder in andere weeg durchvtsronkihgecU
Unvorsichtigkeit
entstehenden feuersbruensten
und endlich § . 2 5 . Jedes haußgefaeß soll allezeit ein
volles schaf wasser im hauß haben. (Quellenteil, Nr. 7).
Policey grenzte in diesem Themenfeld sehr eng an das allgemeine, akademischgelehrte Interesse nach der neuen Φkonomie unter Einschluß der Landwirtschaft
{Policey des Ackerbaues) und Kameralistik. Die Kameralistik verdrängte vereinzelt
sowohl an den Universitäten als auch in den Regierungsbehörden frühmoderner
Staaten im 18. Jahrhundert die Rechtslehre als Leitwissenschaft oder sie erwuchs
ihr zumindest zum ernsten Konkurrenten. Der Jurist Johann Heinrich Gottlob v. Justi (1717-1771) begründete die Wiener und Göttinger Kameralistik und stellte seinen Theoriefundus in zahlreichen praxis- und policeyorientierten Abhandlungen
seit seinem Frühwerk Grundsätze der Policeywissenschaft
in einem
vernünftigen,
auf den Endzweck der Policey gegründeten Zusammenhange (1756, erweitert 1759)
immer wieder zur Diskussion. Es folgte Gutachten um Gutachten. Sie kreisten
meist, wie jenes von 1754, um die unendlichen Fragen nach dem vernünftigen Zusammenhange undpractischen
Vortrage aller Oeconomischen und Cameralwissenschaften wobey zugleich [...] die Grundsätze der Policeywissenschaft
[...] vorgetragen werden benebst einer Antrittsrede von dem Zusammenhange eines blühenden Zustandes der Wissenschaften mit denjenigen Mitteln, welche einen Staat
mächtig und glücklich machen [...]. 95 Josef von Sonnenfels (1732/34-1817) folgte
den Spuren Justis und entwickelte als Wiener Lehrstuhlinhaber fur Policey- und
Kameralwissenschaft in seinem dreibändigen Lehrwerk Grundsätze der Polizey,
Handlung und Finanz (1765-1772) 9 6 ein System der Staatswissenschaft, das sich in
die Disziplinen Politik, Policey-, Handlungs- und Finanzwissenschaft unterteilte.
Den Brückenschlag zwischen Φkonomie und Policey hatten aber auch andere Gelehrte im Auge. Dazu äußerten sich kompetent u. a. 1731 der Agrarökonom 97 Justus
Christoph Dithmar in seiner Einleitung in die Oeconomischen-,
Polizei- und
Cameral-Wissenschaften
mit ausfuhrlicher Bibliographie 98 (Frankfurt/ Oder 1731,
95
96
97
98
Druck: Leipzig 1754.
Druck u. a.: Wien 1798.
Daniel Gottfried Schreber, Die Policey des Ackerbaues. Nach den Grundsätzen des Herrn Professors
Dithmar, und der weitern Ausführung des Herrn Professors Dr. Schreber in seinen Vorlesungen, Leipzig (Crusius) 1770.
Vollständiger Buchtitel: Einleitung in die Oeconomische Policey und Kamerai-Wissenschaften, nebst
Verzeichnis eines zu solchen Wissenschafften dienlichen Bücher-Vorraths, Frankfurt an der Oder
MDCCXXXI.
42
Historische Einleitung
zahlreiche Nachdrucke) 99 , 1734/46 der Jenaer Professor Friedrich U. Stisser in den
Programma in welchem er [...] einige Collegia über die Ökonomie-Policey und
Cameralwissenschaft eröffnet und zugleich wider G. Naudaeum behauptet [...] (Jena 1734) und in seiner Einleitung zur Land-Wirthschaft und Policey der Teutschen:
zum Unterricht in Oeconomie, Policey und Cammer-Wesen
eingerichtet/nunmehro
aber von neuem übersehen [...] von D. Georg Heinrich Zincken (Jena u. a. 1746).
Und schließlich griff das Thema auch 1756 der Staatsrechtler Johann Jacob Moser
auf in den Grund-Sätze von der Policey überhaupt, wie auch ihrer Natur und
Schicksalen in Teutschland. Sie erschienen als neunter Band in den Schwäbische^n]
Nachrichten von Oeconomie-, Cameral-, Policey-, Handlungs-, Manufactur-, mechanischen und Bergwerkssachen (Stuttgart 1756).
3.3. Herrschaftsintensivierung: das Bild der starken Policey
Die Frage nach der Entstehung staatlicher Gewaltmonopole und der Perfektionierung dichter Herrschaftspraxis wurde vielfach mit der Epoche des Absolutismus in
Einklang gebracht. Dieser Annahme folgend, müßte auch die Policey des 17. und
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entschieden zur herrschaftlichen Intensivierung beigetragen haben. Doch das hergebrachte Absolutismusbild ist seit Jahren
„ins Gerede" gekommen. 100 Inhaltlich zweifeln neuere Forschungen selbst in Ländern mit ausgeprägter monarchischer Staatsform (Frankreich, England) an der Realisierung des der Staatsrechtslehre entnommenen pouvoir absolu als einer ungeteilten Verkörperung staatlicher Gewalt in der Person des Fürsten. Zeitlich sind vor
allem in der Einflußzone mittlerer und kleinerer Staaten Korrekturen an der in vielen Handbüchern vorgenommenen Periodisierung vorzunehmen. Der Schritt zum
souveränen Staat wurde dort nicht oder allenfalls nur partiell umgesetzt. Die Stärkung herrscherlicher Kompetenzen dauerte meist länger als angenommen. Sie kulminierte oft erst im 18./ 19. Jahrhundert. Über die Umsetzung absolutistischer
Denkmuster in einer Region wie Ostschwaben wissen wir immer noch wenig. Die
Policeyordnungen aus dem Untersuchungsgebiet gilt es demnach auch hinsichtlich
ihrer Kompetenz fiir Staat und Gesellschaft vor dem Raster generalisierender Aussagen und typologischer Feststellungen auf regionale Besonderheiten zu prüfen.
Bedingungen, Ursachen, Möglichkeiten und Spielräume menschlichen Handelns
müssen im landeshistorischen Umfeld ausgelotet werden, um Theorie und Praxis
99
100
Nachdruck der Frankfurter Ausgabe von 1745: Glashütten (Auvermann) 1971.
In Auswahl: Volker Press, Vom „Ständestaat" zum Absolutismus. 50 Thesen zur Entwicklung des
Ständewesens in Deutschland, in: Peter Baumgart (Hg ), Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen. Ergebnisse einer internationalen Fachtagung, Berlin [u. a.] 1983, S. 3 1 9 - 3 2 6 ; Ernst
Hinrichs, Absolutismus, Frankfurt am Main 1986; Nicholas Henshall, The myth of absolutism, London [u. a.] 1996; Ronald G. Asch (Hg ), Der Absolutismus - ein Mythos?, Köln [u. a.] 1996; Günter
Birtsch, Reformabsolutismus im Vergleich, Hamburg 1996.
Zu denzywvutsrqponmlkjihgfedcbaZWVUTSRQPONMLKIHGFEDBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
43
der Regierungsgewalten im Spannungsfeld von fürstlichem Prestige, Politikverständnis, ständestaatlicher Kontrolle, administrativer Modernisierung und opponierenden Untertanenverbänden zu untersuchen.
Monopole und Loyalität
Ein effektiv arbeitendes Netz an Beamten, Bütteln, Gerichts- und Fürstendienern
war die Rückversicherung jeder Herrschaft, um das in der Staats- und Policeywissenschaft vielfach idealisierte staatliche Gewaltmonopol {gebot und verbot) umzusetzen. Auch kleinere Territorien handelten durchaus nach dieser Devise. Die Policey des Augsburger Hospitals formte diese Erkenntnis 1764 zu einer generellen
Leitlinie für die Verwaltung. Nachdeme alle gesaetz und Ordnungen vergeblich, ja
bey denen widerspenstigen, und ungehorsamen, ohne derselben Vollziehung, nur
veraechtlich werden wuerden, als sind zerschiedene ober- und unterbeamte, gerichtsvoegt, und andere personen aufgestellt, welche dieselbe handhaben, und
schuezen. Wider allen gewalt, Verkleinerungen, und geringachtung kraeftigst in ihren voelligen bestand erhalten, und denselben, allen und jeden, so lang sie von denen jederweiligen herren spital-pflegeren nicht ganz, oder zum theil aufgehoben,
und wegen immer veraenderlichen laeuffen und zeiten, keine anderweite Verordnungen beliebet werden, nachleben. Sohin keine widrige handlungen und ausschweiffungen zulassen, oder gestatten sollen. (Quellenteil, Nr. 7). Autoritätsbildung konnte langfristig vor Ort nur gelingen, wenn auch die Integrität aller Fürstendiener
gewährleistet war. In der kleinen reichsritterschaftlichen Herrschaft Harthausen benannte 1723 Freiherr Marquard Anton v. Riedheim dann auch konsequent seine
Stützen beim Ausbau des herrschaftlichen Gewaltmonopols. Welcher den beambten, ambtsknecht und eschew als der gnaedigen herrschafft verpflichten diener, attaquieret, schaendt, schmaecht, und freventlicher auch hoechstverbottener
weiß
raufft, oder schlaegt, der soll, es seye mann- oder Weibsperson, vor solche frevel,
ohne alle erhaltende gnade 30. pfundt heller zur straff verfallen seyn, und den geschlagnen und beleydigten ambtsknecht als einen verpflichten diener, oder eschew
vor die erlittene schlaege 10. pfundt heller bezahlen, darwider kein relaxation oder
gnad, zu hoffen ist (Quellenteil, Nr. 21).
Dorfaufsicht
Frühmoderne Policey tolerierte keine rechtsfreien Räume auf lokaler Ebene. Sie
schien sich auch in den Mikrokosmos der Dörfer, Weiler und Einöden und ganz generell in die Lebensbedingungen auf dem flachen Land einzumischen. Dort rezipierte sie sicher älteres Recht - dies konnte entweder als mündliche Tradition oder
als Weistum in schriftlicher Form vorliegen - mit dem Ziel, es zu verändern. Sorge
bestand deshalb vor allen Formen herrschaftsunabhängigen Agierens und selbstständiger Verwaltung. Diese wurde policeylich als heimliche zusammenkunffte oder
gemeindten kriminalisiert. In der Herrschaft Harthausen regelte ein eigener Absatz
44
Historische Einleitung
der Ordnung von 1723 diese Frage konsequent: Es sollen die unterthanen keine
heimliche zusammenkunfften in ihren haeusern oder auch sonsten ohne der herrschafft, oder deren beambten wissen, und bewilligung anstellen, halte, und haben.
Noch ueber derselben billichmaessige gebott, und verbott keines weegs sich dargegen setzen, sondern alles, da sie etwas anzubringen haben, mit gehorsamer bescheidenheit, und nit, als wie die wilde menschen, oder vieh, in welchen kein verstand,
noch manier ist, solches an gedachte gnaedige herrschafft, oder ihre beambten gelangen lassen wer das uebertretten wurde, solle mit willkuehrlicher straff abgebuest
werden. Gehorsamkeit stand als Leitlinie im Umgang mit der Obrigkeit an. Dazu
sollte auch Höflichkeit und gebührender Respekt treten. Der „stilgerechte" Umgang
der Gemeindeleute und Bauern mit den Repräsentanten der jeweiligen Herrschaft
sollte sich auch äußerlicher Formen bedienen. Es sollen die unterthanen vor der
herrschafft oder dessen aufgestellten beambte in gebuehrender kleydung erscheinen und respectieren: Verordnet die herrschaft auch mit allem ernst, daß forthin, da
einer oder der ander was vor der herrschafft, oder dessen aufgestellten
beambten
zu thun hat, oder vor dieselbe gefordert wurde, allezeit seinen rock antragen solle,
welcher es aber nicht thun wurde, und in seinem alten trappen verbleiben, und die
herrschafft nicht gebuehrender massen respectieren wolte, der soll umb 2. pfundt
heller gestrafft seyn. (Quellenteil, Nr. 21). In Edelstetten verhängte man dafür ebenfalls Strafen. Wer vor gericht oder die gnädige herrschaft selbsten berufen wird und
ohne seinen kirchenrock erscheine, der wird pro 5 Schillingen gestraft. (Quellenteil,
Nr. 11).
Und wie stand es mit der policeylichen Aufsicht über die Markt- und Gemeindevertreter und die Gerichtsleute? Und welchen Einfluß hatte die Herrschaft auf die
Wahlen für dieselben? Ließen sich doch die landsässigen Städte und Märkte durch
Bürgermeister und ihnen beigeordnete Räte vertreten. Die schwäbischen Dorfschaften wählten als politische Vertreter die Vierer-, Sechser- oder Zwölfer-Räte, und für
das Dorfgericht urteilten in der Regel zwölf Leute mit rechtem Leumund aus der
Gemeinde. 101 Die Vierer oder dorfführer konnten, aber mußten nicht im Dorfgericht
sitzen, und jeweils die Hälfte dieses Gremiums wurde jährlich durch zwei Neugewählte ausgetauscht. Zu dieser Regelung mit einer maximal zweijährigen Amtszeit
für jeden Vierer gab es regionale Abweichungen, wie sie unstsronihfedcB
ζ. B. in der hochstiftischen Straßvogtei gegenübertraten. Dort herrschte der Zwölferrat des Gerichts vor
unter einem stabhalter oder Gerichtsmann, auch Richter genannt, wobei jeweils das
halbe Gericht - s echser oder Bürgermeister genannt - für die Gemeindeverwaltung
zuständig blieb. Den Sechsern ist ebenfalls eine zweijährige Amtszeit gewährt worden, doch wurden drei Gerichtsleute aus ihrer Mitte in jährlichen Zuwahlen ersetzt.
101
Wolfgang Wüst, Gemeindeverband und Territorialstaat in Ostschwaben: Landständischer Partikularismus oder administrative Doppelverantwortung?, in: Peter Fassl/ Wilhelm Liebhart/ Wolfgang Wüst
(Hg.), Aus Schwaben und Altbayern. FS für Pankraz Fried zum 60. Geburtstag, Sigmaringen 1991,
S. 2 9 3 - 3 0 6 .
Zu denzyxwvutsrponmlkjihgfedcbaZWUTSRQPONMLKJIHGFEDBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
45
Zuwahlen erfolgten in den Dorfgerichten demnach einmal im Jahr, wobei sich das
Wahldatum nicht unbedingt mit der Laufzeit der herrschaftlichen Amts- bzw.
Rechnungsjahre decken mußte. Hatte sich die Gemeinde- und Gerichtsordnung auf
lokaler Ebene seit langer Zeit eingespielt, so schien es gleichzeitig der Herrschaft
wichtig, über ein policeyliches Gouvernement Einfluß auszuüben. Der Erlaß einer
neuerlichen Policeyordnung für das Reichsstift Ursberg 1790 wurde sogar ausschließlich damit begründet: [...] so haben wir doch zu noch mehrerer einschärfung
und näherer bestimmung derselben [...] seither unserer angetrettenen
regierung
von seitn verschiedener dorfsgemeinden uns schon vorgekommener klagen nächstehendes festzusetzen für nöthig gefunden. Die Ordnung suchte die Gemeindeautorität
zu stärken, doch nur unter der Bedingung ihrer herrschaftlichen Zuordnung zur Prälatur. Die Aufsicht über die Gemeinde wurde gleichgesetzt mit dem, was der
erhaltung guter polizei und Ordnung mit sich bringet. Ihre entsprechende Ausführung stand dann an vorderster Stelle nach der Intitulatio und anschließender Arenga.
Der erste Absatz handelt vom gemeindhalten: Sooft von dem ammann oder burgermeister zur gemeind eingesagt wird, soll jeder mitgemeinder nicht nur fleissig und
zeitlich dabey erscheinen, sondern auch den vortrag still und ruhig anhören, seine
meinung und antwort bescheiden ohne gelärm, schimpfen oder schmähen vorbringen und dem einhellig oder durch die mehrheit der stimmen abgefasten beschluß
getreulich nachkommen. Wer nun wider einen dieser punkten sich verfehlt oder
nachher wider dem ammann, burgermeister oder jemand andern zu hauß oder in
der fremde schmäht und schimpft, der verfällt [...] in eine straf [...]. Wer aber bey
der in zukunft alljährlich unter dem vorsitz eines unserer oberbeamten abzuhaltenden hauptgemeinde und rechnungsabhör nicht erscheint, hat dreifache straf zu erlegen, wovon, so wie bey den nachstehenden punkten, der gemeinde jedesmal die halb
scheid zufallen soll. (Quellenteil, Nr. 14 b).
Zucht und Ordnung
Zucht und Ordnung galt es nicht nur in den Gemeinden zu sichern, sondern sie
zur allgemeinen Wohlfahrt im frühmodernen Staat zu erheben. Sie galt es in Krisenzeiten zu bewahren und vor allem gegen die oft beschriebenen „Laster" in der
frühmodernen Gesellschaft - Spielleidenschaft, Trunk- und Freßsucht, uniimitierter
Wirtshausbesuch, ehrloses Handeln, zu üppige und verschwenderische Festanlässe
aller Art, Müßiggang, Eitelkeiten und Luxus - ohne Unterlaß zu verteidigen. Die
Policeyordnungen ziehen denn auch gegen dieses „sittenlose" Treiben unermüdlich
zu Felde. Im Augsburger Hospital nahm man sich 1764 intensiv etwa der Trunkund Spielleidenschaft in Wirtshäusern, exzessiver Tanzfreude oder dem nächtlichen
Gassenfrevel an. Dies alles war folglich verboten und man bemühte sich, es den Betroffenen zu erklären: [...] bey allen ehrlich christlich und wirthschaftlich denkenden hauß-vaetern sich veraechtlich machen, ihren lidlohn, verdienst, gewinn, und,
was weiber, kinder und dienstbothen das jähr hindurch kuemmerlich erworben, nur
46
Historische Einleitung
gar zu geschwinde und suendhaft durchbringen, sich und die ihrige naech und nach
in die groeste noth, armut, und fuer die seel- und leib allerelendeste umstaende versetzen, so lange noch eine handvoll erden uebrig ist, geld borgen, und nachdem
endlich weder der glaubiger noch die herrschaft das ihrige wieder erholen koennen, ohne mitleyd von hauß und hof weggejagt werden, die andere viele laster zugeschweigen, die aus der trunkenheit, Verschwendung, liederlichen wirthschaft, gewinnsüchtigen
spielen, muessigang, nahrungsmangel, und armuth unfehlbar und
fast nothwendig entspringen muessen [...]. Nächtliches Treiben und Ruhestörung
auf den Gassen in den Land- und Stadtämtern des Spitals galt ebenso nicht gerade
als ein Kavaliersdelikt. Wann zu abends- oder nacht-zeit maenner, oder knecht,
oder buben, auf der gassen ungebuehrlich herumschwaermen, durch ausgelassenes
schreyen, jauchzen, poldern, und andere frevel die ruhe stoehren, und vielleicht
gegen die jenige, so sie hievon abmahnen wollen, noch schimpfworthe
ausstossen,
und wie es solchen leichtfertigen purschen gemein ist, wohl gar mit pruegeln, koth
und steinen auf die fenster und thueren werfen sollten. So ist der oder die jenige um
fl. 1. und wann sie die geld-straf nicht zu bezahlen haetten, mit wasser und brod in
dem stock, tag und nacht, abzubuessen. (Quellenteil, Nr. 7). Und in der Fuggerherrschaft Babenhausen regelte die Policey die Nachtruhe für das Vogtamt Gabiingen
1725 ebenfalls sehr spezifiziert. Ferner soll sich mäniglich bey tag undt nächt/[licher] weil, auf der gaßen, undt in häußeren alles schreyens, poldterens, aller unfletterey, undt bueberey gänzlich enthalten, ein ehrlich, undt züchtiges gesang aber
mag geduldet werdten. Es soll sich auch niemandts wer der sey, nachts zue Sommerszeiten nach: 9: uhr, vndt im wintter nach acht uhr, ohne sondter ehehäfften
ursach ohne liecht auf der gaßen betretten, nach über erst benambste zeit, odter
stundten in würths-häußeren findten laßen, absondterlich aber sollen sich gewachsene söhn undt knecht des nachts ärgerlichen herumb schlieffen, widterumb der
schlujftwinckel enthalten, bey straff der umbständten. Kein danz solle ohne des
pfleegers odter obervogts wüßen: undt bewilligung gehalten werdten, undt wan
solcher erlaubt, soll sich jung undt alt darbey zichtig undt ehrbar verhalten. (Quellenteil, Nr. 17 a). Was man generell unter Ehrbarkeit oder - ex negativo gesehen unter Ehrverletzung verstehen konnte und wie es sanktioniert wurde, erläuterte dagegen bereits die Ordnung der Augustinerchorherren zu Wettenhausen von 1525.
Welcher dem anndern freuenliche, schenntliche, vppige, schampere oder vnzüchtige
wort als Scheltwort sünd, die doch ainem sein eer vnnd lümend nit beletzennt gübt
oder wünscht, der ist zubuß fünff schilling häller verfallenn. Welcher den anndern
haist freuenlich liegenn oder schlecht lughafft strafft, der ist zehenn schilling häller
verfallenn. Welcher aber den anndern haist liegen mit zugelegtenn
schmehlichen
worten, als so ainer sprächt, du leugst als ain böswicht, dieb oder verretter vnnd
dergleichen, vnnd mag sollichs mit recht auff denselbenn nit bringen, jst zu büß
drew pfundt häller verfallenn. Dessgleichen welcher den anndern schilt oder zeycht
ainen dieb, schalkh, böswicht, verretter oder dergleichen, die ainem sein eer,
Zu denzywvutsrponmlkihgfedcbaZWVSRQPONLKJHGFEDCBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
47
laymbd vnnd gefierer schwächennt, der ist zehenn pfundt häller verfallenn. (Quellenteil, Nr. 15). Ehrbarkeit unterlag bekanntlich in der frühen Neuzeit sozialen, kulturellen Wandlungen. Dem trug auch die Policey Rechnung, indem sie aktuelle Gesellschaftsprobleme verinnerlichte. Hierzu zählte etwa die Warnung vor der
Spielsucht, die als Beiwerk des beliebten Lottospielens102 und anderer gewinn- bzw.
verlustträchtiger Formen103 des Zeitvertreibs im 18. Jahrhundert eine neue Dimension erreichte. Dezidiert nahm man in der Herrschaft Fugger-Kirchberg-Weißenhorn 1726 dazu mit dem Steuerinstrument guter Policey Stellung. Vom spilen: Nach
deme daß vebermessig verderblich spilen nichts anders alß zertrennung freündtlichen willens, neid, hass, zorn, gottslästerung verursacht und den spilern selbst an
jhrer nahrung scheinbarlichen mangel und verderben bringt, so gebeuth die ordenliche herrschafft, daß niemandte, es seye gleich jung oder alt, umb klein- oder großgelt oder geltswerth bey tag noch nacht nicht karten, wirflen oder spilen sollen, da
dann hierüber einer oder mehr erwischt oder erfahren wurde, sollen dieselbige soo f f t es beschicht umb 1 fl. gestrafft werden. [...] jedoch von kurzweil wegen ist zue
gelassen umb 1 hl. oder pfenning allein im würths-hauß und höher nit bey obgesezter poen und zue bestimbter zeit alß hernach folgt zuspilen. (Quellenteil, Nr. 17 b).
Friedenssicherung
Policey hatte immer auch einen über den Konfessionsfrieden hinausgehenden
Auftrag zur Sicherung des allgemeinen Landfriedens. Die Voraussetzungen für den
Erlaß der Polizeiordnungen schufen die Landfriedens- und Fehdeordnungen,104 welche eine gewisse Stabilität und Sicherheit des öffentlichen Lebens als Grundlage für
die Policey hergestellt hatten. Schon Carl Friedrich Gerstlacher (1732-1795) hatte
1788 vor diesem Hintergrund die Landfrieden zu den Polizeigesetzen gerechnet.105
Dieser traditionelle Ansatz findet sich durchgängig in allen schwäbischen Ordnungen. Dies gilt für das 16. ebenso wie für das 18. Jahrhundert. Landfriede wurde so
102
Wolfgang E. Weber, Zwischen gesellschaftlichem Ideal und politischem Interesse. Das Zahlenlotto in
der Einschätzung des deutschen Bürgertums im späten 18. und 19. Jahrhundert, in: Archiv für Kulturgeschichte 69 (1987), S. 116-149; Karl Jatz, Seit zweihundertfünfundvierzig Jahren Lotto in Bayern:
25 Jahre Süd-Lotto. 1955-1980, München 1980. Als Beispiel für die Umsetzung in süddeutschen Territorien: Gründliche Nachricht von dem sogenannten Lotto di Genoua insgemein, sodann deren bey
dem hochfürstlichen wirzburgischen Lotto hinzu gekommenen mehreren und neueren Spiel-Arten:
zum Nutzen des Publici in öffentl. Druck gestellet, von der hochfürstl. wirzburg. General-Administration des allhier errichteten Lotto, Würzburg 1768.
103
La théorie des jeux de hasard ou analyse du krabs, du passe-dix, de la roulette, du trente et quarante,
du pharaon, du biribi et du lotto, par P.zywutsronlihgedcaLHFD
Ν. Huyn, sine loco 1788. Die Lotterie wurde auch zur Finanzierung der Arbeitshäuser herangezogen: Wolfgang Wüst, Bettler und Vaganten als Herausforderung
für die Staatsraison im Hochstift und der Reichsstadt Augsburg, in: JVAB 21 (1987), S. 250.
Georg-Christoph v. Unruh, Polizei, Polizeiwissenschaft und Kameralistik (Anm. 11), S. 391-392; Zur
„Polizei als Überwindung der Fehde" vgl. Hans Maier, Staats- und Verwaltungslehre (Anm. 17),
S. 105.
Carl Friedrich Gerstlacher, Handbuch der teutschen Reichsgesetze, Bd. 9: Reichs-, Policey- und
Commercienwesen, Carlsruhe 1788, S. 122Iff.
104
105
48
Historische Einleitung
in der frühen Policey Wettenhausens 1525 postuliert: Von friidbot wegen: Wir setzenn vnnd wollen, das vnnser amptlewt vnnd diener [...] ob auffruren vnnd gezanngk enntsteen, den frid zu biettenn habenn. Jst die auffrur schlecht vnnd klain,
so soll baiden taylen frid gebotten werden, bey zehenn pfundt häller. Vnnd ob jr ainer oder mer nit gleich von stund an frid gebenn oder halten wölten, so hat ain yeder zubietten, bey zehenn pfundt häller. Wo aber die auffruren jm anfanng groß
weren, so hat ain yeder frid bey noch höher straff von stund an, dann wie obstet, zu
biettenn. Vnnd ob ainer oder mer das verachten, vnnd nit frid halten wölten, so söllenn all vnnser hündersässen vnd gerichtsuerwandtenn bey jren gelibdenn aydenn
vnnd gehorsame, damit sy vnns verwanndt sünd, one alle fürwort vnd verzug
zueylenn vnnd hölffenn, den oder die, so den gebotten nit gehorsam sein vnnd nit
frid gebenn noch halten wollen, annemen vnnd fahenn. (Quellenteil, Nr. 15). Und
auf den Landfrieden zielt auch die späte Ordnung Ursbergs von 1777. Fried
biethen: Wenn sich in unsern gerichten, gebiethen, zwing, und bühnen, zwischen
einheimisch und fremden leuten eine empörung, oder aufruhr begeben wurde, so
sollen denenselben unsere beamte, ammänner, gerichtsleute, biirgermeister, amtsdiener, oder in deren abwesenheit ein jeder unserer unterthanen nach grosse der
gefahr um 3. 6. 9. 12. 15. fl. straffried biethen, und wer diesem geboth nicht folgen
würde, ohne ausnahm darein verfallen sey. Die wirth oder andere leute in deren
häusern sich unfried oder schlaghändel ereignen, sollen schuldig seyn, solches also
gleich bey kanzley anzuzeigen [...]. (Quellenteil, Nr. 14 a). Die Wahrung des säkularen und kirchlichen Friedens war ein wichtiges Ziel der Policey, doch zeigte sich,
daß das volle Spektrum der Normen im Schwäbischen Reichskreis weit komplexer
war. Ob und wie ihre Entstehung die frühmoderne Staatsbildung beeinflußte wird
jetzt zu zeigen sein.
3.4.Normen und die Entstehung des frühmodernen Gouvernements. Entstehung, Publikation, Wandel und Vollzug.
Normgebung
Die Forschung ist sich in der Beurteilung policeylicher Regulierungstätigkeit für
die Entwicklung des frühmodernen Staates weitgehend einig, wenngleich es in den
letzten Jahren wiederholt Warnungen gegeben hat, die informellen, d. h. die nicht
staatlichen Veränderungen und Kontrollmechanismen in der vormodernen Gesellschaft nicht zu unterschätzen. Hans Maier sprach - in Anknüpfung an die Staatsund Verwaltungslehre des 18. Jahrhunderts106 - 1966 der Policey ein über das tradierte alte Herkommen hinausgehendes ordnungsschaffendes fürstliches Gebots-
106
Peter Preu, Polizeibegriff und Staatszwecklehre (wie Anm. 1).
Zu denzywvutsrponmlkjihgfedcbaZWVUTSRQPONMLKJIHGFEDBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
49
recht zu.107 Die Policey wurde so zum Inbegriff territorialstaatlicher Tätigkeit und
der Staat kürte sich zum Normengeber. Das ältere Policeykonzept, auch das von
Hans Maier entwickelte Schema, blieb jedoch gegenüber den konkreten Urhebern
indifferent. Auch blieb die Frage nach der Verfassungswirklichkeit vor allem in
Blick auf die kleineren Reichsstände und auf die auf halbem Wege zum Stillstand
gekommene Arrondierung in den territoria non clausa offen. Wie ließen sich dort
die Policeynormen implementieren und wie stand es mit den logistischen Mitteln
der Kanzleien, um Normen einprägsam zu gestalten. War es tatsächlich so, daß der
frühmoderne Policeystaat städtischer oder ländlich-territorialer Provenienz unter einer Flut an papierenen Mandaten, General- und SpezialVerordnungen und Vorschriften aller Art die Freiheiten der Bauern und Bürger unter sich begrub? Peter
Blickle, der sich seit Jahren intensiv mit alternativen Herrschaftsformen ständischer,
kommunaler, republikanischer oder bündischer Art beschäftigt, sah ebenfalls eine
legislative Abstufung zwischen großen und kleinen Ländern: „In Kleinterritorien
scheint die polizeiliche Reglementierung schwächer ausgeprägt als in Großterritorien, im Westen und Süden [mit hohem Anteil kleiner Reichsstände] geringer als im
Osten und Norden. Hier hielten sich positive Traditionen, die das 19. Jahrhundert
bei der Regeneration des Bürgers in den Staat zitieren konnte". 108 Empirisch ist diese Vermutung freilich bisher noch nicht hinreichend belegt worden.
Dieser Frage trägt die vorliegende Edition beispielsweise mit der Aufnahme von
Ordnungen aus der ritterschaftlichen Kleinstherrschaft Harthausen oder aus dem
sehr überschaubaren Herrschafts- und Wirkungsbereich der Prälaten zu Ursberg
oder der Äbtissinnen zu Edelstetten Rechnung. Dort wurden offenbar - entgegen
der Annahme geringerer Verrechtlichung - auch viele nebensächliche Belange des
Lebens im Detail policeylich geregelt. In Ursberg kümmerte man sich policeylich
beispielsweise um die Gänseweiden und Krautgärten. In krautgarten zu gehen soll
niemand erlaubt sein, außer an denen in der gemeind bestimmten tag und stunden;
auch soll keiner das kraut eher heimthun, als es vom amann oder burgermeister erlaubt wird. (Quellenteil, Nr. 14 b). In Harthausen achtete man auf die Zahl der geladenen Hochzeitsgäste. Es soll auch bey denen festweinen, hochzeiten, leykaeuff
augenschein, und andern dergleichen handlungen alles ueberfluessige essen, und
trincken auch, daß sich sonst jemand anderer als wer darzu eigentlich gehoert, und
beruffen worden, verbotten seyn zu erscheinen. (Quellenteil, Nr. 21). Zu Edelstetten
regelte man in Feuersnot jegliches Lichttragen, auch das im eigenen Stall. Wer mit
brennenden blosem licht ohne eine láteme in einen stall oder stadel gehet, darinnen
fruchten, heu oder stroh lege, der kommt um 1 gulden. Wer aber aus Verwahrlosung
gar eine brunst verursachet, also daß darüber stürm geschlagen oder daß brunst107
108
Hans Maier, Staats- und Verwaltungslehre (Anm. 17), S. 43f., 103, 113.
Peter Blickle, Deutsche Untertanen. Ein Widerspruch, München 1981, S. 141f., 521; Ders.,zutoliePG
Gute Polizei und Sozialdisziplinierung, in: Theo Stammen/ Heinrich Oberreuter/ Paul Mikat (Hg ), PolitikBildung-Religion. Hans Maier zum 65. Geburtstag, Paderborn u. a. 1996, S. 9 7 - 1 0 7 .
50
Historische
Einleitung
geschrey gehört oder gar das feur ausschlagend
gesehen wird, der wird um 10
gulden gestraft. (Quellenteil, Nr. 11). Die Liste kleinlicher Überregulierung wäre
beliebig fortzusetzen.
Policey ist also auch mikrohistorisch nachweisbar und sie begann nicht nur Historiker zu interessieren. Policey wurde zum Forschungsfeld fur Juristen, Politologen, Soziologen, Theologen, Volkskundler und Germanisten. Die interdisziplinäre
Zuordnung frühneuzeitlicher Landesordnungen aus Teilen des gesamten Heiligen
Römischen Reichs Deutscher Nation befindet sich seitdem nicht nur in Deutschland
im Schnittpunkt mehrerer historischer, rechtlicher, politischer und sozialwissenschaftlicher Fächer. In Folge entstanden zahlreiche Überblicksarbeiten. Darunter
waren auch einige methodisch innovativ, wenn ihr Untersuchungsraum dann lokalgeschichtlichen Zuschnitt hatte. Doch eine systematische Orientierung an der Thementrias gute Policey, Konfessionalisierung und Disziplinierung blieb häufig aus,
ist aber mittlerweile als Desiderat von der Forschung aufgegriffen worden. 1 0 9
Publikation und Anzeige
N o r m g e b u n g und Normvollzug konnten nur gewährleistet sein, wenn in der heterogenen territorialen Welt des Schwäbischen Reichskreis auch entsprechende logistische M a ß n a h m e n annähernd gleicher Qualität eingeleitet wurden, um die gute
Policey überörtlich bekannt und transparent zu machen. Daneben mußte es ein
funktionierendes System geben, wie die Informationen über N o r m a b w e i c h u n g an
die herrschaftlich Verantwortlichen gelangten. Die hochstiftische Verordnung von
1606 zeigt, daß man dabei keineswegs zögerlich ans Werk ging. Selbst die Beichtväter hatten ihren Informationsauftrag. Der Augsburger Bischof verfugte: Darauf/
dann allen und jeden unsern pfarrherren undwvutsrnlihgedcbVUO
beichtvättern, bey Verlust irer pfarren
und pfruenden, eingebunden sein soll, ire inländische pfarkinder, so ihnen
gebeichtet, fleissig in notam zue nemen und da sie jemandt erfüeren, der disem nit nachkhommen, derselben iedes orths pflegern oder ambtman nambhafft machen. (Quellenteil, Nr. 9). Beide Bereiche - Publikation und Informantendienst - können wir
im R a h m e n einer Quellenedition nur aus der Perspektive der Policeyordnungen
selbst klären. Wählen wir einige Beispiele. Die Reichsstadt Lindau ließ in einer ihrer Generalverfügungen des 18. Jahrhunderts die publication
vnd notification
der
policey Ordnung eigens behandeln. Auff daß sich aber niemandß weder in der statt
noch auff dem land mit der Unwissenheit zu entschuldigen hab, so soll in den f ü n f f zen vnd in jegliche zunfft in der statt und denen schulmeistern
auff dem land nicht
109
Heinz Schilling (Hg.), Institutionen, Instrumente und Akteure sozialer Kontrolle und Disziplinierung
im frühneuzeitlichen Europa = Institutions, instruments and agents of social control and discipline in
early modern Europe (lus commune. Sonderhefte Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 127),
Frankfurt am Main 1999. A m Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am
Main, befinden sich gegenwärtig als Beiheft zu „Ius Commune" die Manuskripte der Vortragsreihe
„Policey, Policeywissenschaft und soziale Disziplinierung im frühmodernen Europa" im Druck.
Zu denzywvutsrponmlkjihgfedcbaZWVTSRQPONMLKIGFEDBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
51
allein ein vollkomne abschrifft diser policey- und zuchtordnung gegeben und aller
jährlich wenigst einmal abgeleßen werden, sondern auch die fürnembsteutsrponlihgfedcbaO
puncten
und Ordnungen vmb mehrer bequemlichkeiten willen, absonderlich geschriben und
in den zünfften auffbehalten werden. Ferner hielt man es für notwendig, damit ein
jeder, wann und so o f f t er will, sich darinnen nachrichtlich ersehen und solchem allem nach gehorsamblich geieben möge, da auch jemandß ein eigen völlige abschrifft oder auch einen extract einer und anderen special Ordnung in der canzley
iezo oder inß kiinfftig begehren würde, demselbigen soll solche vmb die gebühr
willfährig ertheilt werden. (Quellenteil, Nr. 5). In der Grafschaft Rothenfels hielt
man es dagegen 1621 mit der Veröffentlichung der Landesordnungen noch ganz
traditionell. Der rechte Zeitpunkt hierfür war der Gerichtstag zu Beginn des Monats
Mai. Es sollen auch alle jähr die statutta und mayen geboth der herrschaft Staufen
fleißig verlesen und an gehörigen orten, so vil den forst betrift, ain von alters herkhommen, ordenlich verkhündt und angeschlagen werden, und dann umb alle handlungen als käufl täusch, eingeschagene zins, schulden, ausloßungen,
uibergaben,
und was es immer seyn mag, in Ihren Gnaden kantzley ordenliche brief auf gericht
werden. (Quellenteil, Nr. 18).
Normenvollzug
Die Frage wie und ob sich die Policeygesetze vor Ort implementieren ließen,
erwächst aus der Erkenntnis, sich nicht eines legalistischen Kurzschlusses hinzugeben. Normen und gesellschaftliches Verhalten bzw. Reaktionen waren wahrscheinlich zu keiner Zeit identische Kategorien gewesen. Die Frage nach der Meßbarkeit
von sozialen Veränderungen, die jede policeyliche Obrigkeit wünschte, bleibt zweifellos interessant, sie ist natürlich auch berechtigt, sprengt aber den Rahmen eines
Editionsprojekts. Dabei ist die Nachzeichnung des Wegs einer gesetzlichen Vorgabe und ihrer Wirksamkeit bis hinein in die äußersten Winkel frühmoderner Alltagswelten kein Problem der richtigen Terminologie. Ob wir von Normendurchsetzung, von ihrer Akzeptanz oder von einer Implementation sprechen ist weniger
entscheidend als die Erkenntnis, daß wir darin einen langwierigen Prozeß sehen
müssen. Manchmal währte der Vorgang sicher zu lange als daß wir ihn selbst mit
Blick auf serielle Quellen hinreichend erfassen könnten. Dabei verwies die Forschung zurecht darauf, daß es nicht nur der Staat war, der das Regelwerk monopolisierte. Denn Pierre Bourdieus Annahme / 'état se présente sous la forme du règlement et des agents ou des instances qui l'invoquent, le plus souvent pour dire non,
pour interdirei0
räumt beispielsweise dem Einfluß der Pfarreien, der Kirchen, der
ständischen Organisationen, der Zünfte oder der reglementierenden Kraft der Suppliken und Petitionen im Sinne sozialpolitischer Disziplinierung von „unten" nach
„oben" zu wenig Platz ein. Darüber reflektierten auch diejenigen, die Policeygeset110
Pierre Bourdieu, Droit et passe-droit. Le champ des pouvoirs territoriaux et la mise en œuvre des règlements, in: Actes de la Recherche en Sciences Sociales 81/82 (1990), S. 8 6 - 9 6 .
52
Historische Einleitung
ze erließen. Der für den Vollzug genannte Adressatenkreis ist meist nach Bereichen
offen, die nicht unmittelbar vom Landesherrn zu kontrollieren waren. Im Augsburger Heilig-Geist-Spital konkretisierten dies auch die Hospitalpfleger 1764:zywvutsrponmlkjihgf
Nach
deme alle gesaetz, und Ordnungen vergeblich, ja bey denen widerspenstigen,
und
ungehorsamen, ohne derselben Vollziehung, nur veraechtlich werden wuerden, als
sind zerschiedene ober- und unterbeamte, gerichtsvoegt, und andere personen aufgestellt, welche dieselbe handhaben, und schuezen, wider allen gewalt, Verkleinerungen, und geringachtung kraeftigst in ihren voelligen bestand erhalten
[...].
(Quellenteil, Nr. 7). Neben den Gerichts- und Amtspersonen ist dort dieser Kreis
anderer Personen genannt, die in den Pfarrern, den Hausvätern und Gastwirten, die
auf der Kanzel, in den Gemeinden und Pfarreien zu suchen sind.
Akzeptiert man dieses erweiterte Spektrum ftir die Normenentstehung, bieten
sich auch mehrere Quellengattungen an, mit denen wir den Weg des Regierens und
Verfugens begleiten können. Visitationsprotokolle111 gehören dabei bereits zu den
klassischen Instrumenten, um gegenüber obrigkeitlich autoritärer Diktion eine vorsichtige Gegenprobe zu eröffnen. Sie beleuchten nicht nur die Verhältnisse in den
Diözesen und Pfarreien, sondern sie reflektieren über die Herrschaftspraxis auch an
Universitäten112 oder an den höchsten Reichsgerichten.113 Freilich verlor diese
Quelle dort, wo sich seit der Reformation der Landesherr als summus episcopus gerierte, ihren „unabhängigen" Status. Bezeichnend für den Brückenschlag kirchlicher
und staatlicher Ordnung ist etwa die Sammlung kursächsischer Mandate zu mehreren Herzögen, Chur und Fürsten zu Sachssen so ihre Chur und Fürstliche Gnaden
in sachen Policey, Visitation, Hoffgerichte und andere nothwendige Articul belangende vor dieser und jetziger zeit in derselben Landen verordnet und auffgerichtet.]H Die Visitationsakten sind hier als integrierter Teil fürstlicher Policeygewalt zu
111
112
113
114
Zu einem der im Editionsteil behandelten Territorien: Regina Klaus, Visitationen der Generaläbte im
16. und frühen 17. Jahrhundert im Kloster Oberschönenfeld, in: Hermann Nehlsen (Hg.), Zisterzienser zwischen Zentralisierung und Regionalisierung, Frankfurt am Main 1998, S. 481-488 - Zu anderen Regionen: Alfons Beckenbauer, Die Visitationen der Fürstpropstei Berchtesgaden von 1735 bis
1743: nach den Protokollen der Franziskanerpatres des Klosters Berchtesgaden, in: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 38 (1989), S. 179-234; Peter Thaddäus Lang, Die Kirchenvisitationsakten des 16. Jahrhunderts und ihr Quellenwert, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 6
(1987), S. 133-153; Gernot Pültz, Das kurfürstliche Dekret zum Abschluß der Münchner Stadtvisitation aus dem Jahre 1642, in: Elisabeth Lukas-Götz u. a. (Hg.), Quellen zur Verfassungs-, Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte bayerischer Städte im Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Festgabe für Wilhelm Stürmer zum 65. Geburtstag, München 1993, S. 133-167.
Irene Pill-Rademacher, „... zu nutz und gutem der loblichen universitet": Visitationen an der Universität Tübingen. Studien zur Interaktion zwischen Landesherr und Landesuniversität im 16. Jahrhundert (Werkschriften des Universitätsarchivs Tübingen 1), Tübingen 1993.
Als Beispiel für das frühe Interesse an diesen Rechtsquellen: Abschiede der Visitationen an dem
Hochlöbl[ichen] Kayserlfichen] Cammer-Gericht: mit angehängten Memorialien, Declarationen, Decreten und anderm ..., Frankfurt (Olfen) 1686.
Ordnungen von Hertzog Ernsten, Hertzog Albrechten, Hertzog Moritzen und Hertzog Augusten [...],
Dreßden MDCIX.
Zu denzyxwvutsrponmlkihgfedcbaZWVUTSRQPNMLKIHGFEDCBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
53
interpretieren. Im Augsburger Bistum war dies nicht der Fall, doch versuchte Fürstbischof Clemens Wenzeslaus 1786 den formalen Überprüfungsmodus gegenüber
dem großen Kreis der Dekanate und Pfarreien zu vereinheitlichen. Dabei streift das
Interesse der Visitatoren durchaus Policeymaterie. Einige der Fragen lauteten: 1.
Wie Pfarrer in seinen christlichen Verrichtungen beschaffen? 2. Ob er die heilige
Messen mit Andacht, nicht zu geschwind lesen? 3. Ob er accurate stund mit dem
Sonn- und feyrtäglichen Gottesdiensten halte: Ob die göttliche Tugenden erwecket
werden? 4. Wie er predige, ob er nicht von der Kanzel schmähe? 5. Wie er die
Christenlehre halte und mit den Kindern umgehe; dann wie oft er predige und Christenlehre, und ob er nicht zuweil die Kinder im Pfarrhofe besonders unterrichte?
12. Ob die Gemeinde ein Vertrauen zu ihme habe, und ob ihme viele aus den Pfarrkindern beichten? 16. Ob es in dem Pfarrhofe friedlich zugehe? 20. Wie Pfarrer im
Hauße, wenn mann jählinge zu ihme kommet, dahergehe, was er für einen Aufzug
habe, wenn er in die Kirchen gehet, und in was für Kleidern er spatzieren gehe? 23.
Ob er nicht zu Zeiten ins Wirtshauß gehe, wie lange er da verbleibe? 24. Ob er zugegen, wenn man tanzet, oder sonst ein Tractament hat? 25. Ob er sich zürne, oder
gerne streitte? Wie er als dann mit den Leuten verfahre? 26. Ob man Ihm den
Trunk anseche? Und was die Leute sodann sagen? 28. Ob die Gemeinde keine
Streittigkeiten mit ihme habe? wegen was? bey was für einer Obrigkeit? 31. Ob die
Armen unentgeldlich begraben werden? 32. Wie die Pfarrgüter aussehen, ob solche
gut gepfleget, oder abgenützet seyen? und schließlich 35. Ob H. Pfarrer die Schuel
besuche?115
Neben den Visitationen geben aber auch andere Quellengattungen Einblick in
die unendliche Geschichte der Umsetzung normativer Vorgaben. Achim Landwehr 116 wählte zum Nachweis der Verfassungswirklichkeit die Überlieferung des
weltlichen Ruggerichts und des geistlichen Kirchenkonvents im Herzogtum Württemberg als wichtigste Institutionen, die Policeyordnungen zur Geltung verhelfen
sollten. Dieser Zugang zur Praxeologie 117 der Policey, der andernorts mit den seriellen Quellen der Briefprotokolle, Ratsbücher, Hofratsprotokolle, Kapitelsaufzeichnungen, Strafbücher oder Urgichten zu fuhren wäre, trägt der Tatsache Rechnung,
daß die Verteilung frühmoderner Macht normativ zwar in einer bestimmten Weise
festgelegt sein mag, daß sie aber faktisch unterschiedliche Gestalt annimmt. Die
Rolle der Untertanen und ihr direkter Einfluß auf die Normgebung - er erfolgte etwa über den Weg der Bittschriften (Supplikationen) 118 , Unmutserklärungen, Auf-
115
116
117
118
Archiv des Bistums Augsburg (AB Augsburg), B O 1670: Visitation verschiedener Pfarreien,
1575-1791.
Achim Landwehr, Policey im Alltag (Anm. 26), S. 141-165.
Pierre Bourdieu, Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen
Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1979, S. 137-377.
In anderem regionalem Kontext untersucht bei: Gregory L. Freeze, From supplication to revolution: a
documentary social history of imperial Russia, N e w York u. a. 1988.
54
Historische Einleitung
rühr" 9 , Devianz 120 und Rebellion 121 oder im Vorfeld des Huldigungsvertrages 122 für
Amt und Herrscher - wurden erst in jüngerer Zeit im Rahmen historischer Konfliktforschung näher untersucht. Untersuchungen zu Normgebung und Normpraxis zeigen, daß auf die frühmodernen Ordnungen von verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Gruppen Bezug genommen wurde. Die Policeynormen regelten
viele Punkte, vielleicht zuviel Materie um kurzfristig im Sinne einer Repression zu
wirken. Mittel- und langfristig scheinen aber bestimmte Themenbereiche auf diese
Weise durch die Policey erfolgreich kanalisiert worden zu sein. Dabei spielt weniger das Maß einer restlosen Akzeptanz von Normen eine Rolle als vielmehr die
Überlegung, daß die Policey ihre Stärke in dem seit den 1970er Jahren durch Michel Foucault eingeführten Begriff der „Gouvernementalität" entfaltete. Foucault
bestellt dabei das staatspolitische Feld in veränderter Form. Verwalten läßt sich unabhängig von schroffen oder flachen hierarchischen Strukturen. Policey wird zum
Synonym für Regieren und Regieren heißt in diesem Sinne, das Feld eventuellen
Handelns der anderen zu strukturieren.123 Ein Editionsprojekt ausgewählter Ordnungen kann die Frage nach Implemantation und Normprägung durch Policey letztlich nicht beantworten. Hierzu wären Folgearbeiten mit einem kleineren geographischen Ausschnitt nötig als dies die behandelten Territorien und Städte im
Schwäbischen Reichskreis zu leisten vermögen.
Statt dessen blicken wir aber darauf, wie normative Quellen selbst Anregungen
zu ihrer Umsetzung und Befolgung vor Ort und in der Region geben können. Policeyordnungen nahmen meist direkten Bezug zu diesen Fragen. In den federführenden Kanzleien erinnerte man sich dabei an die in Privilegien und Diplomen übliche
Form der Sanctio. Sie wurde zum integrierten Bestandteil vieler Policeytexte, sie
kündigte Sanktionen jeweils am Ende einzelner Abschnitte oder des Gesamttextes
an. In Augsburg Schloß die Ratskanzlei 1537 zusammenfassend und ziemlich unkonkret: VndzywvutsronmlkihgfedcbaO
hat ain erber rat die straffen vnd censuren gegen den verbrüchigen
dieser Ordnung darumb so vaetterlich mildt vnd tra°glich gesetzt das sy kains wegs
119
120
121
122
123
Zusammenfassend: Peter Blickte, Unruhen in der ständischen Gesellschaft 1 3 0 0 - 1 8 0 0 (Enzyklopädie
deutscher Geschichte 1), München 1988; André Holenstein, Bauern zwischen Bauernkrieg und Dreißigjährigem Krieg (Enzyklopädie deutscher Geschichte 38), München 1996, S. 103-112. Als Fallstudie: Claudia Ulbrich, Bäuerlicher Widerstand in Triberg, in: Peter Blickle (Hg ), Aufruhr und Empörung? Studien zum bäuerlichen Widerstand im Alten Reich, München 1980, S. 146-216.
Mark Häberlein (Hg.), Devianz, Widerstand und Herrschaftspraxis in der Vormoderne. Studien zu
Konflikten im südwestdeutschen Raum (15.-18. Jahrhundert) (Konflikte und Kultur - Historische
Perspektiven 2), Konstanz 1999, S. 9 - 3 2 .
Renate Blickle, Rebellion oder natürliche Defensión: der Aufstand der Bauern in Bayern 1633/34 im
Horizont von gemeinem Recht und christlichem Naturrecht, in: Richard van Dülmen (Hg.), Verbrechen, Strafen und soziale Kontrolle (Fischer-Taschenbücher 10239/ Studien zur historischen Kulturforschung 3), Frankfurt am Main 1990, S. 5 6 - 8 4 .
André Holenstein, Die Huldigung der Untertanen: Rechtskultur und Herrschaftsordnung ( 8 0 0 - 1 8 0 0 )
(Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte 36), Stuttgart 1991.
Michel Foucault, Wie wird Macht ausgeübt?, in: Ders./ Walter Seittner, Das Spektrum der Genealogie, Bodenheim 1996, S. 2 9 - 4 7 .
Zu denzywvutsrqponmlkjihgfedcbaZWVUTSRQPONMLJIHGFEDBA
großen Überschriften des Forschungsobjekts Policey
55
dauon nit zuweichen sonnder beharrlich vnd ernnstlich darob zehalten vnd fürzefaren gedencken dess vnd kains andern soll sich meniglich versehen vnnd vor straff
wisse zu°uerhuten. Zuvor hatte man jedoch einzelne Gebote mit ganz konkreten
Strafen belegt. Für uneerlichem beysitz und lediger hu°rerey verhängte man eine
viertägige Turmstrafe mit anschließendem (befristeten) Stadtverweis und Ehrverlust. Im Vollzug differenzierte sich das Sanktionsmaß konsequent zwischen Anfangs- und Wiederholungstat. Im Zweitfall verdoppelte sich auch meist das Strafmaß: zum andern mal wie yetz gemeldt vebertretten wurd dem soll zwifache straff
nachuolgen. Griff man policeyliche Frevler zum dritten Mal auf, blieb das Strafmaß
meist zeitlich unbefristet oder man operierte bereits mit den Instrumentarien der hohen Gerichtsbarkeit: 124 Vbertrette yemand zum dritten mal der soll der statt ewig
verwisen oder aber am gu°t, leib oder leben nach erkanntnus ains erbern rats gestrafft werden. (Quellenteil, Nr. 1). Zum Strafmaß selbst ließ der Gesetzgeber bereits in der Ordnung Ausfuhrungsbestimmungen festschreiben. Strafhöhe, die Modalität der Geldbuße, Aufschub und Alternativen zur Geld- oder Leibesstrafe
spielten eine wichtige Rolle. Optionen zu Geldstrafen für eine Zeit, in der die Hintersassen im Policeysprengel nur über knappe Bargeldressourcen verfugten, finden
sich naturgemäß vor allem in ländlichen Regionen. So auch in jener 1718 für das
städtelose Territorium der Elchinger Äbtissinnen erlassenen Policeyordnung: Wann
jemand über obbeschriebene artickul ein oder andere vor amt oder ganzem gericht
strafbar erkennet und gerüegt würdet, der solle dem amtmann angeloben, die andictirte straf oder bus jnner den nächstern 14 tagen zu bezahlen oder mit dem leib
abzudienen. Immer dann, wenn ein Unvermögen vorlag, solle die straf am leib,
durch schwere arbeit und öffentlicher kirchenspott oder relegation abgebüßt werden. (Quellenteil, Nr. 12). Der dem utilitaristischen Denken der Ordnungsträger des
späten 17. und des 18. Jahrhunderts nicht fernstehende Gedanke der Zwangsarbeit
in Zuchthäusern 125 sollte vor allem in policeylichen Beschlüssen des Schwäbischen
Reichskreises selbst eine Rolle spielen. 1720 erläuterte dies das Bettler- und Gaunerpatent: Wenn zuweilen solche personen finden und beygefangen werden, welche
sich zur todesstraffe nicht qualificiren, so sind dieselbe vorgedachter massen in die
von creyßes wegen zu erbauen resolvirte, oder indessen in andere hier und dar
befindliche zuchthaeußer zu bringen (Quellenteil, Nr. 22).
Die Policey regelte aber auch die Zuständigkeiten der Räte und Fürstendiener,
der Stadt- und Landrichter, der örtlichen Vögte und Ammänner im Alltag des Ordnungsvollzugs. Jede Sanctio nannte sie beim Namen. In Ursberg hieß es 1790:
124
Wolfgang Wüst, Das inszenierte Hochgericht. Staatsführung, Repräsentation undutsligeb
blutiges Herrschaftszeremoniell in Bayern, Franken und Schwaben, in: Alois Schmid (Hg.), FS für Andreas Kraus
zum 80. Geburtstag (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 132), München 2002, in Vorbereitung.
125
Wolfgang Wüst, Die gezüchtigte Armut. Sozialer Disziplinierungsanspruch in den Arbeits- und Armenanstalten der „vorderen" Reichskreise, in: ZHVS 89 (1996), S. 9 5 - 1 2 4 .
56
Hiernächst
Historische Einleitung
befehlen wir auch den amännern und burgermeistern
die [...]
Übertret-
tungen dieser unserer Verordnung jedesmal unpartheilich und genau bey unserer
nachgesezten oberamtskanzlei anzuzeigen, bey dessen wissentlicher unterbleibung
dieser oder jener fürs Ite mal in die bey jedem punkt aufgesezte, dreifache geldbuße
verfällt, bey fernerer Unterlassung pflichtmässiger anzeige aber mit der dienstsentsezung unnachlässig gestraft werden solle. (Quellenteil, Nr. 14 b). Im Damenstift
Edelstetten adressierte 1671 die Äbtissin die Landesverordnung an allen vnnd
jeden
unsern vögten, ambtleüten, richtern vnnd underthanen, so am vnnd jn vnsern gerichten gesessen, vnnd darein gehörig sein, auch allen andern die je zu zeiten sich
der bemelten vnserer vndergerichten geprauchen. Wen sie unter den Gerichtsleuten
im Auge hatte, erläutert die Ordnung wenig später. Es soll unser gericht mit from-
ben erbaren verstendigen, ehrlich gebornen vnnd unuerleumbten persohnen, die nit
under fünff vnnd zweinzig jähren, sondern eines rechten volkommnen alters, auech
nit in bann oder in der aucht seyen, besezt vnnd versehen werden, auch die nechstverwandte mit sip: vnnd schwagerschafft neben einander, wo ander zu bekommen,
nit zu lassen. (Quellenteil, Nr. 11). In der gefürsteten Grafschaft (Dettingen hatte
man 1678 den Adressatenkreis vollziehender Personen im Blick auf eine „alles"
umfassende Policey noch erweitert. Hierauff gebiethen, befehlen und vorordnen wir
krajft dieses ernstlich, daß alle und iede hievorgesetzte puncten steiff fest und unverbruechlich gehalten [...] soviel einen ieden solche betrifft als nemlich den wuerthen, becken, kraemern, fischern, metzgern, bierbrauern, denen bestellen visitatoren,
schaetzern, brunnenmeister, thurnern, waechtern und andern (Quellenteil, Nr. 19).
Und im Augsburger Hochstift adressierte man auch kirchliche Amtsträger, um die
Konfessionalisierung in den weltlichen Stadt- und Landämtern effektiver auszugestalten. So konnte der Nachweis über gültige Beichtnachweise (Beichtzettel) und
Osterkommunion in den Pflegen und Vogtämtern geführt werden. Diejenige aber,
die ire kinder an caetholischen oder auch anderen ortten, da beede religion in gebrauch, in schuelen und diensten auch handtwerckhen haben, sollen järlich nach
pfingsten iren ambtleüthen von den beichtvattern und pfarherren desselben orths
glaubwürdigen
schein aufweisen [...]. Sinn und Zweck dieser Forderung war die
Vertretung konfessioneller Exklusivität seitens der Landesherrschaft. 1606 zog auch
die Policey die Konsequenz: Wenn sich ainer gahr für ainen luteraner oder andern
sectisten angeben oder sie [die Amtleute mit Zutun der Pfarrer] solches sonsten vermerckhen wurden, wird verfügt, demselben seine habende, ligende oder fahrende
güetter zu verkhauffen und inner jarsfrist unser und unsers stijftsgebiett und
herrschaften zue räumen. (Quellenteil, Nr. 9).
Policey und legislativer Transfer aus regionaler Sicht
57
4. Policey und legislativer Transfer aus regionaler Sicht
Policey bedeutete immer auch ein Stück regionale Identifizierung, Integration sowohl nach außen als auch nach innen sowie territoriale Arrondierung und legislativer Ausbau. So stellte beispielsweise die Landesordnung für die Herrschaft Staufen
klar, wie es sowol gegen den jngeseßenen als frembden underthanen in allen ihren
begebenden Handlungen, heyrathen, kontrakten, pakten, schulden, pfandungen,
erbthailungen, testamenten, und andern letzsten willen, auch allen fürfallenden
rechten, gerichts und oberkaitlichen sachen bestellt sei. (Quellenteil, Nr. 18). Policey blieb ein Schritt Staatenbildung vor Ort. Das Editionsprojekt versucht deshalb
mit konkreten Beispielen aus unterschiedlichen Territorien des Schwäbischen
Reichskreises, die erstaunliche Bandbreite frühmoderner Ordnungspolitik offenzulegen. Zuerst stellt sich dann die Frage, wie repräsentativ die Auswahl an sich ist.
Dieser Frage können wir in zeitlicher und räumlicher, aber auch in staatentypologischer Hinsicht Antwort geben. Das 16. Jahrhundert als jene Epoche, in der sich
die regionalen Obrigkeiten, wie sich zeigte, sehr eng an den Policeynormen des
Reiches orientierten, ist keineswegs nur durch ein reichsstädtisches Beispiel (Augsburg: 1537) vertreten. Das Beispiel der Stadt Burgau (1597) als Verwaltungsmittelpunkt der gleichnamigen Markgrafschaft eröffnet den Vergleich mit einer Fürstenstadt. Die Beziehungen zum Reich sind so in zweifacher Sicht nachzuzeichnen.
Einmal begegnet mit Burgau eine habsburgische Landstadt, und zum zweiten war in
den oberdeutschen Reichsstädten u. a. als Folge der zahlreichen Reichstage der
Konnex zum Reichsoberhaupt bekanntlich besonders intensiv gewesen. Die territoriale Komponente wird in unterschiedlicher Größenordnung und Konfessionsausrichtung ebenfalls deutlich. Mit den Ordnungen für Wettenhausen (1525), Württemberg (1549), Fürststift Kempten (1562) und dem Augsburger Domkapitel
(1571/79) ist ein Stadt-Land-Vergleich möglich, wobei die Territorien auch nach
Unterschieden hinsichtlich einer geistlich-weltlichen Landesherrschaft oder nach ihrem zeitlichen Abstand zur Reformation - sie wurde in der älteren Forschung ja
auch als ein Einschnitt fur die Genese weltlicher Christenordnung 126 gewertet - interpretiert werden können. Das 17. Jahrhundert, in dem die Territorien infolge des
Dreißigjährigen Kriegs einen vermehrten Regelungsbedarf zur allgemeinen Friedenssicherung in Gang setzten, ist mit den städtischen Ordnungen der Jahre
1621/30, 1656 (beide Augsburg) und 1673/97 (Lindau) vertreten. Für den Typus
kleiner bzw. mittlerer Staaten finden sich die Entwicklungen sowohl unter geistlicher als auch unter weltlicher Landesherrschaft. Als Beispiele stehen einerseits die
Ordnungen für das Augsburger Hochstift (1606), das Damenstift Edelstetten
126
Vgl. hier für die Stadt: Berndt Hamm/ Dorothea Wendebourg, Reformationstheorien: ein kirchenhistorischer Disput über Einheit und Vielfalt der Reformation, Göttingen 1995; Berndt Hamm, Bürgertum und Glaube: Konturen der städtischen Reformation (Sammlung Vandenhoeck), Göttingen 1996.
58
Historische Einleitung
(1625/71), das Benediktinerkloster Elchingen (1685/1718) - der Text folgte im wesentlichen der Vorgabe aus dem 17. Jahrhundert - und andererseits die für die Grafschaft Königsegg-Rothenfels (1621), fur das Herzogtum Württemberg (1660) und
die Residenzstadt (Dettingen (1678). Das 18. Jahrhundert, das als Säkulum der Policey in die historischen Handbücher 127 Eingang fand und durch zahlreiche Fallstudien 128 regional breit verankert wurde, fand im Editionsteil ebenfalls ausreichende Berücksichtigung. Für das östliche Schwaben stehen hierfür die territorialen
Ordnungen des Damenstifts St. Stephan (1719), des Reichskreises (1720), der Ritterherrschaft Harthausen (1723), der Adelsherrschaften Fugger-Babenhausen und
Fugger-Kirchberg-Weißenhorn (1725, 1726), der Reichsstadt Kempten (vor 1748),
des Augsburger Spitals und seiner zugehörigen Landpflegen (1764), des
Zisterzienserinnenklosters Oberschönenfeld (1775) und des Prämonstratenserstifts
Ursberg (1777, 1790).
Ein zweiter Ansatz zur Bewertung der edierten Quellen findet sich in der Erkenntnis, daß sich Policey eben nicht nur nach außen durch die wirtschaftliche und
politische Stärkung der Staaten manifestierte. Nein sie wirkte vor allem auch nach
innen über die uns zahlreich erhaltenen regionalen Varianten. Vor dem Hintergrund
der in mehreren Quellenwerken bereits editierten zentralen Quellen der Reichsgesetzgebung ist es unser Ziel, die regionalen Merkmale in Süddeutschland unter Einschluß weltlicher und geistlicher Reichsstände, aber auch mit Berücksichtigung
landsässiger Territorien zu beleuchten. Der Einfluß der Reichsgesetzgebung in den
127
128
Heinz-Gerhard Haupt/ Wolf-Dieter Narr, Vom Polizey-Staat zum Polizeistaat? Ein Forschungsbericht
anhand neuerer Literatur, in: NPL 23 (1978) S. 185-218; Peter Preu, Polizeibegriff und Staatszwecklehre. Die Entwicklung des Polizeibegriffs durch die Rechts- und Staatswissenschaften des 18. Jahrhunderts (Göttinger Rechtswissenschaftliche Studien 124), Göttingen 1983; Marc Raeff, Der wohlgeordnete Polizeistaat und die Entwicklung der Moderne im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts.
Versuch eines vergleichenden Ansatzes, in: Ernst Hinrichs (Hg ), Absolutismus, Frankfurt /Main
1986, S. 315.
Ingeborg Mayer, Studien zum Polizeiwesen in Wien und Niederösterreich von seinen Anfängen bis
zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, Masch. Diss. Wien 1985; Dies., Polizeiwesen in Wien und Niederösterreich im 18. Jahrhundert. Reform und Kompetenzverteilung. In: Unsere Heimat 57 (1986)
Heft 2, S.75-91; Béla Scabσ, Polizei in Ungarn und Siebenbürgen im 16.-18. Jahrhundert, in: Michael Stolleis unter Mitarbeit von Karl Härter und Lothar Schilling (Hg ), Policey im Europa der Frühen
Neuzeit, Frankfurt/ Main 1996, S.377-407; Franz Züsli-Niscosi, Beiträge zur Geschichte der PolizeiOrganisation der Republik Zürich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Diss. (Masch.schr.),
Univ. Zürich 1967; Neithard Bulst/ Jochen Hoock, Bevölkerungsentwicklung und Aktivitätsstruktur
als statistisches und polizeiliches Problem in der Grafschaft Lippe in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Neithard Bulst u. a. (Hg ), Bevölkerung, Wirtschaft und Gesellschaft. Stadt-LandBeziehungen in Deutschland und Frankreich 14. bis 19. Jahrhundert, Trier 1983, S. 231-278; Bettina
Wischhöfer, „Medicinische Polizey" in Lippe. Analysen zum Gesundheitswesen auf Landtags- und
Verordnungsebene 1700-1800, in: Neithard Bulst (Hg ), Die Grafschaft Lippe im 18. Jahrhundert.
Bevölkerung, Wirtschaft und Gesellschaft eines deutschen Kleinstaates, Bielefeld 1993, S. 77-136;
Dies., Krankheit, Gesundheit und Gesellschaft in der Aufklärung: das Beispiel Lippe 1750-1830,
Frankfurt/Main 1991.
Policey und legislativer Transfer aus regionaler Sicht
59
Statuten territorialer-städtischer Policey und Aspekte europäischer Kulturgeschichte
ließen sich im Tafelwerk der regionalen Policeymaterie sichtbar machen.
Ein anderes Kapitel zur regionalen Bewertung legislativer Tätigkeit öffnet sich aber
auch über den grenzüberschreitenden Vergleich normativer Herrschaftsinstrumentarien. Wie beeinflußte Policey die ältere Gerichtsorganisation in Stadt und Land und
wie stand es um den Austausch von Landesverordnungen zwischen den Territorien?
In dieser Sicht lassen sich aus dem Vergleich der Ordnungen mit Blick auf inhaltliche Kriterien aber auch auf den Text, einzelne Formulierungen und die Gliederung
Aussagen zu den Kommunikationssträngen von Kanzlei zu Kanzlei, von der Herrschaft zur Gemeinde, von Bote zu Bote129, von Rat zu Rat und schließlich von Fürst
zu Fürst gewinnen. Für die Besetzung der Dorfgerichte im Pfleggericht Wellenburg
verfugte die Policey beispielsweise: Es sollen auch furo vnsere dorffsgericht mit
keiner tadelhafften, verrüefften oder vnehrlichen persohnen, sonder mit ehrlichen,
erbarn persohnen eines guten wandels, guter sinnen und vernunfft besözt und solle
keiner vnnder 25 jahrn nit jnnß gericht aufgenommen werden. [...] Darzu solle
auch jede gerichtspersohn der herrschafft die gewohnliche aydtspflicht thun, die
gerichtssachen der billich- vnd gerechtigkeit nach zu befördern, niemand zu laid
oder lieb, jchtwas von freündt- oder feindschafft wegen so wider den gemainen nuz
oder seines nechsten schaden wider recht- und billichheit geraichen möchte, zu
vrthailen helffen, alle gerichtssachen biß in sein grueben verschwigen zuehalten,
mehr gedachter herrschafft pollicey- und gerichtsordnung in allen stucken befördern helffen, auch handthaben, alles bey Verlust der dorffsgerechtigkeit jnner
geraumen zeit ohne mittel zu vermeiden. (Quellenteil, Nr. 17 b). Die lokalen Gerichtsordnungen waren so eingebunden in das umfassende Policeykonzept einer
Herrschaft, die die Rezeption von Generalmandaten vor Ort und die Loyalität der
dezentralen Autoritäten zum Grundsatz jeglicher „nutzbringender" Kooperation erklärt hatte.
Grenzüberschreitende Kommunikation war sicher keine Neuerung der Frühmoderne, denn gerade im Bereich der Landesfriedenssicherung - die frühmoderne Policey knüpfte vielfach an dieses Aufgabenfeld an - suchten etwa Reichsstädte wie
Augsburg engen Kontakt zu anderen Städten und Regionen. Für Nürnberg und
Augsburg ist beispielsweise der gelegentliche Austausch der Strafämter und Gerichte zu Prozeßerkenntnissen im 15. Jahrhundert nachweisbar.130 Wenn es darum ging,
gemeinsame Sicherheitsinteressen durchzusetzen, konnte er sehr intensiv sein. 1444
bestätigte Augsburg dem Nürnberger Rat, daß man zur Beweissicherung von ains
129
130
Für eine Reichsstadt: Hans Seßler, Das Botenwesen der Reichsstadt Nürnberg, Diss, masch. Erlangen
1947; Allgemein: Horst Wenzel (Hg.), Gespräche-Boten-Briefe. Körpergedächtnis und Schriftgedächtnis im Mittelalter (Philologische Studien und Quellen 143), Berlin 1997.
Wolfgang Wüst, Reichsstädtische Kommunikation in Franken und Schwaben. Nachrichtennetze für
Bürger, Räte und Kaufleute im Spätmittelalter, in: ZBLG 62 (1999), S. 6 8 1 - 7 0 7 .
60
Historische
Einleitung
vbeltätigen manns wegen geschriben vnd ain abschrifft seiner mißtätter vnd
laicherey verflossenzyxwvutsrponmlkjihgfedcbaZWVTSRPONMLKJIHGFEDBA
erhalten habe. Diese reichte man an einen betroffenen Bürger
weiter. Der aber hett vns geantwurt, dazwvtsronlihedca
er deheinen surne [Zorn] hob vnd och zu
disen zeitten mit geschafft sälicher maß beladen sey, daz er dazu nicht getun
künd.Ui Eine stadtübergreifende Kooperation im Gerichtswesen nutzte nicht nur
dem städtischen Rat, sondern vor allem auch den Händlern und Bürgern, die auf
diesem Weg extra muros ein Stück Rechtsgarantie und Sicherheit erwarten durften.
Kommunikation war aber kein Spezifikum für entstehende Städtelandschaften. 132
Seit dem 16. Jahrhundert begannen sich einzelne Territorien auch am Beispiel des
jeweiligen Reichskreises zu orientieren. Das Augsburger Fürstbistum stand jedenfalls mit dem Reichkreis in enger legislativer Verbindung. Die Hofräte als Verfasser
territorialer Polizei-, Wirtschafts- und Sozialordnungen gaben unumwunden zu, daß
sie ihren normativen Grundlagenschatz in Kenntnis entsprechender Kreisverordnungen festgelegten. Eine hochstiftische Vaganten- und Bettelordnung vom 5. November 1720 schrieb einen Finanzausgleich unter den jeweiligen Almosenkassen in
den Pflegämtern vor, um einzelne Orte nicht überzubelasten. Dies lag jedenfalls
ganz in der intention des crayßpatents [vom 6. Mai 1720], §. 7, das vorsah, daß die
Kosten immer von einem orth dem andern succurrirt werden sollen. 133 Es handelte
sich keinesfalls um einen Einzelbeleg. In der nämlichen hochstiftischen PoliceyRegelung wurde des weiteren expressis verbis auf die Paragraphen 4, 5, 10, 13, 14,
15 und 24 des früheren Kreispatents verwiesen, wie überhaupt Inhalt und Aufbau
dieser fürstbischöflichen Generalverordnung völlig crayßconstitutionsmäßig
ausgestaltet waren. Die Übernahme wörtlicher Passagen aus den Vorlagen des Reichskreises seitens der Landesfürsten behinderte überdies keineswegs die Verbreitung
der zugehörigen Kreisdekrete. Formal war dies richtig, hatten sich doch alle Stände
und Fürsten dieses creyses ueber [jene] Verordnung verglichen und inhaltlich war es
notwendiger den je, nachdem das hoechst-schaedliche jauner- und anderes diebsund herren-loses gesind/ ohngeachtet der darwider außgegangenen
edicten,
gleichwohl eine zeit hero sich haeuffiger/ als vorhin/ in dem schwaebischen creyß
eingefunden/ auch an zerschiedenen orten solche gewaltthaetigkeiten/
raub und
pluenderungen außgeuebet/ daß man billich auf alle weis und wege/ und mit
Vorkehrung mehrerer schaerffe dahin zutrachten hat/ wie diesem ubel mit
nachdruck gesteuret/ und der nothleydende unterthan sowohl deßfalls in ruhe und
131
132
133
StadtA Augsburg, Reichsstadt, Schätze 105/ Va, Nr. 86, 1. Februar 1444.
Mit Berücksichtigung der sog. Minderstädte: Helmut Flachenecker/ Rolf Kießling (Hg.), Städtelandschaften in Altbayern, Franken und Schwaben. Studien zum Phänomen der Kleinstädte während des
Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (Beihefte der ZBLG 15), München 1999. Darin zur Städtelandschaft: Rudolf Endres, Die Städtelandschaft am Obermain während der Frühen Neuzeit, S. 221 —
242.
Zur Edition dieser Armenordnung: Wolfgang Wüst, Bettler und Vaganten als Herausforderung für die
Staatsraison im Hochstift und der Reichsstadt Augsburg, in: JVAB 21 (1987), S. 2 4 0 - 2 7 9 .
Policey und legislativer Transfer aus regionaler Sicht
61
Sicherheit gesetzt.134 Augsburg war kein Einzelfall. In der Kanzlei des Hofrats im
Fürststift Kempten stapelten sich die entsprechenden Vorgaben durch den Reichskreis, als man zu Beginn des 18. Jahrhunderts daranging, eine Reihe von immer öfter erneuerten Bettel- und Policeyordnungen zu publizieren. Hierzu zählten jeweils
in mehrfacher Ausfertigung gedruckte Erlasse von 1703 bis 1718, das Patent gegen
schädliche jauner-, zigeuner und anderes diebs- und herren-loses gesind von 1720,
ein Rezeß des Oberen Creyses in Schwaben von 1722, der theils zu trost der
wahren- und mitleydens-würdigen
armen, anderen theils aber zu außrottung der
müßigen bettleren, land-betriegeren [...] errichtet worden war, und ein weit verbreitetes Kreis-Gauner-Patent von 1751, 135
Viele Policeyordnungen des 16./17. Jahrhunderts gleichen sich, unabhängig von der
Frage, ob sie noch, dem defensiv und reagierenden Typus folgend, auf Mißstände
hinweisen oder ob sie der offensiveren Regulierungstätigkeit des 18. Jahrhunderts
zuzuordnen sind. Dies läßt sich bereits an ihrer Gliederung und dem organisatorischen Aufbau erkennen. So gesehen läßt sich die Policey in Gruppen einteilen. Die
in den ersten beiden Absätzen (Kapiteln) genannten Positionen aller im Quellenteil
edierten Ordnungen folgen unabhängig vom Territorium oder dem Zeitpunkt ihrer
Entstehung prinzipiell zwei Typen. Damit stellt sich die Frage nach dem Texttransfer von Kanzlei zu Kanzlei. Sie kann hier allerdings nur aus den Ordnungen selbst
beantwortet werden. Traditionell beziehen sich die ersten Einträge in Policeyordnungen entweder auf den Kanon sittlicher, religiöser, konfessioneller und christlicher Werte oder sie folgen vorrangig administrativen Prämissen. Mancherorts nahm
man die jeweilige Programmatik selbst in den Titel auf, wie diesrniedB
ζ. B. in derzyutsronlihgedcPO
christ136
lichen Polizey-Ordnung für das pfalzische Amt Kirchberg geschehen ist.
Eine erste Gruppe räumte diesem kirchlichen Bezug größte Priorität ein, zumal
den Nahtstellen zwischen kirchlicher und weltlicher Heilsordnung im Zuge der
Konfessionalisierung wieder neue Bedeutung zukam. Die Augsburger Policeyordnung von 1537 stellte an den Beginn ihrer Ordnung einen Absatz über die
Verachtung vnd widerstrebung des wort Gottes vnd religion, eine Ermanung zu
warer christenlicher
religion vnd gottesdienst
und einen Aufruf wider das
gotslo"stern vnnd schwoeren. Im Fürststift Kempten folgte man 1562 im ersten Paragraph mit Von dem gottes dienst, meß, und predigt hören, im Augsburger Domkapitel 1579 mit Von dem gottsdienst bzw. Vom gottsla" stern und in der Stadt Lindau 1697 mit Gotteslästerung, fluchen, falsches schwören. Die Herrschaft Fugger134
135
136
StadtAA, Schwäbischer Reichskreis, Reichs- und Kreispatente von 1700 - 1732, Bd. 159, Nr. 53. Patent deß hochlöbl. Schwab. Creyß vom 6. Mai 1720.
StAA, Fürststift Kempten, MüB, Lit. 120b. Ein Faszikel ungedruckter und gedruckter Landes-, Polizei·, Stempel-, Ungeld-, Zoll- und anderer Ordnungen (gegen Bettler, Zigeuner, Vaganten, „gartende"
Knechte), 1519-1794.
Pfalz Graff Ludwigs Churf[ürst] und Herzog Reichards christliche Polizey-Ordnung in Ampt Kirchberg, Heidelberg 1582.
62
Historische Einleitung
Wellenburg Schloß sich 1726 an mit: Primo. Von der religion und gottesdienst, das
Reichsstift Ursberg handelte in seinen Statuten 1777 unter dem ersten Punkt (7. m0 )
Von der religion und das Kloster Oberschönenfeld stellte 1775 einen Abschnitt zur
Achtung von Sonn- und Feiertagen voran. Diese normierte Anfangsthematik der
Ordnungen beschränkte sich keineswegs auf Ostschwaben oder den Schwäbischen
Reichskreis. Die Reichsstadt Rothenburg o. d. Tauber ließ ihre Policeyordnung von
1685/ 1721 137 einleiten mit einem Absatz: Vom gottesdienst,
besuchung
der
predigten und Heiligung der sonn- hohen fest- und feyer-tägen, wie auch wöchentlichen betstunden und kinderlehren, sodann erforderte abschaffung der dabey vorgehenden mißbräuchen. Konfessionelle Unterschiede schienen dabei ebenfalls nicht
zu bestehen, wenn beispielsweise auch die Kölner Kurfürsten Deß erzstiffts Cölln
pollicey vnd landsordnung vom 4. 11. 1596 mit Ausführungen über gottslesterung
vnd gottsschwehren beginnen ließen. 138 Eine zweite Gruppe leitete ihre Ordnungen
ein mit der Regelung des eigenen Ämter- und Gerichtswesens oder einer Kompetenzenbeschreibung für Fürstendiener, Beamte und Untertanen. Das Reichsstift
Wettenhausen setzte 1525 die Reformation vnnd Ordnung der Gerichte des Gotzhawss und Von verbanung des gerichts. Das erst gesetz von fürnemen der fürbott an
den Anfang. Die Augsburger Ordnung von 1633 beschrieb im ersten Absatz: Der
erste titul diserzuronlihgedVO
Ordnung: Von personen zue disem ambt gehörig und ihrer besoIdung. In Edelstetten begann man 1671 mit gerichtsbesetzung,
rechte und pflichten
der richter und im Heilig-Geist-Spital Augsburg notierte man 1764 zu Beginn als
Titulus I: Von bestellung der spitalischen gerichte, gerichtspersonen, ober- und anderen beamten, auch untervoegten, und von Vollziehung derer ausgefallenen
bescheiden. §. I. Bestellung der beamten, und gericht §. 2. Spitalmeisters, und actuarii
amt [und] §. 3. Oerter, so zur spital-amts-stuben zu ziehen. In der gefursteten Grafschaft Oettingen wies man 1678 an dieser Stelle die visitatores fur die Märkte in
Stadt und Land in ihre Aufgabe ein.
Der jeweils zweite Eintrag in den untersuchten Ordnungen folgte ebenfalls einem Muster, das den Schluß auf überörtliche Kooperation im weiten Feld policeylicher Normgebung nahe legt. Dem Typus der kirchlich-geistlichen Policey folgten
dabei u. a. Augsburg 1537 mit der Ermanung zu warer christenlicher religion vnd
gottesdienst und 1633 mit einem Absatz zu Sonn- und feyertag heiligen, das
Fürststift Kempten 1562 mit der Warnung Von den Wiedertäufern, die Herrschaft
Fugger-Wellenburg 1726 mit Secundo: Von feyrtägen und das Heilig-Geist-Spital
Augsburg 1764 mit Titulus II: Von gottesdienst, was darzu gehoerig, und darbey in
acht zu nehmen ist. Hierzu zählten die Ausführungen zu §. 2. Alle sollen dem
gottesdienst eyfrig beywohnen und §. 3. Sonn- und feyertag heiligen. Außerhalb des
Schwäbischen Reichskreises ist ähnliches zu beobachten. So ließ etwa die Reichs137
138
StadtA Rothenburg, A A 122a. Policey-Ordnung von 1721 mit Textpassagen aus der älteren O r d n u n g
von 1685 (Gedruckt allda bey Johann Ludwig von Millenau), hier: Tit[ulus] I.
StadtA Köln, Historisches Archiv, Druckschrift vom 4 . 1 1 . 1596.
Policey und legislativer Transfer aus regionaler Sicht
63
Stadt Rothenburg ob der Tauber 1723 im zweiten Titel ihrer Stadt- und Landesordnung139 handeln Von denen gotteslaestern, fluchern, zaubern,
teuffelsbannem,
seegensprechern, siebdrehem, spiegel-besehern, und andern dergleichen haendeln,
wie auch maeyneydigen und falschen angelobern. Die andere Gruppe, in der sich
die Herrschaft für die vorrangige Klärung verwaltungsorientierter Bereiche entschieden hatte, setzte dies auch im zweiten Abschnitt fort. In Wettenhausen handelte man deshalb 1525: Von verbanung des gerichts. Das erst gesetz von fürnemen
der fürbott. In Edelstetten folgten dem ersten Abschnitt Von gerichts personen die
Abschnitte Von der clag und Von gewalthaber oder procuratoren. Aus diesem Feld
standardisierter Wertungen innerhalb der policeylichen Ordnungshierarchie brechen
wenige Ordnungen aus. Sie sind meist als Ergänzungen zu älteren Mandaten gedacht, die nur eingeschränkte Problemkreise zu klären suchen. Zu dieser Gruppe
nicht konformer Policey zählen die reichsstiftischen Statuten aus Ursberg von 1790.
Sie beginnen mit l.tens) Vom gemeindhalten, 2tens) Vom wegmachen in der
gemeind. Sie setzten sich fort mit 6.tens) Vom feldbauen und feldgehen, 7.tens)
Feldhüten, 8. tens) Gänßwaiden, 9. tens) Vom krautgarten, 10. tens) Vom Holz oder
Vom schuldenmachen, worüber an dreizehnter Stelle gehandelt wurde.
Policey war somit sicher eingebettet in ein grenzüberschreitendes Kommunikationssystem. Es gab deshalb aber keine Normierung der Normen. Die Reichsgesetze
markierten einen respektierten Standard, doch entwickelte sich die territoriale und
städtische Policey auch nach dezentralem Muster. Damit blieb eine definierte
Rechtssprache aus. Sie konnte bei der umfassenden Bedeutung der Ordnungen, die
dem Editionsprojekt zugrunde lagen, auch nicht gelingen. Tatsächlich bietet keine
der edierten zeitgenössischen Policeyordnung eine eindeutige Definition von Policey oder Policeyordnung. Die Quellen entwickeln auch inhaltlich kein geschlossenes System, sondern greifen die zur Stunde als besonders regelungsbedürftig scheinenden Themen auf. Die Bedeutung dieser Begriffe läßt sich also nur induktiv aus
der unter diesem Etikett behandelten Materie rekonstruieren. Dieser ordinatio politica kam aber eine Schlüsselstellung in der frühneuzeitlichen obrigkeitlichen Gesetzgebungsaktivität zu.140
139
140
UB Tübingen, Signatur: Ha III 158.4.
Vgl. Marc Raeff, Der wohlgeordnete Polizeistaat und die Entwicklung der Moderne (Anm. 127),
S. 315: „Natürlich führte dieser Hang zur Reglementierung innerhalb des begrenzten Rahmens deutscher Mittel- und Kleinstaaten leicht zu einer tyrannischen Kontrolle und Überwachung aller Bereiche
des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens; man begegnet ihr überdeutlich in ihrem gesetzlichen
Niederschlag, den Landes- und Polizeiordnungen". Ebenso: Ders., The Well-Ordered Police State.
Social and Institutional Change through Law in the Geranies and Russia 1600-1800, N e w Haven/
London 1983, S. 43ff.
II. Zur Überlieferung
Die folgende Quellenauswahl, die wir bisher als einen wichtigen Beitrag zur Normenentwicklung im Herzen des Alten Reiches zur Diskussion stellten, steht natürlich auch in einem Überlieferungskontext und in einem regionalen territorialen Zusammenhang. Die Inhalte der einzelnen Policeygesetze nehmen Rücksicht auf
parallele zeitgenössische Überlieferungen oder auf bestehende Ordnungen, die zum
Teil zu einem sehr frühen Zeitpunkt erlassen wurden. Der für den Wissenstransfer
ideale Fall stellte sich ein, wenn zwei Ordnungen zum gleichen Zeitpunkt veröffentlicht und ihr öffentliches Anliegen wechselseitig koordiniert wurde. So ist es am 20.
November 1764 in der Kanzlei des Augsburger Hl.-Geist-Spitals geschehen. Neben
der allgemeinen Polizeiordnung (S. 207-259) erschien punktgenau auch eine Taxordnung des Spitalamtes. 1 Auf sie nahm dann die Zucht- und Policeyordnung in der
Tat auch mehrmals Bezug. Sie verkürzte bestimmte Ausführungen, waren sie doch zyxwvutsrpon
in der erneuerten und gedruckten spitalischen taxordnung d. 20ten novembris 1764
zu eines jeden Wissenschaft angemerkt worden, dahero solche taxordnung entweder
an jeder amt-stubenthuer öffentlich angeheftet oder, wo sie wind und wetters halben
schaden zu befahren haette, in der amtstuben selbsten zu jeder parthey erlaubter
einsieht ohne des beamten waigerung [...] vorgeleget werden solle. (Quellenteil,
Nr. 7). Die wichtige Frage also nach allem, was trotz eines umfassenden legislativen Auftrags in Ordnungen nicht behandelt wurde, läßt sich nur klären mit Blick
auf das Umfeld der Aktivitäten des Landesherrn selbst, der regierenden Pfleger oder
Vögte, der zuständigen Ratsgremien und der federführenden Hofräte. An fünf ausgewählten Beispielen - den Reichsstädten Lindau, Kempten und den Reichsstiften
Edelstetten, Ursberg und Wettenhausen - wollen wir dies verdeutlichen. Andere
Fälle (Quellen Nr. 9, 16 und 20 a, b) bedürfen dagegen hier nicht unbedingt einer
näheren Betrachtung, da für sie in Kürze eine „vollständige" Erfassung ihrer territorialen Rechtsaktivitäten zu erwarten ist. Das Herzogtum Württemberg, die vorderösterreichischen Landgebiete incl. der Residenzstadt Burgau und das Hochstift
1
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Spital Augsburg, Akt 175.
66
Zur Überlieferung
Augsburg zählen zu jener Auswahl mittlerer und kleinerer Territorien, die in der
Reihe Repertorium der Policeyordnunger\ Aufnahme fanden. Die Wahl fiel auch
auf die kleineren Territorien und Städte, die in der Forschung bisher geringere
Aufmerksamkeit fanden. Die Überlieferung ist dort noch überschaubar, während rnieB
ζ. B. in einer großen Reichsstadt wie Augsburg (Quellen, Nr. 1-3) mit einer geschätzten Mandatssammlung von ca. 5 000 Stück für das 15./16. bis 18. Jahrhundert
die Hauptlinien in der Policeygesetzgebung kaum zu vereinzeln sind. Auch für einen Flächenstaat wie das Herzogtum Württemberg (Quellen, Nr. 20 a, b) sind konkrete Einflüsse auf die gewählten Ordnungen von 1549 und 1660 schwer zu kanalisieren. Achim Landwehr bezifferte dort den Erlaß von Policeyordnungen in den
1540er Jahren auf 31 und in den 1650er Jahren bereits auf 139 Stück. Die württembergische Gesetzesproduktion erreichte schließlich in den 1730er Jahren mit 306
gezählten Einzelverordnungen ihren vorläufigen Höhepunkt. 3 So ließ Herzog Ulrich
von Württemberg 1549 anmerken: So haben wir dise pollicei Ordnung mit fleiß besichtigen, durchlesen vnd erwegen [lassen] vnd befunden, das darinn vil artickel
begriffen, die wir hieuor in vnser im truck außgegangen [älteren] landtsordnung einuerleibt, auch sonst in vnsern verkündten mandaten zuhalten oder zumeiden gebieten vnd verbieten lassen. (Quelle, Nr. 20a).
1. Die Reichsstädte Kempten und Lindau (Quellen S. 141-160
undS. 161-193)
Kempten und Lindau fanden als repräsentative Beispiele oberdeutscher Reichsstädte mit einer, seit dem 15. Jahrhundert dichten Serie an Mandaten und Dekreten
Aufnahme in der Quellenauswahl. Die edierten „allgemeinen" Policeyordnungen,
wie sie aus der zweiten Hälfte des 17. und dem beginnenden 18. Jahrhundert vorliegen, reihten sich in das Beiwerk anderer, vielfach spezielle Lebensbereiche berührende Ratsordnungen ein. Beide Stadtrechte und die Fortschreibung aller königlichen bzw. kaiserlichen Privilegien spielten dabei seit altersher eine übergeordnete
Rolle. Sie waren die Garanten der Stadtfreiheit und wirkten als Balsam für das nicht
immer friedfertige Rechtsempfinden der Bürgerschaft. Seit dem 13. Jahrhundert sicherte man deshalb in Kempten alle Regalia, Privilegia und Freiheiten der Reichs2
3
Das von Karl Härter und Michael Stolleis konzipierte und geleitete Projekt dient der Erschließung und
Erforschung friihneuzeitlicher Policeygesetze ausgewählter Territorien des Alten Reiches und angrenzender Länder (Dänemark, Schweden, Schweiz). A m Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt/ Main, das dieses verdienstvolle Projekt betreut, sind als Bearbeiter eingetragen:
Achim Landwehr (Württemberg), Josef Pauser/ Wilhelm Brauneder (Österreich) und Stefan Breit (Hochstift Augsburg).
Achim Landwehr, Policey im Alltag: die Implementation frühneuzeitlicher Policeyordnungen in Leonberg (Studien zu Policey und Policeywissenschaft), Diss. Freiburg (Breisgau) 1999, Frankfurt am Main
2000, S. 352.
Die Reichsstädte Kempten und Lindau
67
Stadt sowie die Verträge und Verschreibungen zwischen der Stadt, seinem benachbarten Fürststift und den anderen benachbarten Reichsständen. Zwei Prachtbände
aus dem reichsstädtischen Archiv dokumentieren dies für die Jahre 1289-1791 eindrucksvoll. 4 In Lindau wurden sie zusätzlich abschriftlich gesichert und sind u. a.
im Copialbuch - die Privilegien und Freiheiten, Kauf- und Stiftungsbriefe der Stadt
Lindau enthaltend, 1274-1773 überliefert. 5 Ausfuhrliche Statutenbücher 6 kennen
wir dort von 1446 und 1540, fortgeschrieben wurden sie als allt stattuten seit dem
Jahr 1370.7 Das Chronicon Lindaviense war dann ein Beispiel für die Führung von
Stadtchroniken, die im Anhang die wichtigsten Statuten und Satzungen mitfühlten
und sie im Falle Lindaus seit 1629 auch fortschrieben. 8 In Kempten faßte Stadtschreiber Johann Fischer 1705 die Statuten der Reichsstadt nochmals zusammen. 9
Das frühmoderne Policeyrecht ergänzte diese Tradition, verhinderte aber nicht, daß
sowohl der Bereich des niederen und hohen Straf- und Gerichtswesens als auch das
weite Feld zünftischer, handwerklicher und gewerblicher Tätigkeiten ausgespart
blieben. Aus dieser Tatsache kann daher nicht der Schluß auf einen verengten Regelungsbedarf in den auf den Seiten 141 bis 193 edierten Stücken gezogen werden.
Sie sind vielmehr im Verbund mit spezieller und gerichtlicher Policeymaterie zu
sehen. In Kempten bündelten sich diese Anstrengungen in der eigenen Gerichtsund Prozeßordnung der Reichsstadt von 177010 und in Lindau in einer gedruckten
Gerichts- und Prozeßordnung von 1739. Jenseits der Gerichtsmaterie regelte man in
Lindau Bereiche des Handels und des Alltags der Zünfte beispielsweise durch die
Fischerordnung für den unteren See (Bodensee) von 1774, durch Rebbau- und Rebschauordnungen der zünftischen Weinbauern 1751-1783, die Schützenordnung von
1784, die Steuerordnung von 173911 oder die Zollordnung der Reichsstadt mit einer
alphabetischen Übersicht zu allen steuerpflichtigen Gegenständen. 12 Die Kemptener
Bürgerschaft stand dem kaum nach. So ließ der Rat die städtischen Handwerkerordnungen seit dem 16. Jahrhundert systematisieren, er suchte 1541 für die Statuten
im Bauwesen den Vergleich mit den Nachbarstädten Isny und Ravensburg und er
erneuerte vor dem Ende des Alten Reiches die Feuerordnung in der Reichsstadt
1798 und die Vormundschaftsordnung 1799 für ein letztes Mal. 13
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Kempten, MüB, Lit. 1 und 2.
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Lindau, MüB, Lit. 3.
Ebenda, Lit. 4 und 11.
Ebenda, Lit. 4 1/4: Alte Stadtsatzungen von 1370, 1401, 1409, 1410, 1420 usw.
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Lindau, MüB, Lit. 35.
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Kempten, Akt 5.
Ebenda, Akt 12.
Vorhergehende Ordnungen: StaatsA Augsburg, Reichsstadt Lindau, Akt 7,,7a, 13 und 18.
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Lindau, Lit. n.S. (neue Serie), 39 und 41.
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Kempten, Akt 14, 15 und MüB, Lit. 2 3 - 2 5 , 30.
68
Zur Überlieferung
2. Das Damenstift Edelstetten (Quelle S. 296-325)
Im Territorium des freiadeligen Damenstifts Edelstetten (Lkr. Günzburg), das sich
noch im 15. Jahrhundert aus seiner vorderösterreichischen Schutzvogtei lösen konnte und sich der Reichsritterschaft anschloß, zeichnete sich sowohl für das Stift als
auch für die bis zum 18. Jahrhundert überschaubare Grund- und Gerichtsherrschaft
um den zentralen Amtssitz Edelstetten unter Äbtissin Margareta Anna v. Werdenstein eine grundlegende Verfassungsreform ab. Die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs
brachte so für Edelstetten eine beachtliche Konsolidierung der Rechtsverhältnisse.
1643 erließ die Äbtissin die Statuten für das Damenstift, die u. a. die Stiftsexklusivität mit dem Nachweis von vier adeligen Ahnen konkretisierte und die die Zahl der
Stiftsdamen zunächst noch auf acht beschränkte. Etwas früher war mit der PoliceyOrdnung der herrschafft Edelstetten 1625 für den Hauptort und die Landämter eine
entsprechende Verordnung geschaffen worden. Vorausgegangen waren Gesetze, die
das Gerichtswesen und die Güterkonskription regelten. 1514 beschreibt beispielsweise ein Salbuch alle Stiftsgüter. Ein ausführliches Repertorium aus der Feder des
Oberamtmanns Johann Benedict Ludwig v. Zweifel benannte dann noch 1782 eine
undatierte alte gerichts Ordnung und ein vogt und gerichtsbuch von 1667. 14 Letzteres reformierte sicher die Gerichtsverhältnisse aus dem 15. Jahrhundert. Die Gerichtssatzungen erfuhren seit dem 17. Jahrhundert fast permanent Ergänzungen und
Überarbeitungen. Erneuert wurden sie nachweislich in den Jahren 1639, 1642,
1643, 1645, 1657, 1662, 1681, 1697, 1700 und 1722. Die edierte Policeyordnung
von 1625 mit Fortschreibung bis 1671 thematisierte interessanterweise ihrerseits
das bereits so intensiv bearbeitete Gerichtswesen. Ja sie setzte dort, in Abweichung
zu anderen Policeydekreten, in einem ersten Teil einen besonderen Schwerpunkt. In
Parallele zu den meisten anderen Staaten im Schwäbischen Reichskreis blieb das
Policeywesen aber begleitet von speziellen Formen in der Normsetzung. Zahlreiche
Verordnungen regelten seit 1583 das agrarische Leben. Insbesondere war die Tierhaltung mit Stallvieh, Ochsen, Weideschafen und Ziegen betroffen bis hin zur Futterverteilung in der Allmende, im Gemeindewald und auf den Stiftsfluren (... wegen eichelnklauben und aeckerig schwein 1551-1674).
Ebenso sprach man die
Funktionen vieler Dorfgewerbe incl. der Metzger und Bäcker an. Letztere mußten
sich noch 1751 wegen schlechten brodbachens verantworten. Noch im 17. Jahrhundert erfuhr die Policey manche Modernisierung und thematische Erweiterung. 1697
ergänzte ein herrschaftliches Dekret wegen denen schmahreden wider die Steuer beschreibung de anno 1653 und wegen dem spilen um viles geldt den Kanon der örtlichen Verbote. Die Herrschaft gestattete künftig nur tags auf 1 pfenning zu spilen
auch höchst 12zvusrpnlie
χ zu verspilensndaU
,15 Und das frühe 18. Jahrhundert fügte 1708 Luxus14
15
StaatsA Augsburg, Damenstift Edelstetten, Altrepertorium, Alte Signatur: Laden XIV, Fasciculus III,
Nr. 1,2 ( yutsronmlihgfedcaVOHG
Gerichts- und Gemeynds
Ordnungen).
Ebenda, Alte Signatur: Laden XIV, Fase. II, Nr. 11 (Herrschaftliche Verordnungen).
Das Reichsstift Ursberg
69
verböte in Form einer Maßgabe wegen denen gemeynds zehrungen und wegen dem
übermäsigen kleyderpracht hinzu. 16
3. Das Reichsstift Ursberg (Quellen S. 359-382)
Der kleine reichsunmittelbare Staat der Prämonstratenser von Ursberg (Lkr. Günzburg), am westlichen Rand des unteren Mindeltals gelegen, wurde zur Zeit der
edierten Policeyordnungen politisch durch seine regierenden Prälaten Wilhelm III.
Schöllhorn (1771-1790) und Aloysius Hoegg (1790-1802) auf der Prälatenbank im
Schwäbischen Reichskreis vertreten. Als späte Exemplare des Typus policeylicher
Normensetzung haben die Ordnungen von 1777 und 1790 natürlich territoriale
Vorgänger. Die erste bekannte Ursberger Policeyordnung datiert vom 15. Februar
1540, die von Abt Thomas Mang (1523-1569) noch als Gerichtsordnung bezeichnet
wurde. 17 Doch tritt uns auch dort eine „pädagogische" Absicht entgegen, wenn der
Gerichtsherr zur Begründung seiner legislativen Offensive erklärt: [...] das dann
wir mit zeitiger vorbetrachtung, vnnd damit solcher beschwerung, siuil muglich,
durch guete Ordnung begegnet werde [...], erlassen haben." 18 Diese guete Ordnung
wurde mehrmals reformiert und jeder erwählte Abt ließ sich zu Beginn seiner
Amtszeit die Einhaltung älterer Territorialgesetze auch eidlich bestätigen. Beispielsweise 1672 huldigten die Untertanen dem neu gewählten Abt. Sie wollten ihm
immer vogtbar, reisbar, steuerbar, zinsbar, giltbar und dienstbar sein. Auch versprachen sie, alle Gebote und Verbote, die örtlichen Statuten, Satzungen und die
genannte Policeyordnung zu observieren und zu halten. Dafür gelobte der Abt
künftig, alle Bürger nach bestem vermögen in billichen sachen zu schützen und zu
schürmen und nit allein eurer obrigkeit, sonder auch eurer getreuen vater zu sein}9
Die Ursberger Policey des ausgehenden 18. Jahrhunderts ergänzte also ältere Gerichtsordnungen und sie war im Vergleich zu der nur wenig älteren Ordnung des
Augsburger Heilig-Geist-Spitals in wichtigen Fragen des frühmodernen Policeyrechts relativ knapp gehalten. Dies galt vor allem für den Bereich des Handwerks und der Wirtschaft, der mit zahlreichen Sonderverordnungen offenbar hinreichend geregelt war. In Ursberg hatte man zuvor bereits eine Serie an einschlägigen
Handwerksordnungen erlassen. 1673, 1689, 1690, 1696, 1698, 1700-1705 sind sie
für den Amtsort Münsterhausen und 1682 für die Herrschaft Seifriedsberg überliefert. 20 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts dehnte man ihre Gültigkeit auf den ganzen
16
17
18
19
20
Ebenda, Nr. 17, 18.
StaatsA Augsburg, Kloster Ursberg, MüB, Lit. 3. Frdl. Hinweis von Herrn Prof. Dr. Georg Kreuzer,
Ichenhausen (Kreisarchiv des Landkreises Günzburg).
Ebenda, fol. 2r.
StaatsA Augsburg, Kloster Ursberg, MüB, Urkunde Nr. 400; Joseph Hahn, Krumbach (Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben 1/12) München 1982, S. 43..
StaatsA Augsburg, Kloster Ursberg, MüB, Lit. 18/1—18/7.
70
Zur Überlieferung
Klosterstaat aus. Allgemeine Handwerksordnungen wurden dann 1708, 1710 und
1726 erlassen. 21 1707 bestätigte Kaiser Joseph I. eine noch frühere gemeinsame Policeyregel für das Handwerk, in der die Arbeitsverhältnisse, die Rechte der Meister
und Gesellen im einzelnen beschrieben wurden. 22
4. Das Reichsstift Wettenhausen (Quelle S. 382^405)
Im Stiftsterritorium von Wettenhausen (Lkr. Günzburg) hatte sich im Gegensatz zur
angrenzenden habsburgischen Markgrafschaft Burgau ein relativ geschlossenes Territorium gebildet. Es lag zwischen den Flüssen Günz und Mindel mit Schwerpunkt
im Kammeltal. Die Gründungsgüter um die Kirchenimmunität der Augustinerchorherren des 11. bis 14. Jahrhunderts vergrößerten sich rasch durch zahlreiche Schenkungen und Zukäufe zu einem flächigen Besitz, der erstmals in einem Feuerstattguldenregister des Jahres 149223 - es hatte für die Region eine ähnliche Bedeutung
wie 1521 die Wormser Matrikel fur die Reichsgeschichte - vollständig erfaßt und
danach im Urbar von 1535 detailliert beschrieben wurde. Diese ausgedehnte Grundund Gerichtsherrschaft machte eine Ämterbildung notwendig, die sich um die Orte
Ettenbeuren, Großkötz (1746-1768), Kemnat, Unterbleichen, Wattenweiler und
Wettenhausen zentralisierte. Sie ist ebenfalls erstmals zur Entstehungszeit der Policeyordnung von 1525 erkennbar. Im Gegensatz zum Fall Ursberg setzte die Policeyinitiative unter Propst Ulrich I. Hieber (1505-1532) nicht den Schlußpunkt, sondern sie bildete den Auftakt für weitere zentrale Gesetzeswerke in der Frühmoderne. Die zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch als Gerichtsordnung bezeichnete
Normgebung erfuhr 1604 eine aktualisierende Überarbeitung. 24 Der nicht immer
nahtlose Übergang zwischen älteren Gerichts- und neueren Policeyordnungen läßt
sich daneben an der Initiative unter Propst Hieronymus v. Roth (1575-1605) erkennen, 1582 eine weitere Policeyordnung zu erlassen. In vierzig Artikeln klar gegliedert, wurde diese jetzt in der Stiftskanzlei auch als Policey bezeichnet. Sie orientierte sich am Stand von 1525, ordnete aber weit mehr als nur das Gerichtswesen und
wurde ihrerseits 1788 erneuert. 25 Die alte Ordnung vom 31. Juli 1525 beeinflußte
zudem dezentrale Folgegesetze, von denen als erste die Gerichtsordnung von 1535
für den Amtsort Kleinkötz zu nennen ist.26 Der Bereich der Zünfte, der Ehafiten und
des Handwerks fand sowohl in den Gerichts- als auch in den Policeydekreten nachgeordnete Beachtung. In diesem Bereich setzte die Stiftskanzlei auf separate Rege21
22
23
24
25
26
Ebenda, MüB, Lit. 19/1 - 19/5.
Ebenda, MüB, Urkunde Nr. 443.
Gerhard Nebinger/ Norbert Schuster, Das Burgauer Feuerstattguldenregister, in: Das Obere Schwaben 7
(1963), S. 7 7 - 1 2 4 .
StaatsA Augsburg, Kloster Wettenhausen, MüB, Lit. 2.
StaatsA Augsburg, Hochstift Augsburg, N A , Akt 766.
StaatsA Augsburg, Kloster Wettenhausen, MüB, Lit. 57.
Das Reichstift
Wettenhausen
71
lungen. Sie fanden in Handwerksordnungen der Herrschaft Wettenhausen von
174427 ihren Abschluß. Die Themen der Weistümer und Dorfordnungen wurden bereits vor 1525 angesprochen. Eine ersteutrnhgfedaOE
Ehaften-Ordnung für Schmiede, Bader,
Bäcker und Müller zu Ettenbeuren ist aus der Zeit um 1500 erhalten. 28
Neben der Frage nach dem inhaltlichen Stellenwert der behandelten Ordnungen
im Schatten ihrer städtischen oder territorialen Überlieferung sind aber auch die
Regularien ihrer textlichen und editorischen Erfassung zu klären.
27
28
StaatsA Augsburg, Kloster Wettenhausen, MilB, Lit. 3.
StaatsA Augsburg, Kloster Wettenhausen, MüB, Lit. 31/1.
III. Editionsrichtlinien
Die nachfolgenden Policeyordnungen des 16. bis 18. Jahrhunderts wurden - ungeachtet der Tatsache, ob sie nun als Hand- oder Druckschriften, ob sie in originärer
oder in kopialer Überlieferung oder ob sie als Ausfertigung oder in Teilen nur als
Entwurf/ Rapular vorlagen - , äußerlich normiert wiedergegeben. Motiv war dabei
immer, die Lesbarkeit frühneuzeitlicher Texte zu erhöhen. Die Edition folgte dabei
den Empfehlungen des internationalen und interdisziplinären Arbeitskreises zur
Herausgabe frühneuzeitlicher Quellen, die im wesentlichen von Johannes Schultze
1962 und 1966 zusammengefaßt wurden. 1 Die Authentizität der Quellenvorgaben
wurde jedoch noch stärker beachtet als dies in den genannten „Richtlinien" zum
Ausdruck kommt. Im Einzelnen bedeutet das:
1. Interpunktion und Klammern.
Die originäre Zeichensetzung wurde grundsätzlich beibehalten. Der Text wurde in
Abweichung zur Vorlage aber in kürzere und sinnvolle Absätze gegliedert. Ergänzungen und Worterläuterungen des Autors stehen in eckigen Klammern. Worterläuterungen finden sich zusätzlich auch im Glossar (S. 587-600). Einzelne textkritische Erläuterungen - speziell die Wahrnehmung von Marginalien, Streichungen,
zeitgenössischer oder späterer Ergänzungen - finden sich in den Endnoten. Abkürzungen wurden im Zweifelsfall aufgelöst, grundsätzlich aber bei Münzsorten beibehalten. Gelegentliche Auslassungen sind durch [...] gekennzeichnet.
2. Groß- und Kleinschreibung.
Die Groß- und Kleinschreibung erscheint dagegen, gemäß den Editionsregeln für
frühmoderne Handschriften, vereinheitlicht klein. Damit wird das Leseverständnis
erhöht, waren doch diesbezüglich Hauptwörter keineswegs immer groß geschrieben
1 Johannes Schultze, Richtlinien fur die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren
deutschen Geschichte, in: Blätter f. dt. Landegeschichte 102 (1966), S. 1-10.
74
Editionsrichtlinien
worden. Satzanfang, Orts-, Völker-, Länder-, Flur- und Personennamen, Courtoisienennungen, Herrschertitel und der Name Gottes wurden dagegen immer groß geschrieben. Titel, sofern sie in Mehrfachnennung gebraucht wurden, folgen aber bei
Wiederholung der originären Schreibweise.
3. Vokalismus.
Längen-, Umlauts- und Diphthongbezeichnungen folgen der Vorlage. Überschriebene Vokale sind als zwei Buchstaben aufgelöst: ae, u°, ye usw. Die Buchstaben u,
uu,wunliedb
ν und w blieben, unabhängig von ihrem unter Umständen veränderten Lautwert,
unverändert.
4. Konsonantismus.
Die unterschiedlichsten S-Formen wurden nur hinsichtlich der Stellung in der
Wortmitte oder am Wortende vereinheitlicht. Ein ß wurde niemals als sz oder gar
als ss aufgelöst.
5. Trennung und Verbindung.
Sie folgte, wenn es das Textverständnis erforderte, dem heutigen Gebrauch. So beispielsweise bei ze sprechen statt zesprechen oder bei Marggraveschafft statt Marg
Grave Schafft. Semantisch wichtige Bindestriche wurden beibehalten.
6. Quellennachweise.
Der Nachweis zum Lagerort der jeweiligen Quelle erfolgt durch Fußnoten nach der
Überschrift.
Die Quellen
Α. DiezywvutsrponmlkjihgfedcbaXWVSRONMIHGDCA
Reichsstädte
Nr. 1 : Augsburg: „Ains erbern rats der stat Augspurg
zucht vnd pollicey Ordnung MDXXXVII"
vom 14. August 15371
Wiewol ain erber rat diser loeblichen stat Augspurg guter hoffhung gewest jre vnderthone gemaine burgerschafft inwoner vnd verwandte sollten sich gegen got dem allmechtigen vmb gnadenreicher Verleihung willen seines hailigen worts vnd evangelij das
nun vil jar here rain vnd hell mit allem fleiß geprediget worden auch auf die vorgeenden
väterlichen ermanungen etwas mer danckbarlicher erzaiget jren wanndel vnd leben
darnach gericht vnd also gebessert haben das jr begirig hertz vnd eyfer nach aller gotseligkait vnd vnschuld mit erweisung christenlicher frucht vnd werck weiter vermerckt
were. So gibt doch laider die that zuerkennen, das noch mancherlay straefliche laster bey
vilen stat finden vnd nit woellen abgestellt werden. Alles zuerweckung des billichen
zorn vnd straf Gottes zum anstoß vnd a e rgernus des na e chsten vnd endtlich zu schmach
des hailigen evangelij welchs allermaist darumb verargwenet geschendt vnd verlottert
würdt als were es nit das ware vnd rain wort des Herrn. Weil demselben durch die
jhenen die es angenommen nit gema e ß vnnd gleichfo e rmig gelebt würdt. Dhweil wir
dann billich bekennen vnd erkennen das vnns der allmechtig Got hieuor vnd bißhero nit
allain bey der hailwertigen lere Christi gnedigklich erhalten sonnder auch numals alle
ärgerliche mißbrauchte ceremoni vnnd abgoetterey allhie gentzlich hingenomen hat, so
will vnns in allwege gebüren solliche genadenreiche himelische gaben Gottes danckbarlich aufzenemen vnd kains wegs zumißbrauchen wol dabey zubehertzigen, das nit
genu°g sein wo e lle das schädliche vnd bawfellig im hauß Gottes abzubrechen, sonder
die christlich religion erfordere auch alle goetzen vnd abgoetterey auß dem hertzen zu
thu°n vnd ainen christenlichen vnstra e flichen wandel in der gemain Gottes zufu e ren,
1
Zitat nach dem Titelblatt. Quellennachweis: Stadtarchiv Augsburg, Reichsstadt, Ordnungen und Statuten,
Karton 14, Nr. 340
78
Die Reichsstädte
damit die verlo e sterung des hailigen evangelij ansto e ß vnd nachred nit allain benumen,
sonder auch andern ain gu°t exempel vnd ursach gegeben werde der warhait zugehorsamen vnd nachzufolgen. Darumb erinnert sich ain erber rat jres von Got befolhen
ampts vnd oberkait befindt auch das sich kains wegs leiden noch fi/gen wo e lle den vnchristenlichen straefflichen wercken vnd leben räum vnd stat zelassen. Deßhalben vnd
zu fürkommung aller laster vnd vnordnung so vil menschlich vnd müglich vnnd zu
pflantzung aller zucht vnd erberkait auch erhaltung gu°ter pollicey hat ain erber rat auß
Gottes gnaden vnd mit gu°ter vorbetrachtung nachfolgende Ordnung begreiffen vnnd
verfassen lassen, vaetterlich vnd trewlich ermanend auch zum ernnstlichsten hiemit gepietende, das sich alle vnd yede burger vnd burgerin inwoner vnd inwonerin diser stat
jung vnd allt reich vnd arm derselben in gehorsam fleissen gemeß halten vnd geieben
wo e llen bey Vermeidung darinn außgetruckter vnnd annder straffen. Darnach wisß sich
menigklich zerichten vnnd vor straff vnd nachtail zu°uerueten.//
Verachtung vnd widerstrebung des wort Gottes vnd religion belangend
Wurd yemand an Got seiner ordenlichen oberkait auch gemainer stat seinem vatterlannd
dem menigklich mit höchster liebe darsetzung seins gu°ts auch leibs vnd lebens verpflicht ist vnd an der christlichen kirchen allhie so verru°cht das er vnnser hailige religion das evangelion Christi vnsers Herrn sein hailige sacrament vnnd kirchenu e bungen
verachtet, verwurffe darwider redet schub hanndlte andere daruon abhielt vnd verlaidtet
oder die abgethonen ergerlichen mißbreüch wider einzufu e ren vnderstu e nde vnd also
wider Got sein oberkait vnd vatterlannd hanndelte den oder dieselben, sy weren burger
oder inwoner niemand außgenummen, will ain erber rat straffen an leib leben ere oder
gu°t nach gestalt aines yeden vbertrettung vnd also hiemit jr erkanntnus so im januario
vor straffe gewarnet haben.//
Ermanung zu warer christenlicher religion vnd gottesdienst
Dhweil der menschen leben auf erden nichts annders dann ain pilgramschafft vnd streit
vnd also zum himelischen vnd ewigen mer dann zum zergengklichen von Got verordnet
ist vnd aber der innwendig mensch allain durch das wort Gottes zum ewigen leben erbawen vnd erhalten würdt, so hat menigklich zuerachten wie scho e dlich ärgerlich
verderblich vnd verweißlich es sey an der Verkündigung anho e ren vnnd besu°chung der
lere des hailigen euangelij vnd annder christenlichen kirchen u e bungen tra e g seümlich
vnd hinla e ssig zesein. Das es auch zu ainer sondern Verachtung der gemaind Gottes
raicht dauon ain yeder hie vnd dort zu seiner zeit gar schwere rechenschafft geben
mu°ß. Demnach ermanet ain erber rat alle vnd yede jre burger vnd inwoner trewlich
vaetterlich vnd mit gantzem ernst, das sy woellen bedencken wie groß vnd hoch an der
Nr. 1: Augsburg
79
hailigen religion vnder annderm aber so vil daran gelegen ist das auch die haiden nit
scheühen ir leib vnd leben darob darzusetzen, vngeacht das sy nichts gewisses vnd nur
ain mißglauben fu e ren. Vnns christen aber den das ewig leben dardurch verhaissen vnd
geschenckt ist vilmer gebüren will mit christenlichem ernstlichen eifer vnd embsigkait
darinn zuu e ben, so wo e lle ain yeder in sich selbs gon dise va e tterliche warnung vnd
ermanung nit allain nit verachten sunder mit besu°chung des wort Gottes vnd in ander
weg sich also erzaigen vnd halten das er für ain christenlich recht mitgelid des leibs
Christi vnnd der gemaind Gottes allhie erfunden vnd erkennt werde vnnd sich selbs nit
verkürtze vnd am ewigen verhindere dess will sich ain erber rat bey menigklich
va e tterlich getro e sten vnd vesehen.//
Vnd solchem desstatlicher nachzukomen will vnd gepeüt ain erber rat hiemit ernnstlich, das sich menigklich alt vnd jung an den festen vnd feyerta e gen vor vnd vnnder der
predig zu morgens in vnd ausserhalb der stat bey den thoren vnd auf den pla e tzen auch
in den heiisern alles zerens, zechens, spilens, spacierens vnd vnniitzen fabulierens
ganntz vnd gar enthalt auch kain wein, meth, oder bier verkauffe kainen gast oder
go e sste setz, speyß oder trencke. Es weren dann frembd wegfo e rtig leüt die sollen an jrer
notdurfft hierinn vnuerhindert sein. Wer oder welche aber sollichs v e berfu e ren sy weren
jung oder alt die sollen durch die verordneten Straffherren Angefordert vnd nach gestalt
aines yeden v e bertrettung gestrafft werden.//
Wider das gotslo e stern vnnd schwo e ren
Nach dem das gotslo e stern vnd schwo e ren die ho e chste vndanckbarkait vnd Verletzung
des menschen als der creatur wider jren scho e pffer anzaigt auch ain sollich laster ist
dadurch Got der allmechtig nit vnbillich in vil wege erzürnnt vnd zur straff v e ber die
weit bewegt würdt, so gepeüt ain erber rat das sich des selben es geschehe in was weiß
oder mit was Worten es immer wo e lle menigklich enthalt vnd mu e ssig stee. Vnnd damit
der gebürlich ernnst deßhalben gespüret werde, so hat ain erber rat den verordneten
zuchtherren mit fleiß befolhen jr kundtschafft vnd spehe zum aller bessten darinn
zuhaben vnnd bestellen die vebertretter furzebringen innhalt der Ordnung vnd ains
sondern befelchs jnen deßhalben gegeben dermassen gegen jnen zuhanndlen vnd mit
straffe fürzufaren, damit dises laster sovil müglich furkomen vnd abgestellt werde.//
Von main vnd falschem aid schwo e ren
Menigklich ist vnuerborgen was erschro e cklichen lasters der falsch vnd mainaid ist als
darinn der namen Gottes fälschlich gebraucht zersto e rung vnd auflo e sung aller gu°ten
wolgeordneten erber polliceyen darauß volget vnd darumb inn Go e tlichem vnd kai-
80
Die
Reichsstädte
serlichem rechten bey schwerer straf so hoch verpotten würdt. Demnach will ain erber
rat hiemit ernnstlich gepotten haben, das sich desselben menigklich enthalte: Dann wer
fursa e tzlich ainen mainaid thu°t2 dem sollen die finger genomen, der stat verwisen oder
nach gestalt der sachen harte straff angelegt werden.//
Welcher aber auß ainfalt, vnuerstand oder sunst vngefa e rlich ain vnrechten aid thet, der
soll zu fa e ngknus genummen vnd auf erfarung nach gestalt der sachen gestrafft
werden.//
Item welcher sein gethonen aid oder gegebne pflicht wissendtlich verbrechen oder
darwider hanndeln wurd, den will ain erber rat nach gestalt der v e bertrettung am leib
oder wie sy zu rat werden straffen lassen.//
Von schmaelichem nachreden buej ehern liedern gesanngenschrifften vnd
annder schamparer leichtfoertigkait auch flu°chen3
Als auch erwann vil gefunden werden, die auß leichtfo e rtiger gewonhait bo e ser aigenschafft vnd natur auch auß neid, hass vnd mu e ssigem fürwitz allerlay stennd personen
vnchristlicher vnbillicher weiß hinderruckh vnd sunst mit erdichten vnwarhafftigen
verletzlichen schweren 4 schmach vnn nachreden an jrnn eren verletzen vervnglimpffen
vnd belegen. Darzu 0 ains dem andern offtmalen allerlay plag vnd vnglück flu°chen vnn
wünschen. Dardurch erber gu°te pollicey frid vnd brüderliche lieb zerrütt vnd zertrennt
wirdt. Auch ander vnzelbar a e rgernus vnd vnrat mit beschwerung aller oberkait vnd
erberkait erfolgt. So warnet ain erber rat menigklich zum trewlichsten ernstlich gepietende, das niemand den andern hochs oder niders stands von manns oder weibs personen an seinen eren schrifftlich oder mündtlich durch sich oder annder vnder äugen oder
hinderruckh in kain weiß noch weg schma e hen schelten loestern erdichter weiß vervnglimpffen, schumpffieren oder mit flu°chen vnd plagwünschen belästigen soll: Dann
wer oder welche solchs vberfu e ren es beschehe on oder mit verklagung des beschwerdten tails den oder dieselben will ain erber rat nach gestalt der sachnn vnd geferlichhait
der verbrechung am gu°t mit dem thurn an eren leib oder leben straffen lassen vnd ain
besonder fleissig aufsehen auf dises laster bestellen, vnd nichtsminder dem g e s c h m ä h ten das recht vmb die zu°gefii°gten schmach vnd iniuri vorbehalten haben. Deßhalben
wisß sich menigklich vor solchem laster vnd seinselbs nachtail zu°uerhu°ten.//
Hiemit sollen auch ernstlich verbotten sein alle verbotne schma e hliche vnuerscha e mbte
vnd schandtbare lieder, gedieht vnd schrifften deren kains zuerdencken dichten machen
2
3
4
Handschriftlich eingefügt: „oder an"
Die beiden letzten Worte sind im Originaltext handschriftlich unterstrichen.
„schweren" ist handschriftlich unterstrichen.
Nr. 1: Augsburg
81
noch die alten zuerneweren nit zutrucken schreiben fail haben verkauffen, kauffen,
singen, lesen, anschlagen vnd in kain weiß ann tag zepringen bey harter straff die aim
yeden vbertretter nach erkanntnus ains erbern rats vnablaessig nachuolgen soll.//
Übrige beweinung, zu°trincken vnnd fìillerey auch Vermeidung der dar-
aufuolgenden laster betreffend
Wann die vebrige beweinung vnd trunckenhait gleich nit so hoch in Goetlicher vnd haidnischer5 schrifft verflu°cht vnd menigklich daruor verwarnet were, sollt (vnns)6 doch die
taeglich erfarenhait was jamers vnd vnrats als Verstellung der edlen vernunfft in vihische
vnsinnigkait verderbung der seien, leibs, lebens, eren vnd gu°ts augenscheinlich darauß
eruolgt billich daruon gantz vnd gar abhalten. Weil es aber laider gar zu°uil gemain vnd
getriben würdt gedenckt ain erber rat statlich vnd sovil ernnstlichers einsehens dises
schoedlichen lasters halben zuhaben wie vil schwerer verderblicher nachtail darauß
entsteet hiemit zum ernstlichsten gepietende, das menigklich alle fμillerey vnd trunckenhait auch was derselben anhangt vnd nachuolgt vermeiden vnd muessiggon woelle.//
Wurd aber yemand darüber erfunden der sich on zu°trincken vnd für sich selbs
dermassen mit wein beladen hett das er ain mercklich zaichen der trunckenhait vnd ain
ergerlich lästerlich exempel der fμillerey von sich gebe, der soll fur das erst mal (zwen
tag mit wasser vnd prot auf ainn thurn)7 gestrafft werden.//
Wer aber solche trunckenhait auß dem ärgerlichen laster des zu°trinckens eruolgt mit
gemessen oder ungemessen trriincken in was wege das beschehen, den will ain erber rat
vier tag mit vorgemeldter haltung8 auf ainn thurn straffen.//
Vnd als vilmalen die beganngen Verhandlungen mit der trunckenhait woellen beschoenet
vnd entschuldigt werden, so will vnd ordnet ain erber rat das die trunckenhait so gar
niemand entschuldigen soll das auch alle die so auf vorgeend mu°twillig zu°trincken
ainig laster darinn begon werden sollen zwifache straff vmb dieselb trunckenhait leiden
vnd darzu 0 vmb das darinn begangen laster nach dem es gestalt ist gestrafft werden.//
Begieng aber yemand ainich laster in der trunckenhait die er on zu°trincken vberkommen hett, so soll er in die ainfach straf der trunckenhait halben vorgesetzt gefallen
sein vnd darzu0 umb das begangen lasster nach seiner gestalt insonders sein straff
empfahen.//
5
6
7
8
„vnd heidnischer" ist im Originaltext handschriftlich unterstrichen.
1st im Originaltext handschriftlich durchgestrichen.
Siehe Fußnote 6
„vorgemeldter haltung" ist im Originaltext handschriftlich unterstrichen.
82
Die
Reichsstädte
Sollt dann yemand vber dise zum ersten mal empfanngne genedige vnd mildte straff in
angeregtem laster erfunden werden, demselben soll obgemeldte straf in allen oberzelten
puncten darinn er verbrochen yedes mais zwifach nachfolgen vnnd also die straff des
anndern mais gedupelt werden.//
Erzaigte sich aber yemand so gotloß vnd verru°cht, das er zum dritten mal in disem mer
dann vihischem laster erfunden würd den will ain erber rat nach gestalt der sachen ferrer
am gu°t mit Verweisung der statt oder in ander weg ernnstlich vnd hertigklich straffen.//
Daneben ordnet ain erber rat das alle vnd yede wirt gastgeben, wein, meth (vnd) bierschencken (auch) alle Stuben (vnd) zunfftknecht jre gaeste vnd die so bey jnen zeren vor
dem laster der trunckenhait treülich warnen vnnd dises ains erbern rats verpots erinnern
sollen. Dann wa yemand in solchem laster das mit zu°sehen oder wissen des wirts oder
der seinen durch zu°trincken entstannden were befunden wurd, so soll nit allain der gast
sein obgemeldte straff empfahen, sonnder auch der wirt yedes mais vmb ainn gulden
gestrafft werden.//
Hierüber ain erber rat verordnet vnd bestelt hat das jre statt vnd gassen knecht in der
statt umbgeen auch die wirtßheüser, wa sy ungebürlich ergerlich geschray ho e rten, besuchen zulassen vnd gu°te achtung haben wa sy an ainem oder meren ain mercklich
zaichen der trunckenhait vnd aergerlich lästerlich exempel der füllerey befunden, denselbigen alßbald fa e ngklich annemen vnd in das Narrenheüßlin oder an anndere verordnete ort fu e ren werden. Damit volgends gegen dem oder denselbigen vbertrettern mit
obgesetzten straffen nach gestalt aines yeden vberfarung diser Ordnung nach vnnd sunst
wie sich gebürt furgeschritten werden mo e g.//
Item dhweil der prenntwein von vilen mißbraucht wirdt vnd derselb zu weiter füllerey
an ündt vnd verursacht, so ordnet vnd gepeüt ain erber rat bey straff ainer yeden vbertrettung ains halben guldin, das kainer person auf ainn tag außzetrincken mer dann umb
ainn pfenning (es were dann sondere notdurfft der ertzney vorhannden) verkaufft oder
gegeben werden soll.//
Es setzt vnd gepeüt auch ain erber rat das kain wein, meth oder pierschenck weder an
feyrnoch werckta e gen bey na e chtlicher weil wann die glock neün geschlagen hat vnd
darnach in jren wirtsheüsern ainiche gast mer halten setzen noch jme zutrincken auftragen sollen (Außgenomen die frembden goeste die bey jme zu herberg ligen) bey straff
aines yeden vberfarens ains gulden reinisch.//
Nr. 1: Augsburg
83
Von verderblichem vnd ärgerlichem spile
Niemand ist verborgen was mercklichen unrats vnd schaden die verderblichen vnd
ärgerlichen spil so vmb gelt gelts werdt oder gu°t beschehen verursachen wie dann die
taeglich erfarung leret vnd außweißt das dardurch nichts annders dann zertrennung
freiindtlichs willens verhassung neid zornn verirrung vnd Zerrüttung in allem erbern
thu°n vnd lassen vnd also endtliche verderbung an leib leben ere vnd gu°t vilfa e ltig
eruolgt vnd in summa wider Gottes gepot das niemand des andern gu°ts begeren noch
seinem nechsten zu nachtail handeln soll ist. Darumb ordnet vnd gepeüt ain erber rat,
das sich menigklich deren spile die jme seinen weib vnd kinnden an jrer narung scheinbarlichen mangel oder verderben pringen mo e gen gentzlich enthalt. Wurd aber yemand
in v e bermessigem vnd gleichsam tätlichem jme in seinem stannd vnd narung verderblichem spil (darinn jme ain erber rat von ampts wegen erkündigung vnd erkanntnus
vorbehalten haben will) befunden, der oder dieselben sollen nach der Ordnung vnd maß
den straffherren hierinn gegeben ernnstlich gestrafft werden.//
Es will auch ain erber rat hiemit alle gefa e rliche falsche spil bey peen vnd straff des
falschs inn gemainen rechten außgetruckt, verpoten vnd geordnet haben wa yemands
mit dem andern auf creiden oder borg spilen wurde daß das verlustig sollich auf borg
verspilt gelt zuzalen nit schuldig sein, soll darnach wiß sich menigklich zerichten.//
Vom stannd vnd pflicht der eeleüt auch den eesachen
Weil die hailig ee die ho e chste vnd notwendigste verpündtnus vnder den menschen ist
von deren der recht christenlich vnd erber vrsprung vnd die erhaltung menschlichs
geschlechts kommt darinn sich aber vil mißbreüch vnd maengel ero e ügen, so gedenckt
ain erber rat als ain christenliche oberkait auch in dem gebürlich einsehens zuthu°n.
Damit dann in dem eeversprechen der gefa e rlich mißbrauch so nun ain zeitlanng
geweret das ain ee hat sein mu e ssen wann zway die seyen jr selbs oder in gewalt jrer
eitern oder in verspruch annderer gewesen vnd on dero gebürlich wissen vnd zu°thu°n
ainannder die ee versprochen hinfüro gentzlich furkommen vnd abgewendt werde vnd
das eeversprechen geschehe wie das natürlich Goetlich vnd die kaiserlichen recht
vermo e gen so ordnet hiemit ain erber rat das hinfüro niemands die noch jre vatter oder
a e ne oder aber an stat derselben jre ordenliche Vormünder, pfleger vnd freündtschafften
haben die ee on derselben jre vatter oder a e ne oder wa die nit weren jre Vormünder vnd
pfleger wa sy die hetten oder so die kain Vormünder oder Pfleger hetten zum wenigsten
on zwayer jrer na e chstverwanndten blu°tsfreünde oder schwaegern rat wissen vnd willen
oder so der auch kainer vorhannden on beysein dreyer erbern frummer redlicher
personen versprechen noch zu°sagen soll. Vnd wa die ee von yemand wer die seyen
84
Die Reichsstädte
annders versprochen würd, sollen dieselben auch alle die rat vnd that zu so e llichem
gethon durch die verordneten Straffherren innhalt der jnen gegebnen Ordnung ernstlich
gestrafft vnnd solche ee Versprechung als vnkrefiftig vnd unpündig (sy wurden dann auß
sondern wichtigen christlichen gu°ten Ursachen änderst durch ain erber gericht mit recht
erkannt) gehalten werden.//
Damit aber niemand weder durch seine eitern, freündtschafft, Vormund oder pfleger der
eehalb zulanng vngebürlicher gestalt aufgezogen oder aber zu vnangenemer, vnanmu°tiger ee getrungen oder sunst vngebürlicher weiß hierinn beschwerdt werde, vermanet vnd gepeüt ain erber rat das alle eitern, freünd, Vormünder vnd pfleger jre kinder,
verwandten vnd befolhene jungen so die zu jren tagen oder jung inn wittib stannd kommen trewlich bedencken vnd jnen nach jrer gelegenhait zu gebürenden heyraten jres
vermo e gens verhelffen. Doch zu kainem heyrat der jnen vnangenem oder vnanmu°tig
vnd zuwider were mu e ssigen noch zwingen, sonder in dem allem der jungen frommen
vnd wolfart der personen vnd gu°tshalben auf das trewlichest ansehen vnd fürdern.
Dann wa in dem ichts vnbillichs erfaren wurd soll dasselbig ye nach gebüre durch die
verordnete Straffherren wie obgemeldt mit allem ernnst gestrafft vnd abgewendet vnd
ainem yeden der hierinn klagbar würdt dem rechten vnd der billichkait nach geholffen
werden.//
Auf das auch aller verdacht in dem verheyraten der Vormünder vnd pfleger halben dester bas fìirkommen werde, ordnet ain erber rat das bey Vermeidung ernnstlicher straff
die vormünd oder pfleger jre pfleg sune oder tochter on wissen vnd rat zwayer oder
dreyer der naechsten von der freündtschafft vnd wa die nit vorhanden zwayer oder
dreyer erbettner von ainem erbern gericht nit verheyraten sollen.//
Begebe sich auch das in solchem verheyraten zwischen den pflegern Vormündern
naechesten vnd furnembsten freünden oder den zugeordneten von ainem erbern gericht
oder der personn so zuverheyraten were sich mißhellung zu°tru°ge, soll alsdann die sach
an ainn erbern rat gebracht vnd von demselbigen der erberkait vnd billichhait nach
beschaid gegeben werden.//
Ferner damit sich niemand wider recht vnd gemaine erberkait im eeversprechen mit zunahen verwandten personen verspreche noch vergreiffe, soll menigklich wissen vnd gewarnet sein, das ain erber rat niemand gestatten will sich eelich mit den personen
zu°uersprechen die inn go°ttlichen vnd kaiserlichen rechten verpotten seinn. Alls nemlich in der aufsteygenden vnd absteigenden linien wie hoch oder nider die in solchen
linien seyen vnd in der neben linien soll kainer sein schwester ob sy gleich von ainem
tail allain sein schwester were. Deßgleichen vatters vnd mu°tter auch großvatters vnd
großmu°tter schwester bru°der vnd schwestertochter oder tochter tochter zu°r ee nemen
vnd haben. Und weil die eitern christen ab der ee der geschwisterget kinder also ge-
Nr. 1: Augsburg
85
scheühet haben das sy disen grad vermitteln, so soll die ee zwischen geschwisterget
kinden bey Vermeidung ewiger statt Verweisung auch verpotten sein vnd fur kain ee
gehalten werden.//
(Item der magschafft oder schwagerschafft soll kainer seins suns, stiefftochter, schwiger, stieffmu°tter, großschwiger, großstiefmu°tter des stieffssuns, bruders fraw, weibsschwester des weibs rechte tochter bey Vermeidung der straff ewiger stattverweisung zu
der ee nemen.) Es soll auch niemand sein pfleg tochter jme selbs seinem sune sunssune
oder anndern seinen blutsverwandten on sonderliche ains rats erkanntnus oder zulassen zu°r ee nemen vnd haben.//
Dhweil bey ainem christenlichen volck die hailig ee ye nit änderst dann mit aller forcht
des allmechtigen Gots vnd andacht gehanndelt vnd volzogen werden solle, so will ain
erber rat das menigklich die sich eelich zusamen versprochen haben ee vnd sy solche
versprochne ee würcklich volnziehen zu°uor den segen vnd ermanung auß dem wort
Gottes vor der gemaind christi in jrer pfarrkirchen mit aller zucht vnd gotsforcht (bey
Vermeidung ains erbern rats ernnstliche straff) fu°chen vnd empfahen dess orts da man
als vor Gottes äugen in aller demu°t vnd mit erschlagnem hertzen erscheinen soll. Es
soll auch (kain pfarrer oder helffer yemand einsegnen wa er mit mit seinem) verlobten
eegemahel vorhin dreymal auf der cantzel offenlich verkündigt worden ist.//
Vnd nach dem die eegemahel beyainander in der forcht Gottes ho e chster liebe vnd ainigkait leben ja ein mensch sein, also das der man das weib wie sich selbs lieben vnd
herwiderumb das weib den man als jr haupt voraugen haben vnd fo e rchtdn sollen, so
vermaner vnd will auch ain erber rat das solche eeliche ho e ste trew vnd liebe hilff vnd
dienst getrewlich gelaist werde dann wa yemand sein weib verlassen on jren willen von
jr ziehen oder sy sunst in annder weg vnchristlich vngebürlich halten oder mit jr
handeln wurd. Hingegen wa ain weib jrem man nit wolt in aller gehorsame vnd liebe
vnnderta e nig sein jr haußgesind vnd kond helffen gotselig ernoeren vnd ziehen sich von
jrem man thu°n oder etwas wider jres mans person gu°t ere oder leib furnemen oder sich
sunst vngebürlich vnd straeflich halten wurde. In solchem allem mag der beschwerdt
eegenoß seinen mangel vnd beschwerdt vor den drey ainigungs herren den straffherren
oder auch am erbern gericht ordenlich furbringen, dem soll recht vnd die billichhait
auch billicher schütz, schirmm vnd hilff gedeyhen vnd jhenigen so vngerecht erfunden
werden gebürliche straff nachfolgen.//
Nach dem auch der hailig eestannd vngeschiden sein vnnd der mensch ye nit schaiden
soll was Got zusamengefu e gt hat so will vnd gepeüt ain erber rat bey ernnstlicher straff
das sich kain eegemecht selbs umb ainicherlay ursach willen aigens willens von dem
andern sünderen oder schaiden soll bey ernstlicher ains erbern rats straff. Wurd aber
yemands gu°t christenlich billich erber oder rechtmessig ursach der schidung haben vnd
86
Die
Reichsstädte
sich zuschaiden vermainen der oder dieselben sollen solche oder annder jr vorhabende
clag vnd beschwerdnussen aim erbern gericht wie sich gebürt fürbringen, darauff dann
was recht vnd billich ist erkennt werden vund volgen solle.//
Es will auch ain erber rat das im fall da das gericht die schaidung zu°lassen wurde das
dem geschiden eegemecht verpotten sein soll zur anndern ee zugreiffen on vorgeende
ains erbern gerichts erkanntnus.//
Vom laster des eebruchs
Wurd sich yemand so schwer vergessen vnd mit v e bertrettung des gepot Gottes inn eebruch (darauß v e ber die erweckung des zornn Gottes vilfeltige Zerrüttung a e rgernus poeß
exempel vnd ho e chsts v e bel entsteet) fallen, der soll durch verordnete straffherren on
mittel vier wochen auf ainn thrun gestrafft werden der gestalt das dieselb straff on alle
genad volbracht soll werden, nemblich zum wenigsten ach tag mit dem leib. Wer aber
die anndern drey wochen mit dem gelt puessen vnd ablegen will das mag er für ainn
yeden tag mit drey guldin thu°n vnd nit darunder.//
Wurd yemand solch aergerlich laster zum anndern mal begon, der soll die obgemeldt
straff zwifach leiden.//
Sollt aber yemand v e ber solche mildte vnd gnedige straff so verru°cht sein vnd sich zum
dritten mal mit solchem gotlosen vebel beflecken vnd darinn vergreiffen, der soll on
mittel aintweder der stat ewig verwisen oder aber sunst nach ains erbern rats erwegung
am gu°t, leib oder leben ernnstlich gestrafft werden.//
Vom notzwang vnd schwechen der junckfrawen vnd frawen
Wurd yemand ain junckfraw oder fraw mit der that notzwangen vnd schwechen, den
will ain erber rat an leib vnd leben straffen.//
Wurd aber yemand ain junckfraw oder wittib durch wort oder werck zu seinem willen
bereden vnd schwechen, der soll vier wochen auf ainn thurn gestrafft werden zum
wenigsten acht tag mit dem leib zu°uolbringen. Vnd welcher will der mag ainen yeden
der v e brigen ta e g mit drey guldin abpu e ssen vnd soll nichts weniger dem geschwechten
frawenbild diser stat recht vnd gericht vmb jr verlorne eer vorbehalten sein.//
Wer zum andern mal wie yetz gemeldt vebertretten wurd dem soll zwifache straff
nachuolgen.//
Nr. 1: Augsburg
87
Vbertrette yemand zum dritten mal, der soll der statt ewig verwisen oder aber am gu°t,
leib oder leben nach erkanntnus ains erbern rats gestrafft werden.//
V o n u n e e r l i c h e m beysitz v n d lediger hu°rerey
Es will auch ain erber rat allen vneelichen beysitz dhweil der selb wider die gepott
Gottes vnd zu Verachtung des hailigen eestands raicht ernnstlich verpotten haben vnd
soll ain yeder so darmit befleckt ist seinen anhanng alßbald nach ero e ffhung dises gepots
von jme thu°n. Wurd aber yemand wider dits gepot hanndeln vnd in vneelichem beysitz
befunden, der soll vier tag auf ainen thrun gestrafft sein anhanng als ain vneerliche
person der statt verwisen oder sunst nach erkanntnus ains erbern rats ernnstlich gestrafft
werden.//
Wer zum andern mal in solchem laster erfunden würd, der soll obgemeldte straff
zwifach leiden.//
Wurd aber yemand also wider Gottes vnd der oberkait gepot in disem laster zum dritten
mal stra e flich, der soll mit Verweisung der statt oder in annder weg durch ainn erbarn rat
gestrafft werden.//
Wer oder welche sich dann ausserhalb des vneelichen beysitzs mit ärgerlicher offenlicher hu°rerey vnd sündtlichen flaischlichen wercken beflecken wurd, den sollen die
verordneten Straffherren nach jrer erkanntnus straffen.//
V o n v e r d a m p t e r verpotner Vermischung
Sole yemand zu sollicher gotlosen vnsinnigkait geraten der sich wider die natur oder
Satzung der kaiserlichen recht vnd also mit verdampter Vermischung vergriffe, der soll
nach erkanntnus ains erbern rats am gu°t, leib oder leben ernnstlich gestrafft werden.//
Vnd ob gleich ainer den anndern nit verwarnet vnd vonn lästern abzeston ermanet hett
vnnd zaiget doch ainen oder mer v e bertretter diser zuchtordnung an es wer in welchem
gesatz das wo e llt, gegen demselben anzaiger soll es gehalten werden wie na e chster articul vermag.//
Wurd aber yemand der sich diser christenlichen mittel mit dem warnen vnnd anzaigen
der laster bey den Straffherren gebraucher von ainichem wer der wer darumb geschma e cht, vereerletzet oder verachtet, so soll ain solcher erenletzer, sehender vnd verachter durch die Straffherren nach jrer erkanntnus ernnstlich gestrafft werden vnd dem
verletzen dannocht vmb sein iniuri das recht beuor gelassen sein.//
88
Die
Reichsstädte
In diser Ordnung vnd gesetzen allen vnd yeden wie nach lengs hierinn begriffen ist behelt j m ain erber rat bevor besserung minderung von newem vnd ain annders zuordnen
wie sy in krafft jrer oberkait macht haben. Vnd hat ain erber rat die straffen vnd censuren gegen den verbrüchigen dieser Ordnung darumb so va c tterlich mildt vnd tra°glich
gesetzt, das sy kains wegs dauon nit zuweichen sonnder beharrlich vnd ernnstlich darob
zehalten vnd furzefaren gedencken, dess vnd kains andern soll sich meniglich versehen
vnnd vor straff wisse zu°uerhu e ten.//
Decretum in senatu, XIIII augusti, anno &c. XXXVII
Nr. 2: Augsburg: „Eines ehrsahmmen raths der statt
Augspurg zucht- und policeyOrdnung de anno 1621/1630
[2. 9. 1621, 3. 8. 1630]" mit zahlreichen Dekreten9
E i n e s e h r s a m e n raths der statt A u g s p u r g zucht u n d policey Ordnung
Auß schuldiger treu und von ambts wegen wolt ein ehrsamer rath nicht liebers, dann
daz vatterland diser statt Augspurg, und gemeinen nutzen allenthalben gefirdert sehen,
auch keinen fleiß, mühe noch arbeith sparen, damit ihr getreün wohlmeinung in beeden
dem ewigen und zeitlichen, zu begehrtem und gebracht, und also die ehr und preiß des
Allerhöchsten. Christliche zucht und erbarkeit, auch beständige gute policey befördert,
gemehrt und erhalten würde. Darum und dieweil ein ehrsamer rath zu sollichen kein
gewieser menschlich mittel erdenckhen mögen, dann in allen dingen gute Ordnung zu
halten, wie dann die allerfürtreflichsten communen in und allerwegen nit allein fürgenommen, sondern auch mit augenscheinlichen gedeyen und auffhehmen ihrer regiment
in jebung hergebracht, so hat ein ehrsamer rath ein zucht und policey Ordnung b e r a t schlagt und beschlossen, wie unterschidlich hernach folgt, ungezweiffelter hoffnung,
dieselbig soll diser statt zu empfindlicher wollfarth gedeyens. Nachdem aber alle gesez
und Ordnungen vergeben lieh, ja auch ein spoth sein, wo denselbigen nit billiche handhabung und Vollziehung nachfolgt, so will ein ehrßamer rath obberührter Ordnung ernstlichen stracks halten und hat zur Vollziehung derselben etliche raths freündt verordnet.
Sezt, will und gebeüth auch, das allen und jeden puneten und articuln in gedachter
zucht Ordnung verleibt, durchauß steth und vest auch ernstlich soll gelebt und
nachgegangen werden. Dabey ein ehrßamer rath die verordnete Straffherren, auch alle
ihre gehorsame fromme bürger und unterthanen, schützen und schirmen, aber die ungehorsamen widerspenstigen keines wegs verschonen will.//
9
StadtA Augsburg, Reichsstadt, Polizei, Statuten und Ordnungen, Karton 2, Nr. 54, S. 1-139.
Nr. 2: Augsburg
89
Eines ehrßamen raths der statt Augspurg zucht und Straffherren
teilung zettel
Gemeiner Stadt Augspurg, NB. Wenn inn beeden, alß frevel und zucht fl. 60 einkommen, Werdens wie folgt ausgetheilt,
gebürth davon
Kr. 30
fl. 11
dem herrn stattvogt
// 16
dem herrn stattschreiber
// 3
dem herrn rathschreiber
fl. 3
den kantzley secretariis
// 6
dem straffschreiber aus der frevel fl. 3
und auß zucht 4
// 7
den rathsdienern
//
20
deß stattvogts Schreiber
21
//
stattvogts knecht
//
6
den stubenhaizern
24
//
den 6 stattknechten
// 12
36
Summa
fl. 60
17
Der erste Titul: Von persohnen zu diesem ambt gehörig und ihrer besoldung
Zu Vollziehung und ordentlicher erhaltung eines ehrsamen raths zuchtordnung sollen
vier persohnen, nehmlichen zween vom kleinen und zwenn vom grossen rath dergestalt
erwehlt, daß in zu halben jähren einer vom kleinen und einer vom grossen rath darvon
gelassen, und andern an ihre statt verordnet werden. Und dieweil dises ambt mühe und
fleiß erfordert, auch vili daran gelegen seyn will, so soll einem jeden der vier herren jedes tags, daran sie sitzen und ihres ambts pflegen, achtzehen kreützer um ihre mühe
geben werden. Deßgleichen sollen dem herrn deß kleinern raths, der den vorsiz hat,
über sein gedachte besoldung der achtzehen kreüzer, noch das halbe jähr zehen gulden
und der andern jeden funff gulden reinisch in münz zur Verehrung gefolgen. Doch aber
die vor disem bey jedem siz gebreüchige auffiragung deß trunckhs, aus mehrerley
bedencklichen uhrsach, fürohin unterlassen und abgestelt werden.//
Disen vier herren solle auch der stattvogt zugeordnet und dieweil viel mühe über ihn
gehen wirdt, ihme jährlich von disem ambt vierundzwanzig gulden in münz, zusambt
seinem vorigen gefeil vom freveln und züchten zur besoldung gereicht werden.
Nachdem dann dise ding allermeist an fleiß und embsigkeit gelegen, und ein solch ambt
ohne einen Schreiber nit woll erhalten werden mag, so solle auch ein Schreiber darzu
verordnet und ihme jedes jähr vierundzwanzig gulden in müntz zur besoldung, wie zugleich auch für den abgestelten trunckh bey jedem straffsiz, ihme Schreiber acht, den 3
90
Die
Reichsstädte
stubenhaitzeren sambtlich zwelff, und den zweyen bey der straff aufwarthen, den
stattknechten jedem sechs kreitzer gegeben werden.//
Es sollen auch sonsten die Stattknecht billich ihr belohnung, und namblich von einer
jeden fürgeforderten persohn ein kreützer haben. Wurde sich auch einiche gestraffte
persohn über ihr angloben nit stellen, sonder ihr binten laßsen, derselben jede soll das
bothgeld unabläßßig selb bezahlen.//
Der ander titul: V o n der Straffherren pflicht und ambt
Die straffherren sollen einem ehrsamen rath schweren, daß sie der ihnen fürgeschriebnen Ordnung in allen und jeden puncten und articulen treülich und fleissig nachkommen
und inhalt derselben erkennen und straffen wollen. Den reichen, als armen, ohnangesehen verwandtnus, freündtschafft und feindtschaft, neyd oder haß, und aller anderer
menschlicher affection, daß sie jemandts einiche straff nachlassen oder miltern, sonder
der zucht und execution Ordnung und darin ausgetruckten pönnen strackhs nachgehen
wollen.//
Und zu Vollstreckung dises ambtes sollen wöchentlich drey täg daran die bemeldten vier
herren sambt dem stattvogt sitzen und handien, genommen und gehalten werden, namblich der montag, mittwoch und sambstag, allemahl nach mittag, wann die glogg zwelff
uhr schlegt, daß ein jeder sambt dem Schreiber verhanden sey. Wann aber einer aus ehehafften Verhinderungen selbst persöhnlich nit sitzen kan, sol er ein andern qualificierte
persohn, so ihme an standt gleich, und sonderlich derjenige, so den vorsitz hat, ein solliche, so den vorsiz vorhin practiciert und straffaydt geleistet, an sein statt zuverordnen.
Dieselbig auch ihme zu willfahren schuldig sein, und solliches mit der gebettenen persohn uf verweigern, durch einen herren burgermeister uf des bittenden herren anzeigen,
nachgestalt der sachen geschafft werden.//
Ob sich dann aus billich ehehafften, oder gleich aus ungehorsam zutrüge, daß bißweilen
jemandt abwesendt und niemand an seiner statt verhanden sein werde, so sollen nicht
desto weniger andern doch daz derselbigen weniger nicht 2 als drey seyen, handien und
erkennen.//
Die zeit ihres ambts und handlung, wie lang sie sollen sitzen, ist indes tags von 12 uhr
an, zum wenigsten biß es viere geschlagen hat, es weren dann keine straffsachen mehr
vorhanden, noch desselbigen tages furzunehmen bestelt, alsdann mögen sie abgehen,
doch sollen die straffherren am sambstag allein die frevel und sonst keinerlej andere
sachen verrichten.//
2
„nicht" ist eingefügt.
Nr. 2: Augsburg
91
Item zwey herren aus den vieren sollen sambt dem Schreiber daz straffgelt einnemmen,
auch einmahnen und fleissig auffschreiben, was und wievill eines jeden tages, und von
wemm bezahlt und gefallen sey, solliches in ein büchs legen, und einem ehrßamen rath
alle halbe jähr rechnung darum thun.//
Die Straffherren sollen auch alle tag, so offt sie in ihrem ambt sizen, zween stattknecht welche vor der straffstuben herausen aufwarthen und unerfordert nit hinein kommen
sollen - bey ihnen haben, durch die sie die gestraffte persohnen, wo von nöthen unverzögenlich alsbald die erkantnus gangen ist, inn die eysen, oder auff den thurn verschaffen, und execution thun könden, darzu ihnen ein ehrsamer rath hiemit befehl und gewalt
geben haben will.//
Doch war die gestraffte persohnen bürger oder bürgerin allhier, und ihres entweichens
kein vermuthung und die sach um ungehorsam oder schlechten frevel zu thun wärn, so
sollen sie dieselben nit an einem tag, da sie lenger als ein nacht in der eissen ligen
müsßen, sonder an einem tag oder abendt darauff des morgends rathstag ist, in
fenckhnus schaffen, damit sie durch einen ehrsamen rath hiemit befehl des nehsten tags
hernach auf furbitt wider ausgelassen werden mögen.//
Und wa die Straffherren, also jemand in die eysen legen lasßen, sollen solliches auch
den fall, warum es zuthun sey, einem ehrßamen rath des nehsten rathstag anzeügen, die
gebühr weiter darinn zu handien.//
Desgleichen, da sie in ansehenlichen fällen und wichtigen sachen, so sie nit ausgetruckhte straffen auf ihnen trugen, spaltig wurden, sollen sie es auch neben erzehlung
jedes theils meinung an einen ehrßamen rath gelangen lassen, und sich daselbs bescheidts erholen, aber in gemeinen sachen mag der herr, welcher an der straff den Vorsitz hat, wohl ein mehrers machen ungefährlich.//
Item die Straffherren sollen auch neben einem jeden laster die straffbem nach gestalt der
sachen von allen umbständen fragen, wer mit und bey solcher Verhandlung gewesen,
auch rath oder that darzu geben hab, alles zu furkommung deß lästerlichen lebens, dahin
diese Ordnung und ampt einigs gericht ist.//
Und obgleich jemandt von wegen seiner persohnlichen gegebenen ärgernus, oder daß er
sie vor den straffherren mit Worten oder wercken widerspenstig oder ungeschickht erzeigt hät, in daz Narrenhauß gefuhrt, oder uf ein thurn oder in die eysen gelegt wurde,
soll er doch ohnangesehen desselben nachgestalt seiner Verhandlung laut der zuchtordnung gestrafft werden.//
Die straffherren sollen auch mit fleiß fiirsehung thun, und alle haußleüth, so wohnung
uf den straffthurn haben, im anfang ihres ambt beschicken und ihnen in eines ehrßamen
92
Die
Reichsstädte
raths nahmen bey ihren pflichten einbinden, daß keinem gestrafften auf den thurn einige
speiß, tranck oder anders, dann wie ihme die straff zulast, durch jemanden, es sey wer
der wolle, zugebracht, oder einiger Zugang gestattet werde, geschehe es aber darüber,
und wurde einigem gestrafften durch sein weib, kindt, knecht, verwandten, hiesig oder
frembd ichts zugetragen oder gebracht, soll solcher haußmann seiner wohnung des
thurns verlustigt sein, und darzu von den straffherrn in ander weg gestrafft werden.//
Gleich wie auch von allen rathserkantnussen die Straffherren oder ihr ambt betreffen!
Ihnen Straffherren all weg ein auszug geben, und derselb vonn der kantzley abgefordert
werden solle, also auch wann und so offt straffbarr händel und sachen, in die zuchtordnung treffent, an daß Stattgericht kommen, so soll der stattvogt und gerichtschreiber
schuldig, bey ihren pflichten dieselbe den Straffherren anzuzeigen; damit die straffbarn
persohnen furgebracht, der gebühr gestrafft, und niemandt noch ichts übertragen werden.//
Vonn diesem articul sollen die straffherren dem herrn gerichtschreiber ein copiam
zustellen, sich darnach zurichten wissen.//
Alle und jede marckhmeister, statt- und gassenknecht, auch die häußwürth uf den thürnen, sollen alle quatember niemals uf der zuchtherren furbescheid vor ihnen erscheinen,
und ihnen beym aydt ernstlich gesagt und eingebunden werden, einem jeden was ihm
angehet, namblich daß sie die gefangnen gleich im anfang biß uf daz hembd abziehen
besuchen, und keinem was, so er zu seinem behülff zu sich genommen, ausßer der nothwendigen leibskleider lassen, auch sie darzu uf den thurnen nit änderst halten sollen mit
speiß und getranckh, dann wie die auferlegt straff eines jeden vermag item daß sich dem
keiner unterstehe, einich vertrag zwischen straffbaren persohnen zumachen, noch
einicherley, es sey gelt, speiß oder tranckh Vertrags noch verehrungsweis von jemanden
einzunehmen, sonder ein jede sach für die straffherren, oder wohin die geherig zubringen, und daselb einem jedem sein gebührliche straff aufferlegen zu lassen.//
Insonderheit sollen die gassenknecht ihre fleissige achtung haben, daß an den feyrtagen
unter der predig und dem ambt, kein unzucht, spihl, morgensuppen noch brantwein gebraucht, oder gegeben werden, änderst dann die Ordnung vermag die Stattknecht sollen
auch in guter achtung haben, wer schulden oder anderer sachen halben auß der statt geschwohren hätte, und sie unbezahlt der schulden, oder ohne erlaubnuß eines ehrsamen
raths wider herein thäte, damit dieselben ohnverzöglich durch fencknus oder in andere
weeg zu billicher bezahlung oder gehorsambe gebracht werde, und die weil solliches
alles den stattknechten mühe gegeben wirdet, so soll ihnen allen aus der straffherren
büchßen vom straffgelt ihr gebührnus, wie bißher beschehen, gereicht werden.//
Nr. 2:
Augsburg
93
Und damit eines ehrßamben raths zuchtordnung den Straffherren desto baß eingebildet
und bekant werde, so will ein ehrßamer rath, daß einem verordneten straffherren solche
Ordnung im anfang seines ambts zugestelt, dieselben seiner gelegenheit haben zu ersehen, die auch ein jeder nach außgang seines ambts widerum überantworten solle.//
Darneben ist auch eines ehrßamen raths ernstliche meinung den verordneten straffherren, stattvogt und ihrem Schreiber hierinn ernstlichen gebiettendt, daß sie diese zuchtordnung keinem menschen anheimischen oder außländischen, wer der wehre, offenbahren, abschreiben, furlesen, noch geoffenbarth, abgeschrieben oder fürgelesen zu
werden, gestatten wollen, sonder dieselbig für sie allein zum Unterricht gebrauchen
sollen, es wurde denn von einem ehrßamen rath insonderheit zugelasßen und befohlen.//
Der dritte titul: Wie die straffherren und ihnen zugethane in ihrem ambt
procedieren und handien sollen
Erstlich soll der herr des kleinern raths, welcher den vorsitz hat und die kundtschaffter
allein zubestelt hat solliche kundtschaffter bestellen, denen um ihr ansag vermutlich zu
glauben sei, doch solle berührten kundschaffteren auf ihr blose unerweißliche anzeigen
nicht leichtlich geglaubt, sondern dieselbige angebungen sambt dem umbständen mit
fleiß angehört, insonders aber wie, und mit wem sie dieselben uf den fall verneinens zu
beweißen getrauen, befragt, darneben die qualitates der angegebenen persohnen, ob die
selben zuvor in gleichen oder andern verbrechen beschuldiget, gestrafft oder beschrait
worden in acht genommen, wohl erwegen, auch etwann rath gesucht, alsdann wann man
deß facti probabiliter verg[e]wist, nach gelegenheit mit erforderung verherung und abstraffung solcher persohnen, vermög der Ordnung gegen den selben mit guter discretion
procedirt und gehandlet werden.//
Waß dann die kundtschaffter referieren und erkundigen, daß solle der darzu verordnete
herr von ihnen vernehmen, und der besagten nahmen und Verhandlungen sambt ihren
umständen wann, wie und wo, auch in wesßen beysein es beschehen sey, fleißig aufschreiben.//
Item den kundtschaffteren solle befohlen werden, nit allein auf ein oder zwey laster ihr
kundtschafft oder fleißig aufsehen zu haben, sonder auch auff alle und jede puncten und
articul in der zuchtordnung begrieffen, doch soll den kundtschafftern nicht die ganz Ordnung, sonder allein etliche puncten und articul, so ihnen zuwisßen vonnöthen ausgezogen und zugestelt werden.//
Es soll auch den kundtschafftern ihr gebührnus nit ehe gegeben werden, es sey denn die
gethane aussag bestanden, oder wahr erfunden, wurde dann einicher kundtschaffter je-
94
Die Reichsstädte
mandts unbillicher gefahrlicher weiß angeben, denn sollen die Straffherren nach gelegenheit der Verhandlung biesßen.zywvutsrponmlkjihgfedcbaWVUSD
Die angebne persohnen sollen unverlängt durch einen Stattknecht unter äugen beschickt und furgefordert werden, es wäre dann sach, daz
sich jemandt fiirsezlicher muthwillig weiß verborgen und nit betretten wolt lassen, alsdann soll daß verkünden oder furbott seiner haußfrauen oder gesindt geschehen, gnug
sein und des stattknechts worthen und glaubwirdigen fiirbringen, ob und wie sie
jemandt verborgen geglaubt werden.//
Wurde dann ein sollicher auff das verkünden seiner haußfrauen oder gesindt beschehen
zum andernmahl nit erscheinen, der soll gleicher gestalt gestrafft werden, als wer innen
und außen verkündt worden, wie dann dieselbig straff hernach stehet.//
Wurde nun jemandt ein fiirboth, daß ihme unter äugen beschehen verrachten und ohne
ehehaffte uhrsachen außbleiben, dem soll für das andermahl bey straff eines guldens
furgebothen werden, und da auch daß ander furgeboth nicht in acht genommen, daß
dritte bey dem gehorsam geschehen und der gulden verwürckt sein, welcher dann diese
straff nit zugeben vermächt, der solle sie ein tag und ein nacht in der gefenckhnus mit
wasser und brod abbiesen.//
Wellicher aber zum dritten mahl über daß unter äugen oder sonst beschehen fiirboth ungehorsamber verächtlicher weiß ausblib, der soll durch die Straffherren alsbald in die
eysen verschafft und als ein ungehorsamer und Verächter, nach erkandtnus eines ehrßamen raths gestrafft werden.//
Und damit diß orths niemandt zu schaden unwissendt komme, soll den stattknechten
ernstlich eingebunden werden, bey dem andern furboth ein jeden traulich zu wahrnen,
und unterschiedlich anzeügen, daß man ihren vom andern außbleiben um ein fl. und
vom dritten mit der eysen straffen werde.//
Wer nun auf das beschehen furboth erscheint und fürkombt, dem soll durch dem verordneten straffherrn einem sein Verhandlung, wie er angeben ist vorgehalten oder durch
den Schreiber fürgelesßen werden, und er sein antworth, ob er will alsbald und nicht
länger zu verziehen, darauff zu thun haben, es wehren dann sonder ehehafft und bewegliche uhrsachen verhanden, alsdann soll bedacht gegeben werden, biß uf den nehstfolgenden tag daran die Straffherren wider sitzen, und nicht länger ist er dann seiner handlung geständtig, so soll mann ihme die strafflaut des gesezes, darinn er verbrochen hat,
aufflegen.//
Wurde aber jemandt sein beschuldigung widersprechen und sein Verantwortung also
thun, daß sie der warheit gleich und also die sach an ihr selbs nit lauther und gnug offenbahr wäre und sich jemandt alß dann uf zeügnus beruffte, dem soll sie zugelassen
sein, seine zeügen des nehsten tags darann die herren wider sitzen, selbst mit ihme zu-
Nr. 2: Augsburg
95
bringen oder durch einen stattknecht vonn ambtswegen fiirfordern zu lassen, allein sollen deren allein vier admittiert werden. Es wäre dann die sach an ihr selbs so wichtig,
alsdann mögen die herren jederzeith nach ihrem gutachten mehr zeügen zulassen.//
Wurde dann der beklagt sein unschuld mit zeügnus oder in andere weeg gnugsamlich
darthun und außführen, so soll er absolviert werden, wo mit ihme sein gebührende straff
nachvolgen.//
Hätte jemand in einem unlautern fahl keinen zeügen, der doch sonst eines glaublichen
ansehens und vormahlen unstraffbar erfunden wäre und wölt sich mit seinem ayd purgieren, dem soll es auch gestattet werden, doch daß man ihne fleißig vor pönn deß
maynäydts warne und wa er sie verdechtlich mit scheinbarn anzeigung hielt, und des
maynäydts überwunden würde. Darauff die Straffherren ihre fleißsige kundtschafft haben sollen, daß sie denselben alsdann in die eisen fuhren um den maynaydts laut des
gesetz und darzu in Sonderheit um sein übertrettung gebührliche straff zu empfahen,
item wer sein sach mit dem aydt betheüren will, dem soll er durch den herrn, so den
vorsitz hat oder durch den stattvogt nachfolgender gestalt furgehalten werden.//
Ihr solt schwehren, daß ihr eyres Wissens behaltens und erachtens dises anzeügs angebens oder bezücht unschuldig seyet, als eüch Gott der allmächtige helffe.//
Würde sich dann jemandt von den Straffherren für einen ehrßamen rath beruffen und
weigern, dem soll es zugelassen und ihme doch daneben ernstlich und mit fleiß angezeüget werden, daß ein ehrßamer rath erkant hab, welcher über sein beruffung und
Weigerung der straffherren ungerecht und sträfflich erfunden wurde, das er die straff,
die einem jeden in der zuchtordnung um sein Verhandlung an leib und guth aufgelegt
ist, zwifach leiden oder zahlen müeß ohn alle gnad, welche erkantnuß auch ein ehrßamer rath, allerding, wie jezt gemelt, hiemit außtrucklich gethan hat und gethan haben
will.//
Item es soll männiglich von weibs oder mannßpersohnen, hoch oder nider standts auff
erforderen vor den straffherrren eigner persohn erscheinen, für sich selbs und antwort
geben, und niemand einicher redner oder procurator zugelasßen werden, es würden
dann ansehnliche mannß oder frauenpersohnen um schlechte sachen furgefordert und
aber die nothturfft in aigner persohn zu erscheinen nit erforderte, alßdann mögen die
straffherren jederzeit nach gelegenheit der sachen und persohnen die Angeforderten
eigner persohn zu erscheinen entlassen.//
Item ein jeder der guthshalben vermöglich ist, soll sein straff gar und unverzögenlich
bezahlen, oder wa er so will gelts bey ihme nit den straffherren oder dem stattvogt angloben, solche straff desßelben tags auf ein benandte stund zu bringen, wäre aber jemandt des Vermögens nit baar zubezahlen, dem selben sollen die straffherren zu erle-
96
Die
Reichsstädte
gung des ersten halben theils vierzehen tag aber zu bezahlung deß andern halben theils
vier wochen bewilligen. Es sollen auch diejenigen, so hierinn ungehorsam erscheinen
und nicht bezahlen, hinab gelegt oder biß uf völlige bezahlung auß der statt geschafft
werden.//
Die Straffherren sollen auch hiemit befehl und macht haben, der herren burgermeister
knecht zu einbringung der gelübdtbrüchigen und anderer ungehorsamer persohnen jedesmals, so offt sich in ihrem ambt der fall begibt, zu gebrauchen.//
Item welcher frist zur bezahlung erlangt, wie oben gemelt ist, denselben soll der Schreiber fleissig einschreiben und mercken, auch zur gebührlichen zeit einmahnen und bey
den herren erinnerung thun, damit die schuld von den gestrafften durch die stattknecht
eingebracht und mit gebührlicher endtlicher execution furgefahren werde.//
Der Schreiber soll auch ein buch oder register halten, darein er die nahmen aller derjenigen, so gestrafft worden, auch wie hoch, welches tags, und auß waß uhrsache er gestrafft ist, bevorab gegen wen, wasgestalt, an was orthen und enden sich jederzeit, die
frevel und straffbarn fall begeben und zugetragen haben, fleissig aufschreiben, damit
solliches im fall der notturfft über kurz oder lang zu finden sein möge, gleichfals soll er
der verordnete straffschreiber alle flirgebrachte sachen in Sonderheit aber der zeügen
sag, und was sonst furkombt summarie prothocollieren und aufzeichnen, die begrieffene
bescheidt zuvor und ehe dann sie eröffnet werden, den straffherren furlesen, und ohne
derselben wissen und befehl den partheyen keine abschrift darvon geben, auch fein
fleissig aufmerckhen und nachsehen haben, wie offt und was gestalt ein jeder zuvor gestrafft worden, dasselbe den straffherren fleissig und ordentlich anzeügen, und sich in
gemein in seinem dienst fleisßig und unverweißlich halten.//
Ein jeder straffherr soll wann er vom ambt gehet den andern die eingezogene straffen,
sambt dem cassa büchlein darüber sagend, zustellen, der neü angehend aber, die noch
außstehende straffen laut prothocolls fleissig einbringen.//
Es sollen auch die straffherren die ausstehende straffen bey den verstorbenen erben, wo
daß vermögen erforderen dem straffambt soll angezeigt werden, hinfuro in furfallenden
fällen nicht nur auffzeigen und dero blosse aussag zudringen und auff dem deposition
einig zusehen, sondern auch andere der sach umständen zu erwegen, auch nicht gleich
jede zeügen, wer die auch seyen zu dis-3 admittieren, sondern sich hierinnen gebührender discretion zu gebrauchen und sonderlich unter den affirmantibus und negantibus einen unterschiedt dergestalt zu gebrauchen, daz gemeiniglich demjenigen, so etwaß affirmiert, und nicht der es vermeint, die beweissung auferladen werden solle.//
3
Ist durch zwei senkrechte Striche an beiden Seiten hervorgehoben.
Nr. 2: Augsburg
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Damit auch die befahrende maynaydt, sovill möglich verhütet werden, sollen alle zeügen jedesmahls vor straff des maynäydts umständlich verwahrent, affection irt vonn der
parthey unterwiesen worden seyen, befragt, hernach ihr jeder absonderlich der mit gezeügen und partheyen, so vili möglich examiniert, auch die uhrßachen ihres wissens von
ihnen in allweeg erfordert, letstlichen die partheyen nicht um eines jeden blosen und
geringen Verdachts willen zum angloben angehalten werden.//
Decretum in senatu secretiorj, den 2. ten Septembris anno 1627.//
Der vierdte titul: VonzwutsronlihgedcbaV
Verachtung und widerstrebung der heiligen religion
Wurde jemand an Gott, der Römischen Kayserlichen Mayestät, seiner ordentlichen obrigkeit, auch gemeiner statt vatterlandt, denen manniglich mit höchster liebe und darsetzung seines guths, auch leibs und lebens verpflicht ist, und an den christlichen kirchen
allhie, so verruecht, daz er die heilige religion, sacrament und kirchenjebungen verrachtet und verspottet, darwider redete oder schriebe, und also wider Gott, seine obrigkeit,
und vatterlandt handelte, der oder dieselbe, sie wären burger oder inwohner, niemand
ausgenohmmen, will ein ehrßamer rath nach gestalt eines jeden überfahrung mit ernst
straffen, sollen auch hierüber die verordnete zuchtherren ihre fleissige obacht und
kundtschafft haben und halten, und wo sie jemanden, so sie gefahrlicher weiß, in obbemeltem vergrieffe oder vergrieffen hätte, erfuhren, denselben einem ehrßamen rath anzeigen.//
Desgleichen sollen auch andere burger zuethuen und solliche erschreckliche laster,
dardurch Gottes zorn erweckt wird, furkommen zu helffen schuldig sein.//
Der funffte titul. Vom gottesdienst, auch haltung der sonn- und feyertag
Dieweilen diß menschen leben auff erden nichts anders dann ein pilgramschafft und
also zum himlischen und ewigen mehr, dann zum zergänglichen von Gott verordnet ist,
auch der inwendig mensch allein durch die heilige religion zum ewigen leben erbauen
und erhalten wirdet, dannenhero männiglich zu erachten, wie schädlich, ärgerlich, verdächtlich und verweißlich es seye, an besuchung der heyligen christlichen kirchenybungen treg, saumig und hinlessig zu seyn, sollichem auch in allweg billich, daß männiglich
die kirchen fleissig zu besuchen und dem gottesdienst eyferig und mit andacht
abzuwarthen nicht unterlassen solle, alß will zu dessen desto steifferer Vollziehung ein
ehrßamer rath hiemit ernstlich befohlen und gebotten haben, daß sich männiglich, alt
und jung an den sonnund anderen gebottenen feyrtagen aller arbeith enthalte, auch vor
und unter dem ambt und predig zu morgendts an gemelten tägen inner und ausser der
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Die
Reichsstädte
statt, bey den thoren und auf den pläzen unnothwendigen spazierens, auch in den
hausern alles zehren, zechen, spilens und unnutzen fabulirens gantz und gar enteisßeren,
kein wein, möth oder bier verkauffen, auch keinen gast oder gäst - es wehren dann
frembde werckfertige leüth, die hierann an ihrer nothdurfft unverhindert sein sollen sezte, speisste oder trenckhte.//
Wurde nun jemand wider solchen befelch und geboth durch die Straffheiten oder burgermeister im ambt, uf hierauf fleissige bestehe kundtschafft, so man in allweg nicht zu
unterlassen, in erfahrung gebracht, daß er an gebottenen feyrtagen gearbeithet hätte,
derselbige soll zur eysen verhafft gezogen und sein verbrechen einem ehrßamen rath
unverlengt fürgebracht, diejenige aber, so mit obbemeltem spillen, zehren und zechen
gerührten ernstlichen befehl zuwidergehandlet, mit denjenigen straffen, so nach volgendt unter dem titul von würthen verordnet, unnachläßig gebiesset werden.//
Der sechste titul: Vom gottslesteren und schwören
Nachdem das gottslesteren und schweren die höchste undanckbarkeit des menschen ist,
als einer creatur wider ihren schöpffer anzeigt, auch ein sollich laster ist, dardurch Gott
der allmächtig nicht unbillich in viel wege erzürnet und zur straff wider die weit beweget wirdt, als solle desselben, es geschehe in was weiß oder mit was worthen es immer
wolle, sich nicht allein männiglich gänzlich enthalten, und abthun, sonder auch dem
straffambt in allweg mit allem eyfer angelegen sein, unter solch unchristlich übergreülich schwehren, fluchen und gottslesteren gute kundtschafft zu bestellen, und wider die
befundene delinquenten 4 mit nachvolgender straff zu verfahren.//
Nahmlichen da einer so unter 16 jähren alt, bey der krafft und macht Gottes, dessen
leib, gliederen, wunden, todt, marter, sacramenten und dergleichen leichtfertiglich
schwehren wurde, derselbig solle durch die herren burgenmeister im ambt oder die verordnete zuchtherren erstesmahl mit ernstlichen verweiß darvon abgewahrnet und vermant, und da er zum anderen mahl wider kommen eintweders mit dem Narrenhaußlin
oder sonsten nach gutachten gemelter herren in andere weeg mit straff angesehen, zum
drittemahl aber in die eysen verschafft und eines ehrsamben raths erkantnus darüber
erwarthet werden.//
Wurde aber jemandt auch unter 16 jähren seines alters auch in solche hochsträfflich
vermessenheit gerathen, und gotteslesteren, demselben seinen gewalt abschneiden und
nehmen, oder andere verächtliche lester wort wider Gott, sein allerheyligste menschheit
oder die göttliche sacramenten, dergleichen wider die mutter Gottes, die reine jungfrau
Mariam und die heyligen Gottes freventlich reden, derselbig soll ebenmässig durch die
4
Ein „n" vor „qu" ist ausgebessert.
Nr. 2: Augsburg
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herren burgermeister im ambt oder die verordnete zucht- und Straffherren zum erstenmahl den eiteren oder ihren meisteren oder pflegeren mit ruthen zu zichtigen heim gegeben, zum andermahl ins Narrenhäußle gelegt, und durch seine eiteren, meister oder
pflegern, in beyseyn eines stattknechts zu hauß mit ruthen scharpff zichtigt, und da er
noch darüber weiters zum drittenmahl kommen in die eysen gelegt, angesprochen und
nach erkantnuß eines ehrsamen raths gestrafft werden.//
So dann jemandt über 16 jähr alt sich obberührter massen mit schwehren, fluchen,
gottslesteren beßlich vergriffen wurde, derselbige solle durch mehr gemelte burgermeister im ambt oder die zucht- und Straffherren nach gutachten und ermessen derselben
daz erstemahl eintweder um 2 fl. oder 2 tag mit dem thuren in wasser und brod, und daz
drittemahl mit der eysen, oder in andere weeg nach grosse der übertrettung der gelegenheit der persohnen durch einen ehrsamben rath gestrafft werden, da es auch vonn einem
oder anderem bedächtlich und fürsetzlich beschehe, derselbe alsbald auch daß erste
mahl in die eysen verschafft und mit straff ernstlich angesehen werden.//
Der sibend titul: Vom mayn- und falschen aydtschweren
Nachdem auch männiglich unverborgen, waß erschrecklichen lasters der falsch- und
maynaydt seye, als in den der nähme Gottes falschlich gebraucht, zerstöhrung und auflößung aller guthen wohlgeordneten policey darauß erfolgt, und deßwegen im geistlichen und weltlichen rechten bey schwehrer straff verbotten wirdet, so solle derowegen
zu dessen gänzlicher enthaltung nicht allein männiglich gantz vätterlich ermahnet,
sondern auch, wo einige maynaidig persohnen oder so daz an aidtsstatt angloben - zu
welchem die straffherren nicht jede persohn indifferenter und in allen auch schlechten
sachen kommen zulassen, sonder guthe discretion darbey zu gebrauchen haben - fürsetzlich nicht gehalten hette, befunden wurde, solle alsbald ohn einige verschonung in
die eysen geführet und der fall einem ehrßamen rath, mit gebührender straff darauff zu
procediren, angezeigt werden.//
Der achte titul: Vom schmählichem nachreden, bücheren, liederen und
anderer schambarer leichtfertigkeit
Alß auch etwan viel befunden werden, die aus leichtfertiger gewohnheit, beser eigenschafft und nathur, auch aus neyd, hasß und müsßigem fürwiz, durch sich selbsten oder
anderer allerley standtspersohnen unbillicher weiß hinderung und sonsten mit erdichten
unwahrhafften, ehren letzlichen schmach und nachreden, auch pasquillen und schrifften
an ihren ehren verletzen, verunglimpfen und belegen, darzu eines dem andern offtermahlen allerhandt plagen und Unglücks fluchet und wünschet, darzu ehrbare policey
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Die
Reichsstädte
fridt und brüderliche liebe zerrittet und zertrennet wirdt, so solle hiemit vor solchem allem jeder männiglich auff treulichst gewarnet, auch alles ehrenletzliche schmächen,
schelten, lestern, verunglimpfen, schimpfleren, fluchen und plagen, wünschen, es bestehe mündt- oder schriftlich, dergestalt verbotten sein, daz wer dergleichen etwas wider
die Römische Kayserliche Mayestät oder auch andere, hoches und fürstlichem standtspersohnen einem ehrßsamben rath, ihre ambtsverwandte sambt und sonders verüebt zu
haben, erkundiget würdet, derselbige also gleich zur verhafft gezogen, die handlung einem ehrßamen rath angezeigt und durch selbigen die gebührliche straff dem delinquenten auferlegt werden solle.//
Begäbe sich dann, daß eines verbottnen schmächlichen, unverschambten und scha[m]bahren buechs, liedes, gedichts oder schrifft halben es seyn gleich wider hoch- oder
nidriges standts persohnen, alß daß jemandt dergleichen erdacht, gedieht, gemacht, erneuert, gedruckht, geschrieben, fail gehabt, verkaufet, gesungen, geiessen, angeschlagen, außgeben und in einicherley weise an tag gebracht hette, den verordneten zucht
und straffherren etwas glaubhafft fürkäme, so soll durch sie solliches ebenmässig einem
ehrßamen rath mit umständen, wissent gemacht und der verwirckhten straff halben
dessen erkantnus erwartet werden.//
Wurde aber sonsten jemandt den andern auß sondern und privatpersohnen mit nicht
geringen oder schlechten - welche die straffherren von ambts und obrigkeit wegen jedes
theils unverletzlich aufheben mögen - sondern solchen schmach und scheltworthen, so
ein sondern straff auf ihnen tragen, belegen, als exempels weiß einen schelmen, dieb,
oder bösewicht, hureren, kuplerin oder dergleichen, mit Unwahrheit schelten, so sollen
die straffherren nach unterscheidt der fall nach volgender maßsen zu verfahren befehl
sein.//
Im fall da jemandt aus frechem fursatz, boßheit und schmächlichem gemüth ein andern
schmächen und schelten, die schmächwort bekennen, oder dem sonsten überwiesen
wurde, solchem fürsetzlichen und frevenlichen schmäher solle - jedoch dessen ehren
unnachteylich - nach gewohnlicher handbietung ungefährlich volgendt abbitten aufferlegt und furgehalten werden.
Daß ich wieder eüch schmählich oder verkleinerlich geredt, eüch dardurch an ehren unzimlich angreiffen und verlezt habe, indem bekenne ich mein unrecht, ist mir leidt, bitte
eüch derwegen mir solliches zu verzeihen, solle nicht mehr geschehen, auch eüch ohne
allen nachtheil sein, dann ich von eüch anders5 als von einem ehrlichen bidermann nicht
weiß.//
5
Ein zweites „anders" ist gestrichen.
Nr. 2:
Augsburg
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Hierauff solle er wie herkommen, alsbald vermög der Ordnung zur straff der ausgestossenen schmachreden 2 täg und 2 nächt auf einen thuren verschafft oder nach qualitet der
persohnen und anderer beweglicher bedenckhen gegen bahrer bezahlung für jeden tag
einen fl. der thuren straff aus gnaden enthebt werden.//
Da aber ein solcher frevenlicher verleimbder und boßhafftiger injurant zum andermahl
widerkommen, die vorige oder andere persohnen auß bösem Vorsatz und schmächlichem gemüth abermahlen schmächlich angreiffen wurde, solle derselbe nach handbietung und fürhalten obgesezten abbittens 4 tag und 4 nacht mit dem thuren abgestrafft
werden.//
Wurde dann ein solcher zum dritten oder öffteren mahl sich also vergreiffen, sollen die
verordneten Straffherren sich deßhalben bey den herren stattpflegeren beschaidts erhohlen. Begäbe sie nun der fahl, wie vielfältig beschicht das Scheltwort und schmachreden aus übriger trunckenheit, übereyltem zorn oder sonsten unachtlicher weiß erfolgen, doch der beklagte solche reden nit allein nicht beharret, sonder sich erklärt, daß er
dieselbe nicht schmächlich gemeint, auch auff des klagenden theil nichts dann ehr und
guthes zu sagen, solle in solchem fall, daz freventliche abbitten - unverletzlich der
ehren - mit gewohnlicher bietung der handt ungefährlich auf solche weiß beschehen.//
Was ich wieder eüch geredt, ist auß übereilten zorn, grosser trunckenheit, bewegung
deß gemüths, unbedächtlichkeit beschehen, und mir leid, bitte um Verzeihung und solt
ihr dardurch von mir im wenigsten nit geschmächt sein, wie ich dann von eüch nichts,
als ehr und guths zu sagen weiß.//
Da aber ein solcher gleichfals öffter mit trunckenheit und dergleichen sich entschuldigen wolte, soll derselb eintweders auff einen thuren verschafft oder die sach nach gelegenheit an die herren stadtpfleger gebracht werden.//
Wurden dann den beeden allhier erlaubten alt catholischen religion und augspurgischer
confession verwandte persohnen einander der religion und glauben sachen halben
sehenden und schmächen oder lestern, so solle die sach also gleich einem ehrßamen rath
angezeigt und durch selbigen zupflantzung befurderung und erhaltung des geliebten
friedens mit ernstlicher straff gegen einem jeden nach gestalt der sachen die gebühr
fürgenohmmen werden.//
Wiewohlen hiebevor allhier zu mehrer mahlen ernstlich verbotten worden, das sich
männiglichen alle disputirens in religionssachen, schändens, schmächens, verspottens
und betrohens enthalten, und einer den andern in seinem wesen ruhig und friedlich
verbleiben lassen sollen. So kommet doch einem ehrßamen rath glaubwirdig für, daß
ein zeithero sonderbar unter der gemaind beeder religion in bier und würthshäußeren,
auch auff der gassen und reichßstrassen in religionsachen, und sonderlich wegen deß
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Die
Reichsstädte
abgestelten exercitij augspurgischer confession, allerhandt disputationes schände,
schmächen, verspott und schimpffierungen fμirgehen, welliches aber guther policey, bürgerlichen wohlstandt und sicherer beywohnung strackhs zuwider, auch dahero in dieser
löblichen reichsstatt keineswegs zu gedulten ist. Sinthemahlen daraus änderst nichts als
mißtrauen, Verbitterung, zerrittung, unruhe und unheil erfolgen, auch daz bürgerlich
freiindtlich wesen zerstöhret wurde.//
Derowegen befilcht ein ehrßamer rath allen und jeden bürgeren und inwohnern, catholischen und uncatholischen, sie alles disputierens, vexierens, schänden, schmähen, verspottens, übel nachredens und schimpffierens, auch darauß ervolgender thätigkeiten
gänzlich zu enthalten, sondern sie hergegen aller gebührender bescheidener, friedfertiger und nachbarlicher guter vertreülichkeit gegen männiglich zu gebrauchen.//
Dann da einem oder anderen burger oder inwohner beeder religionen hierwider gehandlet werden solle, gedenckht ein ehrßamer rath gegen demselben mit verweißung der
statt, oder nach gelegenheit der sachen und Verbrechens mit schärpferer ehrenstlicher,
unnachläßlicher leibs und lebensstraff zu verfahren, damit fried, ruhe und ainigkeit erhalten, und alle gefahr, unfriedfertigkeit und Weiterung verhütet werden.//
Decretum in senatu, den 1 .ten septembris anno 1629//
Der neündte titul: Von übriger beweinung und füllerey
Der übrigen beweinung und trunckenheit halber, um so vili stattlich- und ernstliches
einsehen zu haben, in mehr übel, laster und unheyl mit verderbung der seelen, leibs, ehren und guts, öfftermahls augenscheinlich darauß entstehet, will ein ehrßamer rath nicht
allein männiglich zu Vermeidung solliches laster und demselben anhangendt und folgender böser frucht gantz vätterlich ermahnet, sondern auch ehrnstlich hiemit befohlen
haben, das die verordnete zucht und Straffherren deßwegen ihr fleissig auffsehen haben,
und da ihnen jemandts bezechter, so mit boltern, geschrey oder sonsten sich ärgerlich
oder lästerlich verhalten, fürgebracht würdet oder sonsten einer selbsten, daz er bezecht
gewesen, sich anzeigt und schuldig gibt. Die Straffherren indesmahlß mit straff eines
halben guldens gegen also bezechten verfahren, und nichtsdestoweniger die trunckhner
weiß begangnen Verhandlung und durch den furwanth der trunckenheit mit nichten entschuldigen lasßen.//
Und demnach sonderlich der brandtwein vonn villen mißbraucht und dahero zu weiterer
fillerey, anzündung uhrsach geben wirdt, so ist sowohlen deßhalben, als auch wegen der
zeit, wie lang die gäst zusetzen, oder wein auff die gassen zugeben, zugelassen und erlaubt, auch was für straffen den überfahern angesezt seyen, unter dem titul von den
Nr. 2: Augsburg
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wiirthen und ihrer Ordnung umständlich disponirt, und solle a u f f solche disposition mit
allem ernst gehalten werden.//
Der zehende titul: Von verderblich- und ergerlichem spillen
Wann auch die tägliche erfahrung lehret, daß aus dem verderblich- und ärgerlichen spillen nichts anders denn zertrinnung freündtlichen willens, neüd, zorn, zerrittung inn allem erbarn thun und lassen, ja wohl zu zeiten entliches verderben an leib und leben, ehr
und guth erfolgt, so ordnet und gebeüth ein ehrßamer rath nicht allein, daz sich männiglich dem spihl, so ihnen, seinem weib und kindern an ihrer nahrung scheinbarlich mangel und verderben bringen mögen, endtlich enthalte, sondern will und befihlt auch, daß
die straffherren hierauf ihr fleissige kundtschafft machen und den innigen so gleichsam
täglich und gewohnlich dem spillen obligen, und dardurch ihren weib und kinderen die
nahrung entziehen, solliches mit ernstlichem verweiß und betrohung anfangs untersagen, hernach und auf nicht erfolgtes abstehen und beserung nach gelegenheit des verh a n d l e t und Vermögens straffen, und endlich auch auff noch fernere beharrung für ein
zeitlang, als ungefähr ein oder zwey jähr, weder in noch ausser der statt gar nicht zu
spillen in gelibdt nehmen sollen. Welcher nun solches gelibdt nicht hielte, deßgleichen
sonst falsche gefahrlich spill jebte, der soll in die eysen verschafft und seinem verbrechen gemäß mit allem ernst abgestrafft werden.//
Der aelffte titul: Von ehesachen, auch standt und pflicht der eheleüth
Dieweil beider mehr als zu will am tag, wie villerley Übels auß dem gefahrlichen mißbrauch deß unbedachthlichen heürathens entstehe, so will ein ehrßamer rath zu dessen
furkommung abwendung hiemit gesetz und ehrnstlich befohlen haben, daz hiefür niemandts, so noch vatter oder ähnj, oder aber an statt derselben vätter, ähnj, pfleger oder
vormunder, und wo die nicht währen zum wenigsten zweyer nehsten verwandte, bluthsfreündt oder schwäger rath wisßen und willen, oder so dem auch keine verhanden, ohne
beysein dreyer erbarer, fromer, redlicher persohnen versprechen oder zusagen solle, und
wo die ehe von jemanden änderst versprochen auch alle die rath und that darzu gethann,
auß der statt geschafft und ohne sondern vergunst eines ehrßamben rath nicht mehr
darein gelasßen werden.//
Damit aber auch niemandt, weder durch seine eltem, freündt, Vormünder, pfleger der
ehehalben zu lang ungebührlicher weiß auffgezogen oder zu unangenehmer unanmuthiger ehren getrungen oder sonsten hierin wider die gebühr beschwehret werde, so sollen
die eitern, freündt, vormunder oder pfleger ihre kinder, verwandte und befohlene, so sie
zu ihren tagen, oder jung in den wittibstandt kommen, treülich bedenckhen, und ihnen
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Reichsstädte
nach gelegenheit zu gebührenden heyrathen, so vili möglich, verhelffen. Doch zu keinem heurath, so ihnen unanmuthig und zu wieder wäre, müsßigen noch zwingen, sondern in dem allem der jungen nutzen und wohlfarth treülichst ansehen und beförderen.//
Auch sonderlich die vormunder und pflegere zu mehrer furkümmung alles Verdachts,
änderst nicht, dann mit zwäyen oder dreyer der nehsten von der freündtschafft, und wo
sie nicht vorhanden, zweyer oder dreyer sonsten erbettner mitbürger wissen und rath
hierin jederzeit handien.//
Wurde dann disem zuwider von jemanden waß unbilliches erfahren, solle dasßelbig
durch die Straffherren mit gefenckhnus oder um gelt, wie sich nach gelegenheit des falls
oder der persohn jederzeit zu rath werden, unabläsßig gestrafft, und jedem hierinn beschwehrden der billichkeit und rechten nach geholffen werden. Wäre auch sach, daß im
verheürathen zwischen den pflegeren, Vormündern, nehsten oder fürnehmsten freündten, oder den zugeordneten zween oder drey männern, oder der persohn, so zu verheürathen währe, sich mißfellung zutrugn, so solle als dann die sach an einen ehrßamen
rath gebracht und von demselben der billichkeit nach bescheidt gegeben werden. Wie
auch einichen pfleger oder vormunder seiner pfleg und vormundtschafft anbefohlene
persohn, ihme selbsten, seinen kindern, oder blutsverwandten ohne sonderliche eines
ehrsamen raths erkantnus und zulasßen, zur ehe zu nehmen, oder zu haben, bey Vermeidung ehrnstlicher straff hiemit untersagt://
Also wird auch männiglich mit zu naheverwandten und derowegen in göttlichen und
kayßerlichen rechten verbottenen persohnen wider recht und gemeine erbarkeit sich in
verehelichung einzulassen, dergestalt verbotten, daß der dawider handlet, in die eysen
gelegt und durch einen ehrßamen weiter gestrafft werden solle.//
Eß sollen auch alle diejenigen, so sie ehelich zusammen versprochen, ehe sie solliche
versprochene ehe würcklich vollziehen, zuvor öffentlich in einer pfarrkirchen in aller
zucht und gottesforcht zu kirchen und strassen gehen, und darselbsten, wie sich christlicher Ordnung nach zu thun gebührt, eingesegnet und allweg zuvor dreymahl auff der
kantzel verkündigt, oder im fall ungehorsambs, eines ehrßamen raths ernstliche straff
erwarthet werden.//
Wurde dann von seinem ehegemächt jemandte, sich eigens willen absondern und scheiden, der oder dieselben für die Straffherren erfordert, seinem ehegemahl wiederum beywohnung zu thun verschafft, und dazjenige, bey welchem der mangel erscheint eintweder nach gelegenheit der sachen durch die Straffherren abgestrafft, oder da der fall
gefährlich, in die eysen gelegt, und einem ehrßamen rath um fürnehmung der gebühr
angezeigt werden.//
Nr. 2: Augsburg
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Solté aber in massen villfaltig beschicht zwischen eheleüthen durch einen ehrsamben
rath, die herren burgermeister oder straffherren fried gebotten, und derselbig nicht gehalten werden, hette man zu erhaltung ehelichen friedens und einigkeit, wider daz friedbrüchige eintweder mit vierzehen tägiger thurenstraff zu verfahren, oder um anderwertig
ernstlich einsehen, die sach einem ehrsamben rath anzubringen.//
Der zwelffte titul: Vom laster des ehebruchs
Wofern sich einiche persohn so schwer vergessen, und mit übertrettung des gebotts Gottes, in ehebruch - darauß über die erweckhung des zorns Gottes villfaltig ergernus, zerrittung und höchstes übel entstehet - fahlen wurde, derselben solle, im fall sie der beeden stuben eine verwandt, oder in gleicher qualitet wehre, durch den vorsizenden straffherren hergebrachter massen fiirs erste mahl 84 fl. und fürs andermahl doppelt so vili
gelt straff aufgelegt, fürs dridtemahl aber ihr verbrechen mit umständen, den herren
stattpflegeren angezeigt, und der straff halben von ihnen befehle erwarthet werden.//
Im fall aber jemandt von der gemeindt sich mir dergleichen laster befleckhen, doch ein
solliche persohn sein wurde, welche vorhin unverleimbt, unverdächtig und unberichtiget, auch allein durch heimliche kundtschafften desß ehebruchs halben also angeben
wäre, daz niemandt anderer dann der kundtschaffter davon wissen hette, und sonsten
durch keinen anderen weeg offenbahr wäre, alsdann solle auß sonderbahrn darzu bewegenden uhrsachen flirnehmlich aber, damit dem unschuldigen ehegemächt die sach
nicht wisßendt gemacht, und dahero die befahrung der ehetrennung verhütet werde, der
ann den Vorsitz verordneten straffherr, die also berichtigte persohn für sich erfordern,
derselben ihr Verhandlung umständlich fürhalten, und mit ernst verweisen, beyneben
auch da sie vermag - dann sonsten sie es dem leib zu biessen, gleichwie im nehst hernach volgendem fall disponiert, die thurenstraff auszustehen hette - und ein summa
gelts, so doch keineswegs unter 15 fl. sein solle, für daz erstemahl, für daz andere aber,
um doppelt so vili abstraffen, und da sie sich bessert, die sach also die beede mahl in
geheimb und still halten, aber des dritten und öffteren dergleichen Verbrechens halben,
den delinquenten zur eisen verhafft und die aufflegung der straff einem ehrßamen rath
heimstellen.//
Begäbe sich dann, daß ein persohn von der gemeindt, so des ehebruchs und leichtfertigen lebens öffentlich berichtigt, dem geheimen straffherren fürkäme, derselbigen persohn hätte der gemelte straffherr fürs erstemahl vier-, und fürs andere achtwochige
thurenstraff gleichwohle auffzulegen, und daß dritte und üfftere mahl in die eysen, wie
nechst obstehet, zu verschaffen. Doch aber wo krankheiten oder mangel der nahrung für
die familiam verhanden, solle in solchem und dergleichen fallen, bey nahst gerührter ersten und anderer abstraffung in vorgedachts geheimen straffherren discretion gesetz
Die Reichsstädte
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sein, wievill zeit er an der thurenstraff nachsehen und zu gelt - jedoch auf 15 fl. gerechnet - nichts wolle. Es solle aber in erster und anderer bestraffung daß zuvor begangnen unterschiedlichen ehebruchs nicht auf auf die villfaltige unterschiedliche actus mit
einer oder mehr persohn begangen, sonder auf die straffen gesehen und durch ein straff
alle vorgangne ehebrüch, sie seyen gleich dazumahl alle offenbahr gewesen, oder hernacher erst herfur kommen, auffgehebt und gebiesst werden.//
Und damit sollich laster um so vili destoweniger ohne gebührende straff hingehe, so sollen nicht allein durch die verordnete straffherren sonderbahre fleissige kundtschaffter
hierauf bestelt, sondern auch den stattknechten hierüber gute achtung und auffsehen zu6
haben, auch die erkundigte ehebrecher nicht heimlich, wie bißhero beschehen sein
möchte zu vertruckhen und zu vertheidigen, sonder dem obristen herren der straff gegen
reichung ihrer gebührnus in geheim anzuzeigen, ernstlich bey ihren aydtspflichten
eingebunden und auferlegt werden.//
Ob dann gleichwohle der geheime straffherr vorgedachte straffen nicht nur wider gemeiner statt burger und angehörige, ungeacht an was orthen, und mit wemme sie sich
im ehebruch vergriffen, sondern auch wider frembde, so in der statt territorio den ehebrüch begangen, furnehmen und niemanden verschonen, so soll er sich doch derienigen
frembde, welcher ausser gedachts territory sich im ehebruch versindiget, unangesehen
es mit einer hießigen verburgerten persohn fiirgangen wäre, nichts beladen, in allweg
aber bey allen obstehenden fallen die discretion dahin gebrauchen, auch daz nicht der
modus inquirendi über mehr gedacht laster des ehebruchs schärpffen und härter dann
die abstraffung seyn.//
Wann ein persohn an einem verdächtigen orth oder bey argwöhnischen leüthen betretten
wirdet, darbey sie nichts zu schafften, und doch sonsten kein sonderer argwöhn indicium oder anzeigen vor äugen, daz sie unehrlich gehandlet hab, mag ihr zugesprochen
werden, sie desßelben orths, oder berührter persohnen furohin zu enthalten, und müsßig
zu stehen, damit man nicht verursacht werde, ihr iuramentum purgationis, daz ist, den
aydt der unschuld oder reinigung auffzuladen, mit angelengter ernstlicher warnung und
erinnerung des maynaydts gegen Gott und weltlicher straff.//
Und da solche persohnen darüber an selben orth oder derselbigen verdächtigen persohn
betretten wurde, oder sonst ansehnliche anzeigen vollbrachter unehlicher handlung vor
aug, mag ihr angeregter aydt nachfolgender gestalt woll aufgelegt und furgehalten werden, jedoch abermahlen mit vorgehender ernstlicher erinnerung, wie ob ihr werden ein
aydt zu Gott dem allmächtigen mit aufgehobenen fingeren schwehren, daß ihr mit der
persohn N. keine unehrlich werck getrieben oder thätlich vollbracht haben.//
6
„Zu" ist eingefügt.
Nr. 2: Augsburg
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Da dann jemandt solchen aydt schören und darüber des widerspils überwiesen wurde,
soll dieselbe persohn als mayneidig ernstlich gestrafft und hierinnen niemandts verschont werden.//
Es mechten aber die indicia und anzeigen unehrlicher handtlung so starckh und gewaltig
sein, daß man uhrsach hette, ein verdächtliche persohn auch in die eysen zu legen, und
höcher weder auf den aydt ansprechen zu lassen, darzu die Verhandlung so offt und
ärgerlich fiirgangen sein, daß ein solliche persohn auch an leib gestrafft werden möchte,
welches aber alles dem zucht und Straffherren in ihr bescheidenheit heimgestelt und
befohlen sein oder einem ehrßamen rath derohalb zu erkennen bevorstehen solle.//
Im fall auch ledige persohnen, so mit eheleüthen zu schaffen, sich mit dem entschuldigen wolten als hetten sie vermeint, daß sie auch ledig wären, solle sie derselbige fürwandt nicht schützen, oder furtragen, sie könten dann solches ihr fürgeben und darzu,
daß sie dieselbige persohnen zuvor lauter angesprochen, und von ihnen, daz sie noch
ledig wären, in antwort empfangen, mit dem aydt darzu sie zu lassen, erhalten, auf welche fall aber inn allweeg die mißthätige eheleüth desto härter und ernstlicher gestrafft
werden sollen.//
Der dreyzehende titul: Vom nothzwang, schänden der frauen und
junckhfrauen und bluthschand
Wurde jemandt, ein junckhfrau oder frauen mit der that nothzwingen und sehenden, den
sollen die Straffherren, alsbald es möglich in die eysen verschaffen, und einem ehrßamen rath, ihnen deßwegen an leib oder leben zu straffen, anzeigen lassen. Ob aber jemanden jungfrau oder wittib durch wort oder werckh ausser zwangs zu seinem willen
bereden, bringen und schänden und derohalben vor den Straffherren beklagt wurde, der
solle - sambt dem, daß dem geschänten frauenbildt seine recht wegen der verlohrnen
ehr wider ihne jederzeit vorbehalten sein - fürs erste mahl vier und fürs ander acht Wochen auf maß, wie nehst von ehebrecheren verordnet, gestrafft, fürs drittemahl aber in
die eisen verschafft, und darauff mit ewiger verweißung der statt, oder aber sonsten mit
guths-, leibs- oder lebensstraff, nach erkantnus eines ehrßamen raths, wider ihne verfahren werden.//
Solte aber der erbarkeit so weit vergessen und durch verwandte persohnen miteinander
unzucht getrieben und ein bluthschandt begangen werden, so will ein ehrßamer rath,
daz solcher mißthäter alsbald gefänglich eingezogen, und ihme mit wohlverdienter straff
wider sie zu procedieren angezeigt werden sollen.//
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Die
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Der vierzehende titul: Vom unehelichem beysitz und lediger hurerey
Allem unehelichen beyßitz, als den gebotten Gottes zuwider, und zu Verachtung deß
heyligen ehestandts reichendt, will ein ehrßamber rath dergestalt gantz ernstlich verbotten haben, daz ein jeder, so hiefüro damit befleckht befunden, fürs erste mahl vier- und
furs andermahl achttägige thurenstraff- so doch bey dem ersten verbrechen mit einem
gulden fur jeden tag mag abbelediget werden - ausstehen, furs dritte mahl aber, wie
gleichfalls sein anhang, alß ein unehrliche persohn jederzeiten zu verhafft genommen,
und mit verweißung der statt oder in andere weeg, nach eines ehrsamen raths ermessigung gestrafft werden solle.//
Der fünffzehende titul: Vonn der kupplerey
Dieweilen auch ein ehrßammer rath daz laster der kupplerey, in was gestalt es gleich
immer beschehe, mit allem ernst verbotten haben, auch nach gestaltsame der sachen eß
mit außschaffung auß der statt, an leib oder leben abzustraffen nicht unterlassen will.
Alß sollen die verordneten Straffherren hierauf insonderheit guten fleiß haben, damit,
wo sie jemanden, so disem laster verwandt erfahren, derselbig unverzögenlich in die aysen verschafft und der gebührende ernst gegen ihme fürgenommen werden.//
Der sechzehende titul: Vom ambt der eitern gegen ihren kindern, auch der
kinder gegen ihre eiteren
Wann sich inn allweeg wohl geziemet, daß die eiteren und wer die jugendt in seiner Verwaltung und fürsehung hat, ihre kinder und jugendt zu aller zucht, gottesforcht, gehorsam der obrigkeit und tugendsahmmen erbahre wandel auffziehen, ihnen auch selbst mit
sträfflichem leben kein böses exempel geben, deßgleichen die jugendt gegen ihren eite-tsronmlihgecb
ren und Vorstehern alles billichen gehorsams, auch für sich selbsten aller zucht sich befleissigen, Verschwendung, böse gesellschafft und alle andere sträffliche laster vermeiden sollen, so will ein ehrßamer rath so wohl alle eiteren als jugendt, solliches ihres
ambts und Schuldigkeit gantz vätterlich erinnert, auch also ernstlich vermahnt haben,
daz wo hierüber jemandt, es seyen die eiteren den kindern gegen, oder die kinder gegen
eiteren, änderst dann sein ambt ausweiset und jezt erzehlet ist halten, derselbig er wurde
gleich auff vorgehende verklagung, oder sonsten ambt halben fürgebracht, eintweder
nach gelegenheit der sachen, mit ernstlichem verweiß oder um gelt durch die straffherren, oder da ein fall so wichtig und groß, mit andern ernst durch einen ehrßamen rath
abgestrafft werden solle.//
Nr. 2: Augsburg
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Der siebenzehende titul: Vom ambt der herrschafften und dienst ehehalten
Damit auch, in massen ein ehrßamer rath hiemit ernstlich gebeüth und haben will, so
woll die herrschafften, meister und trauen, gegen ihren ehehalten und dienst verwandten
als entgegen alle dienstleüth und ehehalten gegen ihre herrschafften, meister oder denjenigen, wellichen sich mit diensten oder gehorsam verwandt, aller gebühr sie verhalten,
insonderheit aber die ehehalten und dienstleüth ihre dienst, wie sie den gebotten Gottes
nach schuldig zu thun, wie die auch durch sie, oder andere von ihrentwegen gelobt, zugesagt und versprochen worden seindt, treülich, fleissig und erbarlich leisten und verrichten, so sollen die verordnete straffherren nicht allein wegen der herrschafften ohne
bewegliche uhrsachen zu rauhen, groben und ungebührlichen procedierens gegen ihren
dienstverwandten, auf furkomme beklagung die notturfft und billichkeit - doch also,
damit dardurch niemandt seine ehehalten, wann er will, mit bezahlung deß noch anzahl
der zeit verdienten lidlohns zu urlauben benommen, oder verwehrt werden - erkennen
und handien, sondern auch entgegen der ehehalten halben gleichfalls solches einsehen
haben, daß wo deren einer ohne redliche ehehaffte uhrßachen vor dem versprochenen
zihl urlaub nehmen, und aus dem dienst tretten wurde, derselbig neben dem, daz man
ihme für sein jährlichen kein bezahlung zu thun schuldig, der statt zwey gantze jähr
lang, darinnen nicht zu diennen, durch die straffherrn verwissen werden solle. Da auch
einicher ehehalt zu einer herrschafft sich verdingt und den leykauff empfangen, doch
aber zu versprochener zeith, in dienst sich nicht eingestellet hette, demselbe zur straff
ein jähr zu dienen allhie verbotten, und darzu demjenigen, so ihme wissentlich gedingt,
zum wenigsten ein gulden zur büß aufferlegt werden.//
Und obwohle einem verdingten ehehalten widerum in seinem alten dienst zu bleiben
unverwehret und zugelassen sein, so soll er doch der andere herrschafft darzu er sich
verdingt, 4 wochen vor dem zihl widerum gebührlich absagen, oder im fall Unterlassens
ein halb jähr allhier zu dienen, nicht geduldet werden.//
Wurde auch, welches ein ehrßamer rath hiemit ernstlich verbotten haben will, ein herrschafft der andere ihre ehehalten gefährlicher weiß abreden oder abspannen, so solle die
abspannende herrschafft um neün gulden, oder da sie die zu bezahlen nicht hätte, achtzehen tag auff einem thuren gestrafft, dem ehehalten aber ein jähr in der statt zu dienen
abgeschafft werden.//
Solte dann einicher ehehalt vor verfliessung obberührt inne allhie zu dienen verbottner
zeit sich in diensten allhier wiederum betreten lassen, derselbige solle alsgleich zu der
eisen verhafft gezogen, und einem ehrsamben rath angezeigt, auch wer ihne wisßentlich
gedingt und gehalten, eintweder zween tag auf den thuren zu bissen angehalten werden.//
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Die Reichsstädte
Der achtzehende titul:
Von unzimlicher köstlichkeit der kleider, mahlzeiten und würthschafften
N a c h d e m die fräche kostliche kleider, und ippige, 7 auch die überflüssige gastungen und
köstliche mahlzeiten zu allerley argem, verderblichem übel nicht wenig uhrsach geben,
darzu guter policey zuwider und mehrern theils ein unnothdurfft und unnutzer überflüssiger kosten seyen, dardurch den armen dürfftigen möchte gesteürt, geholffen und barmhertzigkeit erzeigt werden. So will ein ehrsamber rath männiglich von seiner burgerschafft und angehörigen hierinnen seinem standt gemäß, sich zu erzeigen und zu verhalten auch allen überfluß und unzimblichen kosten zu vermeiden und abzustellen, zum
vätterlichsten und treulichsten vermachet und gewarnet, insonderheit aber der kleidungen halben, dennen vor disem derentwegen, wohlbedächtlich verfast und publicierten,
wie auch ins künfftig publicierendenwutsrponmlkihgfedcbaVROD
Ordnung gehorsamlich zu geieben, und nachzukommen bey Vermeidung darum gesezter pönnen gantz ernstlich gebotten haben.//
Der neunzehende titul: Von wucherlichen
und andern in rechten verbottnen contracten und gefährlichen fürkäuffen
Demnach einem ehrsamben rath furkommen, das nicht allein den geschriebnen geist
und weltlichen rechten, deß heiligen reichs abschiden und policey Ordnungen, sonder
auch aber christlicher gebühr und erbarkeit zuwider etliche gantz gefahrliche verschlagne und dem benöthigten mann verborgner weiß hochschädliche, offt über den halben
theil rechten werths nachtheilige mehr alß judische wucherlichen contract und partiten
in mehr wege und auff unterschiedliche weiß allhie fürgehen und geüebt werden. Alß
nehmlichen daz etliche persohnen denjenigen so betrengt und gelts hochbedürfftig
seyen, allerley wahren und sachen, welliche theils frisch, theils aber langen und nicht
vieil werth seyen, mit zuschliessung etliche wenig gelts in gar hohem übermässigen
preiß auf zeit verkauffen, sich noch darzu bisweilen mit beigeschafften oder pfänden
versichert, oder die weiber gegen ihnen verschreiben machen, da sie doch wissentlich
wissen, das solche käuffer dergleichen wahren zu ihrem thun nicht gebrauchen können,
sondern dieselben gleich mit höchstem ihrem schaden und schmertzen vili wohlfailer, j a
offt nicht gar um den halben theil gegen baargelt hinbringen und verkauffen müssen, in
welchem mindern und geringem preiß woll die verkauffere selbsten bisweilen durch
darzu abgerichte untersezte mittelspersohnen solche wahren widerum annehmen, bißweilen aber deren sich gar nicht mehr beladen, noch ihr wahr um den halben theil desßen, darumben sie dieselbige verkaufft, mehr annehmen wollen, alles den nöthigen und
betrengten, auch desßen armen weib und kindern zu unüberwindtlichen schaden und
verderben, dem geitzigen aber zu unchristlichem, unverantwortlichem wucher und ge-
7
Die Reihenfolge wurde geändert. Über „kleider" steht 3, über „und" 1 und über „ippige" 2.
Nr. 2: Augsburg
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winn. Also will ein ehrsamer rath aus getreüer vätterlicher fürsorg sein liebe burgerschafft zuvorderst ob angeregter policeyordnungen wegen wucherlichen contracts,
wider dieselbe nicht zu handien, hiemit erinnert, dann femers vorerst bemelten verderblichen und andern dergleich unzulässigen pardiden und käuffen hiemit verwarnet, und
dieselbige mit ernst, sonderlich auch alle contract, in welchem neben verkaufften wahren gelt zugeschlossen, oder da die auffgerichte verschreibung in einnig weeg änderst,
als die handlung an ihr selbsten in warheit fiirgelauffen, lauten würdet, wie nicht weniger den wider an sich lösen durch die verkauffer selbst oder durch dritte händt, dero
wahren, so auff heünt verkaufft worden, vor verfliessung solcher zeit und verwürklich
erstatteter bezahlung verbotten haben, es geschehe dann daß zuschiessens deß baaren
gelts neben den wahren, oder die widerlößung deß verkaufften guths, oder verflossner
zeit und geleister Zahlung auß erbam, zimlichen und redlichen uhrsachen, mit vorwissen
und gutachten der obrigkeit derwegen sich die partheyen bey den herren burgermeisteren im ambt, bey welchem die erkantnuß stehen soll, anmelden mögen.//
Wellicher aber sich darüber fürohin vergriffen, und ab angeragter oder dergleichen vortheilhafftige pardiden und vorsetzungen, sie geschehen unter was verschlagnem schein
sie wollen, gegen seinem nehsten gebrauchen, und deßßen überwunden wirdet, wie
auch derjenige, so wissentlich darzu hilfft, und sie als untersezte mittelspersohn brauchen last, solle nicht allein nach gelegenheit gestrafft, sondern auch solche pardiden und
contract, sambt denen darüber geieisten burgschafften, verschreibungen, und was deme
anhängig sein mag, gäntzlich vernichtet und caßiert, auch der übersezte kauffer nichts
den verordneten Straffherren aber, so vili ihme von der pardida würcklichen zu nutz
kommen, zu bezahlen schuldig sein.//
Es will auch ein ehrßamer rath alle gefahrliche fürkäuffe sonderlich dem ding so zum
täglichen gebrauch und leibs nahrung gehören, wie auch alle untreu, falsch und betrug,
mir ernst verbotten auch haben, daz die verordnete Straffherren auff dieser guthe, fleissige achtung geben, und die Verbrecher des kauffs, auch ungerechter maß, elen und gewichts halben ernstlich straffen sollen.//
Der zwantzigste titul: Vom fallieren und ausstehen der Schuldner
Nachdem sich offtmahlen begibt, daß die Schuldner in machung ihrer schulden, und
sonst gefahrlicher wandlen, dardurch gemeinen treuen und glauben grosßer abbruch,
auch dem händthierenden und gemeinen mann Verhinderung seiner nahrung zugefugt
wird, so will und ordnet ein ehrßamer rath, wo jemandt über zweyhundert gulden redlicher bekantlicher verschriebner oder erwießner schuld schuldig wäre, und die nicht zu
bezahlen hätte, daß derselbig auf der glaubiger bey den herren burgermeisteren beschehen anruffen, oder da er allbereith für einen falliten bekanth, ex officio zu bürgerlicher
112
Die
Reichsstädte
Verwahrung angenommen, und des tags mit zwelff pfennig - so die anruffende glaubiger zu bezahlen haben - so lang biß die schuld vollkommentlich entricht, oder die
glaubiger zufrieden gestelt, erhalten werden solle.//
Wo aber die schuld der erstbesagten summa der 200 fl. nicht übertreffe, doch redlich
bekantlich oder erwisen wäre, und der Schuldner selbige nicht zu bezahlen hette, so soll
er biß zu dero vollkommer entrichtung und bezahlung auß der statt geschafft werden.//
Wofern auch jemand den herren burgermeisteren, straffherren, ainnigungsherren, oder
andern so an statt der obrigkeit sitzen, seine glaubiger in einer bestimbten zeit zu bezahlen anglobte, und demselben nicht nachkämme, so soll derselbig ebenmeßig aus der
statt geschafft und vor fälliger bezahlung, ungeacht er gleich daz mittel der cession an
die handt nehmen wolte, nit herein gelassen werden.//
Solte dann jemandt alß ein außgeschaffter darüber allhie betretten werden, derselbig
solle durch die straffherren in die eysen verschafft, und einem ehrßamen rath um furnennung gebührender straff angezeigt, beyneben auch ein jeder derjenigen, so sich
heimlich beherberget, verborgen oder gehalten, zum wenigsten um 10 fl. gestrafft, oder
da er dieselbige nicht zu bezahlen, aus der statt geschafft werden.//
Im fall auch jemandt so über 200 fl. obgemelter maß schuldig, sich zur flucht also richtig oder flühe, daz die glaubiger nicht zeit hätten, bey der obrigkeit um gebührlichen
hülff anzuhalten, so sollen ihnen gläubigem solche Schuldner eigens gewalts anzunehmen, zu verhafften oder zu fachen gleichwohl unverwerth, sonder zugelasßen, doch beneben in allweg aufferlegt sein, dieselbe angenohmmen Schuldner alßbald es möglich
der obrigkeit um furnennung der gebühr mit Verwahrung oder sonsten zu überantworthen. Und demnach ein ehrsamer rath derjenigen Schuldner halb, so sich flichtig und
abschwaiffiger weiß aus der statt gethann, ohngeacht sie sich mit den gläubigem vertragen, ihr ambt und obrigkeit vorbehalten will haben, also sollen hierauf die verordneten
straffherren ihr sonder fleissige gute kundtschafft machen, und ob sie jemanden der
ihres erachtens gefährlicher weiß schulden gemacht, oder um schulden gefahrlicher gestalt sich vertragen hette, erfuhren, den oder dieselbe einem ehrsamen rath zu bringen,
damit nach gestaltsamme der sachen eintweder mit verweißung oder einlassung der
statt, oder sonsten in andere weeg die gebührliche straff möge fürgenohmmen werden.//
Und dieweill neben diesem in allweeg billich zwischen denjenigen, so erbahr, auffrecht
und redlich handien, und denen, welchen die leüth übel ansetzen, und um daz ihrige
bringen, ein unterscheid zu machen, so sollen fürohin alle diejenigen, so fallieret, accordiert und nicht völlig bezahlt, sie seyen außgetreten oder nicht, der Stuben gerechtigkeit
nicht mehr fähig sein, auch auf dem Perlach ihren standt innseits der rennen gege[n]
dem vogelbänckhlen haben, bey den leichten und hochzeiten hindennach gehen und zu
Nr. 2: Augsburg
113
den frauen gesezt werden, oder anheimbs bleiben, darzu ihre söhn und töchtern, so sie
nach dem falliment erzeügt, keine ketten - sie hätten dann dieselb gerechtigkeit von
ihren mütteren - tragen, alles bey straff 4 fl. von jedem verbrechen.//
Über daß sollen dergleichen falliten sich auch deß Wöhren und dolchen tragens gäntzlich enthalten und bey straff der eysen, so offt darwider gehandlet wird, oder nach gelegenheit schärpfferen einsehens, damit auf reichsstrassen, weder bey tag noch nachts
sich betretten laßen.//
Der einundzwantzigste titul: Von wehr zuckhen, friedbrechen, frevelen und
rumoren
Damit auch dein wehr zuckhen, friedbrechen, rumoren und dergleichen freveln mit sovill mehrem ernst begenet werde, je rincklicher und liederlicher solliches bey willen
geachtet wird, so will sezt und ordnet ein ehrßamer rath, wo jemand zwischen den leüthen, was standts oder wer sie seyen hitzige Scheltwort und zanckhreden dardurch tödtliche beschedigung vermuthlich entstehen möchte, hören und vernehmen wurde, es seye
auf der gassen oder in häussern, daz der oder dieselbe anhörer, insonderlich aber die
statt-, gassenknecht, marckht- und allmusenknecht, die scharrwacht, thorwarth, wilde
wacht guardj, solldaten und andern dergleichen beambten, alßbalden den zanckhenden
von eines ehrßamen raths wegen fried bietten möge, daß auch solche friedbott, so lang
biß die sach darunter fried gebotten, gäntzlich vertragen, wehren und krafft haben, und
der zeit nach verstanden werden sollen.//
Wurde dann in einicher zwayung, beschuldigung oder gefecht lauter, verständlich und
also daz es wohl zu hören, fried gebotten, so solle der übertretter solchen friedbotts,
welcher dessen bekantlich oder mit zweyen oder dreyen glaubhaften persohnen überwiesen ohn alle gnad, um den friedbruch der wort 7 fl. und um den friedbruch der that
14 fl. straff strackhs zu bezahlen verfallen, und nichtsdestoweniger gegen dem Verbrecher manniglichen sein recht, forderung und gerechtigkeit vorbehalten sein.//
Begäbe sich aber daß jemandt den von herren burgermeisteren, den Straffherren oder
eine ehrßamen rath verschafften, angenohmen und gelobten handfrieden nicht gehalten,
oder sonsten mit verbrechung des friedgeboths sich gegen der obrigkeit sonderbahr verächtlich und freventlich erzeigt hette, so solle dergleichen verbrechen einem ehrßamen
rath unverlangt angezeigt werden, solchen mit verweissung der statt, an leib oder leben,
oder sonsten nach gelegenheit zu straffen. Da auch an denjenigen orthen, welche ein
ehrßamer rath vor andern gefreyet haben will, alß auf dem Perlachplatz, rathhauß, in
dem Einlaß, auch unter allen diser statt haubt- und nebenthoren - darunter aber Heilig
Creützer, Parfusser- und unser Frauenthor, und die neügeng mitbegriffen oder verstan-
114
Die
Reichsstädte
den werden sollen - und dero pruggen ungefährlich, daß in der Thum- und andere kirchen jemandt den andere mit oder ohne gewaffnete handt mit rauffen, zucken, schlagen,
stossen, stechen oder werffen, behenen, beschädigen, verwunden, verletzen oder mit ihme zu schlagen freventlich fordern wurde, so solle der thäter, alß bald er zu betretten, in
die eysen gelegt, und da er bey den an verbottnen orthen veryebtem frevel wehr oder
dolchen gezuckht, um 14 fl. sonsten aber auch, da er mit fausten feindtlich über den
andern zuckht um 7 fl. unnachlässig gestrafft werden.//
Wäre aber sach, da jemandt den andere sonsten und an andere orthen diser statt, oder
derselben gebieth und etter, mit oder ohne gewaffnete handt, bey tag oder nacht, in massen wie nehst obstehet, doch ohne Verwundung, oder bluthrissigkeit, behönen verletzen
wurde, so solle der freveler jedesmahl per 2 fl., im fall aber Verwundung oder bluthrissigkeit sich dardurch begäbe, oder einer den andern also stiesse, daz er fiel und im fallen
verwundt oder beschädiget wie ebenmässig, da jemandt also gebissen wurde, daz ein
barbierer darzu gebraucht werden mießte, per 4 fl. straff angehalten werde.//
Ob auch gleich einig schlagen, rauffen oder verletzen nicht furgangen, aber doch einer
den andern schlagens willen freventlich gefordert, oder mit der faust oder wehr einer
über den andern gezuckht hätte, solle dannoch der forderer oder zuckher, allein solchen
forderens oder zuckhen halbens jedesmahl per 2 fl. abgestrafft werden.//
Da aber jemandt den andern dermasßen mit schmachsichtigen, ehren letzlichen worthen
angetasteet, daz der ander zu rettung seiner ehren am ersten zun wehr zukken, fauststreichen oder anderer beschedigung geraitz, oder verursacht worden - darumb die Straffherren ihr eigentliche erkundigung zu haben, so solle der anraitzer um die straff, so der vorzuckher oder schlager, wo er angeregter gestalt hier zu nicht verursacht worden wäre,
verwirckht hette, angehalten werden. Es sollen auch bey allen vorgerührten frevel händlen alle theil schuldig sein, zum lengsten innerhalb 24 stunden nach fürgangnem frevel,
vor den herren burgermeistern im ambt selbsten persohnlich, oder da sie es leibshalben
nicht vermochten, durch andere deß frevels halben sich anzeigen, darauf auf nehstfolgenden samstag um 12 uhren nach mittag vor den straffherren erscheinen, oder im fall
ungehorsambs und unterlaßner solcher anzeig - darauff die straffherren gute obacht haben, und deswegen allein der herren burgermeister selbsten handschrifft glauben sollen,
der oder dieselben alle - außser der frembden vom adel, fürstlicher gesanthen, oder anderer ansehnlicher nahmhaffter leüth, derentwegen man sich zuforderst bey den herren
stattpflegern bescheid zu erhohlen - sollen solches nit ansagens und ungehorsambs
willen, entweder in die eysen, oder aber, da es persohnen von der herren oder kauffleüthstuben, auf einen thuren verschafft und jedesmahlß also gleich einem ehrßamen
rath angezeigt werden.//
Nr. 2:
Augsburg
115
Hätte dann jemandt wegen deß berührten ersten ansagens zwar nicht, sonder in dem allein sich ungehorsamb erzeigt, daz er ohne urlaub den nechsten samstag nach beschehenem ansag, vor den straffherren nicht erscheinen, sonder ungehorsamlich ausgeblieben, demselben sollen die frevelstraff die er sonsten verwirckht, doppliert oder im
fall er sonsten frevels halben nicht straffbahr erfunden wurde, er allein dises ungehorsamen nichterscheinens halben, eben um die straff, wie die schuldige persohn, angezogen
und gebiesset werden.//
Damit auch die straffherren mit verdrießlichem, unnöthigem langem sitzen und warthen
wider die gebühr destoweniger auffgehalten werden, sollen auch diejenigen, so nicht
gleich um 12, sonder erst über ein stundt, oder auch 2 oder auch 3 der Schuldigkeit zuwider erscheinen, für die erste versaumbte stundt um 8 kreuzer, für die andere doppelt,
und für die dritte 3fach, und also fort an, gestrafft werden.//
Jedem sich auch villfaltig begibt, daß nach begangnen freveln, und einerseits beschehnem anzeigen der ander theil, so daß anzeigen unterlassen, mit seinem gegentheil, wellicher sich angezeigt, durch mittelspersohnen oder selbsten dahin handlet, und sich vergleicht, daz er daz factum änderst und vieil schlechter dann es beschaffen vor den
straffherren fürbringe, und sein beschehne anzeig allein procautela, weilen er, obb ein
frevel sey oder nicht, zweiffelhafft gewesen, dardurch die freveler offtmahls gelt und
gefäncknuß straff unbillich entgehen, so sollen auf solche als gantz verbottne practiren,
die verordnete straffherren sonderbahre fleissige obacht geben, und die dißfalls schuldig
erkundigte persohnen nicht allein nach gelegenheit deß begangnen frevelß, obstehender
massen abstraffen, sondern auch dises ihres angemaßten betrugs verschaffen und einem
ehrßamen rath anzeigen lassen.//
Demnach auch bißweilen sich entgegen zutragt, ob schon persohnen nur bloß miteinander gezanckhet, und keinen frevel begangen, daß dannoch der eine theil sich beim herrn
burgermeister frevels halben anmeldet, und dardurch sowohl den herrn burgermeister
vergeblich bemühet, alß auch die straffherren hinder daß Hecht zu führen, unterstehet,
allein auß der uhrsachen seinem gegentheil der sich nit angezeigt, um daß gelt und in
die eysen zu bringen, alß sollen die straffherren hierauf ebenmässig ihre fleissige obacht
haben, und demjenigen so ein sach für ein frevel angibt, eintwederß deß frevelß erweissung, oder aber in mangel selbiger die bezahlung der straff deß angebnen frevels
unnachläßig aufferlegen.//
Auff daz auch alle straffbahre frevel zu gebührender abstraffung desto besser gebracht
und nicht heimlich vertuscht werden, so sollen alle würth und gastgeben, alß in denen
häusser sich der mehrertheil der frevel, rumor und gefecht zutragen, jede solche frevel,
rumor und gefecht, längst innerhalb 24 stunden den herren burgerme istern im ambt anzeigen, davor erkundigen, wer sie seyen, oder wo sie zu betretten, nicht von statten
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Die
Reichsstädte
kommen zu lassen schuldig sein, oder im fall Unterlassens aller dings den thätern
selbsten gleich gestrafft werden.//
In massen dann auch auß eben dergleichen uhrsachen ein ehrßamer rath ordnet und befilcht, so offt ein balbierer oder bader jemanden, so verwundet und geschlagen worden,
verbindet, das er bey straff zweyer gülden, ehe 24 stund vergehen, da aber die Verwundung deß lebens halben gefahrlich, gleich alsbald und ohne einigen verzug, bey straff
nach erkantnus eines ehrßamen raths, der herren burgermeister im ambt einem anzuzeigen schuldig sein sollen.//
Da auch jemandt einicher freveler, theter oder beschediger gafahrlich beschirmen, hinhinschieben oder einichen weeg ihme in sein gewahrsame helffen wurde, der so in die
eysen gelegt, und nach erkantnus eines ehrßamen rath mit der straff wider ihne verfahren werden.//
So dann über daß ein ehrßamer rath will und befilcht, daß ein jeder, so in die stein hauendt betretten wirdt, um 2 fl. solle gestrafft werden. Alß sollen die straffherren hierauf
nicht allein fleissige kundtschafften anstellen, und die erkundigte persohnen ohngeacht,
was für entschudigung sie ftirwenden wurden, zu bezahlung solcher straff anhalten,
sonder auch ebenmäsßig derjenigen jeden, so mit blosser wehr betretten, und dessen
kein ehehaffte passierliche uhrsach darthun wirdet könten, per 2 fl. abstraffen.//
Inngleichem sollen die verordnete straffherren auf diejenige, so gefährlicher weiß und
jemandt zu beschädigen ungewöhnlich verbottene wehren - darunter ausser der gewohnlichen seithen wehren und dolchen, alß andere wehren, alß spieß, helleparten, eisene gabeln oder zünckhen, eisene kolben, reith oder andere hämer, agsten, brigel, stullpfosten, hilzene dusaggen, pfeil, biichsen, bleykuglen, stein, oder ander dergleichen
gefahrliche instrumenta, dardurch der mensch beschediget werden mag, verstanden
werden bey sich tragend befunden werden, ihr fleißsige obacht haben und welchen sich
also in erkundigung bringen, um acht gulden, allein solches tragens 8 halben unnachläßlich abstraffen, jedoch aber hierunder die Schmidt, zimmerleüth und dergleichen, so
ihres handwerckhs halben ihre hammer und axten bey sich zu tragen pflegen, nicht gemeinth sein, es wurde dann bey dem einem einige gefahr verspühret.//
Ob auch jemandt einen todtschlag begangen, und deßhalben ausgeschafft oder sonsten
selbst flichtig, aber ihme hernach die statt wider eröffnet worden währe, derselbig solle
- man befunde dann daz ohne sein schuld die sach sich zugetragen - durch die straffherren um 10 fl. gestrafft werden.//
8
nach dem „a" ist ein „n" gestrichen.
Nr. 2: Augsburg
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Und demnach, wie eß mit bahrer bezahlung der zihl9 straffen oder bewilligung und Zulassung gewiser zihl zu bezahlung gehalten werden solle, oben beim endt deß dritten
tituls außfuhrlicher Verordnung geschehen, als haben die straffherren auch der frevelstraffen halber gegen den frevelern so zu betretten, sich selbig Ordnung gemäß zu verhalten. Derjenigen halben aber so nit zu betretten, sonder flichtig worden, sollen die
straffherren fleissige bestallung machen, damit sie, wanns widerumb herein kommen,
und heimlich oder öffentlich betretten, unverzögenlich in die eysen gelegt, und nach
erkantnus eines ehrßamen raths gestrafft werden.//
Als sich auch dann sonderlich bey dem gemeinen handtwerckhsgesindt, tags und nachts
viel muthwillen und frevelhändel zutrage, also daz solch gesindel andern persohnen ohne uhrsachen anwendet, und etwann auch beschädiget, aber solcher begangner frevel
halben sich nicht anzeigt, oder da er sich der Ordnung nach angezeiget, oder vor den
straffherren gestelt, doch alßbald darüber seinem meistern auß dem dienst stehet, eintweder gar aus der statt, oder zu andere meistern, allda man ihne nicht zu finden weist,
sich begibet, und dahero die verwirckhte frevelstraffen, bey ihme nicht ein gebracht
werden könden, so sollen zu dessen furkommung die verordnete straffherren nicht allein
einem ehrsamben rath, der also vor richtigmachung der frevelen entwiechnen handwerckßgesellen nahmen, damit ihme nach geschrieben, und sie auffgetrieben werden
kinden, zu Zeiten übergeben, sondern auch bißweilen jeden handwerckhs büchsenmeistern und vorgehenden gesellen von dergleichen freveler nahmen einen außzug zu
stellen, und an statt eines ehrßamen rath mit ernst befehlen lassen, die benambste freveler biß zu entrichtung und bezahlung der schuldigen frevel, weder mit arbeith zu
befördern, noch in einicher arbeith zu gedulten.//
Sinthemahl auch ein ehrßamer rath der ambts persohnen von ambtswegen ungefährlich
fürgenohmmen, da in dem scheiden, sonderlich übergethannes friedbott, die rumorischen bescheidiget werden.//
Gleichfalls da die eitern wider ihre kinder waß thätlichers furgenommen, auch ebenmässig der herrschafften, meister und frauen in ihren häussern ungefährlicher weiß wider
ihre diener, lehrjungen und ehehalten veryebtes rauffen und schlagen, für keine straffbahre frevel nicht haltet, alß sollen billich die straffherren solches in gebührende obacht
nehmen, doch aber da beim einem oder mehrern erst gerührter fall, waß man sich weiter
dann sichs gebührt, vergriffen hätte, fürkämme, die sachen unverlängt einem ehrßamen
rath zu verständigen nicht unterlassen.
Insonderheit aber da sichs begeben wurde, daß solldaten in der guardj allhie, sachen
halben zugetragen, wann sie auff besezter wach seyen, deßgleichen auch die scharwächter, wegen begebner handlungen, wann sie der herren färb an, und bey Verrichtung ihrer
9
Ist gepunktet unterstrichen.
118
Die Reichsstädte
anbefohlnen dienst die sterckhen in händen haben am straffsitz angeklagt werden, und
die Straffherren deßwegen nicht eigentlich zu resolvieren wissen, sollen die Straffherren
jedesmahls den herren stattpflegern bescheids zu erholen schuldig sein.//
Da auch am straffsitz jemandt furkämme, welche wider die solldaten in der guardj,
scharwächter, stattknecht und andere verordnete persohnen in der wach sich setzen,
oder selbige mit worthen oder werckhen in Verrichtung ihres befehls in einigen weeg
verhindert hätte, so solle derselbig unverlengt in die eysen gelegt, und um fürnehmung
ernstlicher durch offne beruff und mandata mehrmahls anbetrohete straffen, einem
ehrßamen rath die umständ deß Übergriffs wissent gemacht werden.//
Im fall sich auch zutruge, daß weibsbilder durch zuckhen oder schlagen einen sträfflichen frevel begangen hetten, sollen sie deswegen gleichwohl eben so wohl alß die
männer nicht ungestrafft gelaßsen, doch aber bey dero abstraffung diese moderation gebraucht werden, daß sie beym jeden fall, er begebe sich gleich inner oder ausser der
freyung, allein den 4ten theil desjenigen, so in gleichem fall ein mannßpersohn verwirckht hette, zu erstatten angehalten, auch ob sie schon daß anzeigen beym herrn
burgermeister im ambt unterlassen, dannoch deßhalben nicht gefahret noch in die eisen,
oder auff einen thuren gelegt werden.//
Ebnermassen sollen durch junge knaben begangner frevel halben, es sonderbahr also
gehalten werden, da den straffherren dergleichen fürkommen wurde, eintweders ihren
eitern, pflegern, meistern oder befreündten im beysein eines stattknechts zu zichtigen,
oder in daß Narrenhäußlen zu legen, oder da sie frembd, und allein dem bettel abgelegen, durch die allmosenknecht auß der statt zu fuhren, befehl geben sollen.//
Es haben auch die verordnete straffherren den orth der begangnen frevel dergestalt in
obacht zu nehmen, daß sie deren zwischen den knechten beeden zwingeren sich zutragender geringer und einfacher frevel sich nichts am straffsitz zu beladen, sonder selbige,
biß auff anderwärthige eines ehrßamen raths Verordnung dem guardj haubtmann abzustreifen zu überlassen, weilen auch ebenmässig die Stubenherren vonn beeden stuben,
alle darinn von stubengenossen, oder andere persohnen begangne bluthige und ohnbluthige frevel zu straffen haben, alß sollen die verordnete straffherren solliches in
billiche obacht nehmen und gerührter frevel sie am straffsitz nichts anzunehmen
haben.//
Ingleichen haben auch die straffherren derjenigen frevel halben, so im Schießgraben
durch die schützen mit trunckhnen oder bluthgebenden maulstreichen veryebet werden,
die schützenmeister gleichwohl bey ihrer freyheit zu lassen, doch sonsten gegen allen
andere, so nicht schützen, oder ob sie schon schützen, doch mit wehr oder waffen zukkung oder schlagung gemelter orthen freveln, obgesezter Ordnung nach abzustraffen.//
Nr. 2:
Augsburg
119
Da auch dem gotteshauß zu St. Katharina zwischen dessen dienern und gesindt, oder
unterthanen sich gemeine geringe frevel zutrügen, sollen die straffherren, wie bißhero
beschechen, selbige gedachtem gottshauß all zu straffen überlassen, die bluthtrunstige
und gröbere frevel aber, fürgemelte straffherren gehören.//
Nicht weniger sollen sich auch die rauff- und schlaghändel, so sich durch deß spitals
diener und gesindt, auch frembde inner und ausser spitals und dessen hoff zutragen, der
Ordnung nach abzustraffen schuldig sein, deren aber durch die spitaler selbsten in besagtem spital oder dessen hoff verüebter frevel oder schlaghendel, wie zugleich der spital diener und gesindt an besagtem orth furgehender zanckh und schmachsachen, sich
nichts beladen, sonder selbige deme verordneten spitalpflegeren, altem herrkommen
nach abzustraffen freylassen.//
Und demnach in denen zwischen dem stifft Augspurg und gemeiner statt im jähr 1548
gleichfals im jähr 1582, item im jähr 1602 auffgerichten Verträgen neben anderm auch
verglichen worden, daz in allen frevelhändlen die geistlichen bey ihren Ordinarien zu
lassen, derjenigen frevel aber, so in der thombkirchen, item in geistlichen häussern und
höfen, wie auch auff dem Frohnhoff durch daß bischöffliche hoffgesindt, aller ihrer
Fürstlichen Gnaden diener, so sie bey ihren Fürstlichen Gnaden, wann sie persöhnlich
in der statt Augspurg seyen, befinden, da sie aber persöhnlich nicht allhie, allein diejenige, so dem hoffordinarien beywohnen, für hoffgesindt erkanth und besoldet werden,
auch futher und mahl oder lifergelt haben, gleichfalls diejenige diener und ambtleüth so
von ihren Fürstlichen Gnaden dero sonderbahren geschafft halben in die statt geschickht, und desßen glaublichen schein oder urkundt haben, und derjenigen cleriseij
gebröten diener, so allhie bey ihnen und in ihren hoffen und häusseren wohnen, in ihren
kost leben, und dann eines ehrwürdigen domkapitels syndicum, schuhlmeister, holtzmeister, Schreiber auf dem capitulhauß, drey Überreiter, meßner, capitulknecht, stifftischen korenmesßer, sarkhtrager, und meister maurer verüebt werden, sich der statt Obrigkeit mit abstraffung nichts anzunehmen, sondern solcher erzehlter persohnen an
vorbemelten orthen begangne frevel ihr ordentliche obrigkeit allein abzustraffen haben
solle, alß hats darbey billich sein verbleiben, und haben sie demenach die verordnete
straffherren zu richten.//
Weilen auch sowohl der geistlichen häusser und hoffe halber, so von burgern, alß auch
der bürgerlichen wegen, so von geistlichen bewohnt und ingehabt werden, im jähr 1612
vertragsweiß pro interim, und biß durch veranlasten compromißlichen austrag ein
anders erhalten wirdet, verordnet worden, daz in geistlichen häussern allhie, wann so
lang sie einem burger verliehen seindt, die darinnen begebende oder einfallende abstraffung der frevel, da solche schon von der geistlichen gebrötten dienern oder andern erst
oberzehlter massen eximinierten persohnen geschechen, dannoch gemeiner statt allein
zustehe und gebühren, da hingegen aber und im fall ein geistlicher in einem burger-
120
Die
Reichsstädte
lichen hauß wohnen, und sich dergleichen frevel durch seine oder anderer geistlichen
gebröte diener, oder durch nechstgerührte eximierte persohnen darein zutragen wurden,
daß alsdann ein ehrwürdig vom capitul dise der geistlichen gebröten diener und eximierte persohnen ebenmässig allein zu straffen macht haben sollen, mit dem weitern
anhang oder erklärung, wo ein geistlich oder bürgerlich hauß zum theil oder halb einem
burger oder geistlichen verliehen ist, das der frevel so von den geistlichen gebröten
dienern, oder obangedeiithen eximierten persohnen beschechen, inn dem theil, welchen
der geistlich besitzet, seinen obern, und im andern vice versa den der burger innhath
oder bewohnet, gemeiner statt zu biesßen zuständig und gehörig seye, alß sollen die verordnete Straffherren solche fall ebenmässig in fleissige obacht nehmmen, und sich darinn gemelter Vertragshandlung gemäß verhalten, in allweeg aber auß vorbemelten
Verträgen de annis 1582 und 1602 wohl observieren, da sie frevels oder anders halben
zu jemanden in geistlichen häussern sich enthalten waß zu sprechen, daß sie abgeordnet
raths oder statt diener nicht in die geistlichen häusser hinein gehen, sondern denselben
für- oder unter die pforthen heraußfordern lassen, und auff verweigerte oder gefahrlich
auffgezogen Stellung, es an einen ehrßamben rath, dem alsdann der eingang unverwöhrt,
unverlengt berichtlich gelangen lassen sollen.//
Der zweyundzwantzigste ti tul: Vom verbott des schiessens
Demnach aus dem abschiessen der büchsen und ragethen werffen leichtlich feürs und
anders halben schaden erfolgen kan, alß will ein ehrßamer rath, daß abschiessen der
schliissel und anderer püchsen oder eisenrohr, wie auch daz werffen der rageten, in und
umutsrponlihgfedcbaS
die statt, es gescheche dann mit sondererlaubnus der herren Stattpflegern oder burgermeister im ambt, so wohl den frembden als hieß igen bey straff eines reinischen guldens verbotten haben, doch soll daz büchsenschiessen zum zihl, wie auch der frembden
ihre faustling oder büchsen, wie gebräuchig loß zu schiessen unverbotten sein.//
Nachdem auch von etlich jähren hero bey der erbarn von saltzfertigern ritt mit dem
schießßen auß den häussern und auf der gassen grosse unordnung furgangen, so ist
eines ehrßamen rath ernstlicher will und befehl, daz hinfuro durch aus männiglich des
schiessen auß den häysern und auff der gassen, in der statt, vor und nach auch bey dem
ritt enthalten solle, alles bey straff der eisen, und noch darzu von einem jeden schuß insonderheit 2 reinischer gulden, den verordneten an der zucht und straffordnung zu bezahlen.//
Den verordneten herren an die zucht und straffordnung soll angezeigt werden, man lasse
es wegen des schiessens bey der alten straff und Ordnung zwar verbleiben, doch sollen
gedachte herren, die würth und gastgeb für daz ambt erforderen lassen, und ihnen
anbefehlen die frembde gäst vor dem schiessen zu verwahrnen, mit dem anhang, wofern
Nr. 2: Augsburg
121
ein frembder unverwahrneter einen schuß thun wurde, der würth für ihne die straff zu
bezahlen schuldig sein solle.//
Decretum in senatu secretiorj, den 23ten novembris anno 1630//
Decretum
Es ist männiglich wissenth, was massen ein ehrßamer rath am verwiechnen 19ten august
dises jähr ein decretum publiciert, durch welches allen bürgeren und inwohnern daz unnöthige schiessen ernstlich und bey unausbleiblicher straff verbotten worden. Wann
aber gedachtem decret schlechtlich nachkommen würdet, alß will ein ehrßamer rath
solches von neüem widerholt, und alle burger und inwohner sich des unnöthigen
schiessens - es wolle dann einer vor abzug, jedoch erst nach ablassung der wachten,
sein gewehr auf den pfosten los machen, aber sonsten nirgend zu verrichten erlaubt sein
solle - gäntzlich zu enthalten, bey straff eines guldens in die zucht zu bezahlen, ernstlich erinnert und ermahnet haben, darnach sich männiglich zu richten.//
Decretum in senatu, den 14ten septembris anno 1632//
Demnach ein ehrßamer rath dises deß Heyligen Römischen Reichs statt Augspurg mit
sonderm mißfallen vemomen 10 gründtlich das ein zeit hero durch abschiessen der büchsen, pistoll und tarzeroll, so wohl aus den häusern, alß auch in gärten und auff der gassen grosse unordnung fiirgangen, wordurch dann leichtlich feüersgefahr und schaden
erfolgen kan, so ist wohl ermeltes eines ehrßamen raths ernstlicher will und befehl, daß
hiefuro jedermenniglich - ausser deß gebrauchigen zihlschiessens - sich des schießsens
aus den häussern, gärten und auff der gassen, inn und um die statt bey ernstlicher straff
gäntzlich enthalten solle, darnach sich männiglich zu richten und vor straff zu hüten.//
Decretum in senatu, den 3ten decembris anno 1644//
Der dreyundzwantzigste titul: V o n brunsten
Es soll auch ein jeder, dem sein kimmich oder behaußung brannendt wird, und daz feüer ausschlägt, so offt daz beschicht, jedesmahlß von einem kimmich um 3 fl., aber von
einer behaußung oder stadel um 10 fl. unnachläßlich gestrafft, und solche straff auch
deme ehehalten, die daz feüer oder die brunsten durch ihr verwahrloßung verurßachten,
zu bezahlen aufgeladen werden, da aber die ehehalten der verwahrloßung nicht geständig sein wolten, soll in dergleichen fällen die gesezte straff von den herrschafften einge10
Über erstem „n" steht die Ziffer 2.
122
Die Reichsstädte
bracht und ihnen dargegen vorbehalten werden, dieselbig vor den Straffherren oder
anderen gebührende orthen von ihren ehehalten wider zu erfordern.//
Wann in eines priesters oder anderer behaußung den geistlichen zugehörig feüer ausschlägt, so soll alßdann der herr dombdechant von denselben darbey feüer aufgangen
ist, die ob specificierte straff erfordern und einbringen, auch eines ehrßamen raths straffherren überantworthen lasßen.//
Der vierundzwantzigste titul: Von würthen, wein-, meth- und bierschenckhen
Damit auch allerley leichtfertigkeit sambt villem darauß folgendem übel, darzu dem gemeinen mann durch die manicherley, und gar zuvill ohngewohnliche würth, nicht wenig
uhrsach geben wirdt, so vili möglich fürkommen und abgewendet, auch allerhandt victualia, sonderlich aber daß rindt- und brathfleisch an den armen mann desto baß gereichen möge, und nicht also ohne noth zum mißbrauch und überfluß verzehrt und verschwendt werden, so solle hiefuro allhie oder inner etters nicht allein einiger würthschafft wein, meth oder bierschenckens ohn vorwissen, vergunst und erlaubnus eines
ehrßamen rath sich niemandt anmasßen und gebrauchen, sondern solle auch kein also
zugelassner, offner würth oder gastgeb einichem burger oder inwohner - er wurde dann
von einem frembden berufft und geladen, dabey doch durch die Straffherren daz kein
betrug mit unterlaufft pro discretione guth obacht zu haben zwischen den zweyen mahlzeithen, davor oder darnach einich gekocht, gebrathen oder gesotten speiß von fischen
oder fleisch, ausser obs käß und brott bey straff 2 fl., die nicht allein der würth, sondern
auch der gast um jedes verbrechen unnachläßig bezahlen soll, aufftragen und fürsetzen.//
Ebenmässig solle auch allen bierwürthen außserhalb der gebottnen, und den feyrtägen
da kein rath und gericht gehalten wirdt, item der heüraths abreden, hinschwehren und
hochzeiten einichem burger von webern, oder andern handtwerckheren, wie gleichfalß
die allhie arbeithende handwercksgesellen, tagwercker und dergleichen - darunter doch
gemeiner stattbeambte und vorderist des gerichts, auch kleinen und grossen rathspersohnen, wie ebenmeßig die, so von einem frembden zu einem trunckh oder mahlzeit auf
sein deß frembden kosten beruffen worden, nicht begriffen, sonder hiemit außgenohmmen seyen - in ihren herbergen, häussern oder kellern zu setzen, oder ihnen einiche getranckh fürzutragen gantz ernstlich dergestalt verbotten sein, daß für jedenmahlige
übertrettung, so wohl der würth mitt der eysen, alß auch der gast um 2 fl. gestrafft
werden solle.//
Und sollen solchen gulden straff gleichfalß alle diejenigen wein, meth und bierschenckhen ohnfehlbarlich zu gewarthen haben, welche an werckhtagen bey nächtlicher weil,
Nr. 2: Augsburg
123
nachdem glockh 10 geschlagen, deßgleichen an sonn- und gebottenen feyrtagen vor und
unter dem ambt oder morgenpredigen in ihren wirthshäusseren einichen gast ausser der
frembden bey ihnen zu trincken aufftragen, deßgleichen wein, meth oder bier auff die
gassen - es währe dann für kranckhe persohnen oder schwangere frauen - geben und
außschenckhen wurden, jedoch mögen die straffherren bey hochzeiten, stueifestin, leykauffen und andere erlaubten ehrlichen einladungen und mahlzeiten - da man nicht
allezeit gleich um 10 uhr beschliessen und die gäst abschaffen kan - nach gelegenheit
der zeit, condition der persohnen, sondern welche eigentlich darzu geladen und anderer
umbständt beywohnen, der discretion nach einsehens haben, und moderation gebrauchen.//
Solt dann einicher wiirth oder gastgeb deß an freitag oder sambstag, wie auch inner der
wochen von dem weissen sontag an, biß ostern von gästen inner und ausser ihrer wiirths
behaußungen gespeisten frischen, gesalznen oder dignen fleischs, wie auch gedigner
würst oder zur ungebühr in seinem hauß gestatteten spilens halben, als welches spilen
ausser frembden allhie zehrender herren niemandt höcher, dann nur ungefährlich um 1
d[enarium] oder aufs meiste um ein viertel weins zuzulasßen - den straffherren fiirgebracht werden, der solle für jedes verbrechen um 2 fl. gestrafft werden.//
Jedoch weilen daz saug oder kalbsfleisch vom weissen sontag an biß auff mittfasten zu
schlachten und zu metzgen öffentlich zugelassen, soll gemeltes fleisch in solcher zeit
auch zu speißsen unverbotten sein, und also dahin nechst obgesezte straff nicht verstanden werden.//
Demnach auch der frembden spilleiith wegen, daß selbige allhie in den würthshäusseren
ohne vorwissen und erlaubnus der herren burgermeister im ambt nicht auffmachen sollen, vor disem ordentlich verbotten worden, alß solle darauf guthe achtung gegeben,
und um jedes übertretten nicht allein der spihlmann um 30 Kreuzer, sonder auch der
würth, so es gestattet und zugelassen, um ein gulden gestrafft werden.//
Wann auch die zapffenwürth sich allein deß schenckhens vom zapffen behelffen, und
keinen gast oder zechgesellen nidersetzen, noch über nacht beherbergen sollen, alß solle
darauff ebenmässig guthe gewisse kundtschafft bestelt, und die erkundigte persohnen"
erste übertrettung um 30 kreuzer, die andere um 1 fl., die dritte um 2 fl. und also forthin
allezeit mit doppelter aufflag abgestrafft, und den kundtschafftern der halbe theil darvon
gereicht werden.//
Und demnach ein ehrßamer rath zu mehrmahlen mit ernst, und bey ausschaffung der
statt verbothen daß alle gastgeben, wein und bierwürth diejenige frembde persohnen
und gäst, so länger alß ein nacht bey ihnen an der zehrung bleiben, gleich alßbald mit
11
Ist gepunktet unterstrichen.
124
Die
Reichsstädte
tauff- und zunahmen, wann sie hiehero in diese statt gelangt, wie lang sie allhie zu bleiben gedenckhen, und was ihre Verrichtung und thun allhie seye, den herren burgermeistern im ambt unterschiedlich anzeigen, auch hierüber von ihren gasten nothwendigen
bericht einziehen sollen, alß haben deßwegen die verordnete straffherren ihre fleissige
kundtschaffter zu bestellen, und diejenige gastgeben oder würth, so disem gebott zuwider gehandlet, unverlengt in die fronfest zu verschaffen.//
Weilen die branthwein von villen mißbraucht werden, auch zu weiterer fillerey anzünden, alß sollen die branthweinhändler einer persohn, sie sey frembd oder hießig auf einmahl in einem tag nicht über 3 Kreuzer werth, deßgleichen an sonn- und gebottnen feyrtägen vor und unter dem ambt oder morgenpredigen gar keinen branthwein ausgenommen die ihne auffs landt verführen oder zur artzney gebrauchen wolten - von
der handt verkauffen, auch mag derselb stehendt oder sitzendt ausgetrunckhen werden,
jedoch daß daz nidersitzen nicht mißbraucht, auch zu dem branthwein kein käß, broth
oder andere speiß, wie auch kein siessen wein, meth oder anderß getränckh darbey auffgesetz oder gegeben werde, bey straff eines reinischen gulden vom jeden übertretten.//
Gleichwie auch die ungelt herren auf dem sigelhauß, alle neüe würth, bier-, methschenckhen und branthweiner, so sie auff und annehmen, für die straffherren verschaffen, damit ihnen die Ordnung möge fürgehalten werden, also sollen diejenigen zwey
persohnen, welche wöchentlich alle branthweiner zu visitieren und die branthwein zu
ersuchen verordnet seindt, wann sie einen betretten, der zuvor ein branthwein fail gehabt, den oder dieselbe alsbald für die straffherren verschaffen, damit ihnen die Ordnung
fürgelesen werde, und sie solche branthweiner mit der Unwissenheit nicht zu entschuldigen haben.//
Den straffherren soll angezeigt werden, keinen altgesellen, umschickh- und batzenmeister, wann sie bey Verrichtung ihres umbschickambts mit frembden gesellen herkommener massen einen trunckh thun, so wohl auch keinen würth deßwegen um straff anzuziehen, sondern sie bey ihrer alten handwercksgerechtigkeit bleiben zu lassen, und
solches der Straffordnung einzuverleiben.//
Decretum in senatu, den 18ten decembris anno 1621//
Damit bey vorwesender theürung am lieben brod, fleisch und bier destoweniger mangel
und abgang zu leiden, sollen die herren an der straff desto steiffer und fleissiger ob der
Ordnung halten, in den bierschenckhen häussern achtung geben lassen, damit daß stethige essen und trinckhen allda, so tag und nacht auch sowohl an werckh alß feyrtägen
wider die Ordnung beschicht, verhütet und abgeschafft, und dardurch die unnutzliche
Verschwendung deß brotts, fleisch und bier abgestellet werde.//
Decretum in senatu secretiorj, den 31ten martij anno 1622//
Nr. 2: Augsburg
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Ein ehrßamer rath diser löblichen statt allhie hat verschiener jähren, daß überflüssige zechen und zehren in den würthshäussern, item daß speißßen zwischen den mahlzeiten,
insonderheit aber den bierwürthen daß gäst setzen bey ehrnstlicher straff verbotten,
doch die sonn und gebottene feyrtag darann kein rath noch gericht gehalten wirdet, darvon außgenommen, es bezeüget aber die tägliche erfahrung und der augenschein, daß
solch verbott bißhero wenig in acht genohmmen, sonder daß überflüssige zechen,
zehren, mahlzeiten, gastreyen und Zusammenkünften bey diser schweren thairung, und
da alles in hohem auffschlag viel mehr alß darvor bey wollfailen zeithen, fast in allen
wein-, würths- und bierhäussern täglich getrieben und gehalten, die victualia, die doch
schwehrlich zu bekommen, auch der noch verhandene schlechte vorrath mit grossem
mißbrauch und sonderlichem überfluß verzehrt und verschwendet werden, dieweillen
dann hierdurch der mangel im lieben getraith, brodt, wein, bier, fleisch, fischen,
schmaltz, holtz, liechter und allen andern victualien, so der mensch bedürfftig, nicht wenig verursacht wirdet, und dann auch leider notorium, reichs- und landtkundig, in waß
für schwere betrübte Zeiten wir gerathen, wie übel es aller orthen im Reich Teütscher
Nation stehet, waß grosße unruhe, krieg, kriegsgeschrey, theürung, landtverherungen,
verderben und Verwüstung, bluthvergissen, morden, tiraney, brennen, rauben und in
summa alles unglückhs, noth und jammer verhanden, und die leüfft also beschaffen, daz
mann zu abwendung Gottes gerechten zorens, und antrohender noch schwerer straffen,
grosse uhrßach hat, sich viel mehr mit wahrer reu und bueß zu Gott zu bekehren, und
gar nicht dem Wohlleben, essen und trinckhen, mahlzeiten, gastreyen, und eitlen wohllüsten, sondern viel mehr dem lieben gebeth, gottesdienst und seinem beruff abzuwarthen,
auch bey diser augenscheinlichen, je länger je mehr verhand nehmenden theürung und
noth, ein christlich eingezogenes, nüchters leben und wesen, mit aller sparsam- und
mässigkeit anstellen, alß will ein ehrßamer rath auß vätterlicher wohlmeinung ob angezognen beruff und anschlag alles inhalts widerhohlet und bey nachgesezten fernem
straffen darwider nicht zu thun, noch zu handien ernstlich gebothen haben, nemblichen
waß nicht allein der wein-, möth- oder bierwürth, so wider solch verbott zehren oder
zechen last, fürs erste übertretten mit der eysen, fürs ander, neben der eysen, auch mit
zwey tägiger und nächtlicher thurenstraff mit waßser und brod, zum drittenmahl aber
nach ermässigung der obrigkeit mit noch schärpfferer straff angesehen, sonder auch derjenig, so also verbothner weiß gezecht, jedesmahl eintweder um 2 fl. unnachläßlich abgestrafft, und da er solche geltstraff nicht zu bezahlen vermöchte, für jeden gulden ein
tag und ein nacht auff einen thuren mit wasser und brodt gespeißt werden solle.//
Es hat auch mehr ehrn- und wohlbesagter ein ehrßamer rath auß vor angezognen beweglicher uhrsachen geordnet, daz bey den hochzeiten, so auff ihren eignen kosten - ausser
deren persohnen, welche nicht in die hochzeit zahl heheren - in allem viertzig persohnen und mehrer nicht gesezt und gespeißt, bey denen aber, so auff der gäst kosten die
hochzeit halten, die nacht- und hochzeitmahl er auf ein zeit lang abgeschafft, also daz
nur eine mahlzeit gehalten, und doch nicht über 24 persohnen ausser deren so nicht in
126
Die Reichsstädte
die zahl gehen, gesezt und gespeißt werden sollen, bey straff der hochzeitordnung einverleibt, und dann, dieweilen bey den hochzeittäntzen von jungen leüthen allerley ippigkeiten und muthwillen furzugehen pfleget, alß sollen dergleichen täntz und alles aufmachen vonn spihlleüthen diser zeit auch eingestellet bleiben, darnach wißse sich
männiglich zu richten und vor schaden zu schützen.//
Decretum in senatu, den 23ten aprilis anno 1622//
Den Straffherren soll angezeigt werden, man lasse es dem vom verbott deß zechens eximierten persohnen halben bey der alten Straffordnung, und der beeder stuben würth,
auch deß würths im Schießgraben und Rosenau wegen, bey der jüngst ergangnen beruff
vom 23ten Aprilis in künfftig verbleiben. Doch die stubensgenossen hiervon außgenohmmen, und daz die schitzen an denen tägen, daran mann zu schiessen pfleget, auch
nicht gefahret werden sollen, benebenß beeden Stubenknechten, und den auffgezeichneten bey den Straffherren nahmhafft gemachten persohnen die straff für dißmahl nachgesehen sein.//
Decretum in senatu secretiorj, den 14ten junij anno 1622//
Alß montags den 14ten august anno 1623 neben anderen persohnen auch etlich weber
beym David Mayr weinwürth wieder verbott zechendt betretten worden, und ihnen zu
allen theilen die verwirckhte straff auferlegt worden, haben die von weberen sich entschuldigen wollen, weillen ihr der webertäntzeltag seye, und sie vor disem allezeit die
freyhung gehabt, auf solche zeit einen trunckh oder zecht zu thun, alß ist dem würth
sambt den gästen zugelassen worden, solches für ein ehrßamen rath zu bringen, welches
geschehen, darauff vollgendts decret, mit befehl, solches der ordtnung einzuverleiben,
ergangen.//
David Mayren et consorten soll anzeigt werden, man lasse es bey aufferlegter straff
verbleiben.//
Decretum in senatu, den 26ten august anno 1623//
Demnach einem ehrßamen rath fürkommen, wie daz ein zeithero daz enis und andere
ausgebranthe wasser, von etlichen burgern nicht allein in häussern, sonder auch in offnen, sonderlich der zu bestälten läden also überflüsßig getrunckhen würdet, daz sie viel
darin voll und bezecht trinckhen, alß hat wohlbedachter ein ehrßamer rath fur ein sonderbahre nottdurfft befunden, einem solchen übermässigen trinckhen und zechen in daß
enis, auch andere gebrauchte wasser durch obrigkeitlich verbott zu steuren und befihlt
derowegen hiemit ernstlich, daz daß enis und andere gebranthe wasser furohin weder in
läden, noch häussern burgern, noch gästen darein zu zechen nicht mehr aufgesezt, sondern daz zechen darin gar und gäntzlich abgeschafft sein solle, bey straff von jeden
Nr. 2: Augsburg
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verbrechen daz erste mahl 4 fi., daz andermahl 8 fi., daß drittemahl mit der eysen doch
solle daß außbrennen und verkauffen des enis unverwehrt sein.//
Decretum in senatu, den 16ten decembris anno 1623//
Den umbgeltherren soll anzeigt werden, diejenige persohnen, welche bereith sich deß
wasserbrennen bedienen, oder ins kunfftig bedienen wollen, auff daß sigelhauß zu erfordern, und an aydtsstatt angloben zu lassen, daß sie zu ihren gebranthen wasseren kein
bier, heffen oder weizen, branthwein, sonder allein guthen und gerechten, bereits verungelten wein oder brantwein gebrauchen wollen, bey confiscation der ungerechten wasser, und fernerer geltstraff, daz erste mahl 4 fl., daß andermahl 8 fl. und daz drittemahl
bey straff der eysen, so daß dann allein diejenigen, welche die cramerzunfft haben, die
wasser aussetzen und die taffei aushenckhen, doch vermög deß decrets vom löten
decembris anno 1623 in ihren läden und häußseren.//
Der fünffundzwantzigste titul: Vom zechen in den dörfferen
Dieweil auch die tägliche erfahrung zu erkennen gibt,daß neben allerhandt anderen
übel, sonderlich daß armen seckhels allhier gar zu häuffig und schier unerträglicher
überlauff mehrern theils daher erfolgt, daz viel burger ohn underlaß hinaus auf die nehst
gelegne dörffer in die würthshäusser lauffen, sich daselbst neben versaumung ihrer arbeith überflüssig eintrenckhen, auch etwan auff einen tag verzehren, waß sie die gantze
wochen gewinnen, und davon sich billich anheim ihre weib und kinder ernehret haben
sollen, solchem übel nun so vili möglich zu begegnen und so verschwendtlichem leben
fürzukommen, will ein ehrßamer rath hiemit gantz ernstlich gebotten haben, daß hiefüro
kein manns oder weibspersohn - sie währe dann auf hochzeiten, gastungen oder sonsten
durch ihre bekante hinauß beruffen, oder hätte kundtlich ihrer nothwendigen geschafft
halben was zu verrichten, welchen dann billich auch die reisende, und diejenigen, so
selbsten häusser oder Wohnungen ausser der statt in dörfferen haben, gleich zu halten
seyen - an feyer- oder werckhtägen, inner zwo meilen gerings um die statt herum auff
den derfferen und in würthshäussern, ohne vorwissen und erlaubnuß der herren burgermeister im ambt zehren oder zechen, auch im fall widrigen verhandlen, jeder übertretter
um 2 fl. unnachlässig gestrafft werden, doch aber auß bewegenden uhrßachen, daß
Bayrlandt hiervon ausgeschlossen sein solle.
Und damit alle christliche zucht und erbarkeit desto baß aufnehmen möge, dargegen
auch daß sündtliche, lesterlich und sträfflich leben fürkommen werde, so ermahnet ein
ehrßamer rath alle und jede ihre burger, burgerin, inwohner und inwohnerin, auch verwandte diser statt, gibt ihnen auch hierzu vollkommne macht und gewalt, dergestalt, wo
sie einiche persohnen in vorbemelten lästeren schuldig wissen, oder mercklichen argwöhn und verdacht derselben von jemandt gewahr werden, daz ein jedes daz ander
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Die
Reichsstädte
ernstlich in aller geheim und stille zwischen ihnen beeden allein brüderlich und bescheidenlich wahrnen, unterrichten und von solchen lästeren abzustehen ermahnen soll,
darauff er dann da sie der schuldig also gewinnen last, bessert und von Sünden abstehet,
die sach in still und geheim halten mag, wolte oder wurde aber der verwahrnet von lästern nicht abstehen, und darüber von jemanden wer der wehr den verordneten straffherren angezeigt, so soll er lauth deß gesetzes, darein er bueßfällig gestrafft und der angeber seiner ehren und glimpfs halben, so gar kein nachtheil erwarthen, daz er auch
durch die Straffherren begabt, und durch ein ehrßammen rath gegen männiglich geschüzt und gehandhabt werden solle.//
Und obgleich einer den andern nicht wahrnet und von lästern abzustehen vermahnet,
und doch einen oder mehr übertretter diser zuchtordnung anzeigt, es wäre in welchem
gesetz daz wolte, gegen demselben anzeiger, solle es darnach gleich wie aller nehst vermelt, in allem gehalten werden, auch diejenigen, so jemanden, der sie dieser christlichen
mittel mit dem warnen und anzeigen der laster bey den straffherren gebraucht, darumben schmächen, verletzen, oder verrachten wurden, durch die straffherren nach ihrer erkantnus ernstlich gestrafft werden, und der verlezt nichts desto unehrlicher gehalten,
sonder ihm umb sein injurj das recht bevor gelassen sein.//
Einem ehrsamen rath diser löblichen statt allhie kombt mit sonderm mißfallen, daz daß
zechen in den fleckhen und dörffern ausserhalb der statt, denen bißhero zu unterschiedlichen mahlen beschechnen offnen anschlagen beruffen und verbothen, zuwider in länger in mehr einreißt, und gar zu gemein werden will, so gar, daß in den nechst herum ligenden dörffern die würthshäusser von hießiger burgerschafft so gesteckht voll, daß die
bauren vor ihnen schwehrlich unterkommen und gesetzt werden können, durch welches
übermachtes, häuffiges hinauslauffen überflüssig zechen und verschwenden neben
anderm übel und unheyl der gemeine mann sein handwerckh und arbeith versäumet, in
armuth schulden und grosse noth gerathet, hernacher nur dem armen seckhel und vorhin
hart beschwehrten allemosen zulaufft, die victualien von fischen, fleisch und anderm, so
sonst zu gemeiner statt herein kommen, und jetziger zeit schwehrlich zu haben, daraussen behalten, unnutzlich verthun, und die gaben Gottes schandtlich mißbraucht werden,
zu geschweigen, daz in maßßen die tägliche erfahrung bezeiget, daz vili leüth vor der
statt in allerhand unglückh, leichtfertigkeit, leibs- und lebensgefahr, schwehre händel,
schaden und verderben, so sonst vermitten bleiben, gerathen seindt, und dannenhero
wohlgedachter ein ehrßamer rath nicht gemeinth, solches überhandt nehmendes, hochsträfflich, sündtlich unwesen, verthunlich leben, auch den grossen ungehorsam und veracht so vielfältiger ernstlicher gebotten und getreüer wohlmeinender vätterliche verwahrnungen länger zu gedulten, sondern wider die Verbrecher mit schärpfferer straff
dann bißhero zu verfahren, weilen mann dieselbige so gar in wind schlägt, und von wenigen in acht genommen werden wollen derowegen so erhollet und erneüert ein ehrßamer rath nicht allein hievor publicierten beruff und anschläg, sondern will, schafft
Nr. 2:
Augsburg
129
und gebeüth von neüem hiemit ernstlich, daß zu diesen ohne daß klemmen, theüren,
schwehren und sorgsammen Zeiten und läufften die burger und inwohner allhie, mannsund weibspersohnen sich alles zechens und zehrens in den fleckhen und dörfferen um
die statt bey straff 3 fl. oder welcher dieselbe an gelt zu bezahlen nicht vermag, bey unnachläßlicher abbueß viertägiger thurenstraff in wasser und brod, furohin gäntzlich
enthalten sollen, und damit die Verbrecher und ungehorsame desto besser erkundiget, in
erfahrung gebracht, und zu gebührender straff gezogen werden mögen so hat wohlernanter ein ehrßamer rath hierauf allbereith guthe und fleissige kundtschaffter bestelt,
angelegene obacht auff solche ungehorsame und widersetzliche persohnen zu geben,
und dieselben der obrigkeit jederweillen nahmhafft zu machen, wie nun vili gedachter
ein ehrßamer rath hierunter änderst nichts alß seiner lieben burgerschafft nutz und heyl
suchen, als will er entgegen auch auf erzeigenden ungehorsam mit anbetrohender straff
keines verschonen, sondern auch wohl dieselbe nach gelegenheit schärpffen und erhöchen, darnach wisse sich männiglich zu richten,und vor schaden und gefahr zu
verhüten.//
Decretum in senatu, den 22ten junij anno 1624//
Den 28ten martij anno 1626 ist nechst vorstehender anschlag wegen des zechens in den
dörfferen abermahlen erneüerths publiciert und angeschlagen, auch die straff widerum
erhöcht worden, daß jede mannß oder weibspersohn hiewider handle, per 4 fl. abgestrafft, oder da sie solche geltstraff zu bezahlen nicht vermag, dieselbe mit unnachläßlicher viertägiger thurenstraff in wasser und brod abgebiest werden solle.//
Edel, gestreng, wohlgebohren und veste herren pflegere und geheime räthe diser des
Heyligen Reichs statt, gebiettendt gnädig und großgnädige herren, ehrwürdiger, gnädiger, gestrenger, herrschaftlicher und großgnädiger können wir gehorsamlich unangefugt
nicht lassen, demnach beyligender articul wegen der so wohl in- alß ausser der statt deß
zechens halben eximirter persohnen nicht nur der alten zucht und Straffordnung einverleibt, sonder auch in der nun reformierten Ordnung auf den 24ten junij anno 1624 per
decretum in senatu secretioris widerum approbiert worden.//
Weilen dann solcher artcul nun sehr gemein und bekanth, auch mißbraucht werden will,
also das daran viel, welche ihres ambtshalben hierin specificiert, ihres beliebens auff die
nechst hierum gelegne dörffer hinauß gehen und daraussen zechen, ob sie schon ihrer
ämbter halben der orthen nichts zu verrichten, und aber in disem articul nicht begriffen,
ob er sich so weith erstreckhe, daß ein jede hierinn specificierte persohn ihres gefallene,
und wann es ihr geliebt, oder allein wann sie ihres ambts halben nothwendige geschafft
in einem dorff zu verrichten hat, ohne erlaubnus deß herr burgermeisters im ambt zechen dörffen, alß gelangt demnach an ehrwürdiger, gnädiger, gestrenger, herrschaftlicher und großgnädiger unser gehorsamlich anlangen und bitten, sie geruhen uns gnä-
130
Die
Reichsstädte
dig und günstig per decretum zu befehlen, wessen wir uns auff solchen fall mit
abstraffung angeregter persohnen zu verhalten, deme wir bestes fleiß nach zukommen
erbietig, und thuen denselben uns bey neben zu gnaden und gunsten gehorsamblich
befehlen.//
Ehrwürdiger, gnädiger, gestrenger, herrschaftlicher und großgnädiger gehorsamme,
Die verordnete an die zucht und Straffordnung
Hierauff ist decretiert worden//
Den straffherren soll angezeigt werden, mann lasse es deß zechens halben bey den eximierten persohnen verbleiben.//
Decretum in senatu secretiorj, den löten maij anno 1628//
Obwohl ein ehrsamer rath hiebevor durch unterschiedliche beruff und anschläg den
hießigen bürgeren und inwohneren ernstlich und bey nahmhafften straffen sich alles
zechens, auch wein- und bierholens, so wohl bey den geistlichen und Pfaltzwürth allhie,
als auch auff und von den umligenden derfferen zu enthalten gebotten, so ist man doch
disem allem zuwider in glaubwirdigen erfahrungkommen, daß nicht allein das zechen in
den dörfferen und herein tragen allerley getrancks, sonder auch das villfaltige wein- und
bierhohlen bey den geistlichen und auf der pfaltz, also überhandt genohmmen, daß man
den grossen schaden und abgang an dem umbgelt mercklich verspühren müssen. Wann
aber wegen nothwendiger entrichtung der zugemutheten länger unerschwenglicher
kriegscontributionen, auch anderer etlich jähr hero begegneter schwehrer zuständt halber, gemeiner statt cassa starckh angriffen worden, an solchen schweren außgaben auch
noch kein end ist, und dahero daz man auf die gewohnliche einkommmen und gefalle welche ohne daß bey jetzigen schweren Zeiten von tag zu tag abnehmen - in künfftig
besser achtung zu geben, und dieselbe durch geziemmende mittel einzubringen, bedacht, bey männiglichen außser ungleichen concepts zu verbleiben, verhofft, so hat ein
ehrßamer rath keinen umgang nemmen können, die vorige beruff und anschläg nicht
allein zu widerhohlen und zuerneüren, sondern auch weilen man die darinnen begriffene straffen ein zeithero wenig in acht genohmmen, und gleichßam für nichts gehalten,
dieselbe zu erhechen, zu scherpffen und zu extendieren, dergestalt und also, wofern ins
künfftig jemandt, so nicht auß den eximierten persohnen ist, bey den geistlichen und
Pfaltzwürth allhie, oder auf den umligenden dörfferen und fleckhen in wein oder bier
zechen wurde, daß derselbe oder dieselbe für daß erstemahl um 5 fl., oder welcher solches an gelt zu bezahlen nicht vermöchte, für jeden gulden ein tag auf dem thuren mit
wasser und brod abgespeißt, daß andermahl um 10 fl. oder mit soviel tägiger thuren-
Nr. 2: Augsburg
131
straff, daß drittemahl aber, wegen deß beharrlichen Ungehorsams über und neben obvermelten 10 gulden oder thurenstraff in die eysen gelegt, und mit verweißung der statt,
oder nach gelegenheit inn andere schärpffere weeg abgestrafft, so dann alle biirger und
inwohner die gemeiner statt zu versprechen stehen, hochen und nidrigen standts, niemandt ausgenohmmen, welche von den derfferen herin, oder von dem Pfaltzwürth, oder
auch von den geistlichen allhie, wein oder bier, maß oder fäßlen weis durch andere oder
sich selbsten, under waß nahmen und praetext gleich solches beschehe - allein ausgenohmmen, was mann den geistlichen ordenspersohnen anstatt eines allemusen verehren
wolte - abhohlen werden, zu ernstlicher straff gestelt, und zwar die von beiden Stuben,
oder welchen ihnen sonsten an dem stanth gleich sein möchten, wegen jeder maß bier 3
fl. und wegen jeder maß wein 6 fl., die von der gemein aber, wegen jeder maß bier 2 fl.
und wegen jeder maß wein 4 fl., neben verlust des getranckhs, unnachläßig abgebiest.//
Diejenige auch, welche nicht12 mit sondern list der geistlichen dienstbotten, oder andere eximierte persohnen hierzu sich gebrauchen, um doppelte straff angezogen, die ehehalten aber oder wer sich sonsten zum solchem wein und bier hohlen sich schickhen
last, oder sich desßen in andere weeg theilhafftig macht, in daz Narrenhauß gelegt, und
sobald nicht herauß gelassen werden solle, damit auch die Verbrecher und ungehorsamme desto besser erkundiget, in erfahrung gebracht, und zu gebührender straff gezogen,
auch dise Ordnung um so vili steiffer gehalten werde, so hat ein ehrßamer rath zugleich
den straffherren und umgeltherren befehl auffgetragen, guthe und fleissige kundtschafften zu bestellen, auch ihnen concurrentem jurisdictionem ertheilt, solcher massen, daz
unter ihnen die praevatio statt haben, und einer oder die andere herren, da sie ins künfftig derogleichen übertretter in erfahrung bringen werden, deroselben, wie ob verstanden,
ohne einigen respect abstraffen, und hierunter keines verschonen sollen.//
Hierauff und dem allem nach versieht ein ehrßamer rath sich zu dessen lieben burgern
und angehörigen, sie werden nicht allein ihrer pflicht und Schuldigkeit disem ernstlichen
befehl unweigerlich nachsetzen, und ihnen selbsten vor schadengefahr und straff zu sein
begehren, sonder auch um so vili lieber - weilen ihnen bißhero keine extraordinarj
steüren, contributiones, anlaagen und andere bürgerliche beschwehrden, welche die
burgerschafften in villen reichsstetten ein zeithero entrichten und tragen müssen, zugemuthet worden, und man von selbsten daß umgelt, so bald es imer sein würdt, kennen, etlicher massen zu ringern bedacht - sich der gebühr nach guthwillig accommodieren, und hierinnen, wie auch sonsten ins gemein ihren schuldigen gehorsam gegen
dero vorgesezten obrigkeit erzeigen, darnach wisse sich männiglich zu richten und zu
hüten.//
Decretum in senatu, den 23 ten apri lis anno 1630//
12
Ist gepunktet unterstrichen.
132
Die
Reichsstädte
Damit dem anschlag vom 23ten aprilis nechsthin, und darann beschechnen verbott, wegen des zechens auch wein- und bierhohlens auf dem landt, wie auch auf der fürstlichen-bischöfflichen pfaltz, und bey den geistlichen allhie, um sovill steiffer nachgelebt,
und die übertretter desto ehender in erfahrung gebracht, auch gebührender massen abgestrafft werden, so haben die herren stattpflegere und geheime räth allhie, dem herren
reichsstattvogt hiemit für ein zeit lang und biß auf anderwärthige Verordnung, nicht
weniger als dem umgeltherren und straffherren macht, gewalt und befehl ertheilt, obangeregten anschlag durch seine untergebne mit ernst handthaben, und die darinnen handien, nach lauth deß anschlags ohne respect abzustraffen, auch über die empfangene
straffen ein ordentliche rechnung zu halten, und davon einen dritten theil gemeiner statt
einzuantworthen, die andere zween drittentheil aber für sich und seine untergebne zu
behalten. Jedoch soll zwischen den umgelt- und straffherren auch ihme herren reichsstattvogt, die praeventio statt haben, und nach beschechnem furfordern keinem von den
anderen weiters eintrag beschechen.//
Decretum in senatu secretiorj, den 9ten julij anno 1630//
Was dann anlangt den sub lit. A beygelegten articul die deß zechens halben eximierte
persohnen betreffent, befinden wir, weilen darinn stehet - die würth sollen ihrethalben
nicht gestrafft werden - daß solcher articul vor disem nicht auf das zechen in den dörfferen, sondern, weil damalß an gewisen tagen allhie in der statt zu zechen verbotten gewesen, dahin vermeinth worden sey, damit aber disem verbott des zechens in den dörfferen desto steiffer nachgesetz werden könte, als wären wir der unfμirgreifflichen
meinung, es solten ins künfftig allein die herren deß kleinern raths, gerichts, wie auch
die von beeden stuben für eximierte persohnen auff den dörfferen zu zechen gehalten,
und derohalben, weil bißhero die Observanz und praedic ein anders mit sich gebracht
hat, zu männiglichs nachrichtung öffentlich publiciert worden.//
Weilen ein ehrßamer rath berichtet worden, daz der am 12ten aprilis dises lauffenden
jahrs publicierte beruff und anschläg wegen deß zechens in den dörfferen mißbraucht
und zu weith extendiert werden, auch sich schier ein jeder nur ein wenig beambtet fur
eximiert halten wollen, beyneben sich erinnert, daß die in gemeiner statt zucht und
straffordnung beschechene exemption etlicher gewisser persohnen nicht auff vorberiertes dem gemeinen mann hochschädliches zechen auff den dörfferen, sonder allhie an
denen sonsten ins gemein verbottener tägen einen trunckh zu thun - darbey man es auch
fürohin bewenden last - fumehmlich vermeint worden, so will ein ehrsamer rath eingangs erwehnten beruff und anschlag hiemit dahin retringiert und erklärth haben, daß
ins künfftig niemandt andern, als allein den herren deß kleinern raths und gerichts, auch
denen von beeden Stuben, oder welche ihnen sonsten an dem standt gleich sein möchten, auff den dörfferen ein ehrliche kurtzweil mit einem trunckh oder collation zu suchen erlaubt sein, der übrigen halben aber es nach lauth mehr besagten anschlags mit
Nr. 3: Augsburg
133
den darinn bestimbten straffen verfahren werden solle, darnach wisse sich männiglich
zu richten.//
Decretum in senatu, den 3ten august anno 1630//
Nr. 3: Augsburg: „Policey- vnd Tax-Ordnung Augspurg
17. VIII. 1656 [17. 8. 1656]"21
Demnach ein ehrs: rath diser deß h. reichs statt Augspurg vor vilen jaren dem gemainen
stattwesen zum besten ein gewisses polycey: vnd taxierambt auffgericht dasselbe aber in
denen vorpassierten laidigen kriegszeiten allerdings in abgang kommen dahero vilerley
vnordnungen hochschaedliche mißbraeuch vnd vnzulaessige falsch: vnd betruegligkeiten nach vnd nach eingeschlichen auch je laenger je mehr also vber hand nemmen
daß mans fast fuer keine suend mehr sonder fuer ein freyen vnuerhinderlichen gebrauch
vnd gewerb halten vnd darinn verharren will; vnd nun wolgedachter ein ehrs. rath
solches vnhail laenger nit gedulden kan auch deßwegen ihme eyferig angelegen seyn
lassen auff alle weeg vnd mittel zugedencken wie diß hochnoetige taxierambt widerumb
in esse gebracht vnd denen seythero bey allen handtierungen gewerb: vnd failschafften
insgemain sowol von den hiesigen als frembden durch allerhand kueppereyen contrabanden,fuerkaeuff vberbott eigenwillige staiger: vnnd verthewrung der victualien vnnd
wahren die doch der allmaechtig gott biß dato reichlich vberfluessig bescheret vnd gesegnet vnnd andere zum theyl in vngerechter oder verfaelschter maß elen vnnd gewicht
gesuchte vnzimbliche vortheil: vnnd betruegligkeiten vorderist aber denen in contracten
anlehen, kauffen, verkauffen vnd sonst in andere weeg zu deß gemainen ohne das nothIeydenden wesens vnd erarmeten burgerschafft empfindtlicher beschwaerligkeit vnd
klag jmmerfort zunemmenden wuecherlichen bißweiln mehr als juedischen partiden
vnd excessen (so in den gemainen rechten, reichsconstitutionibus vnnd vnderschidlichen allhie vor disem öffentlich publicierten anschlaegen vnd decreten ernstlich verbotten worden) zeitlich gesteuret hinfuer an in allen sachen, handlungen, gewerb: vnd
failschafften nach gelegen: vnnd beschaffenheit derselben ein proportionirte gleichheit
maß vnd zihl gegeben niemand wider die gebuehr vnd christliche lieb deß naechsten
beschwert noch vbernommen sonder ein richtige Ordnung gehalten werden moege: als
hat wolgedachter ein ehrs. rath in erinnerung seines tragenden obrigkeitlichen ambts
fuernemblich aber nach anlaitung deß im jähr 1652 bey dem in deß heyl: reichs statt
21
StadtA Augsburg, Reichsstadt, Ordnungen und Statuten, Karton 14, Akt 343. Der vollständige Titel dieser
Polizeiordnung lautet: Emewerte Policey- vnd Tax-Ordnung eines Ehrs: Raths des Heyl: Roemischen Reichs
Statt Augspurg, Gedruckt zu Augspurg M. DC. LVI.
134
Die
Reichsstädte
Vim gehaltnen schwaebischen craiß conuent gemachten vnnd in offnen truck publicierten abschids auß ohnvmbgaenglicher nothturfft dise nachfolgende reformierte vnnd
verbesserte policey: vnnd taxordnung in vnderschidliche puncten zubegreiffen zu
meniglichs wissen vnd nachricht ebenfals durch offnen truck zu publicieren vnd die
execution derselben etlichen hierzu insonderheit deputierten herrn (welche mit andern
stattaembtern souil die straff: vnd bussen betrifft dem alten herkommen nach concurrentem jurisdictionem vnd das jus praeuentionis haben sollen) der gestalt obrigkeitlich anbefohlen daß dieselbe alles fleiß vnd ernsts darob halten auff die delinquenten vnd
vbertretter gute inquisition vnd kundschafft bestellen wöchentlich ein: oder mehrmal
nach vile vnd beschaffenheit der straffbarn haendel vnd partheyen ob dem rathaus sitzen
die sachen muendtlich vornemmen, anhoeren vnd wo kein sonderbare gewisse straff
specificiert noch determiniert, nach ihrem besten verstand vnd discretion entschaiden
die frembde personen aber so deß ordinari sitz fueglich nit erwarten koennen extraordinariθ nach gelegenheit expediern, der beklagten buecher vnd register im fahl der
noth oder auff entstehenden starken verdacht zu mehrer erkundigung der warheit abfordern vnd ins ambt bringen lassen einen oder den andern mit leiblichem ayd beladen
dardurch die kundtschafft einziehen alsdann die schuldig: vnn bußfaellige nach gelegen:
vnn beschaffenheit deß vbertrettens oder vngehorsams ohn allen respect vnn ansehen
der person mit wuercklicher bestraffung an gelt confiscation der wahren oder victualien
oder auch nach groesse deß Verbrechens vnn erzaigten vngehorsams mit Verschaffung
auff den thurn in ein gewoelbe oder in die eysen (warzu ihnen taxierherrn hiemit befelch vnd gewalt gegeben wuerdet, daß sie bey jedermahligem ambtsitz ein oder zween
stattknecht vor der Stuben auffwartendt bey sich haben vnd durch sie die gestraffte oder
vngehorsame persohnen wo vonnoethen alsbald nach beschehener erkandtnuß in verhafft verschaffen moegen) auch sonsten der gestalt verfahren sollen wie es die Ordnung
vnd vmbstaend deß Verbrechens oder vbertrettens jmmer erfordern werden.//
Hierauff nun befilcht schafft vnd gebeut vor wolermelter ein ehrs rath allen dero burgern jnnwohnern vnnd beysitzern hoch: vnd nidrigsstands wie auch allen frembden
insgemain so die hiesige messen, kirchweyhen, jähr: vnnd wochenmaerckt besuchen
oder sonst allhie negotijren, handien, kauffen vnnd verkauffen hiemit gantz ernstlich
daß gleich von jetzt an vnd nach publicierung diser taxordnung meniglich in diser statt
vnd derselben etter sich nach solcher reguliren vnd richten derselben durchgehendts
schuldige volg laisten vor den deputierten zum taxierambt auffjedermahliges begehren
vnnd erfordern ohnwaigerlich erscheinen, dem befelchs vnd entschidts erwarten, denselbigen gebuehrendt nachkommen vnd durch jhr vbertrettung oder vngehorsamb zu
ernst: vnd vnaußbleiblichen straffen nit vrsach geben solle://
Dann wo jemandt hoch: oder nidrigesstands hiesig oder frembd keinen außgenommen
wider dise publicierte taxordnung in einigen weeg fuersetzlich handien vnd den gesetzten tax oder billichen werth vnd preß in kauffen, verkauffen, contrahieren vnd handien
Nr. 3: Augsburg
135
mit einigen pacten, gedingen, staigerungen, vbernamben, betruegligkeiten, kueppereyen, contrabanden vnd sonst allen andern sachen vnd partiden insgemain, wie die
namen haben moegen, heimblich oder öffentlich vberschreiten wurde wider den oder
dieselben solle durch eines ehrs: raths deputierte zum taxierambt neben der specificierten, oder sonst nach beschaffenheit der sach vnd vmbstaendt aufferlegenden geltstraff die confiscation vnd andere schaerpffere leibs: oder gelt-straffen vnnachlaessig
fuergenommen; zumahl hierauf sonderbahre kundtschaffter mit fleiß verordnet vnd bestellt auch einem jeden so dergleichen vbertretter dem taxierambt anzaigen vnd nambhafft machen wird (dessen er doch gantz verschwigen bleiben jhme auch an seinem
stand vnd ehrn im wenigsten kein nachtheil bringen solle) jederzeit von dem erstrafften
gelt oder confiscierten gut wahren oder victualien der vierdte theil gefolgt werden.//
Wiewoln nun vor das erste ein ehrs: rath kraffthabender kayser: vnd koenigl: priuilegien
bereit vor disem durch scharpffe öffentliche anschlaeg vnnd decreta gantz ernstlich verbotten daß alle burger, jnnwohner vnnd schutzverwante allhie bey den juden oderjuedinen weder gelt noch gelts werth auff pfand oder sonsten vmb wuecherliche Verzinsung (wardurch mancher gantz außgesogen in abfahl armut vnnd verderben gebracht
worden) entlehnen vnd verborgen, sonder dessen bey Vermeidung vnaußbleibender
straffen muessig stehen sollen vnd aber dise wolgemainte obrigkeitliche verbott vnd
wahrnungen seythero wenig gefruchtet: disem nach will ein ehrs: rath alle hievor
öffentlich publicirte decreta kuertzlich widerholet auch dero liebe burgerschafft vnnd
schutzverwante niemandt außgenommen zu verhietung verderblichen nachtails vnd
schadens hiemit de nouo ernstlich erinnert vnnd befohlen haben daß sich keiner gegen
einigem juden oder juedin allhie vnnd ausserhalb der statt durch entlehnen vnd verborgen auffligende oder fahrende haab vnnd gueter oder vnderpfand brieff vnnd verschreibungen noch auff glauben vnd trawen weder mit noch ohne wuecher vil oder wenig
muendt: oder schrifftlich heimblich oder öffentlich vnder was schein es gleich geschehen moechte durch sich selbs oder jemand andern verbuendtlich einlassen solle oder
moege; welcher burger jnnwohner vnd schutzverwandter aber wider diß ernewerte
obrigkeitliche verbott vnn wahrnung thun vnd handien wurde der oder dieselben sollen
alsbald den vierten theil deß bey den juden oder juedinin entlehnten oder auffgeborgten
gelts: der jud oder juedin aber die vbrige 3A verfallen haben vnd den oder dieselben ins
taxierambt zubezahlen executiuθ angehalten werden.
Vnd demnach zum andern einem ehrs: rath fuerkommen daß nicht allein den gemainen
geschribnen geist: vnnd weltlichen rechten deß heyl. reichs abschiden vnd polyceyordnungen sonder auch aller christlichen gebuehr vnnd erbarkeit zuwider etliche gantz gefaehrliche verschlagne vnnd dem benoehtigten armen mann verborgener weiß hochschaedliche, offt vber den halben theyl rechten werths nachtheilige mehr als juedische
wucherliche contraect vnnd partiden in mehr weeg vnd auff sonderliche weiß allhie
fiiergehen vnnd geuebt werden als nemblichen daß theils handelsleuth vnd kraemmer
136
Die
Reichsstädte
denjenigen so betrangt vnd gelts hoch beduerfftig seynd beuorab den handtwercksleuthen fuer die gemachte vnnd geliferte arbeit allerley wahren vnd sachen, welche thails
frisch thails aber lang verlegen vnd nit vil werth seyen, mit zuschiessung etlich wenigen
offtmahl nit halben gelts in vbermaessigem preß an baarer bezahlungsstatt wider jhren
willen anstechen vnn aufbringen, auch bißweiln auff gewisse zeit verkauffen, ja noch
darzu mit buergschafft oder gnugsamen ligenden oder fahrenden vnderpfanden sich
versichert oder die weiber gegen jhnen verschreiben machen, dajhnen doch wissentlich
bekandt, daß solche kaeuffer oder handwercksleuth dergleichen jhnen auffgetrungne
oder angestochne wahren zu jhrem thun oder in jhr haußhaben gar nicht gebrauchen
noch verwenden koennen. Oder aber stands halber zu jhrer vnd der jhrigen klaidung nit
applicieren oder tragen doerffen sonder dieselben stracks mit hoechstem jhrem schaden
vnd schmertzen vil wolfailer, ja offtmahls schwaerlich, vmb den halben- oder allermaist
zwey drittheil gegen paar gelt hinbringen vnd verkauffen muessen in welchem mindern
vnd geringem preß wol die handelsleuth vnd kraemer selbst bißweiln durch darzu abgerichte vndersetzte mittelspersohnen solche wahren wider an sich practicieren bißweiln
aber dem gar nit mehr beladen noch jhre eigne wahr vmb den halben thail dessen darumb sie selbige verkaufft, oder an bezahlungs statt gegeben weiter annemmen woellen,
alles dem noetigen vnd betrangten auch dessen armen weib vnnd kindem zu vnueberwindtlichem schaden vnnd verderben: dem geitzigen aber zu vnchristlichem vnuerantwortlichen wuecher vnd gewin. Als will ein ehrs: rath auß getrewer vaetterlicher fuersorg meniglich hoch: vnd nidrigsstands zuuorderist obangeregter policey- vnd
taxordnungen wegen wuecherlicher contraect wider dieselbe nit zuhandlen hiemit erinnert vnnd dann ferners vor erst bemelten verderblichen vnn andern dergleichen vnzulaessigen kaeuffen vnd partiden mit ernst verwahrnet, auch vomemblich alle contraect,
in welchen neben den verkaufften wahren gelt zugeschossen oder da die auffgerichte
verschreibung in einigen weeg änderst weder die handlung an jhr selbst in warheit fuergeloffen lauten wuerdet wie nit weniger das wider an sich loesen durch die verkaeuffer
selbst oder durch ein dritte hand emstlich verbotten vnd darbey befohlen haben, dafem
jemandt auß den bürgern jnnwohnern oder schutzverwandten allhie hoch: vnd nidrigsstands wer oder welche die auch jmmer seyen sich hierwider vergreiffen vnnd obangeregte oder dergleichen vorthailhafftige vbersetzte partiden vnnd contraect sie beschehen
vnder was verschlagenem schein sie jmmer wollen gegen seinem naechsten gebrauchen
vnd dessen vberwunden wuerdet, so sollen nit allein solcherley partiden vnnd contraect
sambt denen darueber gelaisten borgschafften verschreibungen vnnd was denselbigen
anhaengig gaentzlich vernichtet vnd cassiert, sonder auch alle vnd jede wahren oder
sachen so man der gestalt jemanden fuer paargelt oder an bezahlungsstatt vngebuehrlich
eingeschwaetzt vnd angestochen alsbald confisciert vnd ins taxierambt erfordert. Derjenige aber so wissentlich darzu hilfft vnnd sich als ein vndersetzte mittelspersohn gebrauchen laeßt alles, das so jhme von solcher partida wuercklich zukommen, dahin alsbald zulifern mit allem ernst angehalten werden.
Nr. 3: Augsburg
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Obwoln auch ferner vnd fliers dritte in allen geist: vnd weltlichen rechten sonderlich
aber deß Heiligen Roemischen Reichs Satzungen vnnd policeyordnung bey ernstlichen
namhafften poenen vnd straffen hailsamblich gesetzt fuersehen vnd gebotten worden,
daß keiner seinen neben-menschen mit vbermaessigem zinß oder vorthailgen wuecherlichen contracten vnd handlungen beschweren noch vberladen, sonder sich an einem
billichen zulaessigen gewin vnnd interesse contentieren solle, wiedann ein ehrs: rath
schon vor vilen jähren solches dero lieben burgerschafft vnnd schutzverwandten durch
öffentliche anschlaeg vnnd decreta ernstlich verkuenden vnd gebieten sie auch darauff
vor vnfehlbar folgender straff gantz trewlich verwahrnen lassen vnd sich derselb hierueber zur gebuehr versehen, es solte vnd wurde allem deme von maeniglichen gehorsamblich gelebt vnnd nach gesetzt worden seyn. So hat man doch seythero auß mehrerley vorgebrachten klagden vnd beschwaerdten wie nit weniger auß der erfahrung selbst
verspuehrt vnnd wahrgenommen, daß disem allem zuwider etliche burger jnnwohner
vnd schutzverwandte allhie auß vnersaetlichem geitz vnnd wuecher wann sie etwa von
vornemmen oder gemainen standts persohnen in jhrer angelegenen noth vnnd duerfftigkeit vmb ein anlehen gegen einem billichen vnd erschwinglichen zinß oder jnteresse
ersucht vnd angesprochen worden denenselbigen nit leichtlich gratificiren noch an die
hand gehen noch auch jhr gelt vnd hauptgut herleihen oder aber die vorher hinauß gelehnte summa laenger vnauffkuendtlich ligen lassen wollen, es seyen dann jhnen durch
die debitores wenigst 7. 8. ja manichmal 10. vnnd mehr gulden zinß vnnd jnteresse vom
hundert versprochen vnnd gegeben worden, vnerachtet bißweilen die darleihere vmb
jhre dargelehnte hauptsummen oder capitalien mit gnugsamen special: oder general vnderpfanden versichert gewesen vnnd deßwegen kein gefahr noch verluest besorgen
doerffen. Jtem daß auch etliche creditores die jhnen versetzte vnderpfandt sonderlich
von praetiosis, gold, silber, kleydern vnd dergleichen, warauff sie etwann ein sonders
aug gehabt vnd anderer gestalt nit wol an sich practiciren koenden, auff gewisse vnd bestimbte zeit mit disem sonderbahren geding angenommen, daß wofern dergleichen vnderpfand jnnerhalb ernandtem termin vnd zeit nit gleich wider abgeloeßt worden, sie
alsdann (ohneracht bedeute vnderpfandt wol ein mehrers werth gewesen weder man
darauff gelihen hat) den creditoren vmb jhre hergelehnte summen fuer eigen heimgefallen seyn vnd bleiben sollen oder aber mit gar hohem beschwaerlichem verlust oder
wuecher von jhnen wider geloeßt vnd erkaufft werden muessen. Wann aber solcher
hochgespanter vnchristlicher allenthalb verbottner wuecher (so auch bey Gott schwaerlich zuverantworten vnd in einer republic, wann demselben wider alle natuerliche billigkeit vnd liebe deß naechsten statt vnd blatz gelassen wuerdt nichts anders als den zorn
Gottes vnd vil vnhail nach sich ziehet) keineswegs zudulden oder zupassieren: als werden die deputierte zum taxierambt hiemit sonderbar befelcht, daß sie auff dergleichen
bißherige vnd kuenfftige vbersetzte vnleidenliche wuecherliche contract vnnd handlungen fleissige jnspection vnd kundtschafft gehen lassen vnnd nit allein dasjenige was
seythero vber den passierlichen zinß zuvil nemblich 7. 8. 10. vnnd mehr gulden pro
cento bezahlt vnnd eingefordert worden oder noch kuenfftig eingefordert wurde (auß-
138
Die
Reichsstädte
genommen die aigentliche wexelgelter, so sich wegen der blossen wexelbrieff vnnd
obhabender gefahr juxta stylum mercantilem auff ein gewissen largio nit wol determinieren lassen) alsbald confiscieren: sonder auch den darleiher oder creditorn ohne respect vnnd ansehen noch absonderlich vmb den vierdten thail seiner also wuecherlich
fuergelihenen hauptsumma ins taxierambt ohnnachlaeßlich zubezahlen anziehen vnd
abstraffen sollen.
Wiewoln nun zum vierdten der allmaechtige Gott nicht allein die liebe traidtfruechten,
sonder auch alle andere zu deß menschen leib vnd lebens vnderhalt nottuerfftige sachen
victualien vnd essende wahren bereit etlich jähr hero reichlich vnd miltiglich gesegnet,
dieselbe auch noch jmmerfort in wolfailen dem armen mann wol erschwinglichen werth
vnnd preß zubekommen seynd (darumb man seiner goettlichen gnad vnd guete billich
hoch zudancken vnd vmb Verleihung laengerer fridlich: vnnd wolfailer zeiten inbruenstig zu bitten) so hat man doch hierzwischen oeffters wahr genommen vnnd im werck
erfahren, daß von vilen allhiesigen burgern jnnwohnern vnd frembden persohnen beuorab theils kauff: vnd handelsleuthen, cramern, handwerckern vnd andern bey jhren
handel: fail: vnnd gewerbschafften sowol auff offenem freyen marckt als auch in jhren
haeusern, gewoelbern, laeden vnd staenden deßgleichen im heimblichen herumb hausieren vast mit allen sachen wahren victualien vnd failschafften insgemain biß dato
vilerley vnzulaessig excessus durch eigenwillige ohnnoethige staiger: vnd vertheurungen auffschlaeg vberbott vnnd andere vilfaeltige Vortheiligkeiten zu deß gemainen
stattwesens hochempfindtlicher beschwaerligkeit ohne schew veruebet und begangen.
Auch respectu der wahren victualien vnd sachen einiger proportionierter oder billichmaessiger anschlag tax oder preß nicht mehr obseruiert, sonder selbige nur den äugen
vnd eines jeden willen oder guetbeduncken nach gebotten hingegeben vnd verkaufft
worden.
Item daß etliche faullentzende mitburger auch frembde vmb die statt gesessne kauderer
vnnd fuerkaeuffel sich wider eines ehrs: raths hievor beschehene ernstliche verbott vnderstanden, allerhand victualien vnnd essende wahren in specie aber das feder: vnnd
anders wildpret, hasen, endten, voegel vnd dergleichen in vnnd ausserhalb der statt oder
vor den thoren auffzukauffen vnd hernach mit jhrem eigennutzigen gewin wider hinzugeben vnd zuverkauffen oder alsbald in die wuerths: vnd andere haeuser wider die
marcktsordnung zuvertragen vnnd zustecken, wardurch nun ervolgt, daß gleichsamb
nichts von erster hand auff offnen failen marckt gebracht worden vnnd also kein
ehrlicher burger etwas vmb rechten billichen werth haben vnnd bekommen koenden,
sonder alles von den fuerkaeufflern vnd kauderern vmb dopelt gelt erhandlen muessen.
Wann aber einem ehrs. rath disen vnnd andern dergleichen hochschaedlichen mißbraeuchen vnn vnordnungen zeitlich zubegegnen vnd zustewren ambtshalben billich
obligt vnnd gebuehrt: disem nach will derselb alle vnd jede obangeregte excessus, ei-
Nr. 3: Augsburg
139
genwillige staigerungen, auffschlaeg, monopolia, fuerkaeuff, vberbott vnd heimbliche
verschleichung in die haeuser oder winckel zu verhuetung aller andern darauß erwachsenden beschwaerligkeiten hiemit bey straff der confiscation, vnnd noch andern geltstraffen, ernstlich verbotten vnd zugleich dem verordneten taxierambt befohlen haben,
wofern ein burger oder frembder jhme von wildschuetzen oder andern persohnen etwas
vmb deß fuer: vnn wider verkauffens willen von feder: oder anderm wildpraet auch andern victualien vnnd essenden wahren heimblich oder öffentlich herein in die haeuser
tragen vnnd bestellen Hesse, daß sie alsdann den oder dieselben vmb die wahr selbs vnd
noch vmb gelt darzue vnnachlaeßlich straffen vnnd buessen sollen.
Jm vbrigen aber wuerdet jedermaeniglich beuorab alle vnd jede handwercker insgemain
nochmals obrigkeitlich erinnert vnn ermahnet, in allen vnd jeglichen fail: gewerbschafften handthierungen kauffen vnnd verkauffen wie die namen haben moegen in benennung deß tax macherlohns oder preß der billichkeit vnd moderation sich zubefleissigen,
damit nit vrsach gegeben werde gegen die vbertretter mit behoeriger straff zuuerfahren
wie dann bey dem verordneten taxierambt einem jeden, der sich beschwaert, befindet
seine habende klag fuerzubringen billich erlaubt vnnd zugelassen wuerdet. Welches
auch jhr genawes auffmercken auff die vbertretter sie seyen hiesig oder frembd geben
vnd selbige auff einlangende sichere kundtschaffi oder der angeklagten persohnen eigene bekandtnuß oder ob schon jhrenthalben kein klag einkaeme, dannoch nach jhrer der
deputierten discretion zu einer empfindtlichen geltstraff ziehen vnnd anhalten sollen.
Nit weniger vnd vors funffte sollen auch eines ehrs: raths deputierte zum taxierambt alle
begangene vntrew: falsch: vnd betruegligkeiten, sie beschehen auff welcherley weiß
vnnd weeg sie jmmer wollen, sonderlich aber mit den edelgstainen allerley muentzsorten handels: oder kramer: auch gold: silber: specerey: vnd allen andern wahren vnd sachen so vilmahl den jenigen werth vnd guete darfuer sie doch den leuthen hingeben
verkaufft vnnd eingeschwaetzt werden, gar nit halten sonder gutentheils falsch vnd vermischt seynd gantz keine außgenommen. Jtem da man sich vngerechter maß elen vnd
gwicht gebrauchet zumahln den betrug vnd falsch in disem oder jenem geraume zeit
continuiert oder oeffters practiciert (warauff dann gute fleissige achtung zugeben vnnd
sichere kundtschafft zubestellen) vmb ein zimbliche summa gelt ohnnachlaeßlich ins
taxierambt zubezahlen neben confiscation der verfaelschten muentzsorten wahren oder
sachen: wie nicht weniger die zum oefftern in denen wuerthshaeusern, spilblaetzen oder
heimblichen winckeln vornemblich vmb deß vnzimblichen gewins vnd anderer veruebenden practiquen willen zusamen kommende freche leichtfertige vnd aergerliche spiler, so durch jhre vbermaessige in den gemainen rechten vorhin verbottne wuerffel: oder
kartenspil das jhrige leichtsinnig consumiren, sich selbs in zeitlich vnd ewiges verderben stuertzen auch endtlich weib vnn kinder an den bettelstab vnd in anders vnheyl
bringen, empfindtlich muletirn vnd abstraffen auch hierinn niemand vberheben noch
verschonen.
140
Die
Reichsstädte
Als auch sechstens die taegliche erfahrung bißher zuerkennen geben, daß die diener
knecht, maegd, ehehalten, tagwercker vnnd holtzhacker jhnen selbst den lohn jhres gefallene bestimbt die burger vnd herrschafften zimblich vbernommen vnd mit einem billichen lohn nicht zubeschlagen gewesen auch da man jhnen nit nach jhrem willen vnnd
begehren den lohn zugeben versprochen sich zum dienst oder arbeit nit gebrauchen
lassen wollen, solchem aber laenger nit kan zugesehen werden: als laßt ein ehrs: rath alle diener, knecht, maegd, ehehalten, tagwercker vnnd holtzhacker hiemit ernstlich erinnern, hinfuer an sich deß lohns halber beschaidenlicher zuerweisen vnd mit einem billichen ersaettigen zulassen, damit man nicht vrsach nemmen mueßte gegen jhnen
anderwaertige obrigkeitliche Verordnung durch das bestelte taxierambt fuerzunemmen.
Dieweiln auch zum sibenden in dem obangezogenen Vlmischen craiß abschid de anno
1652 auff daß bißherige tabac trincken als ein der gesundheit vnnd fewrsgefahr halben
auch sonsten in vil weeg hochschaedliches wesen allbereit ein general verbott ergangen
vnd nun einem ehrs: rath obligen vnd gebuehren will sich nach demselbigen allhie zu
regulieren. Derowegen wuerdet in krafft desselbigen allen handelsleuthen, kramern,
apoteggern, materialisten vnd allen denjenigen insgemain bißhero neben jhren wahren
solchen trincktabac gefuehret vnd damit gehandlet hiemit ernstlich inhibirt vnd verbotten, daß sie forthin in diser statt Augspurg vnnd derselben etter niemand einigen trincktabac wenig oder vil (außgenommen was etwan nach rath der herrn medicorum zum
gebrauch der artzney begehrt wurde) auß ob angefuehrten vrsachen weder heimblich
noch öffentlich verkauffen noch zukommen lassen, sonder dessen gaentzlich muessig
stehen wie dann auch von denenselben kein entschuldigung angenommen, sonder ein
jeder handelsman, kramer, apotegger, materialist oder wer derselbe seyn mag da sie
nach publication diser taxordnung deß verkauffens oder hingebens halber verkundtschafft oder betretten wurden durch die deputierte zum taxierambt von jedwederm
pfiind tabac daß erstemahl vmb 1. reichsthaler, daß andermahl doppelt sovil, daß drittemahl drifach vnd also jmmer fort neben confiscierung deß tabacs vnnachlaessig gestrafft: diejenige aber so sich mit tabac trincken bevorab in denen wein: vnd bierwuertshaeusern betretten lassen, ohn vnderschid der persohn, vom ersten vbertretten vmb ein
halben reichsthaler daß andermahl vmb dopelt sovil vnnd also fortan zubezahlen angehalten benebens auch von jhme wo er solchen erkaufft in der guete oder da er sich dessen waigern vnnd den verkauffer nit benambsen wolte bey straff der gefaengnuß
erkundiget werden solle, damit man alsdann wider den oder dieselben diser Ordnung
gemaeß mit gesetzter straff andern zum exempel verfahren moege.
Deßgleichen vnd vors achte will mehr wolbesagter ein ehrs: rath nach jnnhalt des Vlmischen craißabschidts auch allen korn: oder fruchtbrandtwein als ein deß menschen gesundheit hochschaedlich vnnd stinckendes getranck hiemit nochmal gaentzlich abgeschafft vnd verbotten haben der gestalt, daß der verkauffer er sey hiesig oder frembd
von jeder maß solchen korn: oder fruchtbrandtweins auffs erste vbertretten 1 reichstha-
Nr. 4: Kempten
141
1er, der kauffer aber vnd sonderlich die kramer oder brandtweiner (dem etlich einkommenem bericht nach den gerechten guten weinbrandtwein wider jhre ob dem sigelhauß
gelaiste pflicht vnd ayd zu jhrem diß orths suchenden vnzimblichen profit vnd betrug
darmit vermischen vnnd verfaelschen) von jeder maß 3 reichsthaler ins taxierambt zubezahlen angehalten vnd zugleich der brandtwein confisciert; auch da einer oder anderer
zum zweyten: dritten: oder mehrmal hierwider handien vnd dessen vberwisen wuerdet
alsdann gegen dem oder denselben doppelte, drifache oder hoechere straff wie oben
beym tabac gemeldet vnnachlae[ß]lich fuergenommen werden solle.
Darnach sich meniglich zurichten vnd vor schaden zuhueten wissen wuerdet.//
Decretum in senatu, den 17. augusti anno 1656.
Nr. 4: Kempten: „Polizei Ordnung" der Reichsstadt
Kempten, erste Hälfte 18. Jahrhundert (vor 1748
mit späteren Ergänzungen)22
Statuta
Titulus I Von heiligung der fest, sonn, feyr, vnd büß tagen vnd was christlicher Ordnung nach sonsten zu beobachten.
Art: 1. Die sonn-, fest-, feyer- und büß tagn sollen in der heiligung und der furcht Gottes mit fleissiger und andächtiger besuchung des öffentlichen gottesdienstes nebst23 der
enthaltung von der gewöhnlichen arbeit begangen, mithin//
Art: 2. Die cramläden an hohen fest-und bußtägen sollen24 den ganzen tag hindurch geschlossen bleiben, an sonn- und feyer tagen erst nach endigung des morgen gottesdienst
eröffnet, am donnerstag aber während der predigt auch nicht aufgethan werden.//
Art: 3. Des spielens vnd tanzens, furnemlich solange der sonntägliche gottesdienst
währet, solle man sich gänzlich enthalten und die wirthe nach der unterm 28.ten aprii
22
23
24
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Kempten, Akt 16. Die Handschrift ist undatiert. Ihre Entstehung läßt sich allerdings durch Randvermerke, die auf die reformierten Statuten von 1748 verweisen, eingrenzen. Spätere Zusätze reichen bis 1788.
Ursprünglich „benebst". Von gleicher Hand ausgebessert zu „nebst".
Von gleicher Hand ergänzt.
142
Die
Reichsstädte
Abb. 1
Einträge zur Warnung vor lasterhafter Lebensführung - fluchen, verwünschen, ehebruch und hurerey,
unzüchtiges leben usw. - aus der Sicht einer lutherischen Ratsherrschaft.
Aus der: „Polizei Ordnung" der Reichsstadt Kempten, erste Hälfte 18. Jahrhundert (vor 1748) mit späteren
Ergänzungen
Staats A Augsburg, Reichsstadt Kempten, Akt 16
Nr. 4: Kempten
143
1788zywutsronmlkihgfedcbaVRH
im druck mitgetheilten obrigkeitlichen Verordnung sich bey sonst unausbleiblicher
festgesetzter straf benehmen 2 5 .//
Art: 4. Sodann ist nicht gestattet, die zeit über als der gottesdienst daurt, auf dem kirchhof sail zu spannen oder wäsch zu trocknen.//
Art: 5. Das auf dem kirchhof erfindende vieh und gefliigel solle, ohn ansehen des eigenthümers, gepfändet werden.//
Art: 6. Wer einen kirchenstuhl auf rechtmäßige art und weise an sich bringt, der hat
solches bey straff dreyssig kreuzer zur kirche gehörig innerhalb vier wochen den herrn
kirchen pflegern anzuzeigen, wann aber diese anzeige ein ganzes jähr unterbleiben
würde, so solle der stuhl der kirchn heimgefallen seyn.//
Art: 7. Bey leichen sollen personen, die im hospithal, auch zucht- und arbeitshaus verstorben, es wäre dann, daß erstem ihre pfründ wenigstens um fünfzig gulden erkaufft,
nicht weniger bey leichen solcher personen, die im allmosen gestanden, sollen die leichen predigten eingestellt werden und die große glockn nicht geläutet werden.//
Titulus II Von straff offenbahrer laster, frevel und anderer ungebühr.
Art: 1. Alles fluchen, schwören und verwünschen ist in göttlich- und weltlichen gesezen
bey hoher straf verbotten, es solle dannenhero jedermänniglich, insonderheit aber die
herr- und meisterschaften, eitern und preceptores, desgleichen auch die amtleuthe gute
obacht tragen, daß diesem übel rechtschaffen gesteuret werde, derowegen leztere
verbunden sind, die übertrettere der obrigkeit gewissenhaft anzuzeigen, um gegen die
schuldige die gebührende ahndung führkehren zu können.//
Art: 2. Der ehebruch, hurerey und unzucht samt aller dazu gebunden gelegenheit, kuppeley und unterschleipf solle, befindenden dingen nach, an guth und ehre oder auch an
dem leib empfindlich gestrafft werden. Und da sei einiger zeit ledige schwanger gewordene Weibspersonen die verübte unzucht mit erlittener nothzüchtigung haben bemänteln
wollen, so wird hiemit von obrigkeits wegen gesezlich verordnet, daß auf dergleichen
ausgesonnene ausflüchte der schwangern und als genothzüchtigt sich angebende Weibspersonen bey bestrafung der unzucht keine rücksicht genommen wird. Nur dann allein
soll die angegebene nothzucht als glaubwürdig angesehen werden, wenn eine solche
weibspersohn sogleich und längstens innerhalb 24 stunden die erlittene nothzucht durch
ihren vater oder trager entweder bey löblichem] stadtammann amt oder aber ihrem
herrn beichtvater entdeckt haben wird. Um aber auch alle bedenklichkeit solchen be25
Von gleicher Hand am Rand ergänzt: „und die wirthe [... ] benehmen."
144
Die
Reichsstädte
dauerungswürdigen personen zu nehmen, wird solchen die obrigkeitl. Versicherung ertheilt, daß die von ihnen geschehene entdeckung der erlittenen nothzucht gehaim gehalten und nur dann zu ihrer rechtfertigung angegeben weden solle, wenn sie durch solche
nothziichtigung schwanger geworden sind26.//
Art: 3. Wo in erfahrung gebracht würde, daß ledige weibs personen ein öffentlich unzüchtig leben flihreten und ledige persohn zu gleicher sünde reizeten, so sollen dieselbe
14 tag lang bey wasser und brodt gefangen gesezt, hernach der Stadt öffentlich und
allenfalls mit schimpf verwiesen, auch nicht ehender wieder hereingelassen werden, sie
hätten dann nach umfluß wenigstens vier jähr tüchtige zeugnus aufzuweisen, daß sie ihr
leben und wandel gebessert und sich in der fremde jederzeit wohl verhalten haben.//
Art: 4. Eine ledige manns person, welche27 so mit einem solchen28 weibsbild zu thun gehabt, solle mit angemessener geldt- oder gefängnus straffe bey wasser und brod gebüßt
werden, wo aber das weibsbild von ihm schwanger worden wäre, derselbe ihro mehr
nicht denn zwey gulden vor die kindbett und dem kind die alimentation zu reichen
schuldig, jedoch wann ein weibsbild zu fast gleicher zeit sich mit mehrern fleischlich
vermischt hätte, mithin eine gänzliche ungewißheit der paternitat fiirwaltete, das weibsbild die auferzieh- und ernährung des kindes auf sich selbst zu behalten, verbunden und
an die mannsperson etwas zu suchen nicht befugt seyn.//
Art: 5. Wann ein weibsbild mit oder ohne verspruch der ehe von jemand zu fall gebracht würde, so solle, wann änderst der eitern consens zu erlangen und woferne sonsten keine erhebliche Ursachen im weg stehen, die manns person die geschwächte zu
eheligen verbunden, wiedrigenfalls aber der impregnator derselben, nebst der alimentation des kindes ein ihren umständen gemässes und auf die erkanntnuß der obrigkeit
ankommendes heyrathguth zur satisfaction zu verschaffen schuldig seyn.//
Art: 6. Wo sich begebe, daß einer eine Weibsperson unter der bößlichen absieht, dieselbe wieder ihrer eitern willen zue ehe zu bekommen zu fall brächte, so sollen diese personen, bey fortwährender billiger Weigerung der eitern, nun- und nimmermehr zusammen gelassen oder wenigstens hier nicht gedultet werden.//
Art: 7. In solch- und andern fällen, wie auch wann personen vor der copulation einander
unerlaubt beywohnen, bleibt die gebührende obrigkeitliche ahndung und bestraffung
jederzeit bevor.//
26
27
28
Von gleicher Hand am Rand ergänzt: „Und da seit einiger Zeit [... ] schwanger geworden sind", davon auf der
nächsten Seite: „Versicherung ertheilt... schwanger geworden sind."
Von gleicher Hand ergänzt.
Von gleicher Hand mit anderer Farbe ausgebessert zu „ledigem"
Nr. 4: Kempten
145
Art: 8. Die aus der fremde schwanger anhero kommende oder allhier geschwängerte
burgers töchter sollen, nach dem ermessen löbl. obrigkeit und gestalten umständen nach
auf zwey jähr aus hiesiger Stadt geschafft oder mit einer dreyßig tägigen gefängnuß, in
der bitteley oder dem zucht-haus oder auch mit einer geldbussn von dreyßig gulden angesehen werden.//
Art: 9. Alle fremde, so hier schwanger werden oder verburgerte Weibsbilder schwängern
sollen nach ausgestandener straffe oder erlegter geld-bussn die hiesige Stadt gänzlich
vermeiden und ihnen ohne besondere obrigkeitliche dispensation hier kein weiterer aufenthalt gestattet werden.//
Art: 10. Auf das verschwenderische spielen und übermässige zechen sollen nicht nur
die amtleuthe gute achtung und insgeheim gebührende anzeige davon machen, sondern
auch die würhte selbst verbunden seyn, dergleichen namhaft zu machen, um solchem
unwesen behörig furbeugen zu können.//
Art: 11. Ohne speciale obrigkeitliche erlaubnus des herrn amtsburgermeisters oder herrn
stadtammanns solle kein würth einen gast länger alß biß 11 uhr vor mittemacht dulden,
wiedrigenfalls und wer bis 11 uhr noch angetroffen wird, solle die patrouille
dergleichen übertretter nach umständen notiren und löblichem] stadtammannamt anzeigen oder in arrest fuhren und der würth vor jeden köpf, der durch die patrouille
angezeigt werden wird, dreyßig kreuzer zu erlegen haben.//
Art: 12. Das nachtschwermen, schreyen, pfeiffen, degenwezen 29 und alles ruhe stöhrende betragen solle empfindlich gestrafft werden.//
Art: 13. Gegen das besudlen der häuser, das fenster einwerffen und andere gleich kommende real-injurien oder grosse frevel solle fiirohin auf das schärffeste und zwar den
umständen nach ebenso wie gegen die pasquillanten criminaliter verfahren werden.//
Art: 14. Diejenige frevel, so an gefreyten orten als auf dem rathhaus, kirchhof, Illerbruck, unter den thoren, kornhaus, meel- und roßmarckt, in der mezg und denen mühlinen, auf der Stadt maur, auch salz- und güther stadel verübet werden, sind gedoppelter
straffe unterworffen.//
Art: 15. Wer bey rauff- und schläghändel das friedgebott eines burgers, amtmanns oder
stadtknechts nicht respectiret, der ist über den begangenen frevel in eine straffe von
zwölff reichs thaler verfallen.//
29
Von späterer Hand gestrichen.
146
Die
Reichsstädte
Art: 16. Diejenige, so verübte frevel pflichtmäßig anzeigen, sollen verschwiegen gehalten bleiben und zugleich befindenden dingen nach insgeheim belohnt werden.//
Art: 17. WiezywvutsrponmlkjihgfedcbaWVUSROH
nun also jeder burger, furnehmlich aber die amtleuthe zur anzaige der in
erfahrung gebrachten frevelthaten verbunden oder in dessen Unterlassung selbst der
obrigkeitlichen straffe unterworffen sind, so solle jedoch männiglich sich allein der
Wahrheit befleissigen und durch falsche und übertriebene angabe nicht einigen verdruß
und straffe über sich laden.//
Art: 18. Die würth und weinschencken sollen bey entstehenden schläghändlen frühzeitig nach der wache schicken und so es bey nächtlicher weise geschähe, des andern
tags von dem Vorfall bey einem löbl[iche]n stadtammannamt den ungesäumten bericht
erstatten, desgleichen auch der Wundärzte Schuldigkeit mit sich bringt, die auf solche
weise, wegen empfangenen wunden überkommene patienten bey wohlgedachtem löbl[iche]n stadtammannamt uneinstellig bekannt zumachen.
Art: 19. Hiernächst wird jedermann recht angelegentlich erinnert und vermahnet, sich
vor aller Üppigkeit und unnöthigem aufwand, zumahl aber vor dem übertriebenen und
höchst schädlichen pracht in kleidern und andern haushaltungs stücken sorgfaltig zu
hüten, hingegen anständig und ehrbarer kleidung zu befleissigen und sich allein seinem
stand und häußlichen umständen gemäß aufzufuhren, mit der ernstlichen Verwarnung,
daß an weme künffitighin eine Übermaß vermerckt werden würde, derselbe sogleich zue
Verantwortung gezogen und mit obrigkeitlicher ahndung beleget, deßgleichen auch,
wann ein solcher etwa gar dereinst in abfall der nahrung oder in mangel gerathen würde,
er sich keiner obrigkeitlichen hülffe zu getrösten haben und ehender fernere bestraffung
gewärtigen solle.//
Titulus III V o m heyrathen u n d der hochzeit Ordnung.
Art: 1. Alles eheliche versprechen lediger personen, so ohne der eitern oder trägere vorwissen und einwilligung beschehen, wird denen gemeinen rechten und hiesiger Ordnung
nach als null und nichtig angesehehn und wird übrigens jedermänniglich auf die öffentlich bekannt gemachte tragney Ordnung auch in rücksicht der eheverlöbnisse, zu seiner
nachachtung verwiesen 30 .//
Art: 2. Gleichwie das allzu nahe zusammen heyrathen schon an- und vor sich nicht
gestattet ist, so erstrecket sich solches auch auf geschwistrig kinder, es wäre dann, daß
in dergleichen fallen eine obrigkeitliche dispensation vorangesucht und ertheilt worden
wäre.//
30
Von gleicher Hand am Rand ergänzt: „und wird übrigens [... ] nachachtung verwiesen."
Nr. 4: Kempten
147
Art: 3. Die verlöbniße müßen in beyseyn einer raths person und 2 oder 3 ehrbarer männer veranstaltet und in richtigkeit gebracht werden, wann aber vorkinder vorhanden
oder sonsten eine schrifftliche heyraths abrede erforderlich ist, so ist der herr stadtschreiber jedesmahl mit beyzuziehen; auch sollen bey dem anhalten um die hochzeit der
bräutigam in person und für die braut der vatter oder ein trager erscheinen.//
Art: 4. Die allhiesige burgers söhne und töchter sollen respective über die zunffigebühr,
meister stücks kosten und die erforderliche aussteur, jedes wenigstens fünfzig gulden
und ein fremdes über jezt gedachte ausgaben, auch ohne das noch zu erwerben stehende
burgerrecht mit einzurechnen, ebenfals wenigstens ein hundert und fünfzig gulden baares eigenes vermögen in die ehe bringen und solches auf erfordern mit einem eyd zu
bekräfftigen im stände seyn oder es müssen sich solche tapfere bewandtnüsse ereignen,
derentwegen ein wohllöbl[iche]r magistrat zu dispensiren vor nüzlich und guthachten
würde. Wie dann auch furohin zum meisterrecht niemand gelassen weden solle, ehe und
bevor er von einem wohllöbl. magistrat sich hierzu die erlaubnus erworben, dannenhero
sammtliche herren obleuthe in zünfften, wie auch die Obermeister und vorgesezte der
handwerker hiernach sich püncktlich zu achten und biß nicht die obrigkeitliche concession vorhanden, dieserthalben nicht das geringste an- oder unternehmen lassen sollen.//
Art: 5. Wer von burgers söhnen seine wanderzeit der nunmehro obrigkeitlfich] bestimmten vier jähre nicht voll und behörig erstreckt, der solle bey dem anhalten um die
hochzeit, wo nicht besondere ehrhaffte falle fürwalten, ein auf die obrigkeitliche ermässigung ausgeseztes, wenigstens aber fünffzehen gulden betragendes dispensationsgeldt
an die löbl. zucht- und arbeitshaus pfleg erlegen.//
Art: 6. Einem fremden dienstbotten, welcher sich acht Jahr an einem oder zehen jähr an
2 diensten ehrlich verhaltenurongedV
und denen angemerckten Verordnungen völliges genüge
leisten kan, woferne er sich zugleich an eine hier verburgerte person verheyrathet und
ihme von handwerckswegen nichts im weeg stehet, solle das burgerrecht aus obrigkeitlichen gunsten, ohngeltlich zugetheilt werden, sonsten aber lässet man es in absieht des
zu erlangenden burgerrechts bey der bißherigen gebühr, nehmlich vor eine mannsperson
bey dreyssig gulden und vor eine weibsperson bey zwanzig gulden bewenden.//
Art: 7. Ein wittiber solle, ohne vorangegangene dispensation vor ausgang eines vierthel
jahrs und eine wittwe vor verflossenem halben jähr nicht wieder heyrathen oder sonst
bey zu erhaltender obrigkeitlicher dispensation für jede woche einen gulden an löbl.
stadtrechnerey zu bezahlen haben 31 .//
Art: 8. Die erlaubnus zu einer haus- oder auswärtigen copulation ist bey einem wohllöbl. magistrat zu erbitten. Nachdeme aber an- und vor sich ganz richtig ist, daß, zumahl
31
Von gleicher Hand am Rand ergänzt: „oder sonst [... ] zu bezahlen haben."
148
Die Reichsstädte
durch auswärtige copulationen, dem gemeinen Weesen und der burgerschafft sehr vieles
entgehet, hiernächst, ob man schon im concessions fall die jura stola zu beobachten jederzeit bestens empfohlen, man auch in Worten hierzu allemahl sich willig erbotten, im
werck hingegen es öffters sehr kärglich ausgefallen, alß wird hiemit verordnet, daß furohin vor die erhalt- und Vergünstigung sich auswärts copuliren zu lassen zu dürfen fl.
15.- und vor eine haus copulation fi. 10.- dispensations geld erleget, auch diejenige personen, welche bey einer hiesigen copuation in der kirche einige Verrichtung und dargegen erwas einzunehmen hätten, denen umständen nach bedacht und befriediget, die
übrige jura stola aber auf das allerwenigste und von personen gemeinen standes mit fünf
gulden an die allmosen, drey gulden an die kirchen, zwey gulden an die waysenhaus
und ein gulden an die St. Stephans pfleg richtig gemacht werden sollen, welcher jetztgemelte leydentliche ansaz jedoch denen, so in bessern mittein stehen, keineswegs zur
richtschnur furgeschrieben wird, sondern, in deme man allein der kargheit schranken
zusezen vermeynet, in der guten hoffnung ist, es werden bemitteltere und angesehenere
ihre mildthätigere hand gegen obgemelte pflegen nicht versperren, desgleichen haben
diejenige, so sich ohne erlaubniß der allhiesigen obrigkeit in der fremde verheyrathen,
das burgerrecht verlohren.//
Art: 9 Die kostbare heyrathsabenden, anding- und abrechnungen, nicht weniger die
theur zu stehen kommende morgensuppen sind verbotten und sollen die übertrettere in
willkührliche straffe verfallen seyn.//
Art: 10 Deßgleichen solle die erlaubnus nachhochzeiten zu halten und der musicanten
sich zu bedienen bey wohlersagt einem wohllöbl. magistrat erhohlet werden, und hat
der hochzeitwürth bey dem löbl. burgermeister amt fl. 10.- zu hinderlegen, welche,
wann länger alß biß 11 uhr getanzet wird, dem fisco alß eine straffe heimgefallen seyn
solln.//
Titulus IV Von testamenten und erbfolgen.
Art: 1 Die testamenta, codicille und Schenkungen von todes wegen mögen entweder
nach den gemeinen rechten durch notarium und zeugen errichtet oder aber zur kraft
eines gerichtlichen testaments durch sich selbst oder auch durch jemand andern zu
pappier gebracht und sodann verschlossen oder offen dem wohllöbl[ichen] geheimden
oder gesamten rath persönlich übergeben und recognition anverlanget werden.//
Art: 2 Wer jedoch seinen lezten willen jetzt gedachtermassen in person öffentlich zu
überreichen behindert wäre oder solches zu thun bedencken trüge, der mag durch jemand andern in dem löbl. burgermeister amt um eine raths deputation ansuchen lassen,
da sodann zwey herren deputati nebst dem herrn stadtschreiber erscheinen und das
Nr. 4: Kempten
149
ihnen persönlich überreichende testament mit beobachtender Ordnung annehmen oder
den mündlich aus sprechenden lezten willen den protocoll einverleiben, sodann dasselbe unterschreiben und den inhalt bey der behörde übergeben werden, dargegen
wiederum ein selenner legat schein erfolgen solle.//
Art: 3 Jedoch können obrigkeitlich ratificirte heyraths brief und andere per modum pacti
aufgerichtete reciprocierliche oder wechselsweise geschaffte durch einseitige testamentarische handlungen nicht vernachtheiliget oder verkürzet werden, da es ohnehin
jederzeit, was das interesse der vorkinder oder einer dritten person anlanget, bey der alten verkommnus sein bewenden behalten muß, anbey aber sollen, wann bey der verheyrathung eine communio bonorum oder eingeworffen guth gemacht worden, die testirliche handlungen, so ferne sie den vorbehält übersteigen, änderst nicht, als mit vorwissen
und genehmigung des andern ehegemächts errichtet werden allermassen, wann von
zwey eheleuthen eines ohne heyraths brieff, ohne testament und ohne kinder verstorben,
der überlebende theil den andern allein erbet.//
Art: 4 Wann aber leibliche eitern oder großeitern noch bey leben, so fallet der dritte
theil des dem verstorbenen ehegatten während der ehe erblich zuegefallenen Vermögens
an jene zurück.//
Art: 5 Bey dem absterben fremder personen so wohl, alß wann jemand in der fremde
gewiße oder muthmaßliche erben hat, solle sogleich ohne alle rücksicht, auch aller einwendung ungehindert obsignirt und der gestalt damit verfahren werden, damit kein
einwurff einer nicht beobachteten legalitat und Ordnung übrig bleiben möge.//
Art: 6 Bey der verlassenschaffts abtheilung der eitern und großeitern gebührt denen
söhnen oder andern von männlichen stammen absteigenden erben ihres vaters 32 oder
großvaters 33 Ieibes kleider allein, denen töchtern und weiblichen descendenten hingegen
sollen ihrer mutter oder großmutter leibes kleider ebenfals alleine zu fallen, doch sind
hievon in beyden fallen die pretiosa als edelgestein, massiv gold, silber, perlen und
kleinodien ausgenommen.//
Art: 7 Die kirchenstühle, was deren wehrt insonderheit anbelanget, werden ohne rücksicht auf das männlich oder weibliche geschlecht unter die erben zugleichen haupt-theilen vertheilet, doch gebühret denen söhnen in den manns- und den töchtern in den
frauen sizen und zw[a]r dem alter nach das Vorrecht, solchen um den gesezten werth an
sich zu lösen.//
32
33
Von gleicher Hand verbessert aus „vatters".
Von gleicher Hand verbessert aus „großvatters".
150
Die Reichsstädte
Art: 8 Da auch seit einiger zeit sich mehrere falle ereignet haben, daß von hiesigen in
die fremde gegangenen btirgers söhnen viele jähre nicht das geringste zu vernehmen gewesen, darüber aber von ihren anverwandten um der abwesenden vermögen, als verschollen guth, löbl. magistrat wiederholt angegangen worden ist, so wird deswegen zu
abschneidung aller künfftigen aus den nicht hinreichend bestimmten gemeinen rechten
etwa vorkommenden zweifeln verordnet, daß künfftighin das vorhandene vermögen
jedes hiesigen bürgers, der während seiner abwesenheit von hier in 25 jähren nichts von
sich hören lassen wird, unter diejenigen seiner anverwandten, welche am ende des nunmehro zum verschollen bestimmten 25. sten jahrs die nächsten seyn werden, nach der gewöhnlichen erbfolge, gegen hinlängliche bis zum 70. sten lebens jähr des verschollenen
dauernde caution ausgetheilt werden und der nach solcher zeit zurückkommende davon
ausgeschlossen bleiben solle, ausser er mache sattsam und überzeugend erweißlich, daß
ihm irgend eine nachläßigkeit nicht wohl zugerechnet werden könne. Es werden demnach alle väter, trägere und nahe anverwandten der wirklich in der fremde sich befindlichen bürger erinnert, ihren söhnen, tragsöhnen oder anverwandten von dieser gemachten Verordnung nachricht zu ihrer schuldigen nachachtung bald möglich bekannt zu
machen. Und solle jedermänniglich auch in ansehung der erbschaft der verschollenen
von beobachtung der obrigkeitlichen tragneyordnung angewiesen seyn. 34 //
Art: 9 Wann weder durch die heyrathsbriefe noch andere Verträge oder durch ein zu
recht bestehendes testament die erbfolge eines verstorbenen hiesigen bürgers oder bürgerinn anders bestimmt worden ist, so soll es bey der allhier bestehenden uralten
erbfolgeordnung um so mehr seyn bewenden haben, als solche mit den gemeinen
rechten übereinkömmt.//
Art: 10 Wann jemand der entweder das allmosen genossen oder in den Spithal oder
Waisenhaus aufgenommen war, bey seinem absterben noch einiges baares vermögen
hinterläßt, so sollen dessen erben auf solches vermögen nicht eher ansprach zu machen
haben, als bis der löblichen] allmosen-, waisen-, zucht- und arbeitshaus pflege oder
auch der löbl. Spithal pflege, sofern der pfründer oder pfründerin sich nicht um eine bestimmte summe eingekauft haben, das genossene allmosen oder kostgeld nach dem
jährlichen ainsatz ersetzt seyn wird.//
Titulus V Von bestellung der trägere
Art: 1 Wann von zweyen ehegemächten eines verstirbt und das überlebende zur andern
ehe schreiten will, so sollen noch vor der heyraths abrede denen kindern tragern bestellt
34
Von gleicher Hand am Rand ergänzt ab „Und solle jedermänniglich . . . " b i s zum Ende von Art: 10:,,... ersetzt seyn wird."
Nr. 4: Kempten
151
werden, welche trägere aber sodann bey für seyenden heyrathsabreden eines vaters 35
oder mutter nur allein der kinder wohl und nuzen besorgen und keineswegs die assistenten der zuverheyrathenden eitern vorstellen, hingegen diese zu solch vorhabendem geschafft sich mit besonderen beyständen versehen sollen.//
Art: 2 In diesem fall hat der am leben seyende vatter oder mutter sich nun 2 ehrbare
männer zu bewerben, welche die tragney über sich nehen möchten und wann diese ihre
einwilligung gegeben, sind dieselbe bey dem löblfichen] burgermeisteramt anzuzeigen
und um deren bestättigung anzuhalten, dabeyjedoch wohl zu bewerten, daß regulariter
die herren des raths von den tragschafften befreyet seyn und man solche personen erkießen solle, die die tragney anverwandtschafft halben nicht leichtlich von sich weisen
können, auch die mit tragneyen nicht allzusehr beladen und welche bey dem gemeinen
Weesen keinen verrechnenden- oder schul-dienst über sich haben oder aber alß amtleuthe aufgestellt sind, doch behält sich ein löblficher] magistrat jederzeit die weitere
erkanntnuß und bestimmung bevor.//
Art: 3 Was die trägere sodann zu beobachten und worinnen ihre pflichten bestehen,
solches wird jedem bey seiner bestättigung auf sein handgelübd deutlich furgehalten,
wer aber dannoch weitere nachricht nöthig hätte, der kann solche nach der dem löblfichen] waysen amt zugestellten und publicirten Verordnung dort selbsten jederzeit
einholen. 36 //
Titulus VI Von contracten über ligende güter und darauf hafftender gerechtsame, deren verpfänd- und veräusserung, bewohn- und besteurung, auch
deren anfall betreffend.
Art: 1 Alle die über die jnnerhalb den friedsäulen gelegene und ausser denselben in
kauffrecht stehende güter und alpwayden mit auswärtigen auf eine verpfand- oder veräusserung abzielende contracte, sind vermög privilegii caesarei von Ferdinando I.mo
glorissima memoria schon an unnd 37 vor sich null und nichtig und solle derjenige, der
sich dessen dannoch unterstehen würde, in die angefugte straffe von zwanzig marck löthigen golds verfallen seyn, so sich aber dannoch zutrüge, daß ein fremder eines hiesigen bürgers in der Stadt oder in dem kauffrecht gelegenes guth habender forderung
wegen an sich ziehen oder ihme solches adjudiciret werden müßte, so mag zwar ein
fremder dasselbe nach Stadt recht wie auch der Steuer und andern oneribus unabbrüchig
35
36
37
Von gleicher Hand verbessert aus „vatters".
Nachtrag am Rand: Und da nunmehr in der öffentlich bekannt gemachten tragneyordnung [von 1799] die
pflichten der trager und beystände umständlich bestimmt sind, so wird jedermänniglich dazu aufgefordert, in
allen vorfallenheiten nach dieser gesezlichen Vorschrift sich genau zu benehmen.
Von anderer Hand am Rande: Privilegiums Kaiser Ferdinand/ glorreichsten andenkens.
152
Die
Reichsstädte
ein- oder höchstens zwey jähr besizen und dasselbe durch eine verburgente person verwalten lassen, doch solle er, nach umfluß dieser zeit schuldig seyn, das guth wiederum
freywillig oder durch die ganth zu verkauffen.//
Art: 2 Niemand ist befugt ohne obrigkeitliche erlaubnus von seinen liegenden gütern
einem fremden das mindeste zu verleyhen, bey straff zehen reichs thaler.//
Art: 3 Auch solle ohne obrigkeitliches vorwissen und einwilligung unter gewarneter
schwerer bestraffung und der mitfolgenden cassation des Unternehmens sich niemand
beygehen lassen, auf seinem kauffrecht guth mit oder ohne consens von dem fürstl.
stifft etwas gegen die vorige form zu verändern, zu erweitern, zu erhöhen oder gar neu
zu bauen, noch weniger aber von gedachtem stifft auf sothane güter sich einen grundzinß oder beschwerung legen zu lassen.//
Art: 4 Die überligende gründe, inn- und außerhalb der Stadt, wie auch über die
kauffrechtgüter schließende kauff-, tausch-, cessions und andere contracte, wie sie
ohnehin schrifftliche documenta erfordern, sollen in der canzley deutlich und zwar
mittelst eines von den patheyen und allenfallsigen beyständen oder gezeugen subscribirten-, jähr und tag begreiffenden aufsazes angegeben, nach umfluß vier wochen mit ein
gulden 30 kr. von jedem hundert gelöhnt, die solenne kauffbrief dortselbsten gefertiget
und solche, wann nirgend keine einrede vorhanden, hierauf in gegenwarth der partheyen
gesigelt werden.//
Art: 5 Da der canzley fürgeschrieben ist, wie sie in Verfertigung der neuen briefen zu
verfahren und daß sie sich insbesondere nach denen jüngst vorangegangenen legalen
documenten zurichten, im fall aber durch die aftmahlige vererbung mittelst länge der
zeit etwas dunkel worden wäre, oder die contrahirende partheyen neuere umstände hierin gebracht wissen wollten, solches änderst nicht geschehen lasse oder befolgen solle, es
seye dann entweder die gebührende rückfrage bey löbl. burgermeisteramt beschehen
oder die theilnehmere und anstössere und weme sonsten noch daran gelegen seyn könnte, darüber genüglich vernommen worden, so solle sich männiglich hiernach geziemend
achten und der canzley ein mehrers nicht anmuthen.//
Art: 6 Die recompense, so über zwey-, höchstens drey ducaten oder deren wehrt belauffen, sind bey verkauff- und vertauschung liegender güther verbotten.//
Art: 7 Die wein käuffe sollen bey burgern höher nicht als auf ein per cento und bey
denen löbl. pflegen, auch wittwen und waysen nicht weiter denn auf einhalb per cent
gestattet seyn.
Art: 8 Nur allein die in der canzley gefertigte Obligationen oder schuld- und zinsverschreibungen haben in concursfällen das ihnen den rechten nach bedingte vorgangsrecht
Nr. 4: Kempten
153
zu genießen, gleichwohl aber werden die jura personalia deren in der gerichtsordnung
und den gemeinen rechten bemerckten praelationsfallen hiedurch nicht aufgehoben.//
Art: 9 Die abgelößte schuld- und zinßverschreibungen sollen zum cassiren in die canzley gebracht und die transporte daselbst verrichtet werden.//
Art: 10 Bey angebung der schuld verschreibungen auch kauff und tausch brief müssen
die auf dem zu verpfänden stehenden fundo hafften, die passiva und real onera nebst
zinß und zinssen und zwar bey gewartender straff getreulich entdeckt werden.//
Art: 11 Die abtheilungen ligender güter, es seyen sodann häußer oder herbergen, felder,
wiesen oder gärten, sind änderst nicht alß unter obrigkeitlicher authoritat gestattet, widrigen falls aber werden die eigenmächtig unternommnen abtheilungen alß ungültig
angesehen und die vermeyntlichn contrahenten zur ahndung gezogen.//
Art: 12 Denen eitern ist nicht vergönnt, bey ihren lebzeiten denen kindern ihre ligende
güter ohne obrigkeitlichen consens zuübergeben.//
Art: 13 Die bierbräu-, weinschenckens, bronnen-, breur- und andere gerechtigkeit können ohne obrigkeitliche einwilligung von keinem haus in das andere transferiret werden.//
Art: 14 Niemand solle inn- und ausserhalb der Stadt, daß ist innerhalb der fried-säulen,
ohne vorwissen und consens eines wohllöblfichen] magistrats fremde personen einnehmen, bey straff zehen gulden.//
Art: 15 Auf burger- und kauffrecht güter jenseits der Jller, in St. Mangen pfarr, mögen
ausser den Stifft Kemptischen angehörigen auch fremde huebersleuthe, diesseits der
Jeler in St. Lorenzer pfarr aber allein Stifft kemptische unterthanen eingesezet werden,
jedoch nur ein baar ehegenossen oder aber einzelne wittiber, wittwen oder ledige
person.//
Art: 16 Eben diese anzahl von huebern, so onbey obangesezter straff auch innerhalb den
fried säulen observiret, die aufnahm derselben von jedem burger bey löblfichem] magistrat nachgesucht, auf deren traun und ehrlichkeit gute achtung gegeben und wo dem
hauswürth eines solchen huebers oder der seinigen schlechtes betragen bekannt würde
und jener diesen nicht beizeiten abschaffete, der bürger selbst zur Verantwortung, auch
wo jemand schaden geschehen, zu desse ersaz gezogen werden.//
Art: 17 Ein jeder burger hat das seinige getreulich zu versteuren, sintemahlen was nicht
gebührend versteuret worden, dem fisco heimgefallen ist.//
154
Die Reichsstädte
Art: 18 Bey ligenden gütern darf in absieht der Steuer alß eine passiv-post nichts anders
abgezogen werden, als was jeder von einem hiesigen bürger erweißlich darauf aufgenommen. Fremde posten aber werden als bürgerliches eigenthum angesehen und bleibender Steuer jederzeit unterworfen.//
Art: 19 Die liegende güter sollen bey erbs-abtheilungen um einen billigen werth angeschlagen und in dessen ermanglung eine unpartheyische taxation furgenommen
werden.//
Art: 20 Auf der ganth fället in absieht der burger gegen burger, nicht aber wann es
fremde angehet, alle anfalls gerechtigkeit hinweg. 38 //
Art: 21 Zum anfall berechtigte sind die theilnumern eines hauses oder herbergen und
die mitinhabere eines gemeinschafftlichen guths, welche beiderseits denen anverwandten vorgehen, sodann leibliche eitern, söhne, töchtere, geschwistrige von 1. und 2. banden, wie auch des verstorbenen sein- oder zweibändige bruders oder schwester kind, et
sie vice versa.//
Art: 22 Derjenige, der den grössern antheil eines gemeinschafftlichen guths besizet oder
der in einem haus die mehrern oder beträchtlichere herbergen inn hat, ziehet denen
mindern theils mitinnhabern vor und so gebühret auch in betracht der anverwandtschafft
dem männlichen vor dem weiblichen geschlecht das Vorrecht.//
Art: 23 Wann bey vertauschung zweyer grundstücke die geldt aufgabe sich nicht höher
als das dritte theil des Werths belaufft, so findet kein anfall statt.//
Art: 24 Bey dem anfall sollen keine gefährden gespielet und bey sich aufsteenden verdacht dem eint- oder andern theil der eyd der boßheit auferleget werden, so nun aber
eine gefährde würcklich in den Vorschein käme oder sich ergäbe, daß der anfaller den
kauffschilling nicht zu bezahlen oder unverlängt aufzubringen vermögend wäre, so ist
derselbe neben cassation des anfalls und bezahlung der Unkosten sammt der anfalls
gebühr in obrigkeitliche straffe verfallen.//
Art: 25 Wer ein ligendes guth anfallet solle dasselbe zwey jähr lang eigenthümlich
besizen und dem kauffer vor jedes hundert einen gulden erlegen.//
38
Diese beiden Zeilen wurden durchgestrichen, am Rand folgender Text von der gleichen Hand nachgetragen:
Auf der von Strafgerichts wegen über einen gemein Schuldner vorzukehrenden gant fallt das anfallrecht eines
bürgers gegen den andern gänzlich weg. Jedoch bleibt jeder bürger befugt, das von einem meistbietenden
auswärtigen erstandene grundstück anzufallen, bey gütlicher Versteigerungen hingegen, die entweder von dem
eigenthümer selbst oder aber von den tragern unmündiger oder den beyständen der frauenspersonen vorgekehrt werden, behält das anfallsrecht seine volle anwendung.
Nr. 4: Kempten
155
Art: 26 Wer aber sein liegendes guth zu verkauffen Vorhabens und einen anfall besorget
solle denen mitinhabern des guths oder den obgedachten anverwandten den preiß und
die bedingsnüsse, wie er es zuverlassen gedencket oder solches anzubringen gelegenheit
hat, ohne allen hinderhalt durch ein baar männer anzeigen und eben diese anzeige in der
canzley niederschreiben lassen, wo nun innerhalb 4 wochen und 3 tag von der zeit der
ertheilten oder erhaltenen wissenschafft an kein anfall sich ereignete, so sollen die
anfallsberechtigte ausgeschlossen und der kauff gültig und unangefochten seyn, im fall
hingegen der wahre preiß oder conditiones verschwiegen worden wären, so ist der
verkäuffer in strafe verfallen und der anfall bleibet denen berechtigten offen.//
Titulus VII Von versend- und verkauffung der guther und waaren, auch des
fleisches und anderer theilschften, wie auch die hiesige mühlin betreffend.
Art:l Die von hier abgehende waaren sollen durch keine Schleichwege, sondern allein
auf denen haubt-, heer- und landstraßen, so die gemeinetdaS
Stadt zu unterhalten anhero und
hinweg gebracht, wie auch der zoll auf keine weise abgeführt werden.//
Art: 2 Sodann sind die kauffmanns güther in dem güther stadel, hingegen käß, schmalz,
butter, seiffen, unschlitt und leinöhl im käßhaus abzuladen und abzuwägen, die denen
burgern anhero kommende salz fasser sollen in das städelen am Maul-Marckt geliefert,
das salz im kleinern verkauff aber, oder was jeder burger in sein haus gebrauchet im
salzhaus genommen und der flachs von dem geschwornen flachswägen gewogen
werden.//
Art: 3 Wer sich in seinem gewerb eines andern als des hier gepachteten maases, ehlen
oder gewicht bedient, ist in obrigkeitliche strafe verfallen.//
Art:4 Aller cotton, bombasin und schurbarchet und hier gewürckte leinwath, es werde
hier oder anderwo ganz oder verschnitten verhandelt solle geschauet, gezeichnet und gebührend verzollet werden.//
Art: 5 Aller für- und winkel-kauff in victualien, zumahlen aber in dem käßhaus von
dem käßmeister selbst, ist verbotten und solle denen huklern vor 10 uhr käß, schmalz
oder dergleichen einzukauffen nicht gestattet seyn, auch werden die tailschafften auf
den öffentlichen marckt verwiesen, woferne sich aber dannoch jemand der baurschafft
entgegen zu lauffen, auf der gassen anzuschreyen und fürkauff zutreiben unterstehen
würde, solle ohne ansehen der person gestraffet werden. Desgleichen solle sich niemand
unterfangen, verdächtige und tief unter dem preiß zu stehen kommende sachen, zumahlen von verdächtigen personen, einzukauffen oder zu gewärtigen, daß man neben unent-
156
Die
Reichsstädte
geltlicher herausgab oder erstattung des werths in eine angemessene straffe werde verfället werden//
Art: 6 Das fleisch solle in der allhiesigen mezg erkauffet und nicht so leicht durch fiirübergehung derselben weder dem aerario noch den mitverburgerten mezger handtwerck
einiger schaden und nachtheil zugezogen, hingegen die burgerschafft mit guter waar
und gericht bedienet, auch der obrigkeitliche tax auf keinerley weise überschritten
werden.//
Art: 7 Jeder burger mag in einem jähr ein rind und ein schwein oder anstatt des
schweins ein schmal rind ohne bezahlung des gewohnlichen aufschlage schlachten, über
welche anzahl die würthe noch weiter ein ganzes oder zwey halbe rinder, jedoch mit
entrichtung des besagten aufschlage zu mezgen die erlaubniß haben.//
Art: 8 Mehr als zweyen burgern ist nicht gestattet miteinander zu schlachten und wer in
seinem nahmen mezget, das fleisch aber sodann einem andern Überlässet, ist in zehen
gulden straff verfallen.//
Art: 9 Die mezgere, welche wie andere burger in das haus mezgen, seynd bey gleicher
straffe schuldig, wegen dem mezgenden rind bey dem Kleezoller [Landzöllner] einen
zettel zu lösen, das stück vieh schauen zu lassen und solches in der mezg zu schlachten,
hiervon aber einem andern nichts zukommen zu lassen oder zu verkauffen.//
Art: 10 Niemand ist befugt seine früchten anderstwo, dann allein in denen mit kostbarem unterhalt verbundenen und zum gemeinen wesen gehörigen, auch dahin contribuireden hiesigen mühlen mahlen zu lassen, es werden deroselben die, so das gegentheil
zu practiciren, sich fürohin unterstünden um so gewißer zu unausbleiblicher straffe gezogen werden, alß nunmehro mit vieler mühe die nöthige Vorsehung geschehen, daß
jedem das seinige gebührend zu theil werden muß und denenjenigen, welche gleichwohlen begründete beschwerden zu haben vermeynen, aber solche sogleich auf der
stelle bey der behörde anzubringen keinen anstand nehmen, man nicht nur jederzeit
williges gehör verleyhen, sondern auch denenselben befindenden umständen nach die
gebührende satisfaction wiederfahren lassen wird, und werden dahero die thorwärthe
ernstlich erinnert, auf die übertrettere dieser Verordnung genaue obacht zu halten und
solche gehöriger orthen ohnverlängt anzuzeigen.//
Titulus VIII Von verschiedenen zur policey gehörigen sachen.
Art: 1 Niemand ist befugt ein haus abzubrechen und ohne besondere obrigkeitliche
concession einen stadel, stall oder garten daraus zu machen.//
Nr. 4:
Kempten
157
Art: 2 Ohne obrigkeitliche erlaubnus sollen zünffte und handwercker mit auswärtigen
handwercken nichts correspondiren oder etwas verhandeln, bey der in den reichsgesezen darauf gelegten straff von 20 reichsthalern.//
Art: 3 Das ausschütten allerhand unraths oder s. v. urins auf offenen gassen ist bey 3
reichsthalern verbotten, auch solle weder urbau, [h]auskehricht, am wenigsten aber
laubstücke oder andere hölzer auf die strassen und an die häußer geleget, noch auch in
den Mühlbach getragen oder vor das badthörlen hingeworffen, am allerwenigsten aber
neue tunglegen [Jauchegruben] gegen die gassen errichtet werden. Insonderheit wird
ernstlich und bey straff 10 reichsthaler verbotten, urbau- und andere dergleichen schedliche sachen in den Stadtbach zu werfen, wohingegen bey denenjenigen burgern, die zu
aufbehaltung des kehrichts keine eigene gelegenheit in ihren häusern haben und solches
in fassern oder andern geschirren wöchentlich aufbehalten, dasselbe sodann durch das
bauamt mittelst eines karrens abgeholt und weggeführt werden solle.//
Art: 4 Das sandgraben auf der Alten Bleich und zu St. Leonhard an der neuen strasse ist
verbotten.//
Art: 5 Wer mit einschlagung roß oder vieh in gärten, bainden, feldern oder rainnen
[Rain] jemand einigen schaden zufüget, ist neben dem ersaz in straffe verfallen. Und da
die gärten- und felddieberey allzustark einreissen will, so sollen diejenige die darüber
ertappt werden, nicht nur mit einer hohen geld- sondern auch mit einer schimpflichen
leibesstrafe gebüsset werden.//
Art: 6 Des waydens an und in den gräben oder der neu erbauten strassen solle sich
jedermann bey ohnausbleiblicher straffe enthalten.//
Art: 7 Unsaubere geschirr oder garn, tuch, hüte, gerber-hauth und raiff oder was sonst
unrainigkeit verursachen könnte sollen [in] bronnenbetter [eingefaßte Brunnen] nicht
getuncket oder gelegt werden.//
Art: 8 Wer eine bronnen stube eigenmächtig eröffnet ist in eine straffe von 2 reichsthaler verfallen.//
Art: 9 Sommerszeit sollen die bronnenbetten alle monathe früh morgens gereiniget und
wieder mit wasser eingelassen werden.//
Art: 10 Wer unschlitt oder schmalz auslassen oder auch öhlfarb auf dem feuer zubereiten will, solle dieses in einer geräumig wohlverwahrten küche oder in einem hierzu
schicklichen hoff unter freyem himmel verrichten.//
158
Die Reichsstädte
Art: 11 Das allzuvielfaltige und allzuhohe holzbeugen in der Stadt, zumahlen auf regen
Strassen, an eckhäusern und auf dem Stadtbach ist verbotten, auch solle man das gebeugte holz länger nicht, dann 8 tag auf offener gassen stehen lassen.//
Art: 12 Vor 5 uhr morgens und nach 7 uhr abends, auch wenns dunckel, solle niemand
bey freyem bloßen licht dreschen lassen.//
Titulus IX. Von erscheinung vor auswärtigen gerichtsstellen und wie man
sich bey rath und gericht, vor feld- und bauschauen zu verhalten, auch von
dem bauen selbst.
Art: 1 Wer vor ein kayserl. land- oder hoffgericht citiert wird, solle es zuforderst in dem
löblichen] burgermeisteramt melden, um denselben behörig abfordern zu können und
wer fremde vor eines der jetzt besgten gerichte belangen wollte, hat solches bey
wohlgedachtem burgermeister amt zuvor anzuzeigen, dabey überhaupt zu mercken, daß
die hiesige burger und jnnsassen einander bey verlust des burgerrechts und des beysizens vor fremde gerichte nicht ziehen sollen.//
Art: 2 Ohne obrigkeitliche erlaubnus solle niemand vor des benachbarten fürstlichen
stiffts Kempten hoff- oder cammerrath, auch forst- und pflegämmtern erscheinen und
wenn solches gestattet worden, von dem, was vorgegangen, wieder referiren, bey 4
reichsthaler straff.//
Art: 3 Wer vor allhiesigem rath odergericht etwas furtragen zu lassen die erlaubnus
erhalten, ist verbunden, noch des tags zuvor einen herrn fursprech zu erbitten und denselben zu informieren oder zu gewärtigen, daß er vor dieses mahl abgewiesen werde.//
Art: 4 Bey bau- und feldschauen sollen die partheyen ihre brieffe und documenta durch
welche sie zum besiz des mit strait befangenen grundstücks gekommen oder in welche
brief es seyn mag, daß davon gehandelt wird, getreulich für legen und das productum
darauf notirt wird.//
Art: 5 Wann von bau- oder feldschau urtheln nicht in Ordnung und zu rechter zeit appellerei worden, so hat sich eine löbl. bauschau an Vollstreckung der execution nicht
hindern zu lassen.//
Art: 6 Wer in bau- und feldschau sachen zu apelliren gedencket, mag solches entweder
ohne verzug vor noch sizender bauschau oder doch wenigstenns innerhaln der ersten 24
stunden bey dem herrn bauschau directore verrichten, dabey aber einjeder schuldig ist,
die acta prima instantia zu begehren und solche in der canzley auszulösen, nicht
Nr. 4: Kempten
159
weniger dorten respective fi. 20.- oder fi. 40.- wegen künfftigen Unkosten zu erlegen,
auch die interponirte appellation noch vor ablauf der unmittelbar aufeinanderfolgenden
10 tage bey einem wohllöblfichen] magistrat zu introduciren oder es solle die appellation alß desert angesehen und die muthwillige appellanten zur straff gezogen
werden. 39 //
Art: 7 Wann keine besondere Servitut oder gerechtigkeit vorhanden, so ist das
einzäpffen in des nachbars haus gänzlich verbotten und solle jedesmahls mit
vorzüglicher Sorgfalt diesertwegen verfahren werden.//
Art: 8 Wer gegen- oder auf die Stadt maur und gemeiner stadtgebäude, auch an- oder
auf die reichs straße oder sonsten gegen das gemeinen wesens, grund und boden etwas
bauen, graben, th[e]illen, zäunen oder dergleichen vorzunehmen willens, hat solches zuvor bey dem löblichen] bauamt anzuzeigen und solle ehender keine hand angelegt
werden.
Auch wird//
Art: 9 Denen allhiesigen maurer- und zimmer-, nicht weniger denen hafnermeistern
alles ernstes aufgegeben, weder selbst noch durch ihre gesellen einem bauherrn zu lieb,
ob auch gleich in dem seinigen nichts gefahr erweckendes zu bauen oder herzustellen,
sondern es werden dieselbige sowohl alß auch die nachbarn hiermit obrigkeit[icher].
angewiesen, von einem solchen vorhaben bey wohllöbl[iche]m burgermeister amt die
uneinstellige anzeige zu machen und fernem Verordnung zu gewärtigen.//
Art: 10 Was die waasenasche belanget, so lässet man es bey denen alten Verordnungen,
daß nemlich solche durch die öscheu [Flurwächter] abgeholet und ihnen guthwillig
abgefolgt werden solle, bewenden, es wäre dann, daß jemand zu deren Verwahrung
einen geschlossenen, von holz und anderen feuerfangenden materien befreyten orth bey
der jährlichen] feuerschau aufzuweißen und dieselbige daselbst versorgt hätte.//
39
Es folgt als Nachtrag von gleicher Hand am Rande: Und da seit einiger zeit die partein nach ausgesprochener
bauschau urthel statt die appellation inner der vorgeschriebenen zeit gehörig einzuwenden bey einem wohllöbl[ichen] magistrat unter dem vorwand erst aufgefundener dokumente oder ehemaliger grundmauren um eine neue baugescheinigung eingekommen und eine art von revision nachgesucht haben, diese revision aber
schlechterdings nicht zu gestatten ist, so wird hirmit gesezlich verordnet, daß, welcher bürger durch eine bauschau urthel sich beschwehrt vermeint, allein die appellation in gehöriger zeit nicht eingewendet haben wird,
mit seinen angeblichen neuen urkunden oder spuhren des ehemaligen gebäudes nicht gehört, sondern die
rechtskräftig gewordnen bauschau urthel ohne weiters vollstreckt werden solle.
160
Die
Reichsstädte
Titulus X. Von fischen und jagen.
Art: 1 Zwischen den zwey wuhren an den mühlinen hinunter biß zur Kaz und in dem
Mühlbach solle sich außer dem stadtfischer niemand unterstehen zu fischen oder einen
rothen [Flußkrebs] zu stechen oder zu fangen.//
Art: 2 Alle arthen von garn und bernen [Fischernetze], die nicht einen starcken zollweit,
wie auch das sonntagliche und nächtliche fischen nebst dem schnüren legen ist bey
hoher straffe verbotten.//
Art: 3 Niemand solle in dem mitjagens bezürck jagen oder hezen, er seye dann bey der
jäger compagnie eingeschrieben und da die mitjagens Ordnung der compagnie alle jähr
verlesen werden wird, so lässet man es bey derselben lediglich bewenden und mag sich
jedermänniglich vor straff- und schaden zu hüten von selbst bedacht seyn.//
Titulus XI
Art: 1 Daß ein jeder burger sein eigenes ober- und untergewöhr besizen und jenes
behörig zeichnen lassen müße, solches wird hiemit unter der darauf gesezten straffe von
10 reichsthaler wiederholet.//
Art: 2 Vor erfüllten 65 jähren seines alters solle, wer nicht ohnehin amts oder diensthalber der wacht befreyet ist, niemand aus der wacht oder von dem wachtgeldt frey gelassen werden, doch will man noch ferner gestatten, daß diejenige burger, so das 60.ste
jähr erreichen, eben nichtsrpieca
praecise bey jeder musterung zu erscheinen haben.//
Art: 3 Bey jedesmahl fürzunehmender musterung hat sich ein jeder burger, der unter
dem gewöhr stehet mit seinem eigenen ober- und untergewöhr gebührend einzufinden,
schuldige parition zu leisten und sich bey dem abzug ruhig und still zu verhalten.
Nr. 5: Lindau
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Nr. 5: Lindau: „Reformirte Policey-Ordnung Lindaw"
von 1673/ 169740
Wir burgermeister vnd raht deß heylfigen] reichs statt Lindaw geben allen vnd jeden vnseren bürgern, schirmbß verwandten, vnderthanen vnd allen denen, so vnß zu
versprechen stehen, hiemit zuvernehmen.
Obwohlen von vnseren vorfahren schon vor vilen jähren zu außrottung deß bey
hiesiger statt einreissenden schädlichen kleiderprachts vnd hoffart, der übermachten
kostbarkeit bey mahl- und hochzeiten, der sündhafften Verschwendung der milden
gaben gottes, der sauff- und füllerey, deß gottslästerlichen fluchen und schwehrenß,
entheiligung deß sabbathß, geiz, wucher, vngehorsam, untrew und anderen dergleichen laster, wolbedächtlich abgefaßte und vnserer bekhandten policey Ordnung mit
eingeruckhte heilsame versehung beschehen, so haben wür aber doch jezo bey vilen
jähren hero mit sonderbahrem grossen obrigkeitlichen mißfallen wahr nehmen müssen, daß fast alle guhte Ordnungen gleichsam mit füssen getretten, der übermäsßige
kleiderpracht und hoffart ie länger ie höher getriben, daß fast kein grad mehr von
dem andern zu underscheiden, das gottslästerliche fluchen und schwehren, die verdamliche fullerey und trunckhenheit, wie auch alle oberzehlt und andere laster
gleichsam im höchsten grad und schwang daher gehen wollen. Dannenhero wür in
erinnerung unßerer obligenden obrigkeitlichen amptßgebühr, sonderlich bey gegenwärtigen schwehren geldarmen Zeiten, bey jezigen sorglichen kriegs- und sonst gefahrlichen läuffen, bey sovil vorgegangenen erschröckhlichen zeichen und cometen,
da wür änderst nicht deß allmächtigen gottes gerechte raach und straff über unß und
gemeiner statt und land ziehen wollen, für eine unumbgängliche notturfft erachtet,
solchen überhand nemmenden unheil und lästern mit gehörigem ein sehen zeit- und
ernstlich zubegegnen. Zu solchem und wür unßer hieuorige policey Ordnung von
newem reiflich bedacht und erwogen, selbige nach gestalt und jezigen Zeiten läuff
und eingeführten neuen manieren etlicher massen geändert und erneuert, auch waß
ein und anderer stand zutragen befuegt oder dem selben verbotten seyn solle, in
gegenwärtige Ordnung vnd zu männiglichs nachricht aufs new publiciren lassen.
Wornach sich dann, zu Vermeidung empfindlich obrigkeitlich abstraffung, auch ein
jeder zu richten wissen wird.//
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StaatsA Augsburg, Reichsstadt Lindau, MüB, n. S. 34. Die Polizeiordnung von 1673 wurde 1682 und
1697 ergänzt und erneuert. Die Edition folgte dem Text der ,,Reformirte[n] Policey-Ordnung Lindaw"
von 1697. Wegen der zahlreichen Ergänzungen stehen diese, durch eckige Klammern gekennzeichnet,
im Text und nicht in den Fußnoten.
Die
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Abb. 2
Die Lindauer Polizeiordnung steht in mehreren Teilen noch ganz in der Tradition konfessionsbetonter
Verfugungen. So wird sie auch als eine „christliche zucht- und policey-ordnung" bezeichnet, die in
ihrem ersten Teil (von gottslästern, fluchen und schwören) unmißverständliche Akzente setzte.
Aus der: ,,Reformirte[n] Policey-Ordnung Lindaw" von 1673/ 1697; StaatsA Augsburg, Reichsstadt
Lindau, MüB, Nr. n. S. 34
Nr. 5:
Lindau
Abb. 3
Reichstädtische Intitulatio und Text der Ordnung, die zu Beginn in der Tradition der Kleider- und
Standesverordnungen steht mit Verboten zu Luxus und Hoffahrt
Aus der: ,,Reformirte[n] Policey-Ordnung Lindaw" von 1673/1697; StaatsA Augsburg, Reichsstadt
Lindau, MüB, Nr. n. S. 34.
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Die
Reichsstädte
Christlicher zucht- und policey-ordnung erster theil.
I. V o n gottslästern, fluchen und schwören.
Vnd zwar anfänglich wollen wür unsere bürger, schirmbß verwandte, vnderthanen
und alle, die vnß zu versprechen stehen, mann vnd weibß persohnen, jung und alt,
ledig und ehelichen standß, ohne vnderschied hiemit obrigkeitlich erinnert und ermahnt haben, deß gottslästerlichen fluchenß und schwörenß und aller anderer
leichtferttigkeit sich zu enthalten und daß so wol herr- und meisterschafften für ihre
selbst eigene persohn sich dißfahlß fleissiglich fürsehen, alß auch ihr haußgesind
und angehörige von disem verdamlichen laster ernstlich abmahnen und für gewartender straff verwarnen sollen. Vnd weilen bedaurlich zue vernemmen, wie daß
auch die junge knaben auff den gassen, sonderlich auff denen spill pläzen und zwar
voraus die auf dem land, des gottslästerlichen fluchenß und schwährenß sich gewöhnen, welches theilß von liederlicher, ohnuerantworttlicher kinderzucht, daß man
auf solche kinder kein achtung gibt oder sie nit darumb straffet, theilß von denen
gottloßen eiteren selbß herrühret, welche dergestalt darinn erstarket, daß sie kein
wordt bald reden können, es muß ein schwur darbej seyn, so eine verdamliche, vor
Gott nimmermehr verantworttliche sünde ist, womit solche ellteren sich und ihren
kindern alles unglückh und fluch auf den halß ziehen, ja gar dem täufel muhtwillig
in den rächen stekhen. Alß wird insonderheit denen eiteren in der statt und auf dem
land hiemit ernstlich eingebunden, daß sie hierinnen auf ihre kinder, vmb welche
sie vor Gott rechenschafft dermaleinß geben müsßen, fleissige acht haben vnd sie
von solchem landßverderblichen fluchen und schwöhren, womit aller seegen vertriben wirdt, ernstlich abhalten vnd sich auch selber dafür hüeten. Dann welcher oder
welche wider dises gebott etc. etc.
Welcher oder welche aber wider dises gebott vnd verbott mit gottslästern, fluchen und schwöhren sich vergreiffen, der oder diejenige sollen nach eines
ers[amen] rhatß erkhantnuß, nach befindenden vmbständen ernstlich gestrafft werden.//
II. V o n entheiligung deß sontags vnd gottesdienst.
Darnach vnd weilen gott der allmächtige nicht nur den vormittag, sondern den ganzen sabath zu heiligen hoch gebotten und denselben gar nicht zum müssiggang,
vilweniger zum spihlen, zechen, spazieren und wollüsten oder auch zu weltlichen
leibsübungen, sondern zu seinem dienst verordnet; benebenß die angestelte sonderbahre bueßpredigten und gebett vmb noch immer fürwehrender allgemeiner noth
und gefahr willen billich auch an dienstägen fortgesezt werden, so soll ein jeder
hauß vatter und hauß mutter, ja männiglich, jung und alt, groß und klein, reich und
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arm, waß stands, ampts und wesenß die sind, hiemit erinnert seyn, die sonn- und
feürtäge andächtig zuheyligen und zuhalten, an denselben, wie auch an bueß- und
bettägen in der wochen, die predigten göttlichen wortts, litaney und bueß gebett in
der kirchen fleißsig und ohnunderläßlich zubesuchen und die ihrige möglichst mit
zunehmen. Die werkhstätt, läden, zünfft- und schenckh keller in der statt und auff
dem land under solcher zeit [von gleicher Hand eingefügt: beschlossen] zuhalten,
das ärgerliche sizen, stehen und schwäzen vor der kirchen, auff der gassen und pläzen, so wol vnder der sonn- und feürtäglichen mittags- und vesper- alß vnder der
morgen- und bueßpredigten meiden, alle handarbeit, failschafft, kauffen vnd verkauffen [es folgt Nachtrag von derselben Hand am Rand: wie auch die obß käufflerinen an dem gewohnlichen obß markhs bej straff und fiirweg nemmung ihrer feilschafften] under wehrenden, ieztgemelten predigten allerdings [Nachtrag von
gleicher Hand: sich zu bemüessigen], insonderheit auch an sonn- und fehrtägen das
ohnnötige außlauffen und spazieren für das thor, vor und zwischen denen predigten
mit versaumung deß gottesdiensts biß nach der vesper predigt einzustellen. Dannenhero sollen die thorwärter sonderlich achtung darauff geben [Nachtrag: vnd] diejenigen, so ohne erhebliche Ursachen zu obbemelten zeiten hinaus gehen, verwarnen,
auffschreiben und hernach dem herren amptßburgermeister [darüber: obmann des
policey gerichtß] anzaigen. Eß soll auch in den kirchen, so wol in der statt alß auff
dem land, sich menniglich aller bescheidenheit zu gebrauchen deß zanckhenß,
schwäzenß und anderer ungebühr [Nachtrag von derselben Hand am Rand: wie
auch deß ohnnöthig früehzeitigen außlauffens an sontag morgen vor der offenlichen
allgemeinen beicht vnd gesprochenen absolution] sich zu enthalten erinnert. Da
aber wegen der stühl oder sizgerechtigkeiten irrung und strittigkeiten vorfielen,
sollen selbige darmit entweder für das zuchtgericht oder aber für die herren kirchen
pfleger (welche nach unserer fürgeschribnen Ordnung und gesäz sub lit. A. hierbey
gelegt, zuerkhennen haben) gewißen seyn. Da auch jemands in der kirchen, under
wehrendem gotteßdienst ohnnötiger weise schwazen oder an obbestimbten tägen
under der predigt über der arbeit oder auf der gassen am schwazmarckht betretten
werden, schenckh keller offen oder sonst [von gleicher Hand gestrichen: fail] haben, in der kirchen umb die stühl zankhen oder andere ungebühr treiben, der oder
diejenige sollen nach beschaffenheit ohnnachläßlich gebüesßt werden. Jedoch mögen schmid, sailer, wagner und dergleichen handwerckher mit ihrer notharbeit, auch
die wührt mit darreichung speiß und tranckhß, die durchraißende wegfertige leüth
zu aller zeit wol beforderen. Im übrigen vermahnen wür hiemit menniglich alleß
ernsts an den werckhtagen den vnchristlichen müssiggang, alß ein polster deß laidigen sathanß zumeiden und wollen insonderheit alle taglöhner zu getreuer und rechtschaffener Verrichtung ihrer tagwerckh, andere aber, welche bey ihrem berueff
übrig und müssig zeit haben, in betracht, mann gott dem allmächtigen, wie man selbige angelegt, rechenschafft zugeben hat, zu lesung nuzlicher so geist- so weltlicher
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Die
Reichsstädte
b٦cher erinnert, auch vnß obrigkeitlicheß einsehen wider vntrewe arbeiter und ärgerliche müssiggänger vorbehalten haben.//
III. Von der kinderzucht.
1.
Sintemahlen auch zu pflanz- und erhaltung christlicher erbarer und guter policey
und gemeinen wesenß ein rechtschaffen christliche und eyferige kinderzucht höchst
nöthig ist, so wollen wür allen elltern, vögten und vorgesezten in der statt und auff
dem land hiemit ferner [Nachtrag von gleicher Hand: ernstlich] anbefohlen haben,
daß ein jeder bey dem seinigen ein solche eyferige und besster kinderzucht, alß bißhero leider, bey vilen verspühret worden, flirohin anstellen und fleissig darob halten, seine kinder und anvertrawte jugend, groß und klein, bey zeiten und ohne vnderlaß zue gottesforcht und erbaren christburgerlichen leben, zucht, tugend und
fleissiger arbeit trewlich ziehen und treiben, ihnen auch selbst mit gutem exempel
vorleüchten und sorgfaltige achtung auff sie geben, hergegen sie in keinen weg versäumen, noch auß schuldiger obacht fahrläsßig lasßen, vilweniger ärgern, übel anweißen oder auch zum müsßiggang, trunckhenheit, hoffart unzüchtigem reden, tanz
oder anderer ungebühr anlaß und bößes exempel geben soll. Sonderlich aber sollen
alle und jede elltern und vorgesezte ihre leibliche oder anbefohlne kinder strackhs
von kindheit ahn im gebett und articuln christlicher religion wohl vnderrichten, benebenß die selbe in die kirchen zur predigt und gebett, in Sonderheit auch [Nachtrag
von derselben Hand am Rand: zu der so wohl in der statt alß auf dem land angestelten kinderlehr] auff dem land zu der kinderlehr, deßgleichen in die schulen zeitlich
und fleissig schickhen, und nicht zu früh [Nachtrag am Rand: noch ohnexaminirt]
darauß nemmen, sie zum gehorsam und schuldiger ehrerbietung gegen unß der
obrigkeit, denen herren predigern, praeceptoribus, schul- und lehrmeistern, eitern,
Vormündern und anderen vorgesezten; ja insßgemein gegen alten, ehrlichen und
flirnemmen, auch frembden leüthen vnd sonsten zu aller christburgerlichen erbarkeit mit eyfer anweißen, ihnen einichen schwur, unzucht, muhtwillen, truz, ungehorsamb und halßstarrigkeit, noch auch den schäd- und vnchristlichen müsßiggang,
das eigenwillige unbefragte außgehen und vmblauffen, übersehen und zulassen.
Vnd obwohlen den kindern, sonderlich den knaben ein bescheidenliche ergözlichkeit und erlaubte kurzweil wegen ermanglender anderwärtigen gelegenheiten auff
der gassen oder auff bequemen pläzen und schöpfen zu seiner zeit, nicht gar abzustreikhen noch zu mißgönnen, da eine guhte auffsicht bestellet würdt, so soll doch
ihnen solche mit gewisser maß und zu bestimbten zeiten, etwan ein stund lang und
nicht darüber, vilweniger biß in die sinckhende nacht zugelasßen, benebenß ihnen
darbey einiches jolen und ärgerliche geschrey, rauffen und schlagen, insonderheit
aber winterß zeit das werffen [gestrichen: mit schnee] mit schneeballen und das
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spazieren auff das eyß und den see, noch im sommer das überflüsßige, übermäsßige, unverschambte und stehtige baden im see, ohne auffsicht und niderkleid, wieter gestattet, sondern von den elltern und vögten furterhin vnd inß künfftig mit mehrer Sorgfalt [Nachtrag: verwehrt] oder respective mit gewisser maß bewilligt und
der vngehorsamb, auff dessen erfahrung von ihnen daheim vnd in der schulen ohnnachläßlich gestrafft oder auch, da solches nicht verfangen wollte und die buben,
welche über bestimbte zeit auff der gasßen oder auff dem eysß, im see ohne niderkleid oder sonst über grossen muhtwillen sich mehrmahlß betretten lasßen, nach
beschaffenheit in das Narrenhäußlin gefuhrt werden, welche elltern, vögt und vorgesezte nun in ihrem ampt und kinderzucht fahrläsßig seyn, ihre kinder und anbefohlene jugend nicht in guhte obacht nemmen und ziehen, denselben zu vil über und
nachsehen und gestatten, sie versäumen, auß der acht lasßen oder gar ärgern, verfuhren und übel anweißen oder wider obgesezte unßere Ordnung handien, die selbe
wollen wür entweder selbsts oder durch vnsere zuchtrichtere (welche hierauff heimliche auffseher vnd ahnbringer in der statt und auf dem land bestellet) je nach befindung und beschaffenheit der sachen mit dem thurn oder hoher geltbueß ernstlich
abstraffen, hingegen fleissigen christlichen elltern, vögten oder vorgesezten wider
die vngehorsame, halßstarrige jugend aufbegehren und erheischende notturfft die
oberkeitliche hülffshand bieten, [das Folgende klein geschrieben] worbej auch die
praeceptores vnd schueldienere ihrer schudigkeit erinnert werden, daß sie die ihnen
anuertrawte jugend mit lehren, vermahnen und zusprechen zu allen tugenden und
guten sitten, wie auch zu obangeregter ehrerbietung anhalten und daran seyn, daß
selbige auch in moribus zuenemen mögen.//
Christlicher policey Ordnung anderer theil
I. Von allerhand zusammenkunfften, zechen und spihlen inßgemein.
Wiewohlen wür die ehrliche zusamenkunfften oder ergözlichkeiten, gastereyen und
gesellschafften, wann sie nicht zu vil besucht und mißbraucht, sondern jeweilen mit
rechter maß und bescheidenheit gebraucht werden nicht ganz und gar abzuschaffen,
noch auch bey denen selben, das bescheidene freundliche ahnerbieten eines unbedingten und ungemessenen trunckhs zu verbieten begehren; so werden doch die
selbe in vil weg mißbraucht, die zünfften von einem oder dem andern zu vil besucht, von etlichen grosse gastungen und costbare banquet angestellet, auch bey
denselben merckhlicher und costbarer überfluß, Üppigkeit oder wol gar volles, tolles
und ärgerliches leben getriben und manchmal biß über mitternacht zeit und gegen
angehenden andern tag continuili und Gotteß zorn dardurch erreget; welchen mißbrauch, alzu grosse köstlichkeit und ungebühr wür hiemit inßgemein und sonderlich
dises ernstlich abgeschafft haben wollen, daß niemands den andern bey gastungen
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Die
Reichsstädte
zum trinckhen wider seinen willen bescheid zuthun und gemessen oder gleich voll
außzutrinckhen nöthigen, tringen, importuniren oder darüber rechtfertigen, vilweniger schmähen oder beleidigen, große unmenschliche trünckh anfangen oder in andern weegen sich voll oder von der vernunfft trinckhen oder auch auß besuchung
der ziinfft und schenckhkeller, auß dem spihlen oder ergözlichkeit gleichsam ein
tägliches handwerckh machen, noch weniger die zeit des gottesdiensts, noch die
sonn-, feyr- und bettäge darzu mißbrauchen solle. Da nun disem zuwider einer den
andern zum trunckh gemessen oder gleichlich bescheid zuthun tringen, importunieren, deßwegen schimpflich oder übel zureden oder in andere weg beleidigen oder
auch große, unchristliche trinckh fürnehmen oder aber so lang trinckhen wurde, biß
er nicht mehr auffrecht stehen und gehen köndte oder sonsten seiner vernunfft nicht
mehr mächtig, sondern einem vieh ähnlicher alß einem christen menschen wäre,
deßgleichen da einer an sonn-, feyr- und bettägen vnderwehrendem gottesdienst in
whürtßhäußer, zünfften oder schenckhkellern trinckhen, nidersezen oder zu besagter zeit in solchen trinckhhäußern bey trunckh wie auch sonsten bey anderen gastmahl- und hochzeiten über die gebührende stund und zeiten sich befinden und auffhalten würde, der oder diejenige sollen nach beschaffenheit deß verbrechenß und
eines ersfamen] rhatß willchurliches befinden abgestraffet werden.//
II. Von würths-, schenckh- und kunckelhäuser auff dem land.
Auff dem land soll das baurs volckh ann sonn-, feyer- und bettägen erst nach verrichtetem gottesdienst und kinderlehr, aber auch nicht länger, dann im winter biß
auff sieben und im sommer auff acht uhren in würthß- und schenckhhäuseren geduldet, alles johlen und geschrey eingestellet, keinem mehr dann ein gebührender
trunckh abgefolget, noch zu einer übermässigen zech, fiillerey, toll und vollem wesen geholffen oder dasselbige gestattet, keine ledige töchtere und mägdt nicht zum
wein gefuhret, so dann in nächtlichen kunckelstubeten zu ärgerlichem wesen und
Sünden kein anlaß und anreizung gegeben, insonderheit aber kein lediger baurensohn oder knecht gelitten werden, noch darzu zugehen befugt seyn etc.
Auff welcheß alleß und waß sich sonsten gebührt, die verordnete dorfmeister
oder haubtleüthe und andere, so zue aufsieht bestellet, genaue achtung geben und
alle ftirgehende ungebühr, auch übertrettere fleissiger alß bißhero beschechen, gehöriger ohrten, ihren pflichten gemäß, anzeigen sollen. Auf den widrigenfall aber,
da sie die fürgehende ungebühr nicht entdeckhen vnd solche unß durch anderwärtige heimliche auffsehere fürkommen würde, sollen sie selbsten umb ihrer nachläsßigen aufsieht, alß auch ihres vngehorsambs und wissenlicher verschwigenheit willen
nach eines ersfamem] rhatß ermässigung ernstlich gestrafft werdenn.//
Nr. 5: Lindau
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III. Gastordnung.
Demnach auch der costbare überfluß in speisen und trachten nicht allein ein sündlich- und gott höchstmißfalliger pracht und mißbrauch seiner gaaben, sondern zumahlen den leüthen hochschäd- und verderblich ist, so erfordert unser christlich
obrigkeitliches ampt disem pracht und sündlichen überfluß mit ernst zusteuren. Alß
wollen wür hierauff, so wol bey hochzeiten alß auch allen andern stattlichen gastereyen und mahlzeiten alle übermäsßige costbarkeit, überfluß an speißen oder trachten durchgehende verbotten und je nach vnderschied der ständ und persohnen ausßer suppen und salat mehr nicht alß vier, sechs oder auff das allerhöchste acht
speißen erlaubt, wie ingleichem das alzu lange über die gebührende zeit und biß
auff mitternacht verzogene sizen gänzlich abgestellt haben. Da aber wider solch
unßer ernstliches verbott und sazung iemand entweder mit übermässigen costbarkeit
als sündlichen überfluß der speiß und trachten oder mit allzu langen sizen handien
und frefflen würde, der oder dieselbige sollen nach eines ersfamen] rhatß erkantnuß
und zwar nicht nur allein der haus vatter, welcher die mahlzeit gehalten, sondern
auch desselben haußfraw, dochter oder haußhalterin, weiln dißer verderbliche
pracht und überfluß mehrern theilß von denen weibßbildern herühret, deßwegen
empfindlich gebüesset werden.//
Christlicher policey Ordnung dritter theil
I. Von heuraths cösten inßgemein.
Weichermassen der heyl[ige] ehestand christ- und erbarlich anzufangen, solcheß ist
unserer christlichen ehegerichts Ordnung und zum theil in vnseren statutis allbereits
versehen, dahin wür unß hiemit beziehen.
Demnach aber sonderlich wegen deß heurathenß, bey hueürathmählern, hochund nachhochzeiten vil ohnnötige, zumahlen sündliche uncösten und überfluß
aufgewendet werden, dardurch die angehende eheleüth selbst oder aber ihre elitern
in der nahrung und vermögen manchmalß weit zuruckh geworffen werden und
weniger fort kommen können, alß wollen wür dißfahlß unser gesezte gastordnung
und die darauff gestellte straff wider dero übertrettere hiemit alles fleisses hiehero
erholt, so dann auch noch ferner den eingeführten mißbrauch der schmuckhen
hemder, krägen und andere dergleichen ohnnotwendig prächtig und überflüsßigen
kostbarkeiten und darbey furgehende übermäßsige tragerlohn und trinckhgelder
allerdings verbotten haben, benebenß auch die außferttigung der braut selbsten, die
Verehrungen des braut volckhs gegen einander, die hochzeit kleider und kränz,
brautbett, betstatt und kästen nach deß bräutigamß stand, mässig und ohne unziemblichen pracht, kosten und überfluß angestellet und gerichtet werden.//
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Die
Reichsstädte
II. Hochzeitordnung.
Inßgemein sollen alle und jede ehren hochzeiten noch ftirterhin biß auff widerruffen
an dem montag gehalten vnd das brautvolckh zeitlich, namblich der bräutigamb vor
dem andern glockhen zeichen, die braut aber so bald man das anderzeichen anfangt
zuleiten in die kirch geführt, also das christliche gesang nicht versäumt noch der
eingang der predigt gehindert werde. [Nachtrag von derselben Hand am Rand:
Deßwegen das übermessige glückwünschen und prangen der weiber bey [...] straff
abgethan seyn solle. Wann dann der bräutigam und die braut sambt dem hochzeit
volckh auß ihren häusern gegangen, sollen die haußthieren geschlossen und niemand mehr zu der morgen- oder brautenweinsubben gelassen noch außgetheilt werden, sondern solcher überflusß gänzlichen abgestelt seyn.] Zu der mahlzeit sollen
dermahlen den höhern ständen mehr nicht alß vierzig persohnen, dem wenigem
dreissig vnd dem geringem und baueren stand zwainzig persohnen (darunder aber
bräutigamb und braut, wie auch die fremde leüth nicht gezehlet werden) zu laden
erlaubt seyn; [Nachtrag von derselben Hand am Rand: Deßwegen der hochzeitlader
den zedel allwegen einem jeden ambts burgermeister weisen solle, welcher dann an
statt deren, so zuerscheinen abschlagen wurden andere einzuladen erlauben möchte.] Es sollen auch die junge kinder under sieben oder acht jähren und mehr nicht
alß zwey der kleinen [Nachtrag von gleicher Hand am Rande: drey der mittelmäßigen] vnd drey erwachsene jungfrawen pasiert werden, gleiche meinung soll eß auch
mit den jungen knaben und gesellen haben, auch keine andere, so nicht mit beym
kirchgang geweßen, hemach zum weisen oder verehren zugelassen werden. Die
mahlzeit soll weder über die gebühr verzögert noch verlängert, sodann deß mittags
die erste umb eilff vhr und die leiste umb zwey oder längst halber drey vhren, bey
straff drej pfund pfenning aufgetragen, benebenß das geladene junge volckh nicht in
ein besonders, sondern eben in das jenige zimmer, saal oder Stuben, darinnen das
ältere hochzeit volckh sizet, gleich fahlß gesezt werden vnd ob solches zimmer für
die sambtliche hochzeit gäst zu eng wäre, sollen doch die ledige leüth nicht allein in
ein besonder gemach gesezt noch von alten leüthen abgesondert, sondern ehe ein
tisch voll alter leüth in ein besonder zimmer zusammen gesezt werden. Im übrigen
soll die hochzeit ein jeglicher nach vnderschid seines standß anstellen vnd die gemeinen bürgere im ersten und anderen grad oder stand, alß handtwerckhsleüth
sambt ihres gleichen die mahlzeit auff ein persohn vmb einen gulden [gestrichen:
vierzig kreizer], die im dritten grad alß krämer und derleichen vmb zwainzig bazen
[gestrichen: fünffzig kreizer], die im vierten und fünfften grad aber vmb zween [gestrichen: einen] gulden die hochzeitliche mahlzeit andingen [Nachtrag Hand am
Rand: wobej unß gleichwol frei vnd vorbehalten, solche malzeiten jedesmal nach
zeit und läuffen zu änderen und zu minderen]; über obbestimbte zahl der persohnen
soll keiner, bey straff auff jede persohn ein gulden schreiten, noch ichtwaß über die
limitirte gesten, eß sey gleich über haubt oder auff jeden tisch verehrungß- oder in
Nr. 5: Lindau
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andere weiß und weg, weder dem whiirt noch seinem weib und kindern bezahlen,
bey straff [ Nachtrag von gleicher Hand am Rand: Vnd jeder bey der höchsten malzeit acht thaler, bey dem mitleren 6 thaler und bej der wenigsten 5 thaler], sechs
pfund pfenning, welche so wol der geber alß der nemmer verfallen haben soll, eß
sey dann auff eines ersamen rhatß erlaubtnuß, welche etwan denen im regimentß-,
amptß- vnd anderer furnemmen persohnen mit gewisser maß ertheilt werden soll.
Sonsten soll die mahlzeit über vier vhr nicht erstreckht, sondern die tisch umb dise
stund abgedeckht und dargegen das weisen oder gaaben strackhs fort gestellet werden, wo man änderst, wie eß seyn soll, vmb eilff viir zu tisch gesessen, widrigen
fahlß und sonderlich da frembde hochzeitgäst vorhanden, solle ein discretion gebraucht und nicht gleich auffgehebt werden. Die nacht mahlzeit ist ein überflüssig
und ohnnötiger uncosten und beschwehrung deß leibß, dannenhero sollche gänzlichen abgestellt und verbotten seyn solle. Wegen der hochzeit predigten haben wür
verordnet, daß selbige durchgehende abgestellt seyn sollen, ausser da wür von denen vornehmern standß persohnen deßwegen bittlich angesucht werden, daß wür
solche nach befindenden vmbständen etwan vergünstigen mögen. [Es folgt bis zum
nächsten Titel ein Nachtrag von gleicher Hand im verbleibenden freien Platz und
am Rand] So dann wird auch das eine zeit hero eingerissene und bettelmessige
heimschickhen oder einschieben der speißen und tischkräme, weilen der whürt vmb
solcher ursach willen noch so vil zu richten vnd aufstellen müsßten, gänzlichen abgeschafft, damit der hochzeit malzeiten vmb so ehender geringert [jetzt am Rand]
vnd die gäste mit übermässigen hochzeitgaben beschwehret werden. Allermasßen
wür auch denenjenigen, so bej denen hochzeiten dienen, gewiesen und taxen vnd
solche erholet haben wollen. [Ende des Nachtrags]//
Nachhochzeit.
Demnach auch die nachhochzeiten inßgemein fur ohnnötig gehalten, dahero die
darauffgehende uncosten wol erspahrt werden können, neben dem, daß solche auch
andern ohrten nicht zugelasßen, alß wollen wür solche hiemit auch abgestellet und
verbotten, auch wider diejenige, die ohne unsere erlaubtnuß solche nichtß destoweniger zuhalten sich vnderstehen würden, so wol gegen dem whürt alß gegen denen
beeden brautleüthen, die behörige bestraffung obrigkeitlich vorzunehmen wissen.
Da aber ein ers[amer] rhat von denen vornehmen und in offenlichen ehren ämptern begriffenen persohnen umb die nachhochzeit gebührend angesucht würde, mag
solche nach befindenden dingen zuweilen wolvergönnet werdenn.//
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IV. Vom tanzen.
Bey ehrlichen hochzeiten solle zwar denen hochzeitgästen ohne Zuschlag- vnd einmischung anderer zur hochzeit nicht gehöriger leüthen ein ehrlicher tanz zugelassen
seyn, aber solcher allein auff gewohn- und offenlichem tanzhauß [Nachtrag von
gleicher Hand am Rand: vnd zu erlaubten ohnverbottenen zeiten], jedoch daß solcher nicht über zwoo oder längst dritthalb stunden gehalten, darbey einige leichtfertigkeit und ungebühr nicht geduldet werden, deßwegen dann unser darzu verordneter auffseher fleissige erinnerung thun und darauff auch die spilleüthe vmb
obbestimbte zeit und stund wider von dem tanzhauß heimgehen, auch denen selben
nicht gestattet werden solle, weiter oder deß nachtß ohne sonderbahre erlaubnuß
auffzuspihlen. Deßgleichen sollen auch die kinder, sie seyen knaben oder mägdlin,
vnd die, so noch in die schul gehen, wann sie schon sonsten zur hochzeit geladen
und under den kindern erscheinen doch under denen erwachsenen zu tanzen nicht
admittirt oder zugelassen werden.
Sollte und würde sich aber ein oder andere persohn, so kein hochzeit gast wäre,
auf dem tanzhauß anmessen mitzutanzen und sich in den tanz einzumischen, so soll
sowol derjenige, welcher dieselbe aufgezogen, alß diejenige, so sich als auffziehen
lassen, deßgleichen diejenige, so über die bestimbte zeit tanzen, auch die spihlleüth,
so über die gesezte stund aufspihlen wurden, nach obrigkeitlichem guhtfinden gebüesset werden.//
V. Von hochzeiten in eignen und privat häusern.
Welcher das hochzeitfest nicht in einer öffentlichen herberg sondern in seinem eignen oder andern hauß halten und die hochzeit gäst selbsten speißen will, dem soll eß
zwar ohnverwehrt seyn, aber darbey so vil die tractation anbelangt, obstehendes
gesaz von denen heurath- und dergleichen mählern und im übrigen sonderlich, so
vil das junge volckh das tanzen und dergleichen betrifft, obige hochzeitordnung bey
obgesezten straffen nichtß destoweniger gebührend observirt werden.//
VI. Vom spihlen vnd wetten.
Dieweil die tägliche erfahrung zuerkhennen gibt, waß massen das spihlen zum
schwöhren, fluchen, Uneinigkeit, untrew, abtrag und anderm übel grossen anlaß
gibt, alß wollen wür denen erwachsenen leüthen diejenige erbare spihl, die entweder zu Übung und bessrung deß leibß dienen oder aber zu auffmunterung des Verstands und sonsten zu erlaubter ergözlichkeit geraichen und dardurch etwan andere
sünden und laster verhütet werden, mit folgender maß zugelassen, nemblich, daß
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solche spihl nicht täglich und mit versaumnuß deß berueffs, auch an keinem sonn-,
feyr- oder bettag vor vollendetem gottesdienst und vesper predigt, noch über feür
und Hecht rueffen, sondern in etwan und doch selten, allein kurzweil und Vermeidung deß trunckhs willen, in der stille erbar- und einigkeit getriben werden mögen,
wie dann auff ein erbare wettung und andere kurzweil ohne geltß Verlust oder etwan
umb einmaß oder quartwein zugelassen, andere theuer oder hoche, schwehre und
hässige auch unzeitige spihl und gewett aber wollen wür hiemit bey straff nach
ermässigung verbotten haben.//
VII. V o m pracht und überfluß im haußraht.
Demnach nicht nur bey außfertig- und außsteuerung der kinder, sondern auch in andere weg, bey theilß burgern und dero weibern ein übermässige cöstlichkeit wie
nicht weniger ein überfluß in lein- und bettgewand, kästen und bettstatten, auch anderem haußraht, manchmal über deß einen und deß andern stand, bey etlichen auch
ein überfluß oder menge der feüertäglichen und costbaren ehrenkleider erscheinen
thut und damit ohnnötiger pracht getriben, vil gelts (welcheß vil nutzlicher angewendt werden köndte), darauff verwendet, auch dardurch gemeiner statt steuren so
wol alß die nahrungs mittel geschmählert werden, so ermahnen wür hiemit alle und
jede haußvättern und haußmüttern alleß ernsts, daß sie den ohnnötigen überfluß in
kleidern und haußraht und alle ungebührende köstlichkeit so wol für sich selbst alß
für ihre kinder fürterhin meiden und dißfahlß ein jeder seinen stand beobachten, von
überfluß aber und übermässige stattlichkeit an die nahrung legen solle, dann da jemands über seinen stand vil an köstliche übermässige fahrnuß legen sollte, den oder
die möchten ursach geben, daß ihnen die selbe in die steür gezogen oder andere
mittel fürgenommen wurdenn.//
VIII. Kindß tauffordnung.
Nicht weniger hat der laidige pracht auch bey kindß tauffen sich einschleichen wollen, in dem so wol bey außtragung deß täufflings, alß von den kindbetterinnen selbsten mit stattlichen taufftüchern und dergleichen, item mit hauben, fürhängen, leinlachen und anderm von manchem etwan über ihren stand hoffart und überfluß umb
so vil desto mehr getriben worden, weilen die weiber das kind von der tauff nicht
nur biß zu der elltern hauß und für der thür begleitet, sondern alle sambt zu der
kindbetterin, ob die gleich manchmal noch etwas schwach ist, hinauff gegangen, alß
thun wür hiemit unsrere bürger und bürgerinnen ferner nochmahlen trewlich erinnern, daß sie sich bey kindßtauffen in berührten fallen ein jeder ihrem stand und
wesen gemäß verhalten und unß durch vorangedeüten pracht, üppig- oder kostlich-
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Die
Reichsstädte
keit keine vrsach zu straffen geben, benebenß und weilen nach verrichteter tauff
menniglich für die erschein- und beywohung von den predigern in der kirchen
abgedanckht wirdt, und dem weibervolckh nicht mehr samentlich, sondern allein
der gevatterin, elltern, schwestern und beschwegern oder in ermanglung derselben
auch von nächsten anverwandten und benachbarten mit dem kind auß der kirchen in
das hauß zugehen erlaubt, die übrige weiber aber die kindbetterin ferner nit molestieren sollen, alß lasßen wür eß nochmahlen darbey bewenden, vnd denen pflegerinnen, auch hebammen anbefohlen, daß sie bei schwachen kindbetterinen dergleichen ankommende weiber von deroselben abhalten und sie nicht vor sie
kommen lassen wollen.//
IX. Von ohnnötigen gaben und schenckhungen.
Ebenermassen haben wür auch wahrgenommen und betrachtet, daß vnserer lieben
bürgerschafft und angehörigen durch vnderschid- wolumbgängliche spesen und
außgaben deß jahres über vil gelt auß handen gezogen, in dem nemlich an neuen
jahrs tagen die tauffdoten, befreündte und andere junge leüth neue jahres geschenckh abgehohlet, auch die gevatterleüth den tauffdoten über das einstricket,
noch dazu von weissem gewand oder kleidungen verehrt, neue rhatß-, gerichtß- und
andere amptß persohnen ihren ampts einstand, wie man es nennet oder mahlzeiten
mit grosstem costen geben, auch andere bürger auff laden, saurbrunnen, bräu, bewillkommung nach hauß gelangten bürgerssöhnen, auch auff schlachteten, kindbettverehrungen und anders dergleichen vil gewendet. Alß haben wür diese vnd andere mißbräuch vnd Verordnungen hiemit ernstlich abgeschafft, gebieten auch hiemit unßeren bürgern und angehörigen, daß sie obbesagte neue jahrs Verehrungen,
kindbettschenckhungen und [Nachtrag von gleicher Hand am Rand: alzu costbare
einstrickheter, item die] außschickung der schlachteten (ausser waß zwischen elltern und kindern, geschwistrigten geschieht, oder das die kindbetterinnen haußarme
leüth wären) item die laden- und saurbrunnen bräu, Verehrungen inß bad, inß ampt
oder willkom, item weissen gewands und kleidungen gegen die tauffdoten, so dann
auch die jahrmarckht bräu (außgenommen waß gegen denen in dienst verbleibenden
ehehalten geschieht und waß dergleichen wol erspahrte uncösten mehr sind, forthin
gänzlich ab- und ein stellen, jedoch außgeschlossen waß etwan den kirchen- und
schuldienern umb zeit deß neuen jahrs oder sonsten zu bezeügung danckhbaren gemühts und schuldiger ehrerbietung gereichet werden mag, wie dann auch gegen denen armen die werckh der liebe bey ein oder anderen occasion zu continuieren
hierdruch verbotten, sondern vilmehr auß weiß Gottes ernstlichen befelchs, obrigkeitlich gebotten und hierdurch allein die ohnnötig, zumahlen schädliche vncosten
restringili und eingezogen werden.//
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X. Von kindtauf-, hochzeit- und leichprocessionen.
Nachdem auch bey leichbegängnussenzusronlihgfedcbV
underschidliche Verordnung und beschwerden furfallen wollen, daß nemblich die todte leichnamb gar zu lang in den häusern
unbegraben gelassen, so dann zu leich processionen, hochzeit, kirchgängen und
kindtauffen ie länger ie mehr leüten, die weder befreündt noch verschwägert noch
benachbart und also kein vrsachen so weitläuffigen einladenß obhanden sind, absonderlich angesagt, auch der leichgang und andere processionen, sonderlich auß
der insel und ab dem land herein in die kirchen jemahln zimlich lang verzögert und
hierüber die ganz gemein in der kirchen destolänger auffgehalten, also mancher an
seinen geschafften gehindert wirdt. So erinnern wür hiemit ernstlich, daß keine leichen über zween tag in dem hauß behalten und zu jeder leiche allein die befreündte
[als Einschub] schwäger, nachbarn, gevattern und dergleichen, wo sonderbahre vrsachen sind, absonderlich und zumahlen nicht wie bißhero der schädliche gebrauch
geweßen von der gassen zu denen fenstern hinauff gleichsam befehchß weiß, wie
auch zu den kind tauffsprocessionen nur allein die allernächste verwandte höchstens
von 16 biß 20 Weibsbilder [gestrichen: und 12 mannßpersohnen] geladen [durchgestrichen: werden. Nachtrag von gleicher Hand am Rand: und an die leichclag nicht
mehr so vil weiber alß bißher, sondern über die ordinari keine weiter gesezt werden] sollenn. Da aber ausser obbesagten verwandten und benachbarten gleichwol
bey solchen leich- oder hochzeit processionen sich noch andere auch einfinden wolten, solle ihnen zwar solches frey stehen, iedoch aber selbige bey denen leichen
nicht absonderlich leydclagen, noch bey den hochzeiten und kindtauffen glückhwünschen, alß wardurch vil zeit versaumbt, der gottesdienst verzogen und die ganze
gemeind in der kirchen also ohnnötiger weiß auffgehalten wirdt, sondern nur den
leich conduct und kirchgang mit nach folgen. So sollen sich auch die clagende oder
traurende persohnen, sonderlich in der insel, wie auch hinden in der statt [gestrichen: und auff dem land. Nachtrag von der gleichen Hand am Rand: vnden im hauß
oder auf die gassen vor dem hauß stellen vnd sich] befleissen, den leich- und kirchgang möglichst beuor deß sommer zu langen tagen zubefördern und nicht biß auff
anziehung deß andern glockhen zeichenß auffzuschieben. [Es folgt: Nachtrag von
gleicher Hand am Rand und dem übrigen Platz bis zum Sonderzeichen] Die leichen
aber auf dem land betreffend, weilen selbige gemeiniglich den gotteßdienst in der
Stadt gar zu lang aufhalten und späht in die statt kommen, alß sollen hinfuhro selbige zu den beeden kirchen [...], allwo sie am nechsten angesessen und der leichnam begraben wird gehen vnd von deß ohrts predigern ein sermon gehalten werden.
Allermassen dem cantori [...] anbefohlen sein sollen, daß sie bey anziehung deß
anderen zeichenß die an der klag stehende einzugehen, vnd denen trägem ansagen,
daß sie die bahr aufnemmen vnd ihme dem cantori folgen, wie dann er cantor zu
singen anfahen und mit seinem knaben fortgehen solle. [Nachtrag auf der rechten
Seite: Vnd weilen bey denen lediger persohnen leichen ein schädlicher mißbrauch
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Die
Reichsstädte
entstanden, daß ohne unterscheid auf die bahr vil cronen und cränz gehefftet worden, alß verordnen und wollen wir, daß hinftihro denen im höhren stand mehr nicht,
dann 2 cronen und der Cranz, denen in mitleren ständen der cranz und nur eine krön,
denen in nideren stand aber allein der cranz erlaubt seyn solle, bej straff [...].
So dann wollen wir der leichträger halben geordnet und alles ernsts zuhalten
befohlen haben, daß die im nidern stand mehr nicht, dann 8, die im mitleren stand
12 und die im höheren stand 16 träger, die bahr zu tragen stellen sollen, sofern aber
wegen schwehre des leichnamß mehrere benöhtiget seyn wurden, solle es bej einem
herrn bürgermeister im ambt gebührend angebracht werden. Damit dann auch die
zahl deren an der klag stehenden männer und sizender weiber nicht überflüssig erwachse, alß wollen wir selbige dahin restringiren, daß bej alt verstorbenen leichen
in dem nideren stand mehr nicht, dann höchst 5, in dem mitleren 6, im höheren
stand aber 7 vnd denen vornehmbsten 8 persohnen, so wohl bey männern alß weibern gestellt und gesezt, mehrere weiber aber keines wegs beygefueget werden
sollen.//
[Einschub: Junge ledige leüth, welche unter dem vorwand die predigt zu besuchen
oder auch die halb gewachßene knaben, lehr jungen vnd die erst auß den schuelen
kommen, so gemeinlich nur in die gühter zu steigen vnd vmb obß auf suchenß willlen hinaus gehen, nicht hinaus lassen vnd da sie je von ihren ellteren oder meistern
einen befehl außzurichten fiirgeben, solchen schrifftlich von ihnen begehren, die
jenige erwachßene leüth aber, so ohne erheblich Ursachen]//
XI. Traur oder leydtagurngdO
Ordnung.
Ferner erzeigen sich eine zeithero wegen leydclagenß allhier grosse vnordnungen in
dem, daß mann theilß zu weit hinauß in die freünd- und schwagerschafft, theilß aber
an der zeit zu lang claget, auch theilß einen sonderbahren pracht und hoffart damit
treiben, andere aber deß verstorbenen hinderblibenen angehörigen dardurch zuschmeichlen trachten. Wann nun aber also zu lang und weite clagen nicht allein ein
übelstand, sondern zumahlen auch costbar, alß wollen wür diese bißherige unordnung hiemit auch geändert und abgethan, hingegen aber deß leydtragenß halber
nachfolgende reguln und gesaz gemacht haben.
Alß daß die verwandte so wol mann- alß weibßstammen biß auff den vierten
grad inclusive, die verschwägerte aber biß auff den dritten grad inclusive und nicht
weiter sollen geclagt werden und demnach mögen die furnembsten und so in öffentlichen ehren amptern begriffen clagen, in grader auffsteigender linie umb vatter und
mutter in allem drey viertel jähr, vmb änj und anen sechzehen wochen, vmb vhränj
und vhranen vier wochen. In grader absteigender lini umb erwachsene söhn oder
töchtere sechzehen wochen, vmb kindbett kinder vier wochen. Vmb enckhlin nach
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underschid deß alters vier, sechs, acht und, so sie zum tisch des herren gegangen,
zehen wochen. Vmb vhrenckhlin vierzehen tag. In der lini vmb des vatters oder
mutter brader oder schwester sechs wochen, umb deß änj oder anen brader oder
schwester vierzehen tag. Bruder vnd schwester sollen einander clagen, so sie erwachsen sind, sechzehen wochen. Geschwisterig kind einander sechs wochen, geschwisterin enkhlin einander vierzehen tag. In der schwagerschafft mann und weib
einander drej viertel jähr, vmb schwäher oder schwiger zwainzig wochen, vmb
tochtermann oder sohnsfraw zwainzig wochen. Vmb gegenschweher oder gegenschwiger ein viertel jähr, vmb schwager oder geschweyen zehen wochen. Wann
aber stieffelltern, großeitern, schweher, schwiger, kinder, enkhlin, brüdern, schwestern und dergleichen sterben, so werden selbige nach obiger disposition nur halb so
lang betrauert.
Wegen deß gesinds und derjenigen knecht und mägdte, so vmb ihrer herschafften verstorbenen freünd und schwäger bißhero auch ganz unformblich sind in die
mitraur gezogen worden, verordnen wür hiemit, daß selbige nicht weiter dann biß in
ein und zween grad ihrer herrschafft freünd- und schwägerschafft, auch mehr nicht,
alß zwo oder auffs längst vier wochen, nach weiter oder nähe der der obigen verwandschafft mit der clag belegt werden sollen. [Nachtrag von gleicher Hand in den
Text und am Rand: Welche knecht und mägde aber vmb verstorbene herren und
frawen zuklagen haben vnd ihnen newe kleider zumachen der herschafft beliebte
(alß denen es frei stehet) sollen selbige änderst nicht dann in cadiß oder dergleichen
zeig gekleidet werden.]
Hiebey ist noch dises zu erinnern, daß die drejfache vmbbinder vmb elltern und
ehgatten länger nicht als ein Vierteljahr, vmb alle andere weitere verwandte aber
mehr nicht als vier wochen getragen werden sollen.
Auß dißen jez gesezten reguln nun können die übrige fäll nach denen gradibus
oder weite der freünd- vnd schwägerschafft gar leicht ermessen und geurtheilt werdenn.
Jedoch wirdt hiemit keinem sonderlich, aber denen geringem stands persohnen,
alß handtwerckhsleüthen, taglöhnern und dergleichen nicht verwehret, wann sie
schon die obbestimbt termin nicht eben so genau beobachten und außhalten, sondern zu erspahrang der cösten weniger zeit clagen würden.//
XII. Vom bawen.
Eben dises werden ferner von manchem burger ohnnötige, ohnnüze, schäd- und
übelständliche gebäw bißweilen auß lauterem pracht, ftirwiz und vnverstand geführet, mit denselben die nahrang und also auch die steür geschmählert. Dahero erinnern wür hiemit noch weiter alle unsere bürgere, daß ein jeder das ohnnötige und
ohnnüze bawen, prächtige tafelwerckh und dergleichen underlassen soll, benebenß
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Die
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ist unser ernstlicher befehl, daß ein jeder so etwas newes bawen oder waß eingefallenes wider auffrichten will, vorher dem oberbawmeister den abriß zustellen oder
doch ihme vnd dißer nachgehends denen herrn geheimen man anzeigen soll, waß
und wie er bawen wol und darüber ihren bescheid oder erinnerung gewartten, bey
willchürlicher straff. Es soll auch niemanden einig hölzern hauß, ohne sonderbahre
obrigkheitliche verwilligung auffzufuhren sich understehen, damit man also vor
fewr destomehrers verwahrt, alle schäd-, überständ- und ohnformbliehe, deßgleichen übermachte hoche gebäw vnd etwan nachbarliche beschwärung und strittigkeiten so vil möglich verhütet, hingegen gemeiner statt zierd und wolstand forthin
mehrers beobachtet werden mögen.//
XIII. Von sauberhaltung der gassen.
Sintemahlen auch an Sauberkeit und rein erhaltung der häußer und gassen so vil gelegen, entgegen böser gestanckh jederman beschwärlich und der gesunden lufft
nachtheilig, so haben wür schon vor disem zuuehrmahlen ernstlich verbotten kein
kammerlaugen am morgen nach dem thor leuthen und abends vor feür und liecht
rueffen für die fenster auff die gassen außzuschütten. Dagegen aber wird gebotten,
die fergger und dero außgüß, welche auff die gassen gerichtet seyn, sambt den rinnen wol einzufassen und zuverwahren, damit der unraht nicht strackhs und einßmahls auff die gassen fallen, noch die leüth bestrizen mögen, nichtweniger auch
sonsten und im übrigen die gassen sauber und rein zuhalten, also keiner (salvo
honorι) mist und khothauffen oder andern unraht für und an die haußer zu legen,
zusamen schütten und zusamlen noch ligen zu lassen vnd dann keine schwein in der
statt zuhalten, wo eß nicht offne und weite höfflin hat. Welcheß alleß wür hiemit
alles ernsts widerhohlen und wollen noch ferner, daß ein jeder, so einen brunnen im
hauß hat vnd das abwasser auff die gassen lauffen läst, den außlauff und die rinnen
wol und sonderlich Winterszeit bey der kälte dermassen verwahren und eröffnet halte, damit das wasser sich nicht außbreiten noch dessen gefrüerung den weeg und
Straß häl, schlipferig und gefahrlich machen möge, der oder diejenige aber, so eines
oder das ander dieser gebott und verbott übertretten wurde, jedesmahls durch unßere policeyrichter unnachläßlich gebüest werden soll.//
XIV. Abschaffung der faßnacht, deß knöpflens, schwermenß.
Gleich wir auch das heydnische fest Bacchi vnd unheilige faßnacht, bey vorgewesten leidigen kriegsläuffen billich eingestellt worden, also soll eß auch noch fiirohin
eingestellt verbleiben, alle mummerey, auff- oder vmbzüg, umblauffen, samlen,
bettlen, feyren, mutwillen, zusammenkunfften und zecher an selbigen tägen, deß-
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gleichen zu der christlichen adventszeit das nächtliche knöpflen oder werffen in die
fenster und dergleichen ungebühr, auch inßgemein alles jauchzen, schreyen und
johlen deß nachtß noch weiter underlassen werden, wer aber in einichen weg faßnacht halten, knöpflen oder etwas dergleichen thun sollte, den soll das policeygericht nach ermässigung der vmbständ mit einer ernsten geltbuß anstehen.//
XV. Gesindordnung.
Demnach eine lange zeithero über deß gesinds maisterlosigkeit, stolz, ungehorsam,
unfleiß und truz allenthalben grosse clag gefiihretwirdt, zu solchem aber under and e r n auch dises anlaß gibt, daß etwan herren, meister und frawen einander die
dienstbotten, knecht und mägdt abspannen und gefahrlich ansprechen, denselben
nachschickhen, nachsprengen, geschenckh und gaaben, grosse hafftungen, löhn und
jahrmarckht kräm verheissen, dargegen alte dienst erleiden, darauß nichtß anders
erwachsen kan, alß daß das gesind je länger je meisterloser, stolzer, truziger, ungehorsamer und liederlicher werden muß, solchem zuwehren, sezen und ordnen wür
hiemit ernstlich, daß flirohin kein burger, burgerin, noch beysäß in der statt und auff
dem land in unserer obrigkeit, waß standtß, amptß oder wesenß er seye, dem oder
die andern ihre knecht, mägdt oder dienstbotten auffwickhlen, abspannen, abdingen
und abpracticiren solle, weder selbst noch durch andere mittelß persohn, weder mit
Worten noch mit geschenkh oder verheissung grössern lohn, mehrer gaaben und
cräm, noch durch erleidung ihres habenden diensts noch in ander weg, wie das immer erdacht und geschechen möchte, bey ernstlicher straff, welche nicht allein der
abspannende herr, maister oder fraw, sondern auch diejenigen mittelß persohnen,
die sich zu solchem practiciren gebrauchen lassen wurde, unnachläßlich bezahlen
oder aber so vil tag im thurn abbüessen soll. Eß soll auch kein dienstbott, knecht,
mägdt oder mägdlin, so in eineß andern dienst begriffen ist, vor dem jahrmarckht
gedingt, benebenß denselben kein übermässige hafftung noch jahrmarckht cram zugedulden und ganze reichßthaler, wie etwan von etlichen beschicht und dardurch
andern das gesint abgespant wirdt oder etwan ein oder von einem halben gulden,
biß a u f f e i n halben thaler oder auffs allerhöchst ein gulden zue hafftung oder jahrmarckhts cram gegeben werden. Ein jeglicher dienstbott, knecht und mägdt, so sich
verdingt und die hafftung angenohmen hat, soll ihr versprechen zuhalten und zeitlich anzustehen schuldig, mit nichten aber die hafftung widerumb zuruckh zugeben
und abzusagen, noch nach dem zihl etliche tag ohne sonderbahre erlaubnuß [Nachtrag von gleicher Hand: auß- anzustehen] befuegt seyn, welcher aber oder welche
etlich tag umbschweiffen und zu späht aufstehen wurden, denen mag an ihrem lohn
oder cram etwas abgezogen werden, diejenige aber, welche ohne nott oder ganz erhebliche Ursachen widerumb absagen und die hafftung zuruckh schickhen oder
sonst das verdingt nicht halten wölten, die sollen mit dem thurn, narren- oder spin-
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Die
Reichsstädte
nerhäußlin gestrafft, auch die jenige, so dergleichen bereits verdingte persohnen
wissentlich und ohne willen dessen, der ihnen die hafftung vorher gegeben, dingen
wurde, soll ebenmässig der gebühr gebüesset werden.
So sollen auch die knecht, mägdt und dienstbotten, sie seyen jung oder alt, verbunden seyn, ihrem herrn, meister und frawen weniger nicht, dann ein jähr oder
doch in auffs allerwenigst einn halb jähr oder, da sie länger versprechen, biß zu verflüessung der versprochnen zeit zu dienen und ehender nicht urlaub zunemmen
macht haben, es wären dann solche erhebliche vrsachen vorhanden, daß ein dienstbott in seinem dienst nicht verbleiben und vnsere policeyrichtere selbige vrsachen
für rechtmässig und gnugsam erkennen könten, da aber ein knecht, magd oder
dienstbott vor verscheinung der zeit ohne rechtmässige vrsach auß seinem dienst
tretten wurd, so soll er entweder seinen lohn verwürckht haben oder inß zuchthäußlin gesteckht werden.
Wann sich aber warhafft befunden solte, daß die herrschafft, maister und frawen
ihr gesind, knecht, mägd oder dienstbotten so ungebührlich hielten, daß sie nicht
bleiben köndten oder das gesind selbsten vor dem zihl ohn erhebliche vrsach außgeschlagen hetten, so solle alsdann dem gesind unverwehrt seyn, sich an andere orth
zuverdingen und den völligen lohn, biß auff das bevorstehende zihl dennoch zufordern haben, dann wie wür mit ernst gemeint, deß gesinds boßheit zu dempfen, alß
wollen wür hingegen, daß dasselbe vor unbillicher gewalt geschüzt vnd in befugten
sachen befördert werde.//
XVI. Von juden und derselben, wie auch anderen wucherlichen conträcten.
Die juden und judin alß unsers erlösers Jesu Christi und aller christen abgesagte
feind und lästerer sollen in dise statt ohne sonderbahres gelaitt nicht eingelassen,
sondern denselben wie vor disem krieg, also auch hinführo bey leibß-, thurn- und
geldstraff hiemit von newem verbotten seyn, sich ohne vnser gelaitt herein zuschleichen und wenig oder vil stund alhir auffzuhalten, eß gescheche gleich öffentlich
oder in frembder verwechselten kleidung oder auch underm schein, samb wären sie
herren, diener, ärzt oder dergleichen, die jenige aber, welchen wür auß erheblichen
Ursachen unser glaitt ertheilen und erlauben herein zu kommen, die sollen von jeder
stund, so sie in der statt sich auffhalten ein groschen bezahlen und von einem statt
knecht beglaittet werden. Wür erinnern auch und gebieten allen unsern burgern,
beysässen und vnderthanen, auch deren weibern, kind und gesind in der statt und
auff dem land hiemit von newem, wie vor alterß auch beschechen, daß keiner weder
selbst noch durch die zweite, dritte oder mehrere hand, heim- oder öffentlich, inoder ausserhalb unserer statt innerhalb acht meil weegs rings umb dise statt, mit einigem juden oder judenßgenossen etwas handien, wechßlen, tauschen, verpfänden,
kauffen, verkauffen, entlöhnen, verpürgen, noch in ander weg (ausser waß essen,
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speis umb bar gelt oder was altes, so man sonsten nicht mehr ander wehrtß versilbern kann, betrifft) zuthun und zuschaffen haben, sintemahlen durch der juden betriegliche, gewinsichtige, wucherliche und aigennüzige contract und handlungen erkauff- und eintauschung offtmahls beraubter und gestohlner sachen, die christen vilfaltig beschwehrt, der segen gottes verlohren und mancher inß verderben gestürzt
worden, da aber einer oder der ander wider dises unser ernewerte gebott und verbott
handien wurde, so soll der christ ein geltbueß verfallen, der jud aber sein gelt und
schuld, wie auch das erkauffte, erwechselte oder ein getauschte guht verlohren und
verwürckht haben, dieweilen auch geclagt wirdt, daß nicht nur juden, insonderheit
so gar theilß christen wucherliche contractus, übersaz und staigerung der wahren,
arbeit und löhn wider gott und die liebe deß nächsten treiben und ihre mitburgere
und neben menschen dardurch merckhlich verfortheilen. Als wollen wür deß heyl[igen] reichs abschid und policey Ordnungen von wucherlichen contracten, monopolien und falschen wahren, deßgleichen unsere außgegangene underschidliche tax
Ordnungen und bestimmung der löhnen, arbeit und wahren hiehero widerholt und
damit alle vnsere angehörige in statt und land ernstlich gewahrnet haben, sich aller
wucherlichen und jüdischen conträct und handlungen, sie geschechen mit andingung wochent- oder jährlicher unbillicher zinß oder mit übersezten und vertheürten
anschlag der wahren und victualien oder mit auffrichtung falscher und schein verschreibungen oder heimlicher nebenschein, oder mit unerlaubter rechnung zinß auf
zinß oder wie eß sonst dem geizigen zu seinem wucherlichen vortheil und dem armen mann zum verderben geschehen und erdacht werden möcht, auch aller überschreittung der bestimbten tax, gänzlichen und allerdings zuenthalten. Dann welcher oder welche unsere angehörigen dessen ohnerachtet dergleichen unchristliche
in Gottes wort gemeinen rechten, reichs- und craißabschieden, auch unseren sonderbahren sazungen, verbottne contractus, ohnzimbliche handlungen, pacta und pactiten vomemmen, schliessen und darüber betretten wurde, den oder die wollen wür ie
nach befindung durch confiscation eineß gewissen theilß oder wo der excess gar zu
groß, deß ganzen guhtß, mit dem also wucherlich gehandelt worden, oder sonsten
an gelt, ehr oder leib härtiglich straffen und dessen keinen schuldigen entlassen; so
vil aber in Sonderheit die Ordnungen betrifft, sollen unsere policey- vnd zuchtrichter
dieselbe alleß ernsts handhaben vnd die übertrettere nach befindung unnachläßlich
straffenn.//
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Die
Reichsstädte
Vierter theil der policey- vnd zucht Ordnung, das ist die kleider Ordnung
oder verbott übermässigen kleiderprachts und massigung eines jeden standts
leibszierden und schmuck.
I. General verbott und gebott.
Demnach der schädliche pracht und sündliche Üppigkeit in kleider und gewand alliier bey vilen, sonderlich aber bey dem nidern stands persohnen dermassen [durchgestrichen: sterkhet, vongleicher Hand darübergeschrieben: zunimbt], daß sie denen
höhern alleß nachthun und an cöstlichkeit über ihres stands gebühr sie gleich zuhalten ohngeachtet unserer bißherigen wolgemeinten kleider Ordnung sich anmassen.
Alß sind wür hierdurch verursacht erstbesagte vnsere Ordnung dißfahlß zu renoviren
und mit unausbleiblich ernstlich obrigkeitlichen straffen zu schärpffen. Befehlen
demnach fordrist insßgemein, daß sich keiner, es seye gleich wer er wolle, in kleidern, gewand vnd anderen über seinen hergebrachten stand oder tragendes ampt
und dise vnsere überflüssige Zulassung erheben, noch die mindern und nidern
standß persohnen sich den höhern und furnehmern dißfahlß gleich halten und ihnen
in tracht, form, manier, färben und stattlichkeit alleß nachthun oder ichtwaß, so ichrem stand und ampt nicht genugsam gemäß und noch vilweniger dasjenig, waß dem
höhern stand in diser Ordnung verbotten ist tragen, fuhren und brauchen soll.//
II. Reichsstättisch- vnd bürgerliche erbarkeit und ehrerbietung.
Im übrigen aber sollen beedes, männer und weiber, sambt denen erwachsenen jungen leüthen nicht allein im kirchen gehen sondern auch sonsten über die offenliche
gassen wolständiger, bürgerlich- und stättischer erbarkeit die männer zwar vermittelst tragung ihrer hüeten, mäntel und der Seiten wehr, doch außgenommen diejenige, so infames oder ehrloß, die sollen sich der degen nicht änderst gebrauchen dörffen, alß wann sie ihr zug und wacht versehen müssten. Die frawn und jungfrawen
aber mittelst tragung ihrer gewohnlichen krägen oder überschläg, hauben und gestäuchs oder auch in andere wenig, alß burger und jnwohnere einer erbaren reichsstatt sich befleissen, auch je einer dem andern nach seinem ampt, stand und grad
seine ehrwürde, Vorzug und Vorgang bey öffentlichen und privat zusamenkunfften
gönnen und geben.//
III. Ordnung des vndersten standß, nemblichen deß baurs volckhs.
So vil insonderheit das baurßvolckh anbelanget, sintemahlen dasselbe seine alte
tracht und erbare kleidung zuverlassen beginnet und under anderm auch [Nachtrag
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am Rand: der allzulangen [...] hangender haaren, item] der sammetin krägen auf
mänteln [Nachtrag von gleicher Hand am Rand: gestäuchß, abhangend], deßgleichen groß [Nachtrag am Rand: der weiten ermel und taschen wie auch überflüssiger, sonderlich der seidenen knöpfen auf mannßröckhen] und [gestrichen: weit, darübergeschrieben: eng] gestupfften weisser krägen, [Nachtrag darüber: silbern
geheng und schürz] und anderer stättischer zierd, cöst- und stattlichkeit anmassen
thut, alß wird demselben alleß dasjenige, waß in nächst folgenden puncten von taglöhnern und dergleichen leüthen begriffen, gleichfahlß und namentlich berührte
[Nachtrag von gleicher Hand darüber: allzulange haubthaar] sammatine [Nachtrag
von gleicher Hand darüber: mantel] krägen, [gestrichen: mäntel ..., Nachtrag am
Rand: gezihrte wehrbeheng, lange mode rökh mit vilen und seidenen knöpfen, item
das käplintragen vnter den hüeten], wie auch die [gestrichen: weit, darübergeschrieben: abhangend] oder [gestrichen: groß, darübergeschrieben: klein] gestupffte krägen [Nachtrag von gleicher Hand am Rand: und grosses gestäuchß, auch sambt
denen mit spizen besezten stauchen hauben], ingleichen an denen ledigen bauren
[Nachtrag von gleicher Hand am Rand: söhnen die ohnnötige beutelin an hochzeit
kränzlin vnd hochfarbig costbarer bänder auf hüeten vnd seidenen huetschnürn, so
dann an denen ledigen] töchtern die eingeflochtene dickhe haarzöpf und mit bändelwerckh gezierdte bünd, wie auch die alzu hoche hochzeit cränz [Nachtrag von
gleicher Hand am Rand: abhengende flohr- und modebinden, spiz vnd schnüer auf
kleidern, erz kappen und saumägen vor erz (sondern allein von otder vnd iltiß) item
weiß cordueisch vnd mit allzu hochen absäzen gemachte schuch, halßflähten oder
glaat krägen vnd gebendelt handschuch bey hochzeiten, sammetin riemengürteln]
sambt anderen köstlichkeiten hiemit verbotten und dagegen bey ihrer einfältigen erbaren tracht und kleidung zuverbleiben gebotten, jedoch aber überläßt ein ers[amer]
rhat einem erb[aren] policey gericht über diejenigen, welche von wol ehrengedachtem rhat mit ämptern versehen oder sonst bekhantlich guten vermögenß sind, in
vorkommenden fällen nach befindenden vmbständen vernünfftig zuerkhennen.//
IV. O r d n u n g für den vndersten grad in der statt alß karrer, taglöhner vnd
ihres gleichen sambt ihren weibern, wie auch dienst knecht. Item mägdt,
näderinnen vnd derleichen ledige töchtern.
Karrer, taglöhner vnd ihres gleichen, die kein recht handwerckh können oder treiben, wie auch ledige gesellen und dienstknecht, deßgleichen krößlerinnen, näderinnen, haußmägdt in der statt und ihres gleichen ledige persohnen, sollen sich keiner
guhten perlen, silber, gold und ring, eß sey an messerscheiden, gürtel [Nachtrag von
gleicher hand darüber: vnd b٦cher] beschlägen, oder wie es wolle, eß sey gleich
guht oder falsch (dann das gute gebührt ihnen stands halber nicht und an dem falschen legen sie ihr geldt übel an) gebrauchen, ausser daß denen burgers töchtern
184
Die
Reichsstädte
bey hochen festen und hochzeiten ein beschläg gürtel von drey in vier loth silber
höchstens zugelassen wirdt. Item sollen sie der zarten, grossen oder stattlichen
[Nachtrag am Rand: vnd aller frembden] spiz, borten und schnüer auff [Nachtrag
am Rand: stauchenhauben ...] hembdern, gollern oder fiirtüchern, deßgleichen zu
kleidern, item des schamlotts, cronrasch, köstlichen tuchs und zeügs sich enthalten.
So dann keiner corduarischen [Nachtrag am Rand: aufgeriben noch weissen] schuch
anmassen. Insonderheit sollen bemeldte ledige töchtern furohin keine [gestrichen:
köstliche] bömische hauben und keine saumägen mit guthem sammet und atlas
überzogen tragen und höher nicht als vmb [gestrichen: drey, darübergeschrieben:
dritthalben] oder höchstens [gestrichen: vierthalben, darübergeschrieben: drey] gulden zutragen erlaubt seyn. Ferner sind ihnen verbotten die [Nachtrag von gleicher
hand am Rande: nesselgärinne hauben, sammetin bundkappen, [..] und dergleichen
ziernen gürteln, item] köstliche börtlin von guhten perlen, (gestrichen: wie auch] atlaß- und doppeltaffetin und falsche dickhe haarzöpf sambt den schlüssen wie auch
alle mit silber und gold durchzogene bendel und schnüer.
Dargegen aber wirdt ihnen zugelassen und verstattet, daß sie kleider von leder,
Nördlinger und ander tuch von zwainzig bazen biß auff einen thaler, so Lindisch
breite [aus der Stadt Lindau] hat, ausser der hochen und köstlichen färben; von zeügen ist ihnen erlaubt zu röckhen candit, mesoblau, barchet, einfach [gestrichen: und
doppel] glatt [...] und andere dergleichen ringe zeüg, jedoch daß kein ehlen über
sechs oder sieben bazen koste. Zu brüstlin oder ermelhembd und fiirfleckh aber
solle noch ferner zu ehren erlaubt seyn [gestrichen: gemeiner bomesin, glat und
blümte] gemeine burset und andere dergleichen zeüg, da die elen meistens von acht
biß neün bazen verkaufft wirdt. Vnd solche kleider [Nachtrag am Rand: wie auch
die müeder] mögen sie mit härin auch [gestrichen: halb seidin, darübergeschrieben:
andern gemeinen] schnürlin oder solchen hanen kämmen, Cölnisch bandeln [gestrichen: halbseiden] gemeinen, galaunen und schmahlen bourtlin verbremen und
einfassen [gestrichen: auch die mantel krägen mit geblüemt oder ungeblümbten bursat überziehen, Nachtrag am Rand: keines weegß aber sich weder der guten noch
falschen silberin galonen und schnüer auf denen müedern, weniger auf röken zuhaben sich anmassen noch ihre brüstlin und ermelhembder mit atlaß ftirschiessen.]
Deßgleichen werden schlupffer mit bursat, bomesin und dergleichen überzogen
zugelassen. Insonderheit mögen die mannsbilder hauben von fuchß, wölffen, iltiß
und schappel, die weiber und mehrgedachte ledige töchtere aber gemeine mit seiden
schnüeren und borten gezierdte saumägen oder Augspurger tragen. Item börtlin von
sammet, wasser herlin oder auch zu hochzeiten und festtägen von guten iedoch nur
kleinen nüß gerlin und daß einer schlechten magdt börtlin nicht vil über ein thaler
oder höchstens zween gulden und einer burgers töchter börtlin nicht vil über zween
gulden oder auff das meiste biß in drei gulden wehrt sey. Item nidere cränz von roßmariin oder anderen blumen, jedoch dasselbige weder mit goldschienen noch anderer bändel zierd vercöstiget seyen, welcheß wür hiemit so wol fur die ledige töch-
Nr. 5: Lindau
185
tern alß auch die jungen gesellen bey hochzeiten verstanden haben wolenn. Ferner
schwarzgefaselte seidene sommerhauben, gefarbdte seidene häublin eines halben
thalers wehrt, auch von faden gestrickhte schlechte weisse häublin, [durchgestr:
halb seiden schnür galanen] seiden und schmahle taffetin haarschnür. Item lederne,
mit eisen beschlagene, auch gemeine, ganz eiserne gürteln und von schlechten korallen. Doch sollen die näderinnen auff dem land, deßgleichen die in der statt
dienende bauren töchtern, den dienenden bürgerstöchtern nicht eben alle obstehende köstlichkeit nachthun, sondern sich in den kleidern und dero zierden etwas geschmeidig- und bescheidenlicher halten.
So soll auch sonsten under denen mägdten diser vnderschid beobachtet werden,
daß ihnen auch das jenige, waß sie von ihren elltern her und dero stand nach sonsten zutragen befugt, auch hierin zugebrauchen nicht verbotten seyn solle, jedoch
daß eß mit gebührender maß geschehe und sie sich darbey allezeit ihres magdt
standes erinnern.//
V. Kleider Ordnung für die handtwerckher und ihres gleichen leüthe, auch
ihrer aller weiber im andern grad.
Jenen erb[aren] handwerckhern, schiffleüthen und dergleichen, welche weder deß
rhatß noch gerichts sind (dann denen deß rhatß ihrer ampter halben ein mehrers und
so vil alß dem dritten grad erlaubt und den richtern zu ehren auch etwas weiters).
Item schlechten stand crämern, stattdienern an den vndern stellen, merzlern und
ihres gleichen, wie auch ihrer aller weibern werden verbotten die sammetin, edelmärderin, seiden und dergleichen stattliche winterhauben, auch hüet von stattlichem
filz. Deßgleichen die costbare [Nachtrag am Rand: und scheinbare auch frembde]
spiz und schnür. Item außländisch und costbahre leinwath inß gemain. Nicht weniger die seidin, mit seiden gemengte [Nachtrag von gleicher Hand am Rand: und
frembde mode] zeug, seiden burat, Englischer bay, herrensay, comelot und dergleichen zu kleidern, item [Nachtrag von gleicher Hand am Rand: glat und gut tripp,
sammetin stirnbeiz, bundkappen mit vilen bendelin, seiden spiz und schürzen geziehrt, insonderheit auch die mit atlaß fürschaffene kleid] seidin strimpf, zier- und
schuchbänder, ferner alles köstliche belzwerckh, so dann die [Nachtrag am Rand:
weisse und aufgeriben] schuch mit so gar hochen spizigen absäzen, vnd denen ledigen töchtern, die atlassin und andere dickhe haarzöpf, [Nachtrag im Text und am
Rand: silberin schlüß, 4 und 5 geträftelte sommerhauben, wie auch gold und silberne spiz und schnür daran.]
Dargegen wirdt disem stand zu tragen vergünstiget alleß waß hieroben zugelassen und neben demselbigen ferner auch das belzwerckh von gemeinen kröpfen,
fuchsen, iltiß, königlin, lämmern und dergleichen fellwerckh. Item steinmäderin
hauben. Ferner zu ehren vnd hochzeit kleidern geblümbter burscet, zu röckhen dop-
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Die
Reichsstädte
pelter candii, perpet٥an und gemeiner cronrapf vnd tuch, da die ehlen von zwen biß
drithalben gulden kombt.
Item Englische strimpf, hosenbändel von gemeinen zendel und arraß zu ehren
von floretband.
Insonderheit sind den weibern die saumägen höchstenß auff [gestrichen: funffhalben] vier gulden. Vnd dann mit silber beschlagen [durchgestr: und ganz, am
Rand: auch zu hochen festen und hochzeiten klein ganz] silberne muschelgürtelin
[durchstrichen: und waß dergleichen mehr] iedoch [Rand: sambt, der beschlagenen
bestörk] nicht weiter alß von [gestrichen: acht biß] zehen biß acht loth zutragen erlaubt, die durchbrochen oder andere gar costbare arbeit aber ist darunder nicht verstanden.//
VI. Ordnung des dritten stands, nemblich für gemeiner statt bediente an den
mitlern stellen, die furnehmere krämer, künstler und ihres gleichen im dritten
grad sambt ihrer aller weiber und kinder.
Gemeiner stattbeampten und bedienten an den mitlern stellen, deßgleichen denen
gewandschneidern und fürnehmern krämern, wein- und salzhändlern, item den barbierern und Wundärzten, fürnehmen künstlern, goldschmiden, mahlern etc. So dann
den würthen und ihres gleichen, welche weder rhatß freünd noch richter sind (dann
denselben sonderlich denn rahtßherren ein mehrers und so vil als dem folgenden
vierten grad zugelassen) wie auch ihrer aller weibern und kindern wird verbotten,
das kammertuch oder Niederländische und dergleichen köstliche zarte leinrath,
auch die Französische und Niederländische cöstliche spiz und schnür. [Nachtrag am
Rand: manchetten an hembdern und gollerhembden]. Item sind verbotten alle kostbarkeiten an gold, silber, perlin, ringen, edelgestein, stattlichen granaten, belzwerckh, hüeten, wollenen tüchern, seidenen zeügen, spizen, [Rand: insonderheit feredin und krauser crepon zu ganzen kleidern, glat sammetin mantel krägen allzuweite [Rand: und glatt sammetin auch damastine schlupfer mit marder flirschaffen;
gestrichen: schlupfer], köstliche handschuch, seiden strimpf, alzu groß dickh gemachte [darüber: vnd groß atlasin] haarzöpf [Rand: zusambt den guldin und silbernen schlüssen, wie auch die mit silber gezierte sommerhauben und die allzuhoch
Böhmische winterhauben, leipziger kappen und costbare so genante gudenhäublin,
glat sammetin stirnbeiz und dergleichen kappen mit vilen bändern geziehrt, kleider
mit atlaß fürschossen vnd fliegenden spizen geziehrt, kleider mit atlaß fürschassen
und fliegenden spizen geziehrt, ohrenrößlin von geschmelztem gold und perlen,
grosse silberin knöpf in kleidern, ganz silberin huetschnüer vnd mit silber beschlagene Stäb, halßbinden mit costbaren pelzen] und all anderer disem stand unzulässiger schmuckh.
Nr. 5: Lindau
187
Dargegen wird ihnen über die hieuorstehenden stand zugelassen stuckh zutragen
noch weiter erlaubt, zu briistlin oder ermelhembd und furfleckh [durchgestr: taffet],
seidenburat, [...], herrensay- fein glatt burset, darbey ungeblümbt und andere dergleichen halb seiden zeug. Item zu ganzen kleidern wollen tuch, da die ehlen auff
drej [durch: oder höchst vierthalben] gulden costei, der mäyer halbseidene und
stain-, auch edelmärderin winterhauben, iedoch allein mit einem einzigen guhten
marder und mit tribsammet oder dergleichen zeug überzogen. Insonderheit den wiebern und töchtern, die iedoch nichts bömische hauben von sammet oder von kurzhärigen mardern, Augspurger hauben oder saumägen die braites gebräu haben, doch
ohne gold gestickht und die von fünff biß höchstens sechs gulden kosten. Item gefältelte und andere gestrickhte, gefärbte seidene hauben mit silbern spizlin oder
schnür, börtlin von keinen guhten perlin, da eines von vier, fünff, in sechs gulden
wehrt, deßgleichen halßband von kleinen granaten oder geringen corallen. Femer
schlupfer mit burset, gemeinen seidenen zeug, ormesin, geblüembten taffet oder
tripsammet [durch: oder auff das höchst mit damast] überzogen und mit seidenem
[Rand: doch nicht gar breiten spiz und ] schnüeren verbrämbt oder etlich wenig seidenen bändern besezt. Weiter ein oder zwen güldene denckh- und ander ring von
türckhiß, amethist, topas und dergleichen geringen steinen ohne diamant, rubin oder
saphir vnd das sie sammentlich über sechzehen [dutrch: oder zwainzig] gulden nicht
wehrt seyen. Die silbern gürteln werden erlaubt höchstens biß sechzehen loth und
die beschlagenen messer bestöckh sambt darzu gehörigen kettelin biß höchstens
auff acht loth. [Nachtrag im Text: Dahero der durchbrochenen gürteln und schwehren ganz silberin messerscheiden, wie auch der groß braiten leibgürteln und costbar
beschlagenen bedtbücher sich gänzlich enthalten sollen.]//
VII. Ordnung für den vierten stand, das ist gemeiner statt fürnehme
officianten, rentierer, handelsleüth und ihres gleichen sambt derselben
hausfrawen und kindern im vierten grad.
Die so ab ihren renten, zinßen vnd gühtern leben, deßgleichen handelßleüht und fürnehme factoren, so welche frembde waahren, commisiones und ordenliche schreibstuben haben und weder rhatßherren noch richter sind, item gemeiner statt ftirnehme beambte und bediente, welche weder graduirt [...] sind, sambt ihrer aller
weibern und kindern, sollen sich der kostbarkeit in güldenen ringen, haarbörtlin,
florhauben, silbern gürteln und messerscheiden, schlupfern, hohen seidenen zeugen,
gold und silbern galonen, seiden und leinen spizen [Rand: sonderlich solche fliegend aufzusezen], beiz, futer, zu groß gemachten haar zöpffen und dergleichen
[Rand: Item der mit gold und dergleichen politten gezierter sommerhauben, wie
auch mit ring geschmelztem gold vnd vilen perlen geschmickhter ohrenrößlin ganzlich] enthalten. Dargegen werden disem stand obstehende halbseidene zeug und
188
Die
Reichsstädte
dann ferner zu ganzen kleidern, brüstlin und flirfleckh zutragen zugelassen tobin,
ormesin, terzenell, doppeltaffet, doch ausgenohmen hohe und cermosierte färben.
Item wollen tuch, da die ehlen vier biß ftinffthalben gulden kostet. Deßgleichen hirländische feine leinrath, spiz und schniier, wie auch zu kragen und Überschlägen
mittelmässig Niderländische leinrath. Item schwarze korallin, auch silbern ketten
und Haschen gürteln mit silber beschlagenen scheiden und bestöckh, jedoch nach
zeit, gebühr und bescheidenheit.//
XIII. S ü n f f z e n Ordnung. Die geschlechtere und gesellschafft im Sünffzen,
auch ihre f r a w e n und kinder im fμinfften grad.
Die geschlechtere und gesellschaft im Sünffzen sambt ihren frawen und kindern
sollen sich enthalten der kostbarkeit in ganzen castor hüeten, perlinen hüetschnüeren, mit gold und silber gestickhten wehrbehenckhen, halßbänden von edelgesteinen, ganzer kleidungen von guhtem sammet, allzu grossen falschen haarzöpfen
[Rand: sommerhauben mit perlen, maschen und borten geziehrt] und dergleichen.
Dargegen sind ihnen oder ihren frawen erlaubt guldin ketten (doch daß selbe
nicht allzu [durch: achzig biß höchst hundert ] schwehr oder sonst nicht übermessig
seyen), armband ohne edelgestein, [Rand: halßband von mittelmässigen perlen, allerhand guldin ring mit edelgestein], doch nicht von übermessigem hohen wehrt,
übergült und silberin gürteln, bestöckh und messerscheiden von gegossen oder
durchbrochner arbeit, gulden, silbern vnd leinen spizen, doch von bescheidenlichem
wehrt und grösste, Niderländische leinrath zu krägen, Überschlägen und dergleichen. Item terzenell, ormasin, geblümt taffet, damast. Denen edlen und alten geschlechtern, auch furnehmen amptß persohnen, atlaß, auch cremosierter damast zu
kleidern und röckhen, die hauben und schlupfer von edlen mardern und mit glattem
sammet überzogen, insonderheit der weiber hutteggen mit atlassin außschlägen, gestickhten atlaß borten und zu ehren hutteggen mit jammet, romanischen kröpffen,
kelmärder gefüetert. Auch denen jungfrawen guhte perline haarband oder börtlin
von zwainzig biß vier und zwainzig gulden, deßgleichen hochzeit cränz mit perlin
geziert von vier und zwainzig biß dreissig gulden, wie auch baretlin mit buckheln,
iedoch mit bescheidenheit und maß. Schliesßlichen wirdt auch dißem stand verstattet, in schütten mit ganzem geleuth zufahren, iedoch daß sie kein silbern geläuth
noch gar zu köstlich schütten und geschier gebrauchen.
Noch dises ist bey solchem leztern grad zu erinneren, daß ein billicher underschid zuhalten, zwischen denen alten edlen geschlechtern, vornehmen beampten
und graduirten persohnen und zwischen denen andern funffzen genossen, daß jenen
billich ein mehrers alß disen erlaubt seyn solle vnd werden selbige verhoffentlich
von selbsten die bescheidenheit hierin zuobserviren ihnen angelegen seyn lassen.
Nr. 5: Lindau
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[Nachtrag im Text: Vnd sonderlich die ganz atlaßin kleidungen und den cremosirten
doppel atlaß denen alten funffzen genossen allein überlassen.]//
IX. Erinnerung wegen vnderschid deß stands.
Bey dem vnderschid der ständen ist zu merckhen, waß massen vil ohnnötiger pracht
und Üppigkeit in kleidern under anderm auß disem irthumb geflossen, daß sich die
kinder, wan sie in die ehe kommen, fast ohne vnderschid nach dem stand und weßen ihrer eitern vnd zumahlen ihrer mutter zuhalten vnd zu kleiden angemaßt, welcheß zu großem ohnzulässigem mißbrauch vnd confusion under den ständen nicht
geringe ursach geben, sintemahlen aber weder die männer ihrer eheweibern noch
die eheliche kinder ihrer muttern, sonder die weiber ihrer männer, die eheliche kinder aber ihrer vätter nahmen und stand haben und behalten, auch vnsere policeyund zucht Ordnung ebenmässig dahin gerichtet ist, so soll dißer vnderschid beobachtet und die weiber wie auch die witwen (so lang sie sich nicht weiter verheurathen) nach ihrer männer, die kinder aber, so lang biß sie zur ehe schreiten, nach
ihres vatters (vnd nicht nach der mutter vermaintem) stand und grad sich halten. So
bald aber ein wittib sich widerumb verheürahtet oder die kinder zur ehe greiffen, so
sollen sie die wittib nach deß newen (vnd nicht nach deß verstorbenen) mannß, die
söhn aber nach dem stand, den sie alß hauß vätter selbsten antretten vnd die töchtern auch nach ihres bräutigams und mannß stand und grad gehen und sich kleiden.//
X. Von weiber krägen, gestäuch und leydtragen.
So dann sollen die frawen und weibsbilder inßgemein ihre krägen und gestäuch von
leinwath vnd formb, indes nach ihres stands gebühr und je die mindern stands
weibsbilder die krägen und die stauchen von schlechterer leinwath [durch: underer,
darüber: darzue kürzer] und schmähler, alß die höhern stands persohnen machen,
stupfen, auffthun [Rand: so dann der glatten leyd krägen von flohr und zarter Cammer leinrath mit spizen underseiht sich enthalten], einziehen, auch die frawen auß
denen mitlern und nidern ständen sich der clagschwenckhel, so ihnen nicht gebühren, sonderlich aber nach verrichteter leichbegängnuß nicht mehr anmassen. Vnd
gleich wie wür in dißer vnserer christlichen policeyordnung unser absechen under
anderm auch dahin gerichtet, daß vnserer lieben burgerschafft und angehörigen ein
aid andere geld außgaben so vil möglich erspahrt vnd ein seckhel behalten werden
mögen, alß haben wür hiemit auch verordnet, daß die weiber in dem leydtragen die
vmbbinder nur allein in die kirchen, hingegen in der statt und vor dem thor nur al-
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Die
Reichsstädte
lein die stauchen kragen vnd im übrigen kürzere clagzeiten halten mögen, aß hioben
insonderheit bey einem aid andern fall namentlich exprimirt ist.//
Klagmäntel.
So sollen auch die vier nidere ständ ihre klagmäntel nicht so lang biß auff die
schuch hinab, sondern je ein jeder nach seinem stand etwas kürzer tragen.//
Vnderschidliche general erinnerungen.
Waß dem höhern stand verbotten, das ist und bleibt noch vil mehrers den nidern abgestrickht. Jegliches soll sich seinem stand gemäß verhalten und über obstehende
überflüssige zu lassung kein burger, burgerin und angehöriger diser statt zuschreiten, aber ein jeder befuegt seyn, ob er will, die köstlichkeit in seinem stand etwas
einzuziehen, so vil der respect seines ampt zulasset, welcher respect bey fμirnehmen
beampten einer erb [aren], frey und reichß-statt billich auch in acht zunemmen.//
Benebenß soll ein jeder, sonderlich die weiber erinnert seyn, daß sie sich des Überflusses oder vilheit der zugelassenen cöstlichen kleider und schmuckhs [Rand vnd
sonderlich der newen modereyen, allzuweit hinablangenden spizigen müedern vnd
brüstlin mit langen ermellappen. Item überflüssig vergänglicher spiz und schnüeren
neben doppelten ftierschuß enthalten. Vnd bey dem altar und tauffstein in denen alt
vorgebrachten, ehelichen, wol anständigen und gott gefalligen frawentracht und kirchen hutteggen erscheinen, nicht aber in allerleij newen und ganz fembden modereien sich alle einfinden.] enthalten.
Sodann, obwohlen einem jeden seine kinder im stand nachfolgen vnd sich demselben gemäß verhalten mögen, so ist doch solches nicht eben dahin zu verstehen,
daß die kleinen kinder, junge knaben und mägdtlin gleich also bald alle und jegliche
köstliche zeug, tücher, zierd und schmuckh, so hoch und stattlich ihre elltern die
selbe zu ehren tragen dörffen, frühzeitig vergönnt, sondern eß soll hierunder gebührende maß und bescheidenheit, sonderlich, waß den zeüg der ganzen kleider, röckh,
hauben und leingewand anbelanget beobachtet werden, biß die kinder etwas erwachsen und erwan zu funffzehen oder mehr jähren kommen seyn, eß seye dann,
daß ihnen etwas von alten kleidern oder zeügen angemacht werde.//
Nr. 5: Lindau
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Straff der übertrettung.
Welcher oder welche aber wider obegeschriben gar überflüssige zulaß- und kleiderordnung handien, der oder die sollen von jedem verbottenen stuckh und von jedem
tag, so offt sie eß getragen, nach befindung und beschaffenheit ernstlich oder so uil
alß solches getragene stuckh wehrt ist, gebüesset, auch vorhero von dem rhathauß
nicht hinunder gelassen werden, biß die andictirte straff würckhlich wird bezahlt
seyn. Zumahlen auch diejenige ungehorsame handtwercksleüth, die ihnen solches
verbottener weiß angemacht, von ihnen fleissig erforschet und ebenmässig hart
abgestrafft werden.//
Fünfter und letster theil der ganzen policey Ordnung.
I.
Diese vnsere christliche policey Ordnung und die darin begriffene wolgemeinte gesäz, gebott und verbott sambt und sonders, behalten wür unß beuor, inß künfftig, ie
nach befindung der notturfft und abwechßlung der Zeiten zuändern, zuerleütern, zumindern oder zuvermehren. Jmmitelst aber wollen wür, daß dieselbe von menniglichen vnser angehörigen in statt und land gehorsamblich gehalten und davon nit
änderst, alß wol und ehrlich geredet, deren vollinziehung von jedermann befördert,
dargegen waß derselben hinderlich oder abbrüchig möglichsten fleisses abgewendet
werde, darwider soll niemand entschuldigen, daß etwan üppige und prächtige leüth
zu ihrer entschuldigung die nichtigen scheinbehelff einwenden wurden, samb hetten
sie die Üppigkeit und überfluß, so sie auff kleidungen, leingewand, mahlzeiten und
anderm anwenden, zu bezahlen, waß eß andere, die ihnen nicht darzu gegeben, [...]
hetten sie die kleidung von ihren elitern, freünden und anderen geerbt, wäre ihnen
ganz und zum theil geschenckht oder hettens wolfeil und alt gekaufft oder außgetauscht, müessenß einmal merzen, sei nur ein ehrenkleid, wären nicht gemeint, eß
beständig zutragen und waß etwan mehr von solchen scheinwortten fürkommen
möchte, dann wür solche hiemit alle sambt und sonders fur untüchtig erclären und
wollen, daß hinfuro dergleichen zu keiner entschuldigung dienen solle. Jedoch so
vil alte abgetragene kleider und schuch, so etwan den dienstbotten von ihrer herrschafft geschenckht worden, anlangt, zum fahl mit demselben kein gefard gebraucht
wirdt, sondern dieselbe recht abgetragen worden und also beschaffen seyn, daß die
herrschafft solche nicht wol weiter weder an feyr- noch werckhtägen tragen kann,
solle den dienstbotten sollche vollends außzutragen nicht verwehrt werden.//
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Die
Reichsstädte
II. Publication vnd notification der policey Ordnung und aller deren puncten.
Auff daß sich aber niemandß weder in der statt noch auff dem land mit der Unwissenheit zu entschuldigen hab, so soll in den Sünffzen vnd in jegliche zunffit in der
statt und denen schulmeistern auff dem land nicht allein ein vollkomne abschrifft
diser policey- und zuchtordnung gegeben und aller jährlich wenigst einmal abgeleßen werden, sondern auch die furnembste puncten und Ordnungen vmb mehrer bequemlichkeiten willen, absonderlich geschriben und in den zünfften auffbehalten
werden, damit ein jeder, wann und so offt er will, sich darinnen nachrichtlich ersehen und solchem allem nach gehorsamblich geieben möge, da auch jemandß ein
eigen völlige abschrifft oder auch einen extract einer und anderen special Ordnung
in der canzley iezo oder inß künfftig begehren wurde, demselbigen soll solche vmb
die gebühr willfährig ertheilt werden.//
III. Entdeckung der verbrechen.
Hierauff erinnern wür alle vnßere bürgere vnd angehörige ohne vnderschid, zu
handhabung diser Ordnung, in dem trewlich und möglich zuhelffen, daß ein jeder
derselben alles dasjenige, waß er darwider sehen, hören, erkhundigen und erfahren
wirdt, er solcheß ohne schew und auffzug einem policey gericht oder dessen obmann oder aber dem policey Schreiber bey seinen bürgerlichen pflichten anzeige,
neben dem wür auch sonderbahre heimliche auffsicht und bürger bestellt haben,
vnd gleich wie solche anzeig vor eine verähterey (wie theilß unverständige leüth
sich selbsten, wiewohl ganz irrig einbilden) mit einichem fueg nicht außgedeütet
werden kan, sondern vilmehr ein theil der pflichtschuldigkeit gegen der vorgesezten
wehrten obrigkeit und folglich ein Gott wolgefalliges werckh ist, aliso soll benebenß auch ein jederso etwas anzeigen würdt nit alleinn verschwigen und in geheim
gehalten sondern ihme auch der vierte theil von der eingehenden straff gegeben
werdenn.//
IV. Handhabung vnd execution obstehender Ordnung.
Wassen wür unserm zu handhab- und vollstreckhung diser vnser Ordnung verordnetem sonderbahrem policey- vnd zuchtgericht von newem befohlen, über diser verbesserten vnd moderirten zuchtordnung allen und jeden dero puncten, stuckh und
articuln sambt und sonders mit grösserm ernst, steiff und vest zuhalten. Auch alle
die darwider handien oder solche sonsten durch argelist und gefährden zu durchlöchern (dessen wür vnß doch zu keinem christlichen und ehrliebenden burger und
angehörigen versehen wollen) sich vnderstehen sollten, wir auch in denen jenigen
Nr. 5: Lindau
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fällen, welche in dieser vnserer policey Ordnung nicht eben so specifice exprimirt
und doch der gebühr, stand und erbarkeit entgegen wären, auffgenuegsam eingenommene sach, nach vernünfftiger ermässigung arbitrariθ zustraffen, auch ereigneden umbständen nach ernstlich- und empfindlichere straffen vorzunehmen, mithin
die leüthe zum gehorsam zubringen und keinen wider dasjenige, waß wür in vnserer
christlichen policey Ordnung gebotten oder verbotten haben, zuthun zugestatten,
noch die straff deß verbrechenß nach- vnd durch die finger zu sehen, sondern einen
jeden, der darwider handelt, ohne hindersich bringen und einiges ansehen der persohn abzustraffen, doch soll ein jeder zuvor furgefordert und mit seiner notturfft
gnugsam angehört werden. Inmassen dann ein jeder vnser burger vnd angehöriger,
deme für das policey gericht verkhündt wirdt, gehorsamblich zuerscheinen vnd vor
selbigem sich mit gebührendem respect und guter bescheidenheit ohne schrifftliches
libelliren mundtlich zu verantwortten, auch ihrer execution zu pariren schuldig. Solte oder wurde aber einer entweder vngehorsamblich außbleiben oder aber durch
verursachten beweißthumb der that überzeügt oder auch sonsten in laistung der iehme zuerkhandten Schuldigkeit säumig seyn, gegen demselben unsere policey richter
den ernst und schärpffe der straff vornemmen.
Da auch einer gleich gehorsamblich erscheinen aber gegen den policey richtern
unbescheidenheit gebrauchen thäte, den sollen sie, ob er schon sonsten der that und
deß verbrechenß halb unstrafbar erfunden wurde, vmb überschrittner gerichtszucht
willen dannoch ernstlich abstraffen.//
Wie der rhat wollen auch vnsere geordnete policey- und zuchtrichtere, die ie zue
zeiten seyn werden, sambt ihre policey Schreibern und denen aufsehern hiemit in
unsern sonderbahren schuz und schirmb auffgenommen haben, dieselbe schüzen,
schirmen und handhaben, bey allem dem so ihnen befohlen ist und ferner empfohlen werden möcht vnd wäre eß, daß ihrer einer oder mehr oder sie alle oder auch
diejenige, so ihnen etwas bürgerlicher pflicht gemäß angezaigt haben möchtn, von
jemanden, wer der wäre, vmb sach ihr ampt und obige Ordnung betreffend geschmächt, beleidigt oder beschädigt wurde, mit worten oder mit werckhen (änderst
dann mit gericht und recht) denselben wollen wür auff erfahren unnachläßlich,
ernstlich und empfindlich abstraffen.//
V.
Da aber jemand vermeinte durch vnsers policey gerichts erkhantnuß beschwehrt zu
seyn, ist ihme solcheß bey unß dem rhat aufs längst innerhalb acht tagen mündlich
anzubringen unbenommen. Jedoch also, daß wann sich befinden wurde, daß er
schuldig vnd das anbringen mutwillig, so soll er dardurch doppelte straff verfallen
haben vnd noch darzu allen uncosten zuzahlen schuldig seyn.//
Darnach wisse sich meniglichen zurichten, gehorsamlich zuverhalten, auch vor
schaden und unnachläßlicher straff zuhüeten.//
Renovirt und reformirte Policey Ordnung 1673. Revidirt 1682. Item Anno 1697.
Β. Die geistlichen Staaten:zywvutsrponmlkihgfedcbaUTSPONLKHGFDCBA
Klöster, Stifte und
Spitäler
1. Die Landsassen
Nr. 6: Augsburg, Damenstift St. Stephan (Landeshoheit:
Hochstift Augsburg): „Polizei-Ordnung von Asch und
Oberdißen" von 1534/25. 11. 17191
Gebott, und verbott-buch bey der gemeind zu Asch, und Oberdießen
Welches herr Werner Völcker von Freyberg zum Eisenberg und Eberhard von Freyberg
zu Haldenwang, beede ritter, samt von Casparn Freyberg zu Hopferau, alle drey
christseeligen gedächtnus in anno 1534 renoviren laßen und anno 1719 wiederum erneuert, vermehrt, und, erleuthert worden. Unter regierung der hochwürdigen frey reichs
hochwohlgebohrenen frauen trauen Maria, Eva, Roßina, Theresia, regierenden abtißin,
des hochadeligen frey weltlichen stifts zu St. Stephan in Augsburg, frauen der herrschaft Asch, gebohrnen freyin von Bodmann zu Güttingen.//
1
StaatsA Augsburg, Stift St. Stefan Augsburg, Lit. 176. Titelvermerk: Copia, No. 5: Aschische Policey
Ordnung, erneuert und publicirt den 25. November 1719. Das Damenstift St. Stephan war dem Augsburger
Hochstift inkorporiert. Die Kanonissen übten bis zur Säkularisation in den Landämtern Asch (Gemeinde
Fuchstal, Lkr. Landsberg a. Lech), Batzenhofen, Pfaffenhofen und Oberdießen (Gemeinde Unterdießen, Lkr.
Landsberg a. Lech) die Grundherrschaft und die niedere Gerichtsbarkeit aus. Die vorliegende Policeyordnung
bietet somit einen normativen und territorialen Ausschnitt, dem aber auch für die übrigen Stiftsorte eine
Leitfunktion zukam.
196
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
Die kirchen und gottesdienste belangend
Es soll ein jeder unterthan oder inwohner samt seinem hausgesind sontags und in
anderen gebandten feyertägen fleißig zur kirchen gehen, absonderlich aber die jugend
und ledign burschen fleißig in der kinderlehr sich einfinden, und das wort Gottes anhören, und sein gebet bey dem amt der heiligen meß verbringen, und unter wehrender
predigt nit aus- oder einlaufen, bey straf 5 plapert oder 37 kreuzer 4 heller. Item es soll
niemand vor der predig oder heiligen meß in dem Wirtshaus, oder sonst in andern
häußern, sitzen, eßen, und trinken, oder spielen, oder sonst unnütze Zusammenkünfte
anstellen. Welcher das thut, der soll samt dem wirth oder hausmann, so ihme solchen
aufgetragen, oder geholfen hat, gestraft werden, unnachläßig per 10 plapert oder 1
gulden 15 kreuzer.
Es soll auch keiner an sonn- und feyrtagen um lohn fahren, auch ohne erhebliche
Ursachen nicht aus dem flecken gehen, vor der kirchen bey strafe 4 plabert oder 30
kreuzer. Deßgleichen kein tagwerks oder handwerks arbeit, als nähen, denglen, bachen,
wasch einlegen, metzgen, item garnnsieden, heu, grumadt, oder garben abladen, und
was dergleichen mehr ist, vor der vesperzeit verbotten bey 6 plabert oder 45 kreuzer.
Item es soll auch bey vorbedeuteter straf, samstags und andern heiligen abend zu rechter
zeit, wie unsere in gott ruhenden altvordern gepflogen, feyer abend gemacht werden,
damit mann sich folgenden morgens desto bequemer zum gottesdienst einfügen möge.//
Von gotteslästerung, fluchen, und schwören
Demnach wir ob allen dingen Gott sollen lieb haben, hingegen aber gemein ist, und bey
viellen leyden aus einem bößen angenommenen brauch, und sich dadurch groß und
angesehen zu machen, ja ihren kindern und ehehalten zu einem bößen ärgerlichen
exempel, bey der kraft Gottes, dem leib, gliederen, wunden. Heiliges blud, tod, martyr
und Sakramenten unsres herrn und seeligmachers Jesu Christi, oft leichtfertiglichen,
freventlich und bößlich schwören, und fluchen, dergleichen die mutter Christi unsers
herrn, oder die lieben heiligen gottes freventlich lästern, derhalben der obrigkeit billich
und um so viel desto mehr gebührt, desto härter abzustrafen, derowegen ist hiermit der
obrigkeitliche befehl und verbot a 45 kreuzer, daß sich männiglichen, jung und alt,
mann und weibs persohnen von dem fluchen und schwörren verhütten wollen.//
In all weeg sollen die eiteren ihren kindern am guten exempel seyen, sie unterweißen,
und lehren, daß sie sich von allem schwören und fluchen enthalten, dann sie die eiteren
wie deren etlich seyn hinfürter darinnen fahrläßig erfunden worden, soll die straf bey
ihm gesucht, und mit ernst fürgenommen werden. Da auch jemand so fiirsetzlichen und
verdächtlich und freindliche große schwür thäten, oder Gott und die liebn heiligen
Gottes so erbärmlich lästern würde, das unerträglich, und unverantwortlich wäre, der
Nr. 6: Augsburg
197
oder dieselben jung und alt persohnen sollen am leib andern zum exempel gestraft
werden.//
V o m spiehlen
Als daraus gemeiniglich gottes lästern und anderer merklicher unrath erfolget, und noch
täglich beschehen möchte, so ist hiemit der obrigkeit ernstliche befehl, daß hierführo
kein unterthan, oder dienstboth, jung und alt, höher als um einen pfenig, oder das höchste 2 kreuzer spiehlen soll, bey straf 4 plapert oder 30 kreuzer. Wie nit weniger soll sich
auch des überflüßigen trinkens, wie auch alles Übels daraus erfolgt, gäntzlicher maaßen
und selbiges in der tafern, wie auch mit dem spiehlen nit läng[er]als bis 9 uhr wären
laßen, wer das überführe, soll neben dem wirth oder hausmann gestraft werden per 16.
groschen. Es seye dann sach, daß mann sondern uhrsachen furzuwenden habe, mit
frembden leuthen hat es eine sondere bedeutung.//
Feuer, auch der beheerbergung frembder leuthe, bettler, und landstreifer
Item und dieweilen zu Zeiten des brennens halben, die leuth etwas gefahrlichs und sorglich, soll ein jeder erinnert, und hiemit ernstlich gewarnet seyn, daß er nit seinem hausgesind, weib, kindern, und ehehalten verschaf und daran seyn, feuer und licht wohl zu
verwahren, und sonderlich des nachts ehender mann schlafen gehet, daß zuvor feuer
und licht wohl und recht versorget seyn, damit kein schaden oder nachtheil erfolge.
Dann sollte durch jemanden (da gott davor seyn wolle) feuer und licht verwahrloßt
werden, wurde dieselbe mit leib und guth der obrigkeit verfallen seyn, darnach wiße
sich ein jeder zu richten. Item es solle niemand flachs im stubenofen dörren, dann in
welchem haus oder scheunen feuer aufgieng (so Gott gnädig verhüthen wolle) solle
dieselben mann und frauen, und ganzes hausgesind, wie oben vermeid, an leib und guet
in der obrigkeit straf gefallen seyn.
Es soll auch kein mensch feuer hollen, über die gaßen, oder aber ausgeben, es seye dann
10 jähr alt, bey verboth 7. groschen. Es soll auch jedermann, da nützlich bey der nacht
in seinem haus waßer haben, so soll auch kein wirth keinem gast, er seye geistlich oder
weltlich, licht bey ihm in seiner schlafkammer laßen, sondern ihme selbsten, oder durch
seine gelobte ehhalten wieder zündten lassen, und sein licht wiederum mit ihme hinwek
tragen gebotten an 15. groschen.
Item es soll auch hiermit gar und gänzlich bey ernstlicher unnachläßiger straf verbotten seyn keinem bettler, müßiggänger oder landfahrer länger zu beheerbergen, als
eine nacht per 10 plapert oder 1 gulden 15 kreuzer. Zudem auch soll niemand bettlen
oder das allmoßen zu empfahen sich unterstehen, er konte dann von leibes Schwachheit
198
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
wegen, oder gebrechens und alters halben seyn brod nit mehr gewinnen, darzu daß er
nichts mehr an liegenden und fahrenden güttern habe, davon er sich verhalten könne,
und solle keinem solches eher gestattet werden, es geschehe dann mit erkenntnüs der
obrigkeit, ob es eine nothdurft seye oder nit.
Und wann von den benachbarten fleken kranken kommen, und bresthafte leuth in unser
dorf überführt werden, sollen dieselben der Ordnung nach beheerbergt, und des andern
tags wieder verfuhrt werden.
Was gestalten frembd unterthanen aufgenommen und hin wieder aus der herrschaft
zu ziehen. Item es soll sich keiner unter unsern unterthanen in kein andere und frembde
herrschaft begeben, ohne vorwißen unser und unserer richter, bey verliehrung seines
guets. Gleichfalls welcher oder welche uns mit leibeigenschaft oder pflichten verwandt
seynd, die sollen sich davon nit entäußern oder fluchtsam machen, ohne unser und unseren richter vorwißen. Welche auch also aus unserer obrigkeit in andere zuge, der oder
die selbe persohn, sollen ohn erledigung seiner pflicht, oder lösung des leibs, item auch
verabzugung des zehenden pfenings nit entlaßen werden, und wider, wohin sie sich
gleich begebe, wieder aufgetrieben werde.//
Wann die unterthanen vor frembde gericht gefordert werden
Item so einer unserer leuthen mit hofstatt oder landgericht, oder sonst in andere orth vor
frembde gericht sollte für genommen werden, soll keiner erscheinen, weder red noch
antwort geben, sondern selbiges alles forderlich und oder unsern richtern zu wißen
machen und anzeigen bey straf 10 plapert oder 1 gulden 15 kreuzer.
Gleichfalls sollen alle wucherliche contract, als geld über das im Hlg. [Römischen]
Reich statuirten zins entlehnen, aufnehmen und ausleihen, oder den zins jüdischer weiß
nach um zwey und drey gulden steigern, das ist vom hundert mehr dan fünf gulden, und
von einem schefl frucht mehr dann zwey mezen nehmen wurde, dem soll nicht allein
alles dasjenige, was auf wucher geben und genommen werden, confiscirt und den
beeden herrschaften heim gefallen seyn.//
Bürßens und wildpräts halber
Es soll sich niemand mit dem verdächtigen Wildschützen, tragern, oder führern nichts zu
thun, noch einige gemeinschaft haben, sie weder behausen, beheerbergen, noch ihnen
Unterschlupf geben, ihnen nichts führen, kein roß leihen, oder fürsezen, auch kein wildpret weder geschenkt, noch ungeschenkt, auch nit kaufweis von ihnen nehmen, noch
selbsten etwas schießen, und heimlich verschleifen, sondern deßen ganz und gar, und in
allweeg müßig gehen, gebotten an zwanzig plapert, oder 2 gulden 30 kreuzer. Daß kein
lehen verändert, und auch kein unterthan ohne vorwißen kein bürgschaft thun soll.
Nr. 6: Augsburg
199
Item es soll auch kein mayer, seidner und unterthan, so belehnt das lehen oder erbguet zu dorf und feld versezen, verpfänden, oder ohne consens und bewilligung etwas
verandern oder verleihen es seyn an acker, wießen, oder gärten, sogar auch daraus
weder heu noch stroh verkaufen, bey unnachläßlicher straf a 12. groschen. Zudem soll
ein jeder mayer und inhaber seiner gütter mit haus und hof, auch allen zugehörd, wie es
ihme geliehen, baulichen halten, bey unnachläßiger straf 10 gulden.//
Schuldforderung und gebitens insgemein
Item ein jegliche anforderung, die von geld schuld herlangt, soll ein jeder unterthan vor
unsern gerichten, so es in der güte nicht geschehen mag, einfordern, und solle keiner
unserer unterthanen um einiger sach willen von frembden gerichten fμirfordern bey straf
12. plabert, oder 1 gulden 30 kreuzer. In gleichem soll auch keiner dem andren das seinige verbiethen und niederlegen, sonderlich die folgende ordentlich gebott und das recht
gegen seinen debitorn brauchen mann aber ein ausländischer einen unserer unterthanen
oder inwohner schuldig ist, derselbe mag dem Schuldner auf unser gebieten und obrigkeit, da er ihne ankomt, samt dem, was er an hab und guet bey sich hat trägt oder fuhrt,
mit erlaubnus unserer beamten auf recht verbieten und arrestieren laßen.
Item so einer von unseren amtleuten um bekantlicher schuld verklagt wird, und der
bezahlung halber angerufen würdet, als dann solle auf des glaubigers erstes anrufen,
dem Schuldner so es unter 15 gulden innerhalb 14 tagen verschafft werden, bey straf
eines Unrechts. Wo aber die schuld sich über die 15 gulden belauft, und einer von den
gläubigem verschafung begehrt, und obrigkeitliche hilfe anruft um verschafung der
bekanten schuld, solle ihm creditori auf sein forderung innerhalb 6. wochen und 3 tagen
ihm zu befriedigen von uns der schulden die abstatung zu thun, mit ernst auferlegt
werden, und da die abstattung nit beschehe, soll nach erkantnüs der obrigkeit, oder
unserer richter und beamten zu den vorhandenen pfänden gegrifen werden.
In allweg ist auch ernstlichen verbotten bey unnachläßiger straf, daß kein gemeind sich
soll versamlen, und heimliche verbündnüßen machen, daraus heimliche meitereyen und
verbündnüße möchten erfolgen, ohne unser und unserer richter vorwißen, bey straf
höchster ungnad, darnach wiße sich mäniglich zu hüthen, und wohl zu richten, und wan
und so oft auch die nothdurft erfordert, und durch unsere richter oder amtleuth ein
gemeind zusammen verkündigt wird, soll sich keiner der darzu gehörig ist, es sich dann
krankheit halber, davon absondern und ausbleiben, bey unnachläßiger straf 15. plapert
oder 1 gulden 52 kreuzer 4 heller.//
Von frevlen, Schlaghandlungen und injurien
Item es sollen weder frauen noch mannspersohnen, so zu ihren tagen kommen ein
200
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
andern nit mit Worten oder werken an ihren ehren nit freventlich antasten, schänden,
oder schmähen, verbotten bey 7 plapert oder 52 kreuzer 4 heller. Es möchte aber so
freventlicher weiß gehandelt werden, wurde mann dies ubertretten nach gestalt der
sachen weiter strafen, und sonderlich welches das andern zeucht ein diebstahl, hure,
oder böswicht, hex, unhold, kindsverderbrin, Verräter, meineidig, oder dergleichen die
einem sein ehr läumbden und schwächen und solches, nit wie recht ist, künden ausführen und wahr machen, der oder die ist zur bues verfallen, unnachläßig 10 gulden.
In gleichen will es auch bey der blühenden jugend dahin kommen, und mehreren
theils von denenjenigen, so noch nicht wohl betten kündten, und denen ihre eitern böße
exempel fürtragen, daß sie nit allein öffentlich, und ganz ärgerlich fluchen, und schwören, sondern, ein andern dermaßen schänden und schwächen, daß es unerleidelich, so ist
hiemit der obrigkeit ernstlicher befehl da dergleichen buben, mägdlein, söhn und töchter, ein ander dergleichen freventlich antaschen, und von ihren eiteren der gebühr nach
nit gestraft werden wolten oder wurden, daß sie als dann nach erkantnüs der obrigkeit,
durch den amtknecht oder mit gefangnüs sollen zum exempel anderer bezüchtiget
werden.
Item welcher den andern fursezlicher weiß schwächt, es seye mit worten Schriften
oder red, und wird deßen überwunden, daß er dem geschwächten einen öffentlichen
widerruf thun muß, der ist der obrigkeit unnachläßig, zu dem er allen kosten der rechtsfertigung so aufgangen bezahlen muß zehen gulden straf verfallen. Wer gegen den andern in den seinigen freventlich überlauft, oder für sein haus und gaßen fordert, der ist
30 kreuzer straf verfallen. Welcher gegen dem andern freventlich aufwischt, zukt, oder
sonst wehrhaft macht der ist 45 kreuzer straf schuldig.
Item welcher auf den andern freventlich und tödlicher weiß wartet, oder nachläuft
der verfallt der obrigkeit straf 5 gulden. Item welcher den andern die beinschrödige oder
lamnige wunden gibt, oder sonsten verwund, daß er seinen gliede nit brauchen mag,
oder regen könt, wie zuvor, der ist samt dem frevel noch 4 gulden verfallen. Item welcher stein und andere wöhr zum werffen geschikt und hebt, zuckt, und nit würft, der ist
strafmäßig 6 plapert oder 45 kreuzer. Wurffe er und trift nit, ist die straf 12 plabert, trift
er dann, so hat die obrigkeit die straf nach gestallt der sachen vorbehalten. Da aber
jemand zur nothwehre getrungen und dadurch in einen frevel kommen wurde, der mag
sich mit genügsamer ausbringung und beweißung der frevel purgiren und auf seinen
widertheil treiben. Item allweg, da frembde leuthe frevel begiengen, sollen dieselben
von stund an von denen bey- oder umstehenden vergliebdet werden nit zu weichen und
nächstens der obrigkeit oder beamten angezeigt werden bey straf 4 plabert oder 30
kreuzer. Item welcher sein gelübt von obrigkeit und richtern, um was es wäre nit halten
wurde, der solle per 2 gulden gestraft werden.//
Nr. 6: Augsburg
201
Von friedboten
Wann sich zwischen partheyen freventliche spehn und irrungen begeben, mit zankworten, oder werken, soll ein jeder büdermann, so zu gegen ist, sich unterstehen feind
zu machen, doch niemand schuldig seyn in was gefahr sich zu begeben, unter sie laufen,
ihnen fried bieten, und nit also, wie zu zeiten beschehen, von ihnen schaden zu empfahlen oder gewarten, sondern seyen die obrigkeit für genugsam, wann mann den partheyen in solchen freventlichen Widerwärtigkeiten gebiet, und sie ermahnt feind zu halten:
daß als dann ein jeder wiße, gewarnet und schuldig seyn soll, den selben gebottenen
und erforderten frieden mit worten und werken zu halten bey straf 9. plabert oder 1
gulden 7 kreuzer und 4 heller. Als aber hinfur wieder gebottenen frieden als obsteht
allem mit freventlichen worten, thätlichen anlaufen, doch ohne zuken schlagen, stoßen,
und werfen, oder dergleichen handelt, der soll 1. gulden verfallen haben. Wer aber ein
gebottenen frieden mit gezukter wöhr, stoßen, raufen, werfen, oder dergleichen gebrechen, doch niemand verwund, oder bludrißig machen wird, der soll zur straf 45 kreuzer
verfallen seyn.
Wer dann einen über den gebottenen frieden verwund, der soll das friedbott an 4
gulden büßen, und wo er als friedbrüchig erkent, soll er auch die hauptsach der beschädigung halber, gegen seinen widertheil verlohren haben. Begäbe es sich aber daß jemands den wiederwärtigen partheyen zulaufen, und mit der that (wie dann ein jeder, da
kein fried bieten helfen wollte, zu Verhütung todschlags wohl thun mag) fried machen
wurde, doch darunter schaden empfang, unwißend von wemm es geschehen, so soll der
oder die, so also über den frieden gehandlet hätten, denenselben versagt, oder gebrochen haben, denenselben schaden abzulegen, und darum die straf zu empfahen schuldig
seyn. Es befinden sich auch etliche hocheign leuth, wann ihnen jemandt in einer sach
aufrufe, oder raufhandlung, feind gebiet, haben sie ein solchen verdrus darob, daß sie
sich unterstehen, den friedmacher mit worten oder thaten, sonderlich aber mit den reden
freventlich zu schmähen, sofern dann das noch in währender handlung beschieht, soll es
gegen denselben friedbrechern, gleich als hätten sie den frieden gegen den ihren
Widersachern gebrochen, gehalten werden.
Demnach so sollen alle und jede unterthanen und inwohner die so die friedbrüchige
obgehörter sachen hören, sehen, oder daryn erfordert werden, schuldig und pflichtig
seyn, zuzulaufen, und den friedbrechern bey ihren gelübten und eiden helfen hand zu
haben wo von nöthen, gefänglich anzunehmen, und der obrigkeit zu überantworten,
damit dieselben wie sichs gebührt gestraft werden. Wo aber die, so solches sehen, oder
daryn erfordert werden, diejenige, sowie, der den feinden gehandelt, und geschlagen,
mit angreifen, oder handhaben wollten, die sollen mit ernst gestraft werden per 5
gulden.//
202
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
Holz- und Feldgebott
Item es soll niemand in unser oder gemeind, oder andern gehölzen nicht abhauen, oder
hinwegfuhren, oder verwiestn, sondern sich mit demjenigen holz, was jedem von unsern
richtern und dorfführern zugezeichnet wird, begnügen laßen, bey straf 1 gulden. Mit
dem wellen 2 machen hat es keine sondere bedeutung, allein soll man ein maaß brauchen. Item wer dem andern sein gehauen holz nimt, es seye geschnidet oder nit, wo das
ligt oder ist, der soll darum per 30 heller gestraft werden. Item es soll niemand über die
wißen und säumen fahren, bey straf eines thalers. Item es soll niemand den andern
übermähen, äckern, zäunen, oder schneiden, bey straf 14 plabert oder 1 gulden 45 kreuzer. Item es soll niemand dem andern schaden thun an garten, ackern, und insgemein an
allen früchten, zu dorf, holz und feld, ist tags verbotten an einen Vi gulden, samt dem
abtrag des schadens, und nachts per ein gulden, es möcht aber einer so großen und
merklichen schaden thun; es wurde bey dem verbott nit bleiben, sondern für einen
diebstahl gerechnet werden. Und welches kinder wären, so zu ihren tagen nit kommen,
sollen vatter und mutter dieselbige darumm mit der ruthen züchtigen.
Item welcher über offenen marken tritt, schneid, mäht, die auszieht, oder sonsten
umwerfe, auch so einer den andern überbaute oder hakte, der ist der obrigkeit in straf 5
plabert oder 37 kreuzer 4 heller. Wer aber ein markt freventlicher weis abhaut, ausgrabt,
verruckt, hinwegnimt, oder auch einen ganzen unter stein seinen anstoßer umkehrt, der
soll 5 gulden straf verfallen seyn. Item es soll niemand weder theil, häger noch zaun
aufbrechen, neuen weeg suchen, oder machen, sondern recht streng und weeg wandlen,
ist gebotten bey 4 plabert oder 30 kreuzer. Item es soll niemand auf kein gestohlen guet
leihen, bey straf der auslag.//
Von dienstknechten und mägden
Item wer einen knecht oder magd dinget, und da sie in der obrigkeit händel überkommen, wider wen das wäre, sollen sie vor austrag der sachen aus unserer obrigkeit nit
ziehen, bis den hintersäßen und andern intressen[ten] genug geschieht per straf 30 kreuzer. Item es soll keiner dem andern seinen knecht oder magd nit abdingen, eh und zu
vor sie von ihrem meister oder frau abkommen, gebotten an straf 15 plabert oder 1
gulden 52 kreuzer 4 heller.
Wann aber ein knecht oder magd seinen meister oder frauen in halbbestimmter zeit,
und ehe sein zihl und jähr aus ist, aus dem dienst, ohne endliche und erhebliche Ursachen tritt, so soll ihme der meister oder frau für die verdiente besoldung nichts geben,
bis daß das jähr herum, oder aber da sondern fiirwandnüßen, der versäumnüßen vorhanden wärn, gar nicht schuldig seyn. Wäre aber sach, daß knecht oder magd von seinem
2
Dünnes Ofen- und Schürholz.
Nr. 6: Augsburg
203
meister oder frauen etwas unendliches begehrte, der mag solches der obrigkeit anzeigen,
darann soll ein gebührliches einsehen geschehen. Item welcher sich beklagen laßt um
lidlohn, und hat nit recht uhrsach, der ist zur straf verfallen per 9 plabert oder 1 gulden
7 kreuzer 4 heller. Item es soll auch der dinst ehalt sein lidlohn zum andren mal begehren, ehe dann er klaget, bey verfallen unrecht.//
Der dorfpflegern Verrichtung
Alle des dorfs ehehaften, weeg, steg, und Straßen in baulichen, unzergänglichen ehren
zu halten, und zu haben, daran nichts abziehen, oder in abgang kommen laßen. Auf zihl
und markungen so wohl inner als außer etters, auch deren Obrigkeiten an trieb und tratt
sorg und acht haben, und wann sie einen tag oder nacht hüthen, an mangel und schaden
befinden, selbiges mit nächsten in beyseyn ehelicher leuthen besichtigen laßen, und folgende der obrigkeit anzeigen, und den schaden nach erkantnüs beschäzen, und rechtmäßige straf darauf legen. Item solle auch alle und jede jähr, allzeit auf Martini, mit
denen dorf hirthen ordentlich abgerechnet, die ledigen fiihrer stallen widerum, mit tauglichen persohnen ersezet, und die ehehalt leuthe für gefordert werden. In maßen mangel
erschien, selbige zur beßerung ermahnen, oder gar abgeschafit werden. Item es sollen
auch zu gewisser zeit die feuerstadten im ganzen dorf von denen verordneten richtern
und fuhrern besichtigt werden, und da in einem oder andern orth gefahrlich und grosen
mangel erschiene, selbes bey höchster straf der gnädigen obrigkeit abzuschaffen.
Item es sollen auch keine neue zaunstätten im dorf und feld aufgericht werden, wie
nit weniger die alte abgehen laßen, es geschehe dann mit vorwißen unser, oder unserer
nachgesezten amtleuthen bey straf bey 8 plabert oder 1 gulden. Item es soll auch mit der
wäßerung in unsern ängern, so am waßer liegen, und in Sonderheit unter dem rainnen
gleichheit gehalten werden von jedem tagwerk das waßer oder wäßerung ein tag und ein
nacht zugesagt werden, zu gebührender zeit, der das nit thäte, und einem das waßer
nehme, soll gestraft werden per 10 groschen. Item es soll auch der gemeine bach so von
dem Wißbach in das dorf gericht ist, auf das wenigste im jähr einmal gesäubert und
geräumt, und durch die dorfsführer mit zuthun und hilf einer ganzen gemeinde hereingeführt werden, und da einer oder der andere nit behülflich erscheinen wollte, derselbe
soll gestraft werden per 8 plabert oder 1 gulden. Item weilen auch große ungelegenheiten mit abbrechung der blätter im krautgarten jemahlen vorübergangen, und schaden
verspührt worden, ordnen und befehlen wir, daß in der wochen gewiße tage ernant, und
allzeit auf eine gewiße stund ein zeichen durch die mitt[l]ere glocken gegeben werde,
jemaßen einer oder anders unser verbott wurde überschreiten, soll gestraft werden per Vi
gulden.
So den soll ein jedwedes gepfandes vieh es sey was wöll per 15 kreuzer gestraft werden, und der schaden absonderlich gut gemacht werden, und nächtlicherweil doppelt.
Weilen dann aus abgelesenen Statuten klährlich zu vernehmen geweßen, daß das-
204
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
jenige was sowohl wegen denen heimlichen Zusammenkünften, spielen, und zechens
schon etliche mal ernsthaft anbefohlen worden, keine neue sach gleichsolcher und
dergleichen Verordnungen etlich übel gesint, und übel gesittete auszulegen pflegen,
sondern eine schon vor uralten zeiten üblich und löbliche Verordnung seyn, von dahero
würdet das spielen und zechen nochmals bey schwerer straf verbotten. Also zwar, daß
was das spielen anbelangt solches nit höher, als äußerst auf einen kruizer, die zeit hierzu
aber gleichein in dem zechen, sommerszeit nicht über 10: Winterszeit aber nicht über 9
uhr erstrecken solle, zu dem ende, und damit jedermann sich hernach zu richten wiße.
Als sollen deswegen bey denen tafern und zapfen wirthen eigen decreta angeschlagen
werden, welche besagte wirth auch also in obacht zu nehmen wißen werden, als solche
jedermals, so oft als sich finden wird, daß besagte decreta eintweders abgängig oder
verrißen seyn einjeder deßtwegen um 1 gulden 30 kreuzer in unnachläßliche straf verfallen seyn solle, und sind besagte decreta folgenden inhalts.
Demnach unterschiedliche klagen eingekommen, daß in allhießiger herrschaft Asch,
sowohl bey den tafern, als zapfen wirthen, wie auch brandwein brennern einfaltige
excess wieder die schon öfters ergangen Verordnungen, das hohe spiehlen und spathe
zechen betreffend, immer vermercket worden, von dahero ist aus gnädig herrschaftlichem befehl hiermit an all und jede tafern und zapfen wirthe, auch brandweinbrennern, und sonsten männiglich die gemeßene Verordnung gestellt, künftig hin und zu allen zeiten, keinem einheimischen zechenden gast, winters nicht über 9 uhr. sommers
zeit aber nicht über 10 uhr nachts zu sezen, sondern auf diese zeit ab und nach haus zu
weißen, noch weniger aber das bishero so stark im schwung gegangne spielen länger
gedult, oder passirt werden solle, wie dann anmit all dieses ernstlich und bey schwerer
straf, auch wohl gar bey verlust der tafern, zapfen, und anderer gerechtigkeiten unnachläßlich verbotten wurdet, welchem allem dann einjeder nach zu geieben wißen würdet.
Signum Asch den 22 november 1719.//
L. S. Abraham Köberlin JUL[icentia]tus rath und oberamtmann.
Erlangend die gungel häußer werden solche nochmals nachdrücklich verbotten, also
zwar, daß jede persohn, so solche nächtlicher weil besuchen wird, jedesmals ein unnachläßlich straf a 45 kreuzer verwürket, diejenigen aber so dergleichen gungel häußer
halten, und andere dazu unterschleif geben, jedes mal per 3 gulden verfallen seyn.
Wann auch über dieses durch die ehehafits müller klagbar vorkommen, daß die unterthanen wider den klahren inhalt der alten ehehafts briefen frembde mühlen besuchen,
mithin denen ehehafts müller ihre nahrung entziehen, im folglichen unterschiedliche
ungelegenheiten veruhrsachen. Solchem nach würdet ingleichen samentlichen unterthanen bey verlust der hinausführend- oder tragenden mahlfrüchten, worunter auch ausdrücklich diejenigen verstanden seyn sollen, welche sie in Landsperg oder anderer orten
erkaufen, in frembden mühin vermalen, und hernach in die herrschaft herein bringen,
begriffen seyn sollen und ferneren schweren straf verbotten, keinen frembden mühlen
Nr. 6: Augsburg
205
sich zu gebrauchen, gleich sie durch die alte ehehafts brief ausdriiklich dahin angewiesen werden, welche also lauthen.//
Extract aus dem Stephanschen amtsprotocoll Asch
Unter dato Asch dem 29ten october anno 1669 ist von beiderseits gnädigen herrschaften abgeordneten oberbeamten, und ganzer gemeind zu Asch, die Gras-Mühl, und die
mühl zu Oberdießen, durch nachstehende punkten zu ehehaftenen auf ewig gemacht;
und dann den 11. September anno 1786 durch beederseits anwesenden gnädigen herrschaften, titel frauen abtissin von Bodmann, und herrn baron Schad etc. mit abermalen
einwilligung ganzer gemeind Asch, beederseits herrschaften unterthanen, auch bey
wesend beeder müllern ratificirt und confirmirt worden wie fol 23. zu ersehen.
Erstlichen sollen und wollen die müller die gemeind und herrschafts unterthanen vor
frembden im mahlen und schneiden fertigen. Zum anderen, was in die kuchen gemahlen
wird, soll ohne gerberlohn gemahlen werden. Drittens die müller sollen und wollen von
jedem mezen zu mahlen, fur ihren lohn ein theiller, und vom gerben jeden mezen (was
verkauft wird) ein dreißiger zu nehmen haben. Viertens wann ein baur gerbt, soll der
müller die vesen abholen, und aber bleiben dem müller halb theil spreil, was aber gerber
lohn frey ist, bleiben die spreil dem müller allein. Fünftens sollen die beede müller (absonderlich zu heiligen, oder kirchweyh, und nothdürfitigen zeiten) täglich einen um den
anderen ins dorf Asch fahren, auch keiner kein tag auslaßen, wann die zech an ihm ist,
hereinzufahren. In leidige oder sterbens zeiten, nächst an das dorf unter die linden fuhren, und ein fall der müller zu Oberdießen, wegen abgang und verfuehrung des waßers
nit mahlen kann, ist an deßen statt täglichen bis er wider mahlen kann, der Grasmüller
zu fahren, und zu fertigen schuldig. Zum sechsten weillen die müller denen unterthanen
vor frembden ihre nothdurfit zu schneiden schuldig, hingegen soll ihnen von jeden
schnitt ein kreitzer, und von jedem drey, vier, oder mehr zölligen laden zwey kreitzer
bezalt werden. Leztlichen was hierinn ohn bedacht oder streitbar ist, solle vor obrigkeit
nach gerichts und rechtlichen gebrauch angezeigt und entschiden werden, auch sollen
sie müller bey den alten löblichem gebrauch und herkommen, wie es billig verbleiben,
absonderlichen die müller in guten stand und gang, rechten määs auf getreu tungsamen
[tugendsame] knechten halten, und jedem das seinige wie billig und recht einlüfern.
Hingegen sollen und wollen alle unterthanen der gemeind Asch zu halten schuldig,
und verbunden seyn, in lieb zeit, als wir in leidigen fallen, nemlich. Es soll keiner außerhalb dieser zwey der Grasmühl oder mühl zu Oberdießen rechts mahlen, sondern
allzeit alhie bey diesen mahlen.
Item es soll keiner in anderen mühlen kornn einkaufen, sondern vorhero bey diesen
müllern darum anfragen und so den müller selber mit bedürftiger frucht, und kaufmanns
guet versehen, von ihm erkaufen und der müller nicht bedürftige frucht oder kaufmans
gurt hätte, ist denen unterthanen erlaubt, in frembden mühlen die nothdurft zu erkaufen,
206
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
und alidori mahlen zu laßen, doch soll ein unterthan dem müller 3. tag von dem Landsperger wochen markt, seine bedürftige hausnothdurft anzueigen, damit er sich mit solcher frucht versehen könne. Wobey auch bedingt, daß ein jeder solcher käufer, den müller in den nächsten vierzehen tagen gewiß bezahle.
Was mann aber zur hausnothdurft selber in Landsperg erkauft, und dem müller zum
mahlen aufgibt, solle nach billigkeit belohnt, und geführt werden. Item der wirth ist
schuldig das maltz selbsten, in und aus der mühl zu führen. Die brandenweiner betreffend, sollen sie dem müller vom schaf kern zu brechen, ein vierling kernn geben, und
dan vom mezen in die mühl und nach haus zu liefern einen pfennig geben. Daß diese
vorstehende ehehafts punkten einer versamleten gemeind Asch, auf offenen gaßen
erinnerlich vorgelesen, dem neuen käufer Georg Zechmüller bey erkaufung der Grasmühle also eigenhändigt gemacht worden, darauf er der gemeinde freywillig einen
leihkauf oder trunk in der tafern gegeben, und alles bestättigt worden, werdet hiemit
bezeugt de dato Asch den 3. septembre 1691.//
L. S. Georg Ziegler [St.] Stephanischer Richter alldort
Zumahlen auch durch den jeztmalig erst kurtz herein gekommenen bader flehentlich
geklagt worden, daß ein und andern stempler sich das balbierens unterfangen, auch
wohl gar frembden bader zu dem schrepfen, balbierens herein gezogen worden, hierdurch aber ihnen sein stük brod oder nahrung entzogen worden, und von dahero umso
empfindlicher falln, als er sich mit der gnade Gottes getraue in seiner profession, die er
endlich erlernet, und durch eine vieljährige Wanderschaft wohl practicirt einem jedwedem nach gebühr satisfaction zu geben, und genügen zu leisten auch dergleichen stemplereyen an rechten orthen nirgends passirt werden, der uhrsachen halber würdet an mit,
allen und jeden dergleichen balbier stempleyen ernstlichen verbotten bey unnachläßlicher straf a 1 gulden 30 kreuzer. Wornach dann sich männiglichen zu richten, und vor
straf Verantwortung und schaden zu hüthen wißen wird. Wie dann an mit allhießigem
richter amt, alles ernsts, und bey schwerer Verantwortung ob all diesem genau und
unnachläßiglich zu halten, gemeßen anbefohlen seyn solle.
Den 25t. novembris 1719 ist vorstehende policey-Ordnung, samt dem neuen anstatt der
plapert a IV.\ kreuzer regulirten straf-tax sammentlichen herrschaftlichen unterthanen
öffentlich vorgelesen worden.//
Abraham Köberlin JUL rath und oberamtmann, in fidem copiae//
Kurpfalz bayerisches provisorisches oberami zu St. Stephan in Augsburg den 4. may
1804.//
Der oberamtmann Eberle
Nr.zywvutsrponmlkjihgfedcbaZWVTRPONLIHGA
7; Augsburg
207
Nr. 7: Augsburg, Hl.-Geist-Hospital (Landeshoheit:
Reichsstadt Augsburg): „Von denen wohlverordneten Tit.
Tit. PI. PI. herren hospital-pflegeren zu Augsburg erneuerte zucht- und policey-ordnung in denen [...] stiftungs-gerichten auf dem land" vom 20. 11. 1764
Gleichwie ein jede von Gott entweders unmittelbar beruffene, oder durch menschliche Ordnung eingesezte obrigkeit, von amts wegen schuldig ist, derer unterthanen
und untergebenen wohlfart, nach besten wissen und verstand in allen stuken zu befoerdern; also haben auch die hievor geweste wohlloebliche herren hospital-pflegere sich moeglichsten fleises dahin bestrebet, damit zu dieser heylsamen erzielung
eines allgemeinen Wohlstandes, neben anderen ersprießlichen Verordnungen, die
best thunlichste zucht und policeyordnungen eingefuehrt, und beobachtet werden,
wornach sich gesamte spitalische unterthanen, innwohnere, hintersassen und untergebene in allweeg halten, und denselben nachleben sollen.//
Zumahlen aber in allen weltlichen haendlen nichts bestaendiges, sondern nach gestalt der zeit und laeufe, je zuweilen solche weltliche gesaetze zu mindern, zu mehren, gar abzuthun, und andere an derselben statt zu stellen, noethig ist, und solches
auch bey vorigen spitalischen policey-ordnungen nicht ausser acht gelassen worden;
als haben die dermalen wohlloeblich verordnete herren hospital-pflegere, die alte
policey-ordnungen durchzugehen, das was nicht mehr nach denen jezigen zeiten
und umstaenden abgemessen ist, nach denen heutigen gewonheiten, und gesaetzen
einzurichten verordnet; derohalben dann die aeltere zucht und policey-ordnungen
revidiert, durchgangen, eine neue darueber verfast, berathschlagt und beschlossen,
auch in allen spitalischen gerächten publiciert worden; und solle hiemit von allen
und jeden des spitals unterthanen, hintersassen, und einwohneren darueber unverbruechlich und unnachlaeßlich gehalten, sonderlich aber von denen beamten alles
genauest befolgt, und, so lieb jedem seine eigene Wohlfahrt ist, in keinem stueck
hierwider gehandlet werden. Wobey dann auch die herrschafft alle gehorsame unterthanen zu schuetzen und zu schirmen, die ungehorsame und widerspenstige hingegen durch die hierinnen angesetzte straffen, nachdrucksamst zu besseren, nicht
ermanglen wird.//
3
StaatsA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Lit. 84. Überlieferung auch im Bestand der Hospitalstiftung im
StadtA Augsburg.
208
Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
Titulus I: Von bestellung der spitalischen gerichte, gerichtspersonen, oberund anderen beamten, auch untervoegten, und von Vollziehung derer ausgefallenen bescheiden.
§. I. Bestellung der beamten, und gericht.
Nachdeme alle gesaetz, und Ordnungen vergeblich, ja bey denen widerspenstigen,
und ungehorsamen, ohne derselben Vollziehung, nur veraechtlich werden wuerden,
als sind zerschiedene ober- und unterbeamte, gerichtsvoegt, und andere personen
aufgestellt, welche dieselbe handhaben, und schuezen, wider allen gewalt, Verkleinerungen, und geringachtung kraeftigst in ihren voelligen bestand erhalten, und
denselben, allen und jeden, so lang sie von denen jederweiligen herren spital-pflegeren nicht ganz, oder zum theil aufgehoben, und wegen immer veraenderlichen
laeuffen und zeiten, keine anderweite Verordnungen beliebet werden, nachleben, sohin keine widrige handlungen und ausschweiffungen zulassen, oder gestatten sollen.//
§. 2. Spitalmeisters, und actuarii amt.
Und zwar haben beyde herren oberbeamte, spitalmeister, und actuarius nach ihrer
besonderen instruction die Oberaufsicht ueber alle spitalische aemter; wann sie dahero sowohl bey dem persoehnlichen betragen derer beamten gegen die unterthanen, als bey denen amtsgeschaefften ein so anderes bemercken wuerden, worinnen
der nuzen dieser milden Stiftung auf andere weeg mehr befoerderet werden koente,
so stehet es denenselben allerdings zu, daß sie die beΰmte darauf anweisen, ihrer
pflichten und Schuldigkeit erinneren, und in gebuehrenden sachen die gehoerige
achtung erwarten, dergestalten jedoch, daß denen beamten, wo sie es rathsam oder
noethig zu seyn vermeynten, bey der herrschafft selbsten erhebliche gegenvorstellungen zu machen, unbenommen bleibt.//
§. 3. Oerter, so zur spital-amtsstuben zu ziehen.
Weilen dann ausser denen unten beschriebenen aemtern, und gerichten, zerschiedene einzele hoef und gueter, der spitalischen gerichtbarkeit unterworffen, aber
doch keinem besonderem Iandamt oder gericht einverleibt sind, als Banacker,
Kriegshaber, Schlipsheim, Usterspach, Neuweiler, Mayershofen, Hamlar, etc. so
sollen dieser orten angesessene unterthanen, wie auch ihre knechte, und maegde,
und angehoerige in allen gerichtshaendlen an diese beyde herren oberbeamte zu
Augspurg verwiesen, ihre geschaefft bey der spitalischen amtsstuben anzubringen,
und solche fuer ihre vergesezte beamte zu erkennen, auch ihnen durchgehends den
gebuehrenden gehorsam zu leisten in allweege schuldig und verbunden seyn.//
Nr.zyxwvutsrponmlkjihgfedcbaWVSOND
7; Augsburg
209
§.4. Anordnung der drey en gerichte
Ferner sollen nachfolgende doerffer, weyler, und hoefe in drey besondere gerichte,
nemlich das Mittelneifnachische, Täfertingische, und Gabelbachische, eingetheilet
seyn, und zum Mittelneifnachischen alle unterthanen zu Mittelneifnach, Grimatsried, Scherstetten, Buchhof, Schweizerhof, Reichertshofen, Schweinbach, Koepfingen, Kelchsried, Pleßnau, Berck- und Bruderhof; zum Taefertingischen, Taefertingen, Huerblingen, Neusaeß, und auch dermalen Luezelburg: zum Gabelbachischen,
Gabelbach, Kleinried, Buch, Nefsried, Aurbach, und Wuellishausen gehoeren, auch
obbemelter orten angesessene bey dessen gerichtsbeamten alle ihre klagen, Verrichtungen, geschaefften, wie auch alle contract, handlungen, heyraths-abreden, lezte
willen, erbschaffts-beschreibungen, abtheilungen, und ueberhaupts alle jurisdictionalia, gerichtshaendel, und was davon abhanget, anbringen, wo sodann behoerige
handlung gepflogen, die klag entschieden, oder, wann es die umstaende erfordern,
an das hospitalische pflegamt einberichtet, und der weitere verhaltungs-befehl gewaertiget werden wird, massen die obervoegte zu Mittelneifnach, Taefertingen, und
Gabelbach darueber als beamte gesezt, und jedes gerichts unterthanen vorgestellt,
auch leztere denselben in das handgeluebd wuercklich gegeben worden sind.//
§. 5. Die unterthanen sollen ihr allenfaelsig weiteres gesuch bey der hospitalpfleg
ohne Vorzeigung des protocolls nicht anbringen.
Wann vor einem deren beamten ein rechtshandel, oder ein kauf, ubergab und anderes geschaeft angebracht worden, worueber ein oder beede theile der Ordnung nach
bey dem hospital-pflegamt die herrschaftliche erlaubsnus, einwillig- und begnehmigung zu bewuercken, oder sonsten eine erlaeuterung, nachlaß und dergleichen zu
erhalten haben, oder doch zu erhalten versuchen wolten, so moegen die unterthanen, und partheyen nicht ohne unterschied nach ihrer willkuhr herein lauffen,
sondern, wann die sache verschub leidet, die angesezte verhoertaege abwarten, wo
aber keine zeit zu verlieren ist, gleichwolen an denen rathstaegen, das ist, dienstag
donnerstag und Sonnabend frühe morgens auf dem rathhauß erscheinen, jedoch das
deren keiner was vorbringe, worueber er nicht zugleich die von seinem beamten in
sachen gefuehrte protocolla, und andere villeicht noethige urkunden und briefschaften vorlegen kan, als ohne deren (nemlichen protocoll-extract oder bescheid) aufzeigung dem muendlichen vortrag kein genügsamer glauben beyzumessen ist.//
§. 6. Von denen gerichts-leuthen in denen spitalischen Ortschaften.
Nachdeme auch einige zeither die waehlung derer in denen Ortschaften auf dem
land gewoenlicher gemeind und gerichtsmaenneren oftermalen unterbliben, sohin
diese denen gemeinden selbsten in zerschiedenen ergebenheiten nuzliche Ordnung
nicht genau beobachtet wurde, so ist nunmehro auf derselben herstellung der bedacht widerum genommen, und da nach vorigem vierten absaz dieses ersten tituls
210
Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
die spitalische doerfer hoefe und gueter in drey gerichte getheilet sind, beliebt
worden, daß in diesen dreyen gerichten auch die gerichtsleuthe gewaehlet werden
solten; und zwar wird die herrschaft aus denen gemeinden eines jeden gerichts
zwey maenner erkiesen, diese moegen vier andere, und die sechse drey, die neune
aber die lezte dreye waehlen, daß also deren gerichtsmaenner allweeg zwoelfe waeren, und diese alle muessen guten, frommen, bescheidenen leymuths, ziemlichen alters, und erfahrenheit seyn, und obschon bey ein oder des andren absterben kuenftighin die ernennung des nachfolgers durch die mehrere stimme der ganzen ortsgemeinde geschehen solle, so ist doch bey dieser ersten wähl derjenige, so aus denen
ehemaligen gerichtsmaenneren noch im leben waere, ohne hinlaengliche ursach
nicht zu uebergehen.//
§. 7. Die gerichts-maenner zu Mittelneifnach betreffend.
Was dann das gericht zu Mittelneifnach betritt, sollen darein 6 von Mittelneifnach,
3 von Griematsried, und 3 von Scherstetten, oder von jedes orts zugehoerigen
hoefen
Die Taefertingische
Im Taefertingischen
betreffend.
4. Von Taefertingen
3. Von Huerblingen
1. Von Neusaeß, und dermalen
4. Von Lueze Iburg.
Die Gabelbachische
Im Gabelbachischen aber
betreffend.
6. Von Gabelbach
2. Von Wuellishausen,
2. Von Aurbach,
1. Von Kleinriet, und
1. Von Nefsried oder Buch erwehlet werden, die sollen
aus bauren und soeldnern erkießt, und bey dem amt beeydiget, sohin, so oft einer aus ihnen oder mehrere in herrschaftlichen oder amts-vorfallenheiten von dem beamten
beruffen werden, in ehrbarer kleidung erscheinen, denen
jenigen geschaeften und handlungen, wozu man sie noethig erachtet, um eine billige belohnung fleisig beywohnen, und getreulich verrichten, auch in allen gemeindsangelegenheiten derselben bestes nach ihrem wissen und
gewissen besorgen.//
§. 8. Eines obervogtens pflichten und Verrichtungen ueberhaupts.
Gleichwie alle beamte, und so auch ein jeder obervogt mit besonderm bestallungsbriefe versehen ist, worinnen demselben alle und jede Obliegenheiten punctatim
Nr.zywvutsrponmlkjihgfedcbaZVUSOED
7: Augsburg
211
vorgeschrieben und eingebunden werden, so wird billich unter die erste pflichten
einer herrschaft gegen seine unterthanen und in der folge eines beamten gegen die
untergebene gerechnet, daß der obervogt einen jeden, er seye arm oder reich, und
sonsten ohne unterschied, zu allen zeiten bescheidenklich anhoere, und antworte, so
oft einer eine klag vorbringt, solche in gegenwart des beklagten fleisig, kurz, deutlich, und ohne gefaehrde zum protocoll darnieder schreibe, auf eben diese art sich
auch gegen den beklagten verhalte, wann beede mit ihrer nothdurft genugsam gehoert, und die protocolla verlesen sind, nach dem geschriebenen recht, der ortsgewohnheiten, und der offenen natuerlichen billigkeit unverschieblich verbscheide;
wo aber die sache eine weitlaeuftigere Untersuchung durch zeugen-verhoer, kundund briefschaften erforderte, hierunter keinen theil verkuerze, sondern der rechtlichen Ordnung gemaeß zu vollem beweiß lasse, und erst alsdann den endlichen
bescheid ertheile, damit wann ein oder der andere theil bey der herrschaft sich
wider dessen amtsspruch beschwehren wuerde, in des obervogten vorigen gerichtlichen verfahren zu dessen Verantwortung kein mangel, nachlaeßigkeit, und gebrechen, weniger gunst, unbillich- und Ungerechtigkeit erfunden werde.//
§. 9. Von dem betragen des obervogten gegen die unterthanen, und letzterer gegen
diesen ihren vorgesetzten beamten.
Derohalben werden die jederweilige herren hospital-pflegere, als herrschaft, das
wohl ihrer unterthanen auch in diesen stuck beherzigen und ihnen angelegen seyn
lassen, daß die gerichte und aemter auf dem land mit obervoegten besetzt bleiben,
welche in rechts- und gemeindshaendlen erfahren, zu ihren geschaeften tuechtig,
fleisig, treu, bescheiden und billig sind, und alle Schuldigkeiten eines beamten redlich ausueben, und gleichwie einem jeden unterthanen unbenommen ist, nicht nur
allein in rechtshaendlen von des obervogtens bescheiden sich auf ihre herrschaft
und hoehere obrigkeit zu beruffen. Und also ihr recht in weitern instanzien zu finden, sondern auch wider ihren vorgesetzten obervogten selbsten, erhebliche klagen
und beschwerden bescheidentlich anzuzeigen, als haben jene, so eine gerechte sache und zu beschwerden gegruendeten anlaß vorbringen, allen schutzes und huelfe
sich zum voraus zu versprechen, welche aber freventlich einlauffen, und die ihren
vorgesetzten beamten schuldige achtung und gehorsam durch unerweißliche leere
anschwaerzung verlaeumderisch abzelegen sich vorsetzen, diese wird man die
gemessene Zwangsmittel unnachsichtlich empfinden lassen, welches gnaedige versprechen, und ernstliches abmahnen jedem zur wahrnung dienen solle.//
§. 10. Dem obervogten liegt ob alle befehle zu verkuenden, bescheide zu geben und
solche zu vollstrecken, wann nicht eine appellation im weeg stehet.
Ein jeweiliger obervogt ist also von amts wegen schon angewiesen, die herrschaftliche Verordnungen und befehle denen unterthanen zu verkuenden, und dieses ver-
212
Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
steht sich von gemeinschaftlichen angelegenheiten. Wann aber besondere partheyen
klagsachen und haendel vorkommen, so wird der obervogt allforderst durchgehende
bey allen vorfallenheiten eine guetliche auskunft durch kraeftigen Zuspruch zu erzielen sich bemuehen, in dessen unverfang hingegen untersucht er obverstandnermassen, und spricht, und vollstreckt den amtsspruch selbsten ohne ruckfrag, es waere dann sache, daß eine parthey sich durch des obervogten bescheid beschwehrt zu
seyn glaubte, und dahero der sache durch eine appellation an ihre herrschaft bringen
wollte, wornach die obervogt keine execution mehr veranstalten mag, sondern das
urtheil seiner herrschaft erwarten muß. Woferne aber die stritige sach oder forderung nicht fuenf gulden austruege, so hat keine appellation platz, und der obervogt
vollstreckt seinen bescheid ohne unterschied.//
§.11. Von appellationen.
Um den muthwillen deren streitenden partheyen einzuschraenken, und die bauersleute doch einigermassen von dem verderblichen processieren abzuhalten, ist im
vorigen § vo verordnet worden, daß keiner um weniger dann fuenf gulden appelliren
moege, hiebey hat es also sein bewenden, wann aber die sache oder forderung, worueber geklagt wird, sich auf fuenf gulden und mehrer belauft, oder wann es eine
liedlohnsforderung betreffete, oder der beschwehrte theil eine arme wittib oder ein
wayß waere, oder wann es um die ehr und unbefleckten ruf zu thun, oder endlichen,
wann um eine jaehrliche ewige Schuldigkeit und dienstbarkeit auf haeuseren und
gruenden gestritten worden waere, alsdann mag ohne unterschied appellieret werden, jedoch hat der appellierende theil hiebey wohl zu beobachten, daß er innerhalb
10 taegen bey dem obervogtamt die wider den amtsspruch zu ergreiffen vorhabende
appellation bescheidentlich anzeuge, zugleich eine abschrifit von dem protocoll und
bescheid begehre, und einen groschen klagschatz (welchen der obervogt in die
amts-rechnung fuer die Stiftung unter der aufschrifit, klagschatz, zu bringen schuldig
ist) erlege: zumahlen dann ein jetveiliger beamter die protocolls abschriften, um die
in der erneuerten spitalischen taxordnung tit. IV. bestimmte gebuehr niemand versagen darf, sondern solche auf anrufen vielmehr befoerdern wird, so ligt ferners der
appellierenden parthey, bey Vermeidung, daß sie der appellation verlustiget, und gar
nicht mehr gehoert werde, ob, die beschwerde wider den bescheid des obervogten
bey dem loeblichen hospital pflegamt, wie es die sach und umstaende leiden,
muendlich oder schriftlich innerhalb denen ersten 30 taegen anzubringen, und unfehlbar mit der protocolls-abschrifit auch anderen briefschafiten, wann deren einige
vorhanden oder dienlich waeren, zu belegen, worauf sodann von herrschafts wegen
in sachen weiters so schleunig, als rechtlicher Ordnung gemaeß verfahren werden
solle.//
Nr. 7: AugsburgzyxwvutsrponmlkjihgfedcbaWVSGDA
213
§.12. Des obervogt belohnung und sportulen.
Da nun auch einem jeden arbeiter sein lohn oder davon habende genuß gebuehret,
als ist jedem obervogt in seinem bestallungsbrief ausgesetzt, was derselbe an besoldung und sportlen aus dem spital jaehrlich zu geniessen hat, was er aber von partheyen und unterthanen, wegen allerhand handlungen un Verrichtung fordern mag,
ist in der erneuerten und gedruckten spitalischen taxordnung d. 20ten novembris
1764 zu eines jeden Wissenschaft angemerkt worden, dahero solche taxordnung entweder an jeder amt-stubenthuer öffentlich angeheftet, oder wo sie wind und wetters
halben schaden zu befahren haette, in der amtstuben selbsten zu jeder parthey erlaubter einsieht, ohne des beamten waigerung, vielmehr bey strafe auf verlangen
vorgeleget werden solle.//
§.13. Der gerichts-maenner lohn.
Dieser ist bey zerschiedenen vorfallenheiten bereits in oben allegierter taxordnung
auch ausgeworfen worden, womit sich selbige dann zu begnuegen haben.//
Titulus II: Von gottesdienst, was darzu gehoerig, und darbey in acht zu
nehmen ist.
§·Ι·
Weilen bey allen wohlbestellten gemeinden, allforderst der gottesdienst geheiliget,
und, wie sichs gebuehrt, ehrerbiethigst gefeyret werden, sohin zu desselben mehreren achtung, auch die weltliche Ordnungen vorzueglichst abzielen sollen, als wird
von allen spitalischen unterthanen, und derselben hausgenossen, verhoft, daß sie
alle ihre handlungen, geschaeften, thun und lassen, somit ihren ganzen lebenswandel nach dem goettlichen gesetz, evangelischen raethen und denen kirchenverordnungen einrichten, sich ohne ausnahm ehrbar, redlich, aufrichtig, vornemlich aber
gottsfuerchtig bezeugen, und auffuehren, und allezeit bedenken wuerden, daß Gott
allwissend, gerecht, und allmaechtig seye, welchem alle ihre werk unverborgen
seyn muessen, weilen er dieselbe nach dem tod und an dem letzten gerichtstag
richten, belohnen oder straffen wird, alldieweilen nun zu einem solchen christlichen
tugendwandel, die menschen durch den gottesdienst unterrichtet, und in bestaendiger ausuebung eines eyfrigen Christenthums erhalten werden, ein solches aber vornemlich in denen kirchen geschiehet.//
§. 2. Alle sollen dem gottesdienst eyfrig beywohnen.
So sollen alle, dieses gerichts unterthanen, maennlichen- und weiblichen geschlechts, alte und junge, ohne einige ausnahm, an soll- und feyertagen den gottes-
214
Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
dienst fleißig besuchen, und sich davon nicht abhalten lassen, noch unter dem vorwand, daß sie anderwaerts in die kirche gehen, unnoethige ausgaeng verrichten,
sondern so viel moeglich beysammen bleiben, und denen angeordneten gottesdiensten, auch festen abwarten, doch mag in jedem hauß wechselweis ein oder die andere persohn zu desselben bewahrung verbleiben, sohin ihr gebett, und andacht gegen
Gott zu hauß verrichten, desgleichen sind auch diejenige, welche alters, krankheit
und gebrechlichkeit halber in öffentlicher gemeinde nicht erscheinen koennen, darinn allerdings entschuldiget, hingegen sollen fordersamst alle hauß-vaetter und
muetter ihre kinder und dienstbotten an denen sonntaegen in die christenlehr fleißig
verschaffen, und gute obsicht haben, daß sie darein und nicht neben hingehen,
damit selbige in der christlichen lehre nicht versäumt, sonder loeblich und auferbaulich erzogen und geleitet werden.//
§. 3. Sonn- und feyertag heiligen.
EszywvutsrponmlkjihgfedcbaZWVU
werden anbey auch alle und jede innwohnere dieses gerichts eben sowohl von
weltlicher herrschaft erinneret, an sonn- und feyertaegen sich aller grober arbeit zu
enthalten, sonderbar aber vor- und unter dem amt und predig zu morgens sich aller
Zusammenkünften zu entaeusseren, das unnuetze und mehren theils nur auf Verkleinerung anderer leuthe abzielende, auch zank, zerruettung, und Uneinigkeit erregende geschwaetz zu meiden, hingegen Gott um alle in voriger zeit erwiesene großund maennigfaeltige wohlthaten herzlich zu danken, und, daß er auch ins kuenftige
krieg, theurung, mißwachs, schauer und ansteckende krankheiten, auch feuer und
wassers-noth abwenden, das feld und die Viehzucht reichlich segnen, und alles zu
hauß dorf und feld in guten Wohlstand gnaedig erhalten wolle, in der kirche waehrenden gottesdienste eyfrig und andaechtig zu bitten, auch nicht zu fruehzeitig aus
der kirchen zu lauffen, sondern nebst ihren weibern, kindern und ehehalten bis zu
Vollendung des gottesdienstes auszuwarten, worzu dann einen jeden in unterbleibensfall die orts-beamte gemessen anhalten, und, wann eine ernstliche erinnerung
nichts fruchten wuerde, diejenige, so zuwieder handien, gemessenst abstraffen sollen.//
§. 4. Nicht unnuetze und knechtliche arbeiten verrichten.
Solcher gestalten soll sich auch niemand unterstehen, an sonn- und gebotenen feyertagen, unter der vesper, oder wann sonsten in der kirchen der gottesdienst verrichtet wird, spazieren, oder ins feld zu gehen, dem Vogelfang oder andern dergleichen
unnoethigen geschaefiten obzuliegen, das feld zu hueten, graß oder saamen zu
schneiden, und heimzutragen, heu, stroh, holz, oder borzen zu laden, und dergleichen taegliche arbeit und geschaefiten zu verrichten.//
Nr. 7: Augsburg
215
§. 5. Und sonderlich die wirthshaeuser, gewinnsuechtige spiel und andere Üppigkeiten meiden.
Viel weniger ist jemanden unbestraft hingehen zu lassen, daß man sich an solchen
sonn- und feyertaegen, sonderheitlich waehrendem gottesdienst in die wuerths- oder
andere dergleichen haeuser begebe, und daselbst mit uebermaeßigen trinken, verdaechtigen umgang und ungebuehrlichen, ja suendhaften reden, oder durch gewinnsüchtiges spielen die zeit verliere, darueber man gemeiniglich nicht nur in worthwechslung, zank, und schlaeghaendel zerfaellt, und am ende allerhand boßheiten
ausuebet, sondern auch durch unnutzliche Verschwendung eines mehreren, als gewonnen, und zu eigener auch weiber, kinder und dienstboten noethiger Unterhaltung
gebrauchet wird, nach und nach, wie die leidige exempel vor äugen liegen, verarmet, den lieben Gott erzuernet, und zur billichen strafe reizet. Verdienstlich oder
rechtfertigend bey Gott dem allmaechtigen, wohlgefaellig bey der herrschaft,
ruehmlich und nutzlich bey der gemeinde und eines jeden haußhaltung ins besondere wird es vielmehr seyn, wann die haußvaettere durch alle ihre handlungen, auch
nothwendige und sonsten zutraegliche erzehlung denen kindern wie denen dienstbothen zum auferbaulichen untadelhaften lebenswandel und zur haußwuerthschaft,
ackerbau und handwerke dienliche erfahrungen, begrieffe, einsichten und lehren
beyzubringen sich angelegen seyn lassen, es werden dahero alle und jede unterthanen und innwohnere, nicht weniger die jungen bursche von dem liederlichen leben abzustehen getreulich ermahnet, und gewahrnet, allermassen die obervoegte,
jedes orts gute kundschaft darauf bestellen, und dem, welcher in ein oder dem andern stuck strafmaeßig erfunden wird, nach gestalt des Verbrechens, an geld oder
leib mit stock, geigen, oder gefaengnuß abstrafen, und, da sie sich nicht bessern
wollten, der herrschaft zu anderweitigen schaerferen einsehen anzeugen werden und
muesen, hingegen solle an sonn- und feyertaegen nach der vesper in das wirthshauß
zu gehen, auch ein oder den andern trunk mit bescheidenheit zu nehmen, unverwehrt seyn, doch, daß das uebermaeßige trinken unterlassen, und keiner ueber die
bestimmte zeit im wirthshauß erdultet werde.//
Titulus III: Gottslaestern, soll auf das schaerfeste bestraft werden.
§· 1.
Alldieweilen das gottslaestern die hoechste Undankbarkeit eines menschen, als eines
elenden geschoepfes gegen seinen lieben Gott, und ein solches laster ist, dardurch
Gott der allmaechtige zur strafe ueber die menschen gereitzet und ueberhaupts als
ein untruegliches zeichen einer der goettlich und weltlichen gesaetzen ungewohnten, sohin in allen stuecken unglueckseligen gemeinde geachtet wird, worinnen sich
nur einer, zugeschweigen mehrere gotteslaesterer, fluch- und schwoehr-koepfe an-
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Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
treffen lassen, als sollen die obervoegte jedes orts fleißige kundschaft daraufhalten,
und, da ihnen einer angezeuget wuerde, mit allen ernst und eyfer mit der in rechten,
gesaetzen und Ordnungen vorgeschriebenen schwehren strafe gegen denselben verfahren, auch ueberhaupt alles fluchen und schwoehren, von grossen und kleinen, soviel moeglich abzustellen sich pflichtmaeßigst angelegen seyn lassen.//
§. 2. Straf deren minderjaehrigen wegen diesem laster.
Wann diesem verboth und der wachsamen aufsieht ungeachtet jemand, der unter 16.
jähren alt, sich solchergestalt versuendigen, und vermessentlicher laesterungen des
allerheiligsten nahmens, auch aller heiligen persohnen, sachen und Satzungen sich
schuldig machen wuerde, dieser solle fuers erstemal von dem untervogt mit ruthen
gezuechtiget, wann er sich wiederhohlter verfehlet, etliche taeg und naecht in stock
mit haenden und fuessen gelegt, auch mit wasser und brod gespeiset, und, falls er
zum dritten und mehrmalen in diesem laster betretten wuerde, denen herren spitalpflegern zur straf angezeigt, und bis auf derselben fernere Verordnung geschlossen
und eingekerkeret werden.//
§.3. Straf derer erwachsenen purschen und maennern.
Wurde aber einer, so ueber 16. jähr alt ist, sich mit freventlicher gottslaesterung
wißlich vergehen, so soll, wann milderende umstaende oder ein vorgaengig unstraeflicher lebenswandel angegeben werden koennen, derselbe fuers erstemal um 1
fl. das anderemal um 2 fl. an geld gestraft werden, soferne aber diese straf unfruchtbar und der frevler im nehmlichen vorigen laster auch zum oeftern mehr schuldig
wurde, so, daß bey dem verbrechen an einem suendhaften vorsatz ohnehin nicht zu
zweiflen ist, wird wider den oder dieselbe mit der gefaengnuß-strafe etliche tag, und
nacht bey wasser und brod zu verfahren, und endlichen der herrschaft mit berichtlicher uebergab derer aufgehobenen protocollen die fernerweite bestrafung zu ueberlassen befohlen.//
§. 4. Ueberhaupts soll das fluchen und schwoeren niemal unbestraft bleiben.
Zumahlen nun das groeste uebel, nehmlichen die gotteslaesterung, dem menschen
nicht auf einmahl und von ungefehr beyfaellet, sondern aus dem angewohnten oeftern fluchen und schwoehren ueberhaupts angebohren und also aus der Verachtung
dieser ersten suende erzeugt wird, so ist es nothwendig, daß man die wurzel des abscheulichen und den menschen unter die unvernuenftige thiere herabsetzenden lasters ausrotte; es haben dahero die ortsbeamte wider alle, welche eines leichtfertigen fluchens und schwoehrens beschuldiget werden, wann sie schon einmahl vor
amt gewarnet worden, mit einer geldstraf von 15 sodann 30 kr. zu verfahren, auch
nach befinden, daß die gewohnheit zu tief eingewurzelt haette, diese strafen auf
jede weitere faelle zu verdopplen, endlichen aber die unverbesserliche in stock und
Nr. 1: Augsburg
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gefaengnuesse legen zu lassen. Uebrigens hoffet die herrschaft, daß diesem laster
durch eyfrige predigen und christliche lehren am kraeftigsten gesteuret werde.//
Titulus IV: Von denen zu gewissen zeiten erlaubten taenzen.
§. 1. Wie es mit denen spielleuthen zu halten.
An denen jenigen taegen, wo das tanzen erlaubet ist, und gemeiniglich spielleuthe
gehalten werden, soll niemand aus denen spitalischen gerichten, denenselben in
fremde orthschaften (die bey benachbarten einfallenden kirchweyhen ausgenohmen) nachziehen, sondern ein jeder in dem seinigen bleiben, die spielleuthe aber
sich aller ehrbarkeit befleissen, und zu leichtfertigen taenzen, oder absingung unanstaendiger lieder keinen anlaß noch gelegenheit geben, und damit nicht erst hernach, wegen des lohns, streit und Uneinigkeit entstehe, soll man gleich anfangs sich
mit denen spielleuthen wegen des lohns, und andershalben ueberhaupts vergleichen,
und was mit ihnen gedingt worden, dem wirth zum voraus bezahlen.//
§. 2. Bey taenzen soll zucht und Ordnung gehalten werden.
Das tanzen gehoert an sich selbsten unter die erlaubte erlustigungen, alle lustbarkeiten aber bis auf die geringste kurzweyl koennen unerlaubt und straeflich
werden, wann die wohlanstaendigkeit, zucht, Ordnung und ehrbarkeit dabey nicht
mehr beobachtet wird; es sollen dahero die Stellungen gebaehrden und kleidungen
der tanzenden persohnen, so, wie derer Zuschauer, bescheiden und ehrbar seyn, die
gesellschaft beysammen bleiben, nicht einzlen und baarweiß sich verliehren, in
schlupfwinklen ziehen, noch das tanzen durch unsinniges jauchzen und schreyen in
ein unerdultliches tumultiren und laermen verunstalten; in der heiligen fasten und
advent-zeit sind die taenze ohnehin schon von der kirche verbotten, sonsten aber in
andern zeiten, ist es ueber 9. uhr winters- und 10. uhr sommers-zeit auch nicht zu
erlauben, ueber diese und vorstehende Ordnung sollen die obervoegte genau halten,
und die uebertrettere willkuehrlich bestraffen koennen. Deswillen die untervoegte
fleißige und nuechtere obsicht tragen, sich nicht selbst voll sauffen, noch um geld
oder zeche bestechen lassen, sondern zu oben bestimmter zeit alles abschaffen, und
die ungehorsame zur bestraffung und bey amt ohne unterschied getreulich anzeigen
sollen.//
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Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
Titulus V: Von uebermaessigen trinken und zechen, und denen schaedlichen
folgen.
§. 1. Uebermaessiges zehren und zechen ist abzustellen.
Weil das abscheuliche laster des uebermaessigen trinken unter grossen und kleinen
leicht zur gewohnheit wird, so, daß man es fast nicht mehr fuer ein uebel haelt, sondern das vollsauffen, das jodien, poldern und schreyen bey tag und nacht ganz unstraeflichen zu seyn sich vorbildet, obschon dergleichen ausgelassenes unordentliches leben in denen christlichen gesaetzen ausdruecklich verbotten, und ueberaus
aergerlich, und selbsten denen jenigen, so nicht davon abstehen, an haab, guethern,
geld und gesundheit ungemein schaedlich ist, da zumahlen solche leuthe, die taeglich das unordentliche leben fortfuehren, der arbeit ueberdruessig werden, den
muessigang gewohnen, die gesundheit und leibs-kraeften schwaechen, bey allen
ehrlich christlich und wirthschaftlich denkenden hauß-vaetern sich veraechtlich
machen, ihren lidlohn, verdienst, gewinn und, was weiber, kinder und dienstbothen
das jähr hindurch kuemmerlich erworben, nur gar zu geschwinde und suendhaft
durchbringen, sich und die ihrige naech und nach in die groeste noth, armut, und
fuer die seel- und leib allerelendeste umstaende versetzen, so lange noch eine handvoll erden uebrig ist, geld borgen, und nachdem endlich weder der glaubiger noch
die herrschaft das ihrige wieder erholen koennen, ohne mitleyd von hauß und hof
weggejagt werden, die andere viele laster zugeschweigen, die aus der trunkenheit,
Verschwendung, liederlichen wirthschaft, gewinnsuechtigen spielen, muessigang,
nahrungsmangel und armuth unfehlbar und fast nothwendig entspringen muessen,
es wird also bey diesem gesatz, welches das unordentliche leben und alle uebermaessige neugungen abstellet, hingegen Ordnung, ehrbarkeit und gute wirthschaft
einfuehret, und dabey keine erlaubte ergoetzlichkeit mißbilliget, bloß der nutzen,
Wohlstand, seegen und glueckseeligkeit der ganzen gemeinde, und eines jeden lieben unterthanens insbesondere zu erzielen gesucht, in dieser denen herrschaftlichen
pflichtengemaessen beherzigung, werden die obervoegte nachdrucksamst erinneret,
daß sie die noethige ermahnungen niemalens spahren, wann aber diese nichts fruchten wuerden, auch die verdiente strafen wieder die unverbesserliche leuthe, welche
ohnehin jeder gemeinde verhast und schaedlich sind, vorzunehmen, nicht unterlassen sollen.//
§. 2. Straf deren so naechtlicher weile auf der gasse frevlen.
Wann zu abends- oder nacht-zeit maenner, oder knecht oder buben, auf der gassen
ungebuehrlich herumschwaermen, durch ausgelassenes schreyen, jauchzen, poldern
und andere frevel die ruhe stoehren, und vielleicht gegen die jenige, so sie hievon
abmahnen wollen, noch schimpfworthe ausstossen, und wie es solchen leichtfertigen purschen gemein ist, wohl gar mit pruegeln, koth und steinen auf die fenster
Nr.zywvutsrponmlkjihgfedcbaWVUOD
7: Augsburg
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und thueren werfen sollten; so ist der oder die jenige um fl. 1 und wann sie die geldstraf nicht zu bezahlen haetten, mit wasser und brod in dem stock tag und nacht abzubuessen; im fall aber, daß man den frevler nicht auf der that erhäschen, und nach
der hand, wer es gewesen, nicht erfahren koennte, auch seine kammeraden oder die
mitschuldige selbsten ihne nicht offenbaren wollten, alsdann soll auf erfolgte kundschaft und entdeckung derjenige mit gleicher straf belegt werden, welcher den frevler verbergen und seiner verdienten straf entziehen wollen, wann er gleich an dem
von jenem ausgeuebten frevel und muthwillen keinen antheil oder mitschuld gehabt
haette. Ueberhaupts werden alle hauß-vaeter ernstlich ermahnet, daß sie ihre kinder,
knecht und uebriges gesind, von allem naechtlichen gassen-schwaermen, jauchzen,
poldern, und zerschiedenen andern leichtfertigkeiten best moeglichst ab, folgsam
gute, fromme, loebliche zucht und Ordnung unter ihnen zu halten, befliessen seyn
moegen.//
§.3. Die trunkenheit entschuldiget den frevel nicht.
Wie nun aus dem vorstehenden schon genugsam zu entnehmen, daß das uebermaeßige trinken fuer ein verbrechen, und wann es vollends gar zur gewohnheit wird,
fuer ein laster gehalten werde, so moegen die frevler sich dadurch keineswegs entschuldigen, daß sie als betrunken gefrevelt haetten, sondern solche machen sich
vielmehr eines zweyfachen Verbrechens schuldig, und soll der obervogt dieselbe anfaenglich um geld und endlich mit gefaengnuß bey wasser und brod straffen.//
Titulus VI: Wie die wirthe und brantweiner sich gegen ihren gaesten
verhalten, und was selbige in ihren haeusern nicht gestatten sollen.
§. 1. Die wuerthe sollen niemand zu ueberfluessigen, oder auch ungewoehnlichen
zechen und zehren anfeischen.
Daß die wirth ihre gaeste wohl bedienen, sich mit guten trunk und gesunden fleisch
versehen, und besonders in der zubereit- und aufwartung der reinlichkeit befliessen
seyen, sind erfordernuessen, so zu dem wirtschaftlichen gewerb und nahrung unumgaenglich gehoeren: obwohlen die landwuerthe auch mehrern theils von dem
ackerbau und der braeustadt sich ernaehren, so wenig man nun denen wirthen ungestraft nachsehen kann, daß der unterthan und gast um seine billiche bezahlung keinen guten trunk und speiß geniessen, auch von dem wirth nicht anstaendig und
leuthseelig aufgenohmen werden soll, eben so wenig gestatten die policey-gesaetze,
daß die wuerthe, besonders auf dem land, die bauersleuthe, welche den zehrpfenning nicht geringer ausgeben als einnehmen, das ist, welche die ausgab nach dem
harten verdienst abwaegen sollen, zu ungewoehnlichen auch ueberfluessigen zehrungen, es geschehe im essen oder trinken, durch ihre bekannte zuspruech und
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Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
handgriefe verleiten, und gleichsam noethigen moegen; wann darueber von denen
unterthanene und gaesten beschwaerden einlauffen, oder doch sonsten der obervogt
beglaubte kundschaft erhaelt, so sind die wirthsleuthe zum erstenmal um 1 fl. und
endlichen hoeher zu strafen; und ob man es schon bey verlobnuessen oder heyrathsabreden, bey hochzeiten, kaufhaendlen, vertraegen, wähl der fuehrer und gerichtsmaenner, herrschaftlicher gefaell-einnahm und dergleichen oeffentlichen geschaeften so genau nicht zu nehmen pflegt, so soll doch auch hierinnen allenthalben ohne
ausnahm keine in die äugen fallende oder unlaugbare schwelgerey, aufwand und
Verschwendung gestattet, sondern wirth und gaeste dißfalls bestraft werden.//
§. 2. Unter dem gottesdienste, und auch zu nachts an sonn- oder feyer- und werktaegen nach 9 uhr keine gaeste mehr einsetzen.
Nicht minder straeflich sind die wirthe und brandweiner, welche an sonn- oder
werktaegen, bey naechtlicher weyl nach 9. uhr, oder an sonn- und gebottenen feyertaegen, vor- oder nachmittag unter dem gottesdienst, in ihren wirthshaeusern einen
gast (die fremde bey ihnen zur herberg liegende ausgenohmen) einlassen und unterhalten, oder sonsten wein und bier, es wuerde dann fuer kranke, schwangere und
dergleichen persohnen abgelangt, ausschenken, worauf dann der obervogt aufmerksam seyn, sonsten aber bey hochzeiten und allen andern in vorstehendem ersten §.
benannten gelegenheiten, da man nicht so eben um 9. uhr zu beschliessen und von
einander zu gehen, noch die gaest abzuschaffen pflegt, nach beschaffenheit der persohnen, und umstaenden diese Ordnung und erlaubnuß erstrecken soll und kann.//
§. 3. An denen fasttaegen keine fleischspeisen kochen und vorsetzen.
Wann ein wirth sich unterstuende an denen wöchentlichen frey- und samstaegen,
so, wie an allen uebrigen gebottenen fastaegen und die ganze fasten-zeit hindurch
fleisch zu kochen, und solches einem gast, wann er es auch mit ungestimm, oder
unter mancherley vorwand verlangen wuerde, vorzusetzen, es seye frisches, gesalzenes oder geraeuchertes fleisch, oder wuerst, oder gefluegel, und dergleichen
mehr, so ist der wirth und der gast zum erstenmal ein jeder um fl. 2 zu straffen,
wann aber diesem verbot von einem wie dem andern veraechtlich oefters zuwieder
gehandlet wuerde, an herrschafit bericht zu erstatten, doch wann reisende von verschiedenen religionen oder kranke persohnen sich einfinden solten, mag der wirth
solches bey dem beamten oder herrn pfarrer anzeugen.//
§. 4. Die gewinnsuechtige spiele unter ihren gaesten nicht gestatten.
Das spielen um hoches geld, es geschehe mit karten, wuerfel, koeglen oder sonsten
immer, ist jederzeit verbotten, und straeflich gewesen, nicht nur von darumen, Wielen gemeiniglich die spieler auch flucher, betrueger, rauffer und muessigaenger
sind, sondern, weilen dieselbe nicht fuer ihre persohn allein verderben, sondern
Nr. 7: Augsburg
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auch noch andere verfuehren, und endlichen weiber und kinder ungluecklichen
machen. Bey denen ledigen bauersknechten ist es hoch gespielt, wann einer den
hundertesten theil seines jahrlohns auf einem abend verliehren kann, bey bauren
aber, wann einer so viel groschen zu verspielen wagen wuerde, als er pferde im stall
hat, die noch nicht vierzehen jaehrige pursch oder buben sollen gar nicht spielen,
ueberhaupts ist dieser so genannte Zeitvertreib hoechst unanstaendig. Wann die
hauß-vaeter und aeltere bauren in denen gemeinden einen abscheu und Verachtung
dargegen bezeugen, so last sich diese schaedliche gewohnheit in jedem dorf bald
ausreuten. Die herrschaft wuenscht es, der bauer wird redliche dienstboten behalten,
der vater fleissige kinder aufziehen, und die ganze gemeinde aus rechtschaffenen
gliedern bestehen. Bis sich aber eine so allgemeine besserung erzielen laest, moegen die spiele um pfenninge oder um eine zech bier gedultet werden, wann aber
oben erklaertermassen um hohes geld gespielt wuerde, so soll der gast 30 kr. weilen
er das gebot uebertretten, der wirth hingegen, weilen er diesen unfug in seinem
hauß gestattet hat, einen gulden strafe erlegen. Diese, so wie alle andere geld-strafen, erhoehen sich, wann einer schon gestraft worden, und sich dennoch oefters
schuldig macht, endlichen aber muessen leibs-strafen und andere mittel auf des
ober-vogtens anzeuge nachfolgen.//
§. 5. Liederlich gesind anzeugen und ausschaffen.
Weilen unter den fremden zehrenden persohnen sich mancherley verdaechtiges gesind einschleichet, so zugleich grossen schaden und ungelegenheiten verursachen
kann, so werden alle spitalische unterthanen, und sonderlich die wirthe, bey ihrer
geleisteten pflicht, zu ihrem eigenen besten, ruhe und Sicherheit erinnert, daß sie
niemand, der ihnen nicht bekannt, laenger als eine nacht zu beherbergen, sondern
dieselbe um ihren nahmen, thun und gewerb zu befragen, und so ihnen etwas verdaechtig vorkommen wuerde, die umstaende dem ober-vogten anzuzeugen schuldig
seyen, der dieses Verbots unerachtet jemanden uuterschleif gibt, soll um fi 1. gestraft werden.//
§. 6. Das uebermaessige brandweintrinken, ist bey beeden dem brandweiner naemlichen und dem gast straeflich.
Die boese wuerkungen so das uebermaessige besonders das angewohnte brandweintrinken in dem gehirne, in der Vernunft, gedaechtnuß und in allen theilen der
gesundheit veranlast, sind durch die leydige beyspiele allenthalben bekannt. Diese
so viel moeglich zu verhindern, sollen weder die brandweiner, noch die wirthe, es
seye in dem frühen morgen oder abends-zeit, keinem mehr als um 1. oder 2. kr. abgeben: es waere dann sache, daß dieses hitzige getraenk, in gewisser maaß ueber
land gefiiehret oder zu arzneyen abgelanget wuerde. Diejenige also, die im brand-
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Spitäler
weintrinken sich nicht abbrechen wollen, sind von amtswegen noch so hoch zu
straffen als die vollsaeuffer.//
§. 7. Die wirthe sollen guten, ungemischten wein und gut bier schenken; auch den
wein durch das obervogt-amt schaetzen lassen.
Es ist ohnehin nicht erlaubt, schlechte waaren um gut geld aufzudringen: wann aber
die bauersleuthe in ihrem dorf und wirthshauß, nicht einmahl einen guten, gesunden
trunk sollten erhalten koennen, so wurden die wirthe straeflich und suendhaft handien, zumahlen um ihnen das umgeld und der preiß sehr leidentlich und billich angesetzet wird, mithin denen braeuen dennoch allemal ein genueglicher gewinn verbleibet; so versihet man sich, daß die unterthanen hierinnfalls keine ursach sich zu
beschweren finden moegen, soviel vom bier und auch vom brandwein: was aber
den wein selbsten betrift, so haben die wirthe den einkauf dem obervogten jederzeit
getreulich anzuzeigen, welcher sohin nach der mit dem wirth gemachten ausrechnung, an das faß hinschreiben soll, wie hoch oder theuer die maaß, dieses von ihme
gekosteten weins ausgeschenket werden duerfe: dafiier gebuehrt dem obervogt von
jedem eimer, eine sogenannte boden- oder schaetz-maaß; und gleichwie den wirthen bey dieser schaetzung schon ein billicher gewinnst zugerechnet wird, so haben
die obervoegte von zeit zu zeit, kundschaft einzuziehen, ob der gesetzte preiß nicht
ueberschritten, und der wein ungemischt, rein und unverfaelscht gelassen werde?//
§. 8. Wie lange, und wem die wirthe borgen moegen.
Wen angeseßene unterthanen die zechen aufschreiben, oder einen trunk, fleisch und
brod nach hauß holen, mag der wirth die bezahlung etwa ein viertel jähr lang anstehen und gegen vier gulden auflaufen laßen, bey welcher beschaffenheit, so es zur
klage kaeme, der obervogt ihm alle aemtliche huelfe, der Ordnung nach leisten
solle; sofern aber der wirth unangesetzenen, armen leuthen, tagwerckern oder ledigen besonders liederlichen purschen borget, es seye wenig oder viel, so hat sich der
wirth die gefahr der bezahlung selbsten zuzuschreiben; und da zuweilen sich saefte
einfinden, welche auf kosten eines andern unter allerley vorwand: z. e. eines vorhabenden handels, tausch, kauf, vergleich, uebergab, erbschaft, schuld u. d. m. zehren
wollten, ehe noch der andere theil einwilligen oder befragt werden koennte, so sollen die wirthe in diesen faellen, allforderst dem obervogten die anzeige hievon
machen, und ohne dessen erlaubnueß oder gutheißung, weder die Zahlung borgen
noch das zechen selbsten gestatten.//
§. 9. Zechen in auswaertigen wirtshaeußern, wird mit gewisser maaß verbotten.
Den spitalischen unterthanen oder inwohnern, ist so wenig als andern, ausser seiner
herrschaft, tafern oder wirthshaeußern in fremden Ortschaften zu zechen und zu zehren verbotten; nemlich, wann es die gelegenheit gibt, daß einer in solchen orthen,
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was zu verrichten oder sonsten den weeg durch und dahin zu gehen hat, oder wann
man die benachbarte kirchweyhen zu besuchen pfleget; soferne aber die angeseßene
unterthanen, oder die ledige pursche und dienstbothen, in auswaertigen wirthshaeusern, ausser oben angezeigten redlichen Ursachen ihren unterschleif suchen, und dabey keinen andern endzweck haben koennen, als um denen in ihren orth vorgeschriebenen pollicey-gesaetzen auszuweichen, und, wie sie glauben, ungestraft
spielen, vollsauffen, frevlen und andere verbottene dinge ausueben zu doerfen: so
soll ein jeder, der auf diese arth fremde wirthshaeußer besucht, um 1 fl. 30 kr. gestrafet, die ledige dienstbothen sogar, wann sie durch diese strafe und wamung
nicht gebessert, noch davon abstehen wuerden, aus dem dorf geschaffet werden.//
Titulus VII: Von schmaehen, zanken, schlaghaendeln und friedbruechigen
frevlen.
Eine jede gemeinde ist ungluecklich, worinnen schmaehsichtige, gehaeßige, neidige, verlaeumderische und unfriedliche inwohner die ruhe stoehren, auch das loebliche, gute verstaendnuß, zusammensicht und einigkeit uns gestraft verbannen daerfen: dergleichen polterkoepfen muß also mit ernst begegnet werden, um sie in die
schranken eines nach der von gott selbsten vorgeschriebenen naechsten-liebe,
abgemeßenen, ruhigen, gesellschaftlichen und friedfertigen lebenswandel zu treiben.//
§. 1. Von zankhaendel und friedbott.
Wann sich also in wirths- oder andern haeußern, oder auf freyen plaetzen und gassen ein zank- und schmaehhandel ereignete, so solle der untervogt, und wann selber
nicht zugegen waere, ein jeder gemeindsmann, so der erste dabey ist im nahmen der
herrschaft bey zwey gulden strafe friede biethen, und den handel bey amt anzeigen,
wer dießem friedbott zuwider nicht augenblicklich stille wird, sondern weiters noch
poltert, zahlt ohne mindesten nachlaß die strafe seines Ungehorsams mit 2 fl. wann
er gleich sonsten des schmaehhandels wegen selbsten bey der nachherigen Untersuchung als der minderschuldige theil befunden wurde; soviel ist die friedbottsstrafe in bloßen zankhaendeln: wann es aber zu schlaegereyen gekommen waere, ist
die strafe doppelt, nemlichen 4 fl. soferne aber der untervogt befehl haette, einen
oder mehr solcher zank oder raufenden vor amt zu fuehren, und dabey gaehling
widerstand faende, sich also derenselben nicht ermaechtigen koennte, so ist bey
schwerer strafe jeder gemeindsmann fuer sich und die seinige schuldig, dem untervogt in allweeg beyzustehen: weilen es in diesem fall um die oefentliche ruhe, um
die achtung der obrigkeitlichen befehle, herrschaftl. Verordnungen und das gemeine
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beste zu thun ist; welches alles zu befoerdern einem jeden unterthan ohnehin
oblieget.//
§. 2. Frevel aus schmaehhaendeln.
In vorstehendem 1. §. ist die rede also nur von dem friedbott gewesen und wie die
haendel zu stillen waeren, wann nun nachgehende der obervogt die sache untersuchet und befindet, daß es bey leeren, dem guten nam und leymuth unschaed liehen
schmaehworten geblieben, so mag alles ohne geld-strafe fuer das erstemal durch
friedliches haendebiethen und Vereinigung beyder theile aufzuheben seyn: doch das
groebere, der ehrbarkeit und wollstand widrige, beschimpf- oder schmaehungen,
nach vorlaeufiger abbitte und widerruf, mit einer geldstrafe von 1. fl. oder mit gefaengnuß gebueßt werden. Da es aber dadurch zu wirklichen kauf- und schlaghaendeln gekommen waere, alsdann ist eigentlich der anfaenger oder Urheber nur allein
zu bestrafen, dabey aber wohl zu ermessen, ob nicht der angegriffene theil haette
ausweichen und die schlaegerey vermeiden koennen, dann in diesem fall sind beyde
schuldig, mithin bey trocknen frevlen jeder um 45 kr. biß 1 fi., bey blutigen hingegen, um 1 fi. 15 kr. bis 2 fl. zu strafen.//
§. 3. Frevler mit verbottenen wehren.
Und da jeder umstand die schuld und strafe ringern oder erschweren muß, als ist
gegen diejenige, welche in dergleichen haendeln jemand mit steinen, stecken, spieß,
dolchen, gabeln, stuhlfueßen, pruegeln oder anderen verbottenen gewehr bluttriesig
schlagen, werfen, stechen oder sonst immer, doch nicht lahmend und beinbruechig
verwundet, schaerfer zu verfahren, die strafe auf 4 fl. zu setzen, und noch darueber
zu sprechen, daß dem verwundeten aller schaden, versaumnueß und schmerzengelder, jedoch nach gerichtlicher maeßigung zu erstatten seyen.//
§. 4. Vorwarten.
Diese vorstehende Ordnung ist also in schmaeh- und raufhaendeln zu beobachten,
welche sich gaehling ereignen; wofern aber einer dem andern vorwarten oder in seinem eigenen hauß, hof, stadel und garten, oder auf seinem acker oder maad ueberlaufen, mit stecken, beylen, axten, gabel u. a. d. zu leib gehen oder nur heraus federen wuerde, der oder diejenige sollen ueber oben angesetzte strafe noch
besonders um 2. fl., allenfalls mit gefaengnuß gestrafet werden, auch dem beschaedigten den schaden und versaumnuß abzuthun schuldig seyn, weilen auf solche arth
mit vorbedacht gefrevelt worden.//
Nr.zywvutsrponmlkjihgfedcbaWVGE
7: Augsburg
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§. 5. Wann an verbottenen orten gefrevelt wird.
Gleichermaßen wird auch ein verbrechen in rucksicht der gelegenheit und des orts,
wo der unfug geschiehet, vergroeßeret, derohalben jene, welche in der kirchen bey
versammleter gemeinde, vor gericht oder seiner herrschaft, wie auch im bad, in der
muehlen oder schmiedefrevlen um weitere 2 fl. gestrafet werden mueßen.//
§. 6. Wann weibspersonnen und minderjaehrige frevlen.
Es geschiehet zuweilen, daß sich obbeschriebener schmaeh- und raufhaendel auch
solche personnen schuldig machen, welche die geldbuße aus dem ihrigen nicht bestreiten wurden, z. e. weibspersonnen und minderjaehrige, wofuer gemeiniglich die
maenner und vaetter zu bezahlen haetten; bey diesen umstaenden soll der obervogt
ersteren theils mit gefaengnuß, theils um weniger geld bestrafen; leztere aber, nemlichen die buben so das 15. jähr noch nicht erreichet haben, wann der frevel nicht
gar zu gefaehrlich waere, nach ernstlicher Verweisung des begangenen unfugs durch
dem untervogt seinen eitern, pflegern oder wo er dienet heimfuehren, und, daß ihn
dieselbe in gegenwart des untervogts darum gebuehrend zuechtigen, befehlen, oder
da sie nicht genügsame schaerfe vorkehren moegten, solche zuechtigung im amthauß durch den untervogt vornehmen lassen.//
§. 7. Wie gegen diejenige zu verfahren, so vor bezahlter strafe entweichen.
Wann handwerksgesellen, knechte oder andere ledige personnen, veruebter frevel
halber vor amt erfodert werden, aber, noch ehe der frevel untersucht und die strafe
erkannt worden, oder noch ehe sie solche bezahlt und ausgestanden haben, um sich
derselben zu entschlagen, aus dem dienst und aus dem dorf entweichen, so moegen
die handwerksgesellen angegeben, bey dem handwerk so lange, biß der unfug abgewandelt seyn wird, nicht mehr geduldet; die bauernknechte aber gleichfalls ausfindig gemacht, umb die Stellung an deren herrschaft oder beamte geschrieben, und
selbe behoeriger Ordnung nach, zu erlegung der ihnen angesezten strafe angehalten,
auch wegen ihres Ungehorsams, in stock oder gefaengnuß geleget werden.//
§. 8. Wirth und wundarzte sollen die frevel anzeigen.
Damit aber dergleichen bosheiten nicht verborgen und ungestraft bleiben koennen,
als werden die wirth und brandweiner, auch bader und barbierer alles ernstes angewiesen, gleich nach dem verbinden derer bey dem frevel verwundeten oder beschaedigten personnen, die sache mit allen umstaenden, so viel ihnen bekannt, dem
obervogt anzuzeigen, und zwar bey unnachsichtlicher strafe von 4. fl. Da aber der
wundarzt billig besorgen koennte, daß die Verwundung toedlich oder doch gefaehrlich seyn moechte, soll er solches alsobald erinneren, damit niemand den thaeter beherbergen viel weniger in Sicherheit zu bringen suche; die wirthsleuthe hingegen,
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Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
ehe und bevor der obervogt das behoerige verfliegt haben wird, den schuldigen
nicht von handen laßen, alles bey willkuehrlicher und nach umstaenden hoher strafe. Dieweilen auch bey geringem frevlen es oefters geschehen kann, daß entweders
unschuldige personnen aus neid, feindschaft und haß angegeben werden, oder aber
im gegentheil die frevler selbsten sich untereinander vergleichen, und solchergestalten alles unterdrucken und verbergen wollen, als wird im ersten fall verordnet:
daß der wissentlich falsche anzeiger in die nemliche strafe verfaellt werden solle,
welche er nach beschaffenheit des bezuechtigten frevels dem unschuldigen zugedacht hatte; im zweyten fall aber kann man zwar wohl zugeben, daß sich die partheyen augenblicklich wiederum vergleichen und aussoehnen, man wird es sogar
allemal gerne sehen und vernehmen, allein weil die strafen nicht von der willkuhr
des klaegers und anzeigers abhangen, sondern dadurch der gemeinen Sicherheit,
dem gesatz und den herrschaftlichen pflichten eine genugthuung verschaffet werden
muß, derohalben auch die obervogtamtliche Untersuchung niemalen unterlassen
werden darf; so sind auch diejenige, nach befund um 1. biß 2. fl. zu bestrafen, welche, die schon vorgegangene frevel verheimlichen, oder die schuldige verbergen
und fluechten wollen; und soferne sich in diesem stuecke, vielleicht sogar ein untervogt verfaehlen wuerde, verdienet dieser nicht nur fuer das erstemal ein zweyfache
geldstrafe, sondern ist auch mit gefaengnuß, und, wann ihme dergleichen schon
oefters zu schulden liegt, mit entsetzung seines dienstes zu bueßen.//
§. 9. Das zanken und schlagen der eitern gegen kinder, und derer meistern gegn
lehrjungen und dergleichen, ist in seiner maaß kein frevel.
Fast eine jede handlung wird nach der absieht und nach der befugsame des handlenden, eintweders zulaeßlich oder gut, oder boeß, folgsam kann auch das zanken und
schlagen in seiner maaß erlaubt ja sogar loeblich seyn, und alsdann heißt es nicht
mehr frevlen, sondern verweißen und zuechtigen; dieses geschiehet wann eitern,
bauern, meister und meisterinnen ihre kinder, lehrjungen und gesinde, Ungehorsams
und vernachlaeßigten dienstes oder arbeit auch andern erheblichen Ursachen halber,
bescheidentlich strafen und zuechtigen. Allein diese hausstrafen mueßen, wie gesagt, bescheidentlich ausgeuebet werden, dann im fall ein hausvatter, dieses recht
zur ungebuehr mißbrauchen, und darueber bey amt geklagt wuerde, so ist die klage
in allweg anzuhoeren, zu untersuchen, und die strafe nach befund der umstaenden
abzumessen.//
Titulus VIII: Von eheverspruech, verloben und ehesachen.
Es ist fast kein orth anzutreffen, wo sich nicht beyspiele mißvergniegter eheleuthe
finden, bey diesen, weilen sie ihre gemueter nicht vereinigen koennen oder oft nicht
wollen, in bestaendigem Unfrieden leben, und aus angewohnter abneigung einander
Nr. 7: Augsburg
227
in allen handlungen verfolgen, wird der goettliche seegen auch in der haushaltung
nicht bestehen, zumalen, ihr gebeth zu Gott mit versoehnten herzen und ruhigen
gewissen selten verichtet werden kann: ein zustand, welcher in dem menschlichen
leben der bedaurlichste ist; das gemuet ist gehaeßig, unzufrieden, unruhig, die seele
vergießt sich selbsten, das haus verdirbt, und der nachbar aergeret sich: dieses sich
anerst durch den tod endigende unheil ist gemeiniglich die folge eines muthwilligen
eigensinn, einer naerrischen Unbedachtsamkeit, und ueberhaupt einer unerfahrenheit
in dem christenthum und veraechtlichen begrifs von dem heiligen ehestand.//
§. 1. Niemand soll ohne der eitern, anverwandten oder pflegern wissen, sich in eheverlobnuß einlassen.
Alle diese maengel und untugenden besitzen diejenige junge leuthe beyderley geschlechts, welche ohne wissen ihrer eitern und ohne rath ihrer befreunde oder vormuendere, vielmehr mit aller derenselben widerwillen, eine uebereilte heyrath zu
erschleichen vorhaben: dergleichen wider die kindliche achtung, liebe und gehorsam gegen die eitern, und wider die vernuenftige berathung der freunde oder Vormundschaft erzielte Verbindung kann Gott nicht gefaellig, mithin nicht dauerhaft,
weniger gluecklich seyn. Es erfordert also der wollstand, daß eine herrschaft hierinnfalls, so weit es den geistlichen und consistorial-rechten ungehindert geschehen
kann, heylsame Verordnungen gebe; solchemnach wird man hinfuehro von amt und
herrschafitswegen keine ehe verlobnueß gedulten, noch die heyrath zu vollziehen
gestatten, wann nicht zuvor die einwilligung der eitern, großeitern, und in deren abgang freunden und vormuendern gesucht und ertheilt worden waere, sondern nebst
deme, daß diejenige, welche zu solchen verdaechtigen kuplereyen anlaß und gelegenheit machen, oder gar die unterhaendler und zeugen sind, an leib und gut
gestrafet werden, sollen auch die eitern kein heyratgut oder aussteuer zu erstatten
schuldig seyn, vielmehr die uebertreter dieses, zum gemeinen nutzen abzielenden
verbotts, aus dem dorf geschaffet werden koennen.//
§. 2. Eltern und pflegere, sollen ihre kinder und pflegende nicht eigensinnig aufhalten.
Damit aber auch weder soehne noch toechter, von ihren eitern, freunden oder pflegern, aus einer eigennuetzigen oder andern unbilligen absieht, von einer anstaendigen heyrath und Versorgung behindert, oder gar zu einer widersinnigen ehe gedrungen, somit diese zum besten gemeinte Verordnung der erfoderten einwilligung
halber nicht zuweilen mißbrauchet werden moechte, als kann von denen, welche
sich zu verehlichen gedenken, im fall die vaetterliche, freundschaft- oder vormuendschaftliche einwilligung geweigert wuerde, die anzeige hievon bey dem
obervogtamt gemacht werden, welcher alsdann beyde theile genueglich anhoeren,
alle bedenklichkeiten, ob solche wahrscheinlich und erheblich waeren? untersuchen
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Die geistlichen
Staaten:
Kloster,
Stifte und
Spitäler
und an die herrschaft umstaendlich einberichten solle, worauf sodann nach befiind
die herschaftl. begnehmigung alles ersetzen, oder aber eine abschlaegige verfuegung die einwendungen der eitern und freundschaft gleichermassen fuer billig
erkennen wird.//
§. 3. Die eheverlobnueßen unter blutsverwandten sind nicht rathsam.
Wobey dann auch die Verlöbnissen unter personnen, welche einander zu nahe verwandt sind, dergestalten daß hierueber in goettlichen, kaiserlich- und kirchen gesaetzen ein verbott enthalten waere, ohne noth niemalen gebilliget werden moegen,
und da in solchen faellen gemeiniglich ein eigennutz der vormuendere und freundschaft unterlaufet, so daß mehr auf den gewinnst und Vereinigung der hoefe als der
gemuether gesehen wird, und dergleichen ehen meistentheils mißvergnuegt ausschlagen; als werden die Orthsbeamte nachdrucksamst erinneret, daß sie fuernemlich gleich anfangs die freunde und pflegere davon abmahnen, und wann es
erfoderlich ist, die sache der herrschaft gehorsamst einzuberichten nicht ermanglen,
wo inzwischen unter beyden theilen alles ob sich beruhen muß.//
§. 4. Strafe derer, so sich durch suenden in dem ehestand dringen wollen.
Sollten sich aber einige der ledigen purschen und dirnen so weit vergehen, daß sie
sich nicht nur heimlich versprechen, sondern auch taeglich oder naechtlicher weile
in Schlupfwinkeln selbsten verkupeln, und durch suendhafte Vollziehung des eheverspruchs die einwilligung der eitern, sowohl als alle herrschaftl. hieher einschlagende Verordnungen zu vereitlen suchen, es mag dieses verbrechen sogleich, oder
erstmit der zeit kundbar werden, so ist erstlich die leichtfertigkeit und unzucht, wie
hiernach stehet, zu bestrafen; andertens aber der bericht an die herrschaft zu erstatten, und darauf zugewaertigen, ob man beyde personnen, deren vorheriger lebenswandel genauest zu untersuchen waere, annoch im dorf gedulten daerfe oder nicht.//
§. 5. Die sogenannte gunkelhaeuser und andere kupler-gelegenheiten, abzustellen
und zu bestrafen.
Wie nun die junge leuthe nicht gleich auf einmahl liederlich, sondern durch ueble
gesellschaft nach und nach verftiehret werden, hiezu aber die spaete zusammenkuenften mit der gunkel so biß in die naechtliche stunden andauren, die erste gelegenheit geben, wo die bekannte einander antreffen, unbemerkte buhlschaft pflegen,
mehrere nach ihrem suendhaften beyspiele verleiten, und die kuplerinnen, zu ehrlicher frommer eitern und kinder groeßten schaden, betruebnuß und lezterer lebenslaenglich- aeußersten unglueck ihr verfluchtes gewerb treiben, laster und unheil
verursachen koennen; als haben die untervoegte genaue kundschaft zu halten, und
wo sie solche Schlupfwinkeln (dann von zusammenkuenften, in welchen die eitern
und befreundte selbsten mit zugegen sind, ist hier die rede nicht) entdecken, das
Nr. 7: AugsburgzywvutsrponmlkjihgfedcbaWVCB
229
erstemal durch den untervogten die saubere gesellschaft auseinander treiben zu
laßen, das zweytemal aber um geld ΰ 15 bis 30 kr. auch ferners mit gefaengniß zu
strafen, und endlichen bey weiterem unterfang an die herrschaft zu berichten, wobey die kuplerinnen allzeit noch so hoch und hart zu bueßen sind.//
§. 6. WaszyvutsronlihgedcbaV
bey eheverlobnißen, und vor deren Vollziehung zu beobachten ist.
Beyde sich verlobende, haben entweder eitern befreundte, oder pflegere, oder ehrliebende gezeugen und heyrathsmaenner, in deren gegenwart erstlich der eheverspruch geschehen, und von welchem alles, so bey dem heyrath-geding des zu- und
einbringens, uebergab, ruckfall und andere Verordnungen halber abgeredt worden,
bey dem obervogtamt, wann heyraths-protocolla und briefe zu errichten sind, angezeigt, die amt- oder herrschaftliche erlaubnuß zu vorhabender heyrath erbetten, die
bescheinung hierueber ihren eigenen herrn pfarrer vorgelegt, daraufhin die dreymalige verkuendung besorgt, auch sonsten alles veranstaltet werden muß, als etwann noch weiters zu dem oeffentlichen kirchgang, hochzeitmahl und so andern zu
verfliegen und zu berichtigen seyn sollte; wo uebrigens die herrschaft zu der, in denen spitalischen doerfern und pfarreyen durchgehende loebliche seelen-weyde
ohnehin das vollstaendigste vertrauen heget, es werden alle pfarrkinder von jugend
auf, theils durch die erbaulichste predigen, theils durch die eifrigen prueff- und ausforschungen in denen wöchentlichen Christenlehrstunden so vielen vorraethigen Unterricht und begrif gesammlet haben, daß nicht erst die lezte tage vor der priesterlichen eheseegnung noch bezweifelt werden moechte, ob die verlobte in den weesentlichen haupt-gesaetzen und gebotten des Christenthums genueglich bewanderet
seyen oder nicht?//
§. 7. Von einheyrathung auswaertiger personnen ins spitalische.
Wann ein auswaertiger sich in ein spitalisches dorf und gericht einkaufen oder verheyrathen wollte, so ist nach genugsam- beygebrachten zeugnuß ehrlicher geburt,
befreyung von der leibeigenschafit, auch vorigen guten wandel und leymuths, eine
solche personn zwar als unterthan (oder unterthaninn) an- und aufzunehmen, doch,
daß in einheyrathungs- und kauf-faellen das angegebene oder bedungene vermoegen und baarschaft auf gesetzte zeit oder fristen mitgebracht werden wuerde, mit
beglaubten herrschaftlichen urkunden vor wirklicher verheyrathung; und im zweyten fall, ehe der kauf in dem spitalischen amt dem protocol einverleibt wird zu bestaercken; diese erfordernissen leiden keinen ausnahm, vielmehr ist dem einkaufenden oder einheyrathenden theil von dem obervogten gleich anfaenglich als eine
unaufhebliche bedingnuß zu eroefnen, und zum protocoll nieder zu schreiben, daß
wann jener die versprochene und durch obrigkeitliche zeugnußen zugesicherte baarschaft oder fristen nicht auch seiner zeit wirklich eingebracht haben werde, alsdann
der kauf wiederum nichtig, und durch die heyrath kein burger, gemeinds, beysitz,
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Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
inngehaeuß noch anderes recht erlangt seyn solle. Sonsten aber, soferne alles in
seiner Ordnung gehet, hat ein neu angehender spitalischer burger und unterthan, in
die herrschaftliche rechnung eine gulden und eben so viel einlaßgeld zu der gemeinde zu erlegen, wovon jedoch die spitalische unterthanen und ihre kinder, welche
nemlichen durch kauf, tausch und heyrathen nur in einem andern dorf ansaeßig
werden, folgsam vorhero schon spitalische unterthanen gewesen, nach dem alten
herkommen befreyet sind.//
Diejenige, welche den beysitz erhalten und die inngehaeußte, zahlen zwar auch obiges einlaßgeld mit 2 fl. und sodann fuer den schütz oder beysitz, worinnnen die
herrschaft nach belieben mehr oder weniger fordern kann, jede personn dermalen
jaehrlich 10 kr. haben auch bey vorfallenden frohnen den dritten dienst zu verrichten; allein zu deren aufnahm ist vorlaeufig ueberall obiges, was bey den burgerlichen unterthanen vorgeschrieben wird, eine genügsame verbuergung angesessener
begueterten inwohnern erfoderlich, ohne welche jemand, zumalen der das creißschlußmaeßige vermoegen ΰ 200. fi. nicht besitzet, diese herschafitl. gnad schwerlich erhalten: der obervogt aber, fuer sich selbsten keine erlaubnuß mittheilen
kann.//
§. 8. Wann mißverstand, Uneinigkeit, zank und widerwillen unter eheleuthen einreissen.
Wuerde dann wider verhoffen eine zwar wohl angefangene ehe mit der zeit sich
uebel anlassen, so solle der gerichtsbeamte allenfalls mit zuziehung ein oder mehrer
gerichtsmaenner die strittigkeiten, und welches aus beyden ehegemaechten eigentlich die meiste schuld trage, bescheidentlich zwar untersuchen, die quellen der Uneinigkeit verstopfen, das anstoeßige nach befund aus dem weeg räumen: ehe aber der
groll unter ihnen weiter ausbrechen kann, vernuenftige, guetlich- und ernsthafte
Vorstellungen machen, beyde zu beobachtung ihrer ehelichen pflichten, treue, liebe
und gedult anweisen, im namen der herrschaft unter gewisser strafe friede bieten,
und da dieses alles bey ein oder andern nicht fruchten wuerde, den schuldigen theil,
zumalen wo dessen betragen einem muthwilligen frevel aehnlich ist, mit dem gefaengniß bueßen; falls auch noch ueber das ein oder beyde ehegatten sich absoendern und scheiden wollten, den ganzen verlauf denen herren hofspital-pflegeren zu
fernerem einsehen und thunlichen Verordnungen vortragen, am ende aber der geistlichen obrigkeit die entscheidung ueberlassen, und die erfolgende consistorial-erkanntnissen nach moeglichkeit zum Vollzug bringen.//
Nr.zyxwvutsrponmlkjihgfedcbaZXWVUTSIHE
7; Augsburg
231
Titulus IX: Von dem laster der leichtfertigkeit, unzucht und ehebruchs.
§.1. Strafe der ledigen personnen, wegen leichtfertigkeit und unzucht.
Wann der obervogt von einem verdaechtigen Umgang zwischen zweyen ledigen
personnen benachrichtiget wird, und aus der, wenigstens sehr beglaubten oder doch
wahrscheinlichen wo nicht gar zuverlaeßigen anzeige leicht abnehmen kann, daß
unter solcher leichtfertigkeit und hurerey vorgegangen seyn daerfte; so hat derselbe
beyde vor amt zu fodern, jeden theil aber besonders zu verhoeren, und dabey jene
umstaende nicht ausser acht zu lassen, welche nach den bekannten goettlich- geistund weltlichen rechten dieses laster vergroeßeren oder wohl gar in eine andere gattung versetzen, in welchem fall alle zwey sogleich in verhaft genommen, das aufgehobene protocoll mit bericht der herrschaft eingeschickt, und die weitere befehle
abgewartet werden sollen. Wo aber die innzichten und das gestaendniß so beschaffen waere, daß sich aus selbigen auf ein ausserordentliches laster nicht folgern
Hesse, und vieleicht die schuldige sich freywillig bey amt stelleten und ihren fehltritt selbst reumuethig anzeigeten, so ist jeder von beyden (es seye gleich eine wirkliche schwaengerung erfolgt oder nicht) nur um 10 fl., sonsten hingegen, da sie anerst durch amtliche Untersuchung zur gestaendnuß gebracht werden mueßten, mit 15
fl. zu bestraffen, mit ausschluß dessen, was dem untervogt nach der neuen taxordnung tit. XXI. gebuehret, und da sie allenfals diese geldbuße zu erlegen nicht vermoegten, alsdann hat der kerl 14 tage und die dirne 8 tage bey dem untervogten in
abgesoenderten keuchen gefangen zu sitzen, und nicht anderes dann wasser und
brod zu geniessen, wofuer dem untervogt von jeder personn des tags 4 kr. zu bezahlen: wann sie aber auch dieses geringe azung und sitzgeld nicht erstatten koennten,
mag es der knecht bey der gemeinde mit oefentlicher arbeit, und die magd bey dem
untervogten mit spinnen abverdienen. Uebrigens aber, wann gaehling solche personnen sich zur ehe nehmen wollten und daerften, so ist ihnen weder ein hochzeitmahl noch oefentlicher kirchgang zu erlauben, und nach manchen orts-gebrauch
nicht in die kirche zu laeuten, auch waehrender priesterlichen einseegnung die orgel
nicht zu spielen, alles zur gedaechtnuß ihrer schände und suende.//
Endlichen, sofern ein oder der andere schon einmahl gestrafet und in dem nemlichen laster wiederum schuldig befunden worden waere, wird eine auch erhoehte
geldsttraf alleinig nicht angenommen, sondern nebst jener die gefangenschaft, und
zwar noch solang als in dem ersten fall zuerkannt werden; das dritte verbrechen hingegen hat der obervogt fuer sich selbsten nicht zu bueßen, sondern der herrschaft
gehorsamst anzuzeigen, welche die strafe nach befund an geld, gut und leib zu
schaerfen, auch mit Zuchthaus strafen, dann zeitlichen und unbestimmten verweißungen aus dem spitalischen gebieth gegen die unverbesserliche verfahren werde
solle, den bedacht zu nehmen wissen wird.//
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Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
§. 2. Von dem einfachen ehebruch unberuechtigter personnen.
Im fall sich eine person, die vorhin des ehebruchs unverlaeumbt, unverdaechtig und
dieses lasters unberuechtiget ist, hierinnen verfehlet, und der obervogt kundschaft
davon erhalten haette, so solle derselbe aus sonderbaren darzu bewegenden Ursachen, vornemlich aber, damit der unschuldige ehegatt geschonet, und der ehetrennung vorgebogen werde, die ehebruechige person fuer sich allein erforderen, das
begangene laster mit schaerfster und bedrohlichster ahndung verweisen, darueber
auch wann es vermoegliche leuthe waeren, zum erstenmal um 20 fl. das zweytemal
um 40 fl. strafen, wovon vermoeg deren bekannten interims-mitteln die halbscheid
in allweg an das hochansehnliche oberamt der reichsgefuersteten marckgrafschaft
Burgau einzuschicken ist: wann der schuldige theil aber diese geldstrafe nicht wurde bestreitten koennen, so soll der erste fall mit 4- der zweyte hingegen mit 8 wochiger gefangenschaft, bey wasser und brod, gebueßet werden, dennoch das laster
selbsten samt den namen des schuldigen, in hofnung kuenftiger unfehlbaren besserung, so viel moeglich, geheim und verschwiegen bleiben; endlichen aber, soferne
diese nachsicht mißbrauchet, und der ehebrecher oder ehebrecherin zum drittenmal
angeschuldigt auch gestaendig und ueberwißen seyn wuerde, alsdann waere der
oder dieselbe unverzueglich in verhaft zu nehmen, und dessen in rechten versehene
schaerfere bestrafimg der herrschaft anheim zu stellen. Oben bestimmte geldstrafe
von 20 und 40 fl. ist auf den verehlichten theil zu verstehen: die ledige personn
aber, mit welcher die suende vollbracht worden, soll fuer die erste straf 15 fl. fuer
die zweyte 30 fl. erlegen, oder wann sie unbemittelt waere, zu 3 und 6 wochen in
gefaengnuß sitzen.//
§.3. Strafe des zweyseitigen ehebruchs.
Wann sich zwey verheirathete personnen in dieses laster stuerzen, wird die erste
strafe von jedem 40 fl. die zweyte aber 80 fl. seyn, wovon die helfte wie in vorstehendem §. erfindlich, gegen Burgau zu berechnen ist, im fall der unvermoegenheit,
muß jedoch wiederum die gefangenschaft bey wasser und brod auf 4 und 8 wochen
statt haben, und gleichwie denen hospitapflegeren ohnehin das dritte laster anzuzeigen, und nach denen bekannten interims-mitteln zu verfahren ist, so werden dieselbe auch die 4 und 8 wochige gefangenschaft, wann gaehlung, krankheit, mangel der
nahrung, noethige feldarbeit und dergleichen mehr in betrachtung kaeme, abzutheilen, zu veraendern oder zu verschieben wissen, alles in der maaß, daß dieser suendengreul doch nicht zu gering gebueßet seye; solchem nach wird man auch den
bedacht nehmen, daß der dritte (das ist der nach zweyen schon erlegten oder ausgestandenen strafen folgende ehebruch) ohne rucksicht der personnen, freundschaft
und guetern, zu maenniglichs warnung, oefentlich und durch die schaerfeste leibeszuechtigung abgewandelt werde.//
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§. 4. Obervoegte, sollen hierauf gute kundschaft stellen.
Es sollen also die beamten aller orten genaue aufsieht und auch von dem lebenswandel ihrer untergebenen fleißige kundschaft zu halten, und wo sich irgend ein
ziemlicher verdacht schoepfen Hesse, die umstaende naeher zu untersuchen, und
ueberhaupt nichts ermangeln zu lassen, was immer zu behinderung und voelliger
ausrottung dieses lasters, wodurch die gerechte strafe des allmaechtigen ueber ganze laender gezohen wird, befoerderlich seyn moechte: wann der lasterhafte denken
und der bauersmann einsehen koennte, wie viele Ungerechtigkeiten mit dieser suende vergesellschaftet seyen, und wie weit sich der im gewissen schuldige ersatz in
diesem oder jenem fall sich erstrecken daerffte, an die innerliche boßheit und abscheulichkeit dieser unthat nicht einmahl zu gedenken, so wurde der ehebruch wie
das hoechste zeitlich und ewige uebel verwunschen werden: allein diese betrachtung gehoert groeßeren theils in die sittenlehre, als unter die policey-gesaetze.//
§. 5. Wie es bey fremden personnen in obigen faellen zu halten.
Wann in denen hospitalischen doerfern und gerichten auswaertige unterthanen sich
verfehlen, und nach genügsamer Untersuchung der eigenen bekanntnuß des ehebruchs oder hurerey schuldig befunden werden, so ist wider dieselbige ebenmaeßig
die in vorstehenden §V1S 1. 2. und 3. beschriebene strafe zu erkennen und fiierzunehmen, auch dem untervogten die gebuehr zu erstatten; soferne aber soche die
straf nicht sogleich erlegen noch genügsame buergschaft leisten koennten, hat der
obervogt an die herrschaft mit uebergab der protocollen schleunigst zu berichten,
und hierueber die weitere Verordnung zu gewaertigen, den oder die schuldige aber
inzwischen in verhaft bey zu behalten.//
§. 6. Die untersuch- und erhebung dergleichen verbrechen ist sehr behutsam anzustellen.
Die verbrechen wider das sechste goettliche gebott sind solche lasterthaten, welche
nicht scharf genug gebueßt, aber auch nicht behutsam genug untersuchet werden
koennen, zumahlen in keiner sache der argwöhn und verdacht haeufiger und zugleich unschlueßiger angetroffen wird, auch eine jede verfuegung zu wenig oder zu
viel, und der angeklagten person, durch ein nicht eben allemahl unbilliges mißtrauen, lebenslaenglich nachtheilig seyn kann. Es haben sich also die beamte bey
vorkommenden innzichten, aller vernuenfitigen ueberlegung zu befleissen, nicht zu
eilfertig und nicht zu nachlaeßig zu werk zu gehen, damit weder eine person unschuldig verleumdet werde, noch das laster unbestraft bleiben moege. Man ist anbey ausser stand, solche Vorschriften hierinnen zu machen, welche sich auf alle
faelle anwenden ließen, sondern muß sich auf die geschicklichkeit, bescheidenheit,
erfahrung und gewissen der beamten verlassen, wann und solang keine beschwerde
an die herrschaft selbsten gebracht werden sollten: es wird aber auch fuer diese
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Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
nachgesezte beamte, selbsten in zweifelhaften innzichten, in mangel genueglicher
beweiße und in allen dunklen umstaenden rathsam seyn, daß sie mit bericht und
belegung dessen, so in der Untersuchung bis dahin vorgekommen, die weitere
verhaltungs befehle gehorsamst einhohlen und befolgen.//
Titulus X: V o n dem laster des nothzwang und der blutschand.
Es ist zu wuenschen, daß dieser suendengreul in den spitalischen Ortschaften, ganz
und gar unbekannt seye und bleibe; mithin deshalben alle Verordnung ueberflueßig
heiße, wann sich aber dennoch ein ruchloßer uebelthaeter betretten, und das verbrechen sich wenigstens mit denen zu einer special inquisition erkleklichen umstaenden und innzichten erheben ließe, so ist der schuldige (weilen bey diesem laster keine bürgerliche bestrafung mehr statt findet) sogleich in sichere verwahr zu bringen,
und schleunigst an die herrschaft mit uebergab des aufgehobenen protocoll zu
berichten, damit hierinnen den kaiserl. rechten und interims-mitteln, zufolge die
behoerige verfuegungen angeordnet werden koennen.//
Titulus XI: Von den pflichten der eitern gegen ihre kinder, und dieser gegen
jene: auch was zwischen hausvaetter und dienstbotten verschiedentlich recht
ist.
§.1. Pflichte der eitern gegen ihre kinder: und dieser gegen jene.
Alles dasjenige ausfuehrlich und mit umstaenden zu erklaeren, was eitern den kindern, und kinder den eitern schuldig sind, ist dermalen die absieht und auch die gelegenheit nicht; sondern nur die gemeine pflichten, welche aber auch leider! viele
eitern unverantwortlicher dingen vernachlaeßigen, sollen hier ueberhaupts erzehlt
und eingebunden werden.//
Die eitern haben also insgesammt ohne unterschied, den kindern nachdem sie getaufet sind, und gleich von der geburt an, eine gesunde nahrung zu reichen und fleißig abzuwarten; bevorab zu sorgen, daß dieselbe mit geraden gliedern wohlerwachsen und erzohen werden; bis sie reden lernen, vor sie das gebeth zu verichten,
und den vaetterlichen seegen nach christlichen gebrauch taeglich zu ertheilen. Sobald es die jähre und erste faehigkeit zulaeßt, sollen die kinder beyderley geschlechts in die Christenlehre und zur schule geschicket werden, damit sie in dem
wesentlichen christenthum vollstaendig, im leßen, schreiben und rechnen aber, soviel moeglich Unterricht bekommen, welches die eitern merklich befoerderen koennen; wann sie auch ihre ermahnungen unter der zeit, besonders an sonn- und feyer-
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taegen beitragen. Wann dann die kinder die zur arbeit noethige kraeften erlangen,
sind die maegdlein zu haußlichen Verrichtungen, die buben aber entweders zu dem
feldbau und andern arbeiten, oder zu erlernung eines handwerks, wozu sie tuechtigkeit, natuerliches geschicke und auch luft und neigung haben, anzuhalten, damit
sie dereinstens ihr brod auf einem von beeden weegen gewinnen, und nuezliche
weltbuerger werden koennen. Wann der allmaechtige diese oder jene eitern, mit
zeitlichen guetern ueberflueßig gesegnet, und den kindern besondere gaben mitgetheilet hat, oder sich in ermanglung eigenen vermoegens milde freunde und gutthaeter hervor thun um studieren zu koennen, so ist diese gnade nicht zu versäumen,
aber auch nicht zu mißbrauchen, da sich vieleicht die vermuthete faehigkeit nicht in
den ersten drey, hoechstens vier jähren bey dem studieren veroffenbaren wurde: ein
rechtschaffener bauersmann oder ein guter handwerker ist zu loben, ein mittelmaeßiger student nicht zu verachten, die schlechte sind der herrschaft, dem land, den eitern, befreundten und sich selbsten ueberlaestig. Solang die kinder unter den äugen
der eitern wandeln, sollen leztere alle ihre schritte, thun und lassen nach der gottesforcht, ehrbarkeit und Vernunft also abmeßen, daß den kindern durchgehende ein
gutes beyspiel, anstaendige lehre, ehrerbietigkeit, achtung, forcht und liebe eingefloeßet werde; und gleichwie es getreuen eitern oblieget, diesen ihren erben ein vermoegen zu sammlen, und solches durch den goettlichen seegen mit unverdrossener
arbeit auf rechtmaeßigen, erlaubten und redlichen weegen zu vermehren, also moegen sie auch solche immerhin zu guter Wirtschaft anfuehren, wie das wenige zu rath
gehalten werden koenne, vorstellen, und ja nicht gestatten, daß eines aus ihnen
mueßig gehe oder dem bettlen nachlaufe, dann der mueßigang ist jenes uebel, welches bey den menschen niemahlen allein angetrofen wird, sondern, trunkenheit,
spielsucht, betrug, dieberey und andere laster folgen demselben auf dem fuß nach:
dahero heist es in den alten sprichwoertern: daß der mueßigang des teufels ruheposter seye.//
Endlichen ist auch ein fast allgemeines laster auszurotten, welches wegen der gewohnheit kaum mehr fuer eine geringe untugend gehalten wird: dieses ist das
abscheuliche luegen; wo solches einmahl wurzel gefaßt hat, laeßt es sich schwerlich
mehr ausziehen: durch das luegen wird trauen und glauben, Wahrheit und redlichkeit verbannet; wozu sind aber die leuthe, denen man nicht trauen und glauben
darf? Fluchen, schwoeren, betruegen und stehlen sind die eigenschaften eines luegners: unglueckliche eitern, welche ueber eine scherzluge ihres kindes lachen!
Rechtschafene und glueckseelige haußvaetter und muetter, welche die erste luge
den kindern so scharf bueßen, daß sie sich das zweytemahl zu luegen nicht mehr geluesten lassen. Die eitern koennen sich und das ihrige in allen vorfaellen den kindern vertrauen, mehr dann die helfte der sorgen ablegen, auf ihre anordnungen
sichere rechnungen machen, und da die liebe zur Wahrheit allemahl mit der gottesforcht vergesellschaftet ist, so kann der goettliche seegen von ihnen und ihren nach-
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Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
koemmlingen nimmermehr abweichen, mithin werden auch die kinder, wann sie die
jähre haben, allenthalben genuegliches auskommen finden, und ueberhaupts von der
guten erziehung reiche vortheile gesammlet werden.//
Hingegen sind alle kinder ausweiß des vierten goettlichen gebotts unter einer
schweren suende schuldig und verpflichtet, ihre eitern und die ihnen an deren statt
zu pfleger- und vormuenderen gesetzet werden, zu lieben, zu ehren und in allen gebuehrlichen dingen gehorsamm zu seyn, in allen haus- und feldarbeiten getreue unverdroßne huelfe zu leisten, ohne deren rath und einwilligung nichts wichtiges zu
unternehmen, bey hohem alter oder krank- und gebrechlichen umstaenden sie nicht
zu verlaßen, sondern allenthalben beyzuspringen, und nach vermoegen huelfreiche
hande zu leisten, mit einem wort, solange sie, die kinder, leben, den eitern wenigstens um die sorgvolle erziehung mit worten und werken all nur ersinnliche dankbarkeit zu erweisen. Gott selbsten verspricht die kindliche liebe mit langen jähren
zu belohnen, und nichts ist gewißer, als das diejenige, so ihre eitern nicht geehret
haben, seiner zeit auch von ihren kindern werden verachtet und verlassen werden.//
Ueber alle diese loebliche Verordnungen haben die obervoegte fleißige aufsieht zu
tragen, und wann die eitern wider ihre kinder vielleicht sogar der amtshuelfe benoethiget seyn wuerden, denenselben in allweg beyzustehen, und nach beschaffenheit
der umstaende an die herrschaft zu berichten.//
§. 2. Wie sich die hausvaetter gegen ihre dienstbotten und gesinde: und diese gegen
jene betragen sollen.
Wann die hausvaetter insgesamt die bauern, baeurinnen, soeldner, meister und meisterinnen ihren ehehalten, gesellen, knechten und maegden wie ihren nebenmenschen bescheidentlich begegnen, sich des ungebuehrlichen schmaehen, fluchen,
rauffen und schlagens enthalten, ihnen den bedingten ziemlichen lohn, auch wohl
verdiente gewoehnliche kost willig darreichen, welches sie dann auch in allweg zu
thun schuldig sind: so ist im gegentheil ein jeder dienstboth, gesell, knecht und
magd in seinem gewissen verbunden, und beduerffender falls durch obrigkeitliche
verfuegungen anzuhalten, daß er alle ehre, achtung und gehorsam erwidere, seiner
arbeit fleißig vorstehe, den nutzen seines meisters oder bauern nach vermoegen befoerdere, den schaden getreulich abwende, solches auch bey andern besorge, alles
neidische zanken und anschwaerzen unterlasse, mißverstand und Uneinigkeit verhindere, sich mit dem bedingten billigen lohn begnuege, und in allen stuecken
fromm, fleißig und ehrbar auffuehre. Wer sich nun von beyden theilen hierinnen
wider die gebuehr groeblich verfehlet, so, daß hierueber klag erhoben wird, den
oder dieselbe soll der obervogt vor sich fodern, den unfug dem schuldigen nachdrucksammst verweisen, auch im fall weitern ungehorsamms mit einer willkuehrlichen, doch dem verbrechen angemeßene strafe belegen.//
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§. 3. Wann dienstbothen ausser der gewoehnlichen zeit abgeschaffet werden wollen.
Da jemand sein gesind vor der bedingten zeit abschaffen wollte, und deshalben keine genügsame Ursache vorbringen koennte, soll dieses zwar ohnverwehrt, jedoch
der bauer oder meister gehalten seyn, dem beurlaubten bis auf das gewoehnliche
oder sonst gesetzte ziel, den vollstaendigen lohn, und was er ihm sonst zu reichen
schuldig waere, baar auf der stelle und unverzueglich zu erstatten.//
§. 4. Wie es mit den dienstbothen, so vor der zeit aus dem dienst tretten wollen, zu
halten.
Soferne hingegen ein dienstboth ohne redlich- wichtigen Ursachen unter dem gewoehnlichen oder bedingten ziel austretten wollte, so ist solcher vor die verflossene
zeit den abfallenden lohn zu fodern keineswegs befugt: vielmehr ist dergleichen
knechten, maegden oder gesellen wann sie fremde sind, in dem dorf anderweite
dienste zu suchen auf zwey jähre zu verbiethen, den eingebornen aber, nebst gleichmaeßiger absprechung des vor das lezte unterbrochene ziel rückständigen lohns,
eine billige geldstrafe anzusetzen: hingegen wann die angezeigt und bescheinigte
Ursachen erheblich waeren, worueber der beamte unpartheyisch urtheilen mag; oder
wann die bauren und meister die entlaßung freymuethig bewilligten, alsdann kann
der wochenweis zuberechnende schon verdiente lohn nicht vorenthalten, noch die
guetliche beurlaubung in andere weege erschweret werden.//
§. 5. So ein knecht oder magd nach empfangenen leykauf, den dienst nicht antretten
wollte.
Wann sich aber ein dienstbott verdiengt, und doch nach schon empfangenen leykauf
nicht einstehen will: so solle der leykauf zuruck gegeben, und ueber das noch der
schaden, welcher andurch dem bauer- oder handwerksmann erweislich verursachet
worden, nach billiger maeßigung ersetzet werden; dieser knecht oder magd auch ein
ganzes jähr lang im dorf keinen andern dienst annemmen daerfen: es waere dan sache, daß der leyhkauf nebst der ruckaufkuendung, wenigstens 4 wochen vor dem
einstandsziel wieder anheim gestellet, sohin andurch niemand, wegen zeitlicher
eindingung anderer ehehalten verkuerzet wuerde.//
§. 6. Das gesinde einander abzudingen ist verbotten.
Derjenige bauer oder meister, so dem andern seine dienstboten und gesellen durch
geschenke, versprechen, auch auf andere weege abzulocken, und in seine dienste zu
ziehen sich bestrebet, dergestalten, daß sie ihr voriges orth vielleicht noch vor dem
ziel verlassen, wobey allemahl jenseits schaden und widerwillen: dieseits hingegen
nahrungsneid, oder andere eigennuetzige absichten unterlaufen; ist, im fall er deßen
ueberwisen wurde, um 2 fl., der ehehalt aber willkuehrlich zu bestrafen.//
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Titulus XII: Von wucherlichen geschaeften, verdaechtigen handel auch unbefugten fuerkauf.
§.1. Von wucherlicher handlung.
Der wucher kann auf mehrereley art ausgeuebet werden, wovon man hier orts einsweilen nur zwey beyspiele anfuehren will: entweders wird die sache,wvutsronmlkihgfedcba
ζ. e. getraid,
vieh, kleidung u. d. m. welches in dem taeglichen handel und wandel seinen bestimmten werth hat, einem beduerftigen um weit hoehere preiß als es der gemeine
kauf billiget, aufgedrungen, weilen der bedthingte kaeufer kein baar geld schießen
kann, oder aber, es wird einem baar geld gegen uebersezte zinnßen geliehen.//
Beydes ist in geist- und weltlichen rechten, auch selbst in des Heil. Roem. Reichs
abschieden und pollizey Ordnungen hoechstens verbotten, also zwar, daß den wuchern die christliche beerdigung strittig gemacht werden moechte. Wann derohalben jemand einer armen oder doch beduerftigen personn getraid, brod, viehe, holz
und dergleichen in all zu hohem preiß verkaufet, unter dem vorwand, daß mit der
bezahlung zugewartet werden mueßte; oder wann dafiier gewieße, unmaeßige dienste und arbeiten ausbedungen werden, und die sache befunden wuerde, daß die wucherlich- suendhafte bedrueckung sich allerdings veroffenbahret haette, so hat der
obervogt den bedungenen preiß auf den wahren werth herabzusetzen, den unbilligen
betrag dem uebernommenen theil nachzulaßen, dem uebernemmenden aber, wohl
verdienter dingen um jene sum besonders zu bestrafen, worinnen der wucherliche
gewinnst eigentlich bestanden waere; nach welcher Vorschrift dann auch gegen jene
zu verfahren ist, welche um geliehen geld entweders mehr als hoechstens 5 vom
100 zinnße fodern, oder statt derselben, auf geringeres taglohn und doppelte dienste
handien. Vorueber die beamte genau und unnachsichtlich zu halten, hiemit gemeßenst angewiesen werden.//
§. 2. Fuerkauf taeglich gebrauchender sachen.
Nicht weniger sind auch die fuerkauf derjenigen sachen, so zu taeglichem gebrauch
und leibsnahrung gehoerig, keineswegs zu gestatten, immaßen andurch die gemeine
nothdurft gesteigeret, und mittelst unerlaubten wippen und kippern eine verderbliche theurung, mangel und unordnung eingefuehret, auch sogar bey den geringsten
kaeufen, tausch und handlungen zu betrug, list und vervortheilungen anlaß gegeben
wird: einem so gefaehrlichen unweesen sollen die obervoegte mit kluger Wachsamkeit vorbiegen, das uebel gleich im ersten anfang ersticken, sohin einem jeden, der
des wippen und kippern in der gemeinde, auch eines oefters verdaechtigen fuerkaufs unbenoethigter sachen schuldig befunden wuerde, ohne weiterer rucksicht
bestrafen.//
Nr.zywvutsrponmlkjihgfedcbaVOMGEDA
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§. 3. Verdaechtigen personnen soll nichts abgehandelt werden.
Alldieweilen auch manchesmahl die erfahrung gegeben, daß eigennuetzige leuthe
von denen landsknechten, vaganten, bettlern und andern verdaechtigen personnen,
auch von kindern und dienstboten zerschiedene feylschaften als gaenße, aendten,
huener, getraid, viehe und anderes einkaufen, so von jenen boßhafter weiße abgetragen oder entwendet worden, dadurch aber dem ungetreuen und diebischen gesindel
Vorschub und mehrere gelegenheit gegeben wird, als werden alle spitalische unterthanen von dergleichen sehr verdaechtigen kaeufen sich zu enthalten, wohlmeinend
erinnert; maßen ansonsten die obervoegte demjenigen, welcher den kaeufer ausfindig zu machen, und daß ihm dieses oder jenes abgetragen oder gestohlen worden,
zu bescheinigen wußte, zu seinem eigenthum, oder, falls gefaerde unterlassen, zu
verguetung desselben ohnentgeltlich zu verhelfen, angewißen sind; auch anbey der
kaeufer oder kaeuferin, noch besonders zu weiterer Verantwortung und allenfaelliger strafe gezohen werden wird.//
Titulus XIII: Von handlungen mit denen juden.
§. 1. Mit denen juden koennen, ausser gerichtlich, keine gueltige contracten geschloßen werden.
Es ist nicht genug zu bewundern, daß die bauersleuthe durch soviel taegliche beyspiele nicht abgeschroeckt werden koennen, fiiehrohin mit denen juden zu handien.
Giebt es wohl unter hundert einem der von denen juden nicht betrogen worden,
wann er sich mit ihnen eingelaßen hat? und dennoch werden andere hundert wiederum handien, obwohlen sie gar leicht einsehen koennten, daß die juden, mit ihren
manchesmahl geringem kleider-, leder-, vieh- und geldhandlen, sich nicht zu ernaehren im stände waeren, wann sie die ausgesuchteste, namhafte und nichts destoweniger oefters unbemerckte betruege unterlaßen mueßten; ist gleich der erste handel billig, so wird der zweyte und dritte um so verderblicher seyn. Diesem allen
ungeachtet, gehet der judenhandel noch taeglich im schwung, manche zwingt die
noth hierzu, der christliche nebenmensch borgt nicht, mithin muß der arme mann
die juden angehen, und aus noth nicht selten sich handgreiflich betruegen laßen:
wann nun alsdann die baare oder die aussaugende fristen-zahlungen nach und nach
verfallen, da indessen die eingehandelte kleider schon abgenutzt, das getraid aufgezehret, das viehe vielleicht dem wasenmeister zu theil geworden, alsdan vermehrt
sich die noth, es kommt zur klage, der unterthan verdierbt, der jud lauft an auswaertige gerichte, zettelt die verdrießlichste proceßen an, worein endlich auch die Obrigkeiten und herrschaften verwicklet werden; dieses unweesen dauret solang, bis der
betrogene bauersmann mit weib und kindern den bettelstab ergreifen, und von haus
und hof wandern muß.//
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Das so vielfaeltig beherzigte wahre beste der unterthanen, erfodert also maenniglich
hiervon nachdrucksamst abzumahnen, und selbsten nach Vorschrift der gedruckten
reichsabschieden und pollizey-gesaetzen, die Verordnung zu erneuern und in erfuellung kuenftighin zu bringen, daß alle und jede zwischen unterthanen und juden,
ausser gerichtlich getrofene kauf, tausch, anleyhen und andere contracte, sie moegen namen haben wie sie wollen, und um leinwad-, tuecher-, leder-, getraid-, holz-,
vieh-, pferd oder geldvorschuß und sonsten um was immer geschloßen werden, ungueltig null und nichtig, auch die verschreibungen, pfand- oder Schuldscheine und
borgschaften lediglich unkraeftig seyn, sohin von dem obervogten nicht änderst
gesprochen, weniger ein unterthan das geringste zu bezahlen angehalten, wohl aber
soviele taege und naechte, als einer gulden annoch dem juden von derley kauf und
tausch schuldig waere, ins gefaengniß mit wasser und brod verschafet werden
solle.//
§. 2. Doch ist auf borg oder um baar geld, wann der contract in amt protocolliert
wird, mit ihnen zu handien erlaubt.
Wuerde aber dennoch ein unterthan mit juden einen anstaendigen handel trefen zu
koennen vermeinen, es seye um sachen oder geld ohne unterschied, so sind beede
theile schuldig, den contract bey amt anzuzeigen, und dem protocoll einverleiben zu
laßen, und alsdann wird der jud so gut recht finden als ein christ und unterthan, weilen die einwendung alles betrugs andurch gehoben ist, wann nur die anzeige getreulich geschiehet: widrigen falls, da unter ihnen ein dem verfertigten protocoll nicht
gleichfoermige verstaendnuß errichtet und mit bedacht vor amt verschwigen
worden waere, kann der ganze contract nicht bestehen, und soll auf vorkommende
klage gesprochen werden, wie im vorhergehenden § v0 verordnet ist: hingegen aber
damit auch die juden, welche ohnehin weder auf liegend noch fahrende gueter eine
hypothec, das ist ein dingliches pfand und Vorzugsrecht zu erlangen faehig sind,
auch das amtliche protocoll fuer keine besondere Versicherung halten moegen, nicht
zu vielen, zumahlen unbilligen gefaehrden ausgesetzet werden koennen; als solle
der obervogt, im fall dieser oder jener unterthan zuvor schon ziemlich verschuldet,
und ein unrichtiger zahler waere, solches alles dem juden umstaendlich eroefnen,
daß die eroefnung geschehen dem protocoll ausdruecklich beysetzen, und lezteres
in gegenwart des juden deutlich verleßen.//
§ . 3 . Alle, vor verkuendung dieser pollizey gesaetzen mit juden geschloßene contracte, sollen in zeit einer halben jahrs-friest angezeiget werden.
Betreffend aber jene kaeuf, taeusche und andere handlungen, welche zwischen juden und unterthanen, ehe diese gegenwaertige Ordnung verkuendet worden, vorgegangen; und wovon allenfalls noch einige Zahlungen ruckstaendig sind, so moegen
solche binnen den naechsten sechs monaten bey amt von beeden theilen angebracht,
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nach beftind protocolliert; in entstehung dessen aber, ebenmaeßig fuer unverbindlich und strafbar gehalten, sohin nach Vorschrift des 1 §VI abgethan werden, doch
daß dem juden die erweißliche unwißenheit dieser Verordnung durch arglist des verschweigenden unterthan nicht zum schaden gereiche.//
Titulus XIV: Von allerhand handlungen, kaeuffen, verkaeuffen, auch geldborgen ueberhaupts.
§. 1. Alle contracte ueber liegende gueter, sollen binnen 24 stunden beym amt angegeben werden.
Wann einige unterthanen, ueber kaeuff und verkaeuffe ligender gueter, gaerten,
aecker, maeder, kaeufer, holz und dergleichen untereinander einig sind, moegen sie
den kauf- oder tauschhandel innerhalb 24 stunden, so kein sonn- oder feyertag einfiele, in amt angeben und protocollieren laßen, wornach dann keine reue mehr plaz
findet, sondern, jeder theil zu erfuellung des contracts nach dem duerren buchstaben
des gefiiehrten protocolli, aller ausfluechten und einwendung unerachtet, verbunden
seyn, und von amtswegen angehalten, zugleich aber die unnoethige zehrung mit
ausnahm dessen, was einem billigen leykauf einbedungen auch maeßig und gewoehnlich waere, abgestellt werden sollen.//
§. 2. Und hierbey nichts verschwiegen werden.
Es ist aber bey Verfassung des protocoll von dem obervogten selbsten zum besten
derer in rechten unerfahrnen bauersleuthen, die billige obsorge zu tragen, daß kein
theil gefaehrdet werden koenne; derohalben vorzueglich darauf zu sehen, ob keine
lehen- oder grundherrliche einwilligungen erforderlich? Ob nicht das verkaeufliche
gut oder stueck zinßbar, sonsten schon verkuemmert und verpfaendet, oder aber
frey, ledig und eigen? Ob keine dienstbarkeiten und andere dergleichen buerden,
auch etwann ruckstaendige steuren darob haften? Und so fort: alles, wie und es sich
bey einer so gestalteten kundschafit und Untersuchung befinden wird, muß dem
kaeuffer deutlich eroefnet, erklaehret, vorgelesen und daß es geschehen, in dem
protocoll selbsten ausdruecklich angemercket werden, damit nach der hand keine
verwirrte rechtshaendel und entschaedigungs-klagen aus mangel hinlaenglicher Wissenschaft, erfolgen koennen. Uebrigens sollen die obervoegte eine zersticklung der
hof- und lehengueter keinesweegs gestatten, vielmehr den unvergessenen bedacht
nehmen, daß, wann in vorigen Zeiten je eine solche schaedliche guetertheilung geschehen waere, die abgetrennte stuecke bey kuenftigen veraeußerungen wiederum
zusammen gebracht und vereint werden moegen.//
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§ . 3 . Liegende gueter sind in fremde gerichte weder zu verkaufen, noch zu versetzen.
EszywvutsrponmlkihgfedcbaVS
soll auch zu Vermeidung unversoehnlicher Schwierigkeiten niemand befugt seyn,
ein liegendes gut oder stueck in auswaertige gerichte, oder an derselben unterthanen, ohne eingeholt, und von denen herren hofspital-pflegern schriftlich ertheilte
einwilligung zu verpfaenden, zu verkaufen, zu vertauschen, oder sonsten in einige
weege zu veraeußern; und gleichwie, ueber liegende gueter lediglich kein geschaeft,
es seye Schuldverschreibung, kauf, tausch, uebergab oder schankung außer amt
gueltig gepflogen werden kann: so werden die obervoegte sich eine schwere Verantwortung aufladen, wann sie gaehling einen mangelhaften oder unerlaubten contract
protocollierten; wurde aber dieser Verordnung zur gefaehrde ein unterthan wegen
vorgenommener verpfaendung, auch nuznießlicher oder eigenthumlicher ueberlassung eines oder mehreren grundstuecken ein heimliches verstaendniß mit einem
fremden geschloßen haben, und sich diese straefliche handlung frueh oder spaet
verofenbaren, so ist zwar ein socher winckel-contract fuer ungueltig zu erklaeren,
zugleich aber den verlauf der herrschaft anzuzeigen, damit dergleichen unfug mit
einer namhaften geldbuße abgestraft werden koenne.//
§. 4. Zweifacher verkauf eines und des nemlichen guts.
In denen erstem dreyen §vis ist zwar schon die vorsieht gebraucht worden, daß es
nicht moeglich zu seyn scheinet, wie ein und das nemliche gut betrueglicher weis
zwey und mehrmahlen versezt oder verkauft werden koennte: weilen alles bey amt
oder gericht geschehen muß; sollte aber die boßheit dennoch hierinnfalls eine neue
erfindung machen, so ist der betrueger dem andern theil den schaden zu ersetzen,
und weiters dem amt von jedem gulden, so hoch sich der kaufschilling immer
belofen haben wurde, 10 kr. Strafgeld zu zahlen schuldig.//
§. 5. Im taeglichen verkauf, rechte maß und gewicht zu gebrauchen.
Alle diejenige, welche zerschiedene, meistentheils zur taeglichen nothduriit und gebrauch gehoerige feilschaften verkauffen, als becken, wirthe, mezger, mueller,
hucker und kramer, sollen nicht nur gute, frische und unverfaelschte waaren beylegen, und in dem gewoehnlichen preiß der billigkeit gemaeß belassen, sondern
auch aechte maaß und gewicht fuehren, und niemand hieran auf einigerley weiß
vervortheilen oder betruegen. Derohalben die obervoegte ihre schuldigekeit thun
werden, wann sie ausser der jaehrlich vorzunehmenden sieht, oefters und zwar unvermutheter dingen die gewichter, kanten, kruege und geschier besichtigen, das
brod abwaegen, ob der braeu zu jedem sud die behoerige anzahl malz verwende?
Untersuchen, und diejenige so sich eines falschen gewichts und meßerey bedient
haetten, nach betraechtlichkeit des andurch inzwischen gespielten betrugs ohne
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rucksicht oder nachlaß bestrafen, zugleich auch die geringhaltige gewichte und geschieren abnehmen und zerschlagen lassen.//
§. 6. Einstandrecht der inwohner.
Wann was in einem dorf zu verkauffen ist, soll vorerst durch einen oefentilchen
verruf der sammentlichen gemeinde das anbot gemacht werden, da sich aber hierzu
binnen den naechsten 4 wochen, von zeit des geschehenen verrufs anzurechnen,
kein ingeseßener kaeufer finden wurde, alsdann ist das einstandrecht vollkommen
erloschen, und gegen einen fremden kaufer nicht mehr zu gebrauchen. Es mag auch
das einstandrecht nur ueber liegende gueter und grundstuecke plaz greiffen: bewegliche sachen und feilschaften koennen nach belieben veraeußeret werden, maßen
ansonsten aller handel erschweret und zu taeglichen zwistigkeiten anlaß gegeben
wurde, wann ein fremder bey jedem kauf das einstandrecht zu befoerchten haette;
dergestalten, daß jene sich gar nicht mehr einliessen, und die verkaeufere endlich in
nothfaellen gezwungen waeren, ihre feilschaften an die dorfsgenossene um den
geringsten preiß zu ueberlaßen.//
Titulus XV: Von unterschiedlichen gemeinen, und taeglich vorfallenden
gerichtshaendeln.
§. 1. Absprung an fremde gerichte.
Woferne ein unterthan wider seine der herrschafit geshworne und geschuldigte
pflichten an auswaertige gerichte flieht, welches die ausgehaußte, liederliche schuldenmacher und aufwieglerische tollkoepfe manchesmahl versuchen wollen; oder
aber in rechtshaendeln seinem mitgemeindsmann vorladen laeßt, es seye um sachen
wie die immer namen haben, den oder diejenige werden die herren hofspitalpflegere, auf beschehene anzeige dieses verderblichen Ungehorsams wegen, nachdrucksamst zu bestrafen wißen, und fuehrohin keinen herrschafitl. schuz, huelfe und
gnaden angedeihen lassen. Wovor sich also maenniglich zu hueten, und im fall
einer von auswaertigen gerichten und beamten vorgefodert wuerde, es seye in
eigen-, oder zeugen- auch borgschaftssachen, sich bey seinem vorgesezten beamten
anzufragen; sohin die von solchen erhaltende Weisung genauest zu befolgen hat,
bey straf des Ungehorsams und 10 fl. an geld.//
§. 2. Wann die gemeinde zusammen berufen wird.
Wider des obervogten wissen und bewilligung darf die gemeinde keine Zusammenkunft veranstalten, wann aber der obervogt solche zu berufen fuer gut befindet, so
mag ohne erhebliche Ursachen und bescheidener entschuldigung niemand aussen
bleiben, alle aber sollen ehrbar, ohne schaedlichem gewoehr erscheinen, der ganzen
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handlung ruhig abwarten, weder freveln, noch solche reden fuehren, welche einen
ungehorsam bedeuten, auch Uneinigkeit und meuterey in der gemeinde veranlaßen
koennten. Diejenige so dieser Ordnung zuwider handien, sind nach gestalt der
sachen willkuehrlich zu bestrafen.//
§.3. Von anordnung der wachen im dorf.
Wann die herrschaft gut befinden wuerde, wegen oefter gefaehrlichen einbruechen,
feuereinlegens oder anderer Ursachen halber, entweders unter andaurenden gottesdienst, an sonn- und feyertaegen, oder auch sonsten naechtlicher weile im dorf
wachen zustellen, wird der obervogt, und die fuehrer entweders auserleßene leuthe,
von denen sich zu versehen, daß sie die wache wohl verrichten werden, ernennen
und denenselben aus dem gemeindseckel billige lohnung reichen, oder die gemeindsmaenner moegen selbsten von haus zu haus der Ordnung nach, eine, zwey
oder mehr naechte abwechßlende, aber auch nuechtere wache halten, welche dann
zu bestimmten stunden auf- und abziehen die uhr ausrufen, die naechtlicher weile
aufstoßende personen anschreyen, auch da solche ihnen verdaechtig oder doch
unbekannt waeren, solange auf der stelle zu verbleiben, noethigen sollen; biß sie
bey der abloeßung dem obervogten anzeige thun, oder die verdaechtige durch den
untervogten vor amt und in Verwahrung nehmen laßen koennen. Dahero auch der
gemeinen Sicherheit wegen, das ganze jähr hindurch kein unterthan noch hintersaß,
einige bettler, landfahrer, gartenknechte, ziegeuner oder andere dergleichen gefaehrliche leuthe, ohne des obervogtens Wissens und ausdrueckliche bewilligung zu
beherbergen, weniger zu nachtszeit heimlichen unterschleif zu geben sich unterstehen solle, es waere dann sache, daß einer von diesem gesindel wohlsichtlicher
krankheit halber nicht weiter fortkommen koennte, welches doch ebenmaeßig bey
strafe eines gulden von jedem köpf dem beamten vorlaeufig anzuzeigen ist.//
§. 4. Wozu das sturmschlagen seye? Besonders wann solches zeichen bey benachbarten feuersbrunsten gegeben wird.
Wann, wie es heißt stürm geschlagen wird, soll jede mannsperson dem amthaus mit
waffen oder ander gewoehr zugehen: allda, was zu thun ist vernehmen, auch dem
obervogt, so gut als moeglich, beyzustehen, und seine anordnungen befolgen, alles
bey strafe des Ungehorsams. Gleichwie nun der sturmschlag fast nur noch im
allgemeinen, besonders in feuersnoethen gewoehnlich ist, so sind zwey faelle zu
unterscheiden: entweders entstehet die brunst in dem dorf selbsten, oder in der
nachbarschaft; erstem falls soll ein jeder fuer das seinige selbsten zuvoderst als es
am besten geschehen kann, besorgt seyn; lezteren falls aber, mit einem geschier
oder andern feuerloeschenden Werkzeug dem amthaus zu laufen, und von dem obervogten die weitere anweißung zu gewaertigen: welcher ein drittel der mannspersonen dem benachbarten dorf zu huelfe schicken, die andere beede drittel hingegen
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im dorf behalten, und daß sie die zugaenge auch plaetze besetzen, haeußer und
staedel bewachen, sohin allerley nicht vorzusehenden unfug verhindern, anordnen
wird; wer aber auf den sturmschlag ohne erhebliche Ursache nicht erscheinet, soll
um 15 kr. gestrafet werden.//
§.5. Wann zu weeg- und Stegen gebotten wird.
Desgleichen soll auch, wann zu weeg und steg, oder sonst zur gemeindsarbeit gebotten wird, ein jeder der nicht erscheinet, und auch statt seiner keine andere tuechtige person schicket, 10 kr. straf erlegen, und hernach gleichwohl das, was er versäumet, selbst verrichten oder bezahlen.//
§. 6. Fremde personen zu beherbergen, ist in gewisser maaß verbotten.
Es darf niemand eine auswaertige person, es sey auch der vatter, mutter, bruder,
oder sonst ein freund und verwandter, weniger gar einen fremdling der anderer orten seine Wohnung haette, ohne verwilligung der herrschaft, in sein haus um allda
eine laengere zeit zu wohnen aufnehmen, bey straf 2 fl. Das gastrecht kann sich
aber auf 3 und mehr taege erstrecken, doch das dem amt die unverzuegliche anzeige
davon geschehe, und die beherbergte nicht unter solche verdaechtige leuthe gehoeren, wovon oben § vo III gehandlet worden.//
§. 7. Wann durch dergleichen beherbergte personen schaden geschehen waere.
Sonsten aber, wann durch dergleichen heimlich beherbergte leuthe die herrschaft,
oder jemand aus der gemeinde gaehling beschaediget wurde, solle derjenige, so den
fremden eingenommen hat, den schaden ersetzen, und obgemeldte strafe gleichwohlen auch noch abtragen.//
§. 8. Von unerlaubter einnehmung der inngehaeusten.
Es ist auch niemand in den spitalischen gerichten befugt, einige auslaendische mann
oder Weibspersonen, sonderheitlich die aus dem dienst entlauffene ehehalten oder
andere mueßig gehende leuthe ohne vorwissen des obervogten, und darauf, nach
hinlaenglicher kundschaft erfolgte herrschaftl. bestaettigung, als eingehaeußte einzudingen, und da dergleichen personen, weder ein eigen haus noch hof besitzen,
folglich auch weder einen gemeindsantheil und gerechtigkeit genießen, noch in gemeindssachen was zu sprechen haben; so moegen diejenige angeseßene unterthanen, welche jemand auf ihre gefahr als ingehaeußte aufnehmen, auch in allen
faellen, es seye um schulden, freveln oder andere sprueche gegen die herrschaft,
und maenniglich von der gemeinde, solche als buergen und selbst zahler in allweg
vertretten; weshalben hiemit die obervoegte bey gelegenheit jeden besonders warnen und erinnern sollen.//
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Staaten: Kloster, Stifte und
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§. 9. Wann fremde kinder angenommen werden sollen.
Verlaßene, fremde kinder an- und aufzunehmen, ist in gewissen faellen ein Gott gefaelliges werck, allein viele umstaende sind hierzu erforderlich, welche ohne obrigkeitliche Untersuchung niemahlen berichtiget werden koennen, solchemnach solle
kein unterthan befugt seyn ein auswaertiges kind, wann es auch unter der freundschaft waere, ohne anzeig und herrschaftl. bewilligung zu erziehen, weniger dem
kind eine dorfs-gerechtigkeit andurch zu erwerben, sondern der obervogt wird vorlaeufig die umstaende des kindes sowohl als jener unterthanen, welche solches annehmen wollen, genau zu untersuchen, behoerig zu berichten, und die herrschaftl.
entschließung zu gewaertigen wißen.//
§.10. Von pfandungen
Kein gemeindsmann, deme nicht der obervogt ausdruecklichem befehle hierzu ertheilet haette, ist eine pfandung vorzunehmen berechtiget, sondern dieses steht dem
untervogten eigentlich alleine zu. Wo aber jemand auf seiner oder eines anderen gut
und aeckern ein vieh, es seyen pferde, ochsen, kuehe, kaelber, schwein oder gaenße
zu schaden gehen siehet, so mag er solches gleichwohlen ab- und in den pfandstall
treiben, von dannen soll es der eigenthuemer um das in der taxordnung tit. XXI. § vo
25 bis 28 bestimmte pfandgeld wieder einloeßen, und den verursachten schaden
nach bidermaennischen schaetzung unnachsichtlich ersetzen, und das gepfaendete
vieh vor beschehener anzeige, bey 30 kr. straf nicht ausgefolgt werden.//
§. [11], Wann jemand zu schaden faehrt oder reitet.
Wer aus der straffen von dem rechten weeg ab- und sonderlich mit geladenen waegen ueber aecker oder maeder zu schaden faehrt oder auch nur reitet, der ist zum
lten- und 2tenmal, vermoeg taxordnung tit. XXI. §. 28 zu pfaenden, auf ferners
betretten aber um 1 fl. zu bestrafen. Geschieht dieser unfug auf saamenfeldern? So
soll die geldbuße noch so hoch angesezt, und der gepfaendete auch den erweislichen schaden abzuthun angehalten werden; wann änderst die weege so beschaffen
seyn, daß man ohne wahrscheinliche gefahr darauf fortkommen kann.//
§. 12. Wann vieh in den jungen gehaeuen betretten wird.
Ingleichem wann auf gebannten gehaeuen im gehoelz ein vieh betretten wird, so
solle der eigenthuemer (welcher zwar wiederum den hirten ruckbelangen mag) fuer
jedes stueck zum ltenmal das in der taxordnung tit. XXI. §. 25, 26 und 27 ausgeworfene pfandgeld erstatten und den schaden ersetzen, zum 2tenmal nebst dem
pfand und entschaedigungsgeld noch von jedem stueck vieh 15 kr. und im 3ten fall
30 kr. strafe bezahlen, endlichen aber, wann auch diese oeftere abwandlungen unfruchtbar waeren, muß das schaedliche vieh abgeschaffet werden.//
Nr.zywvutsrponmlkjihgfedcbaZWVIDB
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§.13. Von beschaedigungen in gaerten und fe Idem ueberhaupts.
Wann einer in des andern garten steigt, das obst abwirft, schuetelt und einklaubt,
oder andere gewaechse und fruechten in garten, zaunstaetten, und wo sonsten immer abtraegt, in feldern die saamen dinglet, graß abschneidt, aehret oder maehet,
eichein sammelt und dergleichen verbottene streiche mehr ausuebet, der wird, so
der frevel bey tag geschehen, um 1 fi., bey nacht aber um 2 fl. gestrafet werden, und
den andern theil schadloß stellen. Wer nun diese strafe nicht zu erlegen vermag, ist
statt jeden guldens einen tag und nacht in stock und gefaengnuß zu verschaffen.
Bey denen noch kaum 15 jaehrigen buben aber sollen die eitern obverordneter massen eine scharfe zuechtigung, in beyseyn des untervogten, zu hauße vornehmen.//
§. 14. Daß die vor denen haeusern und staedten liegende geraethschaften, nicht abgetragen werden sollen.
Weilen die bauren ihre pflüg und eggen manchesmal im acker stehen, und zerschiedene bretter und tillsaeulen vor den haeußern und staedten liegen lassen, auch das
zaun- und brennholz nicht wohl einsperren koennen, folglich hierinnfalls niemand
einer nachlaeßigkeit beschuldiget werden darf, so ist vielmehr gegen diejenige, welche dergleichen geraethschaften zu entwenden sich unterstehen, die bestrafung billiger dingen zu schaerfen; dieses verbrechen halber wird also nur das ltemal noch,
wann es bey tag geschehen 1 fl., naechtlicher weile hingegen 2 fl. strafe angenommen, und das entwendete wiederum oefentlich heimzutragen verordnet, das
zweytemal aber soll der obervogt die sach zwar untersuchen, doch die bestrafung
und andere verfuegungen der herrschaft gehorsamst ueberlassen.//
§.15. Wie und wann denen armen leuthen das nachaerndten erlaubt ist.
Zumahlen auch oefters bemercket worden, daß die armen leuthe in der nachaerndte
viele untreue ausueben, die aehren aus denen garben ziehen, oder wohl gar dieselbe
abschneiden, und andere mehr dergleichen unerlaubte vortheile spielen; als wird
hiemit gemeßenst verordnet, daß man denen armen jene aecker, worauf des bauer
seine oder aber die zehend garben annoch liegen, sonderheitlich wann nicht leuthe
genug in der naehe waeren, zu besuchen und alldorten nachzuaerndten fiiehrohin
nicht mehr gestatten, sondern dieselbe der untervogt, oder wer sonsten immer darzu
kaeme, guetlich abweisen, allenfalls mit gewalt fortschaffen solle.//
§. 16. Von verbottenen bäum- und holzfaellen auch andern frevlen.
Woferne sich jemand unterstehen wuerde, einen fruchtbaren bäum ausser seinen
garten umzuhauen, solcher soll 10 fl. strafe zahlen; wann aber ein so anderer in denen herrschaftlichen oder auch gemeinds-hoelzern ohne vorwissen des obervogts,
und in abwesenheit des holzwarts, baeume oder reißer gehauen haette, so ist die
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Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
strafe jedesmahl 1 fl. so oft einer darob betretten oder sonsten dessen ueberwisen
wird, wie dann auch sammentliche unterthanen des eichein schlagen und klauben,
mooß und laub raechen, aushauung in linden und wilden obststaemmen im herrschaft-gehoelz, wo der holzwart nicht zugegen ist, bey willkuehrlicher strafe sich zu
enthalten haben.//
§. 17. Von straeflichen marck-veraenderungen.
Eine marckveraenderung, ist eigentlich ein diebstahl in liegenden guetern, und
wann dergleichen, auch ohne unseres naechsten wircklichen schaden, vielleicht aus
blossem muthwillen geschehen waere, einer der groeßten freveln, und blos von
diesem fall ist dermalen die rede, wer also heimlich einen marckpfahl auszeucht
und änderst schlaegt, und das marck oder die gruben gefaehrlicher weiße verrueckt
und einwirft, soll ohne aller rucksicht um 10 fl. gestrafet werden, da es aber bey den
frevel und muthwillen alleinig nicht geblieben, sondern auch des angraenzenden
beschaedigung darunter gesucht worden und wircklich erfolgt waere, alsdann ist die
sache der herrschaft zu schleuniger erkanntniß und schaerferer einsieht gehorsamst
anzuzeigen.//
§. 18. Uebermaehen, ueberschneiden, ueberaeckern und ueberzaeunen, wie solches
alles zerschiedentlich abzuwandeln?
Derohalben und falls sich ereignen wurde, daß einer sichtbare, unstrittige marckung
uebermaehet oder ueberschnitten, und das heu oder die fruechten freventlich abgefuehrt haette, so hat der obervogt 10 fl. strafe einzubringen, zugleich auch ohne aufschub mit abweisung aller etwaigen ausfluechten, dem beraubten theil das seinige
samt schaeden und koesten auf der stelle wiederum zu verschaffen; welches dann
auch nebst obbestimmter bestraffung ebenmaeßig zu beobachten ist, wann einer um
seinen grund zu erweitern den nachbarn ueberaeckert, oder ueberzaeunt, oder betrueglicher-weiß den zaun auf des andern gut getriben haben wurde, und damit ja so
viel moeglich allen gefaehrden, muthwilligen irrungen und straefflichsten Ungerechtigkeiten vorgebogen werde, so soll ein jeder, welcher gegen seinen nachbarn zu
zaeunen, oder zu marcken bemuessiget waere, zuforderst denselben hierzu einladen,
sohin aber beede zusammen den verfallenden zaun, oder marck-pfahl erneuern und
ausbessern, oder wann sie sich in guete nicht vertragen koennten, die sache bey amt
anzeigen, damit alles in beyseyn derer aeltesten gerichts-maenner hergestellt
werde.//
§. 19. Den saamen oder stehendes getraid, ingleichen das gras zu verkauffen ist
nicht erlaubt.
Es ist gemeiniglich eine verdorbene wirthschafft, oder eine straeffliche absieht verborgen, wann jemand das stehende getraid oder den saamen auf dem feld, oder das
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gras auf denen maedern verkauffen wolte, wurde aber einer aus billichen Ursachen
hierzu verleitet, so moegen solche vorher bey amt untersucht, und darfuer erkennt
werden, auch der obervogt nach befund den kauff oder Überlassung gleichwohlen
an unterthanen in dem dorff, keinesweegs aber an auswaertige bewilligen.//
§. 20. Auch den tung aus dem dorff zu verkauffen verbotten.
Und gleichwie auch manchen die liederliche haußhaltung selten aber andere umstaende veranlassen, daß er den tung, an statt die felder und maeder zu verbessern
zu geld macht, da doch an dem tung gewißlich in denen doerffern kein uberfluß gefunden wird, als sollen die obervoegte auch dises nicht leicht, oder ohne ursach, an
fremde und ausser das dorff aber, niemahlen gestatten; und wo dises heimlich geschehen waere, den verkaeuffer um 1 fl. fuer jeden wagen bestraffen.//
§ . 2 1 . Von dem zehend ueberhaupts, auch das die zehende garb redlich und und
ohne arglist gereicht werde.
Bey erstattung des schuldigen zehenden, solcher bestehe in vieh, oder garten, und
feld-fruechten, soll sich ein jeder unterthan aller list und gefaehrde um so mehr enthalten, als der zehenden urspringlich Gott dem allmaechtigen und der kirche gewidmet war, und, wenn auch dermahlen eine weltliche herrschafft dises recht besitzt,
solches nur gegen eine andere buerde ausgewechselt worden. Wer solte also wohl
gegen seinen Gott selbsten eigennuezig seyn koennen? Und dennoch sind auch hierueber die besondere policey-gesaetze nicht ueberflueßig. Solchem nach werden alle
unterthanen so auf ihren aeckern den zehenden zu reichen schuldig sind, es moege
solcher einer geist- oder weltlichen, oder ihrer eigenen herrschafft gebuehren, hiemit alles ernsts und nachdrucksamst erinnert, dießfalls keine arglist und betrug auszuueben, weilen auch die mindeste geflissentliche ubervortheilung schon eine
offenbahre Ungerechtigkeit seyn wuerde, sondern, daß sie vors erste denen dienstbotten durchgehende gleiche garben zu machen befehlen, sodann ohne unterschied
zu zehlen anfangen und die zehende garbe ligen lassen, wo aber in einem orth besondere zehend-knechte bestellt, waeren, derenselben einen oder mehrer herbey ruffen, wann solches die zeit zu laeßt, und selbige nicht eben anderer arbeit beschaefftiget sind: woferne dann sich jemand auf einige weiß verdaechtig machte, ist dem
zehend-knecht die garben allenfalls im stadel noch nachzuzehlen unverwehrt, auch
darwider sich nach der hand, wann gleich alles richtig befunden worden, aufzulehnen, zu schmaehen, zu schimpffen oder sonsten zu frevlen bey 5 fl. straffe verbotten, sinemahlen denen unterthanen, wann sie sich wider die zehend-knecht zu beschwehren redliche Ursachen haben, solche bey dem amt zu belangen, und
genugthuung zu fordern unbenommen bleibet; daß also dergleichen ungerechte vortheile, so weit es thunlich, behindert, auch von zehend-knechten, so wie von andern
leuthen, durch umstuerzung der garben auf die aecker und mehrere ausgesonnene
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Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
boßheiten die unverantwortliche betruegereyen oder muthwillige beschaedigungen
nicht so leicht ausgeuebt werden koennen, so soll der obervogt in der erndte-zeit
zum oefftern die felder durchgehen, oder bereiten, allenthalben fleißig nachsehen,
und wann er dergleichen unfug entweders selbsten bemercket, oder ihme hievon
glaubwuerdige anzeige gemacht wird, die schuldige allfoderst zu verguetung des
erweißlichen abbruchs unaufschieblich anhalten, ueber das auch nach beftmd und
gestalt des Verbrechens an geld oder mit gefaengnuß bestraffen.//
§. 22. Ohne herrschafftliche bewilligung sollen weder neubruech gemacht, noch
sonsten die grundstuecke in dem anbau veraendert werden.
Gleichwie auch die unterthanen jene irrungen und verdrießliche folgen nicht wohl
einsehen moegen, welche daraus unvermeidlich entstehen, wann man bey baurenguetern die gestalt des grund und bodens veraenderet, als wird derjenige alles sogleich in vorigen stand herstellen und noch 10. fl. straffe erlegen muessen, welcher
ohne von der herrschafft eine schrifftliche bewilligung erhalten zu haben, sich unterfangen wurde, aus holzungen und mißmaden neubrueche zu machen, oder die
felder änderst als vorhin umzubauen, aus aeckern maeder, oder aus maeder und
gaerten aecker anzurichten, oder wohl gar dergleichen grundstuecke oede und ungebaut ligen zu lassen.//
§.23. Von dem flachs doerren.
Da durch das in geheizten stuben und backoefen vorgenommene flachs doerren
schon so manche verderbliche feuersbrunsten entstanden sind, dergestalten daß man
hierinfalls nicht genug Vorsichtigkeit gebrauchen kan, als wird dise gefaehrliche Zubereitung so viel es thunlich ist, lediglich verbotten, wann aber dennoch ein anhaltend feuchtes und regenwetter den flachs bey der sonnenhitz zu doerren und darzu
folgenden fruehling abzuwarten nicht gestatten wurde, so mag gleichwohlen nachgesehen werden, den backofen tagszeit zu disem endzweck, laenger aber nicht, als
biß man in die vesper gelaeutet hat, zu heizen, wann es noch spaether geschehen
solte, so hat der obervogt die haußleuthe um 5 fl. zu bestraffen, und weilen dises alles nicht erlaubt, sondern nur nachgesehen wird, so ist bey (Gott verhuete es) erfolgendem unglueck derjenige so den flachs doerren wollen, so weit sein vermoegen
reicht den schaden zu ersetzen in allweeg schuldig und verbunden.//
§. 24. Bestraffiing deren daraus oder in andere weeg durch Unvorsichtigkeit entstehenden feuersbruensten.
Gleichwie aber ausser disem noch mehrere faelle gezehlt werden koennen, wo die
blosse nachlaeßigkeit eine feuersbrunst verursacht haette, z. e. wann feuerfangende
sachen nahe bey dem ofen hingelegt werden, wann die dienstbotten in kaemmeren
und staellen unvorsichtig mit denen liechtern, brennenden spaenen, und tabacks-
Nr.zywvutsrqponmlkjihgfedcbaVSOJHED
7: Augsburg
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pfeiffen umgehen und dergleichen mehr, so moegen die rechtschaffene haußvaeter
solches bey dem gesind ein fuer allemahl abstellen, wann aber dennoch aus versehen eine brunst entstünde, zu schwerer Verantwortung gezogen, und wenigstens,
da auch das feur gleich im ausbruch ohne groessern schaden noch geloescht
wuerde, um 5 fl. gestrafft werden.//
§.25. Jedes haußgefaeß soll allezeit ein volles schaf wasser im hauß haben.
Es wird auch mehrerer vorsorg halber gemessenst anbefohlen, daß ein jeder unterthan, vor dessen wohnung kein wasser steht, oder fließt ein mit wasser gefuelltes
schaf oder faß im hauß halten, und wann solches im umgehen der obervogt, oder
die fuehrer gaehling nicht befinden wurden, jedesmal 30 kr. straff erlegen solle.//
Titulus XVI: Von denen fuehreren und ihren Verrichtungen.
§. 1. Der fuehrer pflichten.
Die fuehrer, so jaehrlich von der gemeind erwaehlet, und bey amt von herrschaffts
wegen vergluebdet werden, haben in vilen faellen die gantze dorffs-gemeinde zu
vertretten, die dahin gehoerige gueter und einkuenfften zu verwalten, die jaehrliche
einnahm und ausgaben getreulich zu berechnen, und ueber die nachstehende einzel
Verrichtungen ueberhaupts in beobachtung guter Ordnungen wachtsam zu seyn,
durchgehende sich die befoerderung des gemeinen nuzen besten fleisses angelegen
seyn zu lassen, hingegen schaden zu wenden, und was sie unanstaendig oder ungebuehrlich finden wuerden, sogleich abzustellen, derohalben die obervoegte denenselben auf erfordern zwar allen beystand und amtshuelffe zu leisten, aber auch
angewisen sind, die nachlaeßige und pfluechten vergesene fuehrer zu erfuellung
ihrer Schuldigkeiten nachdrucksamst anzuhalten.//
§. 2. Den bader, und die obsorg wegen dem gemeinds-bad betreffend.
Es ist eine derer ersten pflichten, so die fuehrer bey der gemeinde tragen, daß sie die
gebaeude, gruende, nutzungen, bequemlich- und gerechtigkeiten bewahren, wovon
ein jeder aus der gemeinde den gebrauch zu machen hat. Hieher gehoert vorzueglich das: gemeinds-bad gleichwie also die herrschafft fuerohin besorgt seyn wird,
daß in ihrer kunst genugsam erfahrene, und von dem ordentlich deren badern mittel
geprueffte maenner bestellt werden, damit die unterthanen nicht nur mit bartscheren, schrepfen und aderlassen, sondern auch in leidigen ungluecksfaellen, beinbruechen, wunden und geschwulsten, so andern wohl bedient seyen, und welche bader
zwar in kranckheiten medicin fuerzuschreiben bey grosser straff zu unterlassen
haben, hingegen die krancke besuchen, dem allenfalls zu rath ziehenden herrn
doctor die kranckheitsumstaende erzehlen, und dem krancken die medicin selbsten
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Die geistlichen Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
reichen, oder doch den gebrauch deutlich erklaeren, und sonsten abwarten muessen.
Als haben auch die fuehrer auf das betragen ihres dorff-bads, wo dergleichen vorhanden gute kundschafft zu halten, und sonderheitlich des gemeinds-bad halber
ihme nachdrucksamst einzubinden, daß er in die gewoehnliche badstuben keine
manns oder weibs-personen einlasse, welche mit ungesunden ofnen schaeden, gifftigen blättern und ansteckenden seuchen, wodurch gar geschwind ein ganzes dorff
verunreiniget, und presthafft werden kan, geplaget sind: alle dise waeren von denen
gefunden leuthen in jenen faellen wohl bedaechtlich abzusoendern, wo die ausduenstungen, welches in dem bad und in betten meistens geschiehet, befoerdert werden:
endlichen da zu gemeiner huelffe auch die hebammen erforderlich sind, so ist gleich
diserhalben und das es dem dorff an dergleichen tuechtigen erfahrne und gewissenhafften weibs-persohnen nicht gebreche, in allweeg fuersehung von denen fuehrern
zu thun: nichtweniger sollen die fuehrer keinesweegs gedulten, daß die badstube
winters-zeit laenger dann biß 5. und im sommer bis 6. uhr geheizet werde; wer diser
anstalt zuwider annoch spaether im bad betretten wuerde, ist um 1 fl. und um so viel
geld auch der bader fuer jede person zu bestraffen.//
§.3. Daß denen feurs-gefahren gesteuret werde.
Die Vorsorge und gute anstalten gegen eine oeffters die ganze gemeinde verderbende feurs-brunst gehoeren ebenmaeßig unter die geschaeffte derer fuehrer, ihnen ligt
also ob, daß die im vorigen titul § v0 25. vorgeschriebene Ordnung in erfuellung gebracht und erhalten werde, wordurch nicht nur in jedem hauß, welches mit nahem
oder ueberfluessigem wasser nicht versehen ist, gefuellte faesser oder kufen aufzustellen, sondern auch sich mit wohl beschaffnen laternen zu versehen, die feuerfangende sachen vorsichtig zu verwahren, und die angezuendete spaehn auch offne
leichter, brennende tabacks-pfeiffen u. d. m. in denen kaemmeren, staellen und
staedlen nicht zu gebrauchen, befohlen worden: die fuehrer sollen dises alles und
dabey foerdersamst beherzigen, daß bloß die Sicherheit der ganzen gemeinde erzielet werden wolle, mithin hierinnfalls besonders wachsam seyn, und diejenige, so
dieses heilsame gesaetz in einem oder mehrer stuecken nicht befolgen, dem obervogten ohne rucksicht anzeigen, um gleichwohlen die behoerige geld und leibsstraffen gegen die ungehorsame vollziehen zu koennen.//
§. 4. Jaehrliche besichtigung deren feuerstaetten.
Hiernaechst sollen auch die fuehrer nach St. Georgen, und auch wiederum nach St.
Michaelis tag alle feuerstaette im gericht besichtigen, und die gefundene maengel
innerhalb 14. tagen hernach abzuthun, und auszubessern befehlen; wann aber diser
Verordnung zuwider die ausbesserung nicht geschehen, und bey dem zweytenmU
Umgang der vorige zustand und beschaffenheit befunden wurden, den eigenthumer um
1 fl. straffen, auch daß die verbauung unverzueglich vorgenommen werde, bey
Nr. Ί: Augsburg
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zwey und mehrfacher straffe anhalten, oder aber, wann besonders die widerhollte
Warnungen nicht hinreichend, und nach unpartheyischer werckleuthen meynung die
gefahr nahe waere, solche schadhaffie kuchen, kuplen, camine oder oefen sogleich
einwerffen lassen, damit der innhaber die sichere herstellung zu beschleunigen
gezwungen werde.//
§. 5. Die rauchfaenge sollen alle quartal gekehrt werden.
Und da zum oeftern die gefaehrlichste feuersbrunsten, zumahlen in denen mit
flachs, getraid, stroh und hoelzernen geraethschafften angefuellten haeusern auf
dem land, durch die entzuendung der selten ausgekehrten camine entstehen, als
werden sammentliche spitalische unterthanen alles ernsts ermahnet, die rauchfaenge
alle quartal unter 5 fl. unnachsichtlicher straffe kehren zu lassen, denen jeden ort
besuchenden oder eigens aufgestellten rauchfangkehreren aber soll bey straffe 10 fl.
obligen und befohlen werden,zywvutsrqponmlkjihgfedcbaVFED
daß sie sich selbsten alle quartal richtig einfinden, die
ausfegung derer camine fleißig vornehmen, und, wann einer oder der andere unterthan sich dessen weigern, oder aber der camin schadhafft erfunden wurde, hievon
dem obervogten getreue anzeige erstatten moegen.//
§. 6. Feld und marcken besichtigen.
Das amt derer gemeindsfuehrer bringt auch mit sich, daß sie jaehrlich, oder so oft es
erforderlich mit dem obervogten die felder besichtigen, die marcken in beyseyn der
anstossenden nachbarn erneuern, pfaehlschlagen, oder marckgruben machen, dann,
wer in des obervogts, und derer fiiehrere abwesenheit, so was dergleichen mit denen
marcktpfaehlen vorzunehmen sich ermaechtigte, ist um 2 fl. zu bestraffen.//
§. 7. Von bestellung der hirten und deren weißung.
Es sollen auch die fuehrer zu rechter zeit miteinander tag- und nacht-hirten aufnehmen, um gebuehrenden lohn dingen, und dieselbe durch den obervogt vergluebden
lassen, daß sie der dorffshut getreulich pflegen, und warten, aus neid u. feundschafft
niemands vieh schlagen, oder sonst demselben durch sich selbst oder durch andere
in allerley weeg schaden zufuegen, sondern hierinnfalls dem armen wie dem reichen gleiche dienste leisten: wann bey dem viehe eine ansetzende kranckheit, oder
sonsten ein gebrechen vermercket wurde, davon alsobald dem eigenthumer des ungesunden viehes, und nach gestalt der sache denen fuehreren behoerige nachricht
geben, hiebey mit rath, und that nach ihrem besten wissen und verstand an handen
gehen, die weyd, wie es sich gebuehrt, besuchen, die benachbarte hirten, so sie
ueber die marck herein, oder auch jemand ausser, und ueber vergunst hueten, oder
sonst etwas, so der gemeinde nachtheilig waere, vornehmen moechte, davon abhalten und abtreiben, da sie aber dises fuer sich selbsten zu thun nicht im stände seyn
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Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
wuerden, dem obervogt und denen fuehreren unverzueglich anzeigen, somit in allen
stuecken sich als fleißige gewissenhaffte und getreue hirten verhalten wollen.//
§. 8. Gaenßhut.
Wann villeicht so viel gaens in einem dorff vorhanden waeren, daß solche einen
eignen hirten erforderten, solle auch diser von denen fuehreren bestellt und ihme
eine besondere gegend zur weyde, wo das andere vieh nicht hingetrieben wird, angewisen werden.//
§. 9. Hoerner des rindvichs abzuschneiden.
Damit auch unter der vieh-hut allem schaden, so viel es durch eine gewoehnliche
vorsorg geschehen kan, vorgebogen werde, so moegen die fuehrer alljaehrlich im
fruehling ehe noch das vieh ausgetriben wird, dem hirten befehlen, daß er in ihrer
gegenwart dem rind-viehe die hoerner abstosse.//
§. 10. Fremd vieh ohne vorgehende geschau nicht auf die weyd zu schlagen, und
das ungesunde von der hut zu schaffen.
Wann ein unterthan von anderen orten her ein oder mehr stuck vieh erkaufft haette,
solle solches von denen fuehreren besichtiget, und vorhero nicht zur hut geschlagen
werden daerffen, bis jene das viehe fuer gesund erkannt haben, soferne aber der
liebe gott die gemeinde mit einer unter dem dorff-viehe einreissenden seuche, oder
ansteckenden kranckheit nicht verschonen wuerde, sollen die fuehrer auf die erste
anzeige des hirtens das erkranckende vieh sogleich von der heerde absoendern, und
mit dem gesunden nicht mehr weyde gehen lassen.//
§.11. Die beschaffenheit deren weeg und Steeg auch den gebrauch deren gemeindsplaetzen, und die erhaltung deren schrancken, zäunen und dergleichen zu beobachten, und zu besorgen.
Denen fuehreren muß sonderheitlich auch die Unterhaltung derer weeg und Steeg,
gemeinds-schrancken, dillen und zäunen angelegen seyn, derohalben sie das jähr
hindurch oeffters nachsehen, das schadhaffte sogleich und unverweilter dingen zu
Vermeidung groesserer koesten ausbesseren, das abgaengige herstellen, die lebendige zaeune ergaenzen, die schrancken seiner zeit erneueren, die straffen aber in
und ausser dem dorff, so weit es die gemeind schuldig ist, wie auch fuß fahr und
reit-weeg immerzu im brauchbaren guten stand erhalten, und nach nothdurfft beschuetten lassen sollen, zu welcher gemeinds-arbeit dann der obervogt allen von der
gemeind, der Ordnung nach gebieten, niemand verschonen, ohne unterschied eine
genaue gleichheit in der austheilung beobachten, die fuehrer aber bey der arbeit
selbsten das behoerige unter ihrer fleisiger aufsieht zu veranstalten wissen werden.
Nr. 7: Augsburg
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Wann dann zuweilen widersinnige und ungehorsame unterthanen die reyhe trifft,
und solche selbsten aussen bleiben, auch an ihrer statt noch untuechtige leuthe
schicken, sollen dise nicht angenommen, sondern der unterthan selbsten, im fall er
mit bedacht oder aus eigennuezigkeit unbrauchbare leuthe zur arbeit gestellt haette,
erfordert, und auch um 10 kr. jedesmahl gestrafft werden.//
§. 12. Denen fiiehreren ligt auch ob, auf die befolgung aller in diser policey-ordnung hin und wider beschribenen anstalten ein sorgfaeltiges augenmerck zu
nehmen.
EszywvutsrponmlkihgfedcbaWVSO
ist in vorhergehenden verschiedenen absaetzen von denen pflichten derer eitern
gegen ihre kinder, von guter wirthschafft, Verbesserung der gueter, von denen bettelleuthen, von anstalten wegen und wider die gefaehrliche feuersbruenste, von einnehmung fremder personen, zertheilung der grundstuecke, und von gemeinen buerden, und diensten gehandlet und so viel moeglich gute Ordnung gesezet worden.
Alle gemeinds-maenner, und sonderheitlich die fuehrer sollen sich diese bloß zum
gemeinen besten und Wohlfahrt abzielende Verordnungen wohl bekannt machen,
und auch ihre Sorgfalt und bemuehungen zu deren redlicher und unverbruechlicher
Vollstreckung getreulich beytragen; die fuehrer koennen also nachsehen, ob zu behoeriger zeit schul gehalten, die kinder dahin geschickt, und, sowohl im christenthum loeblich als im lesen und schreiben nuzlich unterrichtet werden; ob die felder
wohl gebauet, das herrschaftliche gemeind- und eigen gehoelz in gutem vorraethigen stand befindlich, und was immer ueberhaupts bey disen wirthschafften zu verbessern seye?
Sie die fuehrer werden zu sorgen wissen, daß, gleichwie allen fremden bettlern,
land-knechten, und dergleichen gesindel, welche oft keines guten rufs, zur arbeit
faehig, und starck auch gesund genug waeren, nur dem missiggang und das liederliche leben gewohnt haben, mithin des reichlichen allmosen selten wuerdig sind,
dennoch viles geld und brod jaehrlich abgegeben wird, um somehr und vorzueglichst die inngebohrne und einheimische beduerfftige leuthe, welche entweders
durch ungluecke in die armuth gerathen, oder aus mangel gerader glidern, erforderlicher kraefften, kranckheit und alterhalber ihr brod nicht mehr verdienen koennen,
einen hinlaenglichen unterhalt, um der liebe Gottes willen, finden und u n b e k u e m mert geniessen moegen, die fuehrer koennen mit vernuenfftigen Vorstellungen und
guten beyspielen die anschaffting eines in denen feurs-noethen unentbehrlichen
vorraths an leitern, kueblen, schlauchen und geringer sprizen befoerdern, auch bey
erbauung neuer oder ausbesser- und erweiterung alter haeuser und staedl die eigenthuemer ermuntern, daß sie ziegel-daecher anlegen, damit doch bey ausbruch eines
oft kleinen feurs nicht allemahl das ganze mit stroh gedeckte dorff zugleich in
gefahr lauffe, und ein einzels unglueck die ganze gemeinde ins verderben stuerze.//
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Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und Spitäler
Eben dise fuehrer moegen auch vorsehen, daß in dem dorff die noethige handwercker beybehalten werden, von denen noethigen, deren ein bauersmann nicht
wohl entrathen kan, ist hier die rede, nicht von denen unnoethigen und ueberfluessigen, zwischen der policey in staedten und jener auf dem land ist ein grosser unterschied zu machen; es lassen sich oft kuenstlere und handwercker in einem dorffe
nider, welche selten einen nuzen verschaffen, meistens aber schaedlich sind, dise
gehoeren unter die verderbliche inngehaeuse, die kunst oder das handwerck bringt
schlechten gewinn, sie haben keinen feldbau, erschleichen zuweilen ein halbes tagwerck, eine halbe jauchert, beedes kan zu ihrem unterhalt nicht viel beytragen,
deme aber der dadurch sein gut vertheilet hat, gereicht diser abgang zum grossen
schaden, sodann wird die weyd mit vieh uebersezt, wenigstens siehet man zuweilen
wegen einem oder zwey stuck durch die finger, endlich sterben die kuenstler und
handwercker, hinterlassen weder gueter noch gelder, wohl aber wittwen, und eine
ziemlich anzahl kinder, welche alle dem dorff, oder der gemeinde zur last und mit
der zeit, da auch dise sich vermehren, zu unsaeglicher beschwerde sizen bleiben,
vile andere noch wichtigere besorgnussen zu geschweigen.//
Leztlich haben die fuehrer sich auch zu befleißigen, daß in gemeinen buerden und
diensten der austheiler billich und jedem unterthanen seine Schuldigkeit, sozusagen,
zum voraus schon bekannt, mithin allenthalben ein guter willen anzutreffen seye,
damit bey vorfallenden bothenzechen, durchmaerschen, quartieren, vorspahn, und
dergleichen unvorsehenden gelegenheiten keine verdrießliche und oft der ganzen
gemeinde sehr kostbar werdende irrungen entstehen duerfften. Wo also in disem
oder jenem stuck die fuehrer einen mangel entdecken, auch sonsten vorschlaege, erinnerung oder einwendung zu machen wissen, moegen und sollen sie solches bey
einem zeitlichen obervogt, oder bey der herrschafft selbsten bescheidentlich vorbringen, zugleich aber versichert seyn, daß nach umstaendlicher Untersuchung, befund der sachen die billichste verfuegungen beschleuniget werden.//
§. 13. Die abgehende fuehrer sollen vor der gemeind ihre rechnung ablegen, und
was bey vorsehender erwaehlung deren neuen fuehrer zu beobachten ist.
Alle jähr, wann andere fuehrer erwaehlet werden, muessen zu gleicher zeit die abtrettende in gegenwart der ganzen gemeinde die verflossene jahrs-rechnung uebergeben, welche öffentlich abgelesen, was jemand dargegen zu erinnern haette angemerckt, auch nach beflind geaendert, verbessert, kuenfftighin abgestellt oder aber
lediglich gutgeheissen werden wird; daraufhin erst werden neue fuehrer erwaehlt,
wobey sonderheitlich auf die geschicklichkeit, gesunde vernunfft, guten begriff,
alter und erfahrung in gemeinds-haendlen, nicht aber bloß darauf zu sehen ist, als
ob alle jähr andere eintretten muesten, die neu-erwaehlte sollen alsdann der gemeinde vorgestellt, und ihnen in gemeinds-sachen gebuehrende folge zu leisten, oder
Nr.zwvutsronmlihgfedcbaXWVTOID
7: Augsburg
257
aber, wann es die umstaende zulassen, sich bey dem obervogt-amt des weitern bescheids zu erholen, jedermaenniglich angewisen werden.//
§. 14. Derer fuehrer zehrungen betreffend.
Zumahlen auch schon verschidentlich, wider die vile und kostbare zehrungen derer
fuehrer klage erhoben worden, so sollen sie fiierohin ein mehreres nicht in die rechnung zu bringen befugt seyn, als ihnen der obervogt von herrschaffts wegen angeschafft und erlaubt haben wird, aller uebrige aufwand muß unnachsichtlich abgestellt seyn, und bleiben, es waere dann sache, daß sie, die fuehrer in die Stadt gehen,
oder sonst in zimlichen gemeinds angelegenheiten mit wissen des obervogts, und
ohne herrschafftliches verbott, reisen sollten, wozu ihnen eine billiche zoehrung zu
reichen, und solche zu berechnen in allweeg unbenommen ist, doch daß sie selbsten
der gemeinde bestes vor äugen haben, alle unnueze gaenge und koesten zu erspahren, mithin durchgehende gewissenhafft zu handien, sich thunlichster massen befleissigen und keiner Verantwortung schuldig machen moegen.//
Titulus XVII: Von Vollziehung diser Ordnung und der dem obervogten
hierinnfalls schuldigen folge.
§. 1. Wie mit denen ungehorsamen zu verfahren.
Wann ein unterthan mann oder weibs-person wider die herrschafftliche Verordnungen sich verfehlen, und der bestraffiings willen vor amt beruffen, aber ohne eine
erhebliche oder doch wahrscheinliche entschuldigungen angeben zu koennen, nicht
erscheinen wuerde, soll der obervogt den oder dieselbe zum zweytenmahl vorfordern, und dabey wider ferneres aussenbleiben ernstlich warnen lassen, da der unterthan um aber auch, und zwar boßhaffter weiß, auf dise zweyte Vorladung nicht
erschiene, so mag ihne der untervogt vor amt bringen, und der ungehorsame, wann
er sich nicht genugsam zu entschuldigen wueßte, nach erstattung des zweymahligen
bietgelds, so lange im stock oder gefaengnis beybehalten werden, bis die vorhin
verschuldete straffe vollstaendig bezahlt und gebueßt ist.//
§. 2. Wann einer dem untervogten sich widersezet.
Wurde sich aber die vermessenheit eines widersezlichen unterthanen so weit erstrecken, daß er die, zu Vollziehung derer obrigkeitlichen befehl, und amtlichen bescheiden, abgeschickte untervoegte, oder andere ausdrucklich darzu verordnete personen in ihren Verrichtungen hindern, mit ungebuehrlichen worten abfertigen, oder
wohl gar mit gewalt abtreiben wollte, so hat der obervogt denselben ohne allen Verzug in das gefaengnus wohl verwahrter bringen zu lassen, den ganzen hergang
258
Die geistlichen
Staaten: Kloster, Stifte und
Spitäler
denen herren hospital pflegern umstaendlich zu berichten, und darauf die weitere
Verordnungen zu gewaertigen, und genauest zu erfuellen.//
Wann bey allen fehlem und verbrechen eine nachsicht oder doch milderung der
straffe verhofft werden mag, so soll doch in dem fall des Ungehorsams gewißlich
keine gnade plaz finden, und dises um des gemeinen Wohlstandes willen.//
§ . 3 . Deren untervoegte Schuldigkeit.
Die untervoegte werden angenommen und aufgestellt, damit sie als diener des gerichts die von dem beamten ihnen ertheilte befehle ohne unterschied unverzueglich
und getreulich, mithin ohne neben-absicht, ohne schmaehlerung und ohne zusatz
verrichten, in diser maaß und verstand dienen die untervoegte auch der ganzen gemeinde, so bey dem amt recht nimmt und gibt, dabey aber des untervogts, welcher
die partheyen vorladet, den befehl des richters zu vollziehen, sich gebrauchen laeßt,
und diejenige welche entweders ihren mit-unterthanen beleydiget, oder gefrevelt,
oder sonsten denen offenbaren gesaezen zuwider gehandlet haben, in gehorsam
bringen und verschaffen muß, keinesweegs entbehren kan; derohalben die untervoegte, so, wie sie einestheils dem vorgesezten beamten in allen stuecken gewaertig, treu, willig und gehorsam seyn werden, auch andererseits gegen die gemeinde
ueberhaupts, und gegen jeden unterthanen insonderheit, ihrer dienstschuldigkeit
sich erinnern muessen, krafft dessen selbige alle auftraege zwar ernstlich und gemessenst, aber dennoch bescheidentlich auszurichten sich befleissen, einen unterthanen mit spoettischen, schimpfflichen und groben worten begegnen, noch weniger
mit schlagen und prueglen mißhandlen, bevorab, wo man sich ihnen nicht gewaltthaetig widersezt haette, auch sonsten weder jemand aus neid, feindschafft, und
mißgunst anschwaerzen noch aus neigung und eigennuezigen absichten warnen,
unterrichten, und auf andere weeg unerlaubten Vorschub geben sollen, wann dieselbe in einem fall ausschweiffungen begehen, oder aber partheyisch, und nachlaeßig
erfunden werden, wird die herrschafft auf des obervogten gegruendete anzeige sie
zu belohnen und nachdrucksamst zu schuetzen wissen.//
§. 4. und letzte. Die verkuendung diser policey gesaezen und den schlueßlichen vorbehält betreffend.
Alldieweilen nun ein jedes gesaetz und Verordnung erst alsdann die untergebene zu
verbinden anfangt, wann es allenthalben gebuehrendermassen zu wissen, und bekannt gemacht worden ist, so hat man gegenwaertige policey-ordnung nicht nur
drucken zu lassen, sondern auch, daß solche allen unterthanen in jedem gericht bey
versammleter gemeinde jaehrlich einmahl verkuendet oder verlesen, nicht weniger
ein exemplar in der amts-stube hinterlegt, eines in dem gemeinds-schrein aufbehalten, eines in die tafern geheffitet, und endlichen jedem unterthanen sich eines um die
Nr. 8: Oberschönenfeld
259
gebuehr beyzuschaffen, unbenommen werde, fuer gut befunden, mit dem anhang,
daß, wo ein unterthan ueber diese oder jene stelle eine naehere auskunfft oder erlaeuterung zu haben wuenschte, der orts-, obervogt ihme solche umstaendlich und
willfaehrigst ertheilen solle. Es wird solchem nach denen spitalischen beamten,
voegten, fuehreren, gemeinds-maennern, unterthanen und innwohnern auf diese
Ordnung in allen faellen unverbruechlich zu halten, alles obrigkeitlichen ernsts anbefohlen, bey straffe des Ungehorsams und Vermeidung derer hierinnen zerschidentlich angemerckten geld-busen, so andern zwangs-mittlen, die gegen diejenige erhoehet, und hinreichend gemacht werden wuerden, welche sich das gesaetz
muthwillig oder gar mit offenbahrer Verachtung zu uebertretten unterfiengen: wovor
sich maenniglich zu hueten hat, die getreue, fromme und rechtschaffne unterthanen
hingegen, dardurch ihre ewige und zeitliche wohlfarth befoerdern werden.//
Schlueßlichen behalten sich die herren pflegere sowohl fuer ihre personen, als fuer
die nachfolgende herren an der hospital-pflege, ausdruecklich bevor, daß sie dise
Ordnungen, gebott und verbott nach erfordernus derer zeiten und laeufften in allweg
mindern, mehren, aendern oder ganz abthun, und andere an deren statt sezen moegen, wie es immer die billichkeit, des spitals nuzen und derer unterthanen Wohlfahrt
erheischen wird. Signatum Augspurg den 20. nov. 1764.//
L. S.
Hochspital pfleg-amt.//
Nr. 8: Oberschönenfeld, Kloster (Landeshoheit: Hochstift
Augsburg): „Polizeiordnung der Äbtissin [Maria] Irmen-
Von Gottes gnaden wir Maria Irmengardis [II. Stichaner] des stüffts und
gotteshaußes Oberschönenfeld sac[ri et] exemti ord[inis] Cisterc[iensis] regirende
abbtissin [etc.] entbüthen allen und jeden unßeren lieben getreüen underthannen
unßere genad und alles guttes.
Demnach wir neben mehr anderen regirungssorgen und angelegenheiten in vorzügliche bedenckhung gezogen haben, wie unter unseren untergebenen und getreüen
allvorderißt die ehre Gottes beförderet, fried und einigkeit, gute christliche zucht,
ehrbahrkeit und tugendtlicher wandel unterhalten, hingegen denen vielfälthigen je
4
KlosterA Oberschönenfeld, Lit. Nr. 1. 1. 1. 1., Polizeiordnung der Äbtissin Irmengardis II. Stichaner
( 1 7 7 4 - 1 8 0 3 ) von 1775.
260
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
mehr- und mehr überhandtnehmenden und bey dermahlig verkehrt und gefahrlichen
Zeiten in vollem schwung gehenden misßhandlungen, eigennüzigkeiten, vervortheilungen und anderen gebrechen in mögliche weege vorgebogen und gesteüret werden möge, als haben wir der ohnumgänglichen nothurfitt zu seyn ermesßen, zu angefuehrtem ende hinnach folgende polliceyordnung verferthigen, und solche zu
jedermanns wisßenschaftt zu gelegenen zeiten öffentlich vor- und ableßen zu lasßen, zumahlen all und jede insgesam[m]t und jnsonderheit ernstlich dahin zu[m]
wießen, derselben würckhlich und gehorsam[m]lich zu geieben und nachzukomen,
darwieder bey vermeydung deren darinn enthaltenen straffen nicht zu handien, sondern ohnnachläsßig und ohnverbrüchlich darob zu halten. Und lauthet diese vnßere
Ordnung, wie folgt://
Primo. Gottesdienst5
Gebiithen und ordnen wir allen und jeden underthanen, auch jnngehäusßeten, das
dieselbe nicht allein selbsten an sonn- und feyertägen dem gottesdienst mit andacht
und auferbäulichkeit beywohnen, demselben von anfang bis zum endt und priesterlicher benediction aus- und abwarthen, sondern auch jhre kinder, söhn und töchter,
als auch knecht und mägdt fleisßig in die kirchen schickhen. Sonderheitlichen an
Sonntagen in die christen- oder kinderlehr gehen lasßen, wo solchen jungen leüthen
die seeligkeit daran gelegen, gestalten nicht genueg, das manche die jhrige fleisßig
dahin schickhen, sondern es sollen die eiteren und haußvätter sorgfaltige nachfrag
halten, ob jhre kinder und ehehalten fleisßig in dem gottesdienst und christenlehr
erschienen, welches das amt eines rechten christlichen haußvatters erforderet, und
da eine nachläsßigkeit beschiehet, mithin die nachforschung unterlasßen wirdet, haben es die eiteren und hausvätter bey Gott zu verantworthen. Nicht minder sollen
auch die knechtliche arbeithen, so ohne noth gescheehen, an sonn- und feyertägen
gänzlichen unterlasßen werden, ein welches wir einem jeden jn Sonderheit bey willkührlich schwehrer straff wollen aufgetragen haben.//
2.do Fasttäg
Welche an fasttägen, als freytag, samßtag oder zu quatem[b]erzeiten in oder ausßer
jhren wohnorthen mit fleischesßen betretten werden, solle jeder derselben pr[o] 25
fl[orin] mit vorbehaltung weitherer straff abgebüsßet werden.//
5
Die Kapitelüberschriften stehen jeweils linksbündig neben dem Haupttext.
Nr. 8:
Oberschönenfeld
261
3.110 Gott entunehren, fluchen
Welche den nahmen Gottes, beederley geschlechts, mit freuentlichen fluchen,
schwöhren und schelten, lästeren und entunehren oder in gotteshäußeren und freythöfen mit unzüchtigen worthen, werckhen oder gebärden sich betretten lasßen,
sollen allezeit p[e]r 3 fl[orin], auch nach gestalt des Verbrechens am leib gestraffet
werden.//
4.t0 Wahrsager, segensprecher, rechtmäßig 1667
Bey gleicher straff solle auch alle aberglaubige wahrsagerey, seegensprechen und
dergleichen, es gescheehe nun, das es jemandt selbst treibe oder solchesrhgeaW
Wahrsager
und seegensprecher besuchen würde, hiemit gänzlich verbotten seyn.//
5.t0 Spielen
Solle auch das spihlen, sowohl bey tag- als nacht nicht höcher, als um pfenning
oder haller erlaubt, zur fasten- und heilfigen] adventszeit aber völlig verbotten und
die übertrettere jederzeit per 5 fl[orin], jene aber, so ausßerhalb und in fremder
herrschaft theürer und zur fasten- oder adventzeit hierinnfahls überwießen würden,
in 10 fl[orin] straff verfallen seyn.//
6.t0 Gemeindhalten
Ohne wisßen, willen und beyseyn eines vogts solle kein gemeindt gehalten werden,
noch jemandt dabey bewaffneter erscheinen, bey vermeydung der herrschafitt hochen straff. Und da zuer gemeindte gebotten wirdt, solle keiner ohne erlaubnus oder
erhöblichen urßach dauon ausbleiben, weeder vor desßen endigung abgehen, sonderlich aber zu angezeigter stundt, mithin zeitlicher als bishero bescheehen, dabey
erscheinen, und ein jeder seine meynung bescheidentlich in beyseyn aller anderen
eröffnen, einfolglichen nicht erst nach gehaltener gemeindte den vortrag und das
abgeredte auf dem bierbanckh, auch an solchen orthen herum gezogen werden, wo
es sich garnicht gebühret, wie solches schon zum öfitteren bescheehen. Und da unßer pfleeger oder ein gerichtsvogt einer gemeindt etwas gebüthet oder auftragt,
demselben fleisßiger als bishero bescheehen nachleben, und den schuldigen gehorsam leisten, bey straff eines guldens.//
262utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
7 mo Außergerichtliche] citat[ion]
Welcher eine landtgerichtliche citationanleithung oder verbottsbrieff über einen tag
und nacht, ohne beym pfleegamt dauon anzeig zu thuen, bey sich behaltet, an fremden gerichten ohne erlaubnusß recht nehmet oder anderer orthen bürgschaftt leistet,
und sich anmasßet anderstwo als bey hiesßigem pfleegamt schuldtbrieffe und gütterverschreibungen aufrichten zu lasßen, ist der herrschaftt per 10 fl[orin] straff
verfallen.//
8.vo Alienat[io] consens[ualis]
Jst niemandt erlaubt, herrschafttl[iche] gütter, als erbbstandt- und lehengiitter, ohne
der herrschaftt oder pfleegamts vorwisßen und willen zu verkauffen, zu versezen,
vertauschen, verleyhen, verschreiben, verbürgen, verwechßlen oder verkehren, als
aus mäder äckher, oder aus holz äckher zu machen, weeder das holz in mäder zu
veränderen, bey straff 4 fl[orin], jm[m]asßen all und jede wünckhelcontract oder
ausßergerichtliche heimliche V e r h a n d l u n g e n , wie solche jm[m]er nahmen haben
mögen, bey vorbemerckhter straff gänzlich verbotten, zwischen beeden contrahirenden theilen ohnverbündtlich und von ohncräfften null und nichtig seyn sollen.//
9. no Bauding, beständ, ab- [und] auf[fahrten], heil[iger] zins
Gebüethen wir allen und jeden underthanen, das dießelbe sowohl bey jährlicher
baudingszeit als abhaltung der heiligen rechnungen vor unß auf der burs in aigener
persohn erscheinen und sich stöllen, einfolglichen sowohl das baudingsgelt als ihre
heilige zünße fleisßig entrichten und nicht durch andere überschickhen soforth zu
beschwehrlichen Verwirrungen anlasß geben, welches wir aus seinen sonderbahren
wichtigen Ursachen einen jeden beßonders bey unserer ungnad, auch 1 fl[orin] 30
kr[euzer] ohnnachläsßiger straff anbefohlen haben wollen. In wesßen verfolg auch
künftighin sowohl die beständtab- und auffahrten als nachsteüren nicht mehr auf die
baudingszeit, sondern je- und allweegen bey denen baarschafftserlaagen entrichtet
werden sollen. Gleichermasßen.//
10 m a Baarschaft, zihler, erlag
Wirdet auch all und jeden underthanen alles ernsts unter betrohung willkührlicher
straff aufgetragen, sowohl die uff baarschaft als zihler gestellte geltere, sonderheitlich aber die waytern zünß- und zihlere fleisßiger, als bishero bescheehen, auf ziehl
Nr. 8:
Oberschönenfeld
263
und zeit, wie solche verfallen, jedesmahl vor dem pfleegamt, keinesweegs aber ausßer demselben zu erlegen.//
11
mo
Frohnen
Sollen diejenige, so jährlich herrschaftliche] fuehr- und handtdienste zu verrichten
schuldig, hierzu keine kinder, sondern solche leüthe schickhen, welche die dienst
verrichten können. Auch so jhnen die dienst angesagt worden, frühe 6. uhr allezeit
ohnfehlbahr erscheinen, mithin nicht, wie schon gescheehn, etwann ein zehendt
oder eine s. v. tungfuehr- und sonstig halbtägigen handdienst vor einen ganzen tag
abrechnen wollen, welches künftighin nicht mehr pahsiret, sondern wann durch den
vogten die dienste angesagt und alsdann einer oder mehrere ausbleibeten, soforth
hierauf durch den undervogt geschafft werden müesßten, so wäre nebst der
doppelten bedienstung dann eines reichsthalers straff, auch dem undervogten durch
den ungehorsam[m]en das schaffgelt zubezahlen.//
12 m o Gülten
Befehlen wir, das die schuldige gülten jetzt und jns künfftig nach alter gewohnheit
zwischen Michaelis- und St. Andreaetag alle mitwoch und freytäg in wohlgebuzt
schrannenmäsßigen früchten, ohne weithere ankündung, jedoch mit ausschlusß des
schwarzen haabers, bey straff 3 fl[orin] anhero auf unßeren casten gefiihret und
gelieferet.
12. ter Punct 6
heiße so: Befehlen wir, daß die schuldige gilten itzt und inskünftig nach alter gewohnheit zwischen Michaeli und St. Andreätag in wohlgeputzt schrannenmäßigen
früchten, ohne weitere ankündung, jedoch mit ausschluß des schwarzen habers, bey
straf anhero auf unsern casten gefuget und geliefert werden sollen, dergestalten, daß
die bauren zusam[men]stehen und die gilt miteinander an einem tag zwischen der
oben bestirnten anhero bringen sollen. Den tag, an dem sie miteinander die gilt bringen sollen, haben die baurn ein paar täg zuvor bey unserm bursamt anzusagen,
damit diese täge, wenn man etwa gerade bey unserm bursamt andere nothwendige
arbeiten hätten, anderß kön[n]en bestim[m]t werden. 7 //
6
7
Der hier folgende Text wurde auf einem Einzelblatt eingefugt.
Hier beginnt wieder der Haupttext.
264
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
13.tio Amtstäge
Solle ein jeder underthanne, den wir vor unß oder unßer burs- und pfleegamt verschaffen lasßen, oder derjenige, so selbsten was anzubringen hat, bis morgens frühe
8 uhr an denen ausgesezten amtstägen, und zwahr die von der obern herrschafitt am
donnerstag und frevtag, die von der untern heerrschaftt hingegen am montag und
dienstag ohnfehlbahr, und bey zwey reichsthaler straff, keinesweegs aber an sonnund feyertägen erscheinen.
13.t[i0] [etc.] [etc.]1
als am mon[n]tag und samstag wenn kein feuertag ist, sonst aber am nächst-folgenden werckhtag [etc.]//
14.t0 Fornicat[io], fremde beherbergen, rechtmäßig 16678
Welche sich ohne vorwisßen oder consens gnädiger herrschaftt und der eiteren verheyrathen oder sonsten miteinander in Unehren verfehlen, deren jeder theil solle
denen ergebenden umständen nach p[e]r 15. oder 20 flforin] ohnnachläsßig gestrafft
oder aus der herrschaftt und des gerichts verwießen werden. In derley wie auch in
anderen vorfallenheiten ist die weibspersohn nach der verheyrathung dem mann
nachzuziehen und zu folgen schuldig, jngleichem ist auch männiglich verbotten,
jemandt fremden, wer es auch jm[m]er seyn mag, ohne herrschafftliche bewilligung
in seine behaußung einzunehm[m]en, bey straff vier gulden.//
15.t0 G[emein]dt- und hochzaitzöhrungen
Die übermäsßige zöhrungskösten in gemeindtsangelegenheiten, womit öftters die
gemeindten zueviel beschwehrt und beladen werden, nicht weniger auch aller überflusß und Verschwendung bey denen hochzeiten, solle bey vermeydung w i l l k ü r licher straff abgestellet seyn.//
5
6
Der hier folgende Text wurde auf einem Einzelblatt eingefügt.
Hier beginnt wieder der Haupttext.
Nr. 8: Oberschönenfeld zwvutsronmkihedcbaOMGF
265
16.t0 Gewicht, eicht
Solté bey jemandten ein falsches gewicht, ehlen, maaß, ohngleiche mangelhaftte
waag oder anderes ohngerechtes mäß erfunden werden, ist solcher oder solche der
herrschafft in zehen gulden straff verfallen. Und wurde //
17 mo Markstein
Sich jemandt so weith vergehen und anmasßen, einen marckhstein oder marckhungspfahl heimlich aus seinem lager auszuhöben, hinweckh zu nehmen, zu verruckhen oder gefahrlicherweiße zu versezen, jst derselbe, so desßen überwießen
wirdt, mit 10 fl[orin] auch nach gestalt und gelegenheit des Verbrechens am leib zu
straffen. Und wie auch //
18.v0 Überäckern, zäunen
Das überzäunen, überäckheren und übermähen an sich selbsten ohnerlaubte und
straffbahre verbrechen sind, als ist derjenige, so sich dergleichen gefahrlicherweiße
zu schulden kom[m]en lasßet, mit vier gulden, auch nach beschaffenheit des freuels
mit mehrerer straff anzuseehen.//
19.no Fruchtbäum
Wer ohne unßere erlaubnisß einen fruchtbahren bäum, wesßen orths es auch seyn
mag (ausßer inn seinem aigenen garten) zu fallen und abzuhauen sich unterstehet,
solle pe[e]r 1 fl[orin] gestraffet werden.//
20. mo Obstdieb
Wurde einer aus des andern garten obst oder anderes gartengewächß bey tag entwenden und austragen, ist er der herrschaft in 5 fl[orin], so es aber bey der nacht
geschiehet, in 10 fl[orin] straff verfallen, beynebens dem beschädigten den schaden
zu ersezen schuldig.//
266
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
21 m o Erndten u[nd] viecher hüthen
Solang auch zur erndtzeit die garben auf dem ackher ligen, ist das erndten und einhüethung der pferdt und ochßen bey herrschafttlich willkührlicher straff verbotten.//
22. d o Reiser, laubrechen, gehäu
Welcher in eines andern holz ohne vorgehende erlaubnisß standtreysßer, es seye
wenig oder viel, abhauet, ist der herrschaftt in 3 fl[orin] straff verfallen, zugleich
auch dem beschädigten den schaden abzuthuen verbunden. Jn herrschaftts- und gemeindtshölzeren aber ist das schädliche laubrechen, wie auch das vich in junge
gehäu zu treiben durchgehendts abgestellet, und der schuldigbefunden mit behöriger straff anzuseeh[e]n.//
23. t l 0 Pfänden, viech gesundes
Niemandt soll ein reydig, kröttisch oder mit anderen dergleichen bedenckhliehen
mangel behafftes rosß bey hocher straff in die herrschafft einkauffen, noch auf die
gemeinewayd schlagen. Auch solle alle vieh ohne ausnahm, so in äckheren, gärten
und mäderen schaden verursachet, ohne weithers gepfändet, dem beschädigten den
schaden allweegen guttgemacht, von jedem stuckh hingegen neben 17 kr[euzer]
pfandtgelt 1 fl[orin] zur straff gegeben werden.//
24. t 0 Fischen, krebsen
Welche zum fischen und krebßen weder bestellt oder verordnet noch mit herrschafttlich]er erlaubnisß hierzu verseehen sind, sollen sich des fischens und krebßens in fischwäsßeren und bächen gänzlichen bemüesßigen und enthalten, widrigenfahls und auf betrettung mit behörig straff angeseehen werden.//
25. t 0 N ä c h t l i c h e r ] tumult
Welcher zu nächtlicher zeit, oder sonst unziemliches geschrey, rumor und tumult
auf der gasßen oder in häußeren treiben wurde, soll pe[e]r 3 fl[orin] gebüsßet, jm
fahl aber die straff bey jhme nichts fruchten wurde, gegen demselben mit schwehrerer straff verfahren werden.//
Nr. 8:
Oberschönenfeld
zywvutsrponmlkjihgfedcbaWVSNIGED
267
26.10 Schimpfen
Wurde jemandt vom andern mit ohngebührlichen worthen, welche jedoch ehr und
gutten nahmen nicht verlezen, beschimpft, ist der beschimpfende theil mit 15
kr[euzer], so es aber vor amt oder gemeindte bescheehete, mit 30 kr[euzer] zu bestraffen. Gleiche beschaffenheit hat es, so einer den andern s. v. liiegen heisßete,
wäre der schuldig befundene mit 15 kr[euzer], so es aber vor gericht oder gemeindte geschieht, mit 30 kr[euzer] abzubüsßen.//
27.mo Injurien real, verbal
Schmach- und ehrenverlezliche worth gegen einander auszustosßen ist an- und vor
sich selbst verbotten, so es aber geschieht, solle der ehrenverlezende theil nach gestalt und beschaffenheit ausstosßen, der schmachworth darum[m]en zur straff gezogen werden. Solte sich aber einer so weith vergehen, und mit stein, kannen, gläßer
und dergleichen nach anderen werffen, der solte mit 4 fl[orin], auch nach gefährlichkeit des wurffs höcher gebüsßet werden. Entblösßt oder zuckhet einer wider den
andern freuentlich sein mesßer oder anderes bey sich habendes gewöhr, der ist in
die straff pe[e]r 1 fl[orin] verfallen.//
28.vo Nächtl[iche] frevel
Welcher den andern bey tag oder nacht in seiner aignen behaußung oder güetteren
überlaufltt, angreiftt und leyd zufüget oder zum rauffen herausforderet, jngleichen
der dem andern sonderheitlich nächtlicher zeit aufpasßt und fiirwarthet, solle p[e]r
drey gulden, und nach gestalt des Verbrechens höcher gestrafft werden. Wurde sich
aber jemandt anmasßen, vor des andern behaußung, stuben, cam[m]er, thiiren, läden, fenster bey tag oder nacht heimlich aufzumerckhen oder zulooßen, der oder die
sollen auf betretten nach herrschafitt guttbefinden gestrafft werden.//
29. no Wirthshäuserraufereien
Die wirth, wie auch all andere underthanen sollen bey ihren eyd und pflichten alle
freuel und misßhandlungen, so sich in und auf dem ihrigen zugetragen, den gerichts- oder anderen vögten, dise hinnach es beym pfleegamt anzeigen, die wirth
aber keinesweegs befugt seyn, weeder mit fausten noch in andere weeg darein zu
schlagen, und keiner sein aigener richter seyn, sondern der pfleegamtlichen erkanntnisß und verbscheidung zu überlasßen. Da aber ein oder die andere parthey, bis die
268utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
vögte ohnedeme zum pfleegamt kom|"m]en, nicht warthen könnten, mögen sie selbsten solches behörig anzeigen, um eine kleine sach nicht sogleich zu grosßer weithläuffigkeit kom[m]en zu lasßen, alles bey vermeydung hocher straff und scharpfen
einseehens.//
30 mo Wirthshausabstatung, vid[e] prot[okoll] fol[io] 889 d[e] 1753 ...
Jst sowohl denen underthanen als auch wirthen zum öftteren aufgetrag[e]n worden,
das zu som[m]erszeit bis nachts 10 uhr, und Winterszeit bis 9 uhr alles aus dem
wirthshauß, fremde gäst ausgenohm[m]en, seyn sollte, ein welches wir allen jnsgesam[m]t bey straff eines reichs thalers gebüthen, wider welches gebott bishero sich
sehr viele verlohren und verfehlet, wirdet aber hinfiiro keine wahrnung mehr gescheehen, sondern allzeit die übertrettere mit angesezter straff hergenohm[m]en
werden, und so es die wirth nicht anzeigen, sollen selbige pfe]r ein ducaten gestraft
werden. 9 //
31. mo Hennen- [und] Gänßkauf ist rechtsmäßig 1667
Welcher denen Soldaten oder landtfahreren hennen, gännß oder andere sachen abkauffet, ist von jedem stuckh zwey gulden straff schuldig, und demjenigen, so das
entfremdte gutt gehörig, ohne den geringsten entgelt und widerred zuzustöllen.//
32. da Jud[en]händl
Sollen keine underthanen mit juden handien oder sich gegen jhnen verschreiben
ohne vorwisßen gnädiger herrschaftt oder dero pfleegamt, auch jhre rosß- und andere judenhändel längstens jnnerhalb acht tägen beym amt anzeigen. Nicht weniger
solle keiner mit einigen juden in fremder herrschaftt handien oder prothocolliren
lasßen ohne vorwisßen aigener herrschafft, und zwahr dießes bey höchster straff,
nehmlichen zweyunddreysßig gulden, masßen durch solche hinterhaltung die underthanen sich selbsten höchst schädlich, auch weib und kinder durch solche heimliche
händel in die gröste armuth und verderben stürzen.//
9
Neben der unterstrichenen Stelle von Art. 30: „cessât, hat der untervogt die anzaig zu machen."
Nr. 8:
Oberschönenfeld
zvutsronlkihgfedcaHGFB
269
33.ti0 Badgehen
Wurde jemandt, es seye mann- oder weibspersohn, mit offenen schaden ohne vorgehende erlaubnisß und besichtigung ins baad gehen, der oder die ist in 36 krfeuzer]
straff verfallen, und so der baader dergleichen persohn nicht besichtigen und abschaffen würde, ist er in gleiche weege zu büesßen.//
34.t0 Flachsdörr
Es solle niemandt in bachöefen, noch viel weniger in der Stuben flachß dörren, welcher oder welche darwider handelt oder gedachtermasßen mit flachßdörren schuldig
befunden wurde, ist nicht nur allein der herrschafitt in hoche straff, sondern zugleich
auch der befundene flachß verfallen. Solte aber ein grösßerer schaden dadurch entstehen, wurde der übertretter dises verbotts zu abfuhrung alles schadens angehalten
werden. Wesßhalben auch ein jeder underthan sowohl bey tag als nacht ein schaff
mit wasßer im hauß haben, dann mit einer latern und laither im fahl der noth verseehen seyn solle.//
35.t0 Gungelhäuser
Gebüthen wir denen gesam[m]ten underthanen zu Verhüttung grosßen übls, so
schon zum öfttern durch das nächtliche zusam[m]engehen mit der gungel pahsiret
und gescheehen, das jeder die seinige nächtlicherzeit zu hauß behalten solle, soferne
dergleichen gungelhäußere gefunden würden, so solle derjenige, so das gungelhauß
haltet, und der von deme solches ausgehet, jeder per 3 fl[orin] gestraft werden.//
36.t0 Holzverkauf
Befehlen wir allen und jeden jnsonderheit, das keiner ohne unßer wisßen aus dem
forsthoff und anderen besizenden hölzeren ein bauholz verkauffen, mit dem weitheren abscheitten und verkauffen aber solche bescheidenheit brauchen, und uff seine
nachkömmlinge gedenkckhen solle, damit gnädige herrschafitt nicht ursach habe,
andere Verordnungen fürzukehren, gestalten die hölzer bald abgetrieben, aber langsam wieder aufwachßen, jedeme die gehäu nicht, wie es sich gebühret, der zeit geschont, einfolglichen wegen jm[m]erhin anwachßender holztheüre jnskünfttig besßere obsicht darauf getragen werden solle, und dießes alles bey straff vier reichsthaler. Gleichermasßen sollen die gemeindtshölzer nicht, wie bishero
wahrzunehm[m]en geweßen, gleichsam muthwillig und verschwenderischerweiße
2 7 0utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen
Staaten:
Klöster,
Stifte und
Spitäler
untertrieben, verwüestet und verödet, sondern allweegen nach möglichkeit geschont
werden.//
37.
mo
W e g repartieren] 1 0
Die gemeindt zu Gesßertshaußen hat daran zu seyn, jhre weeg und Steeg samt denen
gräben, sonderbahr zu Dietkirch und anderstwo, fleisßig zu repariren und auszuräumen und, sooftt zu ausbesßerung der weeg gebotten wirdt, und einer nicht erscheinet, so solle solcher allzeit mit doppelten dienst 12 kr[euzer] in die gemeindt bezahlen: Soferne es aber öftters ohne erhöbliche ursach beschehete, wurde ein solcher
mit dem stockh abgebüesßet werden. Es seyndt auch jederzeit solche leüthe in die
weege zu schickhen, welche eine knechtliche arbeith verrichten können, widrigenfalls solche ohntaugliche wiederum zuriickh und nacher hauß geschickhet werden
sollen.
Nicht minder haben sich die Gesßerstshausßer wegen jhrer Diethkirch[ischen] und
Jedtinger herrschaftt" schaffhuethmägde nach dem vertrag de a[nn]o 1710, dann in
betreff der denemselbig[en] Jedtig[en] vergünstigten mäsßerung, nach denen der Ursachen nidergeschribenen brothocollsverhandlung[en] de annis 1693, 1700, 1738.
1744 et 1770 unter bedrohung der aufheb- und abschaffung solcher Jedtig[e]n
verträg und Vergünstigungen, in zuekunft richtiger als bißhero beschehen zue verhalten und solchen fleisßig nachzuekom[m]en. Gleichermasßen solle dem alten
herkom[me]n gemäsß zue Gesßertshaußen und Dietkirch vor h[eiligen] Georgy
zeith wegen der schaffwächd vor Jedtiger herrschaftt, bey straff eines reichsth[a]lers, keinem zu prachen erlaubt seyn. //
38. v 0 Zaunstätte
Alle unßere angesesßene underthanen haben jhre hoffstätt und häußer mit allem
fleiß wohl zu verwahren, soforth die zaunmarckhen richtig zuhalten und umzuzäunen, um zanckh und strittigkeiten zu vermeiden, und dißes zwahr bey straff 2
fl[orin].//
10
11
Diese Überschrift steht, weil am linken Rand eine Ergänzung zu Art. 37 (ab „Nicht minder") ein-gefugt
wurde, am rechten Rand des Haupttextes.
Herrschaft Jettingen (Lkr. Günzburg).
Nr. 8:
Oberschönenfeld
271
39. n o (Weg, Steeg durch güte)
Die weeg, so durch gärten, äckher und mäder ganz neü wollen gemachet werden un
desßhalben kein vertrag beschehen, sollen bey straff zwey gulden verbotten und
kein jnnhaaber des guetts solchen gestatten, sondern gebiihrendt anzuzeigen gehalten seyn. Gleichermasß[e]n //
40 mo Abmäch[i]g[en] mätte zu zeit
Sollen die einmädige mäder sowohl in der untern als obern herrschaft zur hemmund Sperrung der waydt (da änderst kein wasßergefahr obhanden) zu der bestim[m]t
und gewißen zeit abgemähet und geleeret, mithien wider das alte herkom[m]en
nicht zweymädig gemacht oder geohmathet werden (wie es leyder schon zuezeiten
bescheehen), wo ansonsten die iibertrettere nicht allein p[e]r 3 fl[orin] gestrafft,
sondern auch die ganze heerdtvieche darein getrieben werden solle.//
41. mo Hucken
Die beede wirth zu Alt- und Neümünster sind gehalten und verbunden, die huckhen
mit aller nothurftt zu verseehen und zue unterhalten, da hingegen männiglich verbotten seyn soll, von hausieren gehendten leüthen dergleichen huckhwaar einzukauffen, bey straff 30 kr[euzer].//
42. d o Viech- und gerstenkauf
Wann die underthanen jhr vieh, sonderheitlich die rinder und kälber, von früchten
aber die gersten verkauften wollen, haben sie solche allvorderist der gnädigen herrschaftt, alsdann die zu Gesßertshaußen jhre kälber dem wirth, die der untern herrschafitt hiengegen die gersten dem wirth zue Altenmünster, die rinder und kälber
aber dem wirth zu Violau zueuor anzubüethen, bey straff eines guldens. Zumahlen
man aber eine geraume zeit hero misßbeliebig verspiihren müesßen, das ein so andere underthannen das vieh, so selbe zum schlachten verkauffen haben, garnicht,
die gersten und kälber hingegen sehr hoch angebotten, damit sie selbige anderstwo
verkauffen, oder nacher Augspurg fliehren können, dahero solle künfttighin derjenige, so dergleichen gersten, rinder und kälber gnädiger herrschaft höcher anbüethet,
als er hernach daraus erlößen wirdet, um das übrig neben eingangs gemelter straff
auch 1 flforin] gebüesßet werd[e]n.//
272utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
43. t10 ' Erb-, bestand-, reversbrief
Jst je- und allzeit herkom[m]ens geweßen, wie es die acta im archiv und beym
pfleegamt ciar beweißen, das über die verlyehene leibfαllige und erbgüetter ordentliche bestandt-, auch erb- und reversbrieff unter der hochlöblichen abbtey- und
convents- jnßieglen vom pflegamt verferthiget. Einige jähr hero aber solche mehrentheils unterlasßen worden, welch brieffliche urkunden aber von alters hero und
zu behauptung der erb- und bestandtbahren güetteren für sehr nothwendig erachtet
wurden. Dahero ist unßer ernstlich gnädiger befehl, das das alte herkom[m]en widerumen ganz genau beobachtet, die ruckhständig als künfttig erfolgendte bestandt-,
erb- und reversbrieff verferthiget, mithein vor einen erbbrieff mit 2 jnsieglen nach
der alten Observanz 3 fl[orin], vor einen bestandtbrieff um einen hoff mit einem
jnsiegl, 3 fl[orin], um einen halben hoff oeder dergleichen bestandtguett 2 flforin]
30 kr[euzer], um ein geringeres bestandtguett aber 2 fl[orin] bezahlt werden sollen.
Gestalten von einem erbbrieff der hochlöbl[ichen] abbtey und dem convent 2 flforin], von einem bestandtbrieff hingegen der hochlöblfichen] abbtey alleins 1 flforin]
vor siegelgelt zuegehet, wo aber unßer pfleeger verbunden, um dergleichen bestandt
zwey brieff als einen bestandt- und revers [brief], und um ein erbguett ein erb- und
reversbrieff zu verferthigen, damit der bestandt- und erbbrieff denen underthannen
zur jhrer versicher- und nachgelebung hinausgegeben, die revers aber beym pfleegamt aufbehalten werden können und damit endtlichen //
44. 10 Tax
Die sam[m]tliche unterhannen wisßen, was sie von denen beständten, erbstheilungen und baarschaftserlaagen künfttighin zum pfleegamt und denen vögten zu entrichten haben. So ist nach dem exempel der benachbahrten löblichen] herrschaften
resolviret und verordnet worden, das von einem hoffbestandt- oder grosßen erbguett, um den bestandt oder die ab- und auffahrten behörig in das bestandtbuech
einzutragen, dem pfleeger 1 flforin] 30 krfeuzer], auch 2 bis 3 flforin], von einem
halben hoff 1 flforin] und von geringeren güetteren und Sölden 30 bis 45 krfeuzer],
von einschichtigen äckeren und mäderen aber 12, 15 bis 20 krfeuzer], denen gerichtsvögten aber jederzeit hieuon die helffte geraicht und denen übrigen vögten
von denen bestandtsleüthen die zöhrung erstattet. Von einer erbstheilung aber dem
pfleger die obsignatur- und jnventursgebühren, dann von dem weithern vermögen,
das ist, was nach abbezahlten schulden denen erben noch würcklich zue vertheilen
übrig bleibet, vom hundert ein gulden, deren gerichts- und anderen vögten nebst
dem untervogt ebenfahlß die hergebrachte gebühr, von einer kauff-, tausch- oder
heyrathguetts baarschafftserlaag dem pfleeger neben 30 krfeuzer] brothocollgelt aus
seinen besondern Ursachen, vom gulden ein kreüzer zöhlgelt entrichtet werden
Nr. 8:
Oberschönenfeld
273
solle. Zu desßen mehrerer Versicherung wir unserm pfleeger solchergestalten und
wegen anderen amtsgebühr[e]n eine taxordnung ratificirter in gnaden zugestalle,
um sich hiernach achten zu können.
Wobey wir uns ausdrückhlich reserviren und vorbehalten, diße unßere polliceyordnung jederzeit ferners zu erklären, zu minderen, zu mehren oder gar aufzuhöben,
alles nach gestalt und gelegenheit der furfallendten umständt und zeitläuffen, auch
nach unserem belieben und Wohlgefallen.
All vorstehendes ist unßer gnädiger und ernstlicher willen und meynung. Gegeben
in unßerem stüfft und gotteshausß Oberschönenfeld den 11 .,en monathstag septembris anno: 1775.
[Siegelabdruck] Maria Irmengardis, abtisßin m[anu] p[ropr]ia
274utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
2. Die Reichsstände
Nr. 9: Augsburg, Hochstift: Polizeiordnung vom 30. Mai
160612
Wir von gottes genaden Hainrich [V. von Knöringen], bischoffe zue Augspurg
[1598-1646], entbieten allen und jeden unsern pflegern, burgermaistern, vögten, pröbsten, ambtleüthen, richtern und gerichten und gemainlich allen denjenigen, so unß und
unserm hochen stifft Augspurg mit weltlicher obrigkhait und dienstpflichten underworffen und zuegethan seyen, unsern g[nädigen] grueß und alles guetts zuvor.
Obgleichwol durch unser geehrte liebe herren vorfaren, regierende herren und bischoffe hochgedachter unser hochen stifft auß sonderer vätterlichen sorgfaltigkhait und
zue underschidlichen malen und zeiten allerhandt heilsamme, nuzliche Ordnungen und
mandaten, beede in gaistlichen und weltlichen sachen, was zue verzier und zeitlicher
wolffardt auch erhaltung guetter policej-, frid-, ainig- und erbarkhait under deren von
Gott und ergebnen underthanen und insessen dienstlich und fürdersam sein mögen,
verfassen, außgehn und publicieren lassen, deren ain guetter thail auch von unß in zeit
unserer bishero getragnen regierung erneuert, in etlichen stuekhen vermehret und
ebenfals zue menigkhlichs wissen und gehorsammer durchgehender volg verkhünden
lassen. So müessen wir iedoch mit nit geringem bedauren vermerckhen, das deren nit
durchaus gelobt und nachgangen, sonder maistenthails in missbrauch und vergessenhait
gesteh werden, auch hierwider allerhandt unordtnungen und leichtfertigkeiten, sambt
andern mehr sträfflich lästern und misshandlung einreissen und im schwang gehn,
dardurch der gerechte zorn Gottes erweckhet und seine göttliche allmacht zue den vor
aug[en] schwebenden järlichen und schier teglichen straffen mit krieg, wirrung, gefahrlichen kranckhaiten, ungewitter, zwispalt und abfall von unser wahren allain
seeligmachenden catholischen apostolischen glaubens bewegt wurde. Wann wir dann
diß alles zue erinnerlichen gemüet gefüert und uns dabey unsers ambts und berueffs
auch dabey dessen erinnert, das unß nach Gottes wortt und gebott wir allen durch sein
göttliche fursehung vorgesezte obrigkhaiten und Vorsteher seiner allmacht und rechten
gericht fur diejenige so unß zue regieren anbevohlen, rechenschafft zuegegen obgelegen
seye.
Alß haben wir fernem umbgang nit nemmen sollen noch mögen, die hir oben angezogne unser herren vorfordern und unsere zue underschidlichen zeiten aufgerichte
Ordnung, außgangne mandaten und bevelch, sambt was wir nach iezigen leüffen und
zeiten zue anstellung aines guetten, wolgeordneten und gott wolgefelligen regiments
ferners von nöthen und dienstlich zue sein erachten khönden, in dise gemaine policey
12
StaatsA Augsburg, Hochstift Augsburg, NA, Akt 588 a.
Nr. 9: Augsburg, Hochstift: Polizeiordnung vom 30. Mai 1606zvutsrponmlkihgfedcbaZTSPNMHGEA
275
Abb. 4
Titelblatt im Stil eines „General"-Mandats mit späteren erklärenden Zusätzen (Moral-Verordnungen) und
einem Erneuerungsvermerk vom 20. 4. 1627
Aus der: Polizeiordnung des Hochstifts Augsburg vom 30. Mai 1606; StaatsA Augsburg, Hochstift
Augsburg, NA, Akt 588a.
276
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
Ordnung zuesamen zue tragen und in allen unsers stiffts herrschaften, ämbteren, Stetten
und fleckhen zue gleichmessiger haltung und Observanz von newen publiecieren zue
lassen, auch sambt und sonderlich hiemit alles ernsts aufferlegende dise unser newe
policey Ordnung in ewer jedes anbevohlnem ambt auff ain gewissen bestimbten tag,
wann das volckh am maisten beisamen versamblet ist, öffentlich verlesen zue lassen,
und sovil aines jeden berueff, standt, handtierung und person betrifft stätt und unverbrüchlich zue halten, darwider nit zue thuen, einbinden und gegen den überfahrern mit
denen diser Ordnung einverleibten straffen oder sonsten nach befundtnen dingen und
aines jeden verwürckhung unnachläßlich und ohne verschon verfahren.zwvutsrponmlkjihgfedcbaVU
So lieb ewer
jedem ist, unser ung[nad] und mehre straff und einsehens zuvermeiden.//
1. Von religion und gaistlichen sachen
Und demnach dann, erstens, ainer jeden christlichen obrigkhait nach außweißung
Gottes gebot, in sonderhait aufferlegt ist, ihre anbevohlne christliche herdt zue rechter
wahrer religion und glauben, ohne wellichen man die seeligkhait nit erlangen khan, zue
weisen und zue laiten. So wellen, ordnen und sezen wir, das alle diejenige so uns und
unserm hochen stifft Augspurg mit obrigkhait underworffen, darinnen wohnen und hausen oder khünfftigkhlich in dessen gebiett ir beharrliches haimbwesen zue suchen und
zue haben bedacht weren, sich zue unserer wahren catholischen, apostolischen und römischen kirchen, derselben glauben, lehr, Satzungen und gebotten bekhennen, auch denselben in allen und jeden articuln und stuekhen nachkhomen. Ir leben, thuen und lassen
darnach richten, auch ire haußgenossen, weib, kind und ehehalten dahin aufferziehen,
halten und weisen.//
2.
Dahero auch hinfüro niemandt, was standts, landts, wesens und berueffs der immer
seye, sich mit haußheblichen wesen, es gehe gleich mit annemen deß burgerrechts oder
allain einwohner und gastsweis niderzuelassen, gestattet werde. Er habe dann glaubwürdige urkundt auffzuelegen, das er in angedeüter catholischen religion erboren und
erzogen sey oder, da er an sectischen ortten geboren und iemanden in ainer andern secten anhengig gewesen ware, der alle nachforen und inhalt der synododisch Statuten vor
deß ortts, allda er sich hin zue begeben Vorhabens ist, pfarherrn professionem fidei und
hinfüro dabey zue beharren Versprechung thuen.//
277
Nr. 9: Augsburg, Hochstift: Polizeiordnung vom 30. Mai 1606 zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaVUSNJGDC
3. Gebrauch verbottner büecher
Und damit solchen desto steiffer gelobt und alles einreissen verbottner verfurischer
lehren, secten und opinionen desto besser verhuetet werde, sollen alle Schriften und büecher, so mehrberüert catholischen religion nit gemeß und an sectischen ortten und von
glaubens sachen getruckht und außgangen weren, allerdings verbotten und abgeschafft
und weder deren behaltung noch gebrauch khainem unserer underthanen und inwohnern, was standts und wesens der [auch] seye, zuegelassen werden, sonder unsere pfleger und beambten mit [dem] zuethuen jedes orths pfarherren und gaistlichen Vorsteher,
hierauf guette fleissige inquisition und obacht halten, und wo sie ainen erfueren, welch
dergleichen verbottne büecher und schrifften in seinem hauß oder sonsten hette oder
dessen mit dem geringsten verdacht bezichtiget were, denselben sollen sie alßbaldt beschiekhen, ine hierumben zue red stellen und solcher büecher, wie zuegleich seines
glaubens thuen unnd lassens halber alles ernsts und bey seinen unß gelaisten pflichten
und aydt befragen und examiniren mit dem ernstlichen bevelch solche seine verbottne
oder verdechtige büecher, ohne ainichen falsch, betrug und abgang zue irer der obrigkhait und ambtleüthen handen zue liffem, oder da ainer sich dessen verwidern wolte
oder sie sonsten derenthalben ain mißtrawen in ihne sezten, demselben sollen sie ohne
Verzug in das hauß fallen, kästen und truehen durchsuchen und die büecher, so sie gefunden, zue iren handen nemen, unß oder unsern gaistlichen officiern zue Augspurg
neben bericht der persohn und seiner glaubens bekhandtnus, auch thuen und lassens
beschaffenhait zuesenden und beschaidts darüber erwartten.//
4. Järliche beicht und communion
Nit weniger soll allen und jeden unsern underthanen, burgern und inwonern hiemit
ernstlich und bey dem gehorsam unserer wahren catholischen apostolischen kirchen
eingebunden sein, derselben sazungen gemäß auffs wenigst alle jar umb die hailige
österliche zeit ire sündt, iren verordtneten seelsorger und pfarrern oder mit dessen
erlaubnus ainen andern qualificierten und approbierten priestern, nach christlichem
catholischem gebrauch, zue beichten und zue der hailigen communion deß wahren leibs
und bluetts unsers haylandts und seeligmachers Jesu Christi zue gehn.
Darauff dann allen und jeden unsern pfarrherren und beichtvättern, bey verlust irer
pfarren und pfhienden, eingebunden sein soll, ire inländische pfarkinder, so ihnen gebeichtet, fleissig in notam zue nemen und da sie jemandt erfueren, der disem nit nachkhommen, derselben iedes orths pflegern oder ambtman nambhafft machen, die denselben dann alßbaldt für sich erfordern, die Ursachen seines underlassens erkundigen
und ime zue dessen schuldig Verrichtung ainen gewissen termin ansezen, oder da es
andere bedenckhen hette, oder sich ainer dessen gar verwaigern wolte, solches unß oder
unsern vicarium unverlangt gelangen lassen, oder sich ainer gahr für ainen luteraner
278
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
oder andern sectisten angeben oder sie solches sonsten vermerckhen wurden, demselben
seine habende, ligende oder fahrende güetter zu verkhauffen und inner jarsfrist unser
und unsers stifftsgebiett und herrschaften zue räumen, bey Vermeidung anderer unß vorbehaltner wilkhürlicher straff aufferlegen und dasdeme alß würckhlich nachgesezt werde, ir wachbar, guett aufmerckhen haben.//
5. Flaischessen und andere verbottne speisen zue vermeiden
Es sollen auch unsere underthanen, burger und zuegewandten sich zue der hailigen fasten und aller anderer von der kirche gebandten fasttägen alles flaischessens und anderer verbottner speiß genzlich enthalten und solches niemanden, der dessen von der
gaistlichen obrigkhait nit sonderbare erlaubnus hette, gestattet werden, auch allen und
jeden unsern würdten und gast-geben hiemit ernstlich aufferlegt, an verbottnen tägen
dergleichen verbottne speisen, weder frömbden noch haimbschen, weder aigen willens
noch aufbeschehen, begeren und anmuethen, es geschehe dann mit der obrigkhait vorwissen und vergünstig furzuesezen noch volgen zue lassen, sonder unsre beambten und
vorgesezte hierauff ebenmessiges aufsehen haben, die Überfahrer, es wer solches in unserm territorio oder under anderer obrigkhait für übergangen, das erstemal per 10 fl.,
das ander per 20 fl. und das drittemal mit ausschaffung auß unse gebiett abstraffen oder
die sach mit nothwendigem bericht an unß gelangen lassen.//
6. Haltung [von] sonn- und feyrtägen
Ferner soll allen und jeden unsern ambtleüthen und nachgesezten obrigkhaiten auch
pfarherren und seelsorgern hiemit ganz ernstlichen aufferlegt sein, angelegnes fleiß
darob zue halten sein, das die gebottne sonn- und feyrtäg mit anhörung der predig und
heilsammen wordt Gottes auch besuchung der hailigen meß und andern von der
hailigen catholischen kirche eingesezten auch in unserer dioces gebreüchigen gottesdienst von menigkhlich gehalten und gehailiget werde.//
7. Under werendem gottßdienst alleß spacieren, zuesammenrottieren und
dergleichen verbotten
In sonnderheit aber wellen wir das hinfuro so man an sonn- und feyrtag in der kirchen
das hailige ambt der meß haltet, auch das wortt Gottes prediget, sich menigkhlich, so nit
durch kranckhait oder andere ehrhaffte erhebliche Ursachen verhindert würdet, zue der
kirchen verfliege, dem hailigen gottesdienst mit christlicher andacht biß zum endt beywohne, hirzwischen alles auß- und einlauffen, unnüze geschwäz sowol in alß ausser der
Nr. 9: Augsburg, Hochstift: Polizeiordnung vom 30. Mai 1606
279
kirchen, wie zuegleich das spacieren und gemaine versamblen alter und junger leüthen
auf den Fronhoff, gassen und pläzen, vermitten noch in annehen weeg, gestattet werde,
sonder die ambtleüth durch die büttel und ambtsknecht hierauff ir fleissige achtung geben lassen, und da dergleich umblauffens, geschwez zuesamenlauffens oder anderer
muettwill auf der gassen oder in häusern geschehen oder gespürt wurde, die leüth, sie
seyen jung oder alt, in die kirchen schaffen lassen, und die Verbrecher und ungehorsame, nach gestaltsame der sachen, mit dem stockh oder umb gelt unnachleßlichen
abstraffen.
Auff das auch hierinnen desto fleissigere ordtnung gehalten und dem von menigkhlich gelebt werde, soll an gebottnen fest- und feyrtägen under werenden gottsdienst, sowol in würdts- und pier- alß andern privathäußern alles zechen, spilen oder
andere versamblungen, sie geschehen kurzweil oder sonsten erlaubter handtierungen
halber, wie auch alles fahren, reiten und andere handt- und feldtarbaith, mit jetten, graßoder samen abschneiden, heimbtragen, item hew, stro[h], holz und anders aufladen, zuesambt dem lerchen-, wachtlen- und andere vogelfangen und waidtwerckh von niemandt
gebraucht oder geüebt, sonder hiemit alles ernsts verbotten und unsere jedes orts
vorgesezte gaistliche und weltliche officieren in g[nade]erinnert sein, da sie dergleichen
sehen, hören oder in erfahrung bringen wurden, die übertretter unnachleßlich abzuestraffen.//
8. Haltung der feyrabende
Alß auch bishero der mißbrauch hat allerorten eingerissen, das man an sambstägen,
auch andern gebottnen feyrabenden, nit allain biß auf vesperzeit, sonder zuegleich wie
an andern unverbottnen tägen mit aller arbaith sowol zue veldt alß in heüßern, Stadien
und werckhstätten, ja in würdts- und pierheüßern, tanzpläz und schießstätten, mit zechen, spilen, schreyen, juchzen, tanzen, singen ohne underschid fürgefahren würde, so
gebieten wir, das wann hailigen sambstag und andern gebottnen feyrabend die vesper
verleütet worden, sich menigkhlich auß dem veldt auch läden und werckhstätten zue
hauß verfliege und sich angedeüter arbaith enthalte und aintweders zue der vesper gange
oder sich sonsten in seinem hauß mit seinem gesindt und ehehalten still und eingezogen
verhalte. In sonderhait soll an feyrabenden, an wellichen ohne das hochzeiten auch
öffentliche tänz zuehalten allerdings verbotten ist, item sonn- und feyrtägen nach
geleüter vesper berüerte öffentliche und haimbliche tanzen, spilen, zechen, item fechtund springschuelen oder andere dergleichen versamblung und kurzweil genzlich abgeschaft und von jedes gegen den uberfarern mit türm, stockh, in die geigen spannen,
auch gelt oder anderer straff nach gestaltsamme deß Verbrechens ohne hinder sich sehen
verfahren werden.//
280utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
9. Lehr deß caethechißmi
Und demnach zue erhaltung und eüffnung unser christlichen catholischen religion auch
pflanzung guetter sitten und tugenden bey den underthanen nichts fürstendigers noch
nothwendigers ist, dann das die ainfeltige blüende tugent in den haubtpuncten unßers
catholischen glaubens fleissig und wo[h]l underweißen und zue Gottes forchi und
haltung seiner hailigen gebott gezogen und gelaitet werde. So wellen wir dißfals die von
unsern lieben herren vorfahren derenthalben hievor publicierte hailsame ordtnung aller
orthen fleissig gehalten und solcher catechißmues oder kinderlehr durch die pfarherren
angestelt, in den Stetten alle sonn- unnd feyrtäg durch das ganze jar, auf dem landt aber
zum wenigsten von anfang der fasten[zeit] biß Corporis Christi, und dann von Michaelis biß Trium Regum ohne underlaß gelehrt werde, und damit die pfarherren solches einzustellen desto wenig ursach haben, sollen jedes orths obrigkhait und beambten ire ambtsunderthanen alß eitern und haußvätter mit ernst dahin halten, das die kinder auch erwachßner ehehalten fleissig zue solcher kinderlehr geschiekht und geschaffet
werden, oder da solches von inen underlassen wurde, gebüerliches einsehen und straff
gegen denselben furgenommen werde. Eß sollen auch die prediger nach jedes orths
vermerckhender notturfft nit underlassen, sowol auff offner canzel alß auch etwan in der
beicht und sonderbaren vermanungen das volckh in nothwendigen stuekhen und articuln unsers wahren glaubens und lehr zue underweißen und abzuerichten.
Im fahl aber bey den pfarherren hierinnen saumbsal erschinen, sollen die selbige unß
oder unsern vicario zue gebüerlichem einsehen durch die ambtleüth denuntiert werden,
wie auch im gegenfal die pfarherren da inen von den ambtleüth nit, wie obvermelt,
schuldige hilff und handtraichung erwißen wurde, solches an unß gelangen zue lassen,
hiemit bevelch haben, dagegen wir bey ainem und dem andern thail ernstliche andung
fiirzuenemen nit underlassen werden.//
10. Schuelen
So will dann zue ebenmessiger pflanzung und erhaltung wahrer religion und anderer
Gott gefelliger lobwürdiger auffziehung der jugent nit wenigen den schuelen gelegen
sein, derowegen wir hiemit alle unsere nachgeordnete obrigkhaiten und ambt-leüth in
g[nad] und mit bevehlenden ernst vermanen thuen, allen angelegnen fleiß furzuekheren,
damit die schuelen latinisch und teütsch mit guetten qualificierten fleissigen gottsförchtigen und beschaidnen schuelmaistern und lehrern besezt und fursehen werden,
dieselbige auch unverbottne lehren und büecher gebrauchen und die jugendt sowol in
lesen und schreiben alß dem caetechismuo underweisen und zue gottsforcht, erbar- und
frombkhait ziehen.//
Nr. 9: Augsburg, Hochstift: Polizeiordnung vom 30. Mai 1606zywvutsrponmlkjihgfedcbaVSED
281
11. Verschickhung der kinder und jugendt zue catholischen schuelen,
diensten und handwerckhern
Damit auch in unserm stifft und dessen weltlichen territorio alle verfüerische kezerische
lehr und irthumben umb sovil besser verhüetet und das volckh in wahren glauben
auferzogen werde, ordnen und gebieten wir hiemit nochmalen, das unserm im negst verwichnen 1603 jar deroselben publicierten mandat, aller ortten strackhs gelebt und nachkhommen werde, das namblichen hinfuro bey straff ewigen verweiß deß stiffts khainer
unser underthan, es seye vatter, mutter, Vormünder, ire söhn, töchter oder pflegkinder an
orth und end, da die catholische apostolische römische religion, deren gottsdienst und
ceremonien nit in offnen gebrauch ist, weder zue schuelen noch diensten, handtierung
oder handtwerckhen verschickhen und verdingen sollen, sonder da solche alberaith der
orthen weren, die sollen von inen alßbaldt widerumb abgefordert und an andere orth, da
die catholische religion gehalten würdet, verschickht und gethan werden.//
12. Kinder sollen ohne vorwissen der obrigkhait nit in die frömbde verschickht werden
Eß soll auch hinfuro khainem unser underthanen erlaubt sein, seine kinder oder pupillen, manlichen oder weiblichen geschlechts, in die frömbde zue schulen, diensten,
handtwerckh zuverschickhen. Sie haben sich dann zuvor bey iren furgesezten ambtman
angemelt und anzaig gethan, wo sie daselbig hinzueschickhen bedacht seyen mit angehenckhten versprechen unserm angezognen mandat dißfalß vestigkhlich nachzuekhommen.//
13. Verheüratung der kinder an sectische orth
Ebenmessiger straff deß ausschaffens sollen auch diejenige underworffen sein, welche
ire kinder und zuegewandte an sectische orth wissentlich verheuraten oder in ainichen
weeg hilff, rath oder thatt darzue geben noch dasselbig abzuewehren und zuverhindern
sich nach möglichhait befleissen. Darunder wir auch die ambtleuth, welchen dergleichen verheuratungen angelegens fleiß abzuewehren hiemit aufferlegt ist, hierinnen aber
fahrlessig erfunden werden, gemaint und begriffen haben wellen.
Da aber ain kind ohne vorwissen und zuethuen der eitern oder Vormünder oder auch
sonsten jemandts unserer underthanen aigens willens sich an solche orth begebe, dem
soll nit allain von dem seinigen so lang er sich aida aufhelt, bey angezaigt ernstlicher
straff khain hilff noch handtraichung beschehen, sonder auch dazue seiner wider anhaimbschkhunfft oder sonsten einer jarsfrist seinet halber khain glaubwürdiger schein
zue österlicher zeit verrichter catholischen beicht und communion furgebracht werden
282
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
möchte, der oder dieselben sollen hierdurch mit der that ire burgerrecht oder vatterlandt
verwürckht und verfallen haben, auch hinfiiro änderst nit dann für frembdling und
außlender gehalten und in solchen irem haimet ohne unser sonderbare erlaubnus einzuekhommen nit mehr zuegelassen werden.//
14. Eltern, deren kinder in der frembde sein, sollen derselben beichtzedel den
ambt leüthen järlichen übergeben
Diejenige aber, die ire kinder an caetholischen oder auch anderen ortten, da beede religion in gebrauch, in schuelen und diensten auch handtwerckhen haben, sollen järlich
nach pfingsten iren ambtleiithen von den beichtvattern und pfarherren desselben orths
glaubwürdigen schein aufweisen, das sie zue österlicher zeit nach christlicher ordtnung
gebeicht und das hochwürdige sacrament deß altars empfangen haben, solchen schein
fur sich selbsten den ambtleuthen und pfarherren überschickhen. Geschehe aber das nit,
so sollen die außwesenden nach verfliessung deß jars ebenmessig deß vatterlandts und
dessen recht und gerechtigkhait enteüssert, auch für frömbdling und außlender zue menigkhlichs wissen öffentlich verrüeffi und gehalten werden, nicht desto wenig die eitern,
da ainich saumbsall oder gefahr irenthalber eingeloffen were, nach gelegenhait desselben gestrafft werden.//
15. Den von catholischer religion abgefallnen underthanen khaine mannrecht
mitzuethailen
Bey wellichen dann weiter unser will und mainung, das denjenigen, so ob angezaigter
massen, ir vatterlandt verwürckht, ohne unser vorwissen und erhalten sondern beschaid,
weder mannrecht noch geburtsbrieff oder dergleichen abschid mitgethailt werde.//
16. Eltern sollen irer außwesenden kinder den ambtleiithen järliche
designation zuestellen
Und damit solches alles desto stätter und fleissiger volnzogen werde und wir jederzeit
aigentlich wissen mögen, welcher orthen sich unsere underthanen in der frömde
aufhalten, wellen und bevehlen wir, das alle und jede deß stiffts underthanen jerlichen
umb Johannis Baptista [24. Juni] von den ambtleüthen erfordert werden und bey iren
aiden anzaigen, was und wievil ain jeder kinder oder pflegkinder habe, wie iedes mit
name haisst, wo es sich dasselbe ganze jar aufgehalten habe und derenthalben, so ausser
irer haimet geweßen, glaubhaffite beicht- und communionzedel auflegen, und sollen die
ambtleüth solcher außweßenden namen mit preisicierung der ortten, wo sie gewesen,
Nr. 9: Augsburg, Hochstift: Polizeiordnung vom 30. Mai 1606
283
fleissig aufzaichnen und solche verzaichnus und beichtzedel unßjerlichen auf St. Ulrici
[4. Juli], deß hailigen bischoffstag, hiehero übersenden.//
17. Kinder, so an sectischen orthen seyen, sollen durch ire eitern abgefordert
werden
WozywvutsrponmlkjihgfedcbaWVSGDA
sich dann auß solcher jerlich designation und anzaig der abwesenden personen
wenig oder vil befinde, so an gahr lutherischen oder uncatholischen ortten sich
aufhielten, soll deren eitern, Vormündern oder obern, lauth ob angeregten articuls, alles
ernsts und bey gemelter straff und gefahr eingebunden werden, solche alßbaldt abzuefordern, und das sie sich anderstwohin, aida sie den catholischen gottsdienst und hailige sacramenta zuegebrauchen und zue niessen gelegenhait haben, hirzue verfliegen,
bey vermeydung angedeüter verwürckhung ires burgerrechts und vatterlandtsgerechtigkhait angewisen werden. So gedenckhen wir gleichfals gegen den ambtleüthen
auf derselben hierinnen verspüerten saumbsall gebüerende straff vorzuenemmen.//
18. Abergläubische segen und mittel abgeschafft
Alß uns dann auch mehrfeltig vorkhommen was massen an etlichen orten unsers stiffls,
vorab auf dem landt, die underthanen sich allerhandt verbottner abergläubischer segen
gebrauchen, auch in iren furfallenden nöthen und zuestenden an iren leiber auch vieh
und güetern, anstatt der natürlichen und von Gott geordneten mittein, bey den zaubern
und Wahrsagern hilff und rath suchen, welches aber der ehre Gottes und verordtnung
der catholischen kirche höchlich zuewider und derowegen von khainer christlichen
obrigkhait zuegestatten. Also soll hiemit solcher abergläubischer mißbrauch, deß segensprechens bey unsern underthanen genzlich abgethan, auch darbey dem ambtleüthen bevohlen sein, auf solche zauberer, segensprecher und Wahrsager, mann- oder Weibspersonen, fleissiges aufmerckhen, neben jedes orths pfarherren, zue haben, und da deren
aine oder mehr in erfahrung gebracht wurde, die solle unß angezaigt werden, gebüerendes einsehen gegen derselben haben vorzuenemmen.//
19.
Damit dann fürter unsere gethrewe underthanen nit allein in lebenszeiten zue christlicher wahrer lehr, tugendt unnd erbaren, gottseeligen wandel angewisen, sonder auch in
iren todtsnöthen mit den hailigen sacramenten nach catholischem gebrauch und ceremonien gebüerlichen versehen und dißfals an seiner seelenhail niemandt vernachthailt
noch verkhürzt werde. So ordnen und bevehlen wir hiemit ernstlich, das hiefuro, sobaldt
284
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
jemandts in ainem hauß erkhranckhet, die haußleüth und in woner, bey ernstlicher straff,
solches alßbaldt den pfarherrn kundtpar machen und damit nit verziehen, biß die
kranckhait den kranckhen die vernunfft oder seine menschliche sinn oder auch gahr die
seel hinnimbt. Inmassen auch die pfarer und seelsorger auf beschehene anzaig oder
selbst erfarne gefahrliche kranckhaiten irer anvertrawten pfarrkhindter hierinnen khain
Verzug noch saumbsal und sich ires pfarrlichen ambts mit besuchung und erweißung
und versehung der kranckhen gebrauchen sollen.//
20.
Dieweil aber nach lehr und Ordnung unser wahren caetholischen kirchen und der
hailigen concillen diß hochhailigste sacrament deß allerhailigsten leichnams Jesu Christi
alß der höchste und werdiste schaz der kirchen nit mißbraucht, nach denjenigen so sich
durch vorgehende bueß und starckhen vorsaz furter sich der Sünden nach menschlicher
möglichait zu enthalten und sein leben zue bessern billig nit geraicht werden soll. So
ordnen und bevehlen wir, das solches allen denjenigen so in offnen schänden und
lästern, alß concubinat, ehebruch, zauberey, wucherey, steelen und dergleichen unbueßfertigs leben und wandel fueren und darinn verharren noch davon absolviert seyen. Item
welche mit wissentlichem bann und excommunication der kirchen behafftet, nach dessen durch ordenliche mittel entlediget und absolvirt sein sowol bey gesundem leben alß
in iren todtsnöthen geraicht werde. Sie erzaigten sich dann mit christlicher beicht und
rhew irer Sünden, wie ainem bueßfertigen und gehorsammen christenmenschen gebüert.
In welchem fehlen zue iedes pfarherren und seelsorgers discretion gestelt sein solle sich
dißfals nach den hailigen kirchensazungen zu verhalten.//
21. Die in offnen lästern, in excommunication ohne bueß und absolution
sterben, sollen nit auf daß geweicht erdtrich begraben werden
Welche Personen auch in solchen lästern und excommunication, sonderlich aber in
wissentlichen irthumb in glaubens sach ohne vorgehende beicht, bueß und absolution,
da sie solche gehaben mögen, hinsterben, die sollen nach außweisung der hailigen
canonen nit auf das geweicht erdtrich zue andern in Gott verstorbnen christen begraben
werden, sonder solcher begräbnus allerdings beraubt sein, ungeacht was standt und
würden die gewesen seyen. Wo aber ain solche person mit wissenden oder unwissenden
dingen auf das geweicht were begraben worden, der soll widerumb außgegraben und
sein cörper oder gebain anderstwohin under die erden gelegt werden, und unsere
ambtleüth neben jedes orths pfarherren hierauf ihr fleissig aufmerckhen bestellen.//
Nr. 10: Augsburg,
Domkapitel
285
Nr. 10: Augsburg, Domkapitel: „Policey Ordnung eines
hochwürdigen thümbcapitels der hohen vnser lieben
frauwen stifft zu0 Augspurg" vom 21.11. 1571/157913
Der armen angeho e rigen vnderthonen vnd gemainem nutzen zu 0 halten etc. M. D.
LXXIX//
Wir Marquart von Berg Thu°mprobst Christoff von Freyberg vom Eysenberg dechant
vnd gemain capittel der hohen stiffte zu 0 Augspurg. Empieten allen vnnd jeden vnsern
pflegern, vo e gten, pröbsten, amptleuten, richtern, gerichten auch allen vnnd jeden vnsern vnnd vnsers capituls vnderthonen, hindersessen vnnd gerichtsleuthen unser genad
vnnd gru°ß zuuor vnd fingen euch sament vnd sonders zu 0 wissen. Ob wir wol die zeyt
vnserer regierung vnnd Verwaltung allerley notwendige gu°te vnd nutzliche Ordnungen
vnd mandaten in baiden gaistlichen vnnd zeytlichen sachen was zur seelen hayl vnnd
zeytlicher wolfart auch erhaltung gu°ter policey vnn aller erbarkait fiirdersam vnd
dienstlichen sein mo e gen furgenommen vnnd euch öffentlichen nit ainmal sonder noch
ja e rlichs verlesen, publicieren vnd verkünden lassen der zu°uersicht es solte denselben
gehorsamlichen nachgesetzt vnd gelebt worden sein sonderlichen aber daß jr amptleut
von ampts pflicht wegen vber solchen vnsern beuelchen fleissigs auffsehens gu°te execution vnd volzihung thun solten. So befinden wir doch durch ta e gliche erfahrung souil
daß denselben vnsern Ordnungen, mandaten vnd gebotten von vilen nit gelebt ja gar
verächtlich vnd vngehorsamlichen zu°forderst auch von euch den amptleuten selber
vbertretten werden.
Vnd sonderlichen das baide amptleut vnd ihr die vnderthonen in dem so das vorderst
sein soll in besuchung des dienst Gottes anho e rung der der goettlichen aempter predigen
vnd volbringung deß hailigen gebets laider sehr hinla e ssig vngotsfo e rchtig. Aber wol
(vnangesehen das wir den gerechten zorn vnnd straff Gottes in mehr weg vor äugen
sehen vnd empfinden) nichts destominder von tag zu 0 tagen denselben jhe lenger vnd
mehr auff vns laden vnnd zu 0 allen vbermessigen verderblichen fressereyen, trunckenhaiten, spilen, gotslesterungen, wu°cher, fμirkauff, ehebruch vnnd andern mehr an leib
vnd seelen schädlichen lästern vnnd sünden genaigt die ohn alles abscheuhen forcht
vnnd Verhinderung auch one auffsehen vnd straff ewer der amptleut offenlichen fiirgehn
vnnd volbracht werden. Darauß dann nit allein der zorn vnd straff Gott deß allmächtigen sonderlich der laidigen sehr erschrockenlichen zuuor vnerho e rten langwürigen
theurungen vnd kranckhaiten gemehret sonder auch von tag zu tag jhr vnsere vnderthonen sampt weyb vnnd kindern in abfall armu°t vnd hungers noth ja so gar dahin
gerathen, daß jr auch vns vnd ewern grundts herrschafften ewer ordenlich rennt, zinß
vund gülten nit mehr wie vor stattlich raichen künden. Ab welchem ewer beyder der
13 Stadt- und StaatsBi Augsburg, 4°Augustana 283-2.
286
Die geistlichen
Staaten: Klöster. Stifte und
Spitäler
amptleut vnd vnderthonen vngehorsam vbertrettungen vnd vngotsfoerchtigen leben vnd
vnd wandel wir dann nit vnzeitlichen ho e chstes mißfallen vnd verdruß mit layd einnemmen vnd entpfangen. Heften auch wol mehrmalen vrsachen gehabt hierinnen vnnd
von deß wegen gegen ewrem vngehorsam vnnd fahrla e ßigkait mehrs vnnd ernstliches
einsehens vnd straff dann beschehen zugebrauchen, wo wir nit mehr zu 0 gu°te vnd miltigkait dann zur strenge genaigt.
Damit dann der zorn Gottes gemiltert vnd solches alles als obsteht vnnd sonderlich
ewer selbs augenscheinlich verderben vermitelst goettlicher hülff abgewendt vnnd gu°te
Ordnung gehalten wird, haben wir genediger getrewer gu°ter mainung hoch eraischender
notturfft nach etliche mehr articul zu0 den vor verkündten vnd geborten fiiergenommen,
welche jr jetzt nit allein hoeren vnd vernemmen sonder auch gehorsamlich volnziehen
vnnd das denselben gelebt werdt ihr die vo e gt vnd amtleut ernstlicher darob dann bißher
beschehen halten sollen. Dann ihr solt wissen, das wir ob solcher Ordnung mit ernstlichem gu°tem fleiß zuhalten vnsern Iandtpflegern aufferlegt vnd beuohlen: Inn dem
auch weder amptleuthen noch vnderthonen zuuerschonen, sondern mit der streng gegen
den Verbrechern diser articlen stracks ohn alle genad zuuerfahren.//
Von dem gottsdienst
Erstlich, das niemand wer der sey von der hailigen christlichen catholischen kirchen
lang hergebrachten auffgesetzten lo°blichen gu°ten Ordnungen, Satzungen, gewonhaiten,
gotsdiensten vnd ceremonien wie solche die ba e pstliche vnd kayserliche geschefft
vermo e gen vnd außweysen vnd bißher in der alten hailigen allgemainen catholischen
christlichen kirchen vonn menigklichen gaistlichen vnnd weltlichen nicht ohne frucht
vnd wolfahrt seelen vnd leibs gehalten vnn loblichen hergebracht worden abweiche
noch daruon sich abreden noch verfu e ren lasse, sondern sie so wol als vnsere vnnd ihre
fromme voreitern dieselbigen gestracks noch halten vnd darbey gehorsamlich verharren
vnnd bleyben sollen vnd wo e llen.//
Innsonderhait aber woellen wir das hinfur so man an feyerta e gen in der kirchen das
hailig ampt der meß vnd das wort Gottes halt vnd verkündt ir die vnderthonen bey ewer
pfarren bleyben euch daruon nicht sundern vilweniger außlauffendt auch nit auff dem
kirchhoff heraussen oder sunst auff der gassen stehen vnd spacieren noch auch in den
wiirts oder andern heusern euch betretten lassent, sondern dem dienst Gottes in der
kirchen biß zum ende sampt ewern weyb kindern vnd ehehalten mit andacht getrewlich
außwarten vnd ewer gebeth anda e chtigklich Volbringen vnd nit wie bißhero beschehen
nach Verkündigung des euangelij oder der Wandlung auß der kirchen lauffen darzu 0 ,
dann ein jeder pfarrherr seine pfarrkinder trewlich ermanen vnd die vo e gt selbst auch
thu°n vnd darob halten sollen.
Derhalben soll auch an feyerta c gen so lang der gottesdienst in der kirchen wehret
niemand lerchen oder wachtlen oder auch auff den vogelherden Voglen auch sonst den
Nr. 10: Augsburg,
Domkapitel
287
gantzen tag in den feldern nit jetten, graß oder samen abschneyden, haimtragen noch
hew, stro vnd holtz auffladen vnn dergleichen werck ta e gliche geschefft vnd arbeit verrichten, sonder den feyertag wie die zehen gebott verschaffen hailigen.//
Vom gottslaestern
Es soll auch niemandt weder jung noch alt weibs oder manns personen freuenlich
beda e chtlich oder furtraechtlichen oder auch auß boeser angenomner weyß vnnd
gewonhait bey Gott seinem hailigen leyden oder haylsamen sacramenten noch auch der
junckfrawen Maria vnd den lieben heiligen schwo e ren noch vppigklichen flu°chen
weder Gott noch seine hailigen loestern. Darauff dann die voegt vnd amptleut
allenthalben insonderhait (als der grausambste laster ains so die menschen gegen Gott
jrem scho e pffer vnd seligmacher begehn künden) streng vnd ernstlich halten vnd
vnabla e ssig straffen sich selbst dessen auch massen vnd die fra e uenliche vbertretter
jederzeit den zwayen herren landpflegern ohne allen Verzug anzaigen gegen sollichen
nach vngnaden mit straff nach gelegenhait deß Verbrechens an leib vnd gu°t
zuuerfahren. Derhalben dann die pfarrherrn auff der cantzel offtermaln das volck daruor
gewarnen deßgleichen auch die eitern jre kinder vnn ehehalten anhaims sich vor solcher
erschrockenlichen lästern zuuerhu e ten getrewlich ermanen vnd darob halten sollen,
dardurch den schweren zorn vnnd vngnad Gottes vnnd vnser vnnachla e ßliche straff
zuuermeyden.//
Von zehenden vnd gülten
Es soll auch ein jeder groß vnd klein zehend recht getrewlich vnd volkommenlich geben
vnd ligen lassen.
Damit aber hierinn gefahr vnd vntrew verhu e t werd sollend jr die amptleut hinfuran
beharrlich darob vnnd daran sein daß in bezalung der gülten kein gefahr vntrew vnd
nachla e ssigkait gebraucht vnd gestattet werd daß auch die rennt zinß vnd gültleut auff
Martini oder zum lengsten auff Weyhna e chten jedes jars mit gu°tem beraitem getraid
vnd darneben allweg (so was von alten schulden vorhanden) bezalen vnd zuuor ohn
sonder vnser oder ewer der amptleut erlaubnuß nichts gehn marck fuhren, welche
erlaubnuß durch euch die voegt nit nach gunst, sonder denen allein beschehen solle so
der herrschafft in den vor verfallnen gülten nichts hinderstellig blieben vnnd gu°te zaler
seyen. Da aber jhr hieran vnfleissig erscheinen wurden darüber gestrafft werden
sollen.//
288
Die geistlichen
Staaten: Klöster. Stifte und
Spitäler
Von vnmaessgiem vnd vnzeytlichem essen, trincken, tantzen, spacieren vnnd
spilen
Dieweyln auch vbermessige füllerey vnordenlich zechen, essen vnd trincken so laider
bey vilen gar gemain baiden seelen vnd leib scha e dlich vnd endtlich dem armen mann
weib vnd kindern verderblich, so wo e llen wir euch vnsere amptleut vnd vnderthon in
gemain gantz väterlichen dauor gewarnet vnn euch den amptleuten mit ernst bey
vermeydung hoher straff bevohlen haben derwegen fleissigs auffsehens zuhaben darob
vnd daran in sonderhait zusein, damit niemandt vnmessigklich zu°trincken kein gemessene bringen noch warten den andern zu 0 der füllerey nit bewegen tringen noch no e ten vnd jr die vo e gt vnd amptleut solchs selbst auch vnderlassen.//
Es soll auch niemandt es seyen würth oder andere personen kein gesellschafft auch
kein gesellen mahl oder wie mans nennet sa e wmal auch sunst kein gastereyen oder
mahlzeyt an einem kirchtag noch auch nachkirchtag vil minder zu 0 andern Zeiten anschlahen noch halten oder auch ausserhalb in andere gericht darzu 0 kommen.//
Die vbermessigen zerungen der gerichtsleut vnnd partheyen, so vilmaln nach gehaltnen rechsta e gen fürgangen, sollen angestellt vnd jedem vrthailsprecher so selbmals der
gerichtshandlung beygewohnet auch dem vndervogt allain ain maß wein vnd zwey
pfenwert brot dem vogt aber zwu e maß wein vnd vier pfenwert brot nach gestalt der sachen gegeben werden.//
Vnd so in speenen vnd jrrungen auß beuelch der obrigkait Vertrags handlungen Abgenommen werden soll gleichßfals ainem erküesten vnderha°ndler so am selben orth gesessen wer mehr nit dann ein maß wein vnd fur zwen pfenning brot vnnd jeder person
der partheyen vnnd beystaend allein ein halbemaß wein vnd ein pfenning wert brot erlaubt sein. In andern kleinen Vertrags sachen, die ohne beuelch der obrigkait fürgiengen,
soll mehr nit dann ein vierthel wein vnd vier pfenningwert brot zuuerzechen zu°gelassen
sein.//
Deßgleichen alle zechen vnnd zerungen auff die hailigen gemainden vnnd pflegschafften sollen verbotten sein vnnd ainem hailigen pfleger für sein mu°he auch einem
pfarrherrn oder amptmann für das einschreiben vnd Stellung der rechnungen ain gulden
oder auffs maist zwen nach gelegenhait aines jeden orths geben werden.//
Darbey soll auch vnsern amptleuten bey vermeydung ernstlicher straff verbotten sein
die armen vnderthonen so sie zu 0 ihnen in ihren anligen amptshalber kommen nit in das
würtshauß zufu e hren oder fu e hren zu°lassen sie für sich selbst in vnkosten zubringen
vnnd dann darzu 0 die zech für ihne vogt bezalen zu°lassen wie bißhero vilfeltig mit
grosser beschwerd der armen vnderthonen beschehen.//
Deßgleichen soll der mißbrauch hinfüran bey den holtzwarten gentzlich auffgehebt
vnnd abgestellt sein, wann sie auß bevelch vnsers holtzmaisters vnsern armen vnderthonen ein span oder sunst holtz geben sollen, daß sie ihnen solches holtz nit zaigen
oder widerfaren lassen sie seyen dann zuuor zum wein gefu e hrt vnd ihnen ain zech bezalt worden, welches mehrerthails den armen mann thewrer dann die bezalung deß holtz
Nr. 10: Augsburg, Domkapitel
289
ankommet vnd also in zwifachen vnkosten gefii e rt werden.//
Die wiirth sollen auch winters zeit nach 8. vnd im sommer nach 9 vhren allain die
frembden ga e st vnd keinen innwoner oder nachgesessnen darüber mehr enthalten auch
nach solcher zeit weder wein noch bier auß jrer behausung geben, es were dann kindbetterinen oder krancken leuten.//
Sie die würth sollen auch den wein vngefelscht vnuermischt vnd vngewa°ssert vnd
umb ain zimmlichen pfenning schencken vnnd an der maß kainen vbermessigen gewin
nemen, damit ain oberkait ferrers einsehens zuhaben vnnd dagegen gebürende ernstliche
straff furzunemen nit verursacht werde.//
Es soll auch kain würth kainem armen mann taglo e hner vnd dergleichen so nit aigen
hauß vnnd hoff im flecken hat kain wein auff borg geben noch sonst inn seinem hauß
dann vmb bare bezalung zechen lassen bey straff verlierung deß borgeten gelts vnn soll
darzu 0 auch souil der herrschafft zu 0 straff verfallen sein.//
Vnd bey welchem würth deß zutrincken oder vberladen deß weins auch spil flu°chen
oder schwo e ren furgiengen, soll ain jeder so darbey ist vnd das hoeret insonderhait aber
der würth solches jederzeyt vnuerzogenlichen dem vogt vnd die vo e gt dieselbigen Verbrecher vnsern landpflegern anzaigen die nach gestalt ihres vberfarens vnd Verbrechens
nach vngnaden haben zustraffen oder solchs vnsern weltlichen amptleuten zuthu°n zubeuehlen.//
Es sollen auch die würth vnnd all andere einwohner, so jnen brenner widertauffer
gartenbru e der oder dergleich argwo e hnig oder verda°chtlich leut zu°kommen solches
dem amptmann im flecken veruerzogenlich anzaigen.//
Wann man in die vesper predig oder hocha e mpter leutet an den feyrabenden vnd
feyrta e gen, sollen die würth vnnd wer zechen helt bey vermeydung ernstlicher vnnachla e ßlicher straffen so lang die vesper predig vnd hochampt wehrendt denen die nit
durchraisende frembde ga e st seind nit mehr gestatten zu zechen, auch jhnen wein brot
morgen suppen noch anders nit geben, sonder die zechleut alßbald außschaffen.//
Es soll auch hinfuro niemandt keinen brandtwein zutrincken weder feyrtag noch
Werktag fail haben noch verkauffen, wann aber jemandts zu0 ainer artzney eines bedoerffte dem soll vmb ain pfenning oder zwen auff ain mal zukauffen vnd verkauffen
vergundt werden, doch daß hierinn kain gefahr oder betrug gebraucht werde.//
Es soll auch kainer hinfuro stu°luo e stin ohn beysein seines ordenlicher pfarrherrns
halten vnnd bey der stu°luo e stin vber ain oder zwen tisch nit haben. Welcher aber ain
hochzeyt halten wirdt, der soll vber 32 personen ohne erlaubnuß der herrschafft nicht laden auch die nachhochzeyten verbotten sein.//
Vnd so dem jungen volck vngefa e hrlich ta e ntz gehalten wurden sollen doch die nit
mit trummen oder zwerchpfeyffen sonder mit sackpfeyffen vnnd schalmeyen vnd kain
trummen mehr gebraucht werden. Darneben in der fasten biß nach vnsers herrn Fronleichnamstag im aduent vnnd in Vnser Lieben Frawen dreyssigsten verbieten wir, daß
die ta e ntz in den zeiten nit sollen gehalten werden.//
So man die go e ttlichen a e mpter vnd vesper haltet soll ainiger tantz oder saitenspil inn
290
Die geistlichen
Staaten: Klöster. Stifte und
Spitäler
vnd ausserhalb der heuser nit gehalten werden.//
Nach neun vhren soll niemandt ohn redlich erbar geschefft sonderlich ohne Hecht
auff der gassen gehn welche aber also nach der zeyt auff der gassen geschefft halber betretten wurden, sollen kein geschray oder vnbeschaidenhait brauchen noch spieß oder
lange woehren tragen oder die vbertrettyr in das Narrenheußlein oder stock gelegt werden.//
Es soll auch kainer kain spil in oder ausserhalb der flecken thun auch fürhin ohn
erlaubnuß der oberkait nit mehr thewer als vmb ein pfenning kuglen.//
Von vnerbarkait vnd vnzucht
Es soll jemandt vnehrlich oder köpsweiß bey einander nit hausen, sonder ohn allen Verzug auß vnsern oberkaiten vnd gerichten geschafft werden.
Vnnd sollen auch in den gangkelheusern vnd andern orten alle schendtliche schampare vnnd ergerliche wort, gesang vnd werck verbotten sein vnd die jungen leut so
haimlicher weyß vnehr mit einander getriben mit vngnaden ernstlicher gestrafft werden.//
VonvutrnihgecV
Verrichtung der vierer im dorff
Es sollen die vierer des dorffs, so zu0 befiirderung deß gemainen nutzen vnd fürkommung schadens jedes fleckens gesetzt vnnd darzu0 mit aydes pflichten verbunden seyen,
ihrem ampt mit getrewem fleyß nachsetzen vnd jnen jeder zeit die voegt von oberkeit
wegen so offt sie das bedo'rffen hülfflich vnnd beystendig sein vnnd da sie nachlessig
erscheinen wolten durch vnsere voegt angetriben vnd ernstlich angehalten werden.//
Zway mahl im jar sollen sie sampt dem vogt alle fewrstatten in den gerichten mit
fleyß besichtigen vnd die gefundnen maengel zuuerbessern verschaffen vnnd daß dem
also gelebt innerhalb vier wochen darnach dieselbigen orth da maengel befunden ob die
gewendt wider durch sie besichtigt werden solliche besichtigung soll an S. Michels
vnnd an S. Georgen abent ja°rlich beschehen.//
Item ja e rlich sollen sie die zaunstaetten vor den feldern besichtigen vnnd kainer ohne
ihr der vierer vnnd voegts erlauben keinen zaun bey straff 2 guldin abzubrechen macht
haben.//
Item ja°rlich im fru e ling zuuor vnnd ehe man das viech außtreybt dem viech die hoerner besichtigen vnd wa von noeten beschneyden lassen.//
Item da man inn den flecken ga°nß hat zu0 den selben ainen hirten zubestellen vnd
jnen sondere ort furgeben werden darauff zu waidnen vnd der viech waid damit zuuerschonen vnnd die gaenß so ausserhalb deß hirten befunden in pfandtstall getriben
vnnd vngestrafft nit sollen hinauß geben werden.//
Nr. 10: Augsburg,
Domkapitel
291
Item fiirsehung thu°n, daß kain kranck oder vngesund roß vnder der stu°t gelidten,
sonder dem so sollichs zu°gehoert ab der waid ins hauß geschafft werden soll.//
Item jaerlich sollen vogt vnd vierer zwaymal im jar zu fru'lings vnd herbstzeyt zu 0
weg vnd steg innerhalb vnnd ausserhalb deß dorffs fleissig sehen vnd was an siegen vnn
wegen nottürfftigklich zu machen bessern lassen.
Item da ain dorff gemaind hoeltzer hat die dermassen in acht haben vnd darmit Ordnung da die vorhin nit gemacht fürzunemmen, daß solche nit verwu e st, sonder souil
müglich ihnen selbs vnd jren kindern vnd nachkommen zu0 gu°tem gehayhet vnnd auffgezogen werden als ainen sondern schätz so diser zeyt vnd je lenger je mehr in hohem
werth ist vnd sein würdet.//
Item zu 0 herbstzeyten fiirsehung zu°thu°n so man mit dem flax vmbgeht, daß solcher
nit in stuben vnd bacho e fen sonder souil müglich an der sonnen gedoerrt werde, verderben brunst halber dardurch zuuerhueten.//
Item mit jren tag vnd nachthirten zuuerschaffen auch ihren aydspflichten einzubinden, daß sie den blu°menbesuch vnd waidgang bey tag vnn nacht sonderlich gegen den
anstossenden nachbawren fleyssig besuchen vnd da sie die vnnachberte hirten auff jr
eingegebne waid hueten sehen solliches nit leyden sonder abtreyben oder da sie das nit
vermochten, vogt vnnd vierer vnuerlengt anzuzaigen jrrungen vnn eintraeg wie offt derhalben beschicht dardurch zufurkommen.//
Das auch ein gemaind mit vbermessiger zerung der vierer im dorff nit beschwerdt,
da ein vierer oder mehr oder andere von ainer gantzen gemaind wegen vber feld außgeschickt werden darzu0 sie einen gantzen tag haben mu e ssen solle kainem mehr vber ein
mahlzeit dann 12 creutzer. Vnd wa die vierer sonst anhaims gemaind sachen zu°uerrichten hetten vnnd ain tag darzu0 haben muesten, soll ainem allain 6 creützer gegeben
werden. Dergleichen ausserhalb dorffs die vo e gt vnd amptleut da sie mit den Vierern
vmbziehen mu e sten auch soll gehalten werden vnnd hiemit gaest zuladen gentzlich
verbotten sein soll. Innerhalb fleckens aber sollen die vo e gt one einer gemaind vncosten
von amptswegen, wa sie angeruefft, den vierern beystand vnd hülff zuerzaigen schuldig
vnd alles zeren vnd zechen hiemit gentzlich abgestellt sein.//
Damit auch vnsern armen gemainden allenthalen in vnsern gerichten jr jaerlich
einkommen oder auch auff ein gemaind angelegte steuren nit wie offt beschehen durch
vogt oder vierer vertruncken oder sonst verthon worden. Sollen vogt vnd vierer alle jar
zu 0 der zeyt so man die vierer vnd hailigen pfleger setzet einer gemaind von den vnsern
darzu0 verordneten einnemens vnnd außgebens ordenliche gu°te rechnung thu°n vnd
vnsere darzu0 verordnete solche raitung anderer gestalt dann obsteht nit passieren lassen, sonder wa von noeten vns der befunden ma e ngel berichten vnd beuelchs darüber
sich bey vns erholen.//
So offt auch durch vnsere verordnete vnn gesandte andere vierer oder auch hailigen
pfleger erwo e hlet vnd furgestellet werden, denen soll dise Ordnung vnd artickel den vnd
solchen gestracks vnd vnfa e lig nachzusetzen in jr aydspflichte eingebunden werden.//
292
Die geistlichen
Staaten: Klöster. Stifte und
Spitäler
Von kauffen, verkauffen vnd entfrembdung fremdes gu°ts
Die würth, mu e ller, bo e cken, metzger, hucker vnnd dergleichen handtierenden personen
sollen rechte maß vnd gewicht haben vnd brauchen.
Vnd ihr amptleut solt jetzt anfa e nglichs vnnd hernacher so offt es von no e ten neben
zwayen von der gemaindt darzu 0 verordnet das flaisch bey dem metzger lebendig vnd
geschlachtet vnnd dann das brot bey den bo e cken ob es in dem wert wie in vmbligenden
flecken der billichheit nach gebreuchig gebachen, auch die mühlen mit zu°ordnung deß
mühlwercks verstendigen durch die oberkait besichtigen lassen vnd die früchten gegen
dem mahlen vnd lohn abpfechten vnd die proben deß mahlens einer gemaind verkünden, daß sie wissen mo e gen wieuiel meels jedes getraids der müller neben der kley
einem jeden reichen oder armen von dem schaff oder maetzen zugeben schuldig sey.//
Es soll auch niemandts durch sich selbs oder andere von kainem juden nicht entlehnen, versetzen noch bürg werden durch sich selb oder durch andere bey peen vnd
straff souil gelts als er entlehnet hat oder darfür erbürg worden ist.//
Es soll auch niemandt kein ligend gu°t ausserhalb vnserer gerichten inn frembde
gericht verkauffen, vertauschen, vbergeben, vereüssern, verobligieren, versetzen oder
verschreyben ohne vorwissen vnd außtruckenliche bewilligung vnser herrschafft pflegern alles bey vermeydung solches ihres verenderten oder verpfendten gu°ts verwürckung vnd sunsten ernstlicher straffen.//
So soll auch niemandt kein furkauff in vnsern gebieten thu°n, dardurch die vnderthonen beschwerdt vnd getruckt werden mo e chten.//
Vnd das niemandt keinem dürfftigen armen menchen in seiner not vmb ein vnzimmlichen besuch oder gewin fürsetz oder leyhe auch niemandt kein beschwerlichen
oder wucherischen oder verbotten kauff geben.//
Das auch niemandt keinem armen menschen zu der leibsnarung, es sey korn mei
brott fleisch schmaltz oder ander essend speyß, borgens weiß oder vmb bar gelt hoecher
oder thewrer dann der gmein kauff in den vmbligenden staetten oder flecken zukauffen
gebe.//
Es soll auch insonderheit bey vermeydung ernstlicher hoher vnd vnnachla e ßlicher
straffen niemands die samen oder treidt, graß oder hew auff dem feldt kauffen noch verkauffen.//
Man soll auch von den kindern oder ehehalten auch gartierenden oder andern verdechtlichen personen sojren eitern obern oder andern leuten etwas abgetragen hetten nit
abkauffen.//
Den Wahlen vnd Saffoiren saffran vnd andere specereyen in die heuser fail zutragen
vnnd zuuerkauffen soll nicht gestattet werden; sie geben dise wahren als wolfeil, sie
wollen bey verlierung jrer wahren vnd so sie an öffentlichen wochenma e rckten fail hetten wie sie wol thu°n mo e gen, soll jnen die wahr besichtiget vnd die bo e sen wahr aller
eingezogen vnd genommen werden.//
Es soll auch niemandt dem andern an seinem ops oder früchten vn gaerten mit
Nr. 10: Augsburg, Domkapitel
293
abbrechen oder abwerffen auch sunst mit vbera e ckern vnnd vberza e umen kein schaden
thu°n. Deßgleichen die geha'useter in vnsern gerichten sich inn niessung des wilden ops
gefallnen holtz auch andere gemeinsame beschaidenlich vnd ohne kag der gemeind
halten vnd erzaigen.//
Alles bey vermeydung hoher vnd ernstlicher straffen an leib vnd gut so in jedem fahl
vns vnsern landpflegern vnd weltlichen amptleuten zu moderieren vnd massigen heimgestellt vnd befolhen sein sollen.//
Von hausen, geheuseten auch gartenden knechten, frembden vnd betlern
Es soll auch niemandts ohn erlaubnuß der herrschafft kein news hauß auff ein newe
hoffstat da vor keins gestanden zu bawen vergondt werden.
Soll auch kein geheuseter noch kein anderer, der kein aigen hauß hat, zu keiner gemeind gehn noch bey der gemaind nichts zuthu°n noch zu reden haben, er wurde dann
durch den amptman auß notwendigen gu°ten vrsachen darzu°erfordert.//
Vnnd soll auch kein geheuseter von jemandts ohne vorwissen vnnd beweilligen vnserer landpfleger deßgleichen inn ein behausung zwey geheuseter zusamen nit mehr eingelassen werden.//
So offt auch ein geheuseter inn ein gericht durch zulassen der oberkeit eingelassen,
soll er anfa e ngcklich ainen einlaß guldin zugeben schulden. Auch der so jn zu j m inn
sein hauß einlaßt für solchen gegen der herrschafft vnd sunst menigklich so zu jhme
spruch oder forderrung vberka e me burg vnd gu°t sein.//
So auch ein frembder in vnsere gericht heyraten solle, derselb da er nit aigen hauß
vnd hoff darmit erheyraten wurde, in das gericht nicht eingelassen werden, sonder das
weyb dem mann in seine gericht nachuolgen.//
Es soll auch kein vnderthan noch hinderseß ausserhalb der oberkaiten willen vnd
erlaubnuß kainen starcken betler gar nit aber die alten vnd schwachen vber ein nacht nit
herbergen, er mo e chte dann kranckheithalber nit weitter kommen.//
Vnd nach dem euch armen bawrsleuten vnd vnderthonen auff dem land durch die
gartende knecht starcke betler vnd landfarer grosse trang vnd gewaltsame vil vnd offt
zusteht das zu fürkommen sol er fürohin also gehalten werden, das keiner vnser vnderthonen für sich selbs gartten auch ainichem gartenden knecht, starcken betler oder
landtfarer bey der herrschafft straff hinfüro nichts mehr geben, sie auch ausserhalb inn
freyen offnen herbergen vnnd würtsheusern doch vmb gebürliche bezalung weder hausen, herbergen oder ainichen vnderschlaiff oder furschub geben soll, sonder sie wann
sie also kommen, warnen fortaußzuziehen, darmit sie nit in nachteil kommen. Vnd so
darüber jhr einer oder mehr tro e wort vnbescheidenheit oder ainiche gewaltsame zuu e ben
sich vnderstehn wurde, soll ein jeder so solches ho e ret oder sihet den nechsten dem
amptman zulauffen vnd jme solches anzaigen, welcher dann ferner mit hilff vnd zuthu°n
einer gemeinsam daselbst den oder dieselben in glübt nemen, sich des gartens weyter in
294
Die geistlichen Staaten: Klöster. Stifte und Spitäler
der herrschafft oberkeit vnd gebiet zuenthalten mit angehenckter betroewung, wa er oder
sie mit garten betretten das er oder sie gefa e nklich angenommen in das nechst hochgericht gefürt vnn gegen denselben als mainaydigen behandlet werden soll.//
Wurde sich aber bey einem oder mehr befinden, das sie jemandts mit gewalt das sein
abgetrungen oder inn ander weg wider den landtfriden vergweltigt hetten die sollen
gfa e ngklich angenommen vnd im fall der flucht mit der nacheyl zur hafft gebracht vnd
jre Verhandlungen den nechsten vnsern landpflegern oder weltlichen amptleuten angezeigt werden, sich mit straff gegen den selbigen vermo e g gemeiner des Reichs rechten
vnnd Constitutionen freyhaiten vnd alten herkommen wissen zehalten.//
Von versamlung vnd auffmanung der gemeind auch fiirfallenden empoerungen vnd pflich der innwohner
Ir solt auch ausserhalben ewrs amptmans bewilligen kein gemaind aigens gewalts fur
euch selbst beru e ffent noch halten. Vnnd da durch die vo e gt vnd amptleut gemeinden
versamlet darinn kein frevenliche reden gebrauchen darauß vnru°he entstehn mo e chte
auch weder vogt noch vierer fteuenlich vnn one noth nichts einreden, sonder ewer notturfft beschaidenlich vor jnen oder vns selbst fürbringen.//
Vnd ob in vnser oberkeiten vnd gerichten durch innwohner oder außlender es were
bey der gemainden hochzeyten ta e ntzen oder andern versamlungen vnnd orthen entpo e rungen gefecht oder auffru e ren erhebt wurden vnnd der amptman nicht darbey wer,
so gebieten wir euch das ein jeder so darbey ist an vnser statt als ewer gnedigen herrschafft frid bieten vnnd ob ainer oder mehr sich vbergethone fridbot die leut zubeschedigen vnderstu e nden vnd den frid nit halten wollten, es sey der amptman darbey
oder nit, ist der weltlichen amptleut geschefft das nichts destoweniger ein jeder geschworner gerichtsman denselbigen fridbrecher handhaben vnnd ob sich derselb fridbrecher mit gewalt erwo e hren deßhalb die gerichtsleut zu jrer entschiittung vnnd zu
handhabung des fridbotts hand anlegen mu e sten, dardurch der fridbrecher beschediget
oder ohne fursetzlich vnd ohne geferden gar zu grundt oder boden geschlagen wurd, daran sollen dieselbigen gegen vns oder vnsern amptleuten auch gegen des fridbrechers
freundtschafft nichts gefra e velt noch verwürckt haben, damit sich die erbarn vnnd fridliebenden der mu°twilligen erwo e hren vnd bey dem jren gehandthabt werden mo e gen,
doch soll geho e rter massen hierinnen von niemandt kein neydlich notturfft fürgenommen werden.//
Wann in einem gericht die stürm angeschlagen, soll ein jeder mit seiner wo e her der
kirchen es were dann fewrsnot. Aber ausserhalb fewrsnot dem vogt oder ampthauß
zulauffen vnd allda gewertig sein was der vogt von oberkeit wegen mit jm geschaffen
dasselbig gehorsamlich volnziehen. Indem sollen auch die haußgenossen nit außgeschlossen sein.//
Es sollen auch den vieren oder meßner in vnsern gerichten vnd flecken für sich
Nr. 10: Augsburg,
Domkapitel
295
selbst die Sturmglocken anzuschlagen gentzlich verbotten, sonder allein mit vorwissen
eines vogts oder in abwesensein der vierer vnd zweyen eltesten des gerichts erlaubt
vnnd zugelassen sein.//
So eins ehrwürdigen thu°mcapituls vo e gt vnd amptleut von ampts wegen ainen oder
meehr von der gemaind (niemandt außgenommen) mahnen oder fordern wurden jhnen
beystandt vnnd hilff zuthu°n ainen oder mehr gfa e ngklich anzunemmen oder sunst was
zuuerrichten, helffen das ir ampts notturfft eraischt dem soll mennigklich ohne Verzug
gehorsamlaisten den amptleuten hilff vnd beystand thu°n. Welcher das nicht thete der
soll nach vngnaden an leyb oder gu°t nach gestalt der vngehorsame gestrafft werden.//
Das auch ein jeder so ainichen fra e vel in vnsern gerichten begangen innerhalb 24
stunden sich dem vogt anzaigen, soll da er das nicht thete soll er gedoppelt gestrafft
werden.//
Deßgleichen welcher von einem oder mehr gewar würdt das er solche notdürfftige
gebott inner oder ausserhalben vnserer gebiet vbertret, das der oder dieselbige die es
also sehen oder hoeren dem vogt oder amptmann vnverzogenlich anzeigen sollen.//
Das alles erinnern wir euch bey der gehorsam vnd pflicht, darmit jr vns verwandt
seind. Vnnd gebieten euch darauff dise artickul alle samentlich vnd jeden insondern bey
vermeydung ernstlicher vngenad vnn straff gehorsamlich zu halten vnnd mit fleiß nachzukommen. Wellicher oder welliche aber sich inn vbertrettung diser articul ains oder
mehr gar fra e uenlich mu e twillig gefahrlich vnd vngebu e rlich halten, den oder dieselben
werden vnsere landpfleger vnd weltliche amptleut aines jeden verwürcken vnd verschulden nach noch mehr als hieoben bey etlichen puncten verweidet an leib vnd gu°t
straffen, darnach wiß sich ein jeder zurichten vnnd vor schaden zuuerhu e ten.//
Von verkündung dieser policeyordnung
Es sollen auch dise vorgesetzte articul in allen vnsern gerichten durch die pfarrherrn
daselbst alle jar auff der cantzel zweymal offentllich ainer gemaind vorgelesen werden.
Nemblich am nechsten sontag nach S. Georgen tag vnd am sontag vor S. Michaels
tag darob dann jr vo e gt vnd amptleut in einem jeden gericht bey ewren pflichten das solches beschech halten vnd anmahnen sollen Damit kein vnderthon sich der vnwissenheit
solcher artickul beklagen vnd dardurch nit halten entschuldigen mo e gen.
Das haben wir also euch vnnd gemeinem nutz zu gu°tem angesehen vnd solche
artickul zuuerkünden vnd publicieren verordnet vnnd befohlen, darob zuhalten vnnd die
vbertreter vnnachleßlich zu°straffen darnach sich dann ein jeder zurichten vnd in schuldiger gehorsame zuhalten wissen. Geben vnnd zu0 urkundt mit vnserm hiefur getruckten
secret verfertigt zu 0 Augspurg den ein vnnd zaintzigisten tag deß wintermonats als man
zalt nach Christi vnsers lieben herren vnd seligmachers geburt tausent fünffhundert sibentzig vnd ein jar.//
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Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
Nr. 11 : Edelstetten, Damenstift: „Pollicy Ordnung" des
unmittelbaren adeligen Damenstifts von 1625/167114
[Teil 1]
Wir Margareta Anna [v. Werdenstein] abbtißin deß gefreitten adenlichen stüfft
Edelstetten, geborne von Werdenstein etc. thuen allen vnnd jeden unsern vögten,
ambtleüten, richtern vnnd underthanen, so am vnnd jn vnsern gerichten gesessen, vnnd
darein gehörig sein, auch allen andern die je zu zeiten sich der bemelten vnserer vndergerichten geprauchen, kundt vnnd zu wissen. Nach dem wür aus teglicher erfarung
befinden, daß an berierten vnsern nidergerichten, durch die richter vnnd partheyen jn
recht sachen zue vilmahlen nichtiglich procediert vnd gehandelt würdet, also daß sie in
viel weeg langwirige rechtfertigueng, auch vnnotürfftigen costen, vnnd Schäden gefuhrt, vnnd am rechtlichen auftrag verhündert, daß dan solchen, mit zeitiger vorbetrachtung vnnd damit diser beschwerung souiel möglich durch guete Ordnung begegnet
werde, disen hierinn verleibten berichtlichen process auf daß aller ainfeltigist, kürtzest,
vnnd wie wür hoffen, daß die underthanen als ungelerte leüthen, denselben zum geringestem merkhen, fassen, einbilden, vnnd begreiffen künden, fürgetragen, gemacht,
gesezt, vnnd aufgericht haben, machen, sezen, aufrichten, vnnd wollen demselben iezo
hiemit in der allerbestendigisten vnnd kräfftigisten formb, wie das von rechts: oder gewonheit wegen geschehen soll, kann oder mag. Als nemblichen wie hernach von einem
articul zu dem andern underschidtlich erzelt vnnd angezeit wirt.
Von gerichts personen.
Erstlichen soll unser gericht, mit fromben erbaren verstendigen, ehrlich gebornen vnnd
unuerleümbten persohnen, die nit under fünff vnnd zweinzig jähren, sondern eines
rechten volkommnen alters, auech nit in bann oder in der aucht seyen, besezt vnnd
versehen werden, auch die nechstverwandte mit sip: vnnd schwagerschafft neben
einander, wo ander zu bekommen, nit zu lassen.
14
StaatsA Augsburg, Damenstift EdelstettenzxwvutsrponmlihgedcbaZXVSPONMLJIHFDA
Β 27. Alte S ignatur: Laden XIV, Fase. II, Nr. 16. Zur Datierung:
Der Haupttext der vorliegenden Polizeiordnung aus der Feder des Obervogts Johann Friedrich Molitor
datiert aus dem Jahr 1671. Vorlage war eine ältere, ebenfalls nur handschriftlich überlieferte Polizeiordnung
von 1625, die auch zur Datierung auf dem Umschlag führte. Ergänzungen bzw. Nachträge wurden
mehrfach vorgenommen; die jüngste Korrektur stammt vom 26. 7. 1802. Im einzelnen werden Passagen aus
älteren Gerichtsordnungen und Protokollen zitiert, die bis zum 15. Jahrhundert (1427) zurückreichen.
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
297
Volgents auff die mainung sollen sie geloben undd schwern.
Ihr alle sambtlich miteinander auch ieder jnnsonderheit werden geloben vnnd schweren
zue Gott dem allmächtigen vnnd alle heilligen ainem leiblichen vnnd geleiten aidt, daß
ihr daß bericht, darzu ihr aniezo erweit, ordentlich vnnd fleisig, auch mit guetem verstand richten, gottselig vnnd getreülich besizen, ainer jeden abbtissin als ordentlicher
obrigkeit, vnnd der selben, stüfft zu Edlsteten obrigkeit, herlichkeit, gerechtigkeit, auch
gemeinen nuzen, handhaben, helffen, vnnd auffjres ambtman erfordern, iederzeit, daran gehorsamblich erscheinen vnnd ohne ehrhaffte vrsachen nit vsbleiben, der partheien, und sonst meniglichs furbringen, mit vnnd neben ihme anhören vnnd vernemmen vnnd darauf, umb alle vnnd jede sachen, darumben ihr rechtens angefragt werden,
ewern besten verstandt nach, den armen, als den reichen, vnnd den reichen als den
armen, den gast, als den ein-wohner, einem wie dem andern gleiche vrtheil sprechen,
vnnd darinnen gar nit ansehen, weder lieb, laid, freundtschafíit, feindtschafft, sipschafft,
gunst, gab, forcht, gelt, noch gelts werth, noch nichts anders daruemb nemmen, daß
sich einen nutz, oder schaden vergleichen mag, auch alle haimlichkeit der rechten,
vnnd deß gerichts, biß in ewer end vnnd letstes grab, zuuerschweigen, den mehrern
thaill urthaill, ohne rechtmesige widerredt nit streiten, sondern der selben anhangen,
kainen handel. Ihr seye dan dessen nit verstendig von sich weissen noch schieben,
vnnd sunst alles anderes zu thuen vnnd zuelassen des fromben richtern vnnd urthelsprechern gebührt vnnd zuesteet, und wie ihr daß alles auch hiezeitlich, vnnd dort am
jüngsten gericht vor dem höchsten richter als Gott dem allmächtigen zu haill ewer
seelen, woll zuuerantworten getrauen.
Darnach sollen sie mit aufgehabnen fingern also nachsprechen.
Alles daß jen ig waß mir vorgelesen, vnnd fürgehalten, auch mit Worten beschaiden bin,
daß hab ich woll verstanden vnnd vernommen will dem selben auch also geloben vnnd
nahkommen, getreülich vngefehrlich darzue mir Gott hellff vnnd alle liebe heiligen.
V o n fürpott.
Wir ordnen sezen vnnd wollen auch, daß das furbott jedem sovern er bequemblich
betretten werden mag persönlich under äugen, vnnd bey gueter tagzeit zueuor, verkündt, vnnd dabey angesagt werden soll, daß das ihme furohin von noth wegen, allein
zu haus vnnd hoff: oder öffentlich an der gewohnlichen gericht statt, oder vor der kürchen, nach gelegenheit der zeit verkündt werden soll.
Item ob gleich beede partheyen für gericht kommen, vnnd ihrers strütts halber zue
rechten vorhaben, so sollen doch vogt vnnd gericht, beuorab so die sach an ihr selbs
298
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
hässlich wer, vnnd auff der thaill ehr vnnd glimpf gehen wolte, oder so darin ein solcher zweiffei gefunden, der nit leichtlich zue entscheiden sein wurde, allen möglichen
fleis thuen, sie die thaill mit einander in der güette zueuertragen, vnnd also damit wietern vnrath zue furkommen. So sie aber einander des rechtens nit entlassen: oder güetlich nit handien wolten, so soll uf gericht furbott der antworter: oder der dem verkhünndt ist, vor bericht, der mainung erscheinen, des clegers anclag hören vnnd darauff
sein antwordt: oder einred, oder doch zug und tag, so er deren bedürfftig begehren,
welche ihme die richter auch nach gelegenheit der sachen vnnd ihren guetgedenkhen,
geben, erkennen, vnnd mit thaillen sollen.
Wurde er aber auf daß erste furbott nit erscheinen, so soll vnnd mag der cleger des
antwuerters ungehorsam beclagen, vnnd ihme zum andern mahl fürbieten lassen,
desgleichen zum driten peremptorio daß ist entlich, vnnd ob der antworter zum andern:
oder drite erscheinen wurd solle er vor allen dingen dem cleger den uncosten seiner ungehorsame halben erbitten, so er änderst redliche ehehaffte Ursachen seines nit erscheinen nit darthuen wurde, bekhenen vnnd widerlegen, ob aber der cleger des halben
auch uncosten nit geliten het, so soll vnnd mag nichts desto weniger der ungehorsam,
wo ehr wie gehört, kein erhebliche ursach fürbringen wurde, durch unseren vogt fur
daß erst ausbleiben, umb fiinff schilling, ftir daß ander zehen schilling, vnnd zum driten
ein pfundt heller, unnachlesig gestrafft werden.
Da aber der antworter zu iezt gemelten ersten, andern oder driten vnnd entlichen
furbott erscheinen, vnnd der cleger ausbleiben wurd, so mag der antworter des clegers
ungehorsam beclagen, vnnd begehren, sich von dem furbott mit erstatung des Unkosten
ledig zue erkönnen, doch soll durch erkantnus dem cleger, so er dem antworter den
erkantlichen costen abgethan hat, vnnd darumben von neuwem fürbieten wolt lassen,
sein sachen widerumb rechtlichen für zunemmen in allweg vorbehalten sein, vnnd
wider solche vorgemelte buessen soll kein andere entschuldigueng, dan allein leibs,
wassers, auch feuers noth, herren geboten, vnnd dergleichen die zue recht genugsam
bewisen, fürtragen, angenommen noch bedacht werden.
Es soll auch der antworter mit dem ersten bedacht, gleich abschrifft der clag, ob er
deren bedürfftig, als balden begehren, vnnd so ihme ainmahl zug vnnd tag auch bedacht gegeben worden, abschrifft der clag so er die mit erstem bedacht nit begehrt:
oder weitere dilation: auf sein herrschaft: oder anderer vnnotwendigen sachen wegen
begehrn wiirdt abgeschlagen, vnnd weiter nit geben worden, sonder er soll sich in dem
ersten gegebnen schueb zum rechtem dermassen verfast machen, daß er sein einred
furbringen, oder wo er die nit hete, auf die clag wie sich gebührt antwort gebe, vnnd
den krieg rechtens beuestigen, er werde dan redlich vnnd ehrbar vrsachen für die am
gericht ftir genuegsam erkönnen mögen.
Es soll auch durchaus keiner sich vmb kein erkandtliche huldt beclagen lassen, wo
aber solches beschehe, so soll der so beclagt unuerzagentlich antwort geben, vnnd wurde er darüber überzeügt, daß genueg zum rechte wehrs, so soll der, oder die selbigen
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
299
unß, zehen pfundt heller: oder mehrers nach seinem verbrechen, unsers gefallen zue
bezahlen, gestrafft werden, vnd nichts desto weniger dem cleger sein schuldt und uncosten, nach gerichtlicher erkantnus, vnnd flekhen gebrauch zu bezahlen schuldig sein.
Wann aber ainer solcher schuldt bekandtlich wehrs, so soll mit ihme deme cleger
jnner 14. tagen zue bezahlen ernstlich aintweders mit pfandt: oder gelt auferlegt werden, wan daß das aber in der zeit nit beschehen, vnnd der cleger weiter anhalten würde,
so sollen der oder die selbe von stunden auß dem flekhen und nit mehr darein, biß solche schuldt bezalt würdt, g e s c h a f f t w e r d e n .
Und in summa die richter sollen in allen gerichts jebungen, alle unnottürfftige, vnnd
gefahrliche aufzüg und verlengerung souiel möglich durchaus abschneiden, herumb wo
dem beclagten einmal bedacht auff die clag gegeben, so solle ihme auf sein gerichts:
oder leibherrschafft vnnd andern vnnotwendigen an pflichten, wie bishero beschehen
nit mehr gegeben, auch die begers bedacht vnnd züg sich nit weiter, weder von ainem
rechts tag zum andern erstrekhen, es wehre dann sach die treffentliche erbschafften
oder ehre vnnd gefler vnnd dergleichen schwere hendel berierten, darinnen mag lenger
bedacht erkhennt werden, vnnd sich in den allen dahin halten, richten vnnd befleissen,
daß hierinnen kein thaill übereilt, noch wider billiche gebür in die lenge gespilt, sondern daß recht souiel möglich befürdert werden mög.
Von der clag.
Der cleger soll auf den angesezten rechtstag sein clag und vordung mündtlich oder
schrifftlich lauter, ciar vnnd verstentlich fürbringen, der cleger vnnd beclagt, die sachen vnnd die geschieht, warumb vnnd aus waßsrnlhgecaU
Ursachen er clage, geschikhlich erzehle, vnnd entlich sein bitt thuen soll, waß er vermaint daß ihme zu geben, oder zuethuen
schueldig seye.
Das Recht zu uerbürgen.
Ob ein thaill cleger oder antworter, von dem andern begern würd, das recht zuuerbürgen, daß ist, daß er den rechten aufwarten, vnnd ob er der sachen verlustiget wurd,
die selbig, vnnd allen costen der rechtlichen erkennet und taxiert werden möcht, entrichten wolle, solches soll er thuen mit bürg oder güetern, wo aber er dem keines het,
noch bekhommen kündte, vnnd solches mit seinem aydt betheuren wurde, so soll er die
gemelte caution oder Sicherheit mit dem aydt zu thuen, zu gelassen, vnnd deswegen
seines rechten nit verhindert werden. Wan aber ein parthey under den gerichts zwang,
da die sachen gerechtfertiget, lügende güeter hat, so soll die selb parthey zur caution nit
getrungen werden, es wehren dan solche ligende güeter zuvor anderwerts verpfendt
vnnd verschriben.
300
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
Und so der antwuerter, daß recht duerch einen gewalthaber fuhren wolt, so soll der
selbig anwalt: oder gewalthaber aufbegehren des clegers caution oder Sicherheit thuen,
daß er den antworter vertreten, betrug vermeiden, vnnd den erlangten rechten gnug
thuen wellen.
Von gewalthaber oder procuratoren.
Welcher sein sach in aigner persohn nit handien kan: oder wolt, der mag ein oder mehr
anwalt oder gewalthaber mündtlich vor gericht, oder dem amptman vnnd zwayen richtern oder schrifftlich under eines edelmans oder sunst eines ehrlichen manns bekhenndtlich jnsigul legitimieren vnnd sezen, doch soll einem jeden thaill wider sein gegen parthey fürgebrachten gewalt sein notturfften und einerley fur jewenden vorbehalten sein, als wan der gewalt nit genugsam oder der so zu gewalt haben gesezt, in rechten nit mecht procurator, oder anwaldt sein, nemblich so er minderjärig, spännig oder
in der acht wehre etc.
Von dem aidt für geuerde.
Wann der krieg rechtens beuestiget worden ist, vnnd ein parthey den aidt für geuerd zu
schweren begerdt: so sollen beede partheyen oder so sie beaidt, oder ihr ainer in aigner
persohn nit sonder allein ihre, oder des einen thails anwäldt zugegen wehre, als dan soll
der selbs anwäldt sollen den begerthen aidt, in jhrer principali vnnd auch jhre aigne
seelen schwern vnnd volfieren, wie hernach gesezt wirdt.
So aber die ain parthey cleger: oder antworter, disen aidt so der wie obgehört,
begert worden wehre; nit schweren wolt, die selb soll ihr sach verlohren haben, vnnd
der antworter, der sich den aidt zuthuen verwaigert, für den, als der die clag bekhennt
hete, gehalten werden, wurde aber disen aidt kein parthey begehren, so mag der selbig
stillschweigen woll vnnderlassen, vnnd umbgangen werden.
Der aidt für geuerdt.
Ir sollen schweren ain aidt zue Gott und allen hailigen, daß ihr glaubt ein rechte sach
zue haben, vnnd daß ihr keinen gefehrlichen schub, noch freuentlichen, aufzug, auf
kein ungerecht falsche beweisung suchen noch fuhren, vnnd so offt ihr in rechten
gefragt werde die warheit nit verhalten, daß ihr auch diser sachen halber niemandts
andern dan den jen igen, dem daß recht zu last, ichzit geben, oder verhaissen habet,
auch damit die urthel für euch gegeben wurde, noch nit geben, oder verheissen wolt,
alles getreulich vnnd un[ge]uerlich etc.
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
301
Wann dann solcher aidt der partheien vorgelesen ist, so soll ieder thaill zwenn
finger aufheben, vnnd mit des richters gelehrten worten also sprechen.
Wie mir vorgelesen, vnnd ich woll verstanden hab, dem ist also, will ihm auch treulich nachkommen, also helff mir Gott, vnnd alle hailigen.
Von der beweisung.
So nun die eingebrachte articul gar, oder zum thaill, oder so kein articul eingegeben
worden, die clag vernainth wehre, vnnd der cleger sein clag, oder der antworter sein
furgeben beweisen wolten, so sollen ihr zu solcher beweisung wo die zue der sach dienen vnnd fürtreglich sein würden, rechtlich zue gelassen werden.
Vnnd soll als dan die parthey so zubeweisen Vorhabens ist, ihre gezeugen jn bey
sein des andernthails benennen vnnd anzeigen, dargegen mag der ander thaill, wider
die fiirgestelten zeugen personen ihme sein einredt, die nach eröffnung ihrer sagen zuthüen vorbehalten, desgleichen frag stukh übergeben, die zeügen darauf wie recht ist
zuuerhören.
Es sollen auch die fiirgestelte zeugs persohnen one redlich rechtmesig Ursachen sich
zeugnus zu geben, nit verwiedern vnnd deswegen keinen vorgebentlichen unnabwendigen rechtsatz thu[n], wie bishero beschehen sein mag.
Ob aber kein frag stukh übergeben [wjourde, so sollen nicht destowenig unsere
richter, oder der commissario vnnd verhörer der zeugen mit erinnerung jhres volfierten
aidts, auf die gemeine frag stukh fragen. Nemblich.
1.Wie alt.
2.Waß sein vermögen.
3. Ob er j m recht oder bann.
4. Ob er dem fürstehenden thaill mit freundtschafft: oder in anderer weg verwandt.
5. Hingegen dem andern thaill feindt seyn.
6. Ob er kundtschafft zu geben erpetten.
7. Ob er ange lernet, waß er sagen soll.
8. Ober dem stellenden thaill in solcher sachen nit gerathen, vnnd beystandt gethon.
9. Ob der sachen zu geniesen: oder zu entgelten, wener er dem sig rechtens vergönnen
thue. etc.
Eß soll auch der verhörer, den zeügen allwegen, vnnd iedes mahls so offt er einen
oder mehr articull wahr sein, kundtschafften: oder sagen wurde, mündtlich vnnd mit allen fleis, ursach seines Wissens anfragen, doch sollen die frag stuekh, wan die vom gegentheill übergeben weren, dem andernthaill vor eröffnung der gezeügen sagen, keines
wegs gegeben, noch zu gestelt werden.
Unsere richter sollen auch die gezeügen auf einen bestimbten tag citiern vnnd laden,
302
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
vnnd den widerthaill darzu verkünden, die gezeügen schwehrn, zu sehen vnnd zu hören, ob aber der gegenthaill ausbleiben vnnd nit erscheinen wurdt, so sollen vnnd mögen sie die zeügen nichts desto weniger verhören auch wie nach volgt beaidigen vnnd
sie durch aus des aidts, sie seyen wehr sie wollen, es geschehe da mit beeder partheyen
freyen willen keines wegs entlassen.
Der gezeugen aidt.
Wir sollen schweren ainen leiblichen und gelerten aidt, zu Gott vnnd allen hailigen,
daß ihr in der sachen zwischen n: vnnd n: gerichtlich schwebent die ganze unuerdunkhlete vnnd pur lautere warheit souiel eüch immer wissent für ein oder beede partheyen
sagen vnnd an zeügen solches auch von lieb, laid, freundtschafft, feindtschafft, süpschafft, schenkhung nutz hasß, forcht oder von nichts anders wegen so des menschen
hertz, vom grimdt der warheit abwenden möcht gantz und gar nit underlassen, auch
solches ewer aussagen sunst mit den wenigsten durchaus nit eröffnen, biß die rechtlich
eröffnet werden, alles getreulich ungeferde.
Nach sollichem schweren soll ain jeder gezeug jnsonderheit, vnnd allein aus aignem
mundt vnnd ingehaimb vor gerichtsage in abwesen der andern zeügen, auch der partheyen vnnd hinderstandt vnnd ihme auch seiner ussag stillschweigen ufferlegt werden.
Und ob die partheyen, cleger oder antwurter ir furbringen durch leüth jinnstrument,
sallbücher, ausgeschniten glaubwürdigen zetel vnnd dergleichen briefflich urkhundt
beweisen wolten, daß ienig sie zu ieder zeit thun, vorbeschlus der sachen, vnnd solchen
schriftlichen urkundt einlegen, darwider aber einen jeden gegenthaill wider die andere
geleiste kundtschafften briefflichen urkhunden, vnnd ander geschehen furbringen, ihr
notturfft darauff zu handien, vorbehalten sein, so sollen auch heuratsleüth, kauffleüth
und tedings leüth furnemblich zu gelassen vnnd verehrt werden vnnd weiter auff die
gemelte verhör vnnd articull soll kein zeugnus mehr zu gelassen werden.
V o n beschluß oder recht satz der sachen.
Wann nun die partheyen all ir notturfft fürgebracht haben, sollen sie als dan beschliessen, vnnd die sachen zu recht vnnd der richter erkhandtnus sezen, wo aber ein
parthey ohne redliche Ursachen nit beschliessen wolten, so sollen und mögen die richter, aus richterlichen ambt die sachen für beschlossen annemmen.
Nr. Il: Edelstetten,
Damenstift
303
W i e sich die richter inn fassung und aussprechung der urthel halten sollen.
So die partheyen die sachen beschlossen, und zum rechtlichen gesezt haben, so sollen
die richter zuuorderst den handel aigentlich vnnd fleissiger wegen, einander dauon tugentlich und freundtlich hören, reden, alle naigung so sie zu der einen oder andern partheyen haben möchten hindan setzen, vnnd als dan durch unseren vogten oder dessselben nachgesezten beuelch haber, in abwesen der partheyen, in der Stuben, vnnd an
gewohnlicher gerichtsstadt, der urthel gefragt, vnnd daß also durch mehrenthaill erkhennt wirdt, für ein urthel publiciert vnnd eröffnet werden.
Es sollen auch die richter kaines wegs auß der Stuben noch von gewonelichen gerichts Stadt treten, sonder die partheyen vnnd umbstand aufgetreten, abschaffen, wo
aber der handel unrichtig, jrrig, und so hochwichtig, also daß ihr zu urtheilen sich beschwerlich, vnnd nit gericht befunden, so mögen sie uff 14. tag: oder noch lenger ie
nach gestalt sambt der sachen einbedacht nemmen, vnnd an enden vnnd orthen, wie
voralters hero, darüber rath suchen, aber bey ihren aiden ainiche urthel ohne ehhaffte
Ursachen nit schieben, noch umb rathschlag aufschikhen, sie seinen dan auff ihre aidt
zu urthlen, in solcher sachen zu gering uerstendig vnnd da sie mit der urthel verfast,
sollen die selbige bede partheyen da ihr zuuor den gerichtscosten erstaten werden,
öffentlich verkündung aussprechen, vnnd verlesen lassen.
Und auch so die urthelsprecher der sachen undereinand zweyspennig vnnd nit ains
werden künne, so soll der geschworn gericht ambtman oder vogt, die selbige welche
ihme die billichiste vnnd rechtiste urthel zu sein vermaint, in allweg zu treffen, machen
vnnd sprechen.
V o n costen vnnd schaden.
Die parthey so im rechten verlustiget würdet, vnnd zu rechtlichem krieg nit erhöbliche
vnnd redliche Ursachen gehabt, soll in den gerichtßcosten vnnd expensas condemniert
werden, hete aber die verlustigte parthey erbar vnnd redlich Ursachen zu rechten gehabt, so mögen die richter beder partheyen expens, vnnd schaden gleich gegen einander aufheben, doch an die urthel henkhen, daß beeder thaill aufferloffhe gerichtscosten
vnnd schaden, aus bewegenden Ursachen, gegeneinander aufgehebt, vnnd verglichen
seyen.
Wann aber die richter wie hiebeuor vermeldt, merkhen vnnd berfinden, daß die verlustigete parthey mutwillen getriben hat, so sollen sie die selbig parthey zu bezahlung
ders gerichts costen in allweg fellig vnnd schuldig sprechen.
Solliche erkanntnus umb costen: und Schäden , soll allweg an die urthel gehenkht
werden, dan so die richter, solches in der endturthel umbgehen, vnnd den costen nit daran henkhen wurden, so sollen vnnd mögen als dan sie der Schäden halben, nichts mehr
erkhennen, noch die parthey darumb ain sonder rechtfertigung anfahen.
304
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
Da aber die richter die ain parthey in dem gerichtscosten fellig sprechen, vnnd ihnen
die tax oder messigung der selben, wie sie iedes mahls thun sollen, vorbehalten haben,
so soll die parthey, deren solcher costen zu gesprochen werden soll, underschidtlich,
wan vnnd warumb, auch wie ein iede post ausgeben worden sey, vor jtem zu item anzeigen vnnd so uer sollich anzeigen nit kundtpar wehre, oder die richter zuuiel gedunkhen machte, mögen sie den fürgelegten costen minder taxiren, vnnd auf volgende
mainung darüber erkhennen.
Soll oder mögen: ain gelerten aidt, zu Gott vnnd den heillig schweren, daß er in diser sachenn: gerichts costen ausgebe vnnd erliten habe, oder nach ausgeben schuldig
seye solle daselbig gehört vnnd ferner darauff geschehen waß recht ist.
Da aber der haubtsacher oder sein anwaldt mit sondern gewalt deßhalb verfasst solchen aidt der exspens ehrte, so soll daß gericht, den costen mit denen vnnd dergleichen
worten erkönnen, ain erbar gericht taxiert den gerichts costen, wie mit dem aidt erhalten ist auf n: zeit zubezahlen.
Wie von dem endt bey urtheln geappelliert werden soll [Appellation]
Wann ainem er sey haimisch: oder frembd im recht von unser gericht ain bey: oder
endt urthel ausgesprochen, oder eröffnet, vnnd der selbig derohalben nach Ordnung
rechtens zehen tag in bedacht nemmen wurd, so soll er als dem zu stundt vor gericht
zehen schilling heller einlegen vnnd souer er sich innerhalb der zehen tag, von solcher
bey: oder endturthel also beschwert beriesst vnnd appelliert, so sollen jm die zehen
schilling heller wider gegeben werden, ob er aber nach verscheinung der zehen tag solche appellation nit gethon, vnnd also die bey: oder endturthel, also angenommen het,
so soll er die zehen schilling verlorn heben, wan auch also jemandt von ainer bey: oder
endt urthel, mit aler ohne genomne bedacht appellili, als dan ist der selb zu stundt
schuldig ein gulden vor dem gericht einzulegen, der selbig gulden soll alsdann furter,
vnnd als gerichts obrigkeit bleiben, vnnd keines weegs wieder gegeben werden, er sey
dan der appellation wie sich nach Ordnung rechtens gebührt nachkommen.
Souer aber ainiger thaill umb kleinfüeg oder geringschezig sach von einer bey urthel appellieren wolte: oder wurde, so sollen die richter die selbig appellation als freuentlich vnnd unnotwendig verwerffen vnnd keines wegs zu lassen.
Doch so wollen wür in abweg für uns unsere, vnnd des stüffts nachkommen hinfüro
über kurtz: oder lang vorgeschribne vnnd nach volgende Ordnung Satzung, gebott vnnd
verbott zu enderen, zu mehren oder je minderen, wie ieder zeit nach gestalt der sachen,
die notturft eraischen, vnnd sich zu thun gebüren wirdet ohne meniglichst widsprechen
in allweeg vorbehalten haben etc.
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
305
Abb. 5
Zweiter Teil einer Polizeiordnung im traditionellen Stil christlicher Zucht und Maßregelung. So „volgt
hernach des gefreitten adelich stiffts Edelstetten policey gebott, verbot, freuel, straffen vnnd buessen [ . . . ] "
Im ersten Teil waren dagegen die stiftsstaatliche Verwaltung und die örtliche Gerichtsorganisation
geregelt worden.
A u s der: Polizeiordnung des reichsunmittelbaren adeligen Stifts Edelstetten von 1625/1671; StaatsA
Augsburg, Damenstift Edelstetten, Β 27
306
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
[Teil 2]
Voigt hernach des gefreitten adelich stiffts Edelstetten policey gebott, verbot, freuel, straffen vnnd buessen
Erstlichen demnach aüs verabsaumung des kirchengangs mit anhören deß hailligen
ambts der mesß, vnnd andern christlichen gotts diensten vnnd ceremonier die liebe gegen Gott dem herren, auch dem nechsten neben menschen ufgelest, alle sünd, laster
vnnd verderbliche beichtfertigkeiten einwurzlen, vnnd entgegen durch emsigen kürchengang vnnd anhörung des worth Gottes, die forch Gottes, welche damit ain anfang
vnnd grundtvösste alles ewigen vnnd zeitlichen guts gepflanzt würdet, so ist demnach
unser ernstliche Satzung vnnd gebott, daß alle unsere vnnd das stüffts underthonen,
waß standts: oder alters die sein niemandt ausgenommen sich zu allen zeiten des gotteßdiensts vnnd kürchengang, ernstlich vnnd mit andacht auch mit eiferigem herzen,
mehr vnnd besser dam bishero geschehen befleissen, daß auch alle underthanen mann
vnnd frauwen, jung gesellen vnnd junkhfrauwen, des gleichen auch die jugent vnnd
sonderlich dieienig so daß sibent jähr: oder achtet jahrs alter erraicht alle sonntag vnnd
andere gebotne feyrtag, dem hailligen ambt der mesß predig vnnd anderen Gotts diensten von anfang biß zum endt mit andacht fleissig auf warten, welche daß ausserhalb
erheblicher genugsammer k u n d t b a r e r Ursachen gefahrlich übergehen wurden, solle
in unserer straff (nach dero willen gebrechen) gefallen, und schuldig zu bezahlen sein.
Es sollen auch alle vätter und muettern jhre kinder, desgleichen alle hausvätter, ihr
hausgesündt zu der forcht Gottes vnnd gottsdienst ziechen vnnd halten, welche daß nit
thun, oder da ihr zucht und mainung nichts helffen, dasselbig unnß nit anzeügen wurden, gegen denselben wellen wür nit minder dan gegen dem straffwürdigen persohnen
mit gebührender straff ernstlich verfahren.
Deß gleichen und dieweill wür zu glau[b]würdiger erfahrung kommen, daß die eltteren jhre künder nit zu dem hochwürdigen sacrament gehen lassen, vor dem funffzehen: oder mehr jähren, des dann ihrenthalben gegen Gott dem herren hochlich sündtbar
gegen der weit ergerlich vnnd straffwürdig, so ist abermahlen unser ernstliche Satzung,
daß alle elttern hinfüran jhre künder zeitlich diser grosen gnadt, vnnd gaben Gottes des
herren underweisen, vnnd also beyzeit, vnnd zum wenigisten da die knaben daß vierzehent, und die mediin daß zwelfft jähr, jhres alters erraicht haben, zu den tisch Gottes
gehen lassen. Es wehre dan, daß ein solches alter thorecht: oder sunst noch wenig verstandt hete, vnnd von dem pfarrer vnnd seelsorger darzu noch nit taugentlich vnnd verstendig geacht wurde, so mag man dasselbig noch sein des pfarrers gutachtung lenger
aufschieben, vnnd ausserhalb diser Ursachen wellen wür gegen dem umgehorsammben
elttere vnnd künderen mit ernstlicher straff verfahren.
Item es soll auch niemandts in der kürchen oder daruor uff dem kirchhoff mit dem
anderen geuarlich schwetzen, kauffen, verkauffen ober andere handlung treiben: oder
schulden eruorderen, vnnd anders dergleichen, welche aber daß nit theten sollen, mit
allem ernst gestrafft werden.
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
307
Item es soll auch niemandt an einen sonntag, oder anderen gebotnen feyertagen kein
handt arbeith treiben, welche daß theten, sollen mit allem ernst nach unsern gutachten
gestrafft werden.
Es wehre dan ein solche nottwendige arbeith, die ohne widerbringlichen schaden,
nicht verzug haben möchte, so soll man unß: oder unsere ambtleüth umb Vergünstigung biten, vnnd als da der selbige beuelch geieben.
Was auch also hieoben von einem zum anderen gesezt ist allen von mutwilliger
oder hinlesiger verabsaumung, daß gottsdienst zu verstehen, da sich aber aines sunsten
anderer: oder nichtiger ketzerey: oder secten, wie die namen haben möchten, underfienge, vnnd also von der rechten wahren römischen cathollischen kürchenordnung
vnnd sazung, in den wenigsten abfallen: oder dem anderen anweissung vnnd ursach
mit worte, oder werkhe heimlich: oder öffentlich geben wurde, daß soll in allweg an
leib und leben, nach Ordnung der geschribne gaistlich und weltliche rechte peinlich
gestrafft werden.
Von unzucht an geweichten ortten und Stetten.
Item wecher der ob und hernach gesetzten freuel, und mißhandlung aine in der kirchen:
oder freithoff, thun vnnd Volbringen wurd, der soll allwegen doppelte straff, wie die uf
einen jeden articul gesezt, verfallen haben.
Von schweren [Schwören] und gottslesteren.
Nach dem anfangs und fürnemblich die gottslesterung in göttlichen gesatz, vnnd
weltlichen rechten, bey hochen pein und straffen verboten, vnnd durch solch beschwerlich ist übel, Gott der allmächtigen allein gegen den gottslesterer, sondern auch den Obrigkeiten, die solches zu wehren schuldig seindt, vnnd gedulden, zu den werkhen des
zohrns vnnd erschrökhlicher zeitlicher vnnd ewiger straff bewegt würth.
Damit nun solche gebott allenthalben zue unserem stüfft desto baß gehalten vnnd
gehandthabt werde, vnnd sich niemandts der unwissenhait entschuldigen möge, so ist
unser ernstlicher will vnnd mainung, daß der pfarrer, alle sonntag: oder gebotne feyrtäg
vor: oder nach vollendter predig, die pfarr künder fleisiglich ermanen vnnd gewarnen,
daß sie die gottslesterung bey dem namen Gottes, seinen heilligen sacramenten beym
hagel, donner, blitz vnnd dergleichen freuentlichen schwür vnnd flüch genzlich vermeiden, vnnd sich der selben enthalten. Zu dem so soll auch der pfarrer in andere gemeine gebete, daß volkh zum treuwlichisten ermanen, zu bitten, daß Gott der allmächtig solch groß übel der gottslösterung schwerens vnnd fluchens von dem christlichen
volkh genediglichen abwenden wolle, inmassen dan solches allen pfarrherren im ganzen Rom: Reich, durch die Rom: kayser[lichen] mayestfät] vnnd derselben publicierten
308
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
pollicey Ordnung auferlegt und geboten ist.
Vnnd nachdem diser zeit wie hieuorn gehört gantz gemain, daß nit allein die alten,
sonder auch die jungen, vnnd unmündige kindt, bey den sacramenten unsers herren
vnnd seligmachers Jesus Christi, dergleichen Maria der muetter gottes, vnnd den lieben
hailligen, leichtfertigen: freuentlichen vnnd besslichen schwern vnnd fluchen, so ist
unser ernstlicher beuelch vnnd gebot wa furohin ainer der selben underthonen, es seye
pauersman, söldner, ledige gesellen, jungen: oder alten frauwen vnnd ledig dirnen, anheimische: oder frembde, obgemelte schwür einen oder mehr thet, so soll er von dem
ienigen, der es hört, anfenglich in der gute freündtlich gebeten werden, dauon abzustehen, vnnd sich dessen hinfuro endtlich zu enthalten, damit nit noth seye, solches an
die obrigkeit gelangen zu lassen, vnnd sein gebührliche straff darumben zu empfachen,
wä er sich aber daran nit kehren, vnnd des zum anderen mahl wideruemb thun wurde,
soll er ein solches unß, oder unseren ambtman unuerziglich anzeigen, und so er daß nit
thun, sonder verschweigen wurde, so ist er unß in gleiche straff gefallen.
Darneben sollen auch alle elfteren vnnd vätter jhre kinder mitgebührender harter
zucht, dergleichen alle hausvätter ihre gedingte gebrette ehehalten, dienern, knecht
vnnd mägt mit ernstlicher straff von solchen gotteslästeren zeichen, vnnd so sie der selbigen nit mächtig sein oder ihre straffen nit helffen wurde, als dann so sollen sie dasselbig unuerlengt, an unß oder unsere beambte gelangen lassen. Alles bey verwürkhung gleich hirobgesezten straffen vnnd pein.
Und damit nun mainiglich wissen habe, wie die gottslesterungen unterschidtlich gestrafft werden, vnnd sich vor dem selben zu hüeten, vnnd ainiger unwissenschafft nit
entschuldigen könne, so wollen wür wa hinfuro durch jemandts wer der jmer wehre
jung: oder alt, ainhaimisch: oder frembden Gott dem allmächtigen zu gemessen wurde,
das seiner göttlichen mayestet nicht bequem, vnnd mit einen worthen, daß ienig, so
Gott zustehet, abschneiden wolt, als Gott ein ding nit vermecht: oder nit gerecht wehre,
oder sunst dergleichen freuenliche, verächtliche laster wordt, ohne mitel in: oder wider
Gott, sein allerhailligiste menscheit: oder die göttliche sacramente redet, die sollen in
crafft gemeiner recht und der kayserl. mayestät unsers allergnadigisten herren publicierten peinlichen gerichts Ordnung am leben, oder mit benennung etlicher glider, wie
sich daß nach gelegenheit der persohn vnnd geiebter gottslösterung auch Ordnung der
recht gebürt peinlich gestrafft werden.
Im andern wann einer jnmassen anfangs gehört, sunst wieder Gott sein werde
muetter, oder die liebe hailligen, freuentlich schweren: oder dasselb von anderen höre,
vnnd in seinem haus, von seinem weib, kündere oder gebretten ehehalten, gedulden,
vnnd der obrigkeit nit anzeig wurden, der soll unnß albaldt daß erstmal ein pfundt für
daß ander mal drey pfundt, vnnd für daß drittmal funff pfundt heller straff verfallen
sein, vnnd dannoch nicht desto werniger in unserer willkhür, vnnd gefallen stehen,
denselben nach gelegenheit der persohn, mit der gefenkhnus, oder sunst an seinem leib
vnnd glidern noch gestalte, daß Verbrechens peinlich gestrafft werden.
Nr. lì: Edelstetten, Damenstift
309
Von überflüßigem zutrinkhen
Dieweil nun auß der füllerey, und übermeßigen trinkhenhait wie man täglich augenscheinlich befündt, der allmächtig höchlich erzürnet würdet, auch viel sündtlicher laster als gottslösteren, mordt, todtschlag, ehebruch, hurerey, vnnd dergleichen vnzalbarlichen täglich j e lenger j e mehr daraus volgen, zu den daß etwan durch trunkhenheit die
haimlichhaiten so billich verschwigen sein solten, offenbar werden zu geschweigen,
vnnd für alles daß, daß zu trinkhen ein endtliche ursach ist, alles übel, vnnd dem menschen an seiner seel Seligkeit, ehren, gunst, vernunfft, langleben vnnd maxiheit nachtaillig, so ist deswegen auch unser ernstlicher will, mainung vnnd beuelch, daß man sich
fürterhin des übermessigen ungeschikhten zutrünkhens gänzlich entmessigen, vnnd
sich bey namhaffter straff (doch erbars vnnd unüberflissigs zechen so im fridt vnnd
guter ainigkeit geschehen usgeschlossen) enthalten sollen.
Wan sich auch bißher merkhlich befunden, wann ein banner vnnd gebottner, als
apostéis vnnd anderer ansehenlicher feyrtag in der wochen, auf ein zeit, an welchem in
der nahbarschafft herumb markht gehalten, gefallen vnnd gebotten ist, daß ungeacht
dessen der mehrer thaill, j a gantz gemain, ohne zuuor gesuchten gottsdienst, den
merkhten nachgeloffen, welches aber fürterhin durch aus nit mehr gestatet werden soll,
derowegen vnnd hierauf unser ernstliches schaffen vnnd pieten, daß sich dergleichen
für fallende feyr: vnnd sonntäg, ohne zuuor besuchung des gotts dienst: oder doch uffs
wenigist abhörung der früemesß, welche fürterhin, damit der arm man, auch nit an
seiner nahrung gesaumbt werde, auf solche zu tr[a]gende fahl am morgen umb sechs
uhrn gehalten, vnnd gelesen werden soll, damit wer waß unaufschieblichs zu markht
zuhandlen, hernacher dannoch nach wohl verrichten kan, mit wenigisten nit wider diß
gebott befunden lassen soll, auch anderer gestalt nit, weder ehehaffier unaufzügiger Ursachen sich von ganzem gotts dienst forlessiger weiß absonderen bey Vermeidung
ernstlicher straff; auch des aus vnnd einlaufens undern gotts dienst genzlich vnnd gar
abgethon lassen, vnnd underlassen, bey erstgehörter straff.
Vom spilen.
Deßgleichen und die weil nit allein an unß gelangt sonder auch desselbigen zu grundt
vnnd erfahrung kommen, daß sich allenthalben in dero gerichten under den underthone
unordnung großen vnnd viel spillens eingerisssen, vnnd j e lenger j e mehr eingerissen,
welches nicht allein zu entlichem verderben j e selbst der weib vnnd künderen so dardurch an bettlstaab gericht werden, besonder auch zuuorderst wider die gebott Gottes
ist über daß auch allerley beschwerliche laster vnnd todtschläg, mordt vnnd diebstall,
daraus täglich entspringen vnnd heraichen, hierumben vnnd zu gebührlicher entlicher
abstellung dersselben, so thu wür allen derselben underthonen jnwoneren vnnd zu ge-
310
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
hörigen hiemit ernstlich gebieten, daß sie sich in vnnd ausserhalb unser gerichten aller
großer spill entlich gantz vnnd gar entschlagen vnnd enthalten. Jm fall sie aber zu Zeiten von kurtz weill spillen, wollen wür ihnen dasselbig umb ain heller oder zum maisten ain pfening hiemit gnedig vergonth haben, jedoch daß keiner eines tags, über: oder
mehr dan zweff kreuzer verliere solle, alle gefahren hierinnen genzlich vermiten, und
ausgeschlossen wa auch einer oder mehr dasselbig gefahrlich übertreten, oder das von
anderen in: oder ausserhalb unseren gerichten hören: oder sechen, vnnd unß nit also
baldt anzeigen wurdt, dieselbe alle sollen albaldt unnß gleiche straff verfallen sein etc.
Dieweil wür auß täglicher erfahrung sehen vnnd spiren, daß bißher unser gebott
vnnd verbott verächtlich gehalten, vnnd daß sich bey tag vnnd nacht, durch unser underthonen vielmahl romoren, bolderung, mit schmach: vnnd schelt Worten, schandbaren rumkreischn, iu[hu]schreyen einander für die häuser lauffen, dadurch gottslästerung, vnnd anderer übel eruolgen, so schaffen und befehlen wür unserm ambtleüten
vnnd bitl bessere vnnd mehr achtung, weder bishero geschehen, darauf zu haben, damit
auch in nachuolgende articul gehorsamblich vollziechung geschehen, bey darauf
gesezter pen vnnd büß.
Vom fridbietten
Wo sich hinfuro inn unsern gerichten, gebieten zwingen vnnd pennen, zwischen haimisch oder frembden aufrühr begeben wurden, so soll als dan dem: oder demselben,
durch unsere ambtleüth: oder geschworne richter auch wa deren keiner zu gegen wehre, durch ein jeglichen derselben unsern hindersessen bey zehen pfundt heller, oder wa
daß nit helffen wolt, bey leib und guth frid geboten werden.
Groß freuel, auch von gebott und verboth.
Erstlich kann vnnd mag ein regierende abbtissin, durch dero vorgesezten ambtman, bey
gewiser straff etwas gebieten oder verbieten, vnnd wehr solchem gebett nit gehorsamblich nachkumb, der solle die, nach belieben der herschafft benambste straff, unfehlbar verfallen haben, vnnd zu bezahlen schuldig sein.
Item welcher ainem in sein oder eines anderen haus nachlaufft, vnnd darinnen
schlägt, gewalt oder freuel thut, dz hauß oder schloß gewaltiglich aufbricht, oder stosset, oder dem anderen daß seinig umgreist, zerschlecht, nidertwürfft, vnnd gewalt damit treibt, oder einer dem anderen vorwortet, als auß dem seinen oder eines anderen
erforderte, welches alles geschech, der soll unß als gerichtoberkhaitt, tags zechen
pfundt, vnnd nachts zwanzig pfundt heller zu peen und straff unablöslich zu bezahlen
verfallen sein, vnnd nichts desto minder, ob ein solcher dem anderen jnn seinen, oder
einen anderen haus wund, oder lamb schlieg, oder ihm sunsten schaden zuliegte, daß
Nr. 11: Edelsξetten,
Damenstift
311
soll derselb unß zu sambt jetzt bestimbter peen abbiessen, vnnd auch beyneben dem
beschedigten dem schaden so er genommen hat, nach aller billichkeit, widerlegen,
vnnd abgethon schuldig vnnd verbunden sein.
Welchen den andern letzig, lemmig, lidtieff, bainschret, schlecht, der soll zehen
pfundt heller straff zu bezahlen verfallen sein.
Von wundschlägen.
Item welcher den andern maislent: oder hafft wund schlecht, der soll drey pfiindt haller
verfallen sein.
Deßgleichen wa ainer denn andern pluets schlecht, der soll zu peen vnnd straff
zwey pfundt heller verfallen haben, es mecht sich aber einer jn solchem, so freuentlich
halten, der wurde von unß umb höchere sstraff angezogen.
Item welcher übern den andern zuckht, es sey war mit es welle, oder freuentlich
stelt und hereuß für: dort uf den tisch ceuzlich vnnd bolderich schlägt. Er schlag oder
nit, der ist ein pfiindt haller straff verfallen.
Item welcher nach dem andern würfft, oder scheust, womit daß geschech, er treff
oder nit, der ist zehen pfundt heller straff verfallen, da er aber getroffen, ist er zu sambt
noch weiterer straff, nach gestaltsame des schadens, den beschedigten abtrag zu thun
schuldig.
Item welcher dem andern, ain morder, schelm, dieb, schalkh, bößwicht, verräther,
mainaiden oder ander dergleichen lasters schilt, beschuldiget vnnd bezichtiget, die einen sein ehr, beymder gefuer, vnnd guth geschrey wo Ite nemmen, vnnd soches nit zu
einen bringen, der oder dieselben sollen zu peen vnnd straff verfallen sein zehen pfundt
heller ohne alle gnad.
Item welche, es seyen frauwen: oder manns persohnen, den ander haist liegen oder
umb verdienten findlohn beclagt würt, der ist fiinff schilling heller verfallen. Welches
aber das ander haist liegen, mit zugelegten worten als da ains spricht, du leugst als ein
beswicht schelm, dib , morder, verrether, huer: oder dergleichen, ungebirlichen wortten, deren ein jettweders jnsonderheit ist, zu straff fünff pfiindt heller verfallen.
Von untzücht bey der nacht.
Item es soll kainer bey der nacht ungeschickht, auffrierische wordt oder iu[ch]zgen,
oder ander geschrey vnnd unzucht uf der gassen treiben vnnd brauchen, bey peen vnnd
bueß eines guldens.
Item wellches es sey frauw oder mann bey tag: oder nacht auff der gassen schmahwordt brauchen thut, es nenne jemandts darzu oder nit als dieb, böswicht: oder ander
dergleichen, der oder dieselben sollen umb zechen pfiindt heller gestrafft werden, es
312
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
seye dann, daß er demselben so er also gescholten, vnnd solches aufjhne darthun, vnnd
beweisen künden.
Von sachen
Item ob und wann sieh auch über kurtz oder lang zeit begeben vnnd zu tragen wurde,
daß unsere ambtleüth, diener vnnd wenn wür daß beuelchen ainem, oder mehr so busfellig auß unserem befehl vnnd in unsern gerichts zwingen vnnd pennen, fachen vnnd
annemmen wolten, so soll keiner zu laufen, noch sich der sachen, mit: oder ohne gewapneter hanndt annemmen oder underfachen, er wehre dan von unseren anwälden
darzu erfordert, dann welcher solches überfahren, der soll unß zechen pftmdt heller
straff bezahlen. Wo er sich aber hierinnen ungebührlich verhalten, oder unsere ambtleüth vnnd derselben erforderte helffer, an ihren habenden beuelch vnnd furnehmmen,
verhünderen wolte, die leib straff mit allem ernst vorbehalten.
Item wo auch einer: oder der ander jn einem solchen thummel es wehre mann: oder
weibs persohnen zu lieffen, vnnd sich schmachlicher worth gegen den unserigen, vnnd
ihre begerthe helffer anmassen vnnd gebrauchen wurde, auch sich der sachen wenig
oder viel anzunemmen vermainten, deren jeder jnsonderheit ist, unnß funff pfundt heller zu straff verfallen, vnnd jm fall frefentlicher handlung gegen ihnen die leib straff
furzunemmen vorgehalten.
Item, welcher ain geschrey oder aufrur bey tag: oder nacht jm flekhen hörte, der soll
bey seinem aidt zulaufen, vnnd fridmachen, wo iemandt der solches gewist vnnd gehört, vnnd dem selben nit nachkommen wurde, wellen wür mit allem ernst vnnd nach
unserm gefallen straffen.
Von marcken
Item welcher ain martpfaal oder gruben ohne vorwissen vnnd bewilligung unser oder
unserer ambtleüth vnnd seines keins genossen stekht, oder schlecht, alt verrukht, oder
aber sich iemandts, aigens gewalts, etwas uf einer gemaindt ein zu ziehen, es wehr mit
äckheren, wasen abstehen: oder holtz abhaun zu underfachen, understehet, welches also geschech, vnnd sich daß mit undergang, oder kundtschafft, erfunden wurde, der soll
zechen pfundt heller zu peen vnnd straff unnachlesig, ausrichten vnnd zu bezahlen
vnnd darneben auch schuldig sein, neben erstatung aufgewendten uncostens der gemaindt, daß ihrig widerumben gantz vnnd gar zu stellen.
Item welcher ohne wissen, und verwilligen unser ettwas, so vormahlen kain akher
gewesen, vnnd akhert, oder umbbricht, der soll zechen pfundt heller schuldig vnnd zu
peen verfallen sein.
Item welcher den andern über offne marckhen oder zaichen uberzeinth, ert, akhert,
Nr. 11: Edelsteilen,
Damenstift
313
schneidt oder meht, oder einer und der ander, daß feldt wasser, an äkhern, wisen, oder
in der gemain uf ein andern führt, oder die underschlagne wühren aufreist, der ist der
herschafft zechen pfundt heller verfallen.
V o n verenderung der güetter.
Item es soll kainer seine gutter, lehen, oder aigens, welches an unserm gerichts zwang
Edelsteten gelegen, weder gegen christen, noch juden, versezen, verschreiben, verkauffen, noch mit ainigen Zinsen oder schulden beschweren, viel weniger für anderer herrschafften underthonen in pürgschafft einlassen, ohne unser vorwissen vnnd bewilligung, da es aber schon über sollich geschehen solt, soll es alles krafftloß, nichtig vnnd
der Übertreter unß vonwegen des christen zechen pfundt heller gegen denn juden, aber
sein haab vnnd güeter verfallen sein, vnnd darzu ein monnatsfrist aus unsern gerichten
geschafft werden.
Desgleichen so oft einer dem andren an eignen: bestand äekher oder mäder uberlaßt
und es nit also balden bey ambt anzeigen wirt, ein solcher solle iedesmal umb des Schadens abgebiest werden.
Welcher dem andern etwas versetzt, vertaust, oder verkhaufft, welches vorhin, vertaust, versezt, oder verkaufft wehre, der ist uns zechen pfundt heller zur bus verfallen.
Item welcher äcker oder möder, inn unserm edelstettischen, und baltzhausischen
trib vnnd tratt ligen hat, der solle solche keines weegs gegen auslendischen verkauffen,
oder vertauschen, bey straff eines guldens, vnnd soll dannach der kauff oder tausch
nichtig vnnd krafftloß sein etc.
V o n [der] hucknerey
Welcher saltz vnnd schmaltz auch anders fail beut, und daß nachgehendts höcher danners angeboten, verkauffen, oder auffschlagen wurde, der ist ein gulden straff verfallen.
Item ein jeder metzger, in unseren edelstetischen gerichten soll in der zeit haben, guth,
sainzeitig vnnd gesund, unschedlich flaisch, recht kauffmans art, wa er änderst befunde
wurd, so ist der zechen pfundt heller zu straff verfallen, es wehre dan sach daß er noch
weiter darmit so großen, vnnd dem menschen an leibs gesundheit, oder leben besorgenden gefahr getriben, der soll noch höcher, auch an leib vnnd leben nach gestalt der
sachen abgestrafft werden.
Item die huckhner und metzger auch zu gleich der müller sollen Jetinger masß vnnd
Augspurger gewicht, vnnd nit theürer: oder höcher geben, weder waß es auf benachbarten märkhten gölten, wa solches bey einem, oder aber andere gewicht vnnd masß,
aldt sonst einichen vorthaill aber betrug erfunden wurd, der ist zechen pfundt heller
verfallen, es were dann hierinnen so merkhlicher betrug befunden, solle unß die selben
314
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
nach gelegenheit der sachen mit höcherer straff, vnnd allen ernst abzustraffen beuorstehen.
Item welcher maß mit der elen verkhaufft, es seye wehr da immer wolle, er soll von
unß zuuor bewilligung, vnnd als dann Neuburger elen halben, wa aber ein andere bey
ihme gefunden wurdt, ist zu peen ain gulden verfallen.
Von empfremddüng obs und anders mehr.
Item es soll kainer niemandts, dem andern, weder äpfel, biren, holtz, ops [Obst], rüeben, krautt, graß, zäin deßgleichen wildops alß äpfel, birn, aichelen klauben noch andere früchten, wie die seyen, abhauwen, abschiten, abbrechen, aufziehen nemen, vnnd
entwehren, vnnd in Sonderheit auff ihre bux: gehültz vnnd köy kain laub, groß vnnd
graß brechen, noch schnaiden, welcher daß uberfahren wurdt, der ist unß tags ain gulden, vnnd nachts funff pfundt heller zu straff verfallen. Es möchte aber hierünnen ainer
so gefahrlich handien, man wurde zu höcherer straff verursacht, oder ihme der flekhen
oder daß gantz gerichts zwang verwisen, zu dem, daß er den beschedigten, wo es änderst in seinem vermögen, dem schaden abtragen vnnd Widerlegung thon soll.
Von fischen
Item unsere Weyher seind verpotten, das niemandts weder mit beren, netz, angel, oder
andern darinnen vischen soll bey straff zechen pfundt heller. Item ob ainer oder mehr
in den gemaind wasseren visch fangen, vnnd die selbige ausserhalb unsern gebieten
verkhauffen wurd, der soll von jedem überfahren ein gulden zur straff verfallen sein.
Item es soll aeuch keiner in der gemaindt wasser, weder graß noch klain körb legen,
auch nit erschöpfen, noch abschlagen, verboten bey einem gulden.
Item welcher auch jn der wochen usserhalb des freytags vnnd sambstags vischet,
der ist funff schilling heller verfallen. Da aber ein kranckhe persohn visch gelüstet, so
soll der visch wolt sich vor beim vogt anzaigen, bey erstgemelter peen.
Item es soll keiner in den visch weiden, sie ligen in holtz: oder veld vor St: Michäels tag mehen, bey straff eines guldens, ausgenommen die gethailte visch weidt,
welche nach St: Johannes tag soll in bann gelegt, aber zuuor, mit dem visch so der besucht, vnnd dahin getriben werden.
Item, welche er seye frembd: oder haimisch, dem anderen wid seinen willen, über
akher, wysen oder andere güeter ausserhalb des gemeinen wegs sie standen, mit früchten, od[er] nit fahren oder Zeiten thut, der ist von ieglichen haubt sechs pfenning zu büß
verfallen.
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
315
Von holtzabhawen.
Item unsers stiiffts bannholtz ist verboten bey zechen pfundt heller, daß niemandt
nichts, darinnen soll hauwen noch klauben ohne unsere erlaubnus wie auch nit legeren.
Item, unsere paumgarten seint verboten tags bey einem gulden, vnnd nachts bey
fünff pfundt heller, daß kainer soll dardurch gehen, nach andern wandel darin zu haben, in kein weeg, wurde einer dann sonsten argwenig darinnen erfunden, statt unnß
höchere straff beuor.
Diß aicholtz ist wieder gelüst worden. Die knecht sollen furterhin ohne unser wissen vnnd bewilligung keine mayen mehr aufrichten, bey straff ist.
Item desgleichen das aichholtz, in der ganzen gemaindt allenthalben, auch bey einen gulden verboten, doch einem jeden zu seiner notturfft zu geben, welches aber mit
vorwißen unserer ambtleüth vnnd uierer geschehen, vnnd angezeigt werden soll.
Item welcher zimmerholtz oder segbäum der gemaindt hauwet, vnnd über ein fiertel
eines jahrs last darinne ligen, es sey aufberaith oder nit, so haben wür als dann macht
ein solches heim zu führen, oder einen zu geben, vnnd ob der so solches holtz gehauwen hat, oder ein anderer, dem daß nit erlaubt wehre, nach vorgemeltem zill des
fiertl jahres hinfierte, der ist unnß zu sambt solchem holtz ein gulden straff verfallen.
Welcher in der gemaindt oder anderstwo kospar [kostbare] aichen oder einichen anderen berhafften bäum schwaindt, oder umbhakht, der ist uns von jedem solchen
stumpf ein gulden zu büß verfallen.
Dem 2. decembris anno 1692 ist mit guetachten und bewilligung guediger herrschafft, deß ober vogts, gerichts vnnd der gantzen gemaind vorstehendes verbot mit
dem zaichen + dahin gericht vnnd beschlossen worden, daß die bäum in den walden
welche mit schatten den früchten auch die leith, da sie das obs abschiten, oder mit priglen abwerfen gar schädlich seint, sollen nid gehauwen und in das künfftig nit mehr
aufkommen gelassen werden, waß aber auf den Witterung, so ohne schaden stehn, oder
in hölzern ist, das solle bey [...] 1 5 Welcher brennholtz hauwet, der soll es in vierzechen
tag auff scheiten vnnd heimb fuhren, oder daß an ein steig, oder weg sezen bey straff
zechen schilling heller. Er soll auch kein holtz wekhführen, es sey dann zuuor alles fein
sauber auffgescheit, vnnd auf buschlet bey straff fünff schilling heller.
Item es soll keiner kain auffrechten, oder neun zaun, da zu uor nie keiner gewesen,
machen es sogar mit stekhen, oder gerthen, er habe dan bey unß erlaubnus aufgebracht
bey straff eines guldens.
Item es soll kainer kain aichen stekhen jm veldt nit brauchen zu zeünnen, verboten
bey einem gulden.
Da ein frembder, der nit in unserm gebieth, in unserm bannholtz oder in der gemaindt auch zugehörigen höfen etwas zu hauwen erwischt wurde, wo es immer sein
möcht, der soll unnß zu straff zechen pfundt heller verfallen haben, es wehre dann so
15
An dieser Stelle ist der Text beschnitten worden.
316
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
ein merkhlicher schad vnnd gefahr: so stehet unß höcher straff gegen ihme fürzu nemmen in allwegen beuor.
V o m viech so zu schaden gehet
Item so h infuro jemandts, wer der wehre, roß, küe, kelber, genß, gaissen oder anders,
ander leüthen zu schaden gehen ließ, vnnd getreten, oder ersechen wurde, der soll von
jendtwederen vierfissigen thier funff schilling heller, vnnd von iedem zwey fiesigem
halb souiel zu pfandt gelt schuldig, vnnd verfallen sein.
Welcher auch, ainer oder mehr unserer hindersessen, genß hete, die er von S: Jergen
tag biß S: Gallentag unverhüet ausschlagen wurdt, sie gangen zu schaden oder nit, so
sollen der: oder die selben von jeder gannß, als offt man die selbige finden thut, drey
heller zu bezahlen verfallen sein.
Item es soll auch keiner weder roß noch anders viech allein hieten, sonder jeder
mahlen, vnnder den ordentlichen hiertenschlage, wo aber einer dasselbig übertreten
wurdt, ist zechen schilling straff verfallen. Es wehre dann, daß einer die roß den ganzen
tag hete gebraucht, vnnd erst zu abent aussezte, doch soll er zwische den früchten bey
obgemelter straff, damit niemandt schaden geschehe, gantz vnnd gar nit hüeten, es wolte dan einer ordentlich an den zeünnen fieren, vnnd nit ledig lauffen.
Item es soll auch insonderheit jeder meiniglichen, alles kreitere grasen vnnd echtens
in felderen, wisen vnnd äkheren, hiemit ernstlichen verboten: denen aber so aigen wisen vnnd akher haben, in selbigen allein zwischen drey vnnd fiinff uhren nachmittag,
vnnd lenger nit vergundt vnnd zu gelassen sein, daß also, wan sie auch ausser angeregter zeit, vnnd so gar in ihren aignen akher vnnd wisen erfunden, oder im haimgehen,
angetroffen werden, solle jeder um jede, ohne alles auf jeden, allweegen umb funff
schilling haller unnachlessig gebiest vnnd gestrafft werden.
V o n geheuseter
Item es soll niemandts wer der jmmer wolle durchaus kain ainiche geheüset einnemmen, oder under schleiffen es seye ihme dam zuuor von unß bewilliget, bey straff eines
guldens.
Vnnd welcher auch ein geheüset also, vnnd mit unserm wissen vnnd willen einnembt,
der soll fur daß selbig bürg vnnd gut sein, da es unß, oder unsere hindersessen, ainigen
schaden zufuegte, eß wehre womit es jmmer wolle, daß er solchen zu gefugten schaden
bekheren vnnd widerlegen solle.
Zugleich soll auch kein frembde persohn, oder landfarer von unsern underthonen
ohne unser wissen vnnd erlaubnus lenger dan ein nacht beherberget vnnd underhalten
werden, bey unnachlesiger straff eines guldens.
Nr. 11: Edelstetten, Damenstift
317
Von feürstatten.
Wan sich auch über kurtz oder lange zeitt begeben und zutragen wurde, daß unser geschworner ambtman, mit den verordneten vierem deß flekhens die feürstatten besichtigen, wie dan solche iedes mahl zu erforderter zeit zu thon, unser ernstlicher baueich
vnnd sie an denselben etwas schedliches vnnd mangelhafftigs finden, vnnd dasselbig
jmer monats zu machen, oder abgethon bey einer mannhafften straff uferlegt, vnnd
demzselbigen nit gemeß gelebt oder gehalten wurd, der soll als dan unß die selbige
straff, ohne alles mitel zuelegen, vnnd zu erstatten verbunden sein.
Von wirtten vnnd weinschenckhen.
Item welcher wein, bier, oder meth einlegt, soll von jeglichen fas unnß geben zwey bodenmaß, auch unserm ambtman bey seinen geschwornen aidt anzeigen: oder zetel vnnd
urkhunden furweisen, wie er den wein vom fiirman, oder zu Ulm erkhaufft also daß er
nit mehr als über den uncosten zwen pfenning, an einer maß gewin haben soll, bey
straff zechen pfiindt heller.
Es soll auch jeder wirth von unß wein oder bier auszuschenkhen vergont, auf daß
wenigist mit einer gast bettstaitt versehen vnnd verfast sein bey straff eines guldens.
Es soll auch kein wirth, ainiges faß wein j m keller einlegen oder ausschenkhen, biß
der vogt dabey, oder dennselben nach gelegenheit des kauffs zuuor, geschezt hab, bey
obgemelter straff.
Item der wein vnnd bier wirth sollen auch verbunden vnnd schuldig sein, waß sich
in ihre häuser für zankh, hader, verfreflungen, gottslesterungen ungebührliche spill furgehen wolt, oder geschehen wurd, mit allein nit gestatten, sondern da es geschehen,
unns oder unsern ordentlichen ambtman jnner 24. stunden mit allen warhafften umbstenden anzaigen, bey unserer straff nach gestaltsame der ungehorsambe.
Von unzimlichen wöhrn zue tragen.
Wellcher mit oder bey im trägt, wurffbeihl, eisene creutz, bley kuglen, agsten vnnd andere unzimliche wöhr, als die man wie billich nit tragen soll, es wehre in flekhen vor
gericht oder ander Stuben für büder leüth, aldt ein gemainsame, zugleich auch büchsen,
buffer, schlisselbixen bey tag oder nacht, der soll unß zechen pfiindt heller zu straff
unnachleslich verfallen sein.
318
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
Von verbotnem baden
Item der bäder soll kain schadhaffts mensch baden vnnd sonderlich von franzhosen,
vnnd erblichen schaden wo er aber dergleichen persohnen vor oder nach dem der leüth
usgangen baden lassen wurd, so ist der selbig schadhafft mensch, wie auch der bader
selbst jeder, so offt daß geschehen ein gulden straff verfallen.
Item es sollen sich nemiglich der oberhalb der badtstuben, am bach gelegen am
sambs: vnnd badtägen alles, in angeregten bach unsauber eingiessens, wöschens, garen: vnnd anders lichens wie nit weniger zen: schweinschwemens, und des spaten badens, gantz vnnd gar entmiessigen, wie auch der bader schuldig sein, alle sambstäg
nach dem zu Maria leüthen die badstuben, aufzustellen, vnnd meiniglich abzuschaffen.
Item dem gaishirten, unser buch: stang vnnd ander holtz ins gemain darein nit zu
treiben verboten bey zechen pfundt heller.
Item wour hinfuro ain gutt, es sey äckher oder möder verendert wurdt, vnnd von einer handt in die ander kumbt, es seye in waß weeg es jmmer welle (welches doch ohne
unser: oder unsere beambte vorwiessen keines weegs geschehen solle) solches von
iedem tagwerkh madt vier, vnnd jeder jauchert akhers drey schilling heller zu beschaidt
gelt geben, da aber dergleichen güeter wider obbemelte meinung verendert, und nit inner monats frist, von uns oder unsern beulchhaberen bestanden wurd, so soll dasselbig
unß zu straff heimgefallen sein.
Von pfandung
Wir setzen und wollen welcher den andern umb schulden zu pfenden erfordert, der soll
unserm ambtman, wieuiel er clagt, anzaigen, welches als dain dem angegebnen Schuldner eröffnet, vnnd so er dessen bekhandtlich darumben gepfendet werden soll, weillen zusronlhedc
aber der Schuldner farende haab, sollen die selbige zuuor, vnnd ehe man die ligende
güeter angreifft gerecht fertiget werden, vnnd da aber sach wehre, daß mit fahrender
haab nit zu bezahlen verhanden, als dan vnnd ehe mit zu dem gelegnen güetern auch zu
greiffen vnnd solche rechtfertigen, es soll auch der glaeubiger die pfandt für ein gericht
tragen vnnd darlegen, vnnd dieselbige wie des flekhhen brauch, recht, gewonheit vnnd
hekhommen ist, verganten, darnach weiter ergen vnnd geschechen lassen waß recht ist.
Welcher farende haab, zupfandt gibt, vnnd so es un[zul]essige pfandt, so sollen die
selbige vierzehen täg im pfandthoff, oder an dem orth dahin man dann von alters her zu
pfenden pflegt, stilligen, vnnd darnach sollche verganten, vnnd nach der gant in vierundzweinzig stunden gelest werden, vnnd da es aber essige und schädliche pfandt, die
sollen ubernacht im pfandthoff stillstehen, vnnd darnach des nechsten tags vergannt
werden, vnnd vergangen sein.
Seint es aber gelegne güeter, die sollen im pfandthoff, sechs wochen vnnd drey tag
stilllston, vnnd darnach verganti! werden, vnnd wann die vermesst vnnd vergantet wer-
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
319
den sein, so sollen sie aber im pfandthoff still ston neün tag, vnnd darnach vergantet,
welcher ein pfundt lesset, vor oder nach der gannt, der soll es lesen mit solcher summa
darumb dasselbig vergannt vnnd vergangen ist, mit sambt dem costen vnnd schaden, so
von pfandung vnnd der gant wegen darauf gegangen ist, wurdt aber daß pfandt in obbestimbter zeit, also nit gelest, so ist daß pfandt den so am maissten daraufgeschlagen,
als gerechtfertiget haimbgefallen, vnnd soll ihme ohne Verzug, mit ruff vnnd der gannt
gegeben sein.
Welcher selbst pfenndt von schulden wegen, ohne der herschafft: oder unserer
ambtleüth erlaubnus, der ist unß zu straff zechen pfundt heller verfallen, vnnd solche
pfandung crafftloß vnnd nichtig.
Von der jiiden wegen
Wir setzen und gebieten ernnstlich, daß sich keiner unserer underthonen vnnd hindersessen, hinder die juden einlassen, von ihnen entlenen, oder sunst in einiche weeg
contrahiere: oder für andere bürg werde, bey verlierung seiner haab vnnd güeter jnnhalt
unsere kayserlichen freyheiten.
Item welcher auch auff auslendische, es wehre hoff, lanndt: oder andere frembde
gericht geladen, oder gefordert wurde, vnnd in ladung vnnd ausbietbrieff zu geschikht,
der soll es alsbaldt unurzogentlich unser, oder unserem vogt anzaigen vnnd fiirweisen,
bey verlierung haab vnnd güeter wie obsteth.
Es soll auch kainer kain juden, über nacht beherbergen, ausserhalb unser, oder unsers vogts vorwissen vnnd betoilligen bey straff eines guldens.
Deß gleichen, alle frembde umbzichene landfahrer, bettler, vnnd herrenloß gesündt,
auch streiffende landts knecht nit aufhalten, auch lenger nit, dann allein, doch mit unserem wissen vnnd willen, weder ein nacht beherbergen, bey straff eines guldens.
Lestlichen vnnd zum beschlus, ist auch unser ernstlicher beulch will vnnd gebott,
wofer ein underthon etwas, es sey in waß weeg es wolle, beschwerd vnnd clagen hat:
oder zu haben vermainthen, daß sie sich desshalben an keinem andern orth, weder allein vor unß als euwer Obrigkeit, mit umbstandtlicher warheit wolle anzeigen, darinnen
jeder und allezeit waß recht und billich widerfahren vnnd geschehen solle.
Doch soll unnß vnnd unsere nachkommen dises stüfft in allweg dise unsere gerichts
Ordnung, vnnd articull in künfftigen zu mündern, zu mehren, vnnd die widerumb aufzuheben, vnnd von neuwem zu machen, unbenommen, sonder frey willkürlich stehen
vnnd bleiben.
320
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
Von der badstuben
Ferner ist auch zuwissen, daß die reichs hochedl geborne frauw, frauw Margaretha
Anna, des gefreyten adenlichen stüffts Edelsteten abbtissin, geborne von Werdenstein
etc. unser gnedige frauw, dem ehrbaren m: Michäel Braun, die ehehafften der badstuben, nach dem ers vermög eines kauffbriefs an sich aberkhauffi, als obrigkheit geliehen
vnnd verliehen, dergestalt vnnd also daß er deswegen wolgemelte jhre gnaden, vnnd
dero gotts hauß vnnd nachkommen soll gethreuw, gehorsams gewertig, vnnd wie andere underthonen nit Obrigkeit underworffen sein, dem nuzen beförderen, schaden vnnd
nachthaill warnen vnnd wenden, auch sunsten armen vnnd reichen, wie von alters herkhommen ist, uf geschehen ermahnen, mit artzneyen vnnd andern, es seye fru oder
spath bey nachts, so woll als deß tags, unurwaigerlich zu hilff kommen, vnnd sich hieran sein aignen nuzen vnnd geschefften nit verhindern lassen, da er aber eines schadenß
sich zu mächtigen, oder zu haillen nit understehen, oder annemmen konndt, solle er
nichts desto weniger, biß man nach einem taugentlichen maister trachtet, oder uberkhumbt, sein besten fleis anzulegen schuldig vnnd verbunden sein.
Item er soll auch jederzeit vnnd sonderlichen zu gemainen badtagen, daß bad, mit
bekhen, schafflen, kibelen, vnnd allen andern rain vnnd sauber halten, die gemain mitt
schrepfen nach aller notturfft versechen, vnnd sich mit dem lohn wie vor alters, als
zweyen köpfen ein heller begniegen lassen, vnnd weiter nit nemmen noch begehren.
Item er soll auch jeder zeit einen baderknecht, der solches handtwerkhs woll erfahren
haben, vnnd sich in den, vnnd andern unclagbar, wie auch allwegen jnner 14. tage drey
bad halten, zu sambt dem mäyen vnnd merzen bödern, so von alters langherkommen.
Dargegen aber solle ihme ied eheman: 20. krz 16 : ain jede ehefrauw vnnd witib: 10. kz:
ain jeder söhn oder dienst knecht, so schürth, 20 kz: der aber nit schürth allen: 10. kz:
dergleichen töchteren, mägdt vnnd ander iung gesündt durhaus 10. kz: (doch der pfarrhoff vnnd daß ambthauß seindt eines solchen sexempt vnnd frey) vnnd solle solches
badgelt jerlich uf zwey zihl, nemblichen der halb theill uff liechtmeß, vnnd der ander
halbthaill uff Jacobi allwegen im ambthaus uff einen tag, unulbar erlegt vnnd bezahlt
werden, vnnd solle ihme bader, auch von ieder persohn wie von alters gebreüchig zu
den hochen festen ein pfennig gegeben, aber dagegen um dem bader jeden jährlich ein
badhut auch zu gestelt werden. Ferners die weill ein jeder bader alle vierzechen tag ungeurlich biß hieher ein wäsch in dem stüfft halten sollen, vnnd miessen, vnnd jme deswegen usser des stüffts walldung holtz zum baden (ausgenommen des mäyen badens,
welches er zu kauffs schuldig) vnnd der gemelten wöschen noch notturfft geben, jtem
zwelff fiertl kohrn, vierthalb jauchert akhers vnnd 4. tagwerkh madts, gegeben vnnd zu
nutzen gelassen werden, lassens offtgemelte unser gnedige frauw, uff sein des baders
wohlhalten, der zeit noch dabey beruchen. Da aber sach wehrs, daß er sich solcher
frech vnnd unbescheidenheit verhielte, daß man ihn zu keiner billichen Schuldigkeit,
16
Kreuzer.
Nr. 11: Edelstetten, Damenstift
321
vnnd gehorsambs bringen, vnnd anhalten künde, und dem aber zetel, articulen ein oder
mehr geuarlich brechen wurde, so soll iederzeit noch gelegenheit des Verbrechens, unser gnedig frauwen: oder dero nachkommen solches zue endern: oder gar abzuschaffen,
in allweg frey vnnd beuorstehen etc. ungefarlich.
Von der schmidtstatt
Zu wissen daß die reichs hochedl geborne frauw frauw Margaretha Anna, des gefreyten
adenlichen stüffts Edelsteten abbtissin geborne von Werdenstein etc. unser gnedige
frauw, dem erbaren m: Hannß Hainrich Schmidt, ihr vnnd ihres stüffts schmidtstatt,
vnnd schmidtwaidt zu Edelsteten, nach alter vnnd des erstgemelten stüffts gewohnheit
vnnd gebrauch auch herkommen, wie hernach underschidlich begriffen ist. Nemblich
daß er die schmidten, vnnd schmidtwaid selbst vnnd mit einem nutzlichen knecht versehen, vnnd darzu alle zeit wertig sein soll, damit gemeltes gottshaus, wie auch nit weniger die arme underthonen so in, die schmidtweidt gehören, versorget seye nach
notturfft, er soll auch ihre gnaden, dero gottshauß vnnd nachkommen ins gottshauß
Schmiden, waß man zu dreye, oder vier mehnnen bedürffig ist, soll auch die wagen,
vnnd sillscheiten hinden und vornen beschlagen, jtem mistgablen, schaufflen, graben,
heuwgablen beschlagen, misthaggen machen, auch jährlich vier zaumbiß, vnnd
deichselgeschür, souiel man dem bedarff, er soll auch des gottshauß bauwmeister,
vnnd knecht allwegen vor andern von der schmidten fertigen. Deswegen vnnd darumb
gibt man ihme aus dem gottshauß zu lohn, zwelff viertel roggen, vnnd sehet ihme ein
jauchert mit haber, wann er den akher vnnd samen dargibt, vnnd wann er ein Schemen
eisen ausserhalb des akhers paus verschmidet, daruon gibt man ihm vierschilling heller. Der genant Schmidt soll auch der paurschafft zu Edelsteten ihnen ihren akherbauw
Schmiden, waß sie darzu nottürfftig seindt, vnnd einem jeden pauren zwey mistgablen,
ain hero gabel beschlagen, vnnd misthaggen, zwo keten, ain daichselgeschür, vnnd vier
leüchsenzapfen machen, wagen sillscheit wagas er sehe etc. Wie auch einem söldner
machen, zwo leüchsen, vnnd ein mistgabel beschlagen, vnnd darumb geben sie ihm zu
lohn ain ieglicher paur zway viertel roggen, vnnd wan derselben einer umb lohn zu
dem lehen pauwt, so gibt ihm ein ieglicher, von ainer jauchert ein vierling roggen, desgleichen ein jeglicher söldner aber sollen ihme daß zu egen, wie von alter herkhommen
ist, vnnd wan der Schmidt des akhergangs nit bedarff, so wellen sie ihme holtz: oder
kohl darfür fuhren.
Item wann der schmidt einen wagen mit neuwen eisen zeucht, soll man ihn: 3
denarii von einer neuwen schinen, vnnd von einer alten zwen pfenning geben, vnnd die
zerbrochne schinen zusamen stossen, vnnd gibt ihme von einem neuwen plech ein
pfennig, vnnd von einem alten ein heller, vnnd desgleichen von einem neuwen ring ain
pfennig, vnnd von einem alten, ein heller. Von den rossen zu beschlagen, von einem jeden rosseisen, es sey neuw oder alt ain pfennig aufzuschlagen, vnnd wan er die eisen
322
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
grifft mit seinemzwvutsrponmlkjihgfedcbaWSOIED
Stachel, so gibt man ihme zwen pfennig, vnnd ist der stahel des pauren so gibt man ihm drey heller, auch wann der schmidt ain roßeisen vor der schmidten
abbricht, daß nit mehr gut aufzuschlagen, dasselbig ist des schmidts, darumb soll er
ihm hinfuro die eisen vöstnen, vnnd wan der schmidt ein öre an einen alten wage ferlegt, daruon gibt man ihm sechs pfennig, vnnd man soll ihm auch aller jährlich die kistlaib, von den pfliegen geben, wie von alters gebreüchlich ungeuarlich, auch soll der
schmidt die pauren in den weilleren in der schmidtwaid gehörig mit allem Schmiden in
den akherbauw, auch sonst halten wie die zu Edelsteten im flekhen, darumben geben
sie ihm zu lohn die zwen pauren von Hagenriedt jedtwederer sechs fiertel roggen, vnnd
der paur von Marbach, auch sechs fiertel, der mairhoff zu Hirschulden vier viertel
Barteime Schreiner zwey viertel, Lenhart Bünzer zwey viertel, Thoma Schaucher drey
viertel, Lenhart Aichelens witib zwey viertel, Stephan Schaucher 2. vierieng, Paulle
Pomeller 7. vierling, vnnd wour der schmidt, die schmidthen vnnd schmidtwaid nit helt
vnnd verseche, inmassen wie obgeschriben, so daß ein, gemeine clag von den mehrerthaill über ihn furgebracht, so ist die schmidten, vnnd schmidtwaid ledig von ihm, seinen erben, vnnd meiniglichs von seinetwegen, allwegen uf die vier tag eingehender
fasten, ohne alle Widerrede, auch ist hierzu geredt, daß unser gn: frauw zu Edelsteten
vnnd ihre nachkommen aller jährlich zu dem kohlhauffen holtz soll geben an zimblichen enden, da ihn dan ein vogt: oder pitel weiset, daz soll der schmidt den einen kollhauffen bezahlen, oder mit ihrer gnaden willen damit abkommen, vnnd ob etwaß bruch
geschech, an den gloggen, oder an der uhr, daß man die schmidten mit einem andern
schmidt: oder schlosser brauchen müest, so soll er die schmidten, vnnd allen zeüg darleichen, ohne alle widerredt, doch soll man ihn sein arbeith vnnd kohl bezahlen, ob er
aber umb daß kolholtz nichts derfft geben, als dan soll der schmidt gegen einer custorin, daß kohl auch nit rechne, sonder allein sein arbeit ungeuarlich, vnnd er gibt jährlich
einem pitel [Büttel] 5 schilling heller: zu weisgelt etc. getreulich vnnd ungefehrlich.
Der underthonen erbhuldigung, damit sie dem stüfft Edelstetten gelobt und
geschworn
Ihre alle miteinander, vnnd auch ieder insonderheit, werden geloben, vnnd schwören,
einen leiblichen aidt, zu Gott und allen heilligen mit aufgehebten fingeren vnnd gelerten worten, unser gnedigen frauwen, als regierende pralatin, auch dero capite Is freuwel,
als ihrer von Gott geordnete obrigkeit, vnnd ordentliche herrschafft, getreuw, gehorsam, undertheinig, gewertig gerichtbar, gültbar, pott messig, raisbar, steürbar vnnd
dienstbar, auch mit aller obrigkeit underworffen zu sein, wolgemelter ihrer gnaden,
vnnd dem gottshaus, die gülten und alles daßjenig, so ieder jährlichs zu richten schuldig, nacher Edelsteten, an guten gesäuberten kauffmans gut vnnd richtiger Ordnung,
ohne allen ihren schaden getreulich antwurten. Desgleichen ihre gebott, verbott, Satzung vnnd Ordnung zu halten, ihren und jhres gottshaus frommen ehren, [denselben]
Nr. 11: Edelstetten,
Damenstift
323
auch den ganzen gemainen nuzen zu beförderen, schaden vnnd nachthaill euweren besten vermögen noch zu warnen vnnd zu wenden, auch ihr vnnd ihreß gottshaus Obrigkeiten, herligkeiten, recht vnnd gerechtigkeiten auch gute landtläuffliche gericht vnnd
recht, wie hinder: vnnd vor unß treuwlich vnnd gehorsamblich helffen, reten, handhaben, schuzen vnnd schirmen, auch dem gottshauß zu lauffen, es sey bey tag: oder
nacht, wo ihre gnaden der selben gottshaus dero beambten, armenleüten vnnd hindersessen ainiger eingriff oder Vergewaltigung von frembden persohnen, wer die immer
wehren, geschehen weit: oder wurd, auch keinen anderen schütz vnnd schirm hören,
weder ihre gnaden, vnnd deroselben nachkommen suchen, auch jhre bux: dero capitels
freuwel und gottshaus, desgleichen ihre ambtleüth, diener, underthonen, vnnd alle die
ienige so jhre gnaden zuursprechen stehet, umbsprüch vnnd vordung, so ein ieder jnsonders oder samentlich hete, oder zu haben vermainte, bey freundtlichen rechten,
vnnd allhieigen stab, als der enden ein jedtwederer zu recht woll gesessen, vnnd dahin
gehörig ist, verbleiben lassen, vnnd sunsten alles daßiennig thon, so eur jeder, er sey leheman, zinsman oder ander underthonen, von Gott vnnd aller billichkeit wegen zu thun
schuldig ist, vnnd solches hiezeitlich, vnnd dorten am jiinsten gericht vor dem strengen
richter stul Gottes zuurantwurten getraut, auch insonderheit ohne vorwissen vnnd
bewilligung wolgemelter obrigkeit kein ainiche gemaindt halten, oder solches zu thun
gestaten, getreuwlich sonders geferde.
Zu wissen, und auch bey jährlicher gerichts erneurung zu erinnern, daß hier und in
der ganzen herrschafft ein altes herkommen, gewohnheit und statut, vermög dessen
unter eheleüthen ein frey ledig eingeworffenes guth zu gewinn und verlußt eingeführt,
und gesatzmässig vestgesezet, dahero sich die eheweiber deren in gemeinen rechten
versehenen beneficien und freyheiten keines weegs zu erfreun, sondern ihrer männer
schulden mit verlußt ihrer heurathgüther ohne alligliche ausnahmb zu bezahlen haben,
wie solches zum öffteren publiciert, und ihn vor- kommenden heurats protocollen austrucklich einverleibt worden.
Beschreibung des gefreeitten adenlichen stiffts und gottshaus Edelstetten jurisdiction mit seinem begriff bezürkh, anstössen und markhen, rennten, zinsen, giilten
auch recht und gerechtigkaiten, durch mich Johann Friderich Molitorn, der zeit obervogt daselbsten zusamen getragen und ordentlichbeschriben in anno 1671. [ . . . ]
Auslegung des aydts nach lehr vnnd underweisung der heylige kürchenlehrer
clärlich beschriben.
In dem namen der heyligen unthailbaren dreyfaltigkait gottes amen. Ain jeder christen
mensch dem der aydt vor rechts oder alters gewonhait zu erstaten mit urthel vnnd recht
auferladen wirdet, der soll zu gemiet fuhren vnnd aufheben drey finger, vnnd die anderen zwen under sich naigen, bey dem ersten als den thaumben ist zu verstehen, Gott
der vatter, bey dem anderen Gott der söhn, vnnd bey dem driten Gott der heylig gaist,
324
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
die andern zwen finger, so in der handt und sich gelegt, bedeüten der erst, die costbarliche seel, die under dem menschen verborgen vnnd der funffte, daß ist der kleinist
finger, deinen leib, welcher viel geringer dan die seel zu schätzen. Derohalben bey der
ganzen handt, ain Gott herr vnnd schöpfer, der den menschen vnnd alle andere creaturen erschaffen hat, verstanden wirdt.
Zum andern, welcher mensch so gar verstokht, plind vnnd ihme selbs so feindt ist,
daß er einen falschen lughafften aydt schwört, derselbig schwört in solcher maß, als ob
er sprech, als ich heüt falsch, lugenhafftig vnnd unwahrlichen schwür, also bite ich
Gott den vatter, Gott den söhn, Gott den hl: gaist, vnnd die gantz ainhällig dreyfaltigkait, daß ich ausgeschlossen, vnnd hindan gesezt werde, aus der gemainschaffi vnnd
guetthat der hayl: christenhait, daß mir die selbig guetthat sey ein ewiger fluch meines
lebens vnnd auch der seelen.
Zum dritten, so dan der mensch falschlich vnnd unwarhafftig schwert, der redt als
ob er spräch, als ich heüt falsch lugenhafftig vnnd unwahrlichen schwör, also helffe mit
Gott der vatter, Gott der söhn, Gott der heylig gaist, auch die barmherzige mutter, unsere herren Jesus Christi; und alles himmelisch hör, daz mir die selbe nimmermehr zu
hilff oder trost kommen, an der zeit wan meine arme seel meinem leib Schaidt.
Zum vierdten, welcher mensch falsch lugenhaffig schwert, der redt also, als ich heüt
falsch lugenhafftig schwer, also soll mein seel vnnd leib an dem iünsten tag mit
einander verdampt werden, so ich armer mainaidiger mensch stehen würde vor dem
strengen richter, vnnd soll abgethailt werden von der gemainschafft aller heyligen. Ich
soll auch dardurch der täglichen anschauung, des zarten inigelichen anblikhs unsers
herren Jesus Christi, seiner würdigen mutter der junkhfrauwen Maria vnnd aller ausserwölten immer und ewigelichen beraubt sein.
Zum funfften, so dann der mensch also unwahrlich schwert, spricht, als ich heüt
falschlich, lugenhafftig schwer, also bit ich Gott den vatter, Gott den söhn, Gott den
hey: gaist vnnd den costbarlichen fronleichnamb, unsers herren Jesus Christi, daß sein
grundlose barmherzigkait sein angst, unschuldiges blutvergiessen, auch bitters leiden,
vnnd sterben an mir armen menschen entzogen vnnd ewigliche vorlohren werde.
Bey dem allem, mag ein jederfrommer christen mensch gedenkhen, waß der aydt so
falsch geschworn wirdt, auf ihm trägt, vnnd wie der mensch Gott des allmächtigen, der
jungkhfrauwen Maria vnnd aller Gottes heyligen, durch den falschen lugenhaffigen
aydt, ain verlaeugner ist, daruor sich ein jeglicher christen mensch billichen vnnd mit
höchstem besten fleiß, bey verlierung seiner seel seeligkait vnnd empfahung der selben
ewigen verdamnus (daruor unß alle Gott der allmächtig, durch sein grundlose barmherzigkait gnädiglichen behüeten, vnnd bewahren wolle). Amen.
Würdet einen nach zu sprechen vorgesagt, welcher einen leiblichen aydt mit aufgehebten fingeren praestiert. Wie mir vorgehalten worden vnnd ich wol verstanden
hab, will ich nachkommen, dem selben also geieben, getreulich vnnd ungefährlich, so
wahr mit Gott helff vnnd alle heyligen.
Nr. 12: Elchingen, ReichsklosterzyxwvutsrponmlkihgfedcbaTSRNJHEBA
325
Aydt eines obervogts zu Edelstetten
Ihr werdet schwören zu gott vnnd den heyligen mit aufgehebten fingeren vnnd gelehrten
worten, daz ihr als angenomner obervogt deß adelichen stüffis Edelsteten der hochwürdigen woledel gebornen frauwen, frauwe Margaretha Anna, des frey adellichen
weltlichen stüffts Edelsteten abbtissin geborne von Werdenstein etc. sambt deroselben
adellichen capitili junkhfrauwen als verordnede herrschafft vnnd obrigkait, wollet underthenig, gehorsam, getreuw, gewertig, vnnd fleissig, fürständig sein, derselben ehren,
nutzen vnnd frombe, souil immer möglich getreülich befirderen, schad vnnd nachtail
bestes fleises fürkhommen, warnen vnnd wemden eines frey adelichen stüffts, obrigkait,
herlich- vnnd gerechtigkeiten handhaben, in keiner handlung ansechen. Weder freundtnoch feindtschafft, gunst, gab, forchi, gelt noch gelts werth, die haimlichkaiten verschwigen halten, die an vertrauten documenten vnnd allerhandt Scripten vnnd sachen,
auf bestes fleis in obacht nemmen, solche auf iedes der herrschafft begehren, getreülich
wider zu liferen, vnnd sonsten alles andere thon vnnd lassen, waß einem fleissigen vnnd
getreüen obervogt auch verpflichten diener zu laisten gebihrt und wol anstehet.
Wie mir vorgelesen ist, vnnd ich wol verstand hab, demselben will ich also geloben
vnnd nachkommen, getreülich vnnd ungefährlich, also helff mir gott und alle heyligen.
Aydt eines vogts zu Baltzhausen.
[...]
Nr. 12: Elchingen, Reichskloster: „Elchingensche poli17
zeyordnung de anno 1685, renovirt anno 1718"
Polizeyordnung, so denen sammtlichen gemeinden und unterthanen jährlich zum wenigsten einmal durch die beamtete vorzulesen und zu erinnern.//
§ 1 : Strafen: Herausfordern und überlaufen
Welcher einen in des gotteshaußes dörffern, flecken und weylern, als weit sich dessen
gerichts-oerter erstrecket, freventlich währender hand überlauft oder ihnn oder die
seinign sowohl von seinem beseßgutt oder wohnung, hauß, hofraithen, stadel, garten
17
Ad numero 4033: StaatsA Augsburg, Hochstift Augsburg, NA, Akt 766. Als Textgrundlage diente die
aktualisierte Ausgabe des Jahres 1718, in der lediglich die Strafsummen gegenüber dem Jahr 1685 erhöht
wurden.
326
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
oder auch sonsten zu schlagen oder zu raufen hinausfordert oder haischet, der oder
dieselbe werden, so es des tags beschehe, den kleinen frevel verfallen seyn. Beschehe es
aber des nachts, so würdet die straf gedoppelt.//
§ 2: Thür aufstoßen
Welcher dem andern thür und thor oder anders an seiner behausung, wohnung oder
anderm gemach freventlich aufstosset, in meinung ihnn oder die seinign an ihrem leib
oder gut zu schädigen, zu schmähen oder sonsten gewalt anzulegen, derselbe solle per
den großen frevel gestraft werden.//
§ 3: Scheltwort
Welcher den andern ehrlos, meinneidig, schelm, dieb, morder oder mit andern dergleichen schmähwortten schilt, der solle den großen frevel gefallen seyn.//
§ 4: Verwundung
Welcher dem andern eine beinschröttige wunden eines glieds tief oder sonsten eine
wunden hauet, sticht oder schlagt, die man nothhalber heften muß, der soll dem großen
frevel verfallen seyn.//
§ 5: Fehlwurf
Welcher zu einem andern mit einer axt, beyel, messer, degen, stain, kannten, glas,
leuchter oder anderm freventlich wurf, aber fehlet und nicht treffe, der würdet um den
grosen frevel gestraft.//
§ 6: Treffen
Wo er aber mit dem wurf denselben, so er vermeint zu werffen, oder einen andern treffe, so soll der schaden und Verletzung gestraft werden nach laut des 4ten § , bey denen
bainschröttigen wunden oder sonsten nach gewaltsamme der that und des schadens gefahrlichkeit.//
§ 7: Blutrissig schlagen
Welcher den andern blutrissig schlagt, doch nicht so hart als oben bey denen bainschrott-wunden gemeldet worden, es beschehe mit was gewöhr es jmmer seyn möcht,
der solle um den mittern frevel gebüßt werden.//
Nr. 12: Elchingen,
Reichskloster
327
§ 8: Trockene straich
Welcher den andern mit trockenen streichen schlagt, mit waßerley gewöhr das gleich
beschöhe, davon er nicht verletzt wurde, der soll dem kleinen frevel verfallen seyn.//
§ 9: Fehlschlagen
Welcher den andern mit bewöhrter hand, es seyn messer, degen, brügel oder anderley
sachen, freventlich überlauft und nicht trift, der soll den kleinen frevel bezahlen.//
§ 10: Lugenstrafen und geringe Scheltwort
Welcher den andern freventlich lugens strafe oder lügens beschuldigte oder mit
scheltworten als hunds- etc., bernheiiter oder dergleichen, so in § 3 nicht enthalten, beleidigte, der soll den kleinen frevel bezahlen. Beschehe es aber vor gericht oder vor amt,
so soll er dem mittlem frevel verfallen seyn.//
§ 11 : Trohwort
Welcher dem andern gewalt oder trohung beweißt und über ziemliche Warnung und gebott nicht ablassen wollt, als daß jener sich zur gegenwöhr stellen oder jemand zwischen ihnen fried machen, handien, thätigen oder anbiethen mußte, der solle dem mittleren frevel verfallen seyn.//
§ 12: Frech reden vor gericht
Es soll niemand vor amt oder gericht reden, ausser deme es ordentlich erlaubt würdet,
bey straf fünf schilling häller.//
§13:
Es möchte die rede aber also gefahrlich oder weit aussehend seyn, so wurde er nach der
herrschafts oder gerichts erkanntnüß ferner willkürlich gestraft werden.//
§14: Arztlohn, schmerzen und versaumnüß wiederlegen
Es soll auch jeder beschädigter und welcher nothwendig an den arzt kommen muß,
macht haben, dem thäter um das arztlohnversaumnuß, schmerzen und anderwärtige kosten zu belangen, deme dann von amts- und gerichtswegen billigen dingen nach an hand
gegangen werden solle.//
328
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
§ 15: W i e d e r urtheil m u r r e n
Welcher wieder gesprochenes urtheil ausser einer appellations oder rechtens freventlich
redet, der soll den großen frevel verfallen sein.//
§ 16: H i n t e r r u k s v e r l e i m d e n
Welcher den andern hinterruks und nicht unter äugen verleimdet oder an ehren verletzet, sofern dann der gelezte solches mit 2 unparteyische gezeugen erweißen mag, der
solle neben gebührender wiederruf und abbithung nach des amtmanns und gerichts erkanntnuß gestraft werden.//
§ 17: A u s s c h i t t e n aus h ä u ß e r n
Welcher oder welche aus häußern oder gemächern unvorsichtigerweise etwas ausgießt,
auswürft oder ausschitten, darüber die vorübergehende an leib, kleidern oder andern
verletzt wurden oder sonsten zu schaden komen, der oder dieselbe sollen nach des
gerichts erkanntnuß gestraft und der schaden dem beschädigten wiederlegt werden.//
§ 1 8 : Gefährliche gebäu
Wo jemand anhänge der läden oder fenster, gebrechliche dächer oder anderes an den
häußern hätte, davon denen fürgehenden an ihren personen, kleidern, haab oder gut
schaden entstehen möchte, der solle auf beschehende anzeig von denen führeren oder
andern jnnwohnern durch den amtmann oder anwald gewarnnt, und zum fall er
ungehorsam erscheine, und jemanden darüberhin schaden wiederfuhre, alsdann
befindenden dingen nach exemplarisch abgestraft und dem beschädigten der schaden
wiederleget werden.//
§ 1 9 : U r s a c h g e b e n strafbarer händel
Hierbey dann würdet derjenigen parthey jedesmals freygelassen und vorbehalten, so sie
zu einer oder anderen thätlichkeit, gegenwöhr und Verkostung von seinem contrapart
necessitili, gereitztet oder verleitet worden, den also verursachten kosten und verwürkte
straf auf solchen seinen ursächer oder verlaiter gebührend zu rechten und thun
deshalben ordentlich zu erklagen, deme dann befindenden dingen nach den handen
gegangen und die wiederkehrung verfugt werden solle.//
Nr. 12: Elchingen,
Reichskloster
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§ 20: Roß-, viehe- und andere rüngungen
Die feldrüngungen belangend, dafern in feldern, früchten, mädern, auf den waiden und
in hözern von menschen, pferden oder viehe schaden oder eingrif beschehen werde, so
solle neben billiger wiederkehrung und abtrag des schadens (so vorhero durch
unpatheyische leuth besichtiget und taxiert werden muß) jedes stück per 10 schilling
häller gestraft und dies falls wegen einziehung solchen Strafgelds oder staigerung des
straftaxes von denen beamten in allweeg denen vorhandenen Verträgen fleißiglich
nachgelebt werden.//
§21: Gewaltthätige ringung
Wäre aber sach, daß jemand des andern ehehalten, hausgenossen oder kinder, so zu
ihren tagen kommen, zu dorf, holz oder feld an seinem schaden erfindet, solche
personen aber sich der pfandung waigerten und spörten, also daß der beschädigte gewalt
üben und solcher gestalten die ringung behaupten müße, so solle derjenige, so den
schaden gethan, den frevel bezahlen und nichtsdestoweniger (besonders so die
pfandung zu dorf beschehn) um den mittleren frevel gestraft werden.//
§ 22: Taufnamen verlaugnen
Welcher bey vorgehender ringung seinen rechten tauf- oder zunamen verlaugnet oder
einen falschen namen angiebt, derselbe soll um einen gulden gestraft werden.//
§ 23: Ringung im feld - cessiert seit 1774
Welcher den anderen her diesfalls der Donau ausserhalb dorfetters in feldern, hölzern,
määdem und gütter ungefähr und unfursetzlicher weise überaeckern, überschreiten,
übermahen, überzäunen, überhauen, übergraben etc. würde, so solle er um 1 gulden
gestraft werden. Des also einziehenden gelds halber aber hat es seine geweißte maaß in
denentrngeV
Verträgen. Bey denen aemteren jenseits der Donau aber hat es zum theil in denen
perpetuirten Burgauischen interims-mittlen [von 1587] diesfalls seine gewiese
austräglichkeit, zum theil aber stehet es zu richterlicher und denen umständen gemäßen
erkanntnuß ausgestellt.//
§ 24: Kauf und verkauffen
Es soll keiner nichtzig anliegenden güttern verkaufen, er habe dann seinen ordentlichen
amt-mann beim verkauf, und werde der kauf bey unseres gotteshauses kanzley
ordentlich protokollirt, auch die ratification darüber gebührend eingehollet, bei straf 10
330
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
gulden; und soll darzu der kauf nichts seyn oder gelten, auch wann schon auf den fall
weinkauf getrunken wäre, so soll ein jeder seine zech selbsten zu bezahlen seyn.//
§ 25: Betrug im kaufen
Es soll keiner kein liegendes grundstük fur frey, ledig, unversetzt verkaufen, da solches
zu vorhero schon andernwärtshin versetzt ist, sondern dasjenig, was je einer dem andern
biedermännischerweise verspricht pünktlich und genauist gewähren und halten, bey
straf 10 gulden.//
§ 26: Brieffertigung und protokoll
Jtem soll keiner die vergleichende käufe über die in des gotteshauses jurisdiction, steur
und zehenden liegende grundstük anderwärts als bey seinem vorgestzten amtmann und
des gotteshauß kanzley protocolliren, noch die brief anderwärts fertigen und besieglen
lassen, bey straf 10 gulden.//
§ 27: Dependet a priorj
Gleiches verboth solle auch auf diejenige gelegt seyn, so die schuld oder versatzung, als
andere briefe ausserhalb des gotteshauses kanzley machen und ausfertigen lassen.//
§ 2 8 : Hochzeit und festwein halten
Es soll kein unterthan, hindersäß, dienstboth, knecht oder magd in unseres gotteshauses
dörfern, flecken und weylern ohne obrigkeitlich gnädiges vorwissen und consens weder
vöstwein noch hochzeit haben und halten, bey straf 10 gulden.//
§ 29: Schutz und schirm
Es soll kein unterthan, noch hindersäß, so dem gotteshauß verpflichtet, seiner gütter halber einen andern schütz- oderutrnmlihfecZS
Schirmherren als seinen jederweiligen regierenden herrn
prälaten allhier suchen noch annehmen, noch auch anderwärts als bey Jhrer hochwürden
und gnaden etc. und dero löblichen gotteshauses kanzley rath, hülf und Zuflucht begehren und suchen, bey straf 10 gulden.//
§ 3 0 : Citationes vor f r e m d e gericht
Welcher eine citation, lad- oder verkündung, verschweigt und nicht alsobalden seiner
gnädigen herrschaft anzeigt, es seye gleich für das kaiserliche hofkammer-, land- oder
Nr. 12: Elchingen,
Reichskloster
331
einig anderen gericht, wie es immer namen haben mag, derselbe soll um den grosen
frevel gestraft werden.//
§ 31 : Flax dörren
Wer flachs dörrt in kuchen, oefen, Stuben oder an denen gefahrlichen orten oder auch
nach dem Ave Maria abends oder vor des vormittags, der kommt um einen gulden.//
§ 32: Kindern etwas abkaufen
Wer kindern, so noch in ihrer eitern gewalt oder verpflegt wären, etwas abkauft, der
oder dieselben kommen um den großen frevel.//
§ 33: Entfremd gut abkaufen
Welcher dem andern wissentlich abgetragen oder entwürktes gut abkauft, der kommt
um den kleinen frevel; ist aber der schad oder der werth gros, so bleibts darbey nicht,
sondern muß nach beschaffenheit der sachen härter gestraft und das gestohlene gut
denen, so es rechtswegen gehört, ohne allen entgeldt wieder zugestellt werden.//
§ 34: Feuer hollen
Es soll auch niemand kein kind nach feur ausschicken, und da man feuer hollet,
dasselbe in einem hafen thun und zudecken, damit kein schaden zu befahren. Wer
darwieder thut, solle per 1 gulden und derjenig, so es mit wissen giebt, gleichmäßig gestraft werden.//
§ 35: Mit blosem licht in stall gehen
Wer mit brennenden blosem licht ohne eine laterne in einen stall oder stadel gehet,
darinnen früchten, heu oder stroh lege, der kommt um 1 gulden. Wer aber aus Verwahrlosung gar eine brunst verursachet, also daß darüber stürm geschlagen oder daß
brunstgeschrey gehört oder gar das feur ausschlagend gesehen wird, der wird um 10
gulden gestraft.//
§ 36: Fremde leut beherbergen
Wer fremde leuth ohne erlauben der herrschaft länger behält, dann allein über nacht (die
wirth hierbey ausgenommen) der kommt um 1 gulden.//
332
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
§ 37: Zaun abbrechen, zaunstecken ausziehen
Wer dem andern einen zaun an wiesen, aeckeren, gärten oder sonsten abbricht und wegtraget ohne des eigenthümmers wissen und willen, wie in gleichem auch, wer dem andern muthwilliger weis zaunstecken auszieht, deren jeder kommt um 1 gulden.//
§ 38: Obst abbrechen oder entfremden
Wer einem andern in seinem garten obst abbricht und entfremdet, so es bey tag geschehe, der wird per 1 gulden, so es aber bey nacht geschehe, per 2 gulden gestraft werden, und solle noch darzu den schaden abthun. Wo aber einer diese sach so gefahrlich
treibe, so solle weiters nach gutachten gestraft werden.//
§ 39: Tod viehe versorgen
Welcher tod viehe, schaaf, schwein, katzen, hund und ander unsauber ding auf die gassen wirft oder an ein ander ort, Steeg oder weeg, thut dann dahin es gehörig, der kommt
um 1 gulden.//
§ 40: Unter der heiligen meß oder predig zechen
Welcher an sonn- oder gebothenen feyertägen währender heiligen mess oder predigt
spatzieren gehet, als in wirtshäußern zecht, der kommt um 1 gulden, der wirth aber, so
solche personen zechen läßt, um 2 gulden.//
§ 41 : Feyertag brechen mit handarbeit
Welcher an einem sonn- oder gebottenen feyertag handarbeiten thut und den feyertag
bricht, der kommt um 1 gulden.//
§ 42: Abstechen oder -graben
Welcher einer gemain oder unterthanen etwas absticht, abgrabet etc. etc., der soll um
den mittlem frevel gestraft werden und noch darzu das abgestochene wieder als vor
einfüllen.//
§ 43 : Neue gräben machen
Welcher unerlaubt einen neuen graben an oder bey seinen giittern machet, der ist von
jedem graben insonderheit 1 gulden straf schuldig.//
Nr. 12: Elchingen,
Reichskloster
333
§ 44: Nachthüethen
An orten, da man die nachhuethen haltet, da soll keiner des nachts besonder austreiben,
dann allein unter den nachthüethen, bey straf 1 gulden.//
§ 45: Roßschau
Es soll keiner kein roß auf die waid schlagen, so er dasselbe ausserhalb des fleckens erhandlet hat, er habe es dann zuvor beschauen lassen, bey straf 1 gulden.//
§ 46: Geflügel fangen
Welcher dem anderen sein geflügel, als hüner, hennen, gänß, anten oder dergleichen
auffangt, entwendet, aufenthaltet oder kochet, der würdet um 1 gulden gestraft und solle
das also entnommene stuck wieder unwaigerlich gutmachen. Es möchte sich aber eines
diesfalls also gefahrlich halten, so müßte die straf nach der sache bewandtnüß ferners
geschärpfet werden.//
§ 47: Oeschlich bauen
Es solle ein jeder baursmann seine felder oeschlich bauen, den oesch nicht verkehren,
sondern in das winterfeld winterigs, in das Sommerfeld sömeriges ansäen, bey straf 1
gulden.//
§ 48: Kirchenrock tragen
Wer vor gericht oder die gnädige herrschaft selbsten berufen wird und ohne seinen kirchenrock erscheine, der wird pro 5 Schillingen gestraft.//
§ 49: Fleisch essen an fasttägen
Wer an einem freytag, samstag, in der vierzigtägigen fasten oder an andern gebottenen
fasttägen fleisch jßt, es beschehe gleich in des gotteshaußes dörffern oder zu Ulm, derselbe wird um 3 gulden gestraft.//
§ 50: Zechen über die erlaubte nachtzeit
Welcher in wirthshäußern über die bestimmte nachtzeit, so im winter auf 8 uhr, im sommer bis 9 uhr erlaubt ist, zöhren thut, der kommt um 1 gulden, und der wirth, der solche
zöhren läßt, um 2 gulden.//
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Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
§ 51 : Jauchzen und geschray des nachts auf denen gassen
Weilen auch des nachts zu sommer- und winterzeiten die junge, ledige pursch bis dato
vielfältig grose ungelegenheiten, unleidentliches geschrey, jauchzen und gethümmel auf
der gassen, vor pfarrhöfen und amtshäußern verübt, also ist dekretirt, daß zu abstellung
dergleichen ungebühr und erhaltung gute polizey künftig jeder dergleichen übertretter
um 1 gulden unnachlässig gestraft und mithin denen gemeinden nächtlicherweiß be-zwvutsrponm
hörige ruhe, fried und Sicherheit verschaft werde.//
§ 52: Gottslästern, fluchen und schwören
Und demnach das entsetzliche laster des fluchen und schwörens abermalen von
herrschafts wegen so sehr im schwung, daß mann solches zu gedulden ganz unverantwortlich findet, als solle auf jeden fluch oder gottslästerung 3 gulden straf unnachlässig gesezt, diejenigen, auch so solches anhören und nicht alsobalden dem amtmann anzeigen, um die helfte gestraft werden.//
§ 53: Spihlen
Alles karten- und würffelgespihl um geld, gleichwie auch die scholdertische sind per 4
gulden straf verbotten, und weilen vielfaltig geschehen thut, daß die pursch anfanglich
allein um einen trunk bier, weißbrod etc. zu spihlen anfangen, im fürgang aber die
zechen aufeinanderspihlen, dabey grose betrügerey, schelt- und lästerwort mitunterlaufen, als würdet auch solches spihlen um Vermeidung ferneren Unheils hiemit gänzlich
verbotten und abgeschaft, bey strafe 3 gulden für verheurathete und 20 stockstraiche fur
ledige pursch. Der wirth aber, welchem obliegt, das aufeinanderpihlen zu verhindern, ist
im Unterlassungsfälle der aufeinandergespihlten zeche verlustig.//
§54: Taback trinken
Welcher in einen stadel, stall oder andern ort, darinnen heu, Strohe oder ander dergleichen feurfangende materi lieget, taback trinket, der kommt um 1 gulden.//
§55: Kinder, so an lutherischen orten dienen, beichten
Welche ihre kinder an fremden oder secktischen orten dienend haben, die sollen denenselben ernstlich auferlegen, daß sie alle jähr wenigst einmal, sonderlich aber zur oesterlicher zeit katholischem gebrauch nach einem katholischen priester beichten und das
hochheilig sackrament des altars empfahen und derenthalben ein jedes von seinem
beichtvater ein urkund nehmmen und an gehörign ort einliefern sollen und wollen, bey
Nr. 12: Elchingen,
Reichskloster
335
würklicher verliehrung seines heimweesens und burgerrechts.// zywutsrponmlkihgfedcbaWTSH
§ 56: Weinkauf
Bey fìirgehenden täuschen, käuffen, beständen, sowohl liegender als fahrender haab und
güttern, solle sich keiner eigenthätig zum weinkauf eintringen oder zuschlagen und einmischen, bey straf 1 gulden. Es sollen auch die käuffer und verkäuffer solche weinkäuf
selbsten auf das geringste, als es immer beschehen kann, anstellen und zu ihrem guten
willen und gefallen stehen, wieviel sie nach beschaffenheit der käuffe zu weinkauf geben wollen; und dieses darumen, damit in widrigem fall die käufe nicht zu sehr vertheüret werden.//
§ 57: Hochzeitmahl
Ein vestwein und eheversprechungen sollen allein mit beedertheilen eiteren oder pflegeren, geschwistrigten und nächsten befreundten, auch in beyseyn unsers gottshauses
amtleuthen, also zum eingezogisten und mit wenigsten Unkosten, desgleichen die morgensuppe zum allerkürzesten gehalten, allein suppen und fleisch, auch auf jeden tisch
mehr nicht dann ein viertel wein aufgestellet, der werth aber zu denen mahlzeiten gerechnet, sondern vom hochzeiter bezahlt, die hochzeitmahlzeit gewieß zu 11 uhren angefangen und länger nicht als bis 2 uhren continuili werden, bey straf 4 gulden.//
§ 58: Schänken, weiber- und kinderzuschlagen bey hochzeiten
Ferners so sollen alle kinder, so ihren eiteren unter den mahlzeiten zulaufen, brod,
fleisch und anders hinwegtragen, gänzlichen abgeschaft wie ingleichem diejenige
weiber, so die hochzeitpersonen beschenken wollen, mit ihren schankungen unter
währenden mahlzeiten gar nicht zugelassen, sondern bis die mahlzeit furüber und man
speiß und trank gänzlich abgetragen hat, abgewiesen werden, bey straf jeder person 1
pfund heller.//
§ 59: Tanzen unter dem mahl
Sollen unter währender hochzeitmahlzeit alle tänze (wordurch ohnedem nur mehrer
kosten verursachet und die mahlzeiten verlängert werden) ernstlich abgeschaft werden,
bey straf jeder person eines guldens.//
§ 60: Wirth - wegen der spihlleuth und schäghändel
Ein jeder wirth solle ohne specialerlaubniß der gnädigen herrschaft oder des amtmanns
336
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
niemalen keine spielleuth in seiner tafern aufspihlen lassen, zumahlen verbunden seyn
als oft sich einige zank- schmach-, schlag- oder andere händel sich ergeben, und kein
amtknecht zugegen wäre, solches wo nicht gleich selbige stund, doch wenigst gleich
hernach dem amtmann mit allen wahrhaften umständen anzuzeigen und fried schaffen
zu helfen, bey straf 3 gulden.//
§ 61 : Weinschätzung, ehe das vaß in den keller kommt
So sollen alle des gotteshauses tafern- und zapfenwirthe verbunden seyn, als oft sie ein
oder mehr faß wein zum hauße bringen und ehe sie solchen in den keller legen, dem
amtmann jedes orts entweders einen beglaubten zettul, wie theuer jedes deren erkauft
worden, oder da das faß vorm haus abgestossen worden, den spann mit der eüch zu
liefern und darbey den kauf bey ihren aiden und handgegebener treü anzuzeigen, da
dann ihnen, so der wein über land gefuhrt worden, bey jeder maas höchstens zween
kreutzer, so er aber vorm hauß abgestossen worden, allein ein kreutzer für kosten und
gewinn passirt werden solle, und dieß umsoviel mehr, weilen das umgeld in betrachtung
allein die eichmaas verumgeltet würdet, bey der schenkmaas wirklich im faß zu finden,
und also diesfalls kein wirth zu schaden kommet, und dieses alles bey straf 4 gulden.//
§ 62: Betrug mit wein- oder visierzettel
Wurde aber ein weinwirth sich einiger falschheit sowohl mit einlieferung der weinschreiberzettlen als auch sonsten einigen betrugs in angebung der visier und kostens ergreifen lassen, so solle derselbe mit 10 gulden oder nach beschaffenheit der sachen noch
härter gestraft werden.//
§ 63: Bierschauen
Es solle kein wirth, so die präuensgerechtigkeit hat, sich unterstehen, das geringste vom
neugesottenen bier auszuzapfen, ehe und bevor es von denen herzu oberkeitlich bestellten bierschauer der gebühr nach geschäzt ist, bey straf 1 gulden.//
§ 64: Brodtariffa beobachten
Ein jeder, so mit obrigkeitlich gnädiger erlaubnüß sich der brodtafern gebraucht, der
solle sich guter, gerechter frucht befleißen, das brod wohl ausbachen, ihme das behörige
gewicht nach der bey jedem amt befindlichen tariffa geben und hierum keinen vortheil,
arglist oder betrug üben, bey der obrigkeits vorbehaltenden hoher straf, brod wägen.
Und sollen die geschworen brodschauer wenigst alle 14 tag einmal, jedoch zu ungewieser zeit, das brod visitiren und abwägen, auch in dieser ihrer Verrichtung niemanden
Nr. 12: Elchingen,
Reichskloster
337
heuchlen, bey straf 1 gulden.// ztsronljihgfedcaSF
§ 65: Strafgeld jnner 14 tagen zahlen
Wann jemand über obbeschriebene artickul ein oder andere vor amt oder ganzem
gericht strafbar erkennet und gerüegt würdet, der solle dem amtmann angeloben, die
andictirte straf oder bus jnner den nächstern 14 tagen zu bezahlen oder mit dem leib
abzudienen.//
§66:
Niemand von des gotteshaußes unterthanen und hindersäßen solle sich erkühnen, wieder des gotteshauses von allen römischen kaiser und königen habende privilegia und
freyheiten in einnehmung biers-, meth- oder weis- etc. (da solches über 5,6 oder 7 maas
wäre) umgeldes sich aufzuführen und des gotteshauß gerechtsame einigen abbruch zu
thun, bey straf 4 gulden. Sondern sie sammentlich sollen ihr getränke von bier, meth
und wein etc. entweders von unserm gotteshauß oder desselben bestellten tafferns- und
zapfenwirth (welche ihr pflicht und aid samt der weitern obligation derhalber haben
oder in allem fall vor gnädiger herrschaft beklagt werden können, zumahlen sich das
ganze jähr hindurch mit guter, pfenningswerther waar versehen seyn und das umgeld
bezahlen müßen) der gebühr nach annehmen. Es möchte aber der frevel oder betrug so
gros sein, so müßte wider solchen nach Ungnaden verfahren werden.//
§ 67: Fornicationsstraf
Die unzucht- und schwängerungsstraf im ledigen stand, so die ehelichung gleich darauf
folget, ist für beide zusammen 10 gulden.//
§68:
Folgte aber die ehelichung nicht oder trüge die hochzeiterinn den kränz zur kirchen, so
ist die straf gedoppelt.//
§69:
Wo aber das Unvermögen vorgeschüzt wurde, so solle die straf am leib, durch schwere
arbeit und öffentlicher kirchenspott oder relegation abgebüßt werden.//
338
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
§ 70: Waisenpfleger
Nach absterben der eitern, vater und mutter, sollen denen kinderen gewiese waisenpfleger von herrschaftswegen bestellt, in pflicht genommen, von selbigen auch
gleich darauf das vermögen an liegen- oder fahrenden güttern, mobilien und baarschaft
in der kanzley zum pflegbuch angegeben und adnotieret, über solches auch jährlich genaue rechnung gegeben und darbey ganz keine falschheit oder betrug geübet werden,
bey vorbehaltend ernster straf und refusion des verwahrlosen oder hinderschlagenen
guts.//
Frevel
Der grose frevel belauft sich auf
Der mittere frevel auf
Der kleine fevel
Ein pfund häller
5 schilling
7 gulden 30 kreuzer
4 gulden 30 kreuzer
2 gulden
34 kreuzer 2 heller
. 8 kreuzer 4 heller
Nr. 13: Kempten, Fürststift: „Landesordnung oder Kemptisches allgemmeines civilgesezbuch de A° 1562
[7. 9. 1562]"18
Des hochwürdigen fursten und herrn, herrn Georgen abbtn des erwürdigen stifts und
gottshauß Kempten, etliche nöthige articul guter Ordnung, gesezen und pollicey etc. etc.
Von Georg Fridricus Freyherrn von Grafenegg wurde A°. 1557 zum abtten erwählt.
MDLXII
Elata lex omnem viuendi et rationem prestai et doctrinam.//
Vorred:
Wir Georg von Gottes gnaden abbte des erwürdigen stifts und gotteshauß Kempten,
entbieten allen und jeden unsern und unsers stifts vögten, amannen, richtern, amt- und
hauptleuthen, auch unterthanen, verwandten und zugehörigen unsern grüß, gnad u[nd]
alles guts zuvor, und hiemit zu ernehmen. Nachdem wir zu herzen geführt, und mehrmahls betrechtet haben, was für merklicher nuz, friedleben, ruhe und einigkeit nicht al18
StaatsA Augsburg, Fürststift Kempten, MüB, Lit. 120, fol. 1 —43. Als Kopialüberlieferung: Lit. 116. Stiftische
Archivsigle: N. 853, casten 81; neue Signatur: Fürststift Kempten, Regierung, Β 2.
Nr. 13: Kempten, Fürststift
339
lein den obrigkeiten, sondern auch den unterthanen durch gute, gesez, Ordnungen und
policeyen erfolgen, welcher auch weyland die hochwürdign fürsten, unsre liebe
vorfahrer lobseeligen gedächnüß, aebbte und prälaten obvermeldtes unseres stift Kempten vernümpftiglichen bedacht, und jährlichen lieben frauen geburthstag ihren unterthanen, zugehörigen und verwandten etliche articule guter gesez und Ordnungen furhalten und verleßen haben laßen, des wir in ihre fiißstapfen zu tretten, und anfang der zeit
unser regierung und Verwaltung, soviel uns möglich geweßt, mit etlichen verbeßerungen
auch gethan und furo, in kraft, uns von Gott auferlegten und befohlenen amts, soviel
uns Gott der herr gnad verleyhet, zu thun, nicht weniger begierig und geneigt, und ist
derhalben hierauf an euch unsere unterthanen und zugehörigen unser ernstlich gebiethen, solche articul von gute Ordnung gehorsamlich anzunehmen, denen gestracks zu
geieben und dawider in keinen w e g zu thun; auch euch unsere vögt, amann, amt- und
hauptleuth, nicht mit wenigem ernst ermahnend und befehlend, darob zu seyn und zu
verschafen, daß die in euer jeder amtsverwaltung ihres inhalts, fleißig verkündet, verlesen und eigentlich gehalten werden, bey Vermeidung unserer straf, bis auf unser adio
unser nachkommen, verbeßerung, enderung, milderung oder mehrung, die wir uns hierinnen vorbehalten haben, wollen wir uns also zu euch allen gänzlich verlaßen und dazu
in gnaden erkenen.
Und lauthen gedachte articule guter gesezen und Ordnung, von wort zu wort, also://
Von dem gottesdienst, meß und predigthören.
V o m ersten werden wir glaublichen bericht, wie d[a]s etliche unser gottshaußleuth, und
der dem amt der heil[igen] meß und predigt nicht in die kirchen, oder d[o]ch ganz spatt,
und gleich zum ende kommen, sondern heraus vor der kirchen, auf der gaßen, pläzen
oder kirchhöfen stehen bleiben, unüz geschwäz, klappereyen und handthierung treiben,
etliche aber manns- u[nd] Weibspersonen, zur zeit, als man sich zur kirche in dem gottesdienst verfügen sollt, in die felder, wiesen, schwarzbör und obs abzubrechen gehen,
und also den gottesdienst gänzlich versäumen und zurükschlagen.
Und dan sind wir auch in erfahrnuß kommen, daß sich abermahl etliche winckelprediger, so heimlich, vor und nach dem kirchgang, und unter den amntern des gottesdienst oder sonst zu andern zeiten in häuser und anderer orten ereignen und erzeigen.
Darzu auch etliche in dem heil[igen] christlichen] glauben so seer lau und seeloß
seyen, die sich mit dem heiligen hochwürdigen sacrament nach Ordnung der heiligen
christlichen] kirchen nicht versehen, sondern ohne dieselbigen stehen, leben und
sterben, und also solche wiedro die vorige unsre unsere ausgangene mandatten und
geboth nachmahl gar keinen c h r i s t l i c h e n ] gehorsam geleistt noch gethan haben, nicht
allein zu schwerlichen ihren seelen unheil, schaden und nachtheil, sondern auch andern
gutherzigen und gottesfurchtigen frommen christenmenschen bösen exempel, aergernuß
u[nd] verfuhrung, welches wir nicht mit kleinem herzleid angehört und vernohmen, und
340
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
als christliche] obrigkeit sollich unchristliche ungehorsam bey denen unsern länger zu
gedulden keinesweegs gebühren oder verantwortlich seyn will.
Demnach so lassen wir ernstlich gebiethen und verbieten, daß ftirohin unser
gotts[haus]leuth, mans- oder Weibspersonen, unter dem amt der heiligen meß und predig
nicht mehre vor der kirchen, auf der gaßen, pläz oder kirchhöf stehen, geschwäz, klapereyen noch einige handthierung mit kaufen oder verkaufen, treiben noch üben, noch
auch in die felder, wiesen, schwarzbör, obs und frucht abzubrechen gehen, sondern
mäniglich manns- und Weibspersonen, von stund an, wan man in der pfarr, darrin die
gehörig, zu dem gottesdienst und predig zusamenleuthen wurden, oder davor sich in die
kirchen verfugen, allda dem amt der heil[i]g[en] meß und Gotts wort fleisig und andächtiglichen bis zu Vollendung deßelben, wie einen christlichen] menschen wohl gebührt, auch ungezweifelt von Gott dem herrn desto reichlicher an seel und leib gespeiset
und seinen lohn empfahen würde, verharren und bleiben, bey straf eines pfund pfennings, von dem ubertretter oder ubertretterin unablößlich zu bezahlen.
Wir laßen gleichfals auch ernstlich gebiethen und verbieten, daß sich mäniglich des
ärgerlichen winckelpredigens und rottierends gänzlich enthalten, davon abstehen, und
jenen jemands gehören, glauben, stat, aufenthalt, unterschlaif, hauß noch heerberg gebe,
zu keiner zeit, weder tags noch nachts, wo aber jemand solches verboth verachten und
hinrüberbetretten und begriefen, die sollen und werden, es seye der winckelprediger,
oder der zuhörer oder enthalter, am leib, ehr u[nd] guth je nach gestalt der sachen und
nachdem man die betretten würdet, ohne alle gnad gestraft, auch ihrer eigen- und
bestandgüther oder gänzlich des lands verwiesen werden, darnach weiß sich mäniglich
zu richten.
Und dan ferner laßfen] wir auch allen denen, so sich bishero wieder die Ordnung der
alten und heilfigen] christlichen] kirche von den heilfigen] und hochwürdigen sacrament des taufs, firmung, der beicht, bußwürkung, altars und Ölung, abgehalten und
dieselbigen zu gewöhnlichen zeiten nicht gethan noch empfangen, und also christlichen] gehorsam nicht geleistt, ernstlich bey strafs leibs und guts gebiethen, daß sie
sich der heilfigen] christlichen] kirchen, auch Römfischen] Kaiserlichen] Mayestät,
unsers aller gnädigsten herrn reformation gleichförmig erzeigen und halten, Gott dem
herrn zu lob und ihnen zu heil und trost als christenleuthen zustehet, d[e]s heilfigen]
hochwürdig sacrament, nachmahlen und fürohin allwegen zu gewöhnlicher zeit mit
vorgehender beicht und bußwürkung, nach altem christlichen] gebrauch, empfahen und
sich darinnen und sonst auch in haltung alles christlichen und kirchischen gottsdienst
und ceremonie durch daß ganze jähr, unerweißlich ohne schimpf und spott, sonder gehorsam, züchtig u[nd] andächtig beweisen und halten, und jederzeit mit ernst und fleiß
beyseyn, daß wollen wir endlich und unzweyflich versehen und die ungehorsamen wie
obvermeldt am geld, ehr, leib oder guth, nach ungnad und gestalt der sachen ernstlich
strafen.
Wir wollen auch, d[a]s amt- und hauptleuth auf die obvermeldte drey articul, den
kirchgang, winckelprediger und die so nicht gebeichtet noch d[a]s heil[i]g[e] sacrament
Nr. 13: Kempten, Fürststift
341
empfangen, ein fleisig und gut aufmerken haben und ob sie dergleichen erfunden und
innen würden, solches uns oder unsern räthen, vögt und oberamtleuth unverzoglichen
anzeigen, desto stattlicher beschehen möge, so sollen allweegen zwey hauptmänner vor
jeder pfarrkirch herausstehen und fleisig darauf achtung nehmen und vermanen, daß sie
hinein in die kirchen gangen, dem gottsdienst auswarten und alle christentl[ichen] recht
thun, bey Vermeidung der straf die obstehet. Wan aber die hauptleuth solches nicht
thäten, sollen sie auch darum gestraft werden.//
Von den Wiedertäufern.
Item nachdem die blind, ärgerlich seckt und mißglaub der Wiedertäufer bis anhero etwas
eingerißen und nochmahls nicht abnehmen will, ist unser ernstliches gebiethen, daß ein
jede unsers gottshauß man[n] oder weibsperson, die dieser verführerischen lehre oder
seckt angehangen oder noch anhiengen, sich gänzlichen davon bekehren, müßigen, deren abstehen und dem alten wahren christlichen] kirchenglaub[e]n und kirchenordnung
gleichmäßig und nicht zuwieder erzeigen, beweisen und halten, oder aber ihr haab und
guth fürderlich verkaufen, unser stift und grafschaft räumen, derselbigen gebieth,
märck, flecken, dörfer, weiler und höf meiden, von dan[n]en ziehen und ohne erlaubnüß
darinn nim[m]er mehr kommen sollen. Welcher aber d[a]s verachten, und deren keins
thun wurde, der oder dieselbigen sollen mit moiger gefangnuß, oder sonst wie uns u[nd]
unsere räthe für gut ansehen würden, an leib und gut gestraft werden.
Es soll auch kein unsers gottshauß unterthan solchen Wiedertäufern oder ihren anhängern unterschlaifen, hausen, hofen, herbergen noch unterhalten, bey schwerer straf
an leib und gut, und alle amt- und hauptleuth auf das alles ein fleisig u[nd] gut aufmercken haben, und so sie dergleichen leuth erfahren und in[n]en werden, solches uns
oder unsern vögten oder amtleuth[e]n unverzogentlich anzeigen.
Wir wollen auch bey diesem artikul die Wiedertäufer belangend, das des reichs abschied, anno [ 15]51 zu Augsburg aufgericht, gehalten werde, wie hernach zu end dieser
unser Ordnung, durch einen auszug folgen würdet, am anfang:
Wir Carl der fünfith von Gottes gnaden Römfischer] kaiser etc., nach dem auch churfürsten, fürsten und ständ, und der abwesenden räth, bottschaften und gesandten etc.
So komt uns auch vielmahl klagweiß für, daß sich die wiedertäuferische, auch ander
mehrere seckten wieder die alt catolifsche] und christliche] kirchenordnung, wan sie
tods vergangen, sich in die häuser, unter die vorschöpf, fulinen oder andern felder hinaus begraben laßen, derwegen dan[n] wir durch derselben genachparten täglichs überlaufen, und um ausstekung einer sonderen begräbnüß angesprochen werden, welches
uns von obrigkeit und amtshalber längers zuzusehen keineswegs gebühren will, und
hierauf unser ernstliche meinung, daß hinfüren alle diejenigen, so also der wahren alten
chatolischen kirchen zuwieder ohne vorgehende beicht und empfahung der heil[igen]
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
342
sacramenten, auch an anderer christl[icher] Ordnung entgegen, tods verschaiden wurden,
derselben abgestorbene körper in einig geweyht erdreich, noch auch sonsten anderer
orten, wie u[nd] wohin d[a]s wäre, nicht, sondern ohne einig gnad, under d[a]s nächst
hochgericht beygraben werden sollen.
Und auf dies alles, damit dem stracks nachgegangen, die amt- und hauptleuth auch
ein ernstlich und fleisig aufsehen haben, und wan dem zuwieder gehandelt, dasselbig
unverzüglich anzeigen wollen, dan sollte das durch sie nicht geschehen, sollen sie
darum auch ernstlichen und unabläßlich gestraft werden.//
Von den fest- und feyrtägen, auch enthaltung des fleischessens.
Item, nachdem aus göttlichen geboth der sontag zu heiligen, und aus Ordnung der
heilfigen] christlichen kirchen etlich andere fest auch zu ehren und feyern aufgesezt,
damit an denselbigen tägen mäniglich durch die göttliche aemter der messen, Gottes
worth und anderer gözendienst 19 im glauben u[nd] aller gottseligkeit erbauen werden
möge, so sollen unsre gottshaußleuth und unterthanen alle son[nl-, dergleichen die
20
heilige täg der weyhnachten, oster, pfingsten, die montag u[nd] dienstag darnach
u[nd] die unser lieben trauen vier fest, als nemlich lichtmeß, Verkündigung, himelfart
und geburth, auch alle zwölf apostell und andere fürnehmlige täg, so gebothen werden,
Gott dem allmechtigsten, der heiligen jungfrau Maria und allen Gottes heiligen zu lob
und ehre feyren und drann kein leiblüch arbeit thun, sondern sich zu der kirchen und
gottesdienst verfügen, auch völlerey und aller Üppigkeit, die sich auf solche heilige täg
mehr dan auf andere täg begeben, müßigen, bey straf an vier pfundt pfening oder noch
höcher je nach gestalt der ueberfahrung.
Wir wollen auch, d[a]s an den obbestimten tägen niemand, es sey man oder weib,
jung oder alt personen, gegen markt ziehen sollen, bey straf eines pf[und] pfennings,
wie jeder person in Sonderheit unablößlich zu bezahlen.
Bey diesem articul wollen wir auch alle und jed[e] unser gottshaußleuth und
unterthanen erinert haben, nachdem die heilige kirch die enthaltung des fleischesens auf
etliche täg, insonderheit aber auf freytag und samstag zu mäßigung, abruch und
casteyung des fleischs, und damit die seel von bößen begierd[e]n und bewegnußen dest
beßer gedemüthigt werden, furgenohmen und gesezt, welches dan an ihme selbst gut ist,
auch sonst der gemeine nuz erfodert, d[a]s man sich etlicher zeit vom fleisch enthalte,
dieweil sonsten zum thäglichen gebrauch des viehes nicht viel ist, so wollen wir, das
derowegen die einsezung der alten kirchen nicht verworfen oder getadelt, sondern sich
mäniglichen an die gewondt ehen und gebothene fasttäg[e]n, dergleichen die ganze
vierzig täge fasten zeit aus, auch am frey- und samstag von dem fleischeßen enthalt[e]n
und mäßigen, bey straf eines pf[und] pfenings, oder jederzeit unser und unsere räthen
19
20
Als Kopialüberlieferung: Gottesdiensten.
Zugefügt: afftermontag.
Nr. 13: Kempten,
Fürststift
343
guthachten und nach gestaltsam solcher uebertrettung, gebothsverachtung und der
personen, auch daß die jhene, welche die noth entschuldiget, alßda seynd schwangere
weiber, säugamenkinder, alte und kranke, hiemit nicht verbunden seyen sollen.//
Von den gottslästern.
Nachdem die gottslästerung in göttlichen], geistlichen] und weltlichen] rechten bey
hohen peenen und strafen verbothen und durch solch beschwerlichste uebel Gott der
allmächtig nicht allein gegen den gottslästern, sondern auch den Obrigkeiten, die solches
schuldig seyn zu wehren und gedulden, zu den wercken des zorns und erschrecklicher
zeitlicher und ewiger straf als zu hunger, theurung, krieg, sterben, mißgewächß u[nd]
andere plagen, bewegt würdet, demnach s[eine]r allmächtigkeit zu lob und ehren, uns
und allen unsern unterthanen und zugehörigen zur Seligkeit, glück und gutem, dem
gemainen nuz zu beßerung und abläugnung angeregter göttlicher straf, so ordnen u[nd]
gebiethen wir, d[a]s alle unsere gottshaußleuth und unterthanen die gotteslästerungen,
als bey dem nahmen und leichnahm Gottes, seiner heil[igen] marter, leiden, wunden,
blut, kreuz, kraft, macht, sacramenten und dergleichen frefentliche schwüre u[nd] flüch,
auch andern unziehmlichen scheltworten wie die der heilfigen] dreyfaltigkeit, der
mutter Gottes u[nd] allen heil[igen] Gottes zu unehr entbothen werden mögen, gänzlich
vermeiden und sich derselben enthalten sollen, bey Vermeidung der straf, so einem
jeden, nach gestalt der sachen ohne gnad, an seinem gut, leib, oder leben, inhalt und
vermög der geschriebenen kaißerl[ichen] rechten und des Heilfigen] Römischen]
Reichs peinliche gerichtsordnung, darumen aufgelegt werden soll.
Und welcher obgemeldte oder andere lästerungen hören oder in seinem hauß wißentlich gedulden, darzu stillschweigen und solches uns als der obrigkeit oder unsern räthen,
vögten und amtleuthen nicht anzeigen oder eröftien wurde, derselbe soll, zudem, das er
sich damit als mitverhänger oder gotteslästerung gegen Gott schwerlich verschuldet,
von uns nach gelegenheit der sachen auch gestraft werden.//
Von zu- und volltrincken.
Item nachdem aus trunckenheit, wie man täglich befindet, der allmächtig Gott höchlich
erzürnt wird, auch viel laster, uebel, leichtfartigkeit und unrath entsteht, als gottslästerung, mord, todtschlag, unfried, ehebruch, hurerey, kranckheit des leibs, zudem das
etwan durch trunkenheit die heimlichkeiten, so billig verschwiegen, ofenbahrt werden,
und dan nach vermög der heiligen schrift kein trunckener das reich Gottes besizen und
sehen wird, und zu besorgen, d[a]s von solches laster wegen der allmächtig Gott oftermals theurung, misgewächß und andere strafen über die menschen verhängt.
Solches abzulehnen u[nd] zufuerkomen, gebiethen wir mit ernst, daß alle unsere un-
344
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
terthanen und gottshaußleuth sich hinfuro des schandlichen lasters des zu- und volltrinkens in und auserhalb unser grafschaft Kempten gänzlich enthalten und müßigen, dan
welcher oder welche das gefahrlicherweiß übertretten wurde, der soll, als oft es beschiehet, einzupnigfed
ρ fund pfen[n]ing zu büß ohne alle gnad verfallen seyn.
Es soll auch hiemit einem jeglichen wirth und gastgeben, in unser grafschaft
Kempten gesessen und uns gehörig, gebotten seyn, d[a]s er seinen gästen, so unserm
gottshauß zugewandt, auch andern zu solchem zutrincken und fullerey kein wein geben,
thäte er aber es darüber oder ließ das zudrincken in seiner behausunng furgehen, oder
wo sich ein gefecht, hander oder rumor auf d[a]s zutrincken und fullerey begebe und
zutrüge, und zeigte solches unsern vögten und amtleuthen nicht an, derselbig soll auch
in gleicher straf wie obgemeldt stehen.
Wir wollen auch bey diesem artickl ernstlich gebothen haben, d[a]s sich furohin niemand ohne unser gnädiges bewilligen und vorwißen einiger wirthschaft, wein, bier oder
ander getränck auszuschencken underfahen oder anmassen solle, bey der straf gegen
den Verbrecher uns vorbehalten.//
V o n spielen
Wir ordnen und sezen auch, d[a]s hinfüro keiner unser unterthanen, hohe, unziehmliche
und theure spiel, wie die nahmen gehaben mögen, mit würfeln, karten noch in ander
weeg thun noch treiben, sondern ganz und gar unterlaßen sollen.//
Fremde herrschaften, spielens oder zutrincken, auch tanzen halber nicht zu
besuchen.
Es soll ein jeder unsers stiffs- und gottshaußverwandten wissen, dieweil alle gute und
ziemliche gesellschafiten in der grafschaft Kempten nicht verbothen seyn, daß dan
keiner sich in ein andere grafschaft oder fremde gericht, weder von spielens kartens
oder zutrincken, noch tanzens wegen, zu der zeit es in unser grafschaft verbothen ist,
u[nd] sey weib oder mannspersonen,jung oder alt, ziehen soll, welche oder welcher solches aber überfiiren, und an demselben endt die hinvorgeschriebene gebott übergiengen,
nichtdestoweniger sollen er oder sie von uns oder unserm vogt gestraft werden, wie
hinvor stehet, als ob solches in unserer grafschaft und obrigkeit beschehen wäre.
Und soll hiebey ein jedlicher wißen, ob sich aufrüren und freventliche handlungen in
den fremden gerichten begeben und ein gottshaußman[n] von demselbigen gerichtsherrn um frevel furgenohmen werde, welcher dan also verächtlich über die vorangezeigte ursach in die fremde grafschaft und gericht gegangen wären, demselbigen wollen wir
kein beystand thun laßen, und ob er im rechten verlustigt werde, würde ihne unser vogt
gleichermaßen strafen.//
Nr. 13: Kempten, Fürststift
345
Von ueberschwencklichen zehrungen und unmäßigem leben, auch entschlagung und abtrettung der güther.
Item nachdem wir in gründliche erfahrung komen, daß aus liederlichkeit, auch täglichem zehren u[nd] unmässigem leben, etlich unsere unterthanen ihre gelegenefn]
güther den gläubigem, so ihnen das ihrig auf jr bittlich ansuchen und begehren freundlich furgeliehen und vertraut, mit recht entschlagen und abtretten, durch sie sich nicht
allein, sondern auch ihre weib und kinder in d[a]s äuserste verderben, auch diejenigen
um daß, so sie ihnen freundlich furgeliehen, schändlich bringen und betrügen, dazu unterweilen solche entschlagene güther halber sich entzwischen den glaubigem schwere
rechtfertigung begeben und zutragen, daß durch solches sie in noch mehrere Unkosten
gebracht, und nichtdestoweniger das ihrige dazu thun, wo nicht gar, jedoch mehrerestheils ausliegen und mangeln müßen, auch dieselbige, so ihnen d[a]s ihrig schändlich
abgenohmen täglich vor den äugen und schier zu einem truz hin und wieder wandern,
sehen müßen, welches dan dem recht und aller billigkeit zuwieder und entgegen.
Solchen zeitlichen fürzukomen u[nd] erhüttung unserer unterthanen nachtheil und schaden, so ist unser emstlicher befehl und willen, wo hinfuro ein oder mehrere unsem unterthanen und stiftsverwandte person ihre gelegene güther ohne sonder wissentliche und
ehrhafte Ursachen oder zu erhüttung grossen ihren schaden, sondern allein von jener
unhäußlichkeit, unmässigem verschwenden des ihrigen, wie an vielen täglich gesehen
und befunden wird, mit oder ohne recht entschlagen oder abretten wurde, und sich also
kundbahrlich befände, daß als dan der oder dieselbige nach solcher entschlagung und
abtrettung entweder gefänglich eingezogen oder aber mit weib und kindem unser
grafschaft Kempten ohne gnad verwiesen werden, auch aus solcher fängnuß. oder in die
grafschaft nicht wiederum kommen sollen, bis alle glaubiger um ihren ausstand entricht
und bezahlt worden seyn, und uns dannach nichtdestoweniger gegen denselben die straf
in allweg vorbehalten haben wollen.
Und wir wollen hiemit auch all und jeden unser amt- und hauptleuth ganz gnädig
und emstlich ermahnt, in solchem ein fleisig und getreu aufsehen zu haben, und wo dergleichen einer oder mehr unser unterthanen so also dasseinige ohne sonder seiner
großen nothdurft unnöthig und unnüzlich verzehren und verschwenden, auch in offen
zechen sizen oder spielen und ihren weib und kinder das almosen nehmen laßen würden, durch sie befunden, die- oder denselben bey ihren pflichten uns zeitlich zuvor anzeigen wollen, damit durch uns oder unser verordnete gegen denselben der gebühr und
von obrigkeit wegen gehandelt und gefahren werden möge, damit doch seyn weib und
kinder mit ihme durch solch sein unhäußlichkeit nicht zu auserstem verderben und
armuth kommen, sondern dannoch ziemlichen nothdurft nach bey dem übrigen bleiben
u[nd] erhalten werden möchten, welches wir uns zu einem jeden zu beschehen entlichen
versehen und gelassen wollen.//
346
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
Von den juden, und daß die unterthanen nichts mit ihnen handien sollen.
Item wiewohl unser vorfahren lobseeliger gedächnuß, auch wir hievor bey ziemlicher
straf gebothen haben, d[a]s kein unsers stifts- und gottshaußmann mit einigen juden
nichts zu handien, zu thun noch zu schafen habe[n] soll, so hat doch solches bisher
nicht erschiesen wollen, sonde[r]n etliche gottshaußunterthanen deßen unangesehen und
nichtdestominder mit ungebührenden verschreibung[e]n, gelübden und Verpfandungen
sich bey den juden in geldschulden gesteckt und eingelaßen, dadurch sie folgends zu
unüberwindlicher armuth und verderben gebracht, auch von häußlichen ehren, weib und
kindern vertrieben worden.
Solches nochmalen zufürkomen, wollen wir jezo abermahls und von neuem gebothen und verbothen haben, daß hinfüro kein unser stifts- und gottshaußunterthan bey
keinem juden weder geld noch ander haab nicht entlehnen, aufnehmen, verkaufen, versezen, verpfänden, verschreiben noch ein gelübdt noch anloben thun sollen, welcher
aber d[a]s überfahren und nicht halten solle, der soll all seine haab und güther zur straf
verwürckt haben, und verfallen seyn darzu nach gestalt der übertrettung an seinem leib
gestraft, oder mit weib und kind des lands verwiesen, und die so gottshaußgüther inhaben, davor ohne gnad abgetrieben und verstoßen werden.
Und welcher unser unterthan nach der zeit hinter den juden stecken wäre, der soll
sich von ihnen auf des förderlichst gänzlich ledigen, bey obbestimter straf darnach und
was ferners des reichs abschied mit sich bringen, sich meniglich zu richten, vor schaden
und nachtheil zu erhütten wiße, und lautet derselbig reichsabschiedsarticul so, a[nn]o
[domini] [15]51 zu Augsburg auf dem reichstag aufgerichtet, wie hernach bey end
dieser Ordnung folgen wird.
Wir wollen auch hieneben den articul in der policeyordnung, so zu Augsburg a[nn]o
[domini] [15]30 von juden und ihren wucher gesezt, dieser unser Ordnung auch
einleiben
und zu halten befohlen haben, also lauthend:
*
Wir sezen, ordnen und wollen, daß die juden so wuchern, von niemands im heil[igen]
reich gehaußt, gehalten oder gehandhabt werden, d[a]s auch dieselben im reich weder
frid noch gleit haben, und jenen an keinen gerichten, mit was schein der wucher bedeckt
geholfen werde, hiemit alle freyheiten, so gemein judenschaft dagegen hät oder künftiglich erlangen wurde, aufhebend und vernüchtigend etc.
Es soll auch dabey mäniglich dessen verwarnet seyn, ob hinfuro jemands vor fremden gerichten in die acht gebracht und dem nach dem gebrauch verbothen wird, d[a]s
alsdan niemands mit dem oder denselben ofen verschriebener ächten einig gemeinschaft
haben, sie auch weder hausen noch hofen und nicht mehr einkomen laßen, sie haben
dan zuvor glaublichen schein und absolutiones unter des richter insiegel, vor welches
stab die aechter in die acht gebracht und kom[m]en, fürgelegt und angezeigt, ob sie
Nr. 13: Kempten,
347
Fürststift
gleichwohl mit den trägem
21
vertragen wären.//
Von gardtknechten.
Item wir wollen auch, daß den mandaten, so verschieden] jähren und jezo in diesem
62. jähr von wegen der gardenten landsknecht, saphoyer, prenner, starcken bettler und
landtfahrer halber ausgangen, gestracks gelebt und nachkomen werden, wir dan etlichen
solcher mandata hernach bey end dieser unser Ordnung zu befinden seynd.//
Von fremden gerichten.
Item es soll sich kein unsers stifts und gotteshauß verwandte person, mann oder frauen,
mit fremden gerichten auserhalb unsers stifts und grafschaft Kempten nicht furnehmen,
beklagen oder berechten laßen, ob aber jemands von den fremden richtern oder gerichten citiert, geladen oder ftirgefodert werde, der oder dieselbigen sollen das zu stund an,
ehe man jezt mit urtheil von den fremden richtern über jene oder sie erkant, in unser
kanzley sich abzufedern anzeigen. Welcher aber das nicht halten und überfahren, den
werd[e]n wir an seinen leib oder gut nach gelegenheit strafen. Ob auch der oder dieselben in acht und verboth kämen und deshalbe eine ganze gemeind und dorfmenge in
schaden und nachtheil gefuhret, so wurden wir jenen weder hilf noch beystand thun, davor weiß sich mäniglich zu verhütten, dan wir einmahl entschlossen, diesen articul
stracks nachzusezen, und denselb[e]n mit ernst zu exequiren.//
Von verkündung zu dem rechten.
Item nachdem sich in den märkt, flecken und dorfgerichten ein misbrauch zuträgt, wen
man gericht und recht halten will, daß man denjenigen, so vor gericht auf der klagenden
parthei anhalten, erscheinen sollen, spat am abend dazu verkündet, und sich also
unversehnlich nicht sobald zum rechten gefaßt machen könte, so ist unser ernstlicher
befehl und mainung, daß furohin, wen in gemeldten ort gericht und recht gehalten wird,
allwegen drey täg zuvor den partheyen, insonderheit den antworteten und beklagten
durch den aman oder pittel desselbigfen] orts dazu verkündet werden solle, wie
gleichfals solches am land- und hofgericht unser stift Kempten auch gebraucht und
gehalten wird.//
21
Zugefügt: klägern.
348
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
Von muthwilligem und freventlichen appeliren.
Wir werden auch glaubwürdig bericht, daß etliche parteyen aus furgeseztem kindlichem
muthwillen mehr zu gefahrlichem verzug der execution gesprochene urtheil, auch zu
nachtheil und umtrieb des obsigend[e]n theils, dan aus habenden fug und recht zu
appeliren unterstanden etc. Solchem fürzukomen und dem muthwilligen appelanten
nicht zu gestatten, die apelaten und gemeinde parteyen mit ihrem freventlichen appelieren also aufzuziehen, vieleicht in meinung, es werde in etlichen jähren kein appelation recht gehalten oder anders in anhangend[e]n appelation fürfallen, dadurch der
appelai an seinen erlangten rechten verhindert werden, oder zu sehr langsamer execution komen möchte, so ordnen und sezen wir, wen ein partey sich eine bey- oder endurtheil, es seye vor unser markt-, dorf-, hof- oder landgericht, beschwer zu seyn vermeint
und vor denselbige für ein unsere räthe oder appelationgericht zu berufen und appelieren Vorhabens wäre, daß jene solche appelation nicht gestattet noch zu gelassen werden solle, er apelant erlege alsdan zuvor in und hinter dasselbe gericht, davon er appelieren will, vier pfundt pfen[n]ing baars geld. Dergestalt im fall, d[a]s er vor uns und unsern apelationsrechten als dem oberrichter die sach erobern und zu recht gesprochen
wurde, es wäre durch jene wohl appeliert, und von dem mindern gericht übel geurtheilt,
daß alsdan ihme die hinterlegte 4 pf[und] pfening wiederum herausgegeben und zu Vollziehung derselbigen von uns erhaltenn urtheil unverzogentlich verholfen werden solle.
Wen aber solcher apelant vor uns als dem oberrichter den sachen verlustigt und zu recht
erkant wurde, es wäre von dem unterrichter wohl geurtheilt und durch ihne apelanten
übel appeliert, so sollen alsdan solche hinterlegte 4 pf[und] pfening uns als der obrigkeit
zur straf verfallen seyn und zugestellt werden, darnach sich mäniglich zu richten wiße
und von freventlichen muthwilligem appeliern hüten soll.
Sofahr auch einer von einem unsern untern gericht zehn tag bedacht nehmen, und
die folgendt appelieren wollt oder wurde, soll er dieselbigen sein appelation in[n]erhalb
ermeldter zehen täge den nächsten in unser[er] canzley, wie bisher gebräuchlich, aufund einschreiben laßen, wo aber d[a]s also nicht geschieht, soll alsdan dem, so den bedacht genohmen, keiner appelation ferner mehr gestatten, sondern dem gegentheil seyn
behapt recht beiaßen, oder sonst weiter im rechten wie sich gebührt procedirt und fürgefahren werden.
Item wär der auch wäre, der von einer urtheil von einigem gewicht für uns also bald
mündlich mit lebendlicher stim appelirte, derselbig soll nach solchem appeliren dieselbe
appelation in[n]erhalb dreysig täge nächst folgend in unser canzley auch aufschreiben
laß[e]n, welcher aber solches nicht thäte, und auch ungefaßt mit apostolis oder urtheilbrief vom untern gericht für appelation recht kom[m]en, sondern säumig erscheinen,
deßen appelation soll hernach als desert gefallen, und deshalben von uns als dem
oberrichter nicht mehr angenohmen werden, sondern würdet man den andern theil oder
apelaten sein erhalt recht furgehen laßen.//
Nr. 13: Kempten, Fürststift
349
Wie hoch die hauptsach seyn muß, darin appeliert werden möge.
Wann ein urtheil in einer sach, die allein 5 pf[und] heller oder darunter betrift, ergangen, soll es allenthalben ohne appeliert dabey bleiben, betrefe aber die sach über 5. bis
auf 10. pf[und], so mag von den untern gerichten an uns wohl appeliert werden, dabey
es auch bleiben soll.
Da aber ein urtheil an einem untern gericht ergienge in einer sach, die mehr dan 10.
und nicht 20 pf[und] betrefe, davon mag an uns auch wohl appeliert werdfen]. Darbey
es auch gleichfals bleiben, und soll das in allen jezt erzehlten fallen also gehalten werden, die sachen betrefen dan ehr, gefier, auch ehrhaftinen dienstbahrkeiten und dergleichen, von denselben mag wohl appeliert werden.
Würde aber die ansprach 20. pflfund] oder darob an schuld oder werth antrefen, so ist
dem appelierenden theil zugelaßen, von unsern untern gerichten an uns oder unser appelationgericht die appelation furzunehmen und zu vollfuhren, doch in allweg mit erlegung des 4. pfjund] pfening wie oben vermeldt.//
Von gottshaußgüthern.
Item wir wollen, daß alle die so gottshaußgüther inne haben und jenen geliehen seyn,
weder heu noch Stroh ab solchen güthern ohne erlaubnuß verkaufen, sondern darauf
auρrezen. Welcher aber d[a]s überführe und nicht hielte, der soll 4. pffund] pfening zu
straf verfallen seyn ohne alle gnad.//
Von bestandwassern.
Item es soll mäniglichem zu wißen gethan seyn, daß niemands in unsern bestandwäßern
weder fischen noch krebsen solle, sonder diejenige so sollche waßer von uns bestanden
haben, darin und daran unbeschwert laßen bey straf 4. pfjund] pfening.//
Von forst und wildbann.
Es soll auch niemand in unsern und unsern stifts auch grafschaft Kempten wildbahn
nicht schiesen, hagen, jagen, hezen noch sonst waidwerck treiben noch fürnehmen ohne
erlaubt unsers forstmeisters, bey straf 4. pf[und] pfening.//
350
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
Von holzhauen.
Item es soll auch niemand in unsern wälder, hölzer u[nd] forsten keinerley holz, weder
groß noch kleins, ohne unsere erlaubnuß hauen noch schlagen, auch bey einer straf an
4. pfjund] pfening.//
Von bezahlung der steur, gülten und erdschäzen.
Item nachdem bey unsers stifts und gottshauß leuthen merckliche saumselig- u[nd] hinläßigkeit an bezahlung jährlich zinß, steur, renten und gülten, die sie uns und unsern
amtleuthen zu thun schuldig entstanden und erwachsen, und im[m]er je mehr entsteh e n und aufwachsen, also daß dießelbigen bey vielen und mehreren Unkosten, mühe
und arbeit angebracht werden müßen, das nicht allein uns, sondern auch denselbigen
unterthanen zu großen schaden u[nd] nachtheil reichet und gedryhet, so haben wir fürgenohmmen, angesehn, gesezt und geordnet, daß hinfüro unser landaman zu gelegener
und gebührender zeit einer jeden pfarr einen geräumten steurtag ernennen und bestimmen und denselben 14. tag zuvor verkünden, auf welchen tag ein jeder sein steur ihme
landaman, so darauf warten würde, gewißlich antworten und bezahlen soll. Welcher
aber das nicht thäte und ungehorsam ausbleiben wurde, der soll den dritten theil seiner
steur zu straf zusamt der steur unablößlich zu bezahlen verfallen seyn.
Desgleichen soll auch unser kastenvogt zu bezahlung geld-, graß-, und hünergülten
jeder pfarr einen besonderen tag ernennen und 14 tag zuvor verkünden. Welcher den
deßelbigen tags sein geld- und hünergülten dem kastenvogt nicht bezahlte, der soll dazu
um einen dritten theil seiner geldgült gestraft und nichtdestoweniger einen jeden, so
hierüber an bezahlung der steurgeld und hünergült saumsälig und hinläßig, durch den
geschworenen gerichtsknecht eines jeden gerichts genügsame pfand, die der ausstehenden steur oder gülten ungefähr werth ausgetragen werden, die auch gemeldte landaman und kastenvogt alsdan versezen,zwvutsronmlkihgfedcba
verkaufte]η oder in andrer weege, dadurch sie ihres ausstands bezahlt, damit verfahren und handien mögen.
Welcher dan ewig oder ablößlich geld- oder korngülten auser ihren eigenen güther
schuldig, die sollen sollche gülten entzwischen sanct Martin und dem heil[igen] Weynechttag oder lauth der brief bezahlen, wo das aber nicht geschehen, so wurde mit gant
oder einziehung ihrer verschriebenen güther gegen denselben gehandelt, vermög und
innhalt der zinsbrief, darüber gegeben.
Item alle die so erdschäzgüther in bestand von uns und unserm stift inhaben und
bauen, sollen ihre korngülten zwischen s[ank]t Martin und dem heilfigen] Lichtmeßtag
auf den kästen und unser jederzeitjen] castners handen antworten und verrichten, und
damit nicht verziehn, noch auf keinen anschlag warten.
Welcher den sein korngült auf dem heil[igen] Lichtmeßtag nicht geantwurtet und
verrichtet hätte, deßelbigen bestandgut soll uns auf die vier täg angehender fasten
Nr. 13: Kempten,
Fürststift
351
nächtst darnach kom[m]end, frey ledig heimgefallen seyn, solches andern gehorsamen
richtigen untherthanen nach unserm gefallen zu verleyhen.//
Die gelegenen güther nicht aus der steur zu verkaufen.
Wir lassen auch allen unsern unterthanen und zugehörigen gottshaußleuthen ernstlich
gebiethen und verbiethen, daß hinfìiro keiner mehr einige gelegene stuck und güther,
weder groß oder kleins, auser unser gottshauß steur und herrlichkeit hinter ander
herrschaften noch freyn leuth, es seye durch kauf, tausch, versazung, übergab, heimsteur, heyrathen, erbschaften noch in einerley ander weeg hinterrücks, unerlaubt und
ohzne unser vorwißen nicht hingeben noch kom[m]en lassen, sonder allwegen ein jeder,
so sich der fall begiebt, uns oder unsern landam[m]an solches zuvor anzeigen und
furbringen solle, damit so etwas bewilligt oder zugelaßen, daßselbig nichtdestoweniger
aufgezeichnet, in gedächtnuß behalten und mittlerweilen hinter uns u[nd] unser gottshauß wiederum herein gebracht oder sonst verglichen werden möge, an straf 20 pfjund]
pfen[n]ing, bey welchem gefahrliche uebertrettung befunden wurde.//
Von gottshaußleuthn, so sich hinter fremden herrschaften verheurathen.
Item es soll auch hinfuro kein gottshaußman oder weibsperson, so sich hinter fremde
herrschaft[e]n verheurathen wurde, nicht hochzeit haben noch auch zu kirchen gehen,
sie haben sich dan zuvor bey unserm landaman angezeigt, den kirchgang auf Wechsel
ausgebracht und sich darauf einschreiben lassen, bey straf eines pf|und] pfenings unablöslich bezahlen. So aber ein gottshaußma[n]n ein frey weib nimt und dieselben in
sechs oder acht monath (wie dan beede, der Memminger und Martinszeller bericht und
verträg, daß zugeben und vermögen) nicht nach ihme an uns und under stift ergeben
wurde, der soll auch nachgehennds als der ungehorsam an leib oder guth nach gestalt
der sach gestraft werden.//
Vom loskaufen und wiederlesungen.
Item es soll auch hinfuro kein loßkauf oder wiederlesung statt noch kraft haben, er werde dan zuvor von dem ansprecher durch looß oder kaufbrief in unser canzley darum aufgericht, oder durch biederleuth, so bey dem kauf gewesen, genugsam bewiesen.
Und so ein gottshaußmann dem andern zu kauf[e]n geben will oder verkauft hätte, so
soll der käufer oder Verkäufer solchen kauf zu stund an seinem amtman oder hauptman
ansagen, den kauf vor der pfarrkirch, darin d[a]s guth gelegen, öfentlich zu verkünden,
wäre dan ob jemands freundschaft oder ander ursach halber den kauf anfallen wollte,
352
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
daßelb soll er innehalb 4. wochen den nächsten ausführen. Würde den der kauf in
solcher zeit nicht angefallen, solle er flirterhin kräftig u[nd] unangefochten in würkung
bleiben, wofehr aber die verkündung unterlaßen und nicht geschehen wurde, so sollen
alsden die hinläßige käufer und Verkäufer ein jeder um 2 pf[und] pfen[n]ing gestraft
werden.
Und soll furohin in den leuth- und weinkäufen, von dem so den kauf angefallen, und
ihme von der herrschaft zuerkent wurde, zu leuthkauf nicht mehr den zwo mans wein zu
bezahlen schuldig seyn.//
Von beschwerlichen condracten, der teusch und käuf so öffentlich verkindet
werdet.
Item, es würdet auch uns glaublich angezeigt, wie d[a]s durch etliche unsere unterthanen beschwäre und wunderbahre conträckt im tauschen und verkaufen zu ihrem
höchsten verderben und nachtheil fürgenohmen werden wollen, als nähmlich, d[a]s sie
unterweilen gelegene felder, an etliche fahrende haab als roß, rinder oder anders neben
auf- und hinausgebung etliches baares gelds, gegen und wieder einander vertauschen,
veralienir[e]n und versezen, und solche Veränderungen leztlichen dahin gerathen, daß
der, so gegen der fahrenden haab was gelegen, an sich ertauscht, furerkauft, unangesehen das es nicht verkündt worden, haben und anziehen will, dadurch den leztlichen
große rechfertigungen entspringen mögen etc. etc.
Solchem zu begegnen und zufiirkom[m]en, wollen wir nächst hieoben verlesene articul, wie es derhalben gehalten werden solle, wiederum erneuert, erholt und bey angeregter straf ernstlich gebothen haben, das hinfiiro alle käuf, verkäuf, alienationes, Veränderungen, vertauschungen, Verwechslungen und hingebungen, in was gestalt sie
geschehen möchten, nach unsers gottshauß und grafschaft Kempten Ordnung und
gebrauch und von alters herkom[m]en öffentlich verkündet werden solle, und wo auserhalb deren durch jemand andern was fürgenohmen und gehandelt, das alles wollen wir
von obrigkeit wegen hiemit cassirt, zunichten und ungültbahr gemacht haben, darnach
wiße sich ein jeder zu richten.//
Von heurath und Übergabbriefen.
Nachdem auser dem heurathen und übergaben, so zu Zeiten zwischen wittmern und
wittiben denen ihre verstorbene eheweiber oder ehewirth kind verlaßen, geschehen und
aufgericht, und doch von der obrigkeit, wie sich gebühret, nicht bewilligt noch verbrieft
werden, und den so zwischen den Stiefvätern und -müttern u[nd] Stiefkindern große und
beschwerliche misverständ erwachsen, also daß die kinder, so von ihr[e]n Stiefvätern
und -müttern mit leib und guth aufgenohm[e]n, durch ihrer eitern unhäußlichkeit ihres
Nr. 13: Kempten,
Fürststift
353
väterlichen oder mütterlichen erbguts beraubt, oder so etwan die Stiefväter oder -mütter,
ihrer vorfahrigen nachgelaßenen schulden bezahlt und die güther gebeßert, von ihren
Stiefkindern, von wegen ihres väterlichen oder mütterlichen erbguths beraubt, zu theilu[n]g und heurathsgüther oder auslosungen mit recht oder in ander weeg genöthigt und
angefochten werden.
So laßen wir demnach alle u[nd] jede uebergaben, aufnehmungen und abreden, so in
dergleichen heurathjen] gemacht, angenohmen und abgeredt, von obrigkeit wegen und
zu Verhütung unser zugehörigen waißen abfall und verderben, furohin gänzlich cassieren, aufheben und verbietten, sie wären dann zuvor von uns als ordentlicher obrigkeit
angenohmen, bekräftig, bewilligt und in unser canzley, wie sich gebühret, verbrieft und
verförtigt.
Gleichfals sezen und ordnen wir auch, wenn unser gottshaußleuth und unterthanen,
manns- oder Weibspersonen, einig testament, codicill, lezten willen und geschäft wie
das nahmen gehabt möge, auch schanckung von tods wegen oder unter den lebendigen,
aufrichten und machen wollten, daß sie solches mit unserm gnädigen vorwißen, willen
und vergünstigen thun, und in unser kanzley unter unsern oder unsers vogt und landaman insiegel verfertigen laßen sollen, auch dazu allweg fünf oder zum wenigsten drey
redlich unverleumt glaubhaftig mannspersonen als gezeugn, die uns mit obrigkeit verwandt, durch die testierenden personen beruft werden sollen, sonsten soll solches testament, lezter will und geschäft unkräftig und keinesweegs beständig seyn, sondern die
nächste sipfreund zu dem verlaßen guth als erben ihren zutritt wie recht haben etc. etc.//
Von neuen hofstädten.
Item wir wollen auch, daß hinfuro auf keine neue hofstätten in unser grafschaft Kempten ohne unser vorwißen, erlauben und bewilligen, nichts weder häuser noch andere
zim[m]er gebauen noch gemacht werden sollen, auch durch die amt- und haupleuth solche käuf nicht mehr verkündt werden, sie haben den deßen von uns sonder befehl und
erlaubnüß.//
Von oefnung Steeg und weeg.
Item, es komt uns auch mehrmahls klaegweis glaublich für, das an vielen orten in unserm stift und grafschaft Kempten durch hinläßigkeit und verabsaumen unserer unterthanen die alten steg und weg dermaßen verwachsen und zergehen, daß dieselbige zum
theil garnicht oder doch beschwerlich und mit mühe besucht und gebraucht werden mögen, und also ganz sorglich zu wandlen, besonders jeziger zeit, dieweil durch das waßer
und ungewitter die weeg übel zergangen und schadhaft worden, damit nun dieselben bequemlicherweise wiederum bey tag und nacht gebraucht werden mögen.
354
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
So ist unser ernstlicher befehl, daß durch die amt- und hauptleuth in jeder pfarr und
derselben zugehörigen weiler und höfen eigentlichen verschaft werde, solche Steg und
weeg aufzuthun, zu öfnen, ausraumen u[nd] wiederum zu erneuern, zu beßern, damit
dieselbige, wie gehört, ohne einigen gefahrlichen schaden zujederzeiten gebraucht werden möge, welches dan[n] nicht allein andern leuthen, sondern auch ihnen unsern unterthanen selbst und den ihrigen zu gutem dient und kom[m]en würde, alles bey straf eines
pf[und] pfennings.//
Von arrestiern und verbiethen.
Item es ist auch bishero in unser grafschaft gebräuchlich geweßt, wen jemands zu einem
andern was spruch oder foderung gehabt oder zu haben vermeint, so hat er alsbald dem,
zu dem er die ansprach gehabt, seyn hab und guth arrestiern und verbiethen und die
güther mehr dan jähr und tag ungerechtfertigt gelaßen, und vermeint den dem die güther
verbothfen] damit dahin zutringen, d[a]s derselb seine verbothene güther mit klag oder
recht wiederum erledigen solle, welches aber wieder die gemeine recht u[nd] die art und
eigenschaft der arrest und verboth ist.
Damit dan hierin[n]en den rechten gemäß gehandelt und niemands dawieder mit
einigen unzimlichen arresten und verbothen beschwert, so ist unser befehl, daß furohin
unser amt- und hauptleuth und pittel auf jemands anrufen kein solch oder dergleichen
verboth mehr thun noch zu thun gewalt haben, sondern den anfuhrenden theil zu unsern
vogt oder landam[m]an weisen, derselbig würde und soll alsdenn nach erkundigter sach
die billigkeit verschaffen. Und ob er aufjemands anrufen ainig arrest geben oder bewilligen, so soll alsdanfn] der kläger sein foderung und ansprach, so er zu den verbothenen
güther oder derselbigen innhabern zu haben vermeint, in monatsfrist den nächsten nach
beschehenem verboth mit recht ausführen, oder so er solches nicht thäte, den arrest und
verboth hiemit wiederum relaxieren, entschlagen und dem inhaber der arrestierten und
verbothenen güther unschädlich seyn.//
Von todfállen.
Item nachdem die todfall bishero zu unserm nicht geringen nachtheil mit gefahr und betrug gar verschwiegen oder öftermahl mehr dan ein halb, ganz oder Vierteljahrs nach
beschehenem fall erst angezeigt etc., damit dan solch gefahr und betrug furohin vermitten bleibt, so sollen alle die todfall so sich hinfuro begeben, durch der abgestorbenen
person kinder oder erben in nächster monatsfrist nach dem fall bey dem landaman[n]
angezeigt, davon gebührender tod- oder heßfall bezahlt, und die ungehorsamen zusamt
dem schuldigen tod- od[er] heßfall eins dritten thail höcher oder mehr dan den fahl geachtet, unablößlich gestraft werden.//
Nr. 13: Kempten,
Fürststift
355
Von schuz und schirm zu nehmen.
Item es sollen auch diejenigen, es seyen mans- oder Weibspersonen, so sich in unserm
stift und grafschaft Kempten niederlaßen und sezen würden, von niemands andern wer
der wäre, dan von uns und unser[e]n nachkomen herrn und prelaten des stifts und grafschaft Kempten, schuz oder schirm annehmen, wie dan hochermeldter unser stift, unserer vorfahren lobseelfigen] gedächtnuß, und wir eins solchen von Römisch[ischer]
kaiserlicher] und königlicher] mayestätt unser aller gned[igsten] herrn hochloblfichen]
befreyet und begnadet seyn.//
Von briefen in der canzley aufzurichten.
Item es soll keiner unsers stifts und gotteshauß mann nichts verbriefen, verschreiben
noch aufricht[e]n, dan allein in unser canzley und unter aines vogts oder landaman[n]s
unsers gottshauß insiegel, bey straf 4 pfjund] pfening oder höcher je nach gestalt der sachen und suma.//
Von briefen aus der canzley zu lößen.
Item, nachdem sich vonwegen der briefen, so in unserer canzley angegeben, gemacht
und aus liederlichkeit und hinläßigkeit der parteyen langsam erhebt und erlößt werden,
mancherley irrungen und verdrießlich rechtfertigungen mit der unterthan[e]n schaden
bisher zugetragen, damit dan solches furohin verhüt, so sollen alle die in unserer canzley einige brief zu machen und zu fertigen angeben, dieselbigen brief also baar bezahlen, und den zu nächster monathsfrist darnach und zum fiirderlichstfen] es im[m]er geseyn mag, empfahen. Wir wollen auch hinwie solche fuhrsehung und Verordnung bey
unser canzley thun, damit jeder mäniglich so brief in der selbigen zu schreiben angeben
haben, mit ehestem verfertigt und in die länge nicht damit aufgehalten werden.//
Von straf der unterthanen, so auf verschafen und geheiß nicht erscheinen
wurden.
Item, nachdem sich öftersmahl begiebt, daß wir oder unsere räth und oberamtleuth
unsern unterthanen verschafen laßen, allhie in unserm stift Kempten zu erscheinen und
anzuhören, was mit jenen zu reden oder zu handien seyn möchte, so erzeigen sie sich
doch in solchem schafen ganz ungehorsam, und bleiben verächtlich aus, so fern und so
lang, bis man ihnen bey einer geldstraf gebiethen muß, welches aber gehorsamen unterthanen mitnichten gebühret, und ist derhalb unser ernstlicher befehl und mainung, wan
356
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
und so oft einem unterthanen von uns selbst oder unsern räthen und oberamtleuthen,
durch einen untervogt, aman, hauptmanjn], pittein oder andern geschwornen geschafet
wurde, sich herein in unser stift vor uns oder unsern räthen zu erscheinen und zu stellen,
daß er daselbig also bald gehorsamlich thut, vollziehe und nicht auf einig geldgeboth
warten, oder wo er nicht erschienen, unser ungnad und gebührende straf gewärtig seyn
soll.//
Von todschlägen.
Item, nachdem das unchristl[iche] malefiz und laster todschlagens und endleibungen
leider ganz gemein werden will, und sich Öftermahls zuträgt, daß einer den andern aus
kleinfugen Ursachen entleibt, auch bisher die todschläger etwan durch ringe und zu sehr
mittel verträg wiederum begnedigt und eingelaßen worden seynd, dadurch hernach andere leichtfartige, unruhige und blutdurstenden unleuth desto leichter verursacht und
bewegt worden seyn möchten, todschläg zu begehen. Welchem allem soviel möglich
vorzukomen und in bedenkung, das solch todschläg und blutvergiesung nach ausweisung und in kraft göttlicher und kaiserlicher] rechten, insonderheit aus ftihrsezlichem
bedächtlichen muthwillen beschehen, mit dem schwerd oder rad gestraft werden sollen
oder mögen, so will unser weltlichen räthen von hoher obrigkeit wegen und damit solch
übel gestraft, fried und einigkeit erhalten und blutvergiesen verhütet werde, gebühren,
ein ernstlich einsehen zu thun.
Und laßen hiemit allen unsern unterthanen, auch andern herrschaftleuthen in unser
hohen obrigkeit und grafschaft Kempten geseßen, anzeigen und gebothsweiß zu wissen
thun, wo einer oder einige mehr todschläg vürohin vollbringen und begehen würden,
d[a]s der oder dieselbige von stund an nach begangenen todschlag und entleibung drey
jähr lang unser grafschaft Kempten verwiesen seyn, und in dieselbige nicht mehr ohne
sonder unser begnadigung kom[m]en sollen, und dennoch nach verscheinung obbestimter zeit bey uns und unsern weltlichen räthen stehen solle, ob man solche todschläger
auf gebührliche straf, büß und gütlichen vertrag gegen uns oder der obrigkeit und des
entleibten freundschafit wiederum begnaden und einkomen laßen wolle, je nach gestalt
der thäter und solcher fursazlichen, muthwilligen todschläge, so einen mord verglichen
werde, und kein genügsame entschuldigung, rechter nothwehr oder sonsten gehaben
möchten, wan dieselbige fursazliche thäter, und todschläger nichts gewiser dan die
strenge der kaiserlichen rechten, und der heil[igen] reichs peinlichen gerichtsordnung
gewärtig seyn sollen, damit sich mäniglich zu richten, und ruhigen guten fried leben,
ebenmäßig zu halten und vor blutvergiesung zu verhütten wißen.//
Nr. 13: Kempten,
Fürststift
357
Allerhand gemein articul und derselbigen strafen betrefend.
Item, demnach nicht alle zufällige übertrettung[e]n und derselben strafen in dieser unser
kurzer Ordnung genügsam mögen bedacht und beschrieben werden, so wollen wir uns
doch etliche derselbigen, auf denen Röm[ische] kaiserlichen] maj [estât] etc. und des
heil[igen] Rom[ischen] reichs polizey- und peinliche gerichtsordnung hiemit referirt
und gezogen, und mäniglich erinert und verwahrnt haben, sich vor denselbigen ueberrtettungen und darauf gesezten strafen zu erhütten wissen.
Als nähmlich von übermäßigen kosten, so auf den hochzeiten, kindertäufen, begräbnussen, faßnachtzehrungen und dergleichen unnüzlich aufgewendt würdet.
Von schädlichen vürkäufen./ Von wucherlichen condracten./ Von verkaufen der fruchten auf dem feld./ Von ellenmeß, maas, gewicht, trucken und nuß./ Von starken bettlern
und müßiggänger./ Von landfahrern, singern, und räumensprecher./ Von der minderjährigen pflegkinder, vormüder, pflegern, trager u[nd] vögten./ Von den kirchen und
heil[igen] pflegern./ Von richter, fürsprechern u[nd] procuratoren./ Von denen unterthanen so in offenen zechen sizen oder spilen, und ihre weib und kinder das allmoßen
nehmen laßen./ Von amtleuthen oder richtern, die schankungen und gaben nehmen./
Von den sühnen, knechten, ehhalten und arbeitern, so ein aufbotten und andern zufalligen nothdurften nicht gehorsam leisten./ Item von straf deren so einen gelerten eyd vor
richter und gerücht meineydig schwören./ Von denen so geschworen urpfed brechen./
Von zaubereyen und hexereyen./ Von unrechtlicher mündlicher oder schriftlicher
Schmähung./ Von falschern der münz, brief, Siegel, urbar, zinsbüch[er] od[er] register,
auch maas, waag und kaufmanschaft./ Von denen, so falschlich und betrüglich untermarkung oder markstein verrücken./ Von straf der unkeusch so wieder die natur geschieht./ Item der unkeusch mit nahenden gesipten freunden./ Item deren, so eheweiber
oder jungfrauen entfuhren, der nothzucht, des ehebruchs, der bullerey, derihnen so ihre
eheweiber und kinder durch bößes genuß willen williglich zu unkeuschen schändlichen
werken gebrauchen lassen oder verkaufen./ Von verkuplung und heimlichen enthalten./
Von leichtfertiger beywohnung./ Von straf der verräther, morder, brenner, räuber, dieben./ Derjenen, so aufrührer des volcks machen./ Derjenen, so böslich austretten u[nd]
drohen./ Derjenen, so die leuth böslich befeden./ Derjenen, so schwangern Weibsbilder
kinder abtreiben./ Der weiber, so ihre kinder todten./ Der weiber, so ihre kinder von sich
legen u[nd] sizen laßen./ Von straf eingener tödtung etc.
Vor welchen obbestimten uebertrettungen und laster allen u[nd] jeglichen strafen
darüber gesezt sich unsere unterthanen enthalten und verhütten wollen, damit wir oder
unsere räthe und oberamtleuth nicht verursacht werdfen], gegen denselben deliquenten
und uebertrettern mit den Ordinarien darauf gesezten oder andern strafen penen zu verfahren, welches wir viel geliebter umgehen und ihren mit gnaden verschont zu werden
gern sehen wollten.
*
358
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
Letzlichen, dieweil alle obgeschriebene articule, Ordnung und sazung durch uns, zufoderst Gott dem allmächtigen zu lob und ehre, unsern unterthanen und armen leuthen
zu ihrer seelenhail und guter policey, friedlichem leben und aufgang ihrer haab, güther
und leibsnahrungen etc. gnäd[ig] furgenohmen und gesezt, so ist unser ernstlichs gebiethen und wollen, daß ihr und all andere unsrer untherthanen dieselbigen alles ihres Inhalts wie obstehet, bey peen und straf bey einem jeden articul verleibt, vestiglich halten,
geieben und nachkommen sollen. Und damit die execution und Vollstreckung derselbigen, wie sich gebührt, desto gehorsamer und stattlicher erfolge, dieweil ihr die amt- und
hauptleuth bisher mit anzeigen, wie ihr zu thun schuldig gewesen, ganz farläßig und
saumsälig befunden worden, so ist abermahls unser ernstlicher befehl, wie hienoben
auch angeregt, daß ihr, d e r g l e i c h e n auch die wirt, pittel und andere, auf oberührte articul alle, wo die nicht gehalten, sondern übertretten wurden, ein fleisig aufsehen haben,
und wo ihr die Verbrecher finden und gewahr würden, solches uns, unsern räthen,
vögten u[nd] oberamtleuthen unverzüglich anzeigen. Wo ihr aber solches nicht thäten,
sollen ihr auch mit ernst gestraft werden, welches wir euch hiemit gnädiglich verwarnet
haben wollen, euch vor solcher straf zu verhütten wißen.
Doch wollen wir uns hiemit unser ober- und gerechtigkeit, auch diese unsre Ordnung
in einem oder mehr oder allen articeln nach gestalt und gelegenheit der sachen, wie uns
das jederzeit für gut ansehen würden, zu leuthern, zu ändern und mehren oder gar
abzutun vorbehalten haben, inmaßen wie im eingang dieser Ordnung auch angezogen
ist, mit dem gnädigen erbieten, wo unsern unterthanen und gottshaußleuth nichts
beschwerliches von unsern vögten und amtleuth oder jemands andern begegnen, daß sie
solches uns als der mehreren obrigkeit wohl anzeigen mögen, sollich vorhero verstattet,
und in demselben beschwert, gnädfig] und gebührl[ich] einsehung gethan werden.
*
Geben und zu urkundt, mit unsern hinfür gedruk[en] decret insiegel besigelt, in unsern
st[ift] Kempten auf unser lieben frau geburth abend, den siebenden tag des monaths
septembris, als man zehlet nach Christi unsers lieben herrn u[nd] seligmachers geburth
tausendfünfhundert sechzigundzwey jähr.//
*
Mathias Rasch, doctor canzler s[ubscripsit].
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift
359
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift: „Reichs-Gotteshauß Ursbergische Statuta, Satz- und Ordnungen" [12. IV. 1777]22
Von gottes gnaden, wir Wilhelmus [III. Schöllhorn, 1771-1790] des hl: röm: reichs
unmittelbaren stiftes und gotteshauses Ursberg regierender prälat und herr etc.//
Entbiethen allen unsern unterthanen, und hintersassen unsern gnädigen grüß zuvor, und
befehlen allen, und jeden folgende Statuten, satz und Ordnungen bey Vermeidung der jeden punkten bey gesetzter, oder nach ermassung der umständen noch schwererer straff,
fleissig zu befolgen, und nachzukommen. Wir setzen, ordnen und befehlen also.//
1. mo: Von der religion.
Daß alle unser unterthanen mann- und weiblichen geschlechts j u n g und alte, keine andere religion, oder glauben halten, oder annehmen, als die wahre katholische allein selig
machende religion, deßwegen auch niemand ketzerische und von der christlichen kirchen verbothnen bûcher bey sich haben, gebrauchen oder lessen sollen. Unter verluest
der herrschaft, auch haab und guts.//
2. do: Verschickung der kinder an unkatholische ort.
Ferners ist unser ernstlicher befehl, daß keiner unserer unterthanen seinen söhn oder
tochter, ohne unser vorwissen, und ausdrücklichen erlaubniß zu unkatholischen in
dienst oder arbeit, es mag namen haben, wie es will, verdinge, oder darinn zu verbleiben
gestatte, unter verluest der herrschaft.//
3. tio: Sonn- und feyertag halten.
Wollen wir, daß die hl: sonn- und feyertäge mit gebührender andacht und ehrerbiethigkeit gehalten, an den feyerabenden um gebethzeit von der handarbeit abgelassen,
diejenige, so zu ihren jähren kommen, bey ihrer pfarrer, dahin sie gehören, verbleiben,
und dem dienst Gottes vom anfang bis zum ende mit andacht und gottesfurcht abwarten,
das amt der hl: meß, und predigt fleissig anhören, auch die jugend und dienstbothen, die
kinder- und christenlehr ohne erlaubniß ihrer pfarrherrn niemals verabsaumen, unter
dem gottesdienst solle nicht gekauft und verkauft werden, kein wirth, wein, bier, brandtwein, oder anderes trank, auch nichts zu essen geben /: ausgenommen durchreisenden /:
22
StaatsA Augsburg, Kloster Ursberg, Akt 20.
360
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
jtem solle sich kein musiekant, arzt, kommediant oder marktschreier hören lassen. Alles
bey Vermeidung empfindlicher straff.
Es sollen auch alle handarbeit, als waschen, waschaufhängen, fuhrwerken, bachen,
mahlen, metzgen etc. an den gebothenen feyertägen ganzlich abgeschafet seyn, und die
uebertretere um 1. auch nach gestalt der sachen um 2 pfd. heller, und noch mehr gestraft
werden.//
4. to: Gottslästern, fluchen und schwören.
Wer in dem laster der gottslästerung, auch fluchen, und schwören, ergriffen wird, der
soltte entweder an leib, oder an geld nach befund der umständen unbarmherzig gestraft,
und derjenige, der zugehört, solches aber nicht angezeigt, um 3 reichs thlr. abgebüßt
werden.//
5. to: Vom zehenden.
Gebiethen wir, daß keiner unserer unterthanen den zehenden selbst auszählen, sondern
solches von denen beeidigten zehendgängern von einem acker auf den andern berichtet
werden solle, unter straff eines viertls frucht, so wie es der acker, worauf eigenmächtig
ausgezählt worden, getragen hat. Wer aber einen zehenden hinterschlagt, es seye an
groß oder kleinem zehenden, oder gar etwas von denen zusamen getragenen häufen entwendt, der solle nach befund der sachen scharf gestraffet werden. Wobey zugleich denen armen leiten und hirten bis die aeckern von denen früchten sowohl, als von denen
zehend garten ganzlich gelert sind, alles aehren und eintreiben, verbothen ist, unter der
thurm- und geigenstraff. Damit aber sovohl die armen leute noch zum aehrklauben, und
das vieh zum weidbesuch zeit und platz haben, so solle kein unterthan befugt seyn, das
winterweisch vor maria geburt, und das sommerweisch vor michaeli umzubrechen, bey
straf 1 pfd. heller auf jedes umgebrochene viertel jauchert ackers. Wollte aber jemand
welsch ruben bauen, so solle hiezu vorhero bey kanzley solches angezeigt werden, bey
Vermeidung obiger straff. Und solle übrigens die jährliche beeidigung, führer und trescher, zuverlesende hier sub no 1. anliegende zehend und treschordnung fleissig beobachtet werden.//
6. to: Fried biethen.
Wenn sich in unsern gerichten, gebiethen, zwing und bähnen, zwischen einheimisch
und fremden leuten eine empörung, oder aufruhr begeben wurde, so sollen denenselben
unsere beamte, ammänner, gerichtsleute, bürgermeister, amtsdiener, oder in deren ab-
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift
361
Wesenheit ein jeder unserer unterthanen nach grosse der gefahr um 3. 6. 9. 12. 15. fl.
straf fried biethen, und wer diesem geboth nicht folgen würde, ohne ausnahm darein
verfallen sey. Die wirth oder andere leute in deren häusern sich unfried oder schlaghändel ereignen, sollen schuldig seyn, solches also gleich bey kanzley anzuzeigen,
dabey auch allen ausfuhrlichen bericht, soviel immer möglich, erstatten, wie des handels
urheber, wer dabey gewesen, was fur leute einander geschlagen, beschädigt oder geschmähet haben, bey 4. pfd. heller.//
7. mo: Vom streifen und bethlen.
Wenn auf einer streif zu bey fangung und transportierung, oder bewachung verdächtiger
leute, bethler, und vaganten mehrere leute nöthig sind, als man auf die streife aus geschickt hat, so sollen sich hinzu alle unterthanen ohne ausnahme auf erforderen gebrauchen lassen. Bey straff 1 f. Wenn sich einer dessen weigern wollte; auch solle kein unterthan fremde bethler, länger als eine nacht, und die wirth nicht länger, als 2 nacht
ohne bey kanzley eine weitere erlaubniß auszuwirken, erhalten bey straff 1. pfd. heller
vor jede nacht.
Wenn aber jemand wußte, daß dieser oder jener fremdling, bethler, oder vagant eine um
bösen verdacht willen beschriebene, oder sonst in üblem ruf stehende person wäre, der
solle solches in der kanzley, oder dem ammann, oder dem burgermeister, oder dem
amtsdiener anzeigen, wo ihme dann nebst verschweigung seines namens, wenn der angezeigte einer bösen that schuldig befunden werden sollte, eine billige Verehrung gemacht werden solle. Bey Unterlassung solcher anzeig aber hat er 3. rchs thlr: straff zu
befahren. Wer aber bey einem fremden wirklich verdächtige wessen siehet, oder ihn auf
einer unthat erwischt, und solches nicht anzeigt, solle nach befund der sachen empfindlich gestraft werden.
Wenn ein einbrach, oder sonstige entwendung, es seye bey tag oder nacht, geschiht,
der solle so bald er das entwendete mangelt, hievon bey kanzley die anzeig machen.
Wer aber solche sachen aufbehaltet, oder gar geschenkt bekommt, oder käuflich an sich
bringet, von denen man weißt, daß sie gestohlen, oder doch solche sachen sind, die entweder sich für eine person, die solche hat, nicht schicken, oder die gar zu wohlfeil gebotten werden; der solle nach befund der umständen, als ein heier und theilnehmer peinlich abgewandelt werden.//
8. vo: Vom ueberlaufen in seinem oder eines andern hauß.
Welcher einem unterthan, oder einer sonst ehrlichen person in sein- oder eines andern
hauß nachlaufet und darinnen schlagt, gewalt oder frevel übt, das seinige eigens gewalt
nehmet, vorenthält, sein hauß und herberg gewalthätiger weiß aufbricht, aufstoßt, oder
362
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
zerreißt, und zerschlagt, dem andern freindlicher weise auf den wegen, gassen oder
strassen verwartet, der solle bey tag 6. f. bey nachts Zeiten aber 6 rhs.thl. straf unnachlässig verfallen haben heben, und noch dazu dem beschädigten kosten und schaden ersetzen.//
9. no: V o m wundschlagen.
Wer dem andern beynschrott, tiefmeislend, lahm, oder haftende wunden schlägt, sticht,
hauet, oder beißt, der solle nebst erstattung kosten und schaden 6. rhs.thr. straff erlegen.
Wo einer den andern hingegen nur blutrissig schlägt, oder krätzt, solle 4. pfd. hllr. verwürkt haben.//
10. mo. V o m werffen.
Welcher dem andern nachwirfft, es seye mit was es wolle, er treffe, oder treffe nicht, hat
10 pfd. hllr zu büssen, und ist der etwan andurch verursachende schaden noch besonders zu straffen, und zu ersetzen.//
11. mo: V o n ehebruch.
Wer in dem laster des ehebruchs betretten wird, es seye mann oder weib, der oder dieselbe sollen mit entblößtem rechten arm, und einer schwarzen kerzen 3 mal fur die kirchen gestellt werden, und muß noch anstatt der herrschaft meidung jede person 12. f.
straff erlegen, oder, wenn sie armuthshalber solches geld nicht vermöchten, so solle das
weib solche mit spinnen, der mann aber mit holzmachen und anderer arbeit abverdienen.//
12. mo: Von Schwächungen der jungfrauen.
Welch ledige leute sich fleischlich miteinander vermischen, das weibsbild mag schwanger werden oder nicht, die sollen jedes 3 mal sie mit dem strohkranz und geigen, und er
mit dem stohenen degen für die kirchen gestellt werden, anstatt der herrschaftmeidung
aber solle jedes 10. f. an geld erlegen, oder wann sie arm sind solches mit arbeiten, wie
oben ad 11 abverdienen.//
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift
363
13. tio: Vom nächtlichen zusamen schlupfen.
Welche tochter, söhn, gesell, knecht oder magd nächtlicher weil längstens bis 10 uhr
nicht zu hause sind, und die hausleute sehen dazu durch die finger, so solle das ausbleibende sowohl, als der dazu schweigende hausvater oder mutter nach befund der sachen
mit geigen, spannisch mantel oder thurn abgebüsset werden. Auch solle man nicht beederley geschlecht in eine kammer zusamen, oder die erwachsene kinder nicht zunächst
an das ehebeth legen, welches mannsbild nächtlicher weile bey einem fenster, oder
laden hinein steigt, oder von denen töchtern oder mägden in das haus eingelassen wird,
sollen ebenfalls empfindlich gestraft werden.//
14. to: Vom Gunkelhauß.
Beym tag ist das ausgehen mit der gunkel nicht änderst erlaubt, als daß die weibsbilder
in häuser, wo keine fremde mannsbilder, und die mannsbilder in häuser wo keine fremde weibsbilder hinkommen, gehen dürfen, also, daß wenn eines in ein hauß kommet,
und sich schon jemand des andern geschlechts daselbst befindet, so solle es sich wieder
hinweg begeben bey straff 1 pfund heller. Also solle auch keinem erlaubt seyn mit der
gunkel in jenes hauß zu gehen, wo man billigen verdacht einer karessen oder verbothenen Umgang wieder einen hat, bey Vermeidung obiger straf. Nächtlicher weile darf
gar niemand mit der gunkel aus dem hauß gehen, ausgenommen alte, arme, des holz
und lichtes unvermögende, die aber von dem h. pfarrer des ortes vorhero erlaubniß dazu
begehren sollen, und haben sie sodann dem amtsdiener hievon die anzeig zu machen.
Wiedrigenfalls, und wenn sie in einem andern haus, als ihnen der h. pfarrer erlaubt sich
antreffen lassen, sie wie andere gestrafft werden. Die hausleute, velche wieder obige
Verordnung sogenante gunkelhäuser gestatten, werden für jede person, so inen bey
ihnen antrift, um 1. pfd. hllr., und wann sie gar allerhand zotten und possen dabey geschehen lassen, für jede person um l . f l . straff angezogen.//
15. to: Vom unreinen antaschen.
Welche mannspersonen alt oder jung ehlich oder ledig, sich mit antaschen, niederwerfen, entblössen der Weibspersonen leichtfertig erzeigen, die sollen nach denen umständen mit dem thurn [Strafturm], und zwar die verheiratheten doppelt gegen die ledige,
auch in so ferne die weibsbilder anlaß dazu gebeten, mit der geigen oder kragen abgestraft werden.//
364
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
16. to: Vom heissen, lügen und schelten.
Welcher den andern freventlicher weiß heißt liegen, die solle 1. pfd. hllr., wenn aber
solches vor der herrschaft, in der kanzley, vor gericht und bey der gemeind geschiehet, 3
mal soviel straf verfallen haben. Wer herentgegen dem andern noch dazu schmähet, als
wie einen schelmen, dieb, bößwicht etc. oder ein weibsbild, wan eine hexe, hurr etc. die
geben 6. pfd. hllr. zur straff.//
17. mo: Auf das gewissen geben.
Wer dem andern eine Streitsache auf das gewissen öffentlich giebt, mit denen Worten:
ich gieb dies auf leib und seel etc. verwürket 1. f. straff, und wer solches in der kanzley
thut 3. f.//
18. vo: Vom nachtschwärmen.
Wer zu nachtszeiten auf der gasse nach 10. uhr schreiet, johlet, juchzet u. d. hat 2. pfd.
hllr., wer aber einen andern, da dieser sich bereits in seinem haus befindet, schiltet, nach
den fenstern, thürenläden etc. wirft, oder selbe gar einschlagt oder wirft, 10 pfd. hllr.
verfallen.//
19. no: Von hochzeiten.
Bey hochzeiten, stuhlfesten soll niemand uebefluß treiben, unter willkürlicher straff.
Auch sollen diejenigen, die ledigerweiß sich wieder obiges 12tn statutum verfehlt, bey
ihrer hochzeit keine musikanten halten, und das weibsbild keinen kränz tragen, bey
straff 10 f. Es solle auch in zukunft niemand mehr, wer der auch seye, und wenn schon
die jmpregnation vorgegangen wäre, zusamen zu heirathen erlaubt seye, es haben dann
die brautpersonen wirklich ein eigen hauß oder gut, oder legen doch wenigst 150 f. bey
der herrschaft nieder, es seye dann sache, daß beede arme etwa schon lang dienende
leute, und jedes über 40 jähr alt.//
20. mo: Von den musikanten und dem tanzen.
Ohne unsre erlaubniß sollen niemand einige musikanten halten, bey 3 rchs thr. straff,
und wo man eine zu halten erlaubt sollen 30 xr [Kreuzer] für diese bewilligung gegeben
werden, wovon aber die tafernwirth an denen kirchweihen ausgenommen sind, und
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift
365
solle auch der wirth weder an der kirchweyh weder bey einer hochzeit, noch andern
jahreszeiten gestatten, daß jemand vor genedigtem gottesdienst tanze, bey straff 2 pfd.
hllr. für die person, die tanzende aber geben jedes 1. f. und die musikanten auch jeder 1.
f.//
21. mo: Vom überflüssigen trünken.
Welcher trünkt, daß er nimmer weißt, was er thut, im wirthshauß, auf der gassen oder
strassen liegen bleibt, hat 3 pfd. hllr. zugeben, der wirth so solches überflüssige trünken
bey verheiratheten volläufern gestattet, solle 6. pfd. hllr. straff geben.//
22. do: Von aufhaltung über die zeit in den wirths- oder andern häusern.
Jm fall ein wirth oder anderer hausvater, oder mutter denen unheimischen leuten, und
unterthanen über 10 uhr nachts zu trinken giebt, oder von denen jenigen geben lasset,
oder zu spielen gestattet, selbe nicht aus dem hauß schaffet, auch die, so in der güte
nicht gehen wollen, unangezeigter lasset, muß 6. pfd. hllr. straff geben. Und der, so über
obige zeit in dem wirthshauß oder anderem hauß bleibt, 3. pfd. hllr.//
23. tio: Vom spielen.
Welcher unterthan in oder ausser der herrschaft über 2 pfenige oder höchstens 1 kreuzer
spielend ertapt wird oder unter dem gottesdienst, an Maria leuten, oder über die zeit
spielet, giebt 3 pfd. hllr. und die wirth oder haußvater, der solches leidet, 6 pfd. hllr.//
24. to: Von den ehehalten, taglöhnern und dienstbothen.
Wer seinem ehehalten zwischen denen zielen ohne ursach aufkündet, dann ihnen, oder
den taglöhnern den liedlohn vorenthaltet, und daß er solches unbillig thuet, erfunden
wird, solle selben nicht nur gleich erstatten, sondern auch den klagenden theil kosten,
und schaden ersetzen, und 1. rchs. thai: straff bezahlen. Welcher dienstboth aber ohne
wichtige ursach, oder just zur zeit, wo die größten feldarbeiten sind, den dienst aufsaget,
oder davon lauft, dem ist man den lezten jahrslohn gar nicht zu geben schuldig. Die
aufsagung des diensts betreffend, wann nicht zwischen herr und frau, und denen
dienstbothen deßwegen etwas gewieses bedungen ist, so solle der dienstboth wenigst 6.
wochen, der herr oder frau aber wenigst 4. wochen vor ausgang des dienstziels aufkünden. Jtem, wer einem dienstbothen etwas, so er sein herrn, frauen, meister entragen
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Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
hätte/: es seye speiß oder anderes:/ wissentlich abkaufen, oder von ihme annehmete,
auch in seinem haus behielte oder verkaufen ließ, der solle 15. pfd. hllr. straff geben,
oder nach grosse des abtragens gar peinlich gestrafft werden, und den beschädigten
schadloß halten.//
25. to: V o n dem marcken.
Welcher einen marckstein, pfähl, eichen oder buchengruben, oder gruben, ohne
herschaftliche erlaub setzet, umhauet, ausziehet, zuwirft, zuackert, oder auf der gemein
etwas sich zueignet, und neuerung anfanget, solle jedesmalen 7. f. zur straff verfallen
haben. So einer etwas, so zuvor kein acker gewesen, ohne erlaubnuß umbricht, und zum
acker macht, oder einen acker zur wiesen oder holz liegen lasset, der solle 4. f. straff
erlegen, und wegen der gült und zehenden red auch antwort geben. Wer den andern
offenbar überzaunt, überackert, übermähet, hat 5. f verwürkt. Wer aecker oder mäder an
denen herrschaft oder gemeinds hölzern liegen hat, solle eigens gewalts das daran
stehende holz, es mag viel oder wenig seyn, nicht abtreiben, wegräumen, umringein,
bey straff 10 rchs. thl: nebst ersätzung des schadens. Es sollen auch von denen
bürgermeistern und Vorgängern die haus, feld, holz und wiesen marckungen alle 3 jähre
im frühling übergangen, und die abgängige pfähle mit beyzug der jnteressenten frisch
geschlagen werden, bey straff 3. pfd. hllr.//
26. to: V o m holz.
Wenn einer in unserem oder seinen eignen hölzern, in den gemeinden oder auf dem feld
ohne vorwissen des holzamts, eichen-, buchen-, dannen-, birkenbäum, und ander holz
stämmlen, schneiden oder wüsten wurde, der soll von jedem stammen auf der gemeind
oder in dem seinigen 2. f. in des gotteshauses gehölz, wäldern und feldern aber 6. f.
straffe geben. Wer von der herrschaft oder gemeind holz kauft, der solle es an keinen
fremden wieder verkaufen, unter straff soviel das holz werth gewesen. Ohne vorwissen
unsers holzamts solle, wer der, ammann, burgermeister, noch gerichtsleute aus denen
gemeinden jemanden einiges bau oder zimmerholz vorabfolgen lassen, unter straff 2. f.
vom stammen. Wer sein gemeindsholz bis Georgi nicht aufmacht, oder die zum zäunen
empfangene eichen über jähr und tag liegen lasset, dieß soll alles der gemeind heimgefallen seyn, und wer das reiß nicht aufmacht, bis Johani hat 2. f straff verwürkt. Wer
dem andern das aufgemachte holz an klaftern und büschein heimlicher weiß wegführet,
solle um 5. pfd. hllr, nebst der ersätzung des schadens gestrafft werden. Es sollen auch
in zukunft alle zaunmachungen anstatt der spelten mit lebendigen hecken gemacht werden, also daß man an orten, wo der alte speltenzaun vorgeht, so weit die alten spelten
nicht weichen, mit eingesetzten weiß- oder ander dornestöcken das übrige nachsetze,
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift
367
bey straff 3 rchs: thl [Reichstaler]: Damit aber diese lebendige zäune zum schaden des
nachbarn nicht zuweit getrieben werden, so sollen ordentliche pfähle geschlagen, und
über diese der zaun nicht hienaus getrieben werden. Auch solle ein jeder neu angehender unterthan schuldig und gehalten seyn, 3 junge eichen zu pflanzen, und 4 jähr lang
vor allem schaden des viehes, wildprets zu versorgen, bey straff 1 rch: thl: für jedes
stuck, und übrigens sich, nach der sub nr 2. anliegenden holz und forstordnungen
benehmen.//
27. mo: Vom grasen, jetten und laubstreifen.
Keiner solle sich unterfangen, wer der, auf herrschaftliches noch gemeinds, noch privat
wiesen, aeckern, jungen holzschlägen zu grasen, zu jetten, oder laub zu streifen ohne
spezcial erlaub unter 1. f. straff.//
28. vo: Vom jagen, fischen und krebsen.
Wer sich in unserm jagens district zu hetzen,jagen, schieffen, schauffen legen,junge
ausnehmen, oder auf unsern weihern, oder andern fischwässern zu fischen, oder zu
krebsen, es beschehe auf eine art wie es wolle, unterstehet, wieder den behalten wir uns
bevor, ihn nach denen umständen empfindlich zu straffen.//
29. no: Vom fahren über aecker und mäder.
Wer dem andern wieder seinen willen über aecker oder mäder, garten, besäutet oder angeblühmt, oder nicht, geht, reitet oder fahrt, der solle, wann ein schaden geschieht denselben ersätzen, und uns eben soviel straff bezahlen, wäre es aber ohne schaden, der solle wegen uebertrettung des gebottes 1. pfd. hllr: entrichten.//
30. mo: Vom güter kauffen.
Niemand solle sich unterfangen ohne herrschaftliche erlaub haus, hof, aecker und mäder, gärten, holz etc. es mag namen haben, wie es will, lehen, oder eigen seyn, zu versetzen, zu verändern, zu vertauschen, zu verkauffen, dann wer dawieder handelt, hat dasselbige gut verlohren, fallet uns anheim, und muß der käuffer noch dazu 10. f. straff
geben. Jtem, wenn auf absterben eines bauern, söldners oder andern mannes ein hauß,
hof oder gut ledig wird, das solle von der wittib, oder kindern inner 3 monathen wieder
bestanden, oder an einen dritten hingelassen werden, unter 20. rchs. thl: straff. Es seye
368
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
dann sach, daß man von gnädiglicher herrschaft weittere dilation ausdrücklich erhalte.
Ferner, wer etwas besetzet, vertauscht, verkaufft oder verschenkt, welches schon einem
andern versetzt, vertauscht, verkaufft oder verschenkt gewesen, hat 8. f. zur straff zu geben.
Weiters solle kein gut, welches in hiessiger bothmässigkeit lieget, es mag hingehören, wo es vili, ohne unser special erlaub verkaufft, vertauscht, versetzt oder verschenket werden, unter obiger straff. Endlich wer etwas kaufft, oder verkaufft, wo vorhero schon zieler darauf gestanden, die sollen, wenn sein nicht von der baurschaft
getilget worden können unzerbrechlich gehalten werden, und die neugemachten zieler
nicht eher ihren anfang nehmen bis die älteren vollkommen entrichtet sind. Wer dawieder handelt, dessen kauff oder verkauff wird für ungültig erklärt, und wenn es auch mit
bewilligung des ziehenden geschehete, um alle confusion zu vermeiden. Auch solle in
zukunfi kein lehen gut, als eigen, auch kein eigenes als lehen, sondern jedes unter seiner
qualitet, wie es ist verkaufft worden, auch nicht die beschwernissen an gülten, rechnungsgeldern von diesem auf jenes stück aufgelegt worden, sondern jedes bey seiner
bishero gehabten beschwerniß, oder freyheit gelassen werden. Jtem, sollen alle heurath
güther, auch kauffschillings baarschaften und zieler in der kanzley erlegt und ausgethan
werden, bey straff 1. f von jedem posten.//
31. mo: Vom juden wucher.
Wenn ein unterthan mit einem juden ohne obrigkeitliche einwilligung aufbeut und borg
über 5. f. handelt, es mag denn heissen wie es will, so hat der jud die schuld verlohren,
der unterthan hingegen muß uns ebensoviel, alls diese schuld belaufet zur straffe erlegen. Wer aber ausser einem öffentlichen markt bey fremden obrigkeiten solche judenschulden prothocolieren lasset, hat ausser obiger geldbuß, noch eine scharfe leibsstraff
zu gewarten. Wenn aber ein unterthan auf öffentlichen märkten, wo juden sind, einen
juedenhandel bey des markts ordentlicher obrigkeit prothocolieren lasset, so solle er
solches die erste 3 tag darnach auch bey unserer kanzley anzeigen und zum prothocoll
nehmen lassen, wiedrigenfalls der unterthan in obige straff verfällt, und die schuld des
juden nicht anders als eine current schuld angesehen wird.//
32. do: Vom holz, heu, stroh s. v. dung und vieh verkauff, und einstandrecht
der Ursberger unterthanen.
Wer holz, heu, stroh, s. v. dung, pferd, ochsen, stier, küh, kälber, schaf, schwein, gäns
etc. ausser der herrschaft verkauffen will, der soll dem käuffer anzeigen, daß die Ursberger unterthanen das einstandrecht haben, wie es ihnen dann auch vorbehalten bleibt,
unter 3 pfd. hllr. straff. Was aber insbesondern das vieh betrifft, solle solches ohne vor-
Nr. 14 a: Ursberg, ReichsstiftzywvutsrponmlkjihgfedcbaWVEA
369
herige anzeig bey der großkellerey nicht verkaufft werden, bey 3. f. straff vom stück.//
33. tio: Von entfremdung obst, kraut, ruben.
Wer obst, kraut, ruben etc. einem andern entfremdet, es mag wenig oder viel seyn, der
giebt wenn es bey tag geschiehet 2 pfd. hllr., geschiehet es aber nachtszeit, 4. f zur
straff, und muß noch dazu den schaden ersetzen.//
34. to: Von vieh, so zu Schäden geht, und dessen hütung.
Wessen vieh, es mag namen haben wie es will, der herrschaft, einer gemeind, oder privato zu schaden geht, der solle vorderst den schaden ersetzen, sodann von jedem 4 fussigen stuck nebst pfandgeld 1. pfd.hllr., von jeder gans aber 1/2 pfd. hllr. straff erlegen.
Alles einschichtige hüten ist unter obiger straff durchaus verbothen. Ein ganzes pferd,
auch die so mit einem derer 4 hauptmängeln behaftet, oder sonst anders mit ansteckenden fehlem behaftetes vieh solle niemand auf die weid lassen, bey straff 2. f. vom
stuck.//
35. to: Von denen gehäuserter und hirten.
Es solle niemand ohne unser vorwissen ein gehäuset einnehmen, auch das gehäuset
ohne erlaubniß von uns, oder der kanzley, die herberg nicht verändern. Auch sollen die
gemeinden ohne unsere erlaubniß keine fremden hirten dingen, alles bey straff 1. f.//
36. to: Von der feuerstätt besichtigung.
Alle jähr sollen zu herbstzeit die feuerstatten von den ammannern mit zuzug des
amtknechtes und kaminfegers fleissig besichtiget werden, und dessen feuerstätt mangelhaft oder unverwahrter befunden wird, solle empfindlich gestrafft werden, ebenso
wird auch der, so aschen in hölzernen geschieren, oder andern gefahrlichen orten aufbehaltet, um 3 rchs: thl:, derjenige so mit offenem licht, oder mit angezündeter tabackspfeiffe in die ställ oder städel geht, hat 2 f. straff, und der, welcher seinen feuerkübel /:
wo sie nicht an einem ort beysamen sind :/ nicht im brauchbaren stand erhaltet, hat solchen herzustellen, und 1. pfd. hllr. straff zu erlegen, und sollen übrigens alle unterthanen bey auskommenden feuerbrünsten der deßwegen errichteten sub no 3. hier befindlichen feuerordnung fleißig nachkommen, bey Vermeidung der in derselben gesetzten straff.//
370
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
37. mo: Vom flachs dörren.
Wer flachs auf dem ofen, an dem, oder in demselben, oder in der Stuben dörret, der hat
jedesmal 3 f. straff verwürket, beschähe aber ihnen selbst, oder andern dadurch ein
schaden, der wird nach befiind der umstände scharf gebüsset werden, auch sollen keine
flachs dörren oder kohlhaufen gar zu nahe bey den dörfern errichtet werden.//
38. vo: Von frohndiensten.
Bey denen frohndiensten solle man morgens 6 uhr, und nicht mit kindern oder untauglichen leuten erscheinen, wiedrigenfalls solche wieder heimgeschickt, und der, so solche
gestellt, um 6. pfd. hllr. gestrafft wird.//
39. no. Von gemeind halten, Steeg und weeg, auch dorf nachtwache.
Wenn man zu der gemeind biethet, oder ansagt, soll keiner ohne erhebliche ursach davon ausbleiben, und da er deren eine hätte, sich doch vorhero beym ammann oder burgermeister anmelden, und um dessen nichterscheinung anhalten, sondern fleissig dabey
erscheinen, und alles das was man gebiethet, oder von denen mehrern beschlossen wird,
in obacht nehmen, wer aber dawider handelt, oder muthwilligerweiß ausbleibt, solle allzeit/: so oft es geschieht:/ 1 pfd: hllr., wovon die helfte uns, und die andere helfte der
gemeinds cassa zu kommt straff geben. Wenn in den dörfern jährlich die Steeg und
weeg gemacht, oder sonst eine andere gemeinds arbeit vorfallt, sollen die, so dazu gebethen werden, bey straff 1 pfd. hllr., wie oben, dabey erschinen, und die arbeit nach anordnung des ammanns, bürgermeisters oder untergängers ohne alle wiederred verrichten.
Und solle man keine kinder, oder gar zu alte unvermögende leute dazu schicken, bey
Vermeidung obiger straff. Die nachtwache solle auch auf allen orten mit ausruffiing der
stunden und patroullierung in allen gassen fleissig gehalten, die wachspieß, wo man keinen eigenen Wächter hat, von denen, so die wache gehalten, in das haus, so es trifft,
getragen werden, wiedrigenfalls, der, so die nachtwache gar nicht, oder nicht fleissig
thut, oder den wachtspieß nicht an seinen behörigen ort liefert, jedesmal 2 pfd. hllr.
straff, wie oben zu bezahlen hat; wenn auch jemand nachtszeit von diebsbrüchen ein
schaden geschiehet, und selbige nacht nicht fleissig gewacht worden, so hat ein solcher
nachlässiger Wächter den schaden zu ersetzen.//
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift
371
40. mo: Von ehehaften und handwerkern.
Es sollen die unterthanen in keiner andern mühl mahlen, keiner andern Schmitten sich
gebrauchen, bey keinem andern baader schrüpfen, aderlassen, baaden oder sich barbieren lassen, als auf seiner ehehefìin bey 4 pfd. hllr. straff. Auch sollen die unterthanen
keine auswärtige handwerksmeister mit einschluß der garnsieder zu ihren arbeiten
gebrauchen, sondern alles in der herrschaft machen lassen, bey straff 3 rchs. thai: dagegen sollen die meister in der herrschaft die leute nicht übernehmen, sondern um billig
und landes gewöhnlichen preiß die arbeit liefern, und, damit es an guten und ihrer handthierung erfahrnen meistern in Zukunft nicht fehle, so sollen.//
41. mo: Von Wanderschaften.
Die junge handwerkspursch nach ihren eigenen zunft- satz- und Ordnungen, sobald sie
ledig gezehlt sind, 2. jähr lang in die fremde verreisen, ausgenommen wir hätten bewegende Ursachen, diesen, oder jenen hievon zu dispensieren, auf welchen fall aber einer,
der sich ohne Wanderschaft in unsere herrschaft verheurathen wollte, zwey ducaten und
1 ducaten in die zunft cassa erlegen sollte.//
42. do: Von den zunft-ordnungen.
Bey den Zunftordnungen, artickuls, briefen und freyheiten, wie solche abschriftlich hier
zu euch no 4 eingeschrieben sind, hat es übrigens sein verbleiben, und solle kein meister, oder gesell bey fremden, und auswärtigen zunften, oder sogenannten haubtladen eine stritigkeit, oder klag anbringen, oder sich dahin stellen, ohne unserer kanzley vorwissen, bey straff 3. rchs. thl. für uns, und 1. f. in die Ursberg zunftlade.//
43. tio: Von maaß und gewicht.
Die milier, wirth, becker, metzger, kramer und huckner sollen die metzen, maaß, meß,
eilen und gewicht in herkömmlicher grosse erhalten, und denen leuten das ihrige getreulich und unverfälscht verabfolgen lassen, wer dawieder handelt, hat den schaden zu
erzsetzen, und uns 5. f. straff zu erlegen.//
44. to: Klag bey kanzley.
Solle kein unterthan ausser einer unumgänglichen erheischenden nothdurft an sonn und
372
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
feyertagen, oder asser den gewöhnlichen und gesetzten verhörtagen bey kanzley etwas
anbringen, wiedrigenfalls sie an sonn und feyertagen doppelten tax, und an werktägen,
die keine verhörtäg sind, 1. f extra sitzgeld zu bezahlen hätten, und sind die gesetzte
verhörtag folgende: in der fasten, montag, erchtag [Dienstag], und donnerstag, ausser
der fasten aber, montag, mitwoch, und freytag. Es sollen auch die ammänner alle händel
und bey kanzley anzubringende geschäfte vorläuffig unserm oberamtmann anzeigen,
um solchen sodann einen tag zur vornahm des geschäftes anzuberaumen. Und solle
ohne vorläufige anzeig kein parthey, ausgenommen wo schaden, oder gefahr auf dem
verzug haftet, in die kanzley gebracht werden, wiedrigenfalls sie unverrichteter sachen
wieder nacher hauß geschickt werden möchten. Wenn aber jemand durch den
amtknecht zu uns oder unserer kanzley gebothen wird, und nicht erscheint, der hat eine
empfindliche gelt oder leibesstraff nach befiind der umständen zu gewarten.//
45. to: Vom eheversprechen.
Was vor junge leute sich heimlich miteinander versprechen, nach der hand in Uneinigkeit, und process gerathen, denen solle eben darum in unserer herrschaft zu heurathen verbotten seyn.//
46. to: Vom tauschen.
Wenn in Zukunft jemand etwas gegen einen andern vertauscht, so sollen ein jeder das
eingetauschte nach dem werth eines unpartheyischen anschlags ordentlich bestehen,
oder die gebührende auf und abfahrt geben.//
47. timo: Von zehrungen bey contracten und andern händeln.
Wer bey einem contract oder anderen händeln etwas vertrinket, ehe und bevor die herrschaftliche einwilligung oder spruch erfolget, und deßwegen streit entstünde, der mag es
selbst bezahlen.//
48. vo: Vom schulden machen.
Wann ein unterthan zwey drittel an seinem vermögen schulden machet, so solle die gnädige herrschaft ohne die mindeste wiederred, oder klagführung gute fug und macht haben, denen creditoribus zum besten mit dessen vermögen nach willkühr zu verfahren,
und dabey die besonders errichtete ganthordnung, wie no 6 ausweiset, beobachtet
Nr. 14 a: Ursberg, Reichsstift zyxwvutsrponmlkjihgfedcbaVSKHEDBA
373
werden.//
49. no: Von testamenten und letzten willens Verordnungen.
Zu bevorkommung aller Streitigkeiten bey erbschaften solle in Zukunft keine letzte Wüllens Verordnung, sie mag ad causas pias, oder pro sanctos gehen, mehr gelten, sie sey
dann in gegenwart des ammanns, oder h. pfarrers, nebst zweien unpartheyischen, und an
der Verlassenschaft keinen theil habenden zeugen unterschrieben, und bey läufig nach
dem sub no 7. anliegenden, denen amännern zugestehen formular abgefasset. Niedrigenfalls ein ohne beobachtung oben gemelter befördernüssen errichtetes testament,
oder letzte willens Verordnung fur null und nichtig gehalten, und des erblassers vermögen als eines der ob intestato verstorben, angesehen und behandelt werden solle.//
50. mo: Von amman, burgermeister und gericht.
Sollen die ammänner, burgermeister, und gerichts stellen mit frommen, ehrbaren, verständigen und unverleumten personen, die nicht unter 25 jähren alt sind, besetzt werden. Dieselbe auch, daß sie ihrem amt und Obliegenheit, wie die instruction no 8.
besaget, getreulich vorstehen wollen, mit pflicht und eiden verstrickt werden, und sollen
sie an sonn und feyertagen auch andern feyerlichen gottesdiensten in die chorstühl stehen, bey straff 1 pfd. hllr.//
51. mo: Borg der unterthanen.
Kein wirth solle denen unterthanen mehrer, als einem vermöglichen bauren 3. f. einem
mittelmässigen 2. f. und einem schlechten höchstens 1 f. 30 xr an der zech aufschlagen
lassen, wiedrigenfalls solche schuld, was sich über obiges belauft, wenn der wirth schon
klagen würde, gänzlich vernichtet und ungültig seyn solle.//
52. do: Haus und hof in baulichem wesen erhalten.
Es soll auch ein jeder unterthan beflissen seyn, sein haus, hof, stadel und andern ihme
zuständige gebeude in gutem baulichen wesen zu erhalten, wiedrigenfalls man bemüssiget wurde, auf des unterthanen selbst eignen kosten solche gebeude von herrschafts
wegen reparieren, und nach nothdurfit zu richten zu lassen. Anbey aber solle keiner
einen völlig neuen bau, es betreffe viel oder wenig, führen, ohne solches vorhero bey
unserer kanzley anzuzeigen, bey straff 3 rchs. thl.//
374
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
53. tio: Vom schiessen.
Alles schiessen bey hochzeiten, festwein, kirchweihen, neujahr, fastnacht solle bey verluest des gewehrs gänzlich verbothen seyn, ausgenommen was bey ordentlichen freyschiessen nach der scheibe geschiehet.//
54. to. Von fremden gerichten.
Es soll ein jeder unterthan den andern nirgend änderst, als bey unserer nachgesetzten
kanzley verklagen, von dieser kann er, wenn er sich beschwert zu seyn glaubt, bey uns
selbst um revision des processus ansuchen, will er aber die appellation ergreifen, so hat
sie nirgendhin statt und platz, als an die höchste reichsgerichte, benanthe an das kaiserl.
und reichs kammer gericht, oder an den hochpreisl. reichs hofrath. Wer dawieder handelt, und hilf bey einem fremden richter suchet, hat soviel straff zu erlegen, als die sach,
um die er klagt, werth seyn mag, eben also solle sich kein unterthan bey einem fremden
gericht, wenn er auch schon citieret werden sollte, stellen, ohne bey unserer kanzley
vorhero die erlaubniß erhalten zu haben, bey straff 5 pfd. hllr.//
55. to: Frevel an privilegierten orten.
Wer nun wieder einen punckten obiger satz- und Ordnungen sich inner denen klostermauren, kirchen, pfarrhöfen, amtshäusern verfehlet, der hat doppelte straff verwürket.//
56. to: Schluß.
Wer obig verwürkte geldstraffen zu bezahlen nicht vermag, der solle solches nach ermässigung unserer nachgesetzten kanzley am leib büssen. Wornach sich dann alle unsere unterthanen, und die es immer betreffen mag, zu achten haben.
Gegeben Ursberg, den 12. ten aprili 1777//
Reichs Prälatliche oberamts kanzley allda//
Nr. 14 b: Ursberg, Reichsstift
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Nr. 14 b: Ursberg, Reichsstift: „Statuten und Ordnungen
des Reichsgotteshauses Ursberg" [7. 8. 1790]23
Von Gottes gnaden wir Alois [Hoegg, 1790-1802] des Heiligen Römischen Reichs
unmittelbaren stifts und gotteshauses Ursberg prälat und herr etc. entbieten allen unsern
unterthanen unsern gnädigen grüß zuvor und befehlen hiemit allen und jedem derselben
folgende saz- und Ordnungen bey Vermeidung der jedem punkt beigesezten, oder nach
ermessung der umstände noch schwererer unnachlässiger strafe, auf das genaueste zu
befolgen und selben fleissigst nachzukommen.
Obschon zwar in den reichsstift Ursbergischen alten Statuten all dasjenige, was der
erhaltung guter polizei und Ordnung mit sich bringet, überhängt zum theil auch sonderheitlich verordnet und verpönt ist, so haben wir doch zu noch mehrerer einschärfung
und näherer bestimmung derselben, zumal in rucksicht öfterer - seither unserer angetrettenen regierung von seit[e]n verschiedener dorfsgemeinden uns schon vorgekommener
klagen nachstehendes festzusetzen für nöthig gefunden. Wir sezen, ordnen und befehlen
demnach//
ltens) Vom gemeindhalten
Sooft von dem ammann oder burgermeister zur gemeind eingesagt wird, soll jeder
mitgemeinder nicht nur fleissig und zeitlich dabey erscheinen, sondern auch den vortrag
still und ruhig anhören, seine meinung und antwort bescheiden ohne gelärm, schimpfen
oder schmähen vorbringen und dem einhellig oder durch die mehrheit der stimmen abgefasten beschluß getreulich nachkommen. Wer nun wider einen dieser punkten sich
verfehlt oder nachher wider dem ammann, burgermeister oder jemand andern zu hauß
oder in der fremde schmäht und schimpft, der verfallt das erste mal in eine straf von 15
xr, das 2 te mal in das doppelte und das 3 te mal aber, oder wenn auch das erste oder das
zweite mal schon besonders erschwerende umstände vorwalten, in eine uns vorbehaltene noch größere leibs- oder geldstrafe. Wer aber bey der in zukunft alljährlich unter
dem vorsitz eines unserer oberbeamten abzuhaltenden hauptgemeinde und rechnungsabhör nicht erscheint, hat dreifache straf zu erlegen, wovon, so wie bey den nachstehenden punkten, der gemeinde jedesmal die halb scheid zufallen soll.//
2tens) Vom wegmachen in der gemeind
Wenn an die weg gebothen wird, soll jeder |: die besitz, welche nicht alters oder krank23
StaatsA Augsburg, Kloster Holzen, MüB, Lit. 24, fol. 44-66.
376
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler
heit halber unbrauchbar sind, ausgenommen :| zur gehörigen zeit am bestirnten ort und
mit dem verlangten instrument sich fleissig einfinden, die angewiesene arbeit unweigerlich verrichten, von allen schimpf- und schmähereen sich enthalten und nicht eher weglaufen, als die arbeit verrichtet ist. Wer dawider verfehlt oder nur kinder und andere unbrauchbare leute schickt, der hat fürs Ite mal 20 xr, das 2te mal 40 xr und das 3te mal
eine noch größere uns willkührliche straf verwirkt. Ferner hat ein beroster Söldner nach
erforderniß und auf verlangen des ammanns oder burgermeisters mit 1 oder 2, ein baur
aber mit 3 oder 4 pferden zum weeg- und stegmachen zu fahren, im Weigerungsfall aber
fürs erste mal 1 fl, ein ganzer baur hingegen 1 fl 30 xr, das fernere mal eine uns vorbehaltene strafe zu erlegen.//
3tens)
An jenen orten, wo feuerlachen sind, sollen diese gehörig unterhalten, ohne erlaubnis
vom ammann oder burgermeister nicht ausgeführt werden.//
4·)
Das einstreuen in den fahr- und gangweg betrefend wird zwar solches an orten, wo es
bisher üblich gewesen, der dagegen schon eingelaufenen klagen ungeachtet, für die Zukunft noch ferner, jedoch mit der einschränkung gestattet, daß es jedes jähr erst von
Josephi an bis zur herbstsaat erlaubt, nach dieser zeit aber, um die gassen und fahrwege
für den winter zu reinigen, gänzlich verbothen sein solle. Auch sollen künftig die einstreuenden den weg, den sie auf solche art benuzen, selbst unterhalten. Das koth und
dungsammeln außer dem dorf auf pläzen, wo das vieh gewaidet wird, soll für die Zukunft überal abgestellt sein. Bey straf nach geschehener einsieht 1 oder mehrerer reichsthaler.//
5.)
Alles abgraben, boden aufschlagen auf den fahrwegen und anderen gemeinds-pläzen,
nicht weniger das abplatten auch an eigenen reinen und voräkeren, das bollenpläz machen, neue gräben aufthun oder neue wuhr sezen, ist für die Zukunft ohne erlaubnis vom
ammann oder burgermeister durchaus verbothen, bey straf nebst eingeschäzten allenfalßigen schadenersaz, fürs Ite mal 30 xr. Wenn aber jemand die erlaubniß erhalten, auf
der gemeind boden aufzuschlagen, so hat er dafür, sowie für jede andere gemeinschaftliche nuzniessung etwas billiges in die gemeind zu zahlen, der ammann und burgermeister sohin das erlöste geld jedes jähr in rechnung zu bringen.//
Nr. 14 b: Ursberg, Reichsstift
377
6tens) Vom feldbauen und feldgehen
a) Zu Verhütung alles schadens soll überhaupt niemand über eines andern aker, mäd
oder anderes gut mit dung, frucht oder heu fahren, er habe dan ein hergebrachtes recht
dazu. Wer von seinen auf fremde aeker anwanden muß, der soll diese erst besäen.
weischen
b) Vor Mariä Geburt soll niemand ein winterweisch umbrechen,
düngen
c) Die mäder sollen wenigst bis ausgang märzens gedüngt und der dung bis mitte aprils
gebreitet sein.
aufrechen
d) Das aufrech stroh von den doppelmäderen auf die einmädigen zu fuhren, soll sich in
zukunft, weil es dem weidgang schädlich, niemend unterstehen.
*
Wer sich wider einen dieser punkten freventlich verfehlt, hat fürs Ite mal 30 xr straf zu
erlegen, auch den eingeschäzten schaden jedesmal zu ersezen. Sobald das feld von den
burgermeistern verbothen wird, soll sich niemand mehr unterstehen, darein ins graß zu
gehen, auch nicht einmal auf eignen aekeren. Graßschneiden oder -ropfen auf fremden
reinen und anderen herrschaftlichen oder der unterthanen graßfleken ist niemand erlaubt. Diejenigen aber, welche selbst keinen aker haben, sollen sich vom graßjetten im
akerfeld, ausgenohmen wenn es von ihnen von jemand besonders erlaubt wird, gänzlich
enthalten. N. B. bey Haßlach allein ist hierin eine ausnahm. Wer darwider handelt, hat
nebst schadenersaz und pfandgeld fürs Ite mal 15 xr straf zu erlegen.
Beim brachen soll in zukunft das Ite und das 2te mal jeder, und zwar ein ganzer
baur 2 jauchert, ein halber baur ljcht [Jauchert]., ein söldner 1/2 jcht. zur nöthigen waid
im fruhjahr fur das schmalvieh unumgebrochen liegen lassen.//
7tens) Feldhüten
Wenn das feld gebaut ist, so ist auch alles einzelne hüten darinn verbothen. Außer dieser zeit solle jeder nur auf seinen reinen oder graßfleken zu hüten befugt sen, jedoch |:
welches auch vom hüten auf feld- und schaifwegen zu verstehen :| nicht änderst als am
zaum. Bey straf 15 xr von jedem stück vieh nebst schadenersaz und pfandgeld.
Ebensowenig soll jemand erlaubt sein, fremdes vieh |: es sei hornvieh oder schaf :|
blos zur waid hereinzulaufen oder zu lehnen, sowie auch keiner ohne besondere erlaubniß mehr als 1 gaiß halten darf; überhaupt aber soll niemand mit vieh überstellt sein,
und deswegen von dem amann und burgermeistern fleissig nachgesehen werden. Bey
straf nebst schadenersaz 1 reichsthaler. Betrefend die gemeindshirten sollen diese unparteilich hüten und stellen; widrigenfalls, wenn durch sie jemand schaden geschieht,
378
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
solchen jedesmal zu ersezen haben und nach ermessen empfindlich gestraft werden.
Es soll ferner niemand erlaubt sein, zu was immer für einer zeit, sein vieh einzeln frei
laufen zu lassen, oder es zu übervortheilung anderer auf seinem eigenen aker oder mäd
zu hüthen, bevor nicht das ganz feld oder rind geleert und mit der ganzen herd betrieben
wird. Bey straf fürs Ite mal 15 xr vom stück, nebst allfalsigem schadenersaz. Beym austreiben soll jeder sein vieh fleissig zum hirten, beim eintreiben aber er jedesmal fleissig
in den stall thun. Vor dem austreiben soll keiner seine pferde, sowie nach dem eintreiben, ins feld hüthen oder laufen lassen, ebensowenig auf die mittag oder kälberwaid ein
vieh oder pferd ohne vorherige erlaubniß vom amann oder burgermeister austreiben.
Bey straf fürs Ite mal 50 xr vom stück, nebst allfalsigem schadenersaz.
Wer übrigens gemeinschädliche sachen futtert, oder ein schlagendes pferd, oder stössige kuhe hat, und es nach geschehener Warnung nicht wegthut, der hat nicht nur den allenfalls daraus entspringenden schaden zu ersezen, sondern auch eine empfindliche straf
zu gewarten.//
8tens) Gänßwaiden
Das gänßhalten soll zwar nicht verbothen sein, doch soll man sie nicht auf wiesen oder
samenfelder laufen lassen, sondern nur auf der angewiesenen gänßwaid hüten. Bey straf
30 xer[Kreuzer] vom stück nebst schadenersaz und pfandgeld.//
9tens) Vom krautgarten
In krautgarten zu gehen soll niemand erlaubt sein, außer an denen in der gemeind bestimmten täg und stunden; auch soll keiner das kraut eher heimthun, als es vom amann
oder burgermeister erlaubt wird.
Die befreienden zäune sollen gehörig hergestellt und unterhalten werden. Bey straf
fürs 1 te mal 15 xr nebst allfalligen schadenersaz.//
1 Otens) Vom holz
In ansehung des gemeindholzes sind folgende punkten zu beobachten:
a) Vordersamst wird unserm herrschaftlichen holzwart zugleich die aufsieht über die
gemeindswaldungen, gegen den bisherigen besoldungsbetrag vom eigen, dergestalten mitübertragen, daß ohne sein wissen und beyse[i]n für die zukunft von den
burgermeistern in den gemeinden, wo kein ammann ist, bey straf 1 fl kein holz
ausgegeben, keine eichen verkauft, keine afterschläg vertheilt, auch kein kau auf
und zugethan, worüber er jedesmal bey unserm nachgesezten holzamte die ge-
Nr. 14 b: Ursberg, ReichsstiftzyxwvutsrponmlkjihgfedcbaZWVSMJGD
b)
c)
d)
379
hörige anzeig zu machen hat.
Zu abwendung eines künftig besorgenden holzmangels solle bey den jährlichen
Verlesungen der holzschläge auf eine soviel mögliche gleichheit der theile bey laufig zwischen 2 und 3 klaftern; jedesmal angetragen wurden, in zukunft aber sein
gemeindholz zu verkaufen niemand erlaubt sen. Wobey ferner
der bedacht zu nehmen, daß die benöthigten eichen und bauholze jedesmal, so viel
möglich, aus dem eben das jähr trefenden holzschlag genohmen werd, daß eichen
ausstielen aber gänzlich unterbleibe.
Die bisher gewöhnliche frei abgabe gewißer bauhölzer, dillsaule, viehbähre, türschwöllen und spalten solle zwar ferner bewilligt sein, doch mit der größten immermöglichen einschränkung, so zwar, daß
*
ltens die nothdurft, die bauhölzer, und anderer bedürfhissen vorher von den burgermeistern jedesmal eingesehen,//
2tens zu dillsaulen nur afterschläge oder schadhafte eichen genohmen,
3tens die altn viehbähren jedesmal zu anderer Verwendung, bey gemeinds weg- und
Stegen unweigerlich zurükgegeben,
4tens zur erstar und Schonung der eichen künftig überall lebendige hocken gepflanzt
werden sollen. Wer in diesem stück bey einer nach 2 oder 3 jähren vorzunehmenden
Untersuchung saumseelig erfunden wird, soll empfindlich gestraft werden. Überhaupt
solle weder dem ammann ohne zuziehung der burgermeister, noch diesen ohne wissen
des ammanns oder holzwarts erlaubt sein, einiges holz von der gemeind zu verkaufen.
Die gemeinds klaftern sollen jederzeit bis Georgi, daß reiß aber bis Johani aufgemacht, und der kau (bey Mindelzell bis Michaeli) geleert, nach dieser zeit aber der wald
gänzlich bemüssiget werden. Das um diese zeit nicht weggeführte holz (worunter auch
bauhölzer, schneidblöck, viehbähre, schwöllen, afterschläge zu verstehen sind), es gehöre wem es wolle, solle alsdann vom holzwart, ammann, burgermeister ohne weiters
verkauft, und das erlöste geld in die gemeindskassen gelengt. Der in diesem punkt sich
verfehlende aber noch dazu nach ermessen gestraft werden.
Die bey m holzausgeben bezeichneten Stämme, sogenante standreisser, sollen jedesmal stehen bleiben, und ohne erlaubniß vom aman und burgermeister nicht umgehauen
werden. Wer dieses verboth übertritt, soll nach ermessen gestraft werden und den
schaden jedesmal ersezen.
Die herrschaft oder frohe klaftern hingegen müssen innerhalb 3 wochen nach dem
ausgeben aufgemacht sein, bey straf 30 xr von der klafter. Wer nun seine klafter nicht
selbst machen will, hat sich beyzeit in der großkellere zu melden, und daselbst den gewöhnlichen macherlohn zu erlegen.
Das dürrholzklauben ist für die zukunft nur an den hierzu bestimmten wöchentlichen
3 tagen, nämlich montag, dienstag und donnerstag erlaubt, wobey sich niemand unterstehen darf, axten, beil oder sogenannte schneier bey sich zu haben; gleichwie auch das
klaubholz nur hereingetragen, nicht gefuhrt von zäunen und höggen aber nichts abge-
380
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler
messen werden darf. Wer sich darwider verfehlt, wird nach ermessen empfindlich gestraft werden.
Es solle auch ohne wissen und erlaubniß des holzwarts, amanns oder burgermeister,
niemand sich unterfangen, Stangen zu hauen, fisolen oder geißelsteken, dachgärten,
winden, raif und besenreiß zu schneiden, bey straf 30 xr für jeden fall, nebst eingeschäzten schadenersaz. Im fall aber jemanden dieser oder jener artikel in größerer anzahl bewilliget würde, so wäre dafür nach billiger schäzung etwas gewisses in die gemeind zu bezahlen und der betrag jedesmal in rechnung zu bringen.
Alles graßropfen und schneiden, laubstreifen, sproßbrechen und hüten in den jungen
gehäuen ist durhaus verbothen, bey straf 15 xr das 1 ste mal für jede persohn oder stuck
vieh, nebst allenfallsigen schadenersaz und pfandgeld. Das graßropfen in den jährlich
anzuweisenden häuen und zur bestirnten zeit wird zwar erlaubt, das schneiden aber auch
in diesen gänzlich und für alle zeit unter schwerer straf verbothen. Das laubrechen wird
zwar ferner bewilliget, doch nur auf den angewiesenen pläzen und zur bestimmten zeit,
bey straf 30 xr fürs fuder. Wer sich untersteht, feld oder holzmarkung zu rücken, an
Waldungen ohne vorwissen und erlaubniß des holzwarts oder amans einzuräumen, bäume zu ringlin, oder sonst zu beschädigen, durch hölzer neue gang- oder fahrwege zu
machen, oder die abgethanenen wider zu befahren, vieh darauf zu treiben, der hat fürs
erste mal 1 fl straf zu erlegen, und den allfallsigen schaden zu ersezen. Denjenigen,
welche dürrholz klauben, erdbeer, hol[der]beer oder pfistern sammeln, wird die größte
stille im wald bey empfindlicher Züchtigung gebothen.//
Iltens)
Bey pfahlungen hat in zukunft jeder gutbesizer die jährlich nothigen pfähle selbst mitzubringen, bey straf 6 xr für jeden pfähl. (N. B. bey Mindelzell ist hierin eine ausnam)//
12tens)
Jene gemeindskosten, die sich beym hornabschneiden ergeben, sollen für die zukunft jedesmal auf das hornvieh allein, die beim roßbeschauen allein auf die pferd, die beim
kau aufthun aber auf diese beide zugleich, hingegen die beim flügel abschneid auf die
gänse allein berechnet, folglich jederzeit auf das hirtenlohn gelengt, vom amann und
burgermeistern selbst eingenohmen und gehörig in rechnung gebracht werden.//
[13.] V o m schuldenmachen
Wer sich begehen läßt, ohne obrigkeitliche bewilligung von wem immer, besonders
Nr. 14 b: Ursberg,
Reichsstift
381
aber von juden, geld zu borgen oder sonst schulden zu machen oder auch fernenden unterthanen ohne amtliche Versicherung geld zu lehnen, der hat sein empfindliche leibsstraf zu gewarten.//
14.)
Ferner wollen wir das schon voriges jähr abgeschafte gute jahrgeben, und zwar bey straf
1 reichsthaler und konfiskation der gäbe, nicht wieder den unnöthigen aufwand bey den
sogenanten gottloben, nebst den kostspielig täuflingkleidern (wobey kleine gaben zum
andenken an St. Niklas und derlei tagen nicht verwehrt sind), so wir auch das brautstehlen bey hochzeiten wiederholter verbothen, und bey Verminderung obriger straf 1
reichsthaler gänzlich abgeschafft wissen.//
15.)
Ebenso wollen wir auch junge, gesunde, ledige gehäußeter oder besize in zukunft, zum
nachtheil des dienststandes, nicht mehr geduldet wissen.//
16.)
Übrigens empfehlen und befehlen wir allen unsern lieben bürgern, hintersässen, besitzen und unterthanen eine gottesfürchtige, wohlgesittete, nüchterne, getreue und gehorsame auffuhrung, so wie es guten unterthanen nach Gottes gebothe und polizei gesezen
zusteht; insbesodere den eheleuten, daß die zur erbauung ihres untergebenen haußgesindes in fried und eintracht leben; den vorgesezten haußvätern und haußmüttern, daß sie
über den wandel ihrer kinder und dienstbothen bey tag, und besonders bey nächtlicher
weile, immer ein wachsames auge haben, allen verdächtigen umgang selbst abstellen
oder durch geschehene anzeig von der obrigkeit abstellen lassen.
Allen und jeden, die diesem unserem väterlich- herzlichen wünsche, und obrigkeitlich willen getreulich, fleißig und unausgesezt nachzukommen sich bestreben werden,
denen sichern wir unsern ganzen befall, gnade, liebe, schütz und hülfe, mit rath und
that, und etwann nöthigen geldvorschüssen für immer zu; denen aber, die unsern hiermit bekannt gemachten willen und befehl verachten und übertretten, da und dort durchziehen und tadeln, oder sonst über unsere Verordnungen bös urtheilen, die werden sich
selbst zuschreiben müssen, wenn alsdann unsere Ungnade und nebst den oben festgesezten strafen noch andere scharfe ahndungen zu gewarten haben.//
382
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler.
17.)
Damit endlich niemand mit der Unwissenheit sich entschuldigen könne, so wollen und
befehlen wir, daß vorstehende Verordnung alljährlich wenigst zweimal bey versamelter
gemeind, vorzüglich bey der rechnungsabhör durch den amann oder burgermeister abgelesen werden.//
18.)
Hiernächst befehlen wir auch den amännern und burgermeistern die in diesem oder jenem punkt geschehenden Übertrettungen dieser unserer Verordnung jedesmal unparteilich und genau bey unserer nachgesezten oberamtskanzlei anzuzeigen, bey dessen
wissentlicher unterbleibung dieser oder jener fürs l t e mal in die bey jedem punkt aufgesezte, dreifache geldbuße verfallt, bey fernerer Unterlassung pflichtmässiger anzeige
aber mit der dienstsentsezung unnachlässig gestraft werden, und derjenige, der solches
anzeigt, jedesmal nebst verschweigung seines namens eine belohnung erhalten solle.
Wornach sich dann jedermanniglich zu achten hat.
*
Gegeben in unserm reichsstift Ursberg, den 7.ten august 1790.// Wurde promulgiert24
den 8.ten august zu Baiersried, Mindelzell, Edenhausen, und Rohr, den 10.ten august zu
Attenhausen, Billenhausen und Haßlach, Hagenried miteingeschlossen.
Nr. 15: Wettenhausen, Reichsstift: „Ordnung des
Augustiner-Chorherren-Stifts Wettenhausen" vom
31. Juli 152525
Reformation vnnd Ordnung der gerichte des gotzhawss Wettennhawsenn
Wir Ulrich [I. Hieber] von gottes verhenngknus brobst des gotzhaws zu Wettenhawsen
thuen kundt vnnd zuwissen ainem yeden unserm amptman, vögten, richtern vnd gerichte auch gantzer gemainden des gerichts zu Wettenhawsen vnnd andrer gerichte der
dörffer vnd flecken dem gotzhaws zugehörig vnd allen andern so in recht der selben gerichte zuhandlenn haben vnnd zuwissen not sein wirdett. Das wir als regierender herr
24
25
Hier wurde nachträglich ergänzt: in praesentia reverendissime etc.
Staats A Augsburg, Kloster Wettenhausen, Lit. 2.
Nr. 15: Wettenhausen, Reichsstift
383
vnd prelati zu Wettennhawsen mit guttem rat wolbedachtlich auß kraffit kayserlicher
freyhaitt unnsers zugehörigen gerichtszwanngs zu hanndthabung frids, ainigkait vnd
zymblicher gehorsame, auch fürnämlichen darvmbn das die freuein straffen vnd bussen
in unsern vnd unsers gotzhawß gerichten nit gleich gestannden noch sich derhalben nit
verainen vnnd vergleichen wollen. Darumbn sich dann in mancherlai wege vnordnung
vnnd vnlewtterung im gericht begeben, vnnd das auch sich sunst in annder wege an der
gerichtsordnung ettlich mängel vnnd mißbräuch gehalten. Dardurch die richter besonner
in sachen so vor in berechtot worden vnnd die freuein, straffen vnnd busen oder sunst
etwas annder achtbar hänndel antreffent manicherlai jrsal vnnd desshalb sollich sachen
offtmals fur jr obergericht zu erlewterung schieben haben muessen. Daraus nit allain des
gerichtsversamnus vnnd wyse dessgleichen den partheyen verlengerung vnd vnnotturfftiger cost sonnder auch durch sollich vnordnung [ge]ringachtung vnnd vnleuterung der
bemelten freueln erwachsen, das durch aigenwillig personen die zum frid nit genaigt
sind dest rünguertiger gefreuelt vnnd der fridsam dester ee müßhanndelt worden ist vnd
noch künfftigklich geschehenn möcht. Vnnd damit aber sollich vnordnung, müßbräuch
vnnd hochmuettigkait abgestelt vnnd unnser ambtleuth, hündersassen, vnnderthanen
vnd gerichtsuerwanndten in künfftig zeit desterfridlicher, freuntlicher vnnd nachpaurlich er bey vnnd nebenainander wonen vnd ain yeder reych vnnd arm, frömbd vnd haymisch gegen dem andern auff sein erforderen gepurlichs, austräglichs rechtens bekumen
vnnd erlanngen muge, auch die vngehorsamen vnd widerwertigen mit gepürlichem
rechten vnnd straffe gepuest werden, auß gegebner kayserlicher freyhait die hörnach geschriben gerichtsordnung vnd Satzung furgenommen haben, setzen, ordnen vnd wollen.
Auch das die hünfuro von allenn vnnd yeden vnsern gegenwürtigen vnnd künfftigen
gerichtsuerwandten auch allen denjhenigen so in vnnsern gerichtszwangen vnnd obrikaitten vnfugen freueln bot verbot vbertretten oder in annder wege vn zymlicher vnnd
streffennlicher w y ß hanndien bey nachgesetzten penen buessen vnnd straffen gehalten
werden sollen vnnd so auff ainichen artickell vor gericht gegen yemants in recht geclagt
wirdett. Das aliso auff sollich artickel vnnd Ordnung durch die richter geurtaylt vnnd
procediert werde wie sich dan j m rechten nach erfundung ainer yeden sachen zuhanndln
gepürt. Desshalben so sollen gegenwürttig vnd künfftig richter vnd vrtaylsprecher bey
jren ayden die sie von gerichts wegen gesworen haben (vnnd dise Ordnung darein gelwpt ist) darauff kröfftigklich sprechen vnnd vrtayln. Möcht sich auch yemants in sollichen ordnungenn vnnd Satzungen so geuarlich freuenlich vnd vngeschickt halten, wir
wurden j n nach gestalt der sach vnnd seinem verschulden höher dann dise vnser Ordnung jnnhalt straffen vnd buessen. Jn den allen vnnd yeden wir vnns vnd vnsern nachkomen nach erhayschung vnd vnnderschaid der henndel vorbehalten, souil erclerung
vnnd lewterung zuthun, als sich dann nach gestalt vnnd gelegennhait derselben gepürt,
vnnd dessgleichen die oder der ainstayls aus vrsachen vnns darzu bewögende zuendern
vnd zubössern. Auch newe vnnd mer ander Ordnungen in hänndlen so ye zu zeitten
furfallen werden, zuthun vnnd fiirzunemen wie dann das vnnser vnsers gotzhaws vnnd
vnserer vnnderthannen nutz vnnd notturfft ye zu zeitten zumachen eruordern.//
384utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler.
V o n verbanung des gerichts
Als offt vnnd dick sich ymer begibt das man gericht halten wurdett vnnd sich aman
auch der merertail der richter zusitzen vnd zu vrtailn gesetzt haben, so soll der gesworn
aman das gericht bannen vnnd gebietten, das nyemant dann durch seinen zurecht erlaupten fìirsprechen rede. Welcher das vbertrette der ist dem gerichtshern dreie schilling
häller zu büß, so offt er das thutt verfallen. Es möcht auch ainer so freuenlich vor gericht reden oder hanndln die büß vnnd straff wurde zuerkanntnus ains erbern gerichts
oder der herrschafft steen.//
D a s erst gesetz von f ü r n e m e n der fürbott
Welcher oder welche nun furohün zu yemant so unserm gerichtszwanng vnderworffen
ist rechtlich zu clagen hett vnnd darumb fur gericht gepietten lasen wölt, der solle dem
oder den selben durch den gesworen aman, oder wiem das der aman befilcht dreymal
furbietten lasen vnnd soll dem oder den selben so furgebotten wirtt die statt des gerichts
vnnd die stund, wann er erscheinen soll, bestimpt werden vnd das das erst furbot persönlich vnder äugen beschehe vnd das annder vnnd dritt fürbott mag auch vnnder äugen
beschehen oder zuhaws vnnd zuhof da dann der selb wonhafft ist vnnd mugen die furbot beschehen an allerlai ennden ausgenomen in der kürchenn vnnd auff den kürchoffen
vnnd so der dem furgebotten ist gegen des clegers gethanen clag sich zuweranntwurtten
ains zugs begerte, der soll jm auff viertzehenn tag oder auff nechst kiinfftigen rechttag
erkennt werden. Wo aber der anntwurtter auff das erst fürbott nit erschine, so soll dem
gehorsamen oder clagenden tail auff sein anrueffen erkennt werden, das er gegen dem
vngehorsamen tayl den ersten rechttag erstanden hab vnnd das jm sein gerichts cost
vnnd Scheden desselben ersten rechttags halben erlitten nach ermessigung des gerichts
durch den vngehorsamen tayl abgelegt vnnd wider werden so ee vnnd darzu dem gerichtsherrn das erst furbot nämlich drey schilling häller zubuß verfallen sein. Es were
dann das der vngehorsam taile solchs seins ausbleybens redlich vrsach glauplich furbrecht oder mit seinem ayde wie recht ist bethewrte, des solte er nach des gerichts erkanntnus genüessen. Welcher auff das erst fürbott zurecht nit erscheint, dem hat der
aman oder wiem wir oder er das von vnnsern wegen zu thund befelhend darnach nach
gestalt vnnd gelegenhait der sach das annder vnnd dritt furbot bey ainer grössern pen
furzubietten vnnd welcher aber alsdann zurecht nit erscheint, der ist dem gerichtshern
yedesmal die auffgesetzten pen vnd büß verfallen.//
Nr. 15: Wettenhausen, Reichsstift zywvutsronmlkjihgfedcbaWMGDA
385
Das ander fiirbot
Das annder furbott soll beschehen wie obenn das erst, doch wo der anntwurtend tayll
vnnder äugen nit betretten mag werden, so solle jm das zuhaws oder hof da dann der
selb wonnhafft ist beschehen vnnd wo also der anntwurter auff das ander furbott zurecht
erscheint vnd ains lenngern zugs begertt, so solle erkennt werden. Möge er swern ainen
ayd zu Got vnnd den hailigen mit auffgebotten fungern das er sollichen zug seinem widertayl nit zuuerlengerung noch verhünderung der sachen vnnd rechtens noch in ainischen anndern geuerde beger, noch fürnem, so soll jm abermaln auff vierzehenntag zug
[Aufschub] vnnd tag gegebenn werden. Wo aber der anntwurttend tail auff sollich ander
furbot auch nit erschine, so soll auff des gehorsamen vnnd clagenden tayls anrueffen
erkennt werden, das er gegen seinen widertayl den anndern rechttag erstandenn hab
vnnd das jm sein cost wie in dem ersten hieuorbegriffen gesetz gemeldt ist abgelegt
werden soll.//
Das dritt fiirbot
Das dritt furbot soll vnnd mag geschehen in allermaß wie oben das annder, doch das der
furbotten vngehorsamen parthey peremptorie das ist enntlich vnnd letzsten rechttag verkündt werden soll vnnd wo aliso die selb furbotten parthey durch sich selbs oder jren
volmechtigen anwaldt zurecht nit erscheint, so soll der gehorsamen clagennden parthey
auff jr anrueffen erkennt werden, das sie nach lawt jrer clag ain erstannden recht hab
vnd das jr der ungehorsam tayl jr costen vnd schaden desshalben erlitten nach gerichts
ermessigung wiederkern solle, wie dann jm vorgenden ersten gesetz gemeldt ist, vnnd
soll die vngehorsam parthey dem gerichtsherrendas verbott darbey jm zu yedem rechtenn gebotten worden ist zu bus verfallen sein. Wo aber der anntwurter zu dem letzsten
furbott in recht erschin vnnd zu dem ersten vnd andern rechttag nit erschinen were vnnd
auff die clag zu seiner verantwurttung zugs vnnd tags begertte, der soll j m auff vierzehenn tag jnnhalt der vorgennden gesetz erkennt werden. Doch der clagenden parthey
jrer expenns costenn vnnd schadenn halben die zwen ersten rechttag erlitten vnuergriffennlich vnnd zu ains gerichts ermessigung steen söllenn. Were aber sach, das die anntwurttennd parthey auff das dritt furbott zu recht auch nit erschine noch yermant von
jrentwegen vnnd doch der hanndel so tapffer oder treffennlich daran vil vnnd groß gelegen were vnnd das ain gericht das ain notturfft westenn ansehe, so möchte ain gericht
den Vierden rechttag aus vberflissgkeit erkennen vnnd solhenn rechttag der selben vngehorsamen parthey durch den gesworen amptman zuverkünden, dermassen sie käme oder
schickte jren volmechtigen anwaldt auff solchen Vierden rechttag oder nit nichtsdestmünder so wurde auff des gehorsamen clagenden tayls anrueffen enntlich geurteylt
vnnd ergeen, was recht ist, sich darnach enntlich zurichten habe.Vnnd so die selb parthey auff solchen dritten vnnd Vierden rechttag nit erscheint, so solle der selben parthey
386utsrpnlihgfedcaSKD
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler.
vor der stubenn oder an dem ende da das gericht besessen wirt durch den aman oder gerichtsknecht auff die fireyen gassenn offennlich mit lawtterer verstenntlicher styme geruefft werden. Mit maynung:zywvutsronmlihgfedcbaV
Ν bistu hie oder yemants von deinetwegen vnnd wilt Ν zu
seiner gethanen clag anntwurtt gebenn, zum ersten mal zum anndern mal vnnd zum dritten mal so thun das wie recht ist, thustu das nit so wirt enntlich wider dich geurtaylt.
Vnnd souer der anntwurter auff solchen dritten oder vierdenn rechttag vnnd auff das
außrueffenn zurecht mit seiner antwurt nit erschine, sonnder vngehorsam außblibe, soll
alsdann dem cleger auff antzaigung oder fürbrüngung seiner clag zu dem myntsten mit
seinem ayd nach jnnhalt seiner clag der hauptsach vnd der gerichtscosten vnd schadenn
desshalb erlitten mit vrtayl erkennt vnnd volstreckung der vrtail nach Ordnung des gerichts verholffenn werden. Doch ob vor ganntzer volziehzung enntlicher volstreckung
sollicher vrtail vnnd rechtenns der anntwurtter sein Verhinderung seins ausbleybens aus
rechter erhaffter not vber seins gegenwör in recht fürbrecht vnnd behielt wie sich gepiirt
vnnd recht ist, so soll er zu seiner rechtlichen wöre der hauptsach zugelaßen vnnd die
mit recht ausgefiert werden vnnd jm dem anntwurtter darauff die erlanngt vrtayl mit allem nachuolg vnschedlich sein. Wo aber die volziehung desselben rechtens vor verschaynung vnnd ftirbringung des antwurtters enntlich worden were, so solte es dann bey
dem selbenn ausgefiertten [vnndt] volzogen rechten beleybenn.//
Jtem ob auch ain sach oder ainicher handel an j m selbs aliso gross vnnd tapffer were,
das der erb aigenn lehenn glimpff oder ere oder nichts annders dergleichen antreffe,
desshalb ain anntwurtter des clegers clag in schrifft vnnd darzu zug vnnd tag begerte, so
soll ainem yeden in sollichen tapffern sachen auff sein begern die dargethan clag in
schriρt vnnd darzu sechs wuchenn, das ist vierzehen tag für den ersten, vierzehenn tag
für den andern vnnd vierzehenn tag für den dritten rechttag, wie recht ist, zug vnnd tag
one aufflegung ainiches ayds gegebenn werden. So die partheyen zurecht enntlich geuordertt vnnd vertagt sünd. Erschine dann der anntwurtter vnnd der cleger nit die weyl
das gericht sitzt vnnd so die sach mit clag vnnd anntwurtt nit verfast ist, so soll auff des
anntwurtters anrueffenn der cleger als vngehorsam vnd dem anntwurtter den gerichtscosten abzulegenn erkennt vnnd darzu den antwurter auff sein begeren von dem fürbot
ledig erkennt werdenn. Were aber die sach mit clag vnnd anntwurt verfast, so möcht das
gericht fiirfaren vnnd vrtaylen für den cleger oder für den anntwurter nach gstalt des gerichtshanndels, doch so soll der gehorsam tayl ob der selb die vrtayl verloren hett den
gerichtscostenn abzulegen nit schuldig sein. Ob ainicher parthey der zurecht fürbottenn
oder verkündt were solchs fürbott oder verkündung leugnen oder in abred sein wölt, so
solle dem aman oder dem der sollich fürbot oder verkündung gethan hat darumb verhör« vnnd gelaubt werdenn. Jtem so ain gast vmb gastgericht anruefft vnnd j m ausserhalb ordennlicher gerichtstag ain gastgericht gehaltenn wirt, so soll der gast dem aman
zu Wettenhawsen vier schilling häller vnnd anndern vnnsern amptlewtenn in anndern
vnnsern gerichten zwen schilling häller vnnd yedem richter ain schilling häller zugebenn schuldig sein. Souer aber der gast rechtspflicht auff ordenlichen vnnd gesetztenn
Nr. 15: Wettenhausen,
Reichsstift
387
gerichtstag, so soll er den richtern zugeben nichs schuldig sein.//
W i e es j m rechten mit den zewgen gehalten werden soll
Vnnd so ye zu Zeiten die partheyen der cleger oder der annthwurter oder sie baid ainiches fürbrüngens kundtschafft, zewgknus oder beweysung erbietten wurden diesn solle
personnliche zewgknus vrkundtbrieue jnstrument ains yedenn aigenn handschrifft, salbuecher, ausgeschnitten zedel vnnd annder fiirbrüngen zurecht dienent yedes fur seinen
werdt so es jm rechtenn auffnntregt mit vorbehaltung des anndern tayls einred gegen
jrer notturfft zugelasen vnd verhört werden. Vnnd sonnderlich söllenn heyratslewt,
kaufflewt vnnd tädings lewt zugelasen vnnd verhörtt werdenn. Es sollen auch ainer yedenn parthey, so sich flirbringens in recht erbewt, nit allain amptlewt, vrtaylsprecher,
dorffsvierer, vndergänger oder andre geschworne sonnder alle die so die partheyen fiirstellenn zugelasen vnnd gehörtt werden. Doch erber vnuerlewmet vnd vnuerworffen
lewt vnnd yedem tayl jn des anndern furgestelten person vnd sagen all sein notturfft
vorbehalten sein. Es soll ein yeder zewg so aliso fur gericht gestelt wirdtt, er sey vormals gesworen oder vngesworen, ainen sonderlichen leyplichen ayd zu Got vnnd den
hailigen mit aufgebotten fungern swern jn der sach darumb er zu zewgen furgestelt sey
vnnd darumb er gefragt wirdett ain lawttere warhait zusagen sou il jm darumb dann
kundt vnnd wissent sey vnnd das nit vnderwegen lasenn weder von nyett, gab, vorcht,
freuntschafft, veindtschafft noch durch kainerlai anndern ursach wegenn. Dardurch die
warhait möcht verhündertt werden getrewlich vnd vngeuarlich, sy werden dann des mit
baider partheyenn willens erlasenn. Doch so mag der amptman die vierer oder annder
gesworen lewt in sachen sein ampt bereuerendt sein sag thun bey dem ayd zu demselben
seinem ampt gesworen, sunst soll es gleich mit den anndern gehaltenn werdenn. Es soll
ain yeder zewg sein sag aus sein selbs mundt allain für sich selbs vnd in abwesen der
andern zewgen vnd baider partheyen allain vor aman vnd gerichts thun vnd darnach jr
sagen den partheyen geöffnet werdenn. Es soll auch ein yeder zewg seiner sag von nyemandt anndern vnnderricht sein noch sich mit kainem seiner mitzewgen desshalbenn
geuarlich vnnderreder. Es were dann von baiden partheyen verwilligt, das zwen oder
mer zewgen sich desshalbenn vnnderreden vnnd jr sagen aus jr ains mundt thun mugen,
darbey soll es beleybenn. So die partheyen unrecht zugelasen werden jr aine oder sy
baid personnlich weysung zulaisten, so soll ye zu zeitten der oder die selbenn sollich
zewgen mit ainem ainigen furbot auff das nechst volgennd gericht durch den aman oder
wiem der aman das zuthun befilcht erfordern vnd darauff söllenn die selben zewgen
vnnsern gerichten vnnderworffenn auff das selb erst furbietten, wo sy annderst rechter
erhafft halb nit verhünndert werden, vor gericht personnlich erscheinnen vnnd desshalb
auff das selb gericht jn ayde wo sy der mit willen der widerparthey nit erlasenn werden
laisten vnnd sweren vnnd so sy jrs wissenns halb sich zubedenncken ains zugs nit
notturfftig sünd von stund an berait sein zu sagen vnuerhünderter erhafft vnnd wo sy
388
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler.
aber sollichs zugs sich zu bedenncken notturfftig weren, so söllenn sy den auff betrewrung das sie sollichen zug der widerparthey zu kainem Verzug geuerde oder verlengerung sonnder rechter erhaffter notturffthalb than habenn auff das nechst nachuolgennd gericht vnnd nit lenger und welcher zewg vnuerhünderter eehafft not in sollicher
laistung seiner kundtschafft vngehorsam erschine, der soll derer parthey so jn stellet
oder geprauchen will gerichtscosten vnnd schaden zugeben auch dem gerichtsherren zehenn schilling häller zu büß vnablöslich verfallenn sein, vnnd damit soll er dannacht nit
geledigett sein, sonnder nichtdestmynder verbunden sein kundtschafft zugebenn wie
ditzs gesetz jnnhelt abermaln bey yetz bestümpten penen. Es möcht sich darinn auch yemannd so geuarlich oder freuenlich haltenn, der gerichtsherr wurde den oder die selben
nach gestalt der verhanndlung weytter straffen. So ainich parthey sein zewgen in ainem
anndem gepiette oder gerichte wisste oder hette die er für gericht, da er in recht stat nit
zwingen, erbitten noch bringen möchte sonnder die notturfft eruordern wurde die selbenn in dem gericht oder gebiett darjnn sy wonend oder sitzennt flirzustellen verhören
zulasenn vnnd jr sagen oder kundtschafft in geschrifftlicher vrkund fürzubringen, so
solle er seinem widertayl darzu verkünden vnnd darbey den tag auch vor welchem gericht er seine zewgenn fürstellenn vnnd verhören lasenn wolle ernennen vnnd antzaigen.
Wolle er die sehen oder hören sweren oder anders nach Ordnung der recht handien, so
muge er dahin komen, er thue das oder nit nichtsdestmynder werde ergeen vnd geschehen was recht ist. Vnnd so der zewgenn kundtschafft auff erfordern vnnd begeren ainicher parthey in gericht geöffnet wirtt, so soll denn dem widertayl dawider vnnd alle
andre aingeprachte kundtschafft zeredenn auff den nechstenn rechttag oder nach
ermessigung des gerichts zug vnnd tag gegebenn werdenn, souer die selb parthey des
zugs begertt. Darnach soll der anndre parthey wider sollich ainrede so der gegenntayl
wider die zewgen oder jr kundtschafft aingepracht hett zu replicieren oder gegennred
auff den nechstenn rechttag oder auch nach ermessigung des gerichts zug vnnd tag
gegeben vnnd in recht darauff beschlossenn vnd die sach zurecht gesetzt vnnd alsdann
kain parthey weytter gehörtt werden, sonnder der ennd vrtayl gewörtig sein, es were
dann das ain gericht auß bewöglichen vrsachenn annders beschiede. So ainer parthey sy
sey cleger oder anntwurtter jchts zuthun gepürtt vnd auff ainen benanten tag aufflegt
vnnd die selb parthay alsdann sewnung wurde nit volbrecht oder thett wess sy sich vermessen hett oder jr aufferlegt were vnnd der anndertayl begertt sy in costen zuerkennen
wie oder wann sollich beger der costenn vnnd schedenn halb beschehe vor der enndvrtayl, so soll es allweg steen zu ains gerichts erkanntnus darnach sy die sach vnnd parthey vleyssig der vnuleyssig erfunden, sie in costenn zu erkennen oder den costenn bis
zu der enndvrtayl vorzebehalten. Es mugen auch die hörnach benenten personen ainich
rechtmessig kundtschafft nit gebenn. Mit namen personen die nit zugeprauchen [vmb] jr
vernunfft komen sünd auch die thoren, mönischen vnd vnsynnigen vnnd darzu bännischen vnnd die so in der aucht sünd. Auch die erlosenn als maynaydig vnnd annder
dergleichen offenbarlich verlaymt personen. Auch soll vatter und mutter für vnnd wider
jr leyplich kündt vnnd hörwider die künder für vnnd wider jr leiplich vatter vnd mutter
Nr. 15: Wettenhausen, Reichsstift
389
dessgleichenn brueder vnnd schwester söne für vnnd wider ainannder zu zewgen nit
zugelasenn werden. Es wurde dann von dem widertayl mit willen nachgeben oder aber
das ausserhalb der mangel vnnd gepruch an zewgen erschine aliso das man annder nit
gehaben möcht. Ain yeder der in dem bann oder in der aihcht vnnd des bekanntlich ist
oder in gepürlicher zeit nämlich acht tagen beweyst wirt, der soll weder durch sich selbs
noch seiner anwalt jn seiner clag nit gehörtt. Werdenn aldieweyl er jnn dem bann oder
jn der aucht ist, doch soll unnd mag er anntwurttenn vnnd sein gerechtigkait anntwurtsweys furbrüngenn. Die vnmundigen vnnd die da steen in gewalt jrer pfleger vnnd die
synnlosen, die dann völligenn geprauch jrer vernufft nit habenn, die mugen weder clagen noch anntwurten, verhündernus halb auß rechter eehäfft, doch mugen jr, pfleger
vnnd trager jrennthalben clagen vnnd sollen anntwurten vnnd alle jr notturffi hanndien
vnnd fürnemen, wie sich gepürt vnnd recht ist. Nachdem sich zuuerschiner zeit vil vnnd
offt gegebenn hat das büderlewt mit clag vnnd recht furgenomen sünd worden vmb vermaint spruch vnnd vordrung. Wider die geschieht der warhait vnbeweystvnnd auch on
mercklich vrsach versehennlicher muttung vnnd nichtdestmynder die anntwurtter zu
erlädigung derselben sprüch vnnd clagen dem gemainen rechten vngemeß mit ayden
vnbillicher weys beladenn sünd worden. Vnnd dem zu begegnen jst gesetzt vnnd geordnett. Wo yemant hünfiiro dermassen beclagt vnnd furgenomen wurde, vnbeweyst des
clegers clag vnnd on vrsach versehennlicher vermuttung, das alsdann der antwurter auff
vernaynung vnnd widersprechung derselben clag, so er dann der warhait gemeß thun
soll. Dauon on personnlich ayde ledig erkennt vnnd gesprochen werden soll mit abtrag
vnnd bekerung der gerichtscosten vnnd schedenn seinthalb erlittenn vnnd so aber die
clagennd parthey etwas scheins ainer weysung vnnd doch vngungsam fürbrächt oder ain
oder mer versehennlicher vermuttung fur sy were. So soll der anntwurtter auff sein gesworn beraynigung ayd nach erkanntnus des richters von sollicher clag ledig erkent
werdenn. So yemandt den anndern beclagt vnnd der anntwurtter vermaint dem cleger
bey sollicher clag nichts schuldig zesein vnnd der cleger nit völlige beweysung hat noch
thut, so mag der anntwurter dem cleger die betewrung seins Zuspruchs oder den ayd
haymwerffen. Wölte dann der cleger sein gethane clag mit seinem ayd vnnd rechtenn nit
bestettenn, so soll der anntwurtter derselben clag ledig erkennt werden. Wo aber der cleger der frömbkait aller gestalt vnnd gelegennhaithalben ains gutten vnnd grossen lewmuts ist vnnd das er ain ainigen vnnd mercklichen glaubwürdigen zewgen hat auch der
sach vnnd person des antwurters dermassenn gestalt ist. Aliso das ain gericht vermut der
warhait eingefierten clag so mugen sy dann darauff dez cleger zu erstattung seiner
kundtschafft des ainigen zewgen den ayd ertaylen, sollich sein clag damit zu bestettigen
als recht ist vnnd so aber der kains beschicht vnnd der cleger nit rechtliche beweysung
hat. So soll der anntwurtter nach erkantnus des richters ledig erkennt vnnd ertaylt werden. Auff das die partheyen so gegen ainannder in rechtuertigung stannd vnnd hanndien
auszug bedacht vnnd rechtsatz vermeydenn vnnd vncostenn verhietten. Setzen vnnd
wollen wir, das ain yeder, der sich sollichs vmbtreybens vleyst, muttwillig vnnd vnnotturfftig auszug bedacht vnnd rechtsatz auff vnnderredlich oder bey vrtaylen der selb,
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Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler.
soll nach ermessigung seiner bewägnus vnnd nach gestalt der sach son jnn sein muttwillig beger mit vrtayl vnnd recht abgeschnitten vnnd vnotturfftig geschetzt vnnd dem
gegentayl incosten erkennt wirt dem gerichtsherren zehenn schilling häller zu büß verfallenn sein. Welche parthey die anndre parthey zum ayd treybt vnnd die dess ayds nit
erlasen will, der soll dem aman drey schilling häller zugebenn schuldig sein. Aber von
den zewgen ayd soll man dem aman zugeben nichs schuldig sein. Es soll auch in Verfassung der vrtylen vnd allenn anndern ratschlegen der aman oder sein Statthalter, der auch
zu ainem gericht gesworn sein soll bey ainem gericht sitzenn, ob sich begebe, das vnnder den vrtaylsprechern ain gespaltenns wurde, soll er sein vrtayl darjnn auch gebenn
vnnd ain mers machen. So ainer denn anndern vmb spilgelt oder wucher furnempt,
sollen die richter darumb nit sprechen noch vrtaylen. Welche parthey auch jm anfanng
mittel oder ennde der rechtuertigung ains schreybers begertt, der soll yedoch auff jren
costenn zugelasenn werdenn. Wann hünfuro acht richter oder vrtaylsprecher vnnd der
gesworen aman oder den er ain sein statt gesetzt hatt zugericht sitzennt. So sollen vnnd
mugen sy vmb ain yede gemaine sach zu sprechen haben vnnd jr sprüch vnnd vrtayln so
kröfftig sein, als ab die durch die zwölff richter gegebenn vnnd gefolt wer worden vnnd
soll kainer parthey ainicher verzug auff gantze versamlung der richter, so geuarlicher
weys beschehe gegebenn werdenn. Es were dann ain hanndel so tapffer vnnd groß der
eere vnnd glimpff oder erb vnnd aigen oder dergleichen sachenn beruerte. So soll der
aman die richter in sollichen sachen vnnd händlen vnnd sonnder so es die partheyen
begerenn zusamen bringen vnnd die zal haben. Were aber ainer oder mer awsserlannds
oder mit leybskranckhait beladenn, der soll entschuldigt sein vnnd die sach auff jn nit
verzogen werden. Es soll auch mit auffwybung der richter dem rechtenn gemeß gehalten werden vnnd so der ain oder mer richter vfftreybt sich der anndern richtern nit benuegenn lasenn wölt, so söllenn die auffgetribenn auff des auftreybers costenn ersetzt
vnnd erfült werdenn. Es soll hünfuro allain das so das mer in gericht wirt eröffhett vnnd
zurecht gesprochen werdenn. Es soll auch kainer parthey von erkantnus der freuel oder
in recht bekanntten schulden zu appellieren oder die sach zuwägern gestatt vnnd zü ueranntwurtung der klagen mer dann ain zug gegebenn, sonnder für vnnd für, wie sich gepürt, procediert vnnd die vrtayln mit enntlicher execucion volstreckt werden. Welcher
vmb lidlon verbriefft oder vertädingt schuldenn zurecht fürbiettenn vnnd clagen last
vnnd erfundt sich, das er an dem lidlon oder der verbriefften vnnd vertädüngter schuld
gar oder ainen tayl schuldig, so ist er dem gerichtsherren zehen schilling häller zu büß
verfallen. Darzu dem anclager vmb hauptgutt vnnd Scheden so von gerichts wegenn darüber geganngen sind vmb das lidlon bey sonnenschein desselben tags vnnd vmb die
verbriefften vnnd vertädingter schulden nach inhalt der brieff oder tädüng vnnd gerichts
recht schuldig außzurichtenn. Welche parthey jr schedenn vor entlichem rechtsatz der
hauptsachen nit begert noch meidung dauon thut, die solle darnach damit in recht nit
zugelasenn werdenn. Welcher er sey frömbd oder haymisch dem aman ainem oder mer
richter vnd vrtaylsprecher jnn oder ausserhalb des gerichtshaws jn jr vrtayln, die mit
dem meren zurecht erkennt were freuen lieh redte, der ist dem gerichtsherren zu büß ze-
Nr. 15: Wettenhausen, Reichsstift
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henn pfiindt häller verfallen. Es soll auch nyemant vor gericht oder in dem gerichtshawß
dieweil man zu gericht sitzett dem anndern weder mit wortten noch werckenn oder
geperden, sich freuenlich ertzaigenn noch thun. Welcher das vberfiere mit wortten, der
ist dem gerichtsherren verfallenn zehenn schilling. Welcher freuenlich hanndt anlegt,
der ist dem gerichts herrenn verfallen zehenn pfundt häller. Welcher aber der orte friedbrech, fliessennt bainschrött, lidtieff wunden als lam schlieg, der ist dem gerichtsherren
zu obbestimpter peen zehenn pfundt häller verfallenn.//
O r d n u n g der fursprechen
Es soll hünfuro ainem yeden, der an disem gericht zuclagen oder zu anntwurtten hat aus
dem ring oder gericht auff sein begern ain fursprech vnnd darzu ain ratgeb erlaubt vnnd
gegebenn werden. Doch aliso, das der cleger erstlich vnnd nach jme der anntwurter den
fursprechen nemen söllenn vnnd so der anntwurter seinen fursprechen genomen hat. So
mag alsdann der cleger seinen ratgebenn vnnd nach jm der anntwurter auch ainen nemen vnd erwölen. Doch welcher fursprech oder ratgeb anfengklich bey ainer parthey
gestannden ist vnd jren gehaym eingenomen hat, der soll nachmals der anndern parthey
in derselben sach nit erlaubt noch vergönnt werden. Were aber der partheyen aine gehorsam vnnd die annder nit, so solle die gehorsam parthey durch jrs annderstayls vngehorsamkait an jren fursprechenn vnnd ratgebenn nit verhündert werdenn. Vnnd so der
fursprech mit seiner parthey furstat, so soll er sich zuuor, wie recht ist vnnd sich gepürt
andüngen vnnd alsdann auff vergönnstigen des amptmans die sach darumb er furgestannden ist zurecht furtragenn.//
W i e es mit den ratslagen vnnd weysung der vrtayln gehalten werdenn soll
Were sach das ye zu zeittenn amptman vnnd gericht vmb ainen handel der zu jrem
spruch gesetzt ist zu frischer gethat zusprechen nit gefast noch entschlossenn weren, so
mugen sy jnen drey bedacht oder beredt, nachainannder nemen. Nämlich yedenn bedacht viertzehenn tag, doch aliso das sy auff die letzstenn viertzehenn tag oder rechttag
jren spruch vnnd vrtayl eröffnen, wie recht ist vnd nicht mer weysen. Die richter vnnserer gericht sollen auch bey jren ayden, so sie gerichtshalben gesworn haben, kain vrtayl
liederlich, sie seyen dann auff jr ayde zu vrtayln nit verstenndig von jnen schiebenn
noch weysenn. Vnnd so ain vrtayl durch die richter der vier gerichten zu Wattenweyller
[Wattenweiler], Plaichen [Gerichtsamt Unterbleichen], Kemnat vnnd Ettennbeuern [Ettenbeuren] für das gerichte zu Wettenhawsen vmb ratslag geschoben oder gewisen wirt.
So mugen baider partheyen fursprechen sollichen hanndel mit abfertigung vnnd vnnderrichtung jrs gerichts muntlich für ain gericht zu Wettenhawsen bringen vnnd ratslag darauff begeren. Es were dann, das baid partheyen sollichen hanndel zu beschreyben be-
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gertten oder der hanndel an jm so tapffer vnnd groß were, das ain gericht oder die
fiirsprechen dien muntlich nit darlegenn noch eröffnen möchten, so solle der auff baider
partheyen costen beschriben vnnd veruertigt werdenn. Vnnd souer die richter oder vrtaylsprecher zu Wettenhawsen in sollichen geschobnen vnnd dargebrachten henndlen
berait von stund an auch nit bericht weren rechtlichen ratslag zu gebenn, so mugen sy
jnen selbs darjnnen zuerfaren viertzehenn tag rat vnnd bedacht nemen vnnd alsdann von
mynder mye vnnd costens wegen den gegebnen ratslag schrifftlich bewart zuschicken
söllenn. Souer aber die richter zu Wettenhawsen in sollichen dargeprachten geschobnen
auch in den henndlen so vor jnen anfengklich zurecht einpracht vnnd darumb zu vrtayln
begert wirt darjnnen zu vrtayln auch nit verstenndig sünd, söllenn vnnd mugen sie die
furter für ain ersamen rat zu Vlme schiebenn vnnd alle verhanndlung auff baider partheyen costenn in schrifft verfast vnnd verschlossenn zustennden vnnd jrs ratslags darinn
begeren. Wann ain hanndel von gemelten vnsern gerichtenn für jr obergericht zu Wettenhawsen geschobenn vnnd gepracht wirt, so soll yede parthey dem aman drew pfenüng zugebenn schuldig sein. Vnnd so die richter zu Wettenhawsen ainen hanndel für
ainen ersamen rat zu Vlme schiebent oder weysent. So soll yede parthey legenn vnnd
geben dreyzehennthalben schilling häller. Daruon gehörtt oder gepürt dem gericht sübenn schilling den hanndel antzugeben, dem schreyber, den zuuerfertigenn fünff schilling, dem botten sechs schilling vnnd in die cantzelley zu Vlm [Ulm] sübenn schilling.
So die fürsprechen ainen ratslag vor gericht zu Wettenhawsen hollen wollen, so soll yede parthey jren fürsprechen versölden, nämlich ainem fürsprechenn von Ettennbeuern
ain behemisch, ainem von Kemnat vier kreytzer, ainem vonzywvtsronmlkihedcaW
Ρ laichen sechs kreytzer
vnnd ainem von Wattenweyller fünf kreytzer von ainem ganng für Ion vnd zerung gegeben werdenn. Wo sich aber zu zeitten begebe, das die fürsprechen oder botten auff
das selb gericht des ersten ganngs mit dem ratslag nit verfertigt werden möchten, was
dann desshalbn weitter cost, es were dem schreyber oder bottennlon aid ainicherlai
ander belonung darauff gieng, das sollen die partheyen ausserhalb obbestimpter belonung auch betzalen vngeuarlich. So der aman vnnd das gericht ainen vrtaylbrieff angebennt, daruon soll dem aman zwen schilling vnnd yegklichem richter ain schilling
häller geben werdenn. Es möcht auch zuzeitten ain parthey ainer hanndlung vrtaylbrieff
nemen wollen, der jr zu nichten gedienen möcht vnnd vnnotturfftig wer, sonnder darvmb er vermainte seinen widertayl in vberflissig costenn vnnd Scheden zuρeren solchen
costenn soll jm der widertayl zu bekeren nit schuldig sein. Wo aber dieselb parthey sollichen brieff neme vnnd vermainte des notturfftig sein, so solle es des stucks vnnd costennhalben zuerkanntnus ains gerichts steen. Von execucion oder volziehung enntlicher vrtayl vnd pfanndung, so ainicher parthey ain entlich vrtayl ergett, dauon wie sich
gepürtt nit geappelliert wirt vnnd dieselb parthey vmb verrer execucion volziehung oder
hilff jrs behaltenn rechtens anruefft, so soll der aman der verlustigenn parthey gebiettenn bey ainem pfundt häller sollicher entlicher vrtayl in acht tagen nachkommen vnd jr
parthey desshalben vnclagbar zu machen. Es were dann der hanndel so tapffer, so
möcht jm bey höher penen gebotten oder sunst nach erkanntnus der richter gehanndelt
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darinn werden. Wo aber sollich vrtayl vmb gelt oder ander schuld oder annders, das sich
mit gelt oder gelts werdt zubetzalen gepürte were, so mag dieselb parthey, so aliso verrer hilff des rechtenns notturfftig ist an jr widerparthey durch den aman pfanndt vordem
lasenn. Wo dieselb parthey kain pfanndt auff sollich erfordern gibt, noch fiirschlecht,
noch sich mit jr widerparthey in acht tagenn darnach die nechsten nit vertregt, noch sy
vnclagbar macht, so mag dieselb vorderent parthey oder jr scheinbot mit dem aman desselbenn vngehorsamen parthey zuhaws vnnd zuhof geen vnnd souil pfannd varender
hab austragenn lasen, dauon sy jrer hauptsuma mitsampt den Scheden, so jr auff sollich
recht erganngen weren, die auch durch ain gericht gemessigett werdenn söllenn, als betzalt mag werden. Solche pfanndt sollen alßbald hünder das gericht gelegt oder gestelt
vnnd so bald durch das gericht nach zümlichem werde angeschlagenn vnnd geschetzt,
vnnd wie die aliso geschetzt werdenn vmb dieselben suma, sollen sye demselben gelter
durch den aman angebotten werden, ob er die vmb dieselbenn geschetzten sum lesen
wölle, das er sollichs in den nechstenn viertzehenn tagen thue. Wo er aber sollich losung in der yetzbestimpten zeit nit thut, sollen die auff freyer gannt außgeruefft vnnd
geschrien werdenn, nach gant recht drey mal nachainannder. Solche pfandt seyen vmb
N. guldin oder N. pfandt angeschlagen, geschetzt vnnd demselben gelter darumb angebotten worden. Wölle dann yemant mer darumb gebenn vnd darauff schlagenn, der muge es zuuersteen gebenn. Wör dann am maisten darauff schlecht, die söllenn dem vmb
sein dargelegt suma volgenn vnnd damit als mit seinem aigen gutt zuthun vnnd zulasenn mit vrtayl haymgetaylt werdenn. Wo aber zum erstenn anndern vnnd dritten main
auff der gannt durch yemandt mer dann die geschetzt mer daruff geschlagenn wurd, sollen die pfanndt dem glaubiger, der sie hat austragenn lasenn vmb dieselbenn geschetzten sum volgenn vnnd wie oben mit vrtayl haymgetaylt werdenn. Souer aber an solchen
pfannden ainich vbermaß mer, dann die hauptsuma vnd die gemessigtenn schedenn weren vorstenndt, die söllenn demselben gelter oder Schuldner wider geanntwurtt werden.
Wo aber die pfanndt der geschetztenn sum vnnd gemessigten Scheden so ferr nit raichen
möchtenn, so solle dem gläubiger vmb das ausstennd gegenn demselbenn gelter oder
Schuldner sein vordrung, wie recht ist, vorbehalten sein. Welcher den anndern vmb
schulden zupfennden erfordertt, der soll dem aman eröffnen vnnd antzaigen, wievil jm
jhener schuldig sey vnnd alsdann soll der aman dieselben schuld dem Schuldner eröffnen vnd antzaigenn vnnd so vil der Schuldner bekennt, darumb soll er gepfenndt werdenn vnnd aldieweyl der Schuldner varende hab hat, die söllenn eemalen man zu den
gelegnen guetter greyfft gerechtuertigt vnnd ain gericht geschetzt werdenn vnnd ob sach
were, das ainer mit varenden guettern nit betzalenn möcht. Alsdann mag man zu den ligennden guetern auch greyffenn vnnd die rechtuertigen. Es soll auch sich der gläubiger
oder pfender zümlicher pfanndt benuegen lasen. Wo er sich aber ziimlicher pfanndt nit
wöltbenuegen lasenn, so sollen die wie oben daruon gesetzt ist durch ain gericht gemessigett werdenn vnnd insonnder so es der gelter oder Schuldner begerrt. Welcher varennde hab zupfanndt geytt oder fürschlecht, sünd es vnässige vnd vnschedliche pfanndt,
sollen die pfanndt vierzehenn tag an dem ort dahün man dann zupfennden pfligt, still Ii-
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Spitäler.
genn vnnd darnach, die wie obenn daruon gesetzt in drey vierzehenn tagenn nachainannder vmbschlagenn vnnd vergannten vnd nach der gannt in vierundzwaintzig stunden
gelöst werden. Sünd es aber ässige oder schedliche pfanndt, die sollen vbernacht
pfanndtlich still steen vnnd darnach des nächsten tags vergannt werdenn vnnd verganngen sein. Sünd es aber ligennde guetter, die sollen pfanndtlich sechs wuchen vnnd drey
tag still stan vnnd darnach vergannt werden. Vnnd wann die in drey viertzehenn tagen
nachainannder ausgeruefft vnnd vergannt worden sein, sollen die darnach aber pfandtlich still steen neuen tag vnd darnach verganngen sein. Welcher auch ain pfanndt vor
oder nach der gannt lesett, der soll lesenn mit der sum durumb das verganntt vnnd vergangen ist. Wirt aber das pfanndt in obbestimpter zeit aliso nit gelöst, so ist das pfandt,
dem, so am maisten darauff geschlagenn hat, als rechtuertigett haymgefallenn, vnd soll
jm one Verzug mit dem ruff vnd der gant gegebenn sein. Ob sich auch begeb, das ainer
dem andern der schuld nit gestenndig oder bekanntlich were, vnnd sich desshalben zupfennden lasen sparte. Machte dann der cleger vnd anuorderer sein clag oder anuordrung außfündig vnnd war, so ist der Schuldner dem gerichtsherren zehenn schilling häller zubuß verfallenn. Auch dem cleger vnnd anuorderer all costenn vnnd schaden nach
gerichtserkanntnus abzutragen schuldig. Welcher selbs pfanndt von schulden wegen on
des amptmans erlauben vnd bewilligen nympt, der ist dem gerichtzsherren zehen pfiindt
häller
zu büß verfallenn.//
*
Doch ain wirtt mag vmb sein zerung bey jm geschehenn, seins gasts hab vnnd gutt, der
bey jm gezertt hatt, wol auffhalttenn vnnd verbiettenn lasen, auff guetlichen oder rechtlichen außtrag. Dessgleichen mag auch thun ain hawßherr vmb sein hawßzünß.//
V o n verkundung der dritten person
So zwu partheyen mitainander in recht stannden, dero hanndel oder sach ainen dritten
beruerte vnnd derselb begerte den zwu partheyen für gericht zuuerkünden vnd jn in sollicher, seiner sach auch zuverhörenn, damit er zurugk nit verrechttett werde. Derselb
soll auff sein begerenn zugelasen vnd den partheyen auff sein costen verkündt. Auch er,
dessgleichen sie dargegen gehörtt werden vnd zwischen jnen beschehenn was recht ist.
So zwu partheyen mitainander ain recht anfahenn vnnd dero aine aws redlicher vrsach
meldt oder antzaigt, das die sach desselben rechten ain oder mer annder personen beruerte oder antreffe, aliso das die richter befunden vnnd bekanntten notturfftig zu sein,
denselbenn personen sollichs auch züverkünden, damit jn zurugk nichs verrechtett wurde. So solle sollich verkündung derselben parthey, so die gemeldt oder fürgeschlagenn
hat, auffgelegt werdenn. Wölt dann der, dem aliso verkündt were, souil vnnd jn die sach
beruerte dasselb recht seinthalb clag oder antwurtsweis auff sollich verkündung vertrettenn, zu demselbenn gericht oder auff ain zümlichenn zug, der jm erkennt mag werden. Das mag er thun. Aliso, das zwischen allen dreyen partheyen beschehe, was recht
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ist. Wölt er aber vermainen, er were mit erstlichem fiirbot zu sollichem rechten nit erfordertt, oder disem gericht nit vnnderworffen, oder aber er wölt jm sein sach vnnd vermainte gerechtigkait vorbehaltenn vnnd getrawen, das jm diss der partheyen ftirnemen
vnd verkünden, daran vnschedlich sein solt vnd darmit abschnaiden, so solte dannacht
nichtdestmynnder zwischenn den andern partheyenn geschehenn vnnd ergeen was recht
were. Were aber sach, das dieselben baid partheyen der dritten parthey, kainer gerechtigkait oder besunders antreffenns oder beruerens bestiennden, so solle er sollich, sein
vermainte gerechtigkait eröffnen, vnnd ob sich auß baidertail furgebenn kain gerechtigkait, so jm zusteen möcht erfunde, so solle abermalen zwischen den anndern partheyen
seinthalb vnuerhündertt beschehen vnnd ergeen, was recht ist. souer aber die parthey,
der aliso verkündt ist, noch nyemant von jren wegen in recht erscheint, so solle nichtdestmynder zwischen den anndern partheyen ergen was recht were. Vnnd wo zwu oder
mer partheyenn spennig vnnd recht gegenainannder notturfftig weren, gelts oder ander
sachen halbenn, das der dritt oder die dritt parthey jnnhett, es lege oder were dieselb
dritt parthey in disem gericht oder nit, so mugen die partheyen sollich jr recht gegenainander mit fiirbot anfahenn vnnd sollen die selben dritten parthey oder jnnhaber darzüuerkünden
vnnd darauff die sach, als recht ist, gegen ainannder austragenn.//
*
Wer verbotten oder nit soll werdenn. Es soll hünfüro nyemant, der hewßlich oder häblich anwesenn vnnd ainen gichtigen vnnd kundtlichen gericht oder verspruchherren hat,
weder leyb noch gutt verbotten werdenn, auch dem, der seins guts zurecht mechtig ist.
Sonnder der cleger sölledem anntwurtter vmb sein Zuspruch jnn das gericht, darinn er
sitzt, oder darein er gehörtt, nachfarenn. Doch solle der zünß oder geltherr, auch der
leypherr von seiner zünsgült verfallner schuld vnnd gerechtigkait wegen nit begriffenn
noch verbunden sein. Wo aber ainer aus dem gericht oder fleckenn ziehenn wölt vnnd
schulden in zeit seins anwesenns gemacht oder annders aufif sich genomen hett, der mag
auff anruefenn das, dem er aliso zuthun wer, zurecht verbottenn werden. Doch solle auff
das verbott, das ain fiirbot volgenn, vnnd der anrueffennt der sach in vierzehen tagen
die nechstenn mit recht nachkomen. Wo er aber dem aliso nit nachkäme, so solle alsdann sollich verbott tod vnnd ab sein, vnnd der, dem aliso verbotten were, verrer nit
auffgehaltenn werdenn. Dessgleichen, wo der verbotten sollichs Verbots vnnd hanndelshalbenn ain furstannd oder ain bürgschafft thett, das sölte von jm auffgenomen vnnd
darauff auch sollich verbott abgethan werdenn. Dessgleichen mag es auch mit den außtrettendenn oder fluchtigenn vnnd dienen, so kain herren habenn, vnd dero hab vnnd
gutt in ainem gericht betretten wirt, jnnhalt oben daruon gesetzt gehaltenn werdenn.
Welcher aber auff yemant in disem gericht vormals erlanngt vnd verstenden recht behaltenn hat, vnnd der, wider den sollich recht erlanngt ist, ausser dem gericht gezogenn
oder wölte darauß ziehenn, aliso, das es kundtlich were vnnd antzaigt werdenn möcht,
oder er hette oder wölte, sein hab vnnd gut seinem widertayl zugeuerde Verstössen, verkauffen oder verschickenn, vor vnnd ee er denselben, seinen widertayl ausgericht oder
vergnuegt hett. So mag er desselben hab vnnd gutt auff seins widertayls anrueffen, bis
396utsrpnlihgfedcaSKD
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zu enntlicher volstreckung vnd volziehung des rechten, in verhafft vnd verbot gelegt
werdenn.//
Gewonnlich gerichtsscheden
Die gewonnliche gerichtsscheden siind die, der Ion des amans, das clagelt, der Ion des
schreybers vmb sein schreyben vnd lesen, die kostung der dargesteltenn zewgen vnnd
briefflicher vrkund, aydbiessin von vrtailn oder ratschlegenn bey außwenndigen gerichtten zu hollenn, was die vrtaylbrieff costen fur jnstrument der appellacion wegen gelegt
werdenn. Auff das die partheyen so gegennainannder in rechtuertigung stannd vnnd
hanndien auszug, bedacht vnnd rechtsatz vermeydenn, vnnd vncostenn verhiettenn, setzen vnnd wollen wir, das ain yeder, der sich sollichs vmbtreybenns vleyst muttwillig
vnnd vnnotturfftig auszug, bedacht vnd rechtsatz auff vnderredlich oder bey vrtayln
derselb, soll nach ermessigung seiner bewögnus vnd nach gstalt der sach, so jm sein
mutwillig beger mit vrtail vnd recht abgeschnitten vnd vnnotturfftig geschetzt vnd dem
gegentayl in costen erkennt wirt, dem gerichtsherrn zehen schilling häller verfallen
sein.//
Wie geappeliert soll werdenn
Welcher von ainer vrtayl, so an vnnsern gerichten ergett, fur vnns, als den obern gerichtsherren, als sich dann zuthun gepürtt, appelliert vnnd sollich appellacion jm fusstapffenn, so die vrtayl gefeilt oder aber nachmals, vor ausganng der zehenn tag, nach
form des rechten thutt, so soll er sollich, sein gethane appellacion jnn monatsfrist, von
dem tag darauff, die beschicht an vnns, als den gerichtsherren bringen vnnd auch des erganngen handels vnnd vrtayl ainen gerichtshanndel vnnd apposteli nemen. Darauff sollich appellacion vor vnns mug gerechtuertigett werdenn. Wo aber sollich appellacion in
bemelter monatsfrist nit anbracht oder ergangen hanndlung kain gerichtshanndel genomen vnnd dargelegt wurd, so werden wir sollicher appellacion kaine annemen, sonnder soll verner durch die richter auff des behaltenn tayls anrueffenn, procediert vnnd
weitter jm nit verholffenn werdenn. Welcher ainer vrtayl zehenn tag ain bedacht nempt,
der soll hünder ain gericht zehenn schilling legenn. Appelliert er die, vnnd kompt der
appellacion, wie recht ist vnnd obstet nach, soll jm sollich zehenn schilling wider gebenn werden. Wo er aber solcher appellacion nit nachkäme, so sünd die zehenn schilling ainem amptman vnnd gericht verfallenn. Dessgleichenn, welcher jm fußstapffenn
appelliert vnnd kompt der appellacion, wie obstat, nit nach, ist nichtdestmynder dem gericht zehen schilling verfallenn. Vnnd welcher sollich appellacion volstreckenn will, soll
sollichs anfanngs an vnns, vnnd ob er weitter appellieren wölt, furter an kayserlich
maiestatt oder jr maiestat camergericht, vnnd soll sunst annderswegs nit zugelaßenn
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werdenn noch jm rechtenn kraffi habenn.//
V o n bott vnnd verbotten
Wir setzenn vnnd wollen, was bot oder verbot. Vnnser amptlewt oder wiem wir oder
sie, das von vnnsertwegen zuthun befolhennd offennlich vor der gemaind oder der mertayl ainer gemaind biettend oder verbiettend, das soll von menigklichem, er sey bey dem
bot oder verbott gewesen oder nit gehaltenn werden, bey verlierung der büß vnnd peen,
die dann dazemal darauff gesetzt ist. Ob vnnser amptlewt ainem oder mer gerichtsuerwandten ausserhalb rechtenns zum ersten mal oder anders gebiettend, vnnd derselb on
redlich vrsach oder eehafft not vngehorsam were, der ist die selbenn büß, darbey jm
dann gebottenn wordenn ist, zu peen verfallenn. Welcher dem erstenn bot vngehorsam
erscheint, dem hat der amptman oder wiem, wir oder sie, das zuthund befolhend, darnach nach gstalt der sach, bey ainer grössern peen zu pietten vnnd welcher die selbenn
bot nit helt, der ist dem gerichtsherren die auff gesetztenn peen verfallenn. Welcher aber
dem erstenn, andern vnnd dritten botten nit gehorsam sein wölt, so söllenn vnnd
gethüren die amptlewt denselbenn vngehorsamen annemen, fahenn vnnd gehorsam
machen. Darzu sollen jnen all vnnser botmessig vnnd gerichtsverwanndten one alle
furwort vnd Verzug, ob er gleich gericht vnnd recht anrieffte, helfenn vnnd ob aliso den
vngehorsamen ainicherlai freuels, schadenns oder nachtayls von den vnnsern geschehe
vnd doch vngeuarlich zugefuegt wurde. Wie das beschehe, daran hat nymants gefreuelt
noch vnrecht gethan, vnns noch den geschedigten desshalben nichts schuldig, doch der
todschlag ausgeschlossenn. Vnnd mag aliso dann der gerichtsherr den vngehorsamen
mit oder on recht straffen vnnd nach seim gefallenn gehorsam machen.//
V o n früdbot wegen
Wir setzenn vnnd wollen, das vnnser amptlewt vnnd diener, vnnd ob der kainer da were, yeder gesworner richter, vnnd ob kain richter auch da were, die vierer, auch ain yeder vnnser gerichtsuerwanndter vnnd hündersäß, ob auffruren vnnd gezanngk enntsteen,
den frid zu biettenn habenn. Jst die auffrur schlecht vnnd klain, so soll baiden taylen
frid gebotten werden, bey zehenn pfundt häller. Vnnd ob jr ainer oder mer nit gleich
von stund an frid gebenn oder halten wölten, so hat ain yeder zubietten, bey zehenn
pfundt häller. Wo aber die auffruren jm anfanng groß weren, so hat ain yeder frid bey
noch höher straff von stund an, dann wie obstet, zu biettenn. Vnnd ob ainer oder mer
das verachten, vnnd nit frid halten wölten, so söllenn all vnnser hündersässen vnd gerichtsuerwandtenn bey jren gelibdenn aydenn vnnd gehorsame, damit sy vnns verwanndt sünd, one alle fiirwort vnd Verzug zueylenn vnnd hölffenn, den oder die, so den
gebotten nit gehorsam sein vnnd nit frid gebenn noch halten wollen, annemen vnnd
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Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler.
fahenn. Vnnd ob sich der oder die vngehorsamen nit gefanngenn geben wöltenn, welcher dann den oder dieselbenn vngehorsamen schlächt, stost oder sunst beschädigett,
ausgenomen den todschlag, daran hat nyemant gefreuelt, vnns als dem gerichtsherren
noch dem vngehorsamen, auch nyemant büß noch abtrag darumb schuldig. Vnnd der
gerichtsherr mag den vngehorsamen mit oder on recht nach gelegenhait der sach nach
seinem gefallenn straffen, oder aber die obbestümpten büß von jm nemen. Welcher ain
frid lobt oder schwert, vber das fridbrichig wirt, ist zehenn pfiindt häller, mit
vorbehaltung weitter straff vnnd hanndlung gegenn demselben fridbrecher nach gstalt
sollichs, sein gethanen fridbrechenns, verfallenn.//
V o n freuein vnnd vnzucht wegenn
Welcher dem anndern freuenliche, schenntliche, vppige, schampere oder vnzüchtige
wort als Scheltwort sünd, die doch ainem sein eer vnnd lümend nit beletzennt gübt oder
wünscht, der ist zu büß ftinff schilling häller verfallenn. Welcher den anndern haist freuenlich liegenn oder schlecht lughafft strafft, der ist zehenn schilling häller verfallenn.
Welcher aber den anndern haist liegen mit zugelegtenn schmehlichen worten, als so ainer spriicht, du leugst als ain böswicht, dieb oder verretter vnnd dergleichen, vnnd mag
sollichs mit recht auff denselbenn nit bringen, jst zu büß drew pfiindt häller verfallenn.
Dessgleichen welcher den anndern schilt oder zeycht ainen dieb, schalkh, böswicht, verretter oder dergleichen, die ainem sein eer, laymbd vnnd geilerer schwächennt, der ist
zehenn pfundt häller verfallenn. Auch welcher ain widerruff oder gewaltsame thutt, ist
zehenn pfundt häller verfallenn.//
V o n zucken vnnd schlagen
Welcher sein messer von leder zuckett, er schlag oder nit, ist zehenn schilling, vnnd an
ainem feyertag ain pfundt häller verfallenn. Welcher den anndern reufft oder mit vngewaffetter hannd, doch nit wund oder lam schlecht, ist zehenn schilling vnd an verbannen feyertagen ain pfundt häller zu peen verfallenn. Welcher den anndern blutrüß
schlecht, ist dreyssig schilling vnnd an verbannenn feyertagen drew pfundt häller verfallen. Welcher aber den anndern bainschrott, liddiech hafftennd oder mayslennd wunden,
bainbrichig, letzig oder lam schlecht, ist dem gerichtsherren zu büß zehen pfundt häller
verfallenn. Welcher dem anndern nachwürfft oder schust, womit das geschehe, er treff
oder nit, ist zehenn pfundt häller zu büß verfallenn. Welcher den freuel an den anndern
brüngt vnnd der annder tayl sollichs furbrüngt, mit zwayen oder dreyenn vnuersprochen, vnuerwandten, vnpartheyschenn vnnd taugennlichen zewgen, oder mit ainem vnuerwandten richter des gerichts, darinn der freuel beganngen were, vnnd auff sollich
zewgknus se lbs ain ayd swertt, demselben soll, der den freuel an jn gepracht hat, solli-
Nr. 15: Wettenhausen,
Reichsstift
399
chen verwürckten freuel betzalenn vnnd jn darumb ausrichtenn. Doch soll züuor dem
gerichtsherren der freuel betzalt werdenn.//
Großfreuel, welcher dem anndern jn sein haws oder härberg nachlafft vnd darjnnen
freuel oder gewalt thut, oder sein hawß oder Schloß gewaltigklich auffbricht oder auffstost, ist dem gerichtsherrenn zehenn pfundt häller verfallen. Vnnd ob der thetter den
aliso im hawß wund oder lam schlächt oder sunst schaden thutt, dieselbenn wundenn
vnnd schedenn, soll er dem gerichtsherren zusampt obbestiimpter peen biessen, wie vor
von wunden vnnd schaden geschribenn statt. Welcher dem anndern auff das sein lafft,
wirfft oder sticht, ist der herschafft zehenn pfundt häller verfallenn. Welcher den anndern verwarttöt vnd doch nit beschädigett, ist der herrschaft zehen pfundt häller verfallenn. Wo aber ainer den anndern verwarttett vnnd beschedigett jne, soll der thetter der
herschafft die wunden vnnd schadenn zusampt obbestiimpter peen biessenn, wie vor
von wunden vnnd schädenn vnderschidlich geschribenn stett. Was auch von den mannen in yedem artickell von vorgemelten freuein geschribenn stat, welche fraw denselbenn freuel verwürckt, ist der herrschafft halbe büß verfallenn.//
Von anndern freuelen vnnd vntzucht wegen
Der vierer bot sollenn angenomen vnd gehaltenn werdenn. Dann von wiem sollichs nit
angenomen, hett furter ain herrschafft mit herlichaitt zuuerbietten vnnd one der herrschafft wissenn vnnd willen nichs news biettenn noch machenn, sonnder allain zu weg
vnnd steg vnnd anndern, des flecken notturfftigenn sachen biettenn, söllenn vnnd mugen. Es soll hünfüro on wissenn vnd willen vnnser amptlewt kain gemaind gesamelt
gehaltenn, noch an die sturmglogkenn geschlagenn werdenn. Welcher darüber ain gemaind samelt, beruefft oder stürm lewt, der ist der herrschafft zehen pfundt häller verfallenn. Man sehe dann fewr auffgan. Es möcht auch ainer so freuenlich stürm lewten,
wir wurden jn an leyb vnnd gutt straffen lasen. Welcher ain krewtz oder wurffbeyhel
hünder ain gericht oder in ain zech tregt, ist der herrschafft zehenn schilling verfallenn.
Welcher geheysett on wissenn vnnd willenn der herrschafft einlast, ist vmb ain guldin
komen vnnd den vnabläslich zu betzalenn verfallenn. Es soll kainer kain bettler noch
landtfarer lennger dann ain nacht on wissenn der herrschafft behörbergenn noch enthalten. Bey ainem guldin vnabläslich zu betzalen. Ausserhalb der herrschafft schreyber
kainen brieff lassenn machen, bey ainem guldin. Welcher sein aigenn oder lehen gutt in
verpfanndungsweys on wissenn vnnd willenn der herrschafft versetzt oder verschreybt,
ist drew pfundt häller zu büß verfallen. Welcher sich gegenn juden in bürg oder selbsschuldsweys verschreybt oder ainich sein aigenn oder lehenn gutt versetzt, ist der herrschaft drew pfundt häller zu büß verfallenn.
Welcher dem anndern ettwas versetzt vertawscht oder verkaufft, das vor[her] versetzt verkauft oder vertawscht, ist der herrschafft zehenn pfundt häller verfallenn. Wel-
400
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler.
eher jn seinem haws vntzümlich trünckenn oder spilen last, ist der herrschafft ain guldin
zu büß verfallen. Welcher wirt, nachts nach newn vrn wein hörauß, oder dienen so in
seinem haws sünd, wein geytt ist yedesmal zehenn schilling häller zu büß verfallenn
außgenomen den böstenn. Dessgleichen welcher nachts vber bestümpten zeit jm wirtshaws trinckt ist auch zehenn schilling häller verfallen, möcht aber ainer den wirt aliso
nöttenn jm vber sollich zeit wein zugeben, den selbenn wurden wir höher vnd nach
gstalt der sach straffenn. Ain yeder wirt soll gepfecht vnd gezöpfft kannten haben, bey
zehen schilling häller. Welcher zu klain meß, maß oder zu kurtz elenn oder zugering
gewicht hat vnnd sich der gegenn seinem eben menschen gepraucht vnnd bey jm funden
wirt, der ist der herrschafft von yedem insonder zehenn pfundt häller verfallen. Dessgleichen ain yedes falsch vngerecht mülwerck, insonnder bey zehen pfundt häller verbottenn. Welcher auch mit recht gefalschett wirtt, es sey war mit es wolle, der ist der
herrschafft zehenn pfundt häller verfallen. Es soll nyemants flachs in stubenn dörrenn,
noch geuarlich darein thun, tags bey fünnff schilling vnnd nachts bey zehenn schilling
häller verbotten. Es mugen auch vnnser amptlewt vnd die vierer ains yedenn flecken
hierinn annder Satzung vnnd Ordnung machen nach des dorffs vnnd gemaind notturfft,
damit gemainer nutz gefiirdert vnnd schad verhiett werde. Jtem bachofenn in ainem
schawbhaws zehabenn, oder mit stro ausserhalb zubedeckenn, verbotten bey ainem guldin. Jtem fewr vnuerdeckt hollenn oder geben, yedem bey drew schilling häller verbotten. Jtem bey liecht höchlenn, verbotten bey drew schilling häller vnnd flachs verlierung. Welcher tawben hat, der soll die, die drey satenn nämlich in der roggenn, haber
vnnd leinsat drey wuchen zu yeder sat einsperren vnnd nit fliegen lasen, bey ainem guldin verbotten. Wann sich auch vber kurtz oder lang zeit verfliegte vnnd als offit sich
auch begebe das vnnser amptman, vnnd die vierer des dorffs oder fleckenns, fewr oder
fewrstat besehennt vnnd etwas schödlichs fiinden wurdenn, vnnd das zu machenn, oder
abzuthun, ainer peen gebiettenn, welcher dann das bot veracht, der ist der herrschafft
sollich bot zu betzalenn verfallen.
Von botwegen, äcker, wisen, steinops, graß vnnd dergleichen betreffend, welcher
frömbd oder haymisch, dem anndern vber vnnd wider seinen willen vber äcker, wisenn,
oder anndre guetter, sy stannden mit früchten oder nit, ausserhalb der gemainen weg
reytt oder fertt, der ist drey schilling häller verfallen, vnd dem beschödigten abtrag seins
schadens, nach gerichts erkennen. Auff den raymen vnnd anwandern zu hiettenn, yedem
haupt bey drey schilling verbotten. Dessgleichen auff den raymen zwischen den kören
vnnd habern grasenn, bey drey schilling verbotten. Nyemant soll besonnder hietten, sonder dem hiertten, sein vich fìirschlagen bey drey schilling verbottenn. Ain yedes haupt,
so geuarlich zuschaden gehiett wirt, soll gepfenndt werdenn vmb drey schilling häller,
vnnd dem beschedigten seinen schaden nach gerichtsermessigung, abzulegen schuldig.
Ob aber ain vieh vngeuarlich zuschaden gieng, oder vom hiertten komen were, soll vmb
zwen pfennig yedes haupt gepfendt werden. Vnnd dieweyl garnach menigklich reych
vnnd arm gennß haben will vnnd menigklich daruon grosser schad beschicht, derhalben
setzen vnd wollen wir, das die gennß gehiett werden vnd kain ganß an ain hiertten aus-
Nr. 15: Wettenhausen, ReichsstiftzywvutsrponmlkjihgfedcbaZWVSROKJEDA
401
gan lasen söllennt, dann ain yede ganns so zuschadenn betretten wirt, ain alte ain pfennig vnnd ain junge ain häller vnnd nach Sant Jacobstag yegkliche gleich freuelt. Wo
aber die gennß nit gehiett, vnnd so geuarlich zuschaden betretten wurdenn, die, mag ain
yeder auff seinen früchten erschiessen vnnd erwerffen vnnd damit nit gefreuelt haben,
noch die zu betzalen schuldig sein. All holtzgehaw verbottenn insonder yedem haupt
bey drey schilling häller. Welcher berhafft bom, inhöltzer oder auff dem veld abhawt
oder wuest, ist der herrschafft, von yedem berhafften bom, ain guldin zu büß verfallen.
Der herrschafft höltzer, dirr vnd grienß, verbottenn, ainem yeden bey zehenn pfundt häller. Den pawren vnnd lehner jnjren höltzer, ain yedes aychreyß abzuhawen, bey ainem
guldin verbotten. Dessgleichen auf dem stumpff, bletzenweys noch beygenweys, zuuerkauffenn, bey zehen pfundt häller verbotten, auch an vnser wissenn vnd willen nyemant kain zymerstewr geben, bey ainem guldin, alles lawt jrer bestenndbrieffe. Welcher
pawr oder lehner, seine frücht auff dem veld, on wissen vnnd willen der herrschafft,
verkaufft, ist zehen pfundt häller zu büß verfallenn. Welcher den anndern vber örtt,
vbermeett, vberschneydt oder vberzeiint, es sey an aigen lehenn oder gemainden, ist zu
büß der herrschafft zehenn pfundt häller verfallenn. Vnnd nichtdestmynder soll er sich
mit dem beschedigtenn, nach der billichait vertragenn. Welcher auch yemandt marckpfall, stain, grubenn oder annder marcken geuarlich auszug, vmbstieß, verkertt oder einwürfft, ist der herrschafft zehen pfundt häller zu büß verfallenn. Welcher, ain marck,
pfal oder grubenn, on vnnser amptlewt vnnd sein widertayle, setzt, schlecht oder macht,
der ist der herrschafft zehenn pfundt häller zu büß verfallen. Es soll nyemandt dem andern weder bwren, holtzops, rueben, krawt, graß, zeiin, noch annders dergleichen, abhawen, abschittenn, abbrechenn, nemen, noch entwören, weder jnner noch ausserhalb
etther. Welcher das vberfiere, der ist dem gerichtsherrenn, tags fiinff schilling vnnd
nachts zehen schilling häller zubuß verfallen. Es möcht auch ainer so geuarlich damit
handien, man wurd jn nach gstalt der sach, darvmb straffen oder auß dem flecken vnd
gericht biettenn. Zu dem soll der thetter dem beschedigtenn, den schaden nach der
billichait ablegenn. Wann sich vberkurtz oder lanng zeit begebe, das wir ainen oder mer
in vnsern gerichtszwanngen fahenn oder annemen, lasenn wöllenn, welcher dann
zulieffe, vnnd sich vnnderstiende die vnnsern abtzutreybenn, oder dauor zusein, damit
jhenner nit gefanngen wurde, oder sich vnnderstienden, die vnnsern zu beschedigenn
oder den gefanngnen, ob er gleich gericht vnnd recht anrueffte, abzutringen, der ist der
herrschafft zehenn pfundt häller verfallenn. Es möcht auch ainer so freuenlich vnd geuarlich hierinn hanndien wir möchten jn an seinem leyb vnnd gutt, biessen vnnd straffen lasenn. Wir verdüngen vnnd behalten vnns auch vor, jn allenn vnnd yeden, obgeschriben articklen, vnnser vnnd vnnsers gotzhaws, herrlichait, gerechtigkait vnd obrikait
auch ditzs Ordnung, zu myndern, zu meren, zu bössern, zu enndern, vnnd alle hilff vnd
notturfft des rechtens, dessgleichenn wöllenn wir auch kayserlicher maiestät, als
Römischenn Kayser, jr obrikait, herlichait vnnd gewaltsann hierinn ausgedüngt vnnd
vorbehalten habenn.//
402
Die geistlichen
Staaten: Klöster, Stifte und
Spitäler.
Ayd der richter
Ain yeder soll vnnd wirtt sweren, das er dem gerichtszwanng, getrew vnnd gewertig
sein, auff erfordern, gehorsamlich erscheinen, on eehafft not nit ausbleybenn wöll, jn
sachenn, so in recht für jn komen, auff frag, ain gleich vnpartheysch richter zu sein.
Dem armen als dem reychenn, dem reichen als dem armen, dem gast als dem haymischenn, vnnd in ainer yeden sach, zu vrtaylen vnnd zusprechen das jne, das göttlichist
vnnd rechtes bedunckt zusein, auff die geschriben Ordnung vrtail sprechen vnnd procediera ainem yedenn forderlich recht ergeen zulasenn. Der merer tayl vrtayl, on widerstreytten annhanngen, kein hanndel, er sey dann den nit verstenndig von jm weysenn,
auch gerichts haymlichait verschweygen, vnnd alles das getrewen vrtaylsprechern gepürt, volziehen wöll, darjnnen nit ansehenn aigen nutz weder freuntschafft, veindtschafft, gunst vorcht, myet noch gab noch sunst nichtzit annders dardurch ainich parthey an jr gerechtigkait, geiert oder verhündert worden möcht, als er dann Got dem
almechtigen darumb an dem jüngsten tag rechnung vnnd anntwurt gebenn wolle, getreulich vnnd vngeuarlich. Aliso hölff jm Got vnnd alle hailligenn.//
Ayd der vierer
Das jr der herrschafft vnnd des flecken nutz vnnd fromen, betrachten, ansehenn vnnd
dem selbenn trewlich vorsein fördern, vnnd mit wissenn nichs vorligen lasenn, sonder
alles nach der herrschafft vnnd des fleckenn nutz vnnd fromen, nach böster vermuglichait, vleyslich hanndien, ausrichtenn vnnd hanndthabenn, darjnnen nyemants verschonen noch ansehenn, aigen nutz, weder freuntschafft, veintschafft, gunst, vorcht,
myet noch gab noch nichtzeit vberall dauon einnemen noch gewarten, in kain weg vnnd
one der herrschafft wissen vnnd willenn, nichs news biettenn noch machen söllenn noch
wollen, getrewlich vnnd an alles geuerde, aliso helff vnns Got vnnd alle hailigenn.//
Forma, der zewgen ayd
Jn der sach, darumb jr fürgestelt vnnd gefragt, werdenn jr sagenn, ain gantze volkomen
vnnd lawtere warhait so vil, euch die kundt vnnd wissen sey, darjnn nichs verhaltenn
noch vnwarhait vnndermüschen, weder auß freuntschafft veindtschafft, aigen nutz, von
lieb, vorcht, neyd, gab oder ainicher anndern sach wegen auch sollich ewer zewgknus,
sunst nyemants öffnen, bis die rechtlich geöffnett werden, getreulich vnnd vngeuarlich
aliso helff euch Got vnd alle hailigen.//
Nr. 15: Wettenhausen, Reichsstift
403
Ayd der hailigen pfleger
Das sy all, rennt, zünß vnnd gült, vnnd was dem hailligenn zugehört mit vleys wöllenn
einbringen, das nach ratt meins herren von Wettennhawsen, als obersten hailigenpflegers, oder dess, so sein erwurd dartzu verordnet, dem hailigen vnnd kirchen, zu nutz anlegen, mit des hailigenn gutt, zu jrem aigen nutz nit zuhandlenn, vnnd das alles erbermlich verrechnen, vnnd sich dem hailigen zugut getrewlich vnnd mit allem vleys darjnn
haltenn wöllenn, als ob es jr yedes aigenn sach were.//
Ayd der gemaind
Jr all vnnd ain yeder insonnder, soll vnnd wirt swerenn, ainen ayd leiplich zu Got vnnd
den hailigen, mit aufferhöptten fungern dem erwurdigen herren herren Vlrichen brobst
des gotzhaws zu Wettennhawsenn, als ewerm herrn, getrew, gewertig, gehorsam, bottmessig gerichtbar, stewrbar vnnd diennstbar, zusein, seiner erwurd gesetz, gebot, verbot
vnnd Ordnung zuhalten, jren vnnd jrs gotzhaws fromen, eere vnd nutze fürdern, vnnd
schaden, warnen vnnd wenn den, nach ewerm vermugen kain anndern schütz noch
Schirmherren suchen, noch wider sein eewürd vnnd derselben gotzhaws annemen, vnd
ob jr yendertt sachenn erfierent, dauon seiner erwurd vnnd gotzhawß vnlob vnnd schadenn entsteen möcht, sollichs jr erwurd oder jren amptlewtten, nach gstalt der sach forderlich antzubriingen, vmb all hänndel vnd Zuspruch, ain annder vor seinem ordenlichenn richter vnnd in des gotzhawß gerichtenn, beleybenn lasenn vnnd alles das thun,
so getrew, from vnd gehorsam, vnnderthan vnnd hündersassen, jrem herren zuthun
schuldig vnnd pflichtig sein. Nämlich ain aigen man als ain aigenman, ain lehenn vnnd
ain zünßman, als ain zins vnnd lehenman, alles getrewlich vnnd on all geuar, aliso bittenn wir vnns zuhölffen got vnnd alle hailigenn.//
Ayd der beywoner
Das jr meinem herren von Wettennhawsen vnnd jr verordnetten amptlewten, gebottenn
vnnd verbotten gehorsam vnnd gewörtig zusein, seiner erwurde vnnd der selben gotzhawß fromen vnnd nutz furdern vnnd schaffen, deren schaden warnen vnnd wennden,
vmb all zuspriich vnnd vordrung, ob jr die zu seiner erwurd vnnd den jren verkäment
ain yeden vor seinem ordennlichen richter, bey recht beleyben zulasenn vnd alles das
thun, so getrew, gehorsam vnnd from beywoner, jrem herren, zuthun schuldig sein.
Dess gleichen mit ainer gemaind, zu weg vnnd steg vnd andern des flecken notturfftigen
sachen, wie annder gemainds man, höben vnd legen alles getrewlich vnnd vngeuarlich,
aliso hölff euch Got vnnd alle hailligen.
Wo ain jude, zugelasenn würde, in ainer sach zeugknus zugebenn, soll vnd magjme di-
404
Die geistlichen Staaten: Klöster, Stifte und Spitäler.
se mainung fiirgehalten werden.
Jud, jch, beswer dich bey dem ainigenn lobigenn vnnd almechtigenn Got, schöpffer
der hymel vnnd des e[r]dreichs, vnnd aller düng, auch bey seinem torach vnd gesetze
das er Moysenn auff dem berg Synay [Sinai] gab, das du warlichen wollest bekennen
vnnd sagenn, ob dises gegenwürtig buch sey, darauff ain jud, ainen rechten gepürlichen
ayd thun solle. Vnnd so der jud, das sein bekennt, so soll er sein rechte hannd, bis an
den knorren legenn, jn das vorgemelt buch, auff die wort des gesetzs vnnd gebot Gottes.
Welche wortt vnnd gebott, aliso lawttennde nit erhob den namen des herren deins Gots
losissa etschen adanoy eleecha vnnutzlich wann wirt nit vngèstrafft lasen, der herr läse haff kilo genake adanoy der da erhört seinen namen, vnnutzlich etascharissa eschemo
laschaff.H
Ayd des juden
Adanoy ain schepffer der hymel vnd des erdreichs, vnnd aller düng, auch mein vnd der
menschenn, die hie stannd, ich rueff dich an, durch dein hailligen namenn, auff dise
zeit, in der warhait, als N. mir zugesprochenn hät, vmb ain zeugknus der warhait, das
jch darinn kainerlai falschait, oder vnwarhait, weder durch vorcht gab, müett, aigen
nutz, noch von kainerlai anndern sach willenn, brauchen noch sagenn will, sonder ain
aufïrechte vnnd warhaffie sag zuthun, aliso bit jch mir got adanoy zu helffenn vnnd zu
bestettenn, dise mein zeugknus der warhait. Wo jch aber in disem hanndel nit recht
noch war sag, vnnd ainiche vnwarhait oder falsch brauchte, so sey jch verfluecht ewigklich, vnd das mich vbergee vnnd verzere, das fewr, des Sodoma vnnd Gemorra vbergieng vnd alle die fluech, so an der torach geschribenn stannd, vnnd das mit auch der
war Got, der alle ding geschaffen hat, nymer zilff kom. Das jch aber in disem hanndell
recht vnnd war sage, aliso helff mir der war Gott, adanoy.//
Ain annder judischer ayd auff zewgknus
Das ich, in disem hanndel, darumb ich yetzo furgestelt bin, ain gantze lawttere warhait
sagen wöll, darumb so schwör jch bey dem almechtigenn Gott Sabaoth, der Moysy
[Moses] in dem brönenden busch erschin. Wo jch aber änderst sag, das jch dann sterb,
in dem erdreich meiner veind, vnnd das mich das erdreich verschlinge, als Datton
[Datan] vnnd Abiron [Abiram], vnnd keinen auff mein haupt alle die sünd vnnd fluech,
die in dem gesetz Moysy vnd der weyssagen geschrifft sünd, vnnd bleyben alweg bey
mir.//
Nr. 15: Wettenhausen, Reichsstift
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Ayd: so ain jud sein sach, mit seinem ayd bestetten soll, oder muß
Das, dem aliso, vnnd war sey, wie das alles, durch meinen fursprechen, von meinen wegen, in das recht gebracht ist, das bestett vnnd swör jch, bey dem almechttigen Got Sabaoth, der Moysy, in dem brönenden busch erschin, vnnd wo dem nit aliso sey, das jch
dann sterb in dem erdreich meiner veind vnnd das, des erdreich mich verschlinge, als
Datton vnnd Abiron vnnd komen auff mein haupt alle die sünd vnnd flwch, die in dem
gesetze
Moysy vnd in der weyßsagenn geschrifft sein, vnnd bleyben allweg bey mir.
*
Dise obbemelte gerichtsordnung ist auff gericht gemacht vnnd volendt vff montag nach
Sant Jacobs des hailigen vnnd merer zwolffbotten tag. Als man zalt nach Cristi vnnsers
lieben herren gepurt tawsennt fïinffhundert vnd jm funnfundzwaintzigstenn jarenn.//
C. Die weltlichen Staaten
1. Die Reichsstände
Nr. 16: Burgau, Markgrafschaft/ Vorderösterreich:
Polizeiordnung für die Stadt Burgau
vom 7. Oktober 15971
Wir Rudolff der ander, von gottes genaden, erweiter Römischer kaiser, zu allen zeiten
merer des reichs, in Germanien, Hungern, Behaim, Dalmatien, Croatien vnd Selavoniens künig, erzherzog zu Österreich, herzog zu Burgund, Steyr, Kärndten Crain vnd
Württemberg, grave zu Tyrol, bekhennen hiemit, nachdem sich ain zeithero zwischen
vnnßerm landtamman zu Burgaw, auch burgermaister vnd rath, vnd gemainer burgerschafft, deßgleichen den juden daselbs, in mer weg allerlay vnrue vnd wederwertigkhait
zuegetragen vnd erhalten vnd vnnser oberösterreichische regierung der beschaffenhait
vnd Verursachung desselben durch abgeordnete commissarien, stette vnd notwendige
jnformation vnd erkhundigung eingezogen vnd im selben sovil befunden, das es diß orts
an gueter pollicei, in ainem vnd andern, vast ermanglet, sonderlichen aber aus der oberkhait nachlessigkhait vnd thails gleichwol auch dahero ervolgt das die gemaine burgerschafft, vnd aida wonende juden, weder vnnsern Verwalter der marggrafschafift Burgaw,
vnd abgeregter jrer fiirgesezten oberkhait, schlechtlich respectiert, aus deme dann nit
vnzeitig vonnöten gewest, auf miti vnd weeg zugedenckhen, wie disem vnwesen vndterpauren vnd hinfuro merer pollicei vnd gehorsame, auch gueter friden, rhue vnd bessers
wesen vnd haußhaltung, angericht, gepflainzt, vnd erhalten werden mechte. Das darauf
angeregte commissarien, ain newe Ordnung, wie es hinfüron daselbs zu Burgaw, in ai1
StadtA Burgau, Ordnung vom 7. 10. 1597. Als kommentierte Edition: Wolfgang Wüst, Burgau: habsburgische
Stadtinteressen in VorderösterTeich. Zur Polizeiordnung der Stadt Burgau von 1597, in: ZHVS 90 (1997), S.
43-81, insbesondere S. 61-81.
408
Die weltlichen
Staaten
nem vnd andern gemaint vnd gehalten werden solle, doch auf vnnser ratification,
fürgenomen vnd verfasst, die wir auch hiemit in crafft diß brieffs, doch änderst nit dann
auf vnnser vnd vnnserer nachkhommen wolgefallen vnd widerrueffen, ratificiert vnd
bestettigt haben, vnd laut dieselbig newre Ordnung von wort zu wort also.
Zu wissen vnd khundt gethan seye menigelichen, alls sich zwischen ainer erbern gemaind, vnd ganzer burgerschafft der statt Burgaw ains, dann der judenschafft daselbsten, diser zeit wonendt, andern thails etwelcher sachen halber was widerwillen vnainigkhait vnd streit zuegetragen, daneben gedachte burgerschafft das in vil weeg wider
jre habende freyhaiten, deren confirmationen, auch alt loblich heerkhomen vnd guete
gewohnhaiten gehandlet werde sich vor der Rö. Kay. Mt., vnnsers allergenedigsten
herrn hochloblichen oberösterreichischen regierung zu Ynsprugg, ganz underthenig beschwerdt vnd beclagt das demnach zu hinlegung angeregten widerwilles zwitracht, vnd
stritigkhaiten, auch pflanzung gueter ehre vnd fridens, vnd anordnung rechter policei,
bessern wesens vnd haußhaltung wolermelte oberösterreichische regierung, jnnamen allerhechstgedachten Rom. Kay. Mt. jre hierzue deputirte commissarios genedigelichen
verordnet, welliche dises ganz werckh, vnd was sich darundter allerseits verloffen vnd
zuegetragen, vnder handen genomen, vnd nach genuegsamer verhör der partheyen, ablesung, ersehung vnd erwegung aller privilegien briefliche vnd andere vrkhunden, auch
alten gebreüchen, loblichen heerkhomens vnd gueten gewonhaiten, alles nach müglichistem herinnen grauchten tewen fleiß, auf nachvolgende maß vnd miti, doch in alweg änderst nit dann auf allerhechst gedachten Rö. Kay. Mt. auch deren wolermelten
oberösterreichischen regierung, vnnsers allergenedigisten, auch gnedigen herrn allergenedigiste vnd gnedige ratification, vergleichen, vnd ins khunfftig also zuhalten für guet,
nuzlich vnd thuenlich angesehen haben, wie vnderschidlichen hernach volgt.
Nemblichen vnd zum ersten, alls sich befunden das ermelte statt Burgaw, von Römischen kaisern vnd künige, auch regierender erzherzogen des hochlöblichisten hauß
Österreichs etlicher massen allergenedigist vnd genedigist befreyet, vnd solliche privilegia vnd freyhaiten, sambt jren alten loblichen heerkhomen, vnd guetten gewonhaiten,
durch dieselben biß aufjezige zeit heer, allergenedigist vnd genedigist confirmiert vnd
bestettigt worden seyen, so solle es bey demselbigen nochmalen verbleiben, vnd sy von
Burgaw darwider nit beschwerdt werden.
Vnd ist das jr alt heerkhommen, das ain herrschafft macht hat, zwen ehrliche mann
aus ainem rath zu richtern zubenennen vnd zuewellen, welliche zwen volgendts den driten, dieselbige den vierten vnd also jmmerfort erwöllen, biß sie zwölf richter so alle der
alten wahren catholischen religion anhenig vnd zuegethan sein sollen erwölt haben, die
alßdann der herrschafft schwören, jnmassen hernach angerügt würdt, vnd vnderschidlichen begriffen ist, auch das gericht besizen vnd handien sollen wie sie laut jre pflichten zuthuen schuldig sind.
Dise zwölf richter erwöllen volgendts aus jnen, alwegen auf Sandt Geörgentag ainen
burgermaister, so der ambtsburgermaister genandt würdt, vnd das ambt selbigen jnes
versieht, vnd verwaltet, alls von alten heerkhomen.
Nr. 16: Burgau, Markgrafschaft/
Vorderösterreich
409
Es hat auch ain burgerschafft zu Burgaw, diesen alten gebrauch, vnd gewonhait, das
sie jerlichen auf Sandt Geörgentag, aus jnen ainen gemaindts burgermaister erwellen
mögen, vnd solliches dergestalt, das der alte geweste gemaindts burgermaister, nach erlassung seines aydts, alle burger, reich vnd armb, auf den aydt vmbfragen solle, wellecher diß jars der statt zum nuzlichisten zu ainem gemaindts burgermaister taugenlich
seye, vnd wann also ainer von jnen erweit würdt, der solle der burgerschafft vogendts
schwören, in form vnd gestalt, wie vnden bei der richter aydt, hernach volgt, vnd vnderschidlichen begriffen ist, diser gemainds burgermaister, erweit nach sollichen nach
ainen, zu jme, virrer selbige zwen, den driten, vnd also jmmerfort, biß sie zwelf erweit
haben, dieselbige zwelf sollen alßdann auch loben vnd schweren, jnmaßsen vnd formb
hernach geschriben steet, auch diß jars zu den zwelf richtern, alls oben begriffen ist, so
offt vnd vil sie aus bevelch der herrschafft, oder des ambtsburgermaisters durch den piti
beruefft werden, in rath geen, das also vierundzwanzig personen des raths jederzeit sein
vnd alle fürfallende notturfft miteinander beratschlagen vnd handien sollen.
Dißer ganze rath hat auch macht vnd gwalt, ainen statschreiber, so gleichsfals der
alten catholischen religion zuegethan, auch verstendig, aufrecht, redlich, vnd schidlich
sein solle, anzunemen vnd zusezen, auch widerumben zu vrlauben vnd zuentsezen, von
der herrschafft daran vnverhindert. Ebnermassen haben die von Burgaw, ainen piti zu
sezen vnd anzunemen, auch widerumben zu vrlauben vnd zuentsezen, doch das derselbig der herrschafft nit zuwidere seye, auch beeden thailen, was er yedem seinem dienst
zuthuen schuldig, thuen solle, wie von alters heer khomen.
Item die von Burgaw mögen auch alle jne ain steur, von vnd vnder jnen selbs, auch
so offt es die notturfft ervordert, von jren güettern abvordern, vnd einnemen, nach aines
raths erkhandtnus vnd ansehen, welliche steur der burgermaister der statt wegen einnemen, vnd jerlich vmb Sandt Geörgentag darumben ainem rath rechnung thuen, auch der
herrschafft darvon, auf Sandt Geörgentag zwannzig pfiindt haller, vnd auf Sandt Michelstag achtzehn pfundt haller erlegen, darfur jnen die herrschafft ainen machten, vere
das jne im schloß, altem heerkhomen nach erhalten solle.
Es ist auch von alter also heerkhommen, das die herrschafft khainen burger fengkhlichen angenomen, sonder ainen jedlichen bei dem rechten daselbsten von ainem gericht
bleiben lassen, es were dann von ainem ain malefiz begangen, alßdann seyen burgermaister vnd rath genaigt, denselben auf ersuechen helffen zu straffen.
Vnd haben die von Burgaw, von alters heer, auch dise gerechtigkhait, gebot zuthuen,
dergestalt, wann ein notturfft einfallet vnd ain erbarer rath dessen ainig worden ist,
würdt solliches der herrschafft, oder deren oberambtleüthen angezaigt, aus deren bevelch, da sy hierwider nit sonder erhebliche bedenckhen, ain landt amman, dann hilfft
soliches gebot durch den piti zuthuen vnd zueröffhen, wellicher Burgaw wegen, frid zugebieten, vnd so die auf euer vergangen, lassen burgermaister vnd ein landtamman wieter frid gebieten, wellicher dann das gebot veracht, dessen straff ist halb der herrschafft
vnd halb der statt Burgaw zugehörig.
Die von Burgaw mögen auch altem heerkhomen nach, die müllinen beschauen, vnd
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Die weltlichen Staaten
aufheben, deßgleichen maß, meß, gwicht, vnd pfacht besichtigen, so offi sie im jne wollen, was dann straffbars erfunden, solliche straff ist halb der herrschafft vnd halb der
statt zuestendig. Gleichermassen mögen die von Burgaw schaumaister sezen vnd verordnen, das brot vnd fleisch zu schezen, wie von alters heer vnd was straffbars befunden, gehört die straff halb der herrschafft, vnd halb der statt zue, solche beschau vnd beschäzung auch, damit der gemain mann vnd menigelich vmb soviel weniger betrogen,
zu mermalen, vnd so offt es im jar für ain notturfft geacht furgenomen, vnd guetten fleiß
darinnen gebraucht werden solle.
Sie haben auch zwen jarmärckht, den ainen achttag nach ostern, vnd den andern zu
Sandt Michelstag, welliche zolfrey sind, also das weder khauffen noch verkhauffen,
ainichen zol noch standtgelt in der statt nit geben.
Vnd wann man ainen gefangen, darüber das recht angerueffen worden, geen Burgaw
füert, ist von alter heerkhomen, das darselbig so dan gefangnen hinein fuern last, vor
dem thor stillsteen, vnd den gefangnen darfür er jne haben will, beschreyen mueß, der
clager solle auch vierzig pfiindt haller hindter ain gericht legen dergestalt, da er dan gefangnen mit recht dahin gebracht, alls er jne verrüefft hat, das jme alßdann solliches gelt
widerumben gegeben, wo er aber den gefangnen mit vrtl vnd recht nit dahin bringt,
darfür er jne verrüefft hat, würdt dasselbige gelt verfallen, vnd gehert halb der herrschafft vnd halb denen von Burgaw zue.
Die statt Burgaw hat auch jr aigen jnnsigl, damit mügen sie besiglen, was sich gebürt, wie von alters heerkhomen, in alweg aber die verfüegung thuen, damit dasselbig
nit mißbraucht werde.
Obwol dann die obangeregte deren von Burgaw freyhaiten, vnd jrr confirmationes,
wer auch das alt loblich heerkhomen, guete gebraüch vnd gewonhaiten, an jnen selbs
lauter, ist doch denselbigen, von der zeit, wenig gelebt, vnd nachgesezt worden, daruben dann für ain notturfft gehalten worden, das solliche freyhaiten, altes loblich heerkhommen, guete gebreüch, vnd gewonhaiten, mit sambt den alten sazungen vnd Ordnungen, vnd was die gebür deßhalber mitbringt, hinfuro desto steiffer gehalten werden,
seyen dieselbige alle vnd jede, in jr recht alte vnd notwendige form gebracht, vnd hieheer schrifftlichen verfasset worden, wie mit mererm vnderschidlichen hernach steet.
Vnd ist nemblichen dises das burgermaister und rath aller jerlich zu alter gewonlicher zeit, alls auf Sandt Georgen tag, vnd da derselbige auf ainen sontag gefallen wurde, dan negsten tag darnach, mit Verordnung vnd erwellung des burgermaister, vnd anderer ämbter, ohne alles einstellen, wie von alters heerkhommen vnd gebreüchig gewesen, auch oben begriffen ist, fürgeen, denselbigen tag aber, damit ein solliches desto
schieiniger vnd ordenlicher verricht vnd volzogen werden mege, acht tag vngeferlich
darvor, ainem herrn landtvogt, oder wer jederzeit der marggrafschafft Burgaw oberambtman aid bevelch haben, deshalben sein würdet, anzaigen vnd berichten sollen,
alßdann (ob er well) selbs personlichen bei den ordenlichen wählen zuerscheinen, oder
yemandts andern, so hierzue taugentlichen, anstat vndjnnamen aines regieren den herrn
vnd lanndtsfürstens darzu abzuordnen haben.
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Vorderösterreich
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Volgendts vnd alle mahlen, wie oben angemelt isdt, ordenlicher weise beschehen sind,
sollen burgermaister, gericht vnd rath, auch der gemaindts burgermaister, deßgleichen
ain burgerschafft, jerlichen gleich schweren, wie hernachvolgt, vnd von alters heerkhomen.//
Der zwölf richter ayd
Jr werden geloben vnd schweren, ainen ayd leiblich zu Gott vnd den heyligen, diß jars
in rath, vnd gericht zugeen, so offt vnd vil jr von der herrschafft, oder ainem burgermaister, darzue ervordert werden, auch alles das jhenig zuberatschlagen, zu vrthailen, zuesprechen vnd furzenemen, was getrewen aufrechten, redlichen rechtsverwandten, vnd
vrtlsprechern, von rechts, billerhait vnd gewonhait wegen gebürt vnd zuesteet, alle raths
gehaim biß in euren todt zuverschweigen der herrschafft vnd der statt, nuzen vnd fromen zuschaffen, schaden vnd nachtail zuwehren vnd zuwenden, nach ewrem beßten
vermügen, darzue deren fteyhaiten, recht vnd gerechtigkhaiten, loblich alt heerkhommen, vnd guete gewonhaiten, zuhandthaben, vnd daran nichts entziehen zulassen, auch
was in gericht beschlossen vnd gehandlet würdt, ehe vnd zuvor das jhenig, was erkhandt, publiecirt werden, niemandts zueröffnen, den armen vnd reichen, auch frembden vnd haimbschen ain gleicher vnd gerechter richter zu sein, vnd darinnen nit anzusehen, weder freundtschafft, feindtschafft, gunst, forcht, schankhung oder gaben, sonder
gerechts gericht vnd recht alls jr solliches am jüngsten tag, gegen Gott dem allmechtigen zuverandtwurten getrauen, alles getreulichen one geverde, also welle euch Gott
helffen vnd alle heyligen.//
Des gemaindts burgermaisters ayd, den er der burgerschafft thuen solle
Der gemaindts burgermaister solle geloben vnd schweren, ainen ayd leiblich zu Gott
vnd den heyligen, gemaine statt burgerschafft, bey allen vnd jeden jren freyhaiten, alten,
loblichem heerkhomen, guetem gebräuch vnd gewonhaiten, zuhandthaben, vnd daran
nichts entziehen zulassen, auch alles das zuthuen, was ain gemaindts burgermaister von
rechts vnd alter gewonhait wegen, zuthuen schuldig, vnd von alters wol heerkhomen ist,
alles getreulich one geverde, also well jme Gott helffen vnd alle heyligen.//
Der zwölf räthen ayd, darunder der gemaindts burgermaister auch begriffen
Jr werden geloben vnd schweren, ainen ayd, leiblichen zu Gott vnd den heyligen, diß
jars in rath zugeen, so offt vnd vil jr von der herrschafft, oder ainem burgermaister darzue ervordert werden, auch neben vnd mit sambt ainem burgermaister, vnd den zwelf
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Die weltlichen
Staaten
richtern, alles das jhenige zuberatschlagen, zuhandlen vnd furzunemen, was getrewen,
aufrechten, redlichen rechtsverwandten, von rechts, billichait vnd gewonhait wegen gebürt vnd zuesteet, vnd alle raths gehaimb biß in ewren todt zuverschweigen, der herrschafft vnd statt nuzen vnd fromen zuschaffen, schaden vnd nachtail zuwarnen vnd
zuwenden, nach ewerm besten vermögen, auch deren freyhaiten, rechts vnd gerechtigkhait zuhandthaben, vnd daran nichts entziehen zulassen, alles getreulichen one geverde, also welle euch Gott helffen, vnd alle heyligen.//
Der ganzen burgerschafft ayd, so sie ferlichen thuen sollen
Jr werden geloben vnd schweren ainen ayd leiblich zu Gott vnd den heyligen, der herrschafft, auch burgermaister vnd rath, alhie, alls ewr furgesezten ordenlichen obrigkhait
getrew, gewertig vnd gehorsam zu sein, der statt freyhaiten loblich heerkhommen, vnd
guete gewonhaiten, auch deren stattuten, sazungen vnd Ordnungen zuhalten vnd nachzukhommen, iren nuz, fromen vnd ehrn zubefurdern, allen nachtail vnd schaden zuwarnen
vnd zuwenden, nach ewerm besten vermögen, vnd da ye etwas erfaren vnd jnnen wurden, so der herrschafft, gemainer statt, auch ainen erbern rath, vnd der burgerschafft zu
nachtail vnd schaden geraichen vnd khomen mechte, solliches alßbald der herrschafft,
vnd ainem burgermaister zueröffnen vnd anzuzaigen, vnd nit zuverhalten, auch mindert
anderstwo, dann vor der herrschafft vnd ainem erbern rath vnd gericht recht zugeben,
vnd recht zunemen, vnd da jr sprüch vnd vorderung zu ainem rath haben oder bekhommen wurden, solliches allain mit ordenlichen rechten, auch mindert anderstwo, dann vor
der herrschafft auszufuern, darzue ainichen andern halß oder schirmbherrn, aid burgerrecht nit zusuechen noch anzunemen, jr seyen dann das burgerrechts alhie ordenlicher
weiß erlassen, vnd wann ainer oder mer, vber khurz oder lang ausser dem burgerrecht
alhie zu Burgaw ziehen wolte, solliches änderst vnd zuvor nit zuthuen, noch ftirzunemen, jr haben dann dessen von ainem erbern rath, ordenlichs vrlaub genomen, vnd
wellen angeloben, alles das jhrieg, so sich in werendem burgerrecht alhie verloffen vnd
zuegetragen, es betreffe gleich haimische oder frembde an, vor dem Stattgericht alhie
rechtlichen auszufuern, vnd also alles das zuthuen, was ain getrewer burger seiner
ordenlichen obrigkhait, von rechts vnd gewonhait wegen, schuldig vnd verbunden ist,
alles getreulichen one geverde, also welle eueh Gott helffen vnd alle heiligen.
Vnd nachdem von alters heer, jr vnd alwegen gewesen, das die herrschafft ainen ammali erwölt, vnd gesezt, auch yezunder dieselbige denn landtamman hierzue verordnet,
vnd in gewondliche pflicht genommen, also das er solliches ambt, neben seiner gemainen Verwaltung auch versehen, solle es dabey bewenden, daneben aber ermelten lanndtamman sie die von Burgaw bey jren freyhaiten, altem loblichen heerkhommen, gueten
gewonhaiten vnd gebreüchen, rüehig bleiben lassen, vnd ausserhalb des gewondlichen
gerichts, ohne der herrschafft sondern bevelch, vnd aines burgermaisters vnd raths ervordern, nit in rath geen, auch menigelichen billiches recht gedeyen vnd widerfaren
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lassen.
Dieweil auch die hohe notturfft ervordert, vnd billichen ist, das zu aufnemung vnd
walfart gemaines nuzen, jerlichs von wegen gemainer statt, alles einnamens vnd außgebens, ainem erbern rath jnn beysein der herrschafft hierzue verordneten, raittung beschehe, so soll dieselbige gleich nach beeder burgermaister wähl, one alles ferrer einstellen, fürend an die handt genomen werden, vnd volgends die badtruchenschlüssl, vnd
gewalt, sambt ainer lautern specification, durch die hievor geweste beede burgermaister,
alls die solliche rechnung gethan haben, dan zweyen neuerweiten angeenden burgermaister, so von ainem gericht, vnd der gemaind ervölt worden seyen, vnd dem stattschreiber
vbergeben werden, welliche beede alte burgermaister, auf den fahl vnd sie bey getroffner raittung, was hindterstellig vnd schuldig verbleiben, dasselbige jnnerhalb aines monats, one alle ausred vnd eintrag, den neuerweiten angeenden beeden burgermaistern,
vnverzogenlich vnd volkhomenlich zuerlegen vnd zuerstaten, verpflecht vnd verbunden,
wie auch zugleich diejhenigen, so bey angeregter raittung, was ausstendig seyen, vnd nit
bezalt haben, sollichen jren ausstandt vnd vest, in ainem viertl jar, negst nach gehaltner
raittung volkhomenlich zubezalen, oder aber genuegsame Versicherung darumben zuthuen, daran man in alweg häbig sein möge, schuldig sein sollen. Damit nun sollichem
desto fleissiger mit dem werckh nachgesezt vnd gelebt werde, ist für rathsam vnd guet
angesehen, das hinfür vnd ins khünfftig beede, der ambts vnd gemaindts burgermaister,
in Verwaltung gemainer statt einnemens vnd außgebens, vonainandern sich nit absondern, sonder miteinandern ain gemaine vnd gleich ainhellige raittung, mit zuethuen vnd
hilf, auch inbeisein des stattschreibers halten vnd haben, vnd alles, weil es noch in frischen angedenckhen ist, durch denselben gleich einschreiben, vnd fleissig aufzaichnen
lassen, auch solliches vber vierzehen tag je nacheinander nit einstellen sollen, damit sie
die jerliche haubtrechnung desto gewisser vnd bestendiger thuen mögen.
Nachdem auch vor disem befunden, das etwann allerlay vbermessege vnd vnnotwendige zerungen von der herrschafft zuegehörigen, auch ainem burgermaister vnd rath gebraucht vnd aufgewendt worden, ist für rathsam vnd guet angesehen vnd gemacht das
hinfüro allain zu den dreyen hohen vesten, ainmal an der faßnacht vnd in festo corporis
christi (doch ausgeschlossen der göst, welche darundter nit gemaind sind) aus gemainer
statt seckhl etwann drey gulden oder taler zum vorthail, oder besten gegeben, vnd was
man darüber verzert, yedes an gebür privata eingevoedert vnd bezalt werden solle, da
aber ein erbarer rath, ausserhalb sollicher hohen fasten, vnd angeregten zeiten, sonsten
von gemainer statt wegen, etwann zusamen khombt vnd ainen trunckh thuet soll jnen
merers nit, dann yedem jnsonderhait, für wein käß vnd brot, siben oder acht khreizer
passiert, wann sie aber die zech selbs bezalen, mag jnen ain flaschen oder zwo zu ainem
vortel zuegelassen werden.
Alßdann neben anderm fürkhomen, das im jar gar solten rathsversamblungen gewesen, vnd etwann der statt, vnd gemainer burgerschafft notturffen wenig beratschlagt,
oder in bedenkhen gezogen worden, damit nun heerinen die gebür vnd guete nuzbare
Ordnung, dem alten heerkhomen gemeß, angestelt sollen hinfüro alwegen aufs wenigist,
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Die weltlichen
Staaten
von vierzehen zu 14 tagen (es haben sich etliche partheyen, so vor rath zuhandlen, herzwischen bey dem ambts burgermaister gleich angezaigt oder nit) ordenliche rathstäg
gehalten werden vnd nemblichen dergestalt das man sich zu windterszeiten, morgens
vmb siben vhr, zu sumerszeiten aber, vmb sechs vhrn, in der gewondlichen raths behaußung vnd stuben, zusamen verfuegen, vnd damit solliches menigelichen khundtbar seie,
ain halbe viertl stundt zuvor, ain zaichen darzue leiten lassen, auf das wer vor rath zuschaffen erscheinen, vnd sein notturfft fürbringen möge, doch das die cristen jedesmals
vor den juden, so ainiche vorhanden in alweg fìirgenomen vnd angehört, auch in allen
sachen zum schleinigisten fürgangen, vnd die partheyen der billerhait vnd dem rechten
gemäß, jederzeit entschaiden werde, bey demselben es alßdan entlichen verbleiben
solle, es were dann, das sich ainer oder der ander thail, aines erbern raths erkhandtung
vnd beschaidts beschweren, vnd rechts darüber begern wurde solle demselben vnbenomen, sonder in alweg zuegelassen sein, seinen handl vnd sachen vor dem Stattgericht
rechtlichen Anzubringen, vnd auszufüern, jm fahl dann gleich kham parthey vor rath
erschine noch was zuhandlen, vnd Anzubringen hette, sollen doch nichts desto weniger,
ain erbarer rath beisamen erscheinen, vnd was gemainer statt nuz, wolfart vnd notturfft
sein mechte, miteinander beratschlagen, besonders auch der beede burgermaister, neben
dem stattschreiber, so was von gemainer statt wegen, einzunemen oder auszugeben, dasselbige vmb besserer richtigkhait willen jrer haubtrechnung, verrichten vnd fleissig
aufschreiben, vürnemblichen was vber gepey vnd zerungen, vnd dergleichen aufgangen,
wie auch alle verfallne zinß vnd steurn, vnderschidlichen verzaichnen lassen.
Vnd dieweil biß anhero der landtvogts khnecht vnangesehen sie bey der sachen
nichts zethuen dannach sich zu allerlay malzeiten vnd zechen beflissen, bißweilen gar
oben abgesezt, vnd darzue etwann vor landt vnd Stattgericht auch dem rath in die stuben
gelassen worden, welliches ain vblstandt vnd merckhliche vnordnung, auch von alters
hero nit gewesen, solle solliches hiemit abgeschafft sein, damit jeder standt in seinem
wesen erhalten werde.
Nachdem auch ein zeit hero, sich allerlay leichtfertige vnd verdechtige personen, mit
jrem haußhablichen anwesen, geen Burgaw verfliegt vnd begeben daraus gemainer statt
aber mer nachtail vnd schaden, dann nuzen ervolgt zu furkhommen dessen, sollen hinfüro weder mannß noch weibs personen das burgerrecht, oder sonsten nit auf noch angenomen werden, sie haben dann zuvor der herrschafft auch ainem burgermaister vnd
rath jre ordenliche mannrecht, deßgleichen jres vorigen Verhaltens vnd wesens, glaubwürdige abschidtsbrief auch das sie der leibaigenschafft frey, vnd darinn mit niemandts
verwandt noch zuegethan seyen, genuegsame vrkhundt furgezaigt vnd aufgelegt.
Es sollen auch ainiche frembde oder auslendische personen, so vorhin nit burger
oder burgerin ist, vnd solliches von jren eitern heergebracht, oder sonsten erheürat hat,
es seyen mann oder frawen, ob die gleich jr mannrecht abschidsbrief vnd vrkhundt, alls
vorangeregt furgezaigt hette zu burger oder burgerin, nit aufgenomen werden die habe
dann ausparen gelt, oder ligenden güettern vierzig gulden in münz aigens Vermögens
darumben sie auch da sy änderst der herrschafft vnd ainem burgermaister vnd rath zu-
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vorderst gefellig ist, vnd sich in das burgerrecht einkhauffen will, ainen glaubhafften
genuegsamen schein ftirzaigen vnd auflegen, oder aufs wenigist mit dem ayd, das er
vber alle schulden vierzig gulden aigens Vermögens betheuren vnd bestätigen solle.
Da dann gleich ainer oder aine so zu burger oder burgerin angenomen würdet, soliches alles, wie oben angemelt worden, würckhlichen erstatet solle doch der, oder dieselbige, gemainer statt Burgaw jnnerhalb aines viertl jars fìinff gulden vnd ainem erbern
rath funffzehen khreizer zu ehrung zugeben vnd zuerlegen, darzue auch ainen ledern
aimer zu khauffen, vnd in seinem aignen oder bestandtshauß, bei straff aines guldens
verwarlich aufzehalten, vnd nicht zu verendern, noch widerumben hinzugeben, vnd neben dem ainen federspieß, doppelhaggen, oder rüstung, nachdem sich aines jeden vermögen erströckht, vnd er qualificiert ist jnnerhalb obbestimbter zeit, des vieti jars, zur
handt zubringen, vnd zubehalten schuldig vnd verbunden sein.
Wann aber jemandts die vierzig gulden aigens Vermögens nit hette, allain des beysizt
begerte vnd der gemaind mit wun vnd waid, trib vnd tradt, auch holz vnd anderm gemessen wolte also darauf von der herrschafft vnd ainem burgermaister vnd rath zu
beysiz aufgenomen würdet, solle dieselbige person es seye mann oder weib, allen landtgerichtlichen vnd bürgerlichen sazungen vnd Ordnungen vnderworffen, vnd darzue
gemaine statt Burgaw, jerlichen zehen schilling haller, vor der haubtrechnung zuerlegen
vnd zubezalen schuldig sein.
Wurde auch ainer oder aine, es were gleich ain adls oder andere person, weder des burgerrechts noch beysiz, sonder aines freyen siz begeren sollen der oder dieselbe, änderst
nit, dann mit der herrschafft vnd aines erbern raths wissen vnd wellen auf ainen prifflichen reuerß, vnd vmb ain benante jerliche suma gelts, wie man sich dann desselbigen
jederzeit vergleichen mag, so der herrschafft vnd gemainer statt mit einandern zu
gleichem thail gebürt, auf vnd angenomen werden, doch das die jhenige, so dergleichen
freysiz erlangen, vnd der herrschafft mit diensten vnd pflichten nit verwondt noch zuegethan seyen, so wol alls die burger vnd beysizen, jre glaubwürdige schein vnd vrkhunden jres ehrlichen heerkhomens, wandels vnd geben solle, erlegt werde, bey straff ain
gulden. Wesens, auch das sie mit leibaigenschafft gegen niemandts verhafft, sonder deren frey vnd ledig seyen, zuvor auflegen vnd fürzaigen.
Was leichtfertige, argewonische, verdechtige leüth, auch müssiggenger, starckhe petler,
zegeüner, gartkhnecht vnd dergleichen herrnloses gesündl ist soll zu Burgaw nit vnderhalten noch geduldet, sonder wann sy dahin khomen, hingerisen vnd im notfahl vber ain
nacht nit beherbergt werden.
Damit auch die burger, wie billich vor andern bedacht, vnd jr nuz vnd wolfart befìirdert werde solle hinftiro, jnmaßsen es auch also von alters heerkhomen, ainichen außlendischen frembden, bey oder freysizen, wie auch vnglaubigen, weder behaußungen,
äckher, wisen, gärtten, anger holz, noch ainich ander zue vnd vmb Burgaw gelegen guet
zukhauffen nit gestatet werden, sonder da solliches beschehe, der verkhauffen ain
pfiindt haller, der khauffer aber ain gulden zur straff vnnachleßlich verfallen, daneben
aber der khauf an jme selbs crafftlos vnd nichtig sein.
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So dann auch billichen nuz vnd guet, vnd rechtem wolstandt sonders dienstlich ist,
das gemaine statt vnd burgerschafft alls welliche von der vralten marggraffschafft Burgaw jren namen vnd vrsprung bekhomen, etwas merers, vnd von tag zu tag in ain bessere vnd höhers aufnemen khomen vnd gerathen thue, sollen die herrschafft, vnd jm namen derselben, die oberambtleüth, oder wem es bevelchen würdt, auch burgermaister
vnd rath dahin sehen, vnd handien, auch miti vnd weg machen, damit ain gesunder vnd
rainer luffit, zu fristung vnd guetem menigelichs erhalten, daneben alle vnrainig vnd
vnsauberkheit, besonders auch die mistfatten, in der haubtgassen vnd landtstraß abgeschafft, auch sonsten die gassen, wie zugleich die prunnen, etwas saubers gehalten werden, also menigelichs gueten weeg vnd steg gehaben möge, zudem auch guet were ob
man mitler zeit, durch nach vnd nach hier zue gemachte gelegenhait, wo nit alle doch
die haubtgasse besezen mechte.
Vnd nach dem in der ganzen statt Burgaw, alls an ainer ansehenlichen, mer dann
gangbaren offnen landtstraß diser zeit nit wer dann ain weinwürdt ist, also das sonderen
mangi heerinnen vnd nit allain die fuerleüth, sonder alle andere für vnd durchreisende,
mit vnglegenhait andere orth besuechen müessen, welches villen handtwerckhsleüten,
zuvorderst auch der herrschafft, vnd statt an dem vngelt vnd sonsten, zu abgang vnd
nachtail raicht vnd khombt, sollen der herrschafft, auch burgermaister vnd rath, auf miti
gedenckhen, das meren offen weinwürdtsheüser vnd tafernen angestelt, vnd dardurch
der burgerschafft nuz so wol alls der herrschafft vnd statt angeordnet, geauffnet vnd erhalten werde.
Damit auch das vmbgelt, maaßpfennig, vnd andere gefell, desto ordenlicher vnd
fleissiger eingelangt werden, sollen die herrschafft, oder wer dessen von derselben in
bevelch hat, auch burgermaister vnd rath das vmbgelt vnd maßpfennig hinfuro alle quotember ordenlichen einziehen, vnd an sein gehörig orth, vngeschmelert andtwurten,
deßgleichen der juden suzgelt vnd die ainzechtige gulden, so von der juden tödtlichen
ableiben, fellig worden, vnaufgeborgt einvordern, vnd in jr raittung bringen, dann auch
gemainer statt einkhomen, mit vergleichung der stattgraben, vmb ein genante suma
gelts, verbessern, vnd daneben, da mer aussteender schulden vnd rest verfanden weren,
dieselbige vnverlangt, vnd jnner zeit zwayer monaten, einvordern, zusamen bringen vnd
verraeten.//
Von gericht, auch straffen, fräfeln, vnd puessen, vnd andern sassungen, wie
solliche von alters heerkhomen, vnd die billichait zu erhaltung gueter polieei
ervordert
Weil ein zeithero wenig rechts oder gerichtstäg gehalten, also auch die straffbare sachen
vnd verwürckhungen langsam, vnd etwann gar nit abgestrafft worden, sollen hinfuro
merer rechts vnd strafftäg angesäzt vnd gehalten, auch das recht befördert, vnd alle
straffen vneingestelt furgenomen werden.
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Wann vnd so offt man nun Stattgericht alhie zu Burgaw halten will, hat der ambtsburgermaister, den richtern, durch den geschwornen pitel zum rechten zugebieten, vnd
was vor dem gericht mit worten oder werckhen gefräflet würdt, dieselbige straff gehert
halb der herrschafft, vnd halb der statt Burgaw.
Wann auch ain gemaines gebot, von der herrschafft vnd dem rath ausgeet, vnd dasselbige verbrochen vnd vbergangen würdt, gehört dessen straff gleichsfals, halb der
statt, vnd halb der herrschafft zue.
Vnd so man rechten will, vnd für stattgericht khombt, solle bey drey schilling haller
verboten werden, das niemandts, dann durch seinen fursprecher wede, wurde aber ainer
geverlichen vnd vngebürlichen reden, dem mueß es altem heerkhomen nach büessen,
wie recht ist. Es ist auch ein vnrecht, von alters sechs schilling haller.
Item welcher zuckht, vnd waffnet die handt, oder schilt mit fräuenlichen worten, der
khombt vmb ailfthalben schilling haller, beschicht es aber an ainem gebannen tag, so ist
der fräfl zwiefach.
Item schlagt ainer den andern bluetriß, so khombt ainer vmb dreissig schilling haller,
beschicht es aber an ainem gebannen tag, so ist der fräfl zwiefach.
Item wellicher ainen painbrüchig, lännig, oder dermassen schlagt, das jme das glidwasser geet der khombt vmb zehen pfundt haller gegen der herrschafft daran der statt
Burgaw ain pfundt gehört.
Item welliche würfft vnd fählet, der khombt vmb zehen pfundt haller, gegen der
herrschafft, daran gebürt der statt Burgaw ain pfundt haller, trifft er aber mit dem wurff,
so piiest er den selbigen nach der wunden.
Item welcher den andern geverlichen vberackhert, vbermet, stain oder pfall aufzeucht, der khumbt vmb zehen pfundt haller, oder nach erkhandtnuß des stattgerichts.
Item wellicher den andern zum ayd treibt, das er schwören mueß, der püesst solches
mit drey schilling haller, von ackhern, gartten, holz vnd veld.
Item wellicher ain zaunmarckh hat, es seye vor äckhern, mädern oder stattgraben, der
solle, nach dem es verkhündt würdt, in acht tagen zuezeinen, verboten bey fünff schilling haller.
Item man solle die gärtten, vier wochen von Sandt Georgen tag zue zeinen, verboten
bey fünff schilling haller.
Item solle khainer sein vich, nach Sandt Georgen tag, selbs hieten, noch auf die waid
treiben, verboten bey fünff schilling haller.
Item die gärtten sein verboten, das niemandts darinnen schaden thue des tages bey zehen schilling haller, vnd zu nachts bey ainem pfundt haller.
Item die waiden vor dem Wolffswinckhl, zwischen den pruggen bey dem obern
pleuhauß, hindter dem wuehe, hindter payen wist vnd hindter dem alten schindhauß
jnnerhalb der Mündel, sind verboten bey ain pfundt haller, doch vorbehalten der gemaind, darinnen waiden zuschneiden.
Item es soll niemandts ainich holz verkhauffen, das er in den gemainden gehauen,
verboten bey ain pfundt haller.
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Item es soll niemandts im heüet, in die pierling treiben, verboten bei fünff schilling
haller.
Item es soll khainer in der ernd, wann man die frucht einschneidt, ausspannen, noch
ainich fíllin nach im lauffen lassen, verboten bey fünff schilling haller. Item es soll niemandts mehen oder heüen, in den vichwaiden, vor Sandt Michels tag, verboten bey ain
pfundt haller. Item die erbiß vnd rueben auf dem veldt, sein verboten, des tags bey zehen schilling haller vnd zu nachts bey ain pfundt haller, wie die gärtten. Item es soll
niemandts flachs in Stuben dörren, noch bey dem liecht tröschen, vnd andere dergleichen geverliche arbaiten verrichten, bey straff yedes Verbrechens, fünff schilling haller.
Item es sollen jede quatember, jn sonders aller vnd yeder burger vnd einnemer, feuerstaten, vnd ob sy auf den notfal mit wasser fürsehen, fürnemblichen aber die pierpreuen, hafner vnd peckhen, feurstaten vnd camin besichtiget werden, vnd da was mangels oder gefar befunden, die gebür vnd notturfft darüber verordnet werden. Item es
solle auch khain flachs bei dem liecht berait werden, verboten bey ain pfundt haller, vnd
den flachs verliern. Item man solle khain flachs, in ainem schauhauß in pachöfen dirren,
verboten bey aim pfundt haller, vnd den flachs verlorn.//
Vom gottesdienst, freyrtägen vnd dergleichen
Item alle die so zu jren verständtlichen jnren khomen, sollen an sonn: vnd gebannen
feyrtägen, den gottsdienst, ails mit meß vnd predig hören, ordenlichen vnd fleissig besuechen, vnd da jemandts zue selbigen zeit auf der gassen spacierendt, oder sonst in
wierdts vnd pierheüsern, oder bey andern leichtfertigen wesen, betreten wurde, der solle
das erstmal drey schilling haller, das andermal sechs schilling haller, vnd zum driten, je
nach gestaltsame des Verbrechens gestrafft werden.
Item es solle niemandts an gebannen sonn vnd feyrtägen ainiche handtarbait treiben,
es were dann ain solliche notwendigkhait, für: vnd eingefallen, das es khainen verzug
leiden mechte, alßdann solle man bey der oberkhait beschaidts erholen, vnd desselben
gehorsamblich geieben, bey straff ain pfundt haller.
Item das fleisch essen in der vasten, vnd zu andern verbotnen tägen, solle menigelichen, niemandts ausgenomen, verboten sein, bey straff jedes Verbrechens ain gulden,
vnd da solches fürsezlich, vnd zu Verachtung der heyligen kirchen gebot, vnd ausgangner mandaten, beschehen, gegen denselben mit schefferer straff", ernstlich verfaren werden solle. Item das spilen vber zwey pfennig, oder ain khreizer, deßgleichen an sonn:
vnd feyrtägen, vnder dem gottsdienst, also auch das wein vnd piertrinckhen, zu solicher
zeit, vnd nach zehen vhren nachmittag, solle verboten sein, jedes Verbrechens bey straff
ain pfundt hallers.
Item wann man das Türggen zaichen leüttet, wie teglichs vmb zwelf vhr beschicht,
solle yeder menigelichs, mann vnd frauen,jung vnd alte khnecht vnd mägd, was zu seinen tagen khomen, alßdann wa es jne gleich ergreifft, auf die khnie niderfallen, vnd den
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allmechtigen ewigen Gott vmb sig vnd triumph, wider den erbfeind den Tiirggen, andechtig vnd embsig biten welliche das nit thäten, deren yeder so vmb 10 1/2 ß haller
gestrafft werden.
Item niemandts solle an feyrtägen vor abendts leuten, ainichen flachs auswaschen, noch
hey oder getraidt abladen, wie auch nit denglen, bey straff ain pfiindt haller.
Von schweren vnd gotts lestern.
Alles schweren vnd gottslestern, solle gar vnd genzlichen verboten, vnd die vbertrets
dessen, nach jnnhalt der hierüben ausgangnen landtsfurstlichen mandaten, vnnachleßlich gestrafft werden. Es mechte auch jemandts dermassen Gott löstern, das gegen demselben mit recht verfaren, vnd was erkhandt, an j m e volzogen werden solle.//
Vom vbermessigen zuetrinckhen, vnd grossen leichtfertigen spilen
Alles muetwillig, frauenlich vnd vbermessig zuetrinckhen, wie grosses leichtfertiges
spilen, sollen genzlichen verboten sein, bey straff der landtsfurstlichen mandaten.
Sonsten mag ainer wol ain abendtzech thuen, vnd dem andern ain freundtlichen
drunckh bringen, al lain das es mit beschaidenhait beschehe vnd zwo oder drey zechen
nit aneinander gesezt werden, welliches bey straffjedes Verbrechens, an fiinff schilling
haller verboten.
Wo auch die wein oder pierwirdt, weiters dann abgemelt ist, gestaten, sollen sie darumben, wie vnden hernach volgt, gestrafft werden.//
Von mezgen
Die mezger sollen hinfuro khain fleisch verkhauffen noch auswegen, es seye denn zuvor
durch die verordnete schäzer geschäzt worden, bey straffjedes Verbrechens ain pfiindt
haller.
Item es soll khainer das fleisch, höher oder theurer hingeben, dann es ordenlicher
weiß geschäzt worden, bey straff zehen schilling haller.
Item die mezger sollen khain rindt schlagen, die verordnete schäzer oder fleischschauer haben dann solliches zuvor geschauet, bey straff ain pfundt haller. Item sy
sollen khain kalb stechen, es seye dann alt genueg, alls von den alten rindern vierzehen
tag, vnd von den ersten drey wochen, bey straff zehen schilling haller.
Item die niern vnd niersteil, sollen sy weder in rindern, kälbern, schaafen, lämbern,
noch anderm einschieben, dann allain die rinder mit dem magstell, bey straff ain pfundt
haller.
420
Die weltlichen
Staaten
Item sy sollen das rindt, ochsen vnd schäfin fleisch, nit vndereinander mengen noch
vermischen, auch also vermicht nit auswegen, bey straff ain pfiindt haller. Item sy sollen
die ochsen vnd rinder khöpff, in ledern außhauen, vnd den schlundt, khün, hürnschalen,
äugen vnd anders darvon thuen, bey straff zehen schilling haller, das vberig aber mügen
sie mit anderm fleisch wol auswegen.
Item sie sollen in die würst khain anders, dann lauter Schweinen prät, vnd bluet
thuen, bey straff zehen schilling haller. Item wann man jnen das fleisch geschezt hat,
sollen sie das von stunden aushauen, vnd niemandts zu den Würsten nöthen, auch khain
gling zu dem fleisch wegen, bey straff ain pfiindt haller. Item sie sollen die würst
schauen lassen, bey straff funff schilling haller, vnd mögen die kesselwürst wegen, auch
aines hallers neher geben, dann die geschezt sein. Item wolfässig, painbrüchig, würbig,
pflnnig, vnd pfarim fleisch, sollen sie mindert fail haben, dann vor der mezg dahin es
verordnet ist, vnd aines hallers neher geben, bey straff ain pfiindt haller.
Item wann ain fleisch die ordenliche schäzung vnd schau nit erleiden mag, sollen die
schauer solliches durch die khnecht in die meidel tragen lassen.
Item wellicher mezger waid rinder, oder schaaf, die vber acht tag in der waid alhie zu
Burgaw gangen weren, one der herrschafft vnd aines erbern raths vorwissen, es seyen
vil oder wenig verkhauffen, vnd an andere orth hinaus geben, der solle von jedem rindt
oder schaaf, zu straff verfallen sein, ain pfundt haller.
Item wuettende rinder, sollen sie von khainem auslendischen khauffen, bey straff ain
pfiindt haller, doch mögen sie die von den burgern wol khauffen, mezgen vnd failhaben,
aber allain an den orthen, da sie von den schauern hingewisen worden. Item gling vnd
khöpff von den kälbern, sollen sie nit theurer, dann yedes per 2 krfeuzer] vnd das kreß
per 1 ß haller, auch die fieß per 1 kreuzer geben, bey straff zehen schilling haller. Item
ain schaafkopff vmb 6 denarii, die schafwang vnd wenglin 4 denarii, ain rinderin afíterdarmb per 6 denarii ain ochsen affterdarmb per 9 d., khuemagen p[er] 9 d. ain rinderfueß vnd maul, jedes per 5 d., ain ochsenfueßywvutsronmlihgfedcbaSI
ρ 2 d., ain ochsenmaul ρ 9 d. alles bey obgemelter straff. Item wann die verordnete fleischschauer, das fleisch, es seye von
rindern, oder Schweinen, schäzen, solle darnach gar nichts darvon dann allain die niern
genomen werden, bey straff 1 pfundt haller. Item die vichzucht solle hinfiiro aus allen
rindern geschniten werden, bey straff zehen schilling haller.
Item die mezger sollen hinfiiro khain fleisch im hauß, sonder allain in der gewondlichen
mezg aushauen, bey straff ain pfiindt haller. Item sie sollen die kutlen änderst nit, dann
am sambstag vnd montag, vnder dem hauß in der mezg verkhauffen, bey straff fünff
schilling haller.
Item die mezger sollen hinfiiro erst am freytag nachmittag mezgen vnd schlachten, bey
straff ain pfiindt haller, vnd wann die juden schlachten, auch es jnen nit abfalt, sollen sie
von demselben vich den kopff vnd stuckh ganz nemen, vnd gleichwol vndereinandter
auswegen, bey straff ain pfundt haller.
Item die mezger sollen alles fleisch, was sy geschlachtet, am sambstag vnd montag,
vmb siben vhrn, es seyen ochsen, rinder, kalb, schaaf, hümling, lamb oder schweine-
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fleisch, so sie verkhauffen wellen, miteinander in die mezg tragen, vnd nichts dahaimen
behalten, so sie aber was dahaimen lassen wurden, solches denselbigen tag nit verkhauffen, bey straff ain pfundt haller. Item wann ain newer oder alter mezger, sein fleisch nit
verkhaufft, haben sie sich vndereinander verglichen, welches ain erbarer rath auch ratificiert, das khainer auf, vnd wider jne nit schlagen solle, biß er sein alt fleisch selbs
verkaufet, oder die andern jme verkhauffen helffen.
Vnd sollen die mezger jerlichs bey der herrschafft, oder wen dieselbige sollichs bevilcht, auch ainem erbarn rath, auf ostern Johanniß Babtiste, vnd Bartholomei anhalten,
wie sie das fleisch geben sollen, vnd pflicht thuen, das sie diser Ordnung vnd sazungen
geieben wellen, bey straff ain pfundt haller.//
Von gasstgeben vnd wein wierdten
Item ain jeder der weinschenckhen will solle ainen schilt heraus henckhen, vnd jedem
gast so herberg vmb bezalung begert behalten ails vil er jmmer vnverhalten mag, vnd
khainem, er were dann gar argwonisch vnd verdechtig, ausschaffen, bey straff ain
pfundt haller. Item ain jeder wierdt solle laternen haben, vnd die liechter darein in die
ställ geben, auch nach notturfft versehen, bey straff ain pfundt haller. Item sie sollen den
wein allain in sollichen kandlen auftragen, so durch die oberkhait ordenlicher weiß gepfacht, auch deßwegen jre merckzaichen, oder zäpfflin haben, auch die zöch an her zue
beraitne tafeln aufzaichnen, bey straff ain pfundt haller. Item die wierdt sollen ainich
vaß mit wein nit einlegen, noch was daraus schenckhen, aid hingeben, auch nit anstechen, es seye dann zuvor durch die hierzue verordnete, in das vmbgelt vnd maßpfennig
eingeschriben, bey straff ain pfundt haller, doch solle den burgern vnbenomen, sonder
zuegelassen sein, den kindlbeterin aigen weinfäßlin, zu 30 oder 40 maßsen einzulegen,
darvon sie aber niemandts was hingeben oder ausschenckhen sollen, bey vorangeregter
straff.
Item wellicher wierdt wein zu schencken angefangen hat, der solle jederzeit, besonders zu allen feyr: vnd sontägen, mit wein verfast sein, bey straff ain pfundt haller. Item
wie ain wierdt den wein zu schenckhen angefangen, also solle er jne ausschenckhen,
vnd damit nit aufschlagen, bey straff ain pfundt haller. Item die wierdt sollen khain wasser auf: oder vnter den wein thuen, auch khain ringern wein vnder den starckhen mischen, dann mit des gasts wissen vnd willen, bey straff ain pfundt haller. Item sie sollen
in jren heüsern, an feyr: vnd sontägen, zur zeit man den gottsdienst verricht, weder spilen, danzen, zechen, noch andere vnzucht vnd vngebür treiben, bey straff aines gulden.
Wellicher wüerdt auch das vbermessig zuetrinckhen, grosses verboten spilen, vnd
nachts vber die bestimbt stundt das drinckhen, auch mer zechen dann ober ermelt, zuelast, der solle nach laut der landtsflirstlichen mandaten gestrafft werden. Item ain jeder
wierdt solle den verordneten vmbgeltern, bey seinem ayd anzaigen, wie theur er den
wein khaufft, vnd an ainer maß wein, vber das vmbgelt vnd den maßpfennig merer nit,
422
Die weltlichen
Staaten
dann 2 d[enarii] oder 5 haller, vnd an den newen mosten 3 d. zu gwin nemmen, bey
straff ain gulden.
Item die wiierdt sollen den gösten ainich ander brot, dann was alhie gebachen würdt,
nit auflegen, es were dann das die peckhen alhie khain brot mer hetten, bey straff ain
piundt haller. Item sie sollen khainen visch von den gemaindtsvischern nit khauffen,
oder schenckhs weiß annemen, noch den gösten fìirsezen, bey straff ain pfundt haller,
was sie aber mit jrem haußgesindt brauchen, mögen sie wol khauffen.
Item sie sollen auch zu jederzeit mit guetem fleisch, vischen, brot, fuetter, hey, stro
vnd bevorab rainen säubern pedtgewandt verfast sein, damit den gösten vmb jr gelt vnd
bezalung genueg beschehe, bey straff ain gulden. Item sie sollen auch die malzeiten, das
fuetter vnd stallmueth, höher vnd theurer nit rechnen, dann wie bey andern vmbligenden orthen gebreüchig, bey straff ain pftindt haller.//
Von den merzlern vnd huckhnern
Item die merzler sollen an ainem pfundt milch: oder Schweinen schmalz mer nit dann
2 d. vnd an ainem pfundt ynslit 1 denarii zugwin nemen, daneben aber vom pfundt
kerzen 3 haller, vber den pfennig vonwegen des kerzens zu guetem haben, doch die
kerzen jedem auswegen, bey straff ain pfundt haller. Item alles das es seie schmalz,
kerzen vnd anders so an die waag gehert, vnd sie verkhauffen wellen, sollen sie bey der
statt gewicht auswegen vnd verkhauffen, bey straff ain pfundt haller, item die mezler
sollen jre waagen sauber, vnd dermassen halten, das die khainen furschlag gebe, bey
straff fünff schilling haller.
Item sie sollen ainiches stinckhendt schmalz, oder andere verlegne wahren, fur guet
nit verkhauffen, noch vndermischen ohne vorwissen des khauffers, bey straff, nach gestalt des Verbrechens. Item wie sie schmalz, salz, vnd andere wahrn, am montag ausmessen, vnd hingeben, in dem selbigen werth sollen sie es die ganze wochen, vnd nit theurer verkhauffen, bey straff ain pfundt haller. Item die merzler vnd huckhner sollen sich
befleissen, das sie das gemerz nit theurer geben, dann es an andern vmbligenden
märckhten, durch die merzler verkhaufft würdt, bey vorgemelter straff.//
Von peckhen
Item die peckhen sollen guet erbar pfennigwerth brot, nach des korns lauff, vnd wie es
an genachparten orthen gebachen würdt, pachen, bey straff ain pfundt haller. Item den
peckhen solle verboten sein, das brot an sontagen, vnd desselben abendt, mit pierhepffen zubachen, bey straff ain pfundt haller. Item sie sollen auch in jren heüsern, höher
oder änderst nit spilen lassen, dann vmb zwen pfennig oder ain khreizer, wie oben angeregt.//
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Von pierprewen
Die pierprewen, sollen das pier dermassen prewen vnd sieden, das ain yede maß, nach
des korns lauff vnd gang, aines khreüzers wol werth seye vnd das nach dem sud, zu verierung, winters zeit von Michaelis biß auf Georgi, drey tag lang ligen lassen, vnd zuvor
khainer anzäpffen, auch am abendt den verordneten schaumaistern anzaigen, damit sie
solliches am vierten tag schauen, aber sommers zeit von Georgi biß Michaelis, das pier
zu verierung, zwen tag ligen, vnd am driten tag schauen lassen, bey straff zwen gulden.
Item die pierprewen, sollen die burgerschaffi mit pier versehen vnd zuvor khaines an
andere orth, hinaus geben, bey straff vier gulden.
Item sie sollen an sonn: vnd zwölfboten tagen, khain pier ausser der statt füern lassen, noch hingeben, aber an gemainen feyrtagen, ist jnen solliches nach dem kirchgang
vnd verrichtem gottsdienst wol zuegelassen, bey straff ain gulden. Item, sie sollen auch
khainen visch, so von den gemaindts vischern erkhaufft werden, den gesten fürsezen,
sonder allain mit j rem haußgesind verzeren, bey straff ain pfundt haller.//
Von vischern
Item die gemaindts vischer, sollen jre visch khainem wein wierdt, pierprewen, nochjuden, aid den banvischern noch auslendischen, sonder allain den burgern, zu jr jedes hauß
gebrauch, innderst anderstwo, dann bey dem verordneten rähr casten, vmb den nachvolgenden tax, oder khaufschilling, vnd nit theurer, alls nemblichen das pfundt hecht vmb
4 kreuzer die pärmen vmb 12 d., die weissen visch in gemain, das pfundt vmb 9 d. die
grundlen vnd wünaugen, die maß vmb 10 d. Item den gemaindts vischern, solle das gemain wasser, allain an fastägen zu vischen zue gelassen sein, doch bey der Riedmüllen
zu jeder zeit zuvischen macht haben.
Item sie die gemaindts vischer, sollen auch niemands anniche visch verschenckhen.
Deßgleichen sollen die bannvischer, die jhringe visch, so sie in gemainen wasser fangen, vnder jre andere visch nit thuen, sonder in dem tax, vnd an dem orth, wie erst obgemelt, verkhauffen, vnd gar nit verschenckhen. Item sie die bannvischer, sollen in der
statt von frembden vischern khaine visch khauffen. Item die bann: vnd gemaindts vischer, sollen hinfüro die hechtlin, vnd pärmlin, was nit ainer gueten spannlang ist, widervmben ins wasser einwerffen, auch mit khainem zeug oder sögin, nit vischen, bey
verlierung desselbigen. Dise obvermelte articul, seyen jeder bey ain pfundt haller verboten.
Doch solle den gemaindts vischern zuegelassen sein, wann sie jre visch bey dem rörcasten nit verkhauffen khinden, das sie damit zu den burgern hausieren, vnd im fahl sie
solliche nit hinbringen khinden, alßdann bey dem ambts burgermaister anhalten, vnd
auf sein erlauben, wo sie gelt lesten khünden, hingeben vnd verkhauffen mögen. Daneben aber, sollen die bann: vnd gemaindts vischer den müllern vnd andern, jre wuehr
424
Die weltlichen
Staaten
mit den strempfeln nit zerstossen oder verderben, sonder deren miiessig steen, bey straff
jedes Verbrechens 5 ß haller, vnd wann die müller ainen an solchen ergreiffen, megen
sie jme den vischzeug nemen, oder die vischer ins wasser tauchen.//
Von müllern
Die beede mülinen zu Burgaw, vnd Vnderknoringen, sollen bestät vnd gerecht gehalten
werden, wie hernach geschriben steet. Item wellichem gemalen ist, von dem selben solle
der geschworn mülkhnecht, zu lohn nemen, von ainem jme korn ain mezen korn, vnd
ain mezen meel, gestrichen. Item wellicher das korn mit dem sib machen last von demselben solle der geschworn khnecht nemen, von ainem jme korns ainen mezen korns,
vnd ainen mezen meel gestrichen. Item wellicher zue mues- oder schön mei machet, von
demselben solt der geschworn khnecht nemen, von ainem jme ainen mezen korn, vnd
ainen mezen meel getrichen.
Item, welcher gersten malen last, von demselben solle der geschworen khnecht nemen
zu lohn, von ainem jme ainen mezen gersten, vnd ain mezen meel gestrichen.
Item die müller sollen von den burgern, wann sie gerben, den alten lohn nemen, vnd
weiter nit vordem, alls von jedem jme korn 4 d. wann es aus der mülin gefuert würdt.
Item, wann ainer ausgemalen hat, solle der müller oder khnecht an die geheu oder zarg
schlagen, vnd demselben sein meel sauber zusamen kheren. Item die müller sollen auch
denen, die es begern, die grisch vnd spreumel malen. Item wann die mülin aufgehebt,
vnd widervmben gebillet würdet, solle der müller oder der geschworn khnecht solliche
widervmben bestäten, erstens mit spreumel, vnd darnach mit drey viertl aines mezen
korns, das sein aigen ist.
Item es solle niemandts in der mülin den lohn nemen, dann der geschworen khnecht,
vnd solliches mit dem gerechten geporndten maß.
Item die zarg solle in der runde vom leuffl, wie auch oben, anderthalbe zal voneinander sein, da das aber mer hielte, dasselbige darvon abgenomen werden. Item die müllerkhnecht, sollen zuegethane örtl haben, vnd alls sitlich vnd gewonlich ist, knöpfelt oder
gebrisen. Item wann ain müller ainen khnecht aufnimbt vnd dingt, derselbige khnecht
soll in vierzehen tagen, vor ainem erbarn rath erscheinen, vnd den gewonlichen ayd
schweren, wie heerkhommen vnd jme furhalten würdet. Item die müller sollen hinfüro
an khainem sontag, biß abendts vnd an andern feyrtagen in gemain, biß nach verrichtem
gottsdienst, nit mer malen oder aufziehen lassen, bey straff funff pfundt haller. Vnd
seyen die vorige articul alle den müllern in ayd gegeben, dermassen, da sie auf der
obrigkhait begern, nit angeloben, khunden, der gebür vnd jedem verschulden, nach,
darumben gestrafft werden sollen.//
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425
Von den kornschranden, jar- vnd wochenmärckhten
Nachdem aus gnedigister bewilligung, hievorgewestens erbherrns vnd landtsfiirstens,
ain kornschranden alhie zu Burgaw aufgericht worden, sollen alle burger vnd vnderthanen, die jar: vnd wochenmärckht fleissig besuechen, ainicherlay getrayd noch anders,
nindert änderst wohin dann auf dise kornschranden, vnd auf alhiesigen marckht fuern
vnd verkhauffen, so lang biß sie jedes mais sollich faile früchten vnd anders, zum driten
marckht fail geboten, in gemainem landtleüffigen werth nit verkhauffen khünden, alßdann jnen vnbenomen, sonder zuegelassen sein, andere märckht vnd orth damit zubesuechen, bey straff ainem gulden.
Daneben ist allen burgern vnd vnderthanen, so nit roß haben, bewilligt vnd zuegelassen,
wann sie an offnen marckht tagen jre früchten in schissein, oder säckhlin, vnder der
schrand haben vnd ainen khauff damit öffentlichen getroffen, das sie dieselbige in jren
heüsern abmessen mögen, doch das solliches dem geschwornen kornmesser, alßbald
vnder der schrand angezaigt werde, vnd denselbigen vnd sonsten niemandts messen,
lasse, auch das gewondlich meßgelt darvon, alls nemblichen von jedem jme 2 d. daran
der khauffer jeder 1 d. geben solle, erlegt werde, bey straff ain gulden.
Item, was für wahren, auf den gefreiten jar: vnd wochenmärckhten verkhaufft, vnd
die ausgewegen werden müessen, die sollen an der geschwornen wag, vnd sonst nindert
gewegen werden, bey straff ain pfundt haller. Item wellicher ein sondere gevar, oder
fursezlichen falsch, in seinem verkhauffen braucht, der solle ye nach gestalt des Verbrechens gestrafft werden. Item es solle niemandts was khauffen noch verkhauffen, oder
fail bieten, ehe dann der marckht ordenlicher weiß erlaubt, vnd der marckhtfanen öffentlich ausgesteckht ist werden, bey straff zehen schilling haller. Item wann der
marckht erlaubt ist, solle niemandts ainicherlay wahrn in heüsern fail haben, khauffen
noch verkhauffen, sonder auf offnen freyen marckht tragen, biß zu endung desselbigen,
bey straff ain gulden. Item es solle niemandts, er seye burger, einwoner oder anderer, ainich holz so alhieheer geen marckh gefuert würdt, khauffen, es seye dann zuvor öffentlich auf den freyen marckht gesteh worden, bey straff zehen schilling haller.
Item es sollen die burger vnd diener, ainiches hey oder früchten im veld, gegen auslendischen nit verkhauffen, vor Sant Georgen tag, bey straff vnd verlust des heys vnd
der früchten. Wann aber jemandts hey verkhauffen wolte, solle er solches zuvor auf den
plaz oder marckht fuern, vnd den burgern vor menigelichen, in billichem khauffschilling anbieten vnd widerfarn lassen.//
Allerlay gemaine sazungen
Es solle niemandts ainichen auslendischen mann oder weib, ohne vorwissen vnd bewilligen der herrschafft, vnd aines erbern raths, nit einlassen, noch in sein hauß vnd herberg, einnemen, das erstmal bey ain gulden, das andermal zwen gulden, vnd des driten
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Die weltlichen
Staaten
mais pro 3 gulden straff, vnnachleßlichen, so dann die eingenomne person, gegen den
burgern schulden gemacht vnd nit zubezalen hette, solle der einnemer fur dieselbe bezalen. Item die vichwaiden sollen gebannen sein, auch yeder seinen graben räumen, vnd
in den furchten verschranckhen, bey verlust seines thails nuzung. Item es solle auch
khainer, dann allain der pachmaister pächen, bey straff 5 schilling haller.
Item es solle niemandts ainich holz von zeinen, noch von wegen vnd Stegen nemen,
vnd haimbtragen, bey straff des Narrenheüßlins. Item die burger vnd einwoner, sollen
den juden ainich graß aus der gemaindt oder dem veldt nit geben, zuetragen, noch verkhauffen, bey straff ain pfundt haller. Item wellicher ain khranckh vich hette, der solle
dasselbig änderst nit, dann in den anger aufschlagen, waiden vnd hüetten lassen, bey
straff 10 ß haller. Item alle burger so gedingte mäder haben, sollen dieselbige acht tag
vor Sandt Georgen tag abrechnen vnd seübern, bey straff ain pfundt haller. Item wellicher sein roß, vnd vich, in früchten, mädern, vnd anderm eingethan, vnd gepfendt
würdt, der solle fìir yedes haubt 1 ß haller pfandtgelt geben, vnd dem beschedigten den
schaden, nach der oberkhait erkhandtnus zubezalen schuldig sein, da aber jemandts
hierinnen sondere gevar braucht, mit vrtl vnd recht darumben, nach verbrechen gestrafft
werden.
Item zu erndzeiten, solle niemandts auf den ackhern, aida die früchten vnd zehenden
noch ligen, ainich vich, roß oder schaaf nit waiden noch treiben auch darauf nit ehren,
biß die 1er sind, bey straff ain pfundt haller. Item es solle niemandts ainiche garb im
veld nit verschenckhen, sonder wer was verschenckhen well, solliches zu hauß vnd
anhaimbs thuen, auch khainen ainiche geschenckhte garb, nit haimbfüern, bey straff ain
pfundt haller. Item welliche zu vngewonlicher zeit ehren, ehe man gemainsam im veld
ist, sollen mit dem Narrenheüslin gestrafft werden. Item es solle khainer vber des andern
ackher fahren, weder mit karren noch wägen, da allain ain gangsteig, vnd khain fuerweg
ist, bey straff 10 ß haller. Item die junge ledige personen, auch den spilleüthen so tanzen
vnd zu tanz machen, solle, wann man gegen dem wetter, oder zu abendts vesper leüttet,
vom tanzen vnd tanzmachen genzlichen absteen, deßgleichen solliches vnder dem gottsdienst nit brauchen, bey straffjedes Verbrechens, ain pfundt haller. Item die khnecht vnd
junge gesellen, sollen sich nachts nach zehen vhren auf der gassen, deßgleichen die
burger, nach benanter stundt, in wein vnd pierwierdtsheüsern nit finden noch betreten
lassen, bey straff 5 ß haller.
Item wellicher den anderen bey nachts, oder tags, fräuenlicher weiß aus seinem hauß
fordert, der solle nach gestalt same der sachen, mit vrtl vnd recht darumben gestrafft
werden. Item wellicher dem andern ain maultaschen gibt, oder ainer den andern raufft,
der solle vmb 5 ß haller gestrafft werden. Item welliche sich vnehelich miteinander
vermischen, die sollen nach jnnhalt der landtsfurstlichen mandaten gestrafft werden.
Item welliche haimblichen Vorschub, rath vnd hilf thuen, das sich zway junge ledige
menschen, ohne vorwissen vnd bewilligen jrer eitern zusammen verheüraten, die sollen
je nach gestaltsame der sachen, mit vrtl vnd recht darumben gestrafft werden.
Item wellicher burger vnd vnderthan, seine güetter mer dann ainmal verschreibt, vnd
Nr. 16: Burgau, Markgrafschaft/
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All
versezt, also jemandts damit hindterfuert, der solle nach gestaltsame seines vberfarens
vnd Verbrechens, mit vrtl vnd recht gestrafft werden.//
Die judenschafft belangendt
Weil zwischen der fh. dht. erzherzog Ferdinanden zu Österreich vnnsers gnedigisten
herrn, hochloblichister vnd cristseliger gedechtnus, ains, vnd den einsessen der marggraffschafft Burgaw, andern thails, der darinnen wonenden juden halber, aufgerichts
interims miti, lauter mitbringt, das dieselbige nach ausgang der jnen bestimbten jaren,
ausgeschafft werden, solle es bey demselbigen bleiben, vnd sie die juden jnmitlst, biß
die jar verloffen, oder das ain regierender herr vnd landtsfurst, nit anders ftirnimbt, oder
die juden selbs hinweg ziehen, nit ausgetrieben werden.
Damit dann zwischen den noch biß zu ausgang der bestimbten jaren, vnd aines regierenden herrn vnd landtsfürsten, verrern gnedigisten entschlus, zu Burgaw bleibenden
juden, vnd der burgerschafft gueter friden vnd ehen gepflanzt solle es mit denselbigen
hernachgeschribner massen, gehalten werden.
Wann die cristen an feyr: vnd sontagen, jre gottsdienst verrichten, auch sonsten im
jar jre creiizgang, wie auch auf Corporis Cristi den vmbgang halten, oder aines mit dem
hochwürdigen sacrament versehen würdt, deßgleichen so man täglich das zaichen zum
gebet, wider den erbfeind den Türggen, auch an freytag die schidung cristi leüttet, vnd
sonderlichen in der heyligen marter wochen, da man die gedechtnus des leiden cristi
begeet, sollen die juden sich ausser vnd ab den gassen thuen, vnd in jre heüser verfliegen, auch der oder die vbertreter, durch die oberkhait, nach gebür des Verbrechens, mit
gefenckhnus, aid sonsten gestrafft werden. Die cristen vnd juden, sollen auch zumal in
ainer behaußung beysamen nit wohnen, bey der oberkhait straff vnd erkhandtnus. Vnd
weil furkhomen, das vor diesem ain jud wein ausgeschenckht, auch die cristen bey demselben, nit allain wein in jre behaußungen abgeholet, sonder etwann wein gar in dessen
hauß gezecht haben, solle hinfuro verboten sein, das ainicher crist, bey den juden weder
wein khauffen, noch bey denselben zechen oder trinckhen solle, bey straff der oberkhait
erkhandtnus.
Die juden so aigen behaußungen vnd haußhaltungen haben, sollen hinfuro merers
nit, dann zway haubt vichs, vnd die jhenige so zu gehauß seyen, allain ain haubt vichs,
auf deren von Burgaw trieb vnd trat, wun vnd waid schlagen. Wie auch die zu Burgaw
wonende juden, alle miteinandern, merers nit, dann vierzehen roß, sojraigen sind, aber
gar khain gastroß, ausschlagen, noch auf deren von Burgaw wun vnd waib treiben sollen.
Was auch sie die juden für vich vierzehen tag, nach Sandt Georgen tag, auf die waid
ausschlagen, das sollen sie den ganzen sommer vnverendert vnder der haid verbleiben
lassen, bey straff yedes haubts vier gulden. Vnd weil die burgerschafft biß hieheer in
dem merckhlich beschwerdt gewesen, das jnen durch die juden allerhandt victualia ent-
428
Die weltlichen
Staaten
zogen worden, so sollen hinfiiro die burger vnd einwoner zu Burgaw, in demselbigen,
vor allen juden, den freyen khauff, sollichermassen haben, da schon ainer oder mer juden, alberait was gefailset vnd khaufft, das dannach die burger vnd einwoner, zu jren
haußnotturffen, in sollichen khauff steen mögen, daran von den juden vnd jüdinen, in
alweg vngehindert, doch auch mit dem anhang, das sie die burger vnd einwoner hierinnen khainen falsch oder betrug brauchen sollen, alls da sie deren victualien selbs nit
bedürfften, sonder solliche allain aus muetwillen haben wolten, sonsten sie darumben,
wie billichen, durch die obrigkhait abzustraffen. Bey disem articul der victualien, solle
es ain gleiche mainung, auch des holzkhauffs halber haben.
Die juden sollen auch hinfiiro ainichen burger, aid einwoner zu Burgaw, auf ligende
güetter nichts mer leihen, fursezen noch geben, sonder dessen bey Verlust des gelts,
genzlichen aber vnd müessig steen, vnd da sie jemandts derselben vor disem, iez auf ligende güetter alberait gelihen, vnd geben hetten, solliches an jezo gleich an verzug, dem
burgermaister vnd rath, anzaigen, die volgendts, was vnd wievil der auferloffnen suma
in allem seye, abraiten, vnd dem geschwornen statschreiber das alßbald ordenlichen
beschreiben vnd aufmerckhen laßsen, sollen jm fahl sie aber das nit thuen sonder verschweigen, alls solliches sich khunfftiger zeit befinden wurde, gleichermassen bey
verluest des gelts, gestrafft werden.
Vnd da ainer oder mer juden, den burgern vnd einwonern, was gelts, vil oder wenig,
alberait auf farende haab gelihen, vnd geben hetten, sollen sie dasselbige ebnermassen
burgermaistern vnd rath gleich anzaigen, vnd wievil dessen seye abraitten lassen, auch
durch den statschreiber fleissig eingeschriben vnd verzaichnet, vnd da solliches nit beschehen, volgendts zu befiindner warhait, darumben ins khünffiig, bey verlust desselben
gelts gestrafft werden.
Da sie aber ainen oder mer burger vnd einwoner, ins khünfftig wenig oder vil, auf farende haab leihen vnd geben wurden, (dessen sie wol fueg vnd macht haben) sollen sie
khain inerers oder gressers jnteresse, aid zinß hinfiiro darvon nit haben noch nemen, alls
was dißfals die recht vnd des wuechers halben, hievor zu mermalen ausgangne bevelch
vnd aufgerichts Ordnungen zuelassen, darwider jnen juden auch nicht gestattet oder
nachgesehen werden solle, vnd das von stunden das jhring gelt, so bald es glichen
würdt, durch den geschwornen statschreiber, jnn beisein burgermaister vnd raths, auch
beeder der cristen vnd juden gegenwiirtigkhait, ordenlichen verzaichnet vnd eingeschriben werde, da auch ein burger oder einwoner, die versezte farende haab widerumben
zulesen bedingte, hierzue ein ganzes jar frist vnd zil haben, vnd die juden schuldig sein,
jnen gegen barer erlegung haubtguets, vnd auferloffnen vorbestimbten zinß, sollich eingesezte varende haab, widerumben one ferrern costen beschwerdt zuezestellen, im fahl
aber die losung in jars frist nit ervolgte, solle alßdann den juden offen vnd frey steen,
das vndterpfandt jres gefallene, wohin sie wollen, zuverkhauffen.
Die juden sollen auch vor dem kästen, vor frembden vischern, ainiche visch nit
khauffen, die burger vnd einwoner haben dann zuvor khaufft, deßgleichen auch ausserhalb der statt Burgaw, ainiche visch weder khauffen, herein füren, noch tragen lassen,
Nr. 16: Burgau, Markgrafschaft/
Vorderösterreich
429
sie khünden dann khaine visch bey den bannvischern in der statt Burgaw nit bekhomen,
bey straff ain gulden.
Deßgleichen sollen sie niemandts ainiche melchkhue, dann allain den armen vnvermüglichen burgern vnd einwonern, vnd solliches änderst nit, dann mit burgermaister vnd
rath wissen vnd bewilligen, einstellen, bey straff aines gulden. Wann auch die juden
denen zu Burgaw, vnd Oberkhnöringen, waltvich einstellen wurden, welliches hiemit
ernstlich verboten sein, sollen sie das vich, vnd jeder burger vnd einwoner ain gulden
zue straff verfallen sein.
Die juden sollen auch ainich roß, so den ankhomenden juden, alls gösten zuegehörig, auf deren von Burgaw waid nit ausschlagen, es werde jnen dann von burgermaister
vnd rath jnsonderhait erlaubt, bey straffjedes Verbrechens ain gulden. Sonsten sollen sie
auch in andern geboten vnd sazungen, ainem burgermaister vnd rath, wie zuvorderst der
herrschafft, zugehorsamen schuldig sein.
Auf diese Ordnung vnd angesehne vergleichung, sollen beedes, die cristen vnd juden
furterhin sich gegeneinander fridsam, still, vnd rüehig erzaigen, vnd verhalten, khain
thail dem andern darüber in ainicherlay weiß noch weg, nit tribulieren, anfechten, noch
belestigen, sonder da ainer zu dem andern was sprüch vnd vorderung, oder etwas beschwerdt, als clag ob dem andern hette, oder vberkheme, solliches ainem burgermaister
vnd rath rechtlich oder giietlichen fürbringen vnd clagen, vnd vor denselbigen, auspüeren, wover dann ainer oder der ander thail aines erbern raths vnd gericht beschaid vnd
vrtl beschwerdt zu sein vermainte, dasselbige den ambtleüten der marggraffschafft Burgaw oder hochloblichen oberösterreichischen regierung [zu Innsbruck], oder dem jederzeit regierenden erbherrn vnd landtsfürsten, selbs anbringen vnd deren genedigisten,
genedigen vnd gunstigen endtlichen beschaidts vnd resolution, darüber gehorsamblichen erwarten vnd geieben.//
Zue vrkhundt dessen, mit vnnserm kaiserlichen secret jnnsigl verferttigt, geben zu Ynsprugg, den sibenden tag des monats octobris, im fünffzehenhundert sibenundneunzigisten, vnnserer reiche des Römischen im zwayundzwainzigisten, des Hungerischen im
fünffiindzwainzigisten,
vnd des Behaimischen auch im zwayundzwainzigisten jaren.//
*
Carl Freyherr zu Wolckhenstainer// Formula juramenti// Aliso helff mit Gott, die ohne
alle makhel empfangene gebenedeyteste mueter gottes Maria, vnd alle liebe heyligen.
430
Die weltlichen
Staaten
Nr. 17 a: Fugger-Babenhausen: „Statuta und Policey
Ordnung, bey dem ghr[ich]ts Vogtambt zue Gabiingen
samt angehengten fraeuelen, gebott und verbott"
vom 27. November 17252
Von dem wahren allein seeligmachenden catholischen glauben,3 auch dessen
hayligen sacramenten vnnd ceremonien.//
Nachdem der wahre glaub, daß fundament vnd grundt vöste vnnßerer seeligkhait ist, so
will vnd befülchs hirmit die gnädige herrschafft, daß alle ihr von Gott annbefohlen
vnnderthanen, des glauben sein, auch glauben: vnndt halten sollen, waß der hayl. apostel Petrus alß ein Statthalter christi: vnndt volgendts alle seine nachkhümling: vnndt
päbst zu Rom, biß zu vnnßeren zaitten ainhälliglich geglaubt, gelehrt vnndt gehalten
haben, das ist in einer summa, der römische cathollische apostolische vnndt allain seeligmachente glauben, dabey wir auch dessen hayl. sacramenten: vnndt wohl her gebrachten heyl. ceremonys vnd ubungen, wie die vonn vnnßeren lieben eiteren seeligen
ann vnnßlöblich kommen sein. Wtir beständig verharren: vnndt bleiben sollen.
Derowegen dann hiemit verbotten, das keine, waß standts oder wessens der auch
sey, sich in disser herrschafft aufhalten, noch wißentlich gedultet werdten, welcher
eines anderen: vnndt widrigen glaubens gestalten dann auch keiner ungestrafft bleiben
solle, von deme inn erfahrung gebracht wurde, daß er dergleichen kezerische persohnnen gewüsst aber doch erschwigen vndt nit anngezaigt hette. Ingleichen soll allen des
gerichtsverwanten verbotten sein, sich an verdechtige sectische vnnd kezerische orth
zubegeben, eß hat sich dann jemandt so des Vorhabens wehre deßhalber anvor bey den
beambten angemeldt vnndt diesse gewissheit von denen, zu welchem er sich verdingen
wolte, das man ihn nemblich bey seinem glauben vnangefochten verbleiben vnnd sonderlich ann gebottnen feyrtägen, die hayl. meß: vnndt prödig hören lassen wolle,
welches die älteren vormunder oder sonsten anndere befreundten wohl in acht zu nemmen, vnd zuvermerckhen haben.//
Eß sollen auch dergleichen dienendte persohnnen schuldig sein, jedes jähr umb die
öesterliche zeith 14 tag vor: oder nach, der herrschafft oder derselben angesezten beambten ein uhrkhundt von ihrem beicht vätteren zu bringen vnnd darmit zu bescheinen,
das sye cathollischen gebrauch nach gebeicht vnndt communiciert haben: wann sie
änderst des alters sein: wo daß nit bescheche, soll ihnen weder abschüdt, geburths,
noch freybrieff, aus ihrer haimbet erthailt oder gevolgt werden. Gleicher gestalt soll ein
jeder, der sich ausser der herrschafft ann andere orth begeben vnndt häußlichen nider2
3
FuggerA Dillingen, Akten 9.1. 13, Gerichtsvogtei Gabiingen, Polizeiordnung vom 27. 11. 1725.
Die Ortsherrschaft war dort zur Zeit der Abfassung der Polizeiordnung zwischen der Fugger-Herrschaft und
dem Augsburger Domkapitel aufgeteilt.
Nr. 17 a:
Fugger-Babenhausen
431
richten will, vnd zu dem endt umb abschüdt, geburtts vnndt ander vhrkhundten anhalten möchte, anvor vnd ehe ihme solche geferttigt wurdte, solchen seines Vorhabens
einem beglaubten schrüftlichen schein aufweissen.//
Damit aber sovil möglich, alle vhrsachen des mißglaubens vnnd der kezerey benommen werdten, so gebüett die gnädige herrschafft ferner, das alle vnd jede underthanen,
welche büecher in ihren häußeren haben, solche ihrem pfarrherren bringen vndt besichtigen lassen, der dann vrthaillen vnndt erkhennen würdt, ob, selbiger jnnhalt vnnßerem
cathollischen glaubem gemäß seyen, oder nit, wann dann die lehr rhein vnnd vnverfalscht, so soll jedem sein buech, ohne allen schaden vnndt entgelt, zugestält werdten.
Daß es aber sach wehre, daß selbiges mit kezerey vergifftig, so würdt verhoffentlich
einer disselbigen nit mehr begehren, welcher nun hirübert seine buecher ungehorsamblich hinterhalten, vndt wie vermeldet dem pfarrer zue besichtigen nit bringen thutt, der
soll nach erfahrung der offenbahrung dessen ernstlich gestrafft werden.//
Welche sich aber vnnßerem cathollischen glauben vndt dessen haylsammen ceremonien, in einem: oder mehrerem, nit allain mit der thatt, sondern auch mit wortten
freundtlich widersezen, der: oder dieselben sollen nach gestalt ihres Verbrechens nach
Ungnaden gestrafft werden.//
Von beywohn vnnd besüechung des Gotts vnd kürchenreichs vnnd daß man
sich darunder aller werckthägigen gescheffts: vnnd arbaith enteüssern: vnnd
enthaltenn soll
Ingleichen soll gebotten sein, das meniglich alt: vnndt junge, ann den sonn vnd anderen
gebottene feyr: vnndt fasstägen, sich von aller arbaith enthalte, sonderlich in den veldteren mit jätten, graßschneiden, heuen, stro vndt holz aufladen, haimbfuhren, so soll
man auch vor verrichter vesper nit denglen oder auf die mäder gehen vndt der gleichen
werkhtägliche geschafft vndt arbaith verrichten.//
Gestalten dann auch bey namhaffter straff verbotten sein solle, ann den fest vndt feyrtägen nacher Augspurg vndt andere entlegene orth mit hinderung vndt Versammlung
des gottsdienssts zu lauffen, sonder die ein oder der ander von vnumbgänglicher notturfft halben sich über landt zu gegeben hat, soll er sich zuvor angehörigen orthen umb
erlaubnus anmeldten vndt sein raiß darnach anstellen, damit er anderstwo denn gottsdiensst noch erraichen khundte vnd möge demnach ferner allerley unordtnung vndt
müßbreuch wegen beywohne vndt anhörung chrisstlichen gottsdiensts eingerissen, wür
aber mehr alß jemalß uberflißige vrsach haben, dem allmächtigen Gott einhelliglich
vndt fleißig in der kürchen vmb alle zeitliche vndt ewige Wohlfahrt zu bütten. Alß ist
hochwohl gedachter vnßer gnadigen herrschafft ernstlicher befelch, das alle ihre under-
432
Die weltlichen
Staaten
thanen vndt ein jeder in sonderhait, mann, weiber, khinder vndt ehehalten: sonderlich
über diejenige welche zu ihren verständlichen jähren khommen, vndt zu empfahlung
des hochwürdigen hayligen sacraments vonn dem pfarrherren tauglich erkhennt worden sein: alle sonn auch gebottnen feyrtäge: vndt fasstenn fleißig in die kürchen khommen, dem gottsdiensst mit andacht beywohnen vndt nit darvon gehen biß der priesster
denn seegen: vndt das weyhwaßer gegeben hat, doch sollen die alten bedagten persohnen auch die schwangern frauen, welche das endts der hayl. meß besonders winters
zeütten nit erwarthen mögen, hiervon außgenommen sein vndt hingegen diejenige, so
dem gottsdiensts außer ehrhafften vnndt ehrheblichen vrsaachen versaummen, mit
desto ernstlicher straff angezogen werden. Nachdem dann auch verspührt worden, das
mann zu zeithen im opfer nachlässig ist, dahero das pfarrlich ein themmen geschmällert würdt, alß soll nit allain wie von alters chrisstlich vndt löblich herkhommen zu den
vier hochen fassten des jahrs, sondern auch an alle vnnßere lieben frauen, vndt dann
sämmentlichen hayl. aposteltägen, Gott zu lob, ehr, vndt erzaigung christlichen gehorsambs, in der hayl. meß zwaymahl opferen, ain jedes nach seinem vermögen vndt anndacht.
In die kürchen soll mäniglich fein sitsamb vnd in stülle gehen, vndt nit wie in ein
wurthshauß hinein trappen, dardurch dann der pfarrer, vndt andere, in ihren gaisstlichen Verrichtungen vndt anndächtigem gebett nit wenig verhindert, vndt ihre gemacht
werden, bevorab, wann disses darzu kömbt, das etliche vngeschickhte im schnellen
vortrapp uberall mit fuessen vndt seithen währen anstoßen, vndt ein groß gereüsch
machen.
Wann man zu morgen, jtem mittags vmb 12 uhr, vndt abents das gebett leütten
thuett, soll aller mäniglich, junges vndt altes, sowohl zue hauß, alß auf der gassen, vndt
zue veldt, wo mans hören kann, mit entdeckhtem haubt, nider khnüenndt andächtiglich
betten. Welches vnangesechen es von der chrisstl. obrigkheit vor dissem löbl. angestelt
vndt zu halten, alles ernsts geschafft werden, von villen aus vndtacht, faullheith vnd
Verachtung vnnderlaßenn würdt.
Bey den angeställten supplicationen vndt creuzgängen, sollen sich die underthanen
mehrers, weder bißhero beschechen, vnd zwar dahin befleißen das aus einem jedweden
hauß, wo nit mehr, doch zum wenigstem zwo oder nach gelegenheith ein persohn mit
gehen, vnd sich mäniglich alles vnnizen geschwez vndt umbschwaiffens gänzlich enthalten, sondern dem embsingen gebett zu Gott fleißig obligen thun, die manns persohnen sollen inn gleicher Ordnung, das ist zwen oder drey, neben einem ander procedieren, vndt gehen ebenmäßig die weibsbilder, absonderlich, vnd gleich auf demjenigen
rahmen, so ihnen besonder vorgetragen würdt, andächtiglich nachuolgen, dann auch
die junge töchter vndt mägdt, sowohl im aus alß haimbgang jhre devotion vndt andacht, neben dem vorsinger, mit Stetten süngen zichtig erzaigen, würkhlich vollbringen, destwegen jhnen dann auch der Vorgang, vndt erste stell, vor den anderen weiberen wie breichig gelassen werden, wie sie sich dann auch sonnsten mit dem singen,
vnder dem gottsdienst fleißiger alß bis dato beschechen, erzaigen, oder im fahl sie sich
Nr. 17 a: Fugger-Babenhausen
433
demselbigen nit bequemmen wollen, des tanzens als dann beraubt sein sollen.
Wann dann alle pfarrherren, vndt seelsorgeren von ihrer furgesezten gaisstlichen
obrigkhaith erstlich eingebunden, vnd befohlen, ann denn sontägen, die kinderlehr,
vndt vnderweissung in dem catheismo vnßers christlichen cathollischen glaubens, fleissig zu halten, so ist der gnädigen herrschafft ernstlicher befehlch hiermit, bey Vermeidung der gelt oder gefankhnus straff, j a woll gahr des ausschaffens nach dem sich einer
erzaigen würdt, das vatter: vndt muetter, jtem vormunder, vndt pfleger, jhre kinder
auch pflegsöhne, vndt tochter, die paur: vnd maister-schafftjhre ehehalten, knecht vndt
mägdt mit allem ernst darzu wissen vndt annhaltenn, j a die älteren, vndt maisterschaffiten selbsten, ob sie sehen eines bestandenen alters wehren darbey zuerscheinen,
nit vnderlassen sollen, dann sie alzeith was so zu jhrer seelen Wohlfahrt nuzen wurdet,
hörren vndt lehren werden, dieweill aber dergleichen alte persohnen, die forchthievon
abhalten mächte, gedenkhendt, wann sie der pfarrer was fragte, sie alßdann mit schänden bestuenden, vnd der vrsachen außblaiben, so sollen sie hiermit wißen, das der
pfarrer allain diejenig, so vnder 20: jahrenn sein, fragen würdet, vndt derowegen die, so
älter sein, allain zuhören mögen, vnd damit sich dessen weder alte noch junge zubeschweren haben, sondern jedes mit guettem willen vndt lusst erscheinen würdt, disse
kinderlehr ein halbe: oder aufs wenigst drey virtl stundt gehalten auch zu einer geleglichen zeith: dero wegen der pfarrer vndt ambtleuth sich zu vergleichen haben: angestölt werdten.
Vnnd nachdem der allmächtige Gott vnß mehreren theilß wegen vnßerer Sünden,
straffen, vndt allerley kranckheith schuldig thutt, so ist hierumben, der gnädgen herschafft ernstlicher befehl wan sich ein persohn, so schon einmahl das hochhayllige
sacrament des altars empfangen, zwey: oder drey tag zu pött kranckh befundte, das solche nach dem pfarrer schickhen, deme beichten, sich mit Gott verseehnen, vndt das
hayl. sacrament empfangen solle, im fahl aber die kranckhe persohnen solches fur sich
selber nit gebehrte, noch thuen wolte, sollen die andere in dem hauß, alß befreundte,
oder maisterschafften dazu weissen: vndt ermahnen, dann wann ein persohn ohne
beicht vndt empfachung der hayl. speiß sturbe, mächte villeucht selbige gestalten saachen, vnd der gaisstlichen sazung nach, entweders gar nit in das geweicht oder doch
aufs wenigst nit mit gewohnlichen ceremonienn, sondern ohne glaidt vndt gleüth
begraben werden.
Daß flaisch speißen vndt essen ist in der vierzig tägigen fassten, von dem aschermitwoch anzurechnen, wer auch allen quatemberen, oder sonst gebottnen fassttägen
des jahrs nach Ordnung der cathollischen kürchen ernsstlich verbotten, ob welchem
steuff gehalten, vnd gegen den übertretteren ein ernsstliche straff furgenommen, aber
die schwangere weiber, oder sonssten schwache vndt kranckhe persohnen, hiervon
außgeschlossen sein, doch das hierin khein falsch oder betrug gebraucht, vndt die erlaubnus in allweeg zuvor bey dem pfarrer außgebracht, dann ein widrigen einer dopplt
gestrafft werden solle.
Demnach vor etlich jähren wider vnßeren cathollischen vndt allain seeligma-
434
Die weltlichen Staaten
chenden glauben, ein schädtlicher mißbrauch eingerissen, in dene man sich nit
gescheucht, ann dem aschermittwoch, die gemaindten, eingasstung oder mahlzeith
anzustöllen, vnd dann die andere ledige bürs[ch], allen muettwillen, vnd villeicht mehr
alß an vorgehenden tägen, getriben, solches aber wider das gebott der chrisstlichen cathollischen kürchen ist nach dero befelch man zu besagtem aschermitwoch, sich von
allen muthwillen, fullerey, vndt kurzwillen, enthalten, hingegen aber ain anfang der
fassten, vndt betrachtung deß bettenen leydens, vnnßers erlößers vndt seeligmachers
Jesu Christi, billich machen soll. Alß ist hirmit angezogner missbrauch, der gassterey,
vnd anderen muettwillens, an den aschermitwoch zutreiben allerdings abgeschafft,
doch solle an dem montag vndt afittermontag, zuvor dergleichen mahlzeith oder gasstung meßiglich anzustellen, vndt zu halten, einer gemaindt vnverwöhet sein, wie sie
sich dann des tags, alß montags oder afttermontags vergleichen möge, alß bey Vermeidung ernsstlicher straff, so die gnädige herrschafft gegen dem würth vnd gästen fürzunemmen, alzeith ihr verbotten haben will.//
Statuta und policey Ordnung des adelichen guetts Gabiingen sambt angeheng
ten fräulen gebott und verbott von dem wahren allein seeligmachen den catholischen glauben, auch dessen heilige sacramenta undt ceremonie
Nachdeme der wahre glaub das fundament undt grundtweße unßerer seeligkeit ist, so
will undt befilcht hiemit die gnädtige herrschafft, daß alle ihre von Gott anbefohlene
Unterthannen des glaubens sein, auch glauben undt halten sollen, waß der heilige apostel petrus, alß ein Statthalter christi, undt folgendts all seine nachkömbling undt päbst
zu Rom, biß zue unßern zeiten einhelliglich geglaubt, gelehret undt gehalten haben,
daß ist in einer summa der röm. catholischen apostolischen undt allein seeligmachendten glauben, dabey, wie auch dessen heyl. sacramenta, und wohl hergebrachten heiligen ceremonüs und Übungen wie die von unßern lieben voreiteren seel. an unß löbl.
komen sein, wür beständig verharren undt bleiben sollen.
Derowegen dan hiemit verbotten, daß keiner, waß standts oder weeßens der auch
sey, sich in dißer herrschafft aufhalten, noch wüssentl. geduldet werdten, welcher eines
andteren undt widerigen glaubens gestalten dann auch keiner vngestrafft bleiben solle,
von deme in erfahrung gebracht wurdte, daß er dergleichen közerische persohnen
gewüst, aber doch verschwigen undt nit angezeigt hätte.
In gleichen soll diß gerichtsverwanten verbotten sein, sich an verdächtige sectische
undt közerische orth zu begeben, es hab sich dan jemandt, so des Vorhabens were,
deshalben anvor bey dem beamten angemeldt, undt diße gewüßheit von dem, zue welchem er sich verdingen wolte, das man ihne nemblichen bey seinem glauben ungekochten verbleiben, undt sondterlich an verbottenen feyrtägen die heilige meß undt
predig hören lassen wolle, welcher die vätter, vormundter odter sonsten andtere befreindten wohl in acht zunehmen undt zu mercken haben.
Nr. 17 a: Fugger-Babenhausen
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Es sollen auch der gleichen dienendte persohnen schuldig sein, jedtes jähr umb die
österliche zeit: 14 tag vor odter nach der herrschafft odter derselben nachgesezten beamten ein urkundt von ihrem beicht vätteren zu bringen undt darmit zu bescheinen, das
sie catholisch gebrauch nach gebeicht undt communiecirt haben. Wan sie änderst des
alters sein: wo daß nit beschechen, soll ihnen wedter abschydt,geburths, noch freybrieff
auß ihrer heimbet erteilt, odter erfolgt werdten, gleichergestalt soll ein jedter, der sich
außer der herrschafft an andtere orth begeben, undt häußlichen nidterrichten will, undt
zu dem endt umb abschidt, geburths undt andtere urkundten anhalten möchte, anvor,
undt ehe ihme solche geferttigt wurdte, solchen seines Vorhabens einen beglaubten
schrüfftlichen schein aufweißen. Damit aber sovil möglich, alle Ursachen des
müßglaubens undt der kezerey benomen werdten, so gebeüt die gnädtige herrschafft
ferner, daß all undt jedte Unterthannen, welche büecher in ihren häußeren haben, solche
ihren pfarrherrn bringen, undt besichtigen laßen, der dan urtheillen undt erkenen würdt,
ob selbiger jnhalt unßern catholisch glauben gemäß seye: odter nit, wan dan die lehr
rein undt unverfälscht, so soll jedtem sein buech ohne allen schadten undt entgelt widerumben zuegestelt werdten: da es aber sach wäre, daß selbiges mit közerey vergüfft,
so würdt verhoffentlich jener daß selbig nit mehr begehren, welcher nun herüber seine
buecher ungehorsamblich hinterlaßen, undt wie vermeldet, dem pfarrherrn zu besichtigen nit bringen thut, der soll nach erfahrung, odter Offenbarung deßen ernstlich gestrafft werdten. Welche sich aber unßerm catholischen glauben undt deßen heilsamen
ceremonien, in einem odter mehren nit allein mit der that, sondtern auch mit worthen
freuentlich widersezen, der odter die selben sollen nach gestalt ihres Verbrechens nach
vngnadten gestrafft werdten.//
Von beywohn vndt besuechung des Gotts, undt kürchendiensts, undt daß
man sich darunter werckhtägigen geschafft, undt arbeits enteüßern undt
enthalten soll
Ingleichen soll gebotten sein, daß mänigl. alt undt junge an den son- undt andteren gebottenen feyer und fasttägen sich von aller arbeit enthalte, sondterlich dem feldten mit
jätten, graßschneidten, heyen, stro undt holz aufladten, heimbführen, so soll man auch
vor verrichten vesper nit denglen, odter nit auf die mädter gehen, undt dergleichen
werckhtägige geschäff undt arbeit verrichten.
Gestalt dan auch bey nahmhaffter straff verbotten sein solle, an den fest undt feyertagen nacher Augspurg undt andere entlegene orth mit hind an sez: undt versaumung
des gottsdiensts zu lauffen, sondtern da ein odter der andter unumbgänglicher nothdurff
halber sich über landt zue begeben hat, soll er sich zuvor an gehörigen orthen umb
erlaubnus anmeldten, auch sein raiß darnach anstellen, damit er andterstwo dem gottsdienst noch erraichen könnte undt möge.
Demnach ferner allerley unordtnung undt müßbräuch wegen beywohn undt anhö-
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Die weltlichen
Staaten
rung christlichen gottsdienst eingerüßen, wür aber mehr als jemahls überflüßgige ursach haben den allmächtigen Gott einheeliglich, undt fleißig in der kürchen umb alle
zeith undt ewige wohlfarth zu bitten, alß ist gedachter unßerer gnädtigen herrschaffi
ernstlicher befehl, das alle ihre Unterthannen und ein jedter jnsondterheit, man, weiber,
kindter undt ehehalten: sondterlich aber die jenige, welche zu ihren verständtlichen
jähren kommen, undt zu empfahlung des hochwürdigen heiligen sacraments von dem
pfarrherrn tauglich erkennt wordten sein: alle sonn- auch gebottene feyrtäg undt fest
fleißig in die kürchen komen, dem gottesdienst mit andacht beywohnen undt nit davon
gehen, biß der priester den seegen undt das weihwaßer gegeben hat, doch sollen die alte bedagte persohnen, auch die schwangere frauen, welche des endts der heiligen meß
besondters wüntterszeiten nit erwarthen mögen, hievon außgenommen sein, undt hingegen diejenige, so den gottsdienst außer erhöblichen Ursachen versäumen, mit desto
ernstlicher straff angezogen werdten. Nachdem dann auch verspüret wordten, das man
zue zeiten unopferen nachläßig ist, da hero daß pfarrlich einkomen geschmälert würdt,
alß soll nit allein wie von althers christlich undt löbl. herkommens zu den vier hochen
festen des jahrs, sondtern auch an allen unßer lieben frauen, undt denen sammentl.
heiligen apostel tägen, Gott zue lob, ehr undt erzaigung christlichen gehorsambs, in der
heiligen meß zweymahl opferen, ein jedes nach seinem vermögen undt andacht. Jn die
kürchen soll mäniglich fein sittsam undt in stille gehen, undt nit, wie in ein wirthshauß
hineintrappen, dardurch dan der pfarrer, undt andtere in ihren geistlichen Verrichtungen
undt andächtigen gebett, nit wenig verhindtert, undt jrr gemacht werdten bevorab. Wan
dißes darzue komt, daß etliche ungeschickte ein schnellen vortrab überall mit fließen
undt Seiten Wöhren anstoßen, undt ein groß geräusch machen. Wan man morgens, jtem
mittags umb 12 uhr, undt abendts daß gebett leutten thuet, soll aller mäniglich, junges
undt altes so wohl zue hauß, alß auf der gaßen undt zue feldt, wo mans hören kan, mit
entdecktem haubt nidterknieendt andächtiglich betten, welches vnangesehen es von der
gaistl. obrigkeit vor dißem löbl. angestellt, undt zu halten alles erst geschafft wordten,
von villen auß unandacht, faulheit odter Verachtung unterlaßen würdt. Bey den angestellten supplicationen undt creüzgängen sollen sich die unterthanen mehrers weder
bißhero beschechen, undt zuvor dahin befleißen, das auß einem jedtwedteren hauß, wo
nit mehr, doch zum wenigsten zwo: odter nach gelegenheit ain persohn mit gehen, undt
sich mänigl. alles vnnuzen geschwäz undt umbschweiffens gänzlich enthalten, sondter
dem embsigen gebett zu Gott fleißig obliegen thue. Die manß persohnen sollen in gleicher ordtnung, das ist zween odter drey nebeneinandter procediern undt gehen ebenmäßig die weibbildter absonderlich, undt gleich auf denen jenigen fahnen, so ihnen besonders vorgetragen würdt, andächtiglich nachfolgen, dan die junge töchtern undt mägdt,
sowohl in auß alß heimbgehen, ihre devotion undt andacht, neben dem vorsinger mit
Stetten singen zichtig erzeügen, würckhlichen vollbringen, deßwegen ihnen dan auch
der Vorgang undt erste stell vor den anderen wieberen, wie bräuchig, gelaßen werdten,
wie sie sich dan auch sonsten mit dem singen unter dem gottsdienst fleißiger alß biß
dato beschechen erzeügen, odter im fall sie sich dem selbigen nit bequemen wolten,
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des tanzens als dan beraubt sein sollen.
Wan dan auch allen pfarrherm undt seelsorgeren von ihrer eingesezten gaistlichen
obrigkeit ernstlich eingebundten undt befohlen, an den sontägen die kündterlehr undt
unterweißungen in dem cathecismo unßers christlichen catholischen glaubens fleißig
zu halten, so ist der gdgen herrschafft ernstlicher befelch: hiemit, bey vermeidtung der
gelt odter gefangnußstraff, jawohl gar des außschaffens, nach dem sich einer erzeugen
wirdet, daß vatter undt mutter, jtem vormundter undt pfleeger ihre kindter, auch pfleegsöhne, undt töchteren, die baur undt maisterschafft, ihre ehehalten, knecht undt mägdt
mit allem ernst darzue weißen undt anhalten j a die eiteren undt maisterschafften selbsten, ob sie schon eines bestandtenen alters wehren, darbey zu erscheinen.
Nit unterlaßen sollen, dan sie all zeit, waß, so zu ihrer seelenwohlfahrt nuzen würdet, hören undt lehrnen werdten, die weil aber der gleichen alte persohnen die forcht
hievon abhalten möcht, gedeckendt, wan sie der pfarrer waß fragte, sie alßdan mit
schandten bestunden undt der Ursachen außbleiben, so sollen sie hiemit wüßen, das der
pfarrer allein, diejenige, so unter 20 jähren sein, fragen würdt, undt derowegen die so
älter sein, allein zuhören mögen, undt damit sich deßen wedter alt noch junge zu beschwehren haben, sondieren jedtes mit guetten willen undt lust erscheine, wirdt diße
kindterlehr ein halbe odter aufs längst drey viertel stundt gehalten, auch zu einer gelegenlichen zeit: derowegen der pfarrer undt amtleüth sich zu vergleichen haben: angestellt werdten.
Vndt nachdeme der allmächtige Gott unß mehren theils wegen unßerer sindten
straffen undt allerley kranckheiten schicken thuet, so ist hierumben der gnädtigen herrschafft ernstl. befelch, wan sich ein persohn so schon einmahl das hochheilige sacrament des altars empfangen, 2: odter 3: tag zu beth kranckh befundte, das solche nach
dem pfarrer schicken, deme beichten, sich mit Gott versöhnen undt das heilige sacrament empfangen solle, im fall aber die krancke persohnen solches für sich selber nit
begehrten, noch thuen wolten, sollen die andtere in dem hauß alß befreündte odter
maisterschafften darzu weißen, undt ermahnen.
Dan wan ein persohn ohne beicht undt empfahnung der heiligen speiß stürbe, möcht
villeicht selbige gestalten sachen, undt der geistl. sazung nach, endtwedters garnicht in
das geweicht odter doch aufs wenigst mit gewohnl. ceremonien, sondtern ohne glaidt
undt gleutt begraben werdten.
Daß flaisch speißen, undt eßen ist in der vierzigtägigen fasten von dem aschmittwoch an zu rechnen, wie auch an allen quatembern, odter sonsten gebottenen fasttägen
des jahrs nach Ordnung der catholischen kürchen ernstlich verbotten, ob welchem steiff
gehalten, undt gegen denen übertretteren ein ernstl. straff fürgenohmen: aber die
schwangere weiber, odter sonsten schwache undt kranckhe persohnen hievon außgeschloßen sein. Doch, daß hierin kein falsch odter betrug gebraucht, undt die erlaubnus
in allweeg zuvor bey dem pfarrer außgebracht: dan im widrigen einer dopplelt gestrafft
werdten solle. Demnach vor etlichen jahrer widter unßern catholischen undt allein seeligmachendten glauben schädtlicher müßbräuch eingerüßen, in dem man sich nit ge-
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scheücht, an dem aschermittwoch die gemeindten ein gastung odter mahlzeit anzustellen, undt dan die andtere leedige burs allen muthwillen undt villeicht mehr, alß an vorgehendten tägen getriben, solches aber widter das gebott der christl. catholischen kürchen ist, nach dero befelch man an gesagten aschermittwoch sich von allen muthwillen,
fillerey undt kurzweillen enthalten, hingegen aber ein anfang der fasten: undt betrachtung des bitteren leydten unßers erlößers undt seeligmachers jesu christi billich machen
soll, alß ist hiemit angezogner müßbrauch der gasterey, undt anderen muthwillens an
dem aschermittwochen zu treiben allerdings abgeschafft. Doch solle an dem montag
undt afttermontag zuvor, dergleichen mahlzeit odter gastung mäßigen anzustellen, und
zu halten einer gemeindt ohnverwehrt sein, wie sie sich an des tags, alß montag odter
afttermontags vergleichen mögen, alles bey vermeidtung ernstl.: straff, so die gnädige
herrschafft gegen dem würth undt gästen fürzunehmen allzeit ihr vorbehalten haben
will.//
Von gottslästerlichen fluechen, undt falsch schwören, auch verderblichen
spillen
Demnach auch daß fluechen, schwören undt gottslästern die höchste undanckbarkeit
undt schmach ist, dardurch der allmächtig Gott in vil weeg schwerlich erzürnet, undt
unß zue straffen nit unbillich bewegt würdt, alß gebürth die gnädige herrschafft, das
sich deßen mäniglich enthalten thue, bey vermeidtung vorbehaltener ernstlicher straff
gegen den überfahrern diß gebotts nach gelegenheit undt schwehre der sündter mit außreißung ihrer lasterhafften zungen, odter in andtere schwehre weeg fürzunehmen, ob
dan auch sach wehre, das einige gottslästerung von mündterjährigen, halbgewachsen
undt andteren kleinen kindteren gehörte undt darneben so vil verspührt würdte, das ihre
älteren sie darumben nit straffen, so soll alßdan die straff gegen denselben älteren, alß
ob sie solche selbst verwürckt hetten, ohne alle verhindterung undt aufzug furgenommen, undt demjenigen, so der gleichen straff mäßige gottslästerung bey der herrschafft
odter dero beamten anbringen möchte: neben dem der selb sich seines bey Gott verdienstl. anbringens, keinesweegs zubefahren haben solle: vierter theil von der straff
erfolgt, daß übrige aber in dem gottscasten odter stockh gelegt werdten.
Gleichfals soll sich ein jedter des mainaydts enthalten, dan welcher an aydtstatt gelobt, undt dem nit nach kombt, odter falsch zeügnuß gibt, der soll einer ernstl. straff
zue gewartten haben. Allweillen sich auch offlt undt vil begibt, das die geüebte müßhandtlung undt boßheiten mit der trunckhenheit wollen bemäntlet undt entschuldtiget
werdten, so soll hiemit mänigl. wüßen, daß die trunckenheit sogar niemandt entschuldi g e n soll, daß auch alle diejenige, so ihr verbrechen mit dißem laster verthätigen, undt
außredten wollen, undt dardurch ihr viehische tranckenheit selbst bekennen, nit allein
umb solch bekantes laster jn sondterheit, sondtern auch umb das in trunckner, vollem
vndt doller weiß begangene unrecht nach gestaltsame gestrafft werdten sollen.
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Weillen daß vnmeßig ärgerlich spillen nichts andteres alß Zerstreuung freundlichen
willens erweckhung alles neydts, zorns, gottslästerung, und der spilleren selbst ihren
weib undt kindteren an der nahrung scheinbarlichen mangel undt verderben bringet,
dardurch auch nit wenig spiller in großen unfall, ja wie es die erfahrung offt bezeüget
zum bößen außgang ihres lebens gerathen, so soll hiemit jungen undt alten, mehr odter
höcher alß umb zween pfennig zu spillen undt neben zu biethen ernstl. verbotten sein.
Gleicher gestalt ist daß spillen an den vier heiligen festtägen, als ostern, pfingsten, unßer lieben frauen himelfahrt, undt weyhennachten, wie nit weiger in der heill. vierzigtägigen fasten gänzlich aufgehebt, undt bey ernstlicher straff verbotten, derowegen dan
diejenige, die bey tag odter nacht über 9 uhr theurer odter auch an andteren orthen, alß
in offenen würthshäußeren ohngebührlich spillen, auch welche die spiller sezen undt
über die bestimbte stundt spillen laßen, nach gestalt ihres Verbrechens ernstl. gestrafft
werden sollen.
Es will auch die gnädige herrschafft bey straff des falsch in gemeinen rechten bebrüffen, alle gefahrliche spihl außtruckentlich verbotten haben. Den fai jemandt mit
einem auf borg odter kreidten, theurer alß oben vermeldt wordten, spilte, sollen nit allein gestrafft werden, sondtern auch der verluestige das auf porg verspilte gelt nit
schuldtig sein zubezahlen. Wan auch jemandt jenem auf das spill: verstehe über den
zuegelaßenen werth zue spillen: waß leihen undt furstrecken thete, sollen zwar beedte
gestrafft aber derjenige, so geliehen hat, seines geliehenen gelts verluestiget werdten,
undt derjenig, dem es geliehen wordten ist, nit schuldtig zue bezahlen odter widter
zuegeben.
Mit waß gestalt maaß undt condition außländtisch undt frembde persohnen in die
herrschafft ein gelaßen, beherbergt: und unter schlauff, auch welche forth undt außgeschafft werdten sollen, samt angehengten gebott, daß sich keiner hinter die jungen
steckhen: undt des aber glaubischen seegensmeßig gehen solle.
Item.//
Von eingehäußten, undt das kein unterthann mit einigen judten contrahirn
noch auch sich an frembdten gerichten einlaßen solle
Vndt die weil nit rathsam, noch zu thuen, daß mäniglich ohne unterschidt in diße
herrschafft gelaßen und zue wohnen vergundt werdte, so verschafft die gnädige herrschafft hieüber folgende ordtnung zu halten, erstlich die unterthanen betreffendt, wan
sich zwo eingebohrne persohnen in diensten bey einandter odter ihren älteren ehrlich,
züchtig, verhalten haben und nunmehr jenes vollkommen alters sein möchten: daß ist
ein man auf 24: ein weibsbildt aber: 18 jähr: auch sich mit einandter verehelichen
wolten, aber entwedters garnicht: odter doch ein geringes zuesamen brächten, sie selben in ansehung ihres ehrlichen vorgangenen undt in hoffnung folgendten wohlhaltens
mit hauß eingelaßen werden. Begebe sich aber, daß ein man odter weibs persohn sich
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Staaten
mit einer außergerichts verheürathen, die ihr mit: 50: fl zuebringen thete, so soll
solchem ehevolck kein häußliche wohnung gestatt werdten.
Wan sich aber außländlische, daß ist persohnen jenes andtern gerichts, hiehero begeben wolten, so sollen die nit eingelaßen werdten. Sie bringen dan, neben jenem beglaubten abschidt ihres Verhaltens, auch ein schrüftliche urkundt, das sie von ehrlichen
eiteren ehrlich gebohren, undt keinen nachrüeffendten herrn mit leibsservitut: odter in
andtere weeg verpflicht: odter verhafft, sonderen deren allerdings frey sein, neben dem
sollen sie angeloben, das sie mit keinerley schuldten, kast, rechtförttigungen odter andtern zanckhändtlen, die treffen gleich christen odter judten anbeladten seyen, in gleichen auch wahrhaffte anzeügung ihrer schuldten thuen, wurdte nun einer hierinnen
waß verhalten: undt daßselbig nach beschechen einlaßen, über kurz odter lang offenbar
wirdten, der soll nach guettachten der gnädigen herrschafft umb gelt gestrafft: odter
widterumb forthgeschickt werdten.
Fernners solle ein frembdtes ehevolck an vermögen: 100 fl haben, auch das mit
leiblichen aydt betheuren, odter mit ehrlichen bidtermäneren beweißen, doch sollen die
handtwercker, welche sowohl der herrschafft alß den unterthanen nuz sein möchten,
hierunter angesechen werdten, dan auf dißen fall einem solchen handtwerckhsman:
wan der änderst glaubwürdige urkundten seines erlehrneten handtwercks undt ehrlichen Verhaltens furweißen thette, sein erlehrnetes handtwerckh für: 50 fl von der gnädigen herrschafft, dero solcher fall in allweeg anzuzeigen ist, angeschlagen, paßiert
werdten könnte.
Demnach die jngehäuß sich in großer anzahl befindten, dardurch denjenigen, so begüettet sein, offt merckhliche beschwerdten undt angelegenheiten aufwachsen, so soll
umb dißen zue fürkommen, hinfurter kein jngehäuß in die dörffer, fleckhen undt ainödten eingelaßen werdten, daßselbig habe dan von der gnädtigen herrschafft gnädtige Vergünstigung erlangt, derowegen derjenig begüettet, so ein frembdten zue jngehäuß ohne
gemelte gnädige zulaßung aufnembt, ernstlich undt unnachläßlich gestrafft wirdten
solle.
Begebe sich dan, das ein jngehäuß gar auß dem dorff zuge: odter mit todt abgienge,
soll derjenig, bey dem es gewohnet hat, solches dem amt alsbaldt anzuzeügen schuldtig sein, undt ohne bewilligung weitter keines einnemen, gleichfalß bey Vermeidung
ernstlicher straff.
So sollen die jngehäuß der herrschafft odter ihrem beamten an einen geschwornen
aydtsstatt geloben, derselben gehorsamb, gerichtbahr, vogtbar undt bottmäßig zu sein,
undt da man ihrer dienst begehret, sich willig einzustellen, doch umb gebührendten
lohn.
So offt ein jngehäuß eingelaßen würdt, soll der so es einnembt, für selbiges gegen
der herrschafft undt sonsten mäniglichen umb schuldten, undt all zutragendte fäll, pürg,
zahler undt verhafft sein, wie dan so ein jngehäuß gegen unßern odter andterer herrschafften delinquiren, undt ainige straff einfallen wurdte, undt nit zu bezahlen hett. der
so es haußet, undt haftet fur ihne stehen undt würckhl. bezahlen soll, derowegen ein
Nr. ]zyxwvutsrponmlkjihgfedcbaWVUNMKHGED
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jedter sich wohl fursechen, undt guette achtung geben mag, das er für sein jngehäuß
guette ruggbiirgen habe.
Es soll auch kein unterthan odter jnwohner ainige frembde persohn ainige nacht in
seiner behaußung aufhalten, noch herbergen, ohne der amtleüth vorwüßen undt erlaubnus, es wären dan etwan seine eiteren odter sonsten nahendte befremdte, auch zu gesundter zeit, undt nit von verdächtigen ungesundten orthen, dan außer dißen fallen alle
persohnen, sie seyen wer sie wollen, außgeschloßen sein sollen, also das auch kein beamier hierin zue erlauben einigen gewalt haben solle.
Deßgleichen sollen alle verdächtige außländtlische landtbettler, sterzer, zigeiner,
trackscrammer undt andtere dergleichen vaganten mitnichten geduldet, sondieren fortgeschafft, vertrieben, entgegen aber die eingebohrne odter sonsten recht arme bekante
leüth, welche sich ohne des heiligen almößen nit hinbringen könten, kaßiert undt geduldet werdten. Welche sich in diße herrschafft einkaufft, und nit siben jähr aneinandter sein hauß odter anweeßen darinen behalten, sondtern vor außgang deren widter verkaufet, undt zue jngehäuß sein wolt, deme soll wegen des ersten einkauffens kein
erseßene dorffsgerechtigkeit gestattet, sondtern widter außgeschaffit werdten.
Es soll vilweniger den unterthanen gestattet werdten, daß sie heu, stro odter flax in
den häußeren nahent zue den feürstätten undt offen legen, dörren undt bey dem Hecht
bereithen, wan dergleichen, waß gefundten würdt, soll daß ohne widterredt den amtleüten verfallen sein, undt der Verbrecher noch darzue von der herrschafft gestrafft werdten pr: 30: reichsthaller.
Keiner der sich hinter die judten gesteckt undt mit ihnen contratirt hat, odter sonsten
auf andtere weeg undt mittel, wie die jmer nahmen haben mögen, eingelaßen, soll in
der herrschafft geduldtet werdten, wie dan solches bey einziehung aller haab undt
güetter, auch verweißung der herrschafft, hievor verbotten geweßen ist, auch hiemit auf
ein neues verbotten sein solle.
Nachdeme dan auch in der erfahrung befundten würdt, das bey den unterthanen die
aberglaubige seegen fast aller orthen gemain, undt sich deßen mäniglich ohne scheühen
gebrauchen thutt, daß selbig aber nit allein widter die außtruckentl. gebott Gottes,
sondieren auch dahin leidter gebraucht würdt, daß man dardurch zue fordterist dem allmächtigen Gott, dan der himel Königin Mariae undt dem lieben heiligen ihre gebührendte reverenz undt ehr entziechen, undt dargegen dem laidtigen sathan ein liechtlen
aufsteckhen undt dienen thuet, alß ist hiemit bey leibs undt andteren hochen straffen
ernstl. verbotten, das sich keiner dergleichen an seegens undt abergläubischen wercks
wedter inner noch außer der herrschafft gebrauchen, sondtern deßen allerdings müeßig
gehen, vil weniger daßselbig selbsten üeben, noch den vermaindten Wahrsagerin undt
helffteren wie mans nennet: umb ainige hilff undt rath zue lauffen, sondtern derselben
allerdings müeßen gehen thue.
Demnach auch die gnädige herrschafft, samt allen deren Unterthannen undt angehörigen, vor frembdte gericht privilegirt undt befreyet, so soll hiemit allen unterthanen
gebotten sein, da einem odter mehren ein citation, berueff odter ladung vor einem
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Die weltlichen
Staaten
frembden gericht zu erscheinen zu köme, das sie die citirten solches der herrschafift
alßbaldten anzeiigen, auf das selbige nach jnhalt angezogenen freyheit, wie offi: beschechen ist, abgeforderet werdten mögen.
Gleicher gestalt ist auch bey ernstlicher straff hoch verbotten, das kein unterthan
den andteren vor frembdte gerichte ftirnehmen, sondter wo fern einer zu dem andteren,
es sey umb was sachen es wolle, zue sprechen undt zue klagen hette, er das selbige an
orth undt endten, wo ein jedter geseßen, thuen undt aida recht nehmen undt geben solle.//
Von kauffen und verkauffen, auch aufrichtung, undt besiglung allerhandt
contract, item von testiren undt legiren
Es sollen auch die unterthanen außer der herrschafft vorwüßen undt bewilligung kein
verschreibung aufrichten, auch durch keinen andteren alß dero beamten besiglen laßen,
sondterlichen darumb, damit die unterthanen sich nit etwan unwißent der herrschafft
freyheiten darinen verzeichen, odter andterer nachtheille clausulae inherieren undt kaßiren laßen. Item alle die bereit siglmeß seindt odter noch werdten möchten, sollen
ohne der herrschafft wüßen undt erlaubnuß ainigen contract nit besiglen, gleichfals sich
außer gebieths umb kundtschafft odter zeügnuß zue geben, in was sachen das were, nit
verfliegen. Ferner sollen alle unterthanen sich ainiger vngebührlicher handtlungen nit
unterfangen, alß wueherlicher verzünßungen, vortheiligen aufkauffs der schuldten, odter schenckhkauff, leichung auf getraidt undt fruchten auf dem feldt: odter dergleichen
bey vorbehaltener straff undt verluest des contracts, gleiche mainung soll es haben mit
verkauffung heüs, stroh undt anderer fuetterungen, welche andter Werths käufflich hinzugeben, nit gestattet werdten solle, es seye dan der herrschafft undt dero Unterthannen
zuvor angebotten wordten.
Damit auch der arme baursman, so nit des Vermögens ist, einen hoff zu kauffen
unterkommen möge, so soll hin furdter verbotten sein, mehr nit alß ein gutt, daß sey
gleich ein hoff odter söldt an sich zu kauffen, es werdte dan einem ein solches von der
herrschafft außsonderen Ursachen undt bedencken gnädig erlaubt. Jngleichen soll auch
keiner ainzig ligendt guett auf der herrschafft an frembde orth verkauffen, vertauschen,
übergeben, verändtern, versezen odter verschreiben ohne außtruckliche schriifftl.: bewilligung der herrschafft bey verwürckung des guetts, wan dan auch jemandt sein hoff,
söldt, behaußung odter ainig andteres guett verkauffen, undt auß der herrschafft ziechen, odter darinnen bleiben wollte, auf solchen fall soll die bezahlung, allweegen vor
der nachgesezten herrschafft undt amtleiithen gelaistet, die kauffbrieff bey hießigen
amt auf gericht, undt welcher darwidter handlet pr: 4: fl gestrafft werdten.
Wan einem heimbischen odter außländtischen ein aigen odter erbgutt verkaufft,
vertauschet odter in andtere weeg alieniret würdt, soll der herrschafft darüber ihr habendte einstandt gerechsame bevorstehen, undt ein unterthan dafern jemandt sich mit
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einem frembden in handtlung eingelaßen hette, noch gehendt in den kauff, tausch odter
verändterungen, wie die auch namen haben, mögen zustehen undt daß veralienirte
guett, allermaßen undt gestalt wie die handtlung mit einem frembdten beschloßen
wordten, an sich zu lößen guetten fueg undt macht haben.
Welcher verkaufft odter zue unterpfandt verschreibt, das zuvor einem odter mehren
verkaufft odter verschriben were, der soll darumben ernstlich gestrafft werdten. Wan
einer jemandten von todts wegen odter sonsten dergestalt etwas verschaffen odter
schencken will, daß es derselb nach sein des gebers absterben empfangen undt haben
soll, das mag entweedters vorm obervogtamt undt zween richter, odter da man deren
nit habhafft sein kündte, zuem wenigsten in beysein zweyer andteren ehrbaren persohnen, so in sondterheit darzu erbetten undt ersuecht werdten sollen, wohl thuen, wan
aber ein solches nit beschicht, soll das geschäft unkräftig: undt nit gültig seyn.
Von verheürathen, hochzeiten, stüel vesten undt danzen. Item.// Von bestraffung begangenen ehebruechs undt der vnzucht vorgehaltnen kürchgang
Nachdem das junge volck gegen ihren älteren undt pfleegeren bißweilen sich ganz
ungehorsamb erzeügt, undt ohne derselben vorwüßen undt willen verheürathen, das
widter die gebott Gotts undt alle ehrbahrkeit ist, damit dan in ehelichen versprechen die
ehebarkeit, auch die christlich schuldtige gehorsamb erhalten, hingegen aber aller müßbrauch undt ärgernus aufgehebt, verhüet, undt ein ehrlicher man vmb sein söhn odter
tochter nit so schändtlich betragen werdte, so gebeüt die gnädige herrschafft hiemit
ernstlich, das hinfür keiner, der seinen vatter, anherrn odter an deren statt ordentliche
pfleeger, odter sonsten nahendte freundt hat, sich ohne derselben wüßen, willen undt
rath in heürath nit einlaßen bey vermeidtung ernstlicher straff.
Wan sich zwo persohnen zusamen verloben, versprechen undt hochzeit haben wollen,
soll solches der gnädtigen herrschafft bey guetter zeit davor angemeldtet werdten, die
dan auch etliche tag zuvor, christlichen gebrauch nach, beichten, communicieren undt
folgendts an dem angestelten hochzeittag mit dem geladtenen so zeitlich zuer kürchen
gehen sollen, das der pfarrer den gottsdienst biß halber ailffe verreichten möge, wo sie
aber zu lang außbleiben, hat gemelter pfarrer sie auf negst folgenden tag zeitlicher zuerscheinen zuvorschaffen. So sollen die hochzeiten undt stuel vesten odter versprechen
nit an fasttagen angestelt undt gehalten werdten, außer erhöblichen Ursachen, die
beedte partheyen dem pfarrer undt beamten bey gutter zeit zuvor anzeügen, undt deren
guttachtung erwarthen sollen.
Auf ein hochzeit odter stuelvesten odter versprechen soll keiner mehr persohnen
ladten alß ihme von der herrschafft nach der qualitet künfftiger eheleuth vergündt würdet, welche nun mehr haben wollen, die sollen darumb bey der herrschafft anhalten,
wan aber einer ohne diße erlaubnus mehr ladten, undt sie der würth sezen würdt, sollen
die prautleüt samt dem würth nach der herrschafft erkantnus gestrafft werdten.
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Da die ehebrecher, wie auch da junge odter alte persohnen ihr selbsten so vergeßen,
daß ehe sie zue kürchen undt Straßen gangen undt ordtentlicherweiß eingesegnet worden weren, den beyschlaff gehalten hetten, undt das über kurz odter lang von ihnen
außkommen wuedt, die sollen nach der herrschafft guetachten gestrafft, undt gar des
gerichts verwüßen werdten.//
Von ehehalten
Demnach sich auch offt zue trägt, daß zwischen der baurschafft undt der ehehalten klagen folgt, ist der gnädigen herrschafft maining, mäniglichen recht gedeyen zu laßen,
alß erinnert man hiemit mäniglichen, das ein maister odter baurschafft sich gegen denn
ehehalten gebührlich, daß ist ohne erhöbliche ursach, nit zue rauch odter zu grob erzeigen, dan wan die ehehalten deßwegen zue klag kommen, sollen selbige angehört undt
darauf die billigkeit verschafft werdten. Hingegen sollen die ehehalten sich gehorsamb
gethreu undt geflißen erzeügen, dan so erhöblich undt billische klagen widter einen furgebracht wurdten, soll gleichfals, was billig ist, erkennt werdten.
Wan sich ein ehehalt verdinget undt den beykauff empfangen hat, der soll zue versprochener zeit in dienst zue tretten schuldtig sein, odter daßselbig ganze jähr in dißem
gericht zue dienen nit geduldet, undt der ein solchen ehehalten wüßentlich dingte odter
ufhielte, soll ernstlich gestrafft werdten.
Welcher ehehalt ohne rädtlich undt ehehaffte vrsachen vor dem versprochenen odter
gewohnlichen zühl urlaub nehmen: undt auß dem dienst tretten wurdte, dem soll nach
gestalt samb der Ursachen eintwedters gar kein lohn odter doch allein nach anzahl der
gedienten zeit geben: undt noch darzu, da ers also verschuldt hette, ein ganz jähr in
dem dorff zue dienen nit gelaßen werdten.
Welcher aber dergleichen ehehalten über diß dingen, haußen odter hoffen wurdte,
der soll nit ungestrafft verbleiben.//
Feurs-ordnung
Obervogtamt undt vierer eines jedtwederm fleckens sollen jedtes jähr zum wenigsten
zwey: odter dreymahl alle feuerstätten besichtigen, undt wo mangel odter gefahr verspüret odter erfundten würdt, solche bey straff: 10 fl zu beßeren alles ernsts schaffen
undt bietten. Es sollen auch in jedtwedterm flecken jedtes jahrs besondters vier guett
starcke feuerhacken hacken, zum wenigsten zwo odter drey laitteren verordnet wirdten
undt fursehung beschechen, damit man in entstehendter feuersnoth, hilff undt rettung
zue thuen geschickt seye.
Im fahl sich dan in der herrschafft dörfferen odter bey den benachbarten, in welchen
daß auch wäre, einige brunst: welches doch Gott jedterzeit gnädtiglich fürkommen
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wolle: erzeiigte, so sollen in solcher gefahr die sechs negst geseßne persohnen sich bey
dem schloß findten laßen, undt daselbsten die wacht angelegnes fleißes versechen, dan
auch die halbe mannschafft in dem flecken mit geschürren, laitteren, hackhen undt was
darzue dienstlich zue lauffen, der andere halbe thail aber bey dem flecken bleiben, es
wehre dan die gefahr so groß, daß die herrschafft gemelten übrigen theil auch zue retten, schaffen undt gebietten thette, in maßen dan hinfuro jährlich ordtnung beschechen,
undt vermittelst deren sublication den unterthanen in gemein angezeügt werdten solle,
was undt wievill persohnen auß dem fleckhen der gefahr zu lauffen undt beystandt
thuen sollen.//
Von vormundtschafften waißen, heiligen: undt gemeindtgelt
Demnach vil Unterthannen der mainung sein, alß soll das waißen, gemeindt undt heiligen gelt also befreyet sein, das uf den fall übelhaußens undt Verderbens eines schuldtners selbiges ohne unterschidt: undt vor allen schuldten entricht undt bezalt werdten
müeße, also daß die pfleegere deßwegen nit anzufechten wären, undt daß allein darumben, die weill es ein zeithero also beschechen ist, undt derowegen für ein gewohnheit
gehalten werdten wollen, wan aber in dem gemeinen beschribenen rechten von deren
freyheit andters nichts befundten würdt, alß daß sich die waißen allein wegen empfangenen schadtens bey ihrem pfleegeren undt verwalteren, odter deren haab undt güetteren vor allen andteren dero glaubiger zuerhollen haben, so soll hinfuro solcher
ungegründter müßbrauch hiemit ganz aufgehebt undt abgeschafft sein, also daß heiligen, waißen: undt gemeindt gelter mehr freyheit alß andere gemaine schuldten nit haben sollen, es wehre dan, daß die pfleeger darumben genuegsamen porgschafft hetten,
odter das ihnen des schuldtners haab undt güetter in gemein: odter etliche jnsondterheit, endtwedters in einem durch den beamten gefÖrttigten brieff außtruckhlich verschriben undt verpfändet worden, odter: da man den uncosten wegen außfÖrttigung des
schuldtbrieffs fliechen wolt: daß solches allein dem obervogt angezeügt, undt dißer
dem amt, waißen undt heiligen buech odter protocoll: welches sovil crafft haben soll,
alß ein außgeferttigter besigleter brieff: solches einverleibt hette, meltendte, waß gestalt das gelt außgeliehen: undt waß hingegen verschriben worden sey, sambt dem tag
undt jähr undt deren benambsung, so dabey geweßen sein, wan nun aber deren keines
beschechen, soll allen heiligen undt waißen pfleegeren, wie auch der gemeindt verwaltheren obligen undt sie schuldtig sein, allen abgang undt schadten unnachläßig
zuerstatten undt zu bezahlen.
Ehe undt zuvor den verordneten waißen pfleegern die administration undt Verwaltung der waißen güetter aufgetragen undt anbefohlen würdt, sollen sie mit handt gegebner trey, an eines leiblichen geschwornen aydtstatts angeloben undt gelübdt thuen,
ihren pfleegkindteren undt derselben güetter getreulich undt ehrbarlich vorzustehen,
die selbig zu verwalthen, auch nichts darvon in ihren nuzen zuverwendten, noch sei-
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Die weltlichen
Staaten
bige güetter, sondterlich die ligendte, ohne der gnädtigen herrschafft vorwüßen undt
erkantnus zu verändteren, zu verpfandten odter zu verkauffen, noch etwaß andteres zue
thuen, zue handtlen odter zu laßen, alß waß frommen undt getreuen vormundtern zue
thuen, zue handtlen undt zue laßen gebührt.
Es sollen auch alle heiligen undt waißen pfleeger, wie auch die gemeindts Verwalter, zue gewöhnlicher zeit jedtes jahrs ordentliche rechnung thuen, undt was sich dan
ferner außzuleichen befindte, daß selbig umb gebührlichen landtläuffigen zinß sicherlichen außleichen.
Alle Übermaß der unordentlichen zöhrungen, so je zu zeiten über ob angedeüte waißen heiligen undt gemeindts rechnungen gangen, sollen hiemit allerdings caßiert, ufgehebt undt abgethan sein undt bleiben. Vndt hinfüro von der waißen wegen in die
amtschreiberey von 100 fl 10 xr undt dann einem waißen pfleeger, dem vermögen undt
gestalten sachen nach, für zöhrung undt müehe 9:10:12:15: weniger odter mehr kreuzer paßiert: undt die waißen diß orths mit ainiger unverantwortlichen Übermaß nit
beschwehret werdten.//
WürthschaffturngdO
Ordnung
Keine zöhrung unter wehrendten gottsdiensten gestattet werdten, so sollen die würth
auch nach neun uhr niemandt mehr zechen: odter spillen, kein wein, bier, brodt noch
andters auf die gaßen geben, doch hiervon die frembde undt krancke, welche des weins
odter biers nothdürfftigen wehren, außgenohmmen, welcher würth odter unterthan hier
widter betrüegbahrlich zu erwarthen haben. Es sollen auch alle wein undt bierschenkken geaichte undt gerechte maaß den zechleüten auf den tisch, undt in den flecken
außschencken: undt furtragen, alles ohne schädtliche Vermischung undt betrüegliche
gefahr. So sollen beynebens den würthen hiemit alles ernsts eingebundten sein, beglaubte urkundt undt schein aufzuweißen, wie theuer ihnen der wein für die thüre undt
in den keller kome, undt soll kein wein verzapft noch außgeschenckt werden, waß dan
zuvor nach seinem valor gesezt.
Ferner sollen die würth kein übermäßiges, wie bißhero verfüret wordten, auf die
wein schlagen, sondtern sich eines zimlichen gewins sättigen laßen, wofern sie aber
ihre wein odter bier ungebührlich hoch schäzen: undt dardurch ihr gewüßen beschweren wurdten, auf solchen fall solle ihnen mit vorbehaltener straff solcher wein odter
bier seinen valor undt werth nach: odter wie andtere würth dergleichen außschencken,
laidtenlich, undt den würthen ohne nachtheil beruffen undt gesezt werdten. Gleicher
gestalt sollen die wein undt bier schenckhen bey den offnen zechen: die verdingte mahl
außgenommen: mit wüßenden dingen der zechleüth, den aufgetragenen wein odter bier
an ein in ihrer stuben öffentlich hangendte taffei anschriben, auch die zechen in beyweeßen eines odter zweyer der aufmerckhlisten undt geschicktisten zechmäner umb ein
zimbliches undt gebührliches, doch ihme ohne schadten: anschlagen, undt die zech also
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miteinandter anlegen, alles bey straff der ermeßigung, neben dißem allen sollen die
wtirth mit denn weinen in keller wedter umb heller noch pfening aufschlagen, sondtern
den selben bey dem ersten berueffen werth bleiben laßen.
Die würth sollen umb wein odter bier zechen einem bauren über: 4: fl., undt einem
söldtner über: 2: fl., nit porgen, dann welcher hierwidter thuen dem alß kläger soll in
undt außer rechtens über jetzt summa nichts zu erkennt: noch zugesprochen werdten,
doch hiervon außgenomen, die hochzeiten, stuellvesten, laykauff, verträg, ufricht wein,
undt dergleichen redtliche handtlungen. Damit aber unter dem schein der leykauff kein
betrug gebraucht, auch die schädtliche gewohnheit, so bißhero in schwung geweßen, ist
abgestrafft: werdten: dann offtermahl mehr vertruncken worden, was sich die an dem
kauffschilling versprochen erste paarschafft belauffen thue, undt wievil vom solcher
ungefährlichen zu versteüren sein möchte, das sovil der verkauffer auch sovil zu laykauff geben solle, da hierwidter gehandtlet odter ainiger betrug mit vorgebung falscher
paarschafft gebraucht undt erfahren wurdte, sollen die partheyen samt dem würth, da er
deßen wüßens gehabt, darumben ernstlich gestrafft werdten. Frembdes bier herein
fuhren, straff von jedtem aymer: 2: fl//
Vom böckenwerckh
Demnach offit klagen fiirkommen, welcher maßen sich die bocken mit bachung des lieben brodts nit jedter zeit der gebühr verhalten, in deme sie nemblich das brodt zu klein
bachen, undt verkauffen, welches zwar dem armen mann, sonderlich aber den kindt pötherinen undt andteren schwachen persohnen hoch beschwehrlich, undt dahero diße
gefahrlichkeit in allweeg abzuschaffen ist, so ordnet undt gebüeth die gnädige herrschafft allen undt jedten bocken hiemit ernstlich, undt will das sie sich nun ftirohin befleißen undt fürsorg tragen, damit sie guetten zeüg, undt den kerren nit nach dem wohlfailsten undt ärgsten aufkauffen, sondieren daß semel undt roggenbrodt, nach maß, wie
es die bocken zue Augspurg halten, ohne allen betrug machen sollen.
Auf daß dan dißer gegebenen ordtnung desto fleißiger nachkomen, undt gelobt
werdte, so sollen die amtleüth in einem jedtwedteren fleckhen die gewicht viermahl in
einem jähr aufziechen, das gebachene besichtigen undt beschäzen, ob nemblich daß
selbig sein zimliche große, auch klare habe, undt nach nothdurff gebachen sey, daß selbig auch ungefährlich neben Augspuger brodt käuff mit seiner gütte sich vergleichen
möge, so dan die verordnete ainige mangel gefahr odter betrug daran befändten, sollen
sie solches bey ihren pflichten undt aydten der herrschafft anzeügen, undt hierinnen
wedter freindtschafft, schwagerschafft, gunst, gaab odter schanckung, noch etwas anderes ansehen, noch die bocken ungebührlich übertragen.//
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Die weltlichen
Staaten
Baadter vnd badordnung
Erstlich sollen die baadter guette warme bädter zue haben sich befleißen, auch die fürsehung thuen, damit solche zue sommers undt wintters Zeiten umb 9: uhr vormittag gehüzt zuegericht, außgegoßen, undt mit warmen undt kalten waßeren, schäfflen, kiblen,
laugen, undt waß die nothdurfft allenthalben erfordert, jedterzeit ohne mangel versehen
sein.
Zum andteren sollen die baadter zue jedt wedterer zeit, so man badt gehalten, die
scheffer undt kibel, auch die baadtstuben, siz, bänckh undt bädter rein undt sauber auß
undt abwaschen, damit sich niemandt verunreinigen möge.
Drittens sollen die baadter zweyer odter dreyerley meßen undt delgel, undt darneben guette achtung haben, damit, wan vnreinigkeit odter liedterliche schädten bey
etlichen persohnen verspüret wurdten, sie sich alßdan sondterbare meßen undt delgel
gebrauchen künten, undt also die reinen von den ohnreinen nit etwa infisciert, undt verlegt werdten. Diejenigen persohnen, so mit dem bößen wehetagen, franzhoßen odter
andteren erbschädten behafft, sollen in den gemeinen bädteren zu badten nit gestattet
werdten. Undt sollen die baadter mit ernstl. fleiß darob sein undt achtung geben, wo
dergleichen schadthaffte undt abscheuliche persohnen zu andteren gesundten leüthen in
die bädter gehen wolten, da sie die selbige von stundt an auß undt abschaffen, im fall
sich dan solche leüt über bemelte abschaffiing widter mahlen in den bädtern erwischen
ließen, sollen die badter daßselbig dem untervogt anzeügen, der es dan auch alßbalden
für die herrschafft zu bringen schuldtig, damit man widter die halßstörrige persohnen
ernsts einsehen furnemmen kundte. vndt demnach ein zeithero zimblich unordtnung
eingerüßen: im maßen in negst entschaidtnen strittigkeiten zwischen den gemeindten
undt den badteren allerhandt beschwernußen ein kommen sein: jn sondterheit aber, daß
die badtstuben zu klein seyen, dan sich offt solches geschwadter darin befindte, das
man nit sizen kündte, sondtern stehen mißen, so ist umb solchen undt dergleichen
mängel beschwerdten undt ungelegenheiten fürzukommen, hiemit der gnädigen herrschafft ernstlicher befelch, daß sich die bauren vndt söldtner, auch die bäurinen vundt
söldnerinen mit ihren kindteren baldt nach: 12: uhr in das badt verfliegen: vndt wan
jedtem sein gebühr nach nothdurff erwißen wordten ist, sich widterumb so zeitlich
darauß begeben sollen, das hernach die knecht undt ehehalten, wie auch die jngehäuß
des badts ruehiger genießen mögen, auf welche weiß plaz genueg sein, undt alles
ordentlich zugehen würdet.
Die jenige jngeseßene undt beguetterte, welche bey: odter in ihren hoffstatten badtstüblein haben, mögen selbige wohl nuzen für ihr persohn, undt die so in ihrem brodt
sein: doch der badtstuben odter ehehäfften ohne nachtheil: andtere aber darein zu berueffen undt badten zue laßen, dardurch dem baadter sein lohn entzogen wurdte, soll
verbotten sein bey: 30 xr für jedte verwahrte persohn zue bezahlen, undt gleichmeßige
straff soll auch derjenige verfallen haben, so zue nachtheil der ehehäffte außer gerichts
in das badt gehet.
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Leztlichen sollen die bauren vor den söldtneren, die söldtner vor den haußgenoßen
undt dienstknechten odter söhn den Vorgang haben, waß dan sonsten zwischen den Unterthannen undt baadter jedtes Orths für besondtere verträg undt Ordnung sowohl des
baadters alß der belohnung halber weiter vorhandten sein möchten, die selbigen sollen
jährlich supliciert: undt deren inhalt in straffer observans gehalten werdten. Jnmaßen
man auch andtere Schmidt, mühl, mezger, hürthen: undt der gleichen statuta sazung,
undt vergleich mäniglichen bey den gesambten gemeindten durch ordentliche berueffting, verhalten undt erneueren solle.//
Volgen nun gemeine straffen, etlicher verbottner überfahrung, so wohl in
flecken, alß velderen.
Ferner schafft undt gebüeth die gnädige herrschafft, daß den amtleüten in allen gebotten undt verbotten, gebührendte undt schuldige gehorsamb, ja auf den nothfall möglicher beystandt gelaistet werdte, bey vorbehaltner sondterbarer straff. Außerhalb der
obervogtsamt odter amtmans wißen: undt erlaubnuß soll kein gericht odter gemeindt
bey 10: reichsthaller straff zusamen berueffen werdten, wan aber ein gericht odter gemein erlaubterweiß samblet were, so soll derjenig, welcher darbey zu schaffen hat, unbewehrter erscheinen, sein nothdurff beschaidtentlich fürbringen, undt kein ungebührendte freuentliche redten gebrauchen, bey vorbehaltener straff. Es soll auch ein
gemeindt nit zweyen odter dreyen fridt häßigen, wan was jrrung fürfielle, volgen, sondtern allzeit die umbfrag ergehen laßen, was dan maiste theil erkanen undt schließen
würdet, soll dem obervogtamt angezeigt, undt darüber beschaidts erwarthet werdten.
Demnach diße vnordtnung undt müßbrauch zue fast einreißen thuet, daß die unterthanen in consentir: undt befridigung ihrer glaubiger keinen unterschidt machen, undt gemeniglich gegen einem jedtwedteren sich mit der schuldtigen bezahlung, gleichsamb in
bereitschafft schicken undt halten mießen, herentgegen aber die herrschafft: ohne angesechen, der selben in allweeg die Vorgangs gerichtigkeit gebühret: mit dero credito undt
schuldtforderung weit zuruckh, ja offt über jähr undt tag hindter die thüre sezen, so ist
hochgedachter herrschafft ernstlich befehlendte mainung hiemit, das nun forthan gegen
derselben ein mehrerer respect gehalten, undt waß dero ein jedter schuldig verbleiben
möchte, vor aller mäniglichen der billigkeit gemeß entricht werdten solle. Gleicher gestalt soll die schuldtige gült jährlich undt zue seiner zeit fleißig an guett wohl bereithen
getraidt ordentlich geben, auch großen undt kleinen zechendten recht getreulich undt
vollkommentlich ligen laßen, alles nach außweiß einer sondterbaren auf gerichten
zechendtordnung, welche jährlich von der gemeindt zur mehrer nach richtung
öffentlich verkiendet werdten solle. Ob sich dan jemandt unterstuendte handtlungen,
die sich in dißer herrschafft veroffen hetten, darauß undt an frembdte orth zue ziechen,
auch außerhalb der gnädigen herrschafft wüßen undt erlaubnus, vor anderen leüthen
zuverrichten undt außzutragen, der soll nach ungnadten gestrafft werdten. Welcher
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Die weltlichen Staaten
unterthan, hinterseß undt jnwohner diß Orths, es sey in waß sachen es wolle sich vernemmen laßet, bey andteren Obrigkeiten undt herrschafften rath, beystandt undt
schürmb zu suchen, solle 10: fl verfallen haben. Wann aber einer nit allein mit solchen
freuentlichen wortten sich vernemen ließ, sondieren gar ein werckh erzeügte, undt mit
der that Vollzüge, der soll 20: fl verfallen haben, undt demnach der herrschafft bevor
stehen, gegen ihme nach jnnhaldt seines bestandt brieffs odter sonsten gelaister pflicht
mit der straff zu verfahren.
Ferner soll sich mäniglich bey tag undt nächtlficher] weil, auf der gaßen undt in
häußeren alles schreyens, poldterens, aller unfletterey undt bueberey gänzlich enthalten, ein ehrlich undt züchtiges gesang aber mag geduldet werdten. Es soll sich auch
niemandts, wer der sey, nachts zue sommerszeiten nach: 9: uhr, vndt im wintter nach
acht uhr, ohne sondter ehehäfften ursach ohne liecht auf der gaßen betretten, nach über
erst benambste zeit odter stundten in würths-häußeren findten laßen, absondterlich aber
sollen sich gewachsene söhn undt knecht des nachts ärgerlichen herumb schlieffen,
widterumb der schlufftwinckel enthalten, bey straff der umbständten. Kein danz solle
ohne des pfleegers odter obervogts wüßen: undt bewilligung gehalten werdten, undt
wan solcher erlaubt, soll sich jung undt alt darbey zichtig undt ehrbar verhalten.
Die gungelhäußer sollen den weibspersohnen, mägdten undt jungen mägdten bey
tag zue gelaßen sein, doch folgender gestalt: undt maß, alß nemblich das solche in
guetter zucht undt ehrbarkeit gehalten werdten, undt die jenige, so [...] undt ihrer
nahrung willen darein komen, solchen mit aller beschaidtenheit außwartten undt dan,
so es abent: odter bettzeit gewordten, sich in ihre bewohnungen widter begeben thuen.
Es soll aber muthwill, frecheit undt unzucht von wortten undt werckhen, so zuer
buelerey undt leichtförttigkeit raizen undt ursach geben, als ein züchtiges gespräch,
liedter undt spilleüth abgeschafft: undt verbotten sein, undt widter die verbrechere,
sondterlich aber diejenige, so dergleichen ärgerliche gungelhäßer halten, ganz ernstliche straff furgenommen, auch darauf in sondterheit fleißig achtung geben werdten
soll, bevörab, da sie in solche gungelhäußer auch die baurenknecht undt junge bueben
zulaßen würdten, seitemahl den baurenknechten undt jungen bueben die gungelhäußer
gänzlich verbotten sein sollen.
Hierumben sollen die eiteren, haußvätter undt haußmüetter, auch maisterschafft, sowohl für ihr persohn alß auch wegen ihre kindter, undt anderen, die in ihrem brodt sein,
odter denen sie sonsten zuschaffen haben, gewarnet undt hiemit ermahnet sein, die ihrige dahin zu weißen undt zue halten, daß diß ein befelch nach gelebt: undt gehorsamet
werdte, dan wo ainstens kindter odter ehehalten hierin begrüffen: dardurch dan auch
die eiteren odter maisterschafften hinläßigkeit offenbar wurdten: soll ains undt andteres
ernstlich gestrafft werdten. Weillen auch etliche im brauch haben, bey nachts vor andtere häußer undt fenster zu stehen, undt aufzuloßen, was man thue odter redte, undt
aber hierauß manigmahl große unainigkeit undt feindtschafften entspringen, so soll
hiemit, mäniglichen daß auflaßen bey ernstlicher straff verbotten sein, doch diejenige
hievon außgenommen, welchen solches von amtswegen zuestehet undt gebühret.
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Es gebüthet auch die gnadige herrschafft bey ernstl. straff, das in dero wildpan mit
bürschen odter stechlen schießen, odter auch in dero waßer nit vischen, angeln odter
krebsen solle. Bey dißen schwürigen unsicheren läuffen sollen alle manbare undt verheürathe odter verwittbte unterthanen an den gebottnen son, feyer: undt fasttagen jedtzeit ihre Seiten wehren mit sich zue kürchen nemen, undt sollen die überfahre diß gebotts, wie von alters hero pr: 1 : fi gestrafft werdten. Es soll sich auch kein unterthan
botten weiß in die frembdte schickhen laßen, noch für sich selbsten begeben, erzeüge
dan das zuvor dem amtman odter vogt an, das er ihme erlaube.
Kein hundt, so leüth odter vich anlaufft, beschädiget odter allein erschreckt, soll
wedter bey tag leedig, nach auch in die herrschafft hölzer zue lauffen gelaßen wirdten,
bey vermaidtung der widterlaag zue gefugten schadtens, undt straff der herrschafft vorbehalten.
Keiner soll dem andteren das geringste nit entfrembdten odter nemmen, dan wehr solches thuet, der soll nit allein wegen des diebstahls ernstlich gestrafft werdten, sondteren auch das entfrembdte gutt zuerstatten schuldig sein.
Den kündtern, ehehalten, gartierendten knechten undt der gleichen verdächtigen
persohnen soll nichts abgenommen odter abkaufft werdten, sondtern wan jst was dergleichen von ihnen fail gebotten wordten, soll mans dem obervogtamt anzaigen, dan
wan dergleichen sachen bey einem gefundten wurdten, sollen selbige nit allein ohn entgeh widtergeben werdten, sondtern nach der herrschafft sondterbaren straff: undt gestaltsame der sachen furzunemmen vorbehalten sein. Gleiche mainung hat es mit den
gefundenen sachen, welche man schuldig ist denjenigen, so sie verlohren, widterumb
zue zuestellen, odter wofern derselbig nit zu erkundigen sein möchte, solche der herrschafft zue überantwortten, alß welche die gebühr darüber zu verfliegen hat, weil dan
die wüßentliche enthaltung eines gefiindtenen dings einen begangenen diebstall gleich
geschäzet würdt, alß soll der jenig, welcher das gefundtene gehörtermaßen nit von
handten gibt, sondtern ihme daßselbige aignet, mit ernstl. straff belegt werdten. Es soll
keiner dem andteren in sein holz gehen, darinnen waß abhauen undt wecknemen, noch
das holz odter porzen, so er in gemeinem forst odter seinen harttheil gehauen hat, außerhalb des gerichts, ohne des pfleegers, odter obervogts vorwüßen verkauffen bey
sondterbahrer straff.
Es soll auch zue feldt undt auf einer gemeindt grundt kein fruchtbahrer bäum abgehauet werdten, bey sondterbarer straff. Welcher ein gemeindt odter einen auß derselben
gefahrlicherweiß überzäunt, überackhert, überschneidet, übermehet, der soll nach beschaffenheit des Verbrechens gestrafft, undt nach dem vernachtheligtem den schadten
gutt zu thuen angehalten werdten.
Welcher marckt, pfähl, stain, gräben, grueben undt dergleichen marcken gefahrlicherweiß außreißet, umbstoßet, einwürfft, verruckht, odter verkhert, undt das seinig
dardurch erweittert, der soll zue widter kherung gehalten: undt noch der herrschafft:
10: fl verfallen sein. Gleicher straff sollen auch diejenige zue gewarthen haben, welche
ohne vorwüßen des amtmans, auch deßen undt des gegentheils beywißen, marcken
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Die weltlichen
Staaten
thuen. Es soll auch keiner ainige hegg, zaun undt gräben gegen der herrschafft hölzer
ohne erlaubnus machen, noch erneueren, eben meßig kein graben, hegg, noch zaun auf
die gemeindt odter gemeinen weeg stoßent abthuen undt weckraißen.
Item es soll ein jedter, da zaun, markhen vonnöthen, gegen dem andteren vorzäunen
bey straff: 60: kr. Wan aber überdiß beklagt wurdte, solle ihme der amtman odter vierer mit ehistem zu verzäunen, undt seinen nachbarn vor schadten zue sein bey: 4: fl:
löhner, odter 1 : fl: schaffen. Ferner, welcher den anderen über offne marckh iiberschneidt odter iibermehet, undt fiiehret solches hinweckh, der ist : 10: heller zuer straff
verfallen, desgleichen dem er das seine genuzt undt weckh geführet, gebührliche
widterlegung zuthuen schuldtig.
Welcher ohne vorwüßen der herrschafft ohne beysein des amtmans undt des gegen
theils selbst marcket, der ist der herrschafft 10: fl verfallen.
Welcher in hölzeren, äckheren, wüßen undt gärtten, wo das wehre, schadten thuet:
undt betretten würdet, soll gepfändet: undt das pfandt dem untervogt zugestellet wirdten, daß pfandtgelt soll sein von einem roß odter einer khue 17 xr, von einem jungen
vich: 8 xr undt von einer ganß: 4 xr ohne vorwüßen des obervotamts soll keiner icht
was auß dem pfandtstall, odter wohin die pfandt verordnet werdten, nehmen bey ernstlicher straff.
Ferner soll mäniglich wüßen: undt gewahrnet sein, sich in der herrschafft gartten
ohne vorwißen deßen, so den zu verwalten hat, zu verfliegen, dan in solche an unterschidtliche orth schädtlich fueseneüßen gelegt werdten, welcher nun freuentlich hinein
gehen, verlezt würdet, dem soll nit allein kein ergözligkeit wegen empfangenen schadtens der sach ernstlich gestrafft werdten.
Obwohl das wildte obs alß holzbiern undt äpfel jährlich dergestalt verbotten wirdten, das man deß selbigen so lang müeßig stehen solle, biß die erlaubte eröffnung jnnsgesamt darein zue gehen, auß der herrschafft undt derselben beamten würcklich erfolgt,
so würdt doch solchem angelegten gebott wenig nach gelebt, undt dardurch diejenige,
so sich demselben gehorsamblich bequemmen, guetter maßen vernachtheilt, dann
enhero von der gnädigen herrschafft hiemit ernstlich geschafft würdt, daß mänigl. des
fevelmäßigen vnnerlaubten klaubens undt heimbsen gebüeten, bey straff der ermeßigung gänzlich enthalten solle. Die Ordnung undt zertheillung des gemeindt harths soll
jährlichen vor allem gemeindten ordentlich verleßen, undt fleißig darauf gehalten
werdten. Ingleichen soll es auch bey dem verhörs tägen, alß montag undt sambstag verbleiben, wie die bißhero gehalten wordten sein, aber auf andtere sonn undt fästtägen jst
niemandts anzuhören, es weren dan sachen furgangen, so kein Verzug leidten möchten,
die mögen wohl angezeigt werdten. Daß bißhero im schwung gegangen, beschicken,
darauß offtermahl nichts anders alß zerrittlung undt Verwirrung, auch andtere ungelegenheiten entspringen, solle ohne der herrschafft odter derselben beamten vorwüßen
undt erlauben, nit mehr fürgenommen werdten, sondieren bey ernstlicher straff verbotten sein. Die weill sich unter den landtfahrern undt bettleren vili unnüze, undt schadthaffte leuth befindten, so soll man deren wedter mans noch weibs persohnen zu tag-
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löhnern odter zue arbeitern keines weegs aufiiemen noch gebrauchen, sondieren der
jngseßnen undt jngehäußet sich bedienen, dan die landtfahrer undt bettler gemeiniglich
zum stehlen undt andteres übel zu stüfften geneigt: odter sonsten die gelegenheit außschafften: undt verrathen, dan solté einer dergleichen dingen: undt durch solche einen
andteren schadten zue gefuegt werdten, müeste der so dergleichen gedingt, den schadten guett thuen, vndt noch darzue ein straff außstehen.
Nachdem auch bey: odter in den dörfferen auf gemeinen gaßen, undt neben den häußeren große holzhauffen geleget werdten, darbey wegen feuersnoth nit wenig gefahr
zue besorgen, also sollen die vierer fleißige fiirsechung thuen, daß solche holzhäuffen
an der gleichen orth gelegt werdten, aida an wenigsten schadten zue befahren.
Roß und vich soll nach St. Georgen tag, wie alters hero, unter die hürthen geschlagen werdten, welche das aber nit thuen, sondieren auf der gaßen, odter andteren zue
schadten gehen: odter sonsten absondterlich mit aigennuzigen vortheil hüethen: undt
waidten laßen, die sollen nach gestalt des schadens undt Verbrechens ein gelt straff zu
geben undt den schadten abzuthuen schuldig sein. Es soll auch kein schadthafft, herzschlechtig undt rüziges roß, noch anbrüchig, ungesundt vich, durch welches dem
andteren ainiger schadt zu wachsen möchte, unter die stuett undt heerdt geschlagen,
sondieren darvon allerdings abgeschafft sein, welcher darwidter handlet, soll nach der
herrschafft erkantnus gestrafft werdten.
Den tag undt nacht hürthen soll geschafft undt bey aydtspflichten eingebundten
werdten, daß sie die waidung: undt bluemenbesuech bey tag undt nacht, sondterlich
gegen den benachbahrten undt in den mittriben fleißig besuchen, undt da sich die benachbartten widter alten gebrauch undt herkommen verhielten: undt über die gebüehr
trüben, sollen sie darvon in gutten abgewüßen werdten, im fall aber die güette bey dem
gegentheil nit verfang haben, undt sie davon nit abstehen wolten, also dan soll mans
dem obervogtamt: undt viereren anzeügen, undt beschaidts erwarthen.
Die von alters hergebrachte erb: undt trib luckhen, soll man in keinem abgang komen
noch entziechen, sondtern aller orthen fleißig beschreiben, auch jährlich vor ganzer
gemeindt zu dem endt öffentlich verleßen laßen, damit diejenige: odter andtere herkommener leüth in einem jedtwedteren flecken dem ein wüßenschafft haben, auch
dardurch nachbarliche jrrung undt stritt desto mehrers verhüetet werdten mögen. Es
soll auch niemandt in odter bey den gemainen weegen undt strassen, gräben odter erdten aufschlagen ohne der herrschafft erlaubnuß bey straff 1: fl. So jemandt mit dem
andteren vnainig, undt aufstößig würdt, mag auf eines: odter beeder theil anhalten, der
amtman, ein fridtbott widterworth undt werckh erthailen, alß widter die worth bey pöen
4: fi widter die werckh bey pföen: 10 fl, es soll auch der so sich rechtens erbiethen
thuet, darbey gelaßen: undt ferners nichts tödtlich gegen ihme furgenomen wirdten, bey
straff 10 fl.
Wan sach, das in dißem gerichtszwang, dorff grundt undt bodten also gemiß handtlet: undt gefreulet wurdte durch die jngeseßen: odter außländtischen, daß man fridtbuetten odter einen edter mehr gar fangen müeße, solche freveler aber sich nit in die
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Die weltlichen Staaten
gehorsamb ergeben wolten, der untervogt odter amtknecht auch deren nit mächtig sein
kunten, sollen alle Unterthannen undt jnwohner bey ihren aydtspflichten undt gelübdt
schuldig sein, dem untervogt undt amtman solche freveler undt ohngehorsame fangen:
undt zu gefanckhnuß bringen zue helffen, welcher sich des beystandts widteren, odter
mit scheinbahrlichen worthen entschuldigen wolt, alß wan er nit hett helffen könen,
odter solches nit gewust hette, der soll nach der herrschafft guttachtung ernstlich gestrafft werdten, welcher über das fridtbott schlaget, der soll ohne alle gnadt: 10 fl verfallen haben, der aber umb daß andter undt dritte fridtbott nit gebe, soll all zeit vmb
doppelt gestrafft werdten.
Es sollen auch nit allein die wiirth sondieren alle Unterthannen schuldig sein, bey
vermaidtung erstlicher straff was sich für frevel undt müßhandtlungen in ihren häußern, auf ihren grundt undt bodten, inner undt außer etters zu tragen, fleißig anzuzeigen
undt nit verduschen helfen.
Ob sich auch unainigkeit jrrung undt zanckh zwischen den Unterthannen begebe daß
soll für den beamten gebracht werdten, welcher dan allen fleiß anwendten würdt. Dergleichen vnainigkeit in guette zuvergleichen, wan aber die guette nit statthaben würdt,
soll die sach für ein gericht gebracht, auch vor deme: undt nit andtertwo außgeführet
werdten. Demnach dan auch ferner ein lange zeit hero ein zwar gemeiner aber sehr
schädtlicher brauch eingerißen, nemblichen, wan zween odter mehr mit einandter in
widterwillen gerathen, sondterlich durch beschechenes schmähen, daß als dan der geschmechte samt seinen anhängen, ehe es der herrschafft angezeüget wordten, sich in
des würthshauß begeben, auf gewinn: undt verluest des handtels gezecht, vndt ein
mannschaffts an die wandt gemacht haben, undt aber diß nit des gebührendte mittel
sein ehr zu röthen, sondieren einem undt andteren theil sehr schädtlich ist. Also soll
hiemit dißer brauch ganz aufgehebt, abgeschafft: undt ernstlich verbotten sein, sondtern dißem nachgangen werdten, wan einer geschmechet würdt, soll sich derselb alßbald bey seiner odter des schmehendten obrigkeit, wohin dan solche handtlung von gerichts undt rechts wegen gehörig sein, deßwegen anmeldten welchen alß dan, da gemette obrigkeit soweit entlegen wäre, daß er clägere: undt seine beyständte ohne essen
nit fliegen undt wohl zu hauß gelangen möchte, ein leidtentliche zöhrung zu thuen erlaubt sein, jm maßen auch, da die sache zwischen den partheyen zu einem verglich
köme, beedten partheyen nach gestalt ihrer persohnen: undt des handtls ein zimlichen
trunckh zue thuen unverwehrt sein solle.
Welches weib das andter ein hueren: odter dergleichen schilt, odter sonst schmächliche worth gegen einandter brauchen, die selben sollen 1 pfund pf. verfallen sein: pf:
17 xr., welche weiber einandter gar schlagen die selben sollen beedte 2 pf: verfallen
sein. Welche man: odter weibs persohnen gegen einer andteren freventliche, üppige,
schändliche: odter unzüchtige scheltwortt brauchten, die doch einem an seiner ehr nit
verlezlich wären, die sollen nit ungestrafft gelaßen werdten, undt solches vili mehr,
wan sie einandter gar schlagen.
Welcher einen freventlicher weiß lügen strafft ohne: odter mit andteren angehenck-
Nr. 17 a: Fugger-Babenhausen
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ten schmachwortten, alß du luegst wie ein schelm, dieb: undt bößwicht, der soll nach
gestaltsam der sachen gestrafft werdten. Desgleichen welcher odter welche einen andteren schmehet, schült, ziechet: odter haißet ein dieb, schelmen, mördter, bößwicht,
verräther, brenner, hueren, unholdten, undt dergleichen schmachwortt, die ehr, leymueth: undt gefahr berüehren, zuelegt, der soll ernstlich gestrafft werdten, undt darzu
dem geschmächten gebührendt widterrueff: odter abbiti zu thuen schuldtig sein, undt
der ein widterrueff odter gewaltsame thuet, soll deswegen auch der straff gewartten.
Welcher über ein zuckhen thet mit der faust, wehr, prigel odter Stangen, wormit das
jmmer geschechen kan: odter mag, erschlage: odter nit, so soll er doch nach gestalt der
Ursachen, so ihme geben, gestrafft werdten, undt deßwegen sich selbsten anzuezeügen
bey sondterbarer straff schuldtig sein, welches auch von allen frevelern verstandten
werdten soll. Welcher einem bluetriß schluege: odter gefahrliche wundten, undt stich
geben, der soll nach beschaffenheit gestrafft werdten. Welcher nach einem würfft odter
schueßet, er treffe: odter nit, der soll nach gestaltsam gestrafft werdten. Welcher einen
verwarthen thuet, er schlag den verwartten odter nit, der soll nach gestaltsam gestrafft
werdten.
Item, welcher ein frevel, es sey gleich mit worthen odter wercken, an dem andteren in
der kürchen, vor gericht: odter vor der obrigkeit, desgleichen in einem badthauß bey
dem balbierer: odter arzet, in der mühl odter Schmitten verübt, der ist zweyfach pöen:
undt straff verfallen.
Deßgleichen, welcher den andteren in seinem hauß, gartten, acker, wüßen mit gewohrter handt überlaufft, darzu auch, so einer dem anderen gleicher gestalt fur sein
behaußung laufft, ihne herauß fordteret undt freventliche handt anlegte, der ist auch
jedtes mahls zweyfache pöen undt bueß zu bezahlen verfallen. Denen so an ihrem leib,
haab undt güetteren von jemandt ainichen vnbillichen schadten empfangen, sollen ihre
sprich undt fordterung vorbehalten: undt unbenemen sein, undt auf den fall die sach
zue guettlicher erkantnuß gesezt werdten, sollen zins, zöhrungen, arzet, lohn undt versaumbnus erwogen undt taxieret, auch hierinnen ein jeder nach gelegenheit seines
standts, handtwercks, undt weßens angesehen undt bedacht werdten.
Welcher den frevel an den andteren bringt also, daß sich einer auß noth wehren
mueste undt derselb nothwehr hafft theils solches mit zweyen odter dreyen unpartheilisch undt unverdächtigen zeügen nach gegnüegen bey bringen undt beweißen kann,
dem selbigen soll der jenig, so den frevel verursach, odter andteren beschädigten
beachet, solchen verwürckten frevel bezahlen, undt widter geben doch daß der gerichtsherrschafft deß verbrechendten straff vor allen dingen entrichtet werdte, wan sich
begebe, das man stürm schlagen thet, welches, wie mäniglichen gedencken mag, nit
leichtlichen, sondieren auß wichtigen Ursachen beschichet, so soll ein jedter man bahrer
unterthan sich aufs beste, so er kan, bewerth machen, undt dan dem orth odter hauß, da
die gefahr sein: undt ihme daß geschrey baldt weißen würdt, unverzogenlich zu eillen,
undt aida des pfleegers: odter obervogts gehäuß, odter in dero abweßenheit, der gegenwerthige richter: undt fuehrer guetachten: da solches einer ganzen gemein zue guetten
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Die weltlichen
Staaten
vermaindt: alles fleiß vollziechen, welcher daß wüßentlich undt fursezlich nit thuen
wurdte, der soll nit allein alß verdächtig sondter auch alß ein ungethreuer: undt ungehorsamber unterthan gestrafft werdten. Welcher dem andteren pürn, obs, rueben, graß,
korn, haaber, stro, heüe, holz odter dergleichen andteres abschitt, abbricht, nimbt odter
entwehnt, der ist der herrschafft tags: 1 fl undt nachts: 2 fl zuer straff verfallen, doch
möcht einer dißfals so gefahrlich handtlen, man würdt ihm nach gestalt der sachen
höcher darumben straffen, odter den flecken undt das gericht verbiethen.
Es bezeügt die laidtige erfahrung mehr alß vili, das die gemeindts hölzer, hardt undt
andere zue gehörungen etlicher orthen offit, ohn der herrschafft vorwißen undt erlauben, zu der armen unterthanen undt ihren nachkömblichen unwidterbringl. höchsten
nachtheil undt schadten ganz vnverantworthlich angegrüffen, abgetriben: undt mit dem
darauß erlösten kredito: undt werth etwan die übermäßige undt unpaßierliche zöhrung,
odter andtere durch die untervogt undt vierer zuer vnnothdurff gemachte schuldtposten
abgelediget, entricht, auch wan man von der gemeindt wegen mit abgebung holz, außtheilung der mädter, odter in andtere weeg unretlich wenig stundt lang bemüehet ist,
dem nechsten den würthshäußeren zugeeillet, aida mehr: alß die stuckh sambt aller
Verrichtung wehrt, verpraßet, durch die gurgel gejagt, undt hierinen von dem beamten
zue zeithen gar zu fast conueriert, undt durch den fengen gesechen werdten will, also:
undt der gestalt, wan mann von obrigke its wegen nit bey Zeiten der sachen auf den
grundt sehen: undt mittel darwidter furnemen solte, es allgemacht dahin gerathen
wurdte, das etliche das ohne das geringe gemeindts einkommen gleichsam zum raub
ausgesezt, undt vermittelst solchen übermäßigen verschwendtens der garauß gemacht
werdten möchte, hierumben soll solchen eingerißenen hochschädtlichen: undt verderblichen unweeßen zu furkommen, hinfurdter kein gemeindt, holz odter andere dergleichen gefeil, einkommen undt zuegehör, wie die nammen haben, umb einigerley ursach
willen, angegrüffen, alienirt, verkaufft, verschluckt: odter in andtere weeg verhandlet
werdten, es seyen, dan der gnädtigen herrschafft die motiven: undt Ursachen, warum ben mans unempörlich nothürffig seye, anvor in gehöriger relation furgetragen undt
derselben gnädtigen consens darüber eingelangt, waßen dan auch bißhero verspührte
übermäßige zechen gänzlich abgethan sein bleiben, undt sich untervogt, vierer auch
diejenigen, so den gemeindts Verrichtungen beywohnen müssen, derjenigen zimlichen
zöhrungen, so ihnen vermäg gemachter ordtnung paßiert würdt, allerdings sättigen laßen: undt darüber nit schreitten, undt damit deme also desto steiffer gelebt, sollen die
vierer alßbaldt nach beschechener wähl, dahin in gewohnl. gelöbdt genohmen werdten,
daß sie der gemeindt nuzen: undt fromen befurdteren, schadten wahrnen: undt wendten, auch in allem ihrem amt getreylich vorstehen sollen undt wollen, welcher undt
darwidter handtlen: odter sich dißer Ordnung nit bequemmen wolte, der selb soll der
verschuldten straff unfehlbar zuerwarthen haben, wüste sich also ein jedter darnach
zuvor halten undt zu richten.//
Maria Anna gräffin von der Waal, gebohrne freyen von Neuhauß wittib//
Nr. 17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn
(Herrschaft
Wellenburg)
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Gleich wie vorstehendte statuta undt polliceyordtnung in unßeren vormundtschafftl.
gerichtsvogteyamt Gabiingen durchauß observiert undt genau gehalten, muß jedoch fürs
künfftige solche zu ändteren, zu vermündteren odter zu vermehren reserviert haben
wollen. Also confermieren undt ratificieren selbige auch hiermit, undt in krafft vorgetruckt vormundtschafftl. signet undt aigenhändiger unterschrüfften. Augspurg den 27.
XI. ao. 1725//
Eustachi Maria, graff Fugger
L. S.
Maria Theresia, gräffin Fuggerin von Wöllenburg
Nr. 17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn (Herrschaft
Wellenburg): „PolliceyOrdnung deß hochgräfflichen
fuggerschen pfleggerichts Wöllenburg" vom
14. August 17264
Wür Leopoldi Fugger graff von Kiirchberg und Weissenhorn, herr vf Wasserburg,
Straßberg, Rettenbach und Wöllenburg, pfandtsinnhaber der herrschafft Ronsperg, ertzfurstlicher durchlauchtigter Ferdinand! Caroli zu Österreich, kammerer und obrister
stallmaister entbiethen allen und jeden, vnsern vögten, ambthleuthen, richter, dienern,
gerichtsleuthen vnd vnderthonen, hindersässen zu vernemmen. Dieweilen nach den passierten laidigen kriegszeiten nunmehr allerhandt laster und sönden [Sünden] je langer,
je mehr ohne alles abscheuen im schwung vnd volbracht, ab welcher vebertrettung vnnd
vngehorsamber fahrlässigkeit wür nit geringes mißfallen empfinden und tragen. Damit
daß füran mehrer gehorsamb erhalten, bössere Ordnung angestellt werde, haben wür
gueter, treuherziger wolmainung und fürsorg, hocherhaischen der notturfft nach etliche
mehr articul mit etlich nothwendigen sazungen nach glegenhait der jezigen läuff in diss
libell verfassen lassen, der vngezweiffleten Zuversicht, sich werde hinfüro menigelichen
derselben haltung befleissen, und auß schuldiger gehorsamb nachgeleben, darob wür
dan mit mehrerm ernst, dan bißhero beschehen, zu halten vnd die Verbrecher nach vngnaden zue straffen, eidtlichen vorhaben; wollen, schaffen vnd gebüetten demnach allen
und jeden vnsern vögten, ambtleuthen und vnderthonnen mit allem ernst, daß sie sollich
vnsern gebotten (welche gleichwol einem künfftigen regierenden herren zu mehren,
mündern und zu verbössern bevorstehen) getreülich geieben vnnd nachkommen, damit
die fridsamme in frid und einigkeit erhalten, defendiert und beschüzt, hergegen aber die
vngehorsambe gestrafft und zur gehorsambe gebracht werden. Vnd ist dises vnnser entlicher, auch ernstlicher will und mainung, daß vnsere vögt mit allem ernst darob halten,
4
FuggerA Dillingen, 17. 1. 15a, fol. 2- 40. Polizeiordnung vom 14.8.1726, erneuert im Jahr 1787.
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Die weltlichen Staaten
die gebühr gegen menigelich ohne alles ansehen der personen verfieg und furnemmen.
Hier beschicht vnser entlicher will und gehaiß, bevelch und ernstliche mainung. Voigt
erstlich ein vätterliche ermahnung ihrer gräflichen gnaden an ihre vnndergebne unnd
anbeuolhene vnnderthonen.//
*
Jhr liebe und getrewe vnnderthonen, sambt vnd sonders, dieweilen j h r nach dem willen
Gottes mir alß ewer ordenlich von Gott furgesözten obrigkeit zu beschüzen vertraut und
anbeuochlen worden, so habt ihr vernünfftig zu erachten, wie hoch mir angelegen dieweilen alle menschen zur ewigen glori verschaffen, damit nit von derselbigen ewigkheit
und eüch einer oder mehr durch daß zeitlich vnnd schnädes weesen vß allerhandt verbrechlichkeiten und vebertrettungen meiner eüch fürgeschribner pollicey abgesondert
oder außgeschlossen werde, so ist vor allem von nöthen, daß ein jeder mensch, er sey,
wer er wolle, vnaufhörlich betrachte die gewißheit seines todts und flehenlich zu gemüth fuehre die vngewißheit der stundt, in welcher er auß disem müehseeligen, angsthaffien jammerthal schaiden und dorten vor dem strengen richter entweder zum ewigen
leben oder höllischer verdambnuß verurthailt werden müesse, daß er die von Gott selbsten geordnete mittel zu entfliehung deß ewigen todts für die handt nehmme, sich derselben zu erhaltung seiner seelen hail vnnd seeligkeit gebrauche, welches vor allen mittlen daß forderist vnnd furnembste ist, der wahre christliche apostolische römische allein
seeligmachende glaub, ausser dessen sich niemandt der ewigen seeligkeit zugetrösten,
damit wür dan sambtlich in solchem rechten wahren glauben erfunden, darinnen erhalten und ewiglich seelig werden vnnd j c h fur eüch der schweren rechenschafft an dem
Jüngsten T a g ohne schaden meiner seelen geybrigt werde. So ordne, säze, gebüethe und
s c h a f f e ich eüch sambtlich vnnd sonders, daß j h r disen meinen gebotten und volgender
meiner angestölten pollicey- und gerichtsordnung mit allem fleiß vnnd eüfer gelebet,
gehorchet und nachkommet, waß darinnen gebotten alles fleiß verrichtet und daß verbottne meidet, vnnd daß j h r vögt, ernstlicher alß bißhero beschehen, darob halten sollet,
dann j h r solt wissen, daß wür ob solcher Ordnung mit allem ernst zu halten und weder
der vögt noch vnderthonen keineswegs zu verschonen, sonder mit der strenge gegen den
Verbrechern strackhs, ohne alle gnad, zu verfahren genzlich bedacht sein.//
Primo. Von der religion und gottesdienst
Erstlich schaffen vnnd gebüethen wür eüch sambt vnnd sonders, daß niemandt, wer der
seye, von der hayligen, allgemainen christlichen römischen apostolischen vnnd wahren
kirchen noch von derselben lang hergebrachten haylsamen sazungen, gewohnheiten,
gottesdiensten, ceremonien, glauben, Sakramenten, wie es die christliche kirch verordnet, und nit ohne frucht der seelen vnnd leibs gehalten vnd loblichen hergebracht, keinesweegs abweiche, noch daruon weder sich selbsten noch die seinige, es seyen gleich
kinder, verwandte, knecht, mägdt, pflegkinder oder sonsten angehörige, abreden noch
verführen lasse, sondern so beständig alß ewere liebe vorältern darob verbliben, gleicher
Nr. 17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn
(Herrschaft
Wellenburg)
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gestalt dieselbe noch eüferig halten, darbey gehorsamblich verharren vnd biß an ewern
lesten seuffzern standhafftig bleiben sollen und wollen. Were aber sach, daß einer oder
mehr hiervon abweiche, sich von der gemainschafft der römisch glaubigen absondern
thäte oder wider vnsere gottseelige religion spöttiger oder verächtiger weiß rodete, deroder dieselbe solle am gueth und ernstlicher verweißung vnnsers gerichts getrafft werden.//
Secundo. Von feyrtägen
Zum andern schaffen, wollen und gebiethen wür eüch ernstlich, daß sich meniglich alte
vnd junge an sonn- vnd andern gebottnen feyrtägen aller arbaith enthalten, dieselbe, wie
es die christliche allein seeligmachende römische kirchen verordnet, ordenlich feyren,
bey straff einem jeden veberfahrer vnnachläßlich zu bezahlen ain gulden. Jnn Sonderheit
aber ist unser ernstlicher will, daß hinfüro, so man an sonn- vnnd feyrtägen in der kirchen daß heilig ambt der mess vnd daß worth Gottes haltet und verkündigt, alle vnnderthonen sambt und sonders bey ewern pfarrn bleiben, eüch davon ausser leibsnoth oder
krankhait nit absondern noch daran vber feld in die stätt und märckt oder andre geschafften ohne erlaubnus der vorgesezten gerichtsobrigkeit nachgehet oder außlauffet,
auch nit vf dem kirchhof heraussen ewere gschäfft und händl vßtragen vnnd erst in die
kirchen, so daß ambt der heiligen mess alberaith halb verrichtet, eingeht, noch auch in
den bier- oder würthshäusser beim brantwein oder andern getränckh an solchen tägen
betretten lasset, sondern dem gottsdienst in der kirchen biß zum ende sambt ewern weib
vnnd kindern, auch ehehalten, mit andacht getreulich außwarttet, ewer gebett mit andacht vollbringt vnnd nit wie bißhero beschehen, nach verkhündigung deß hayligen
evangely oder der Wandlung, auß der kirchen lauffet. Darzu dann die pfarrer jhre pfarrkinder fleissig ermahnen und dan der vogt gute obacht haben und die veberfahrer jedesmahls umb ain gulden gestrafft werden sollen.//
Tertio. Von besözung deß gerichts
Es sollen auch furo vnsere dorffsgericht mit keiner tadelhafften, verrüefften oder vnehrlichen persohnen, sonder mit ehrlichen, erbarn persohnen eines guten wandels, guter
sinnen und vernunfft besözt und solle keiner vnnder 25 jahrn nit jnnß gericht aufgenommen werden. Es were dan in einer dorffgemain an tauglichen persohnen mangel
oder souil vnnder einander verfreündte oder verschwägerte, daß man vß mangel solcher
einen minderjährigen zuelassen müesste. Darzu solle auch jede gerichtspersohn der
herrschafft die gewohnliche aydtspflicht thun, die gerichtssachen der billich- vnd gerechtigkeit nach zu befördern, niemand zu laid oder lieb, jchtwas von freündt- oder
feindschafft wegen so wider den gemainen nuz oder seines nechsten schaden wider
recht- und billichheit geraichen möchte, zu vrthailen helffen, alle gerichtssachen biß in
sein grueben verschwigen zuehalten, mehr gedachter herrschafft pollicey- und gerichts-
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Die weltlichen
Staaten
Ordnung in allen stucken befördern helffen, auch handthaben, alles bey Verlust der
dorffsgerechtigkeit jnner geraumen zeit ohne mittel zu vermeiden.//
Quattro. Vom flaisch essen
Ferner soll daß fleischessen, fursözen vnd speisen durch die vierzigtägige fassten, auch
an allen quatembern, freytag und sambstag und anderen von der christlichen kirchen gebottnen fasttägen verbotten sein, bey straff eines guldins, so jeder vbertretter vnnachlässig zubezahlen schuldig. Es wäre dan sach, daß sich hierinnen je so freuentlich verhalten wurde, behalten wür vnß gegen denselben grössere straff in allen weeg beuor.//
Quinto. Vom gottslöstern
Vnnder allen lästern ist daß falsche schwören und gottslöstern die höchste vndankbarkeit, mit welchen der allmächtige Gott von jung und alten manß- vnd weibspersohnen auß böser angenommner weiß laider ohne alles abscheuen höchlich erzürnet wird.
Demnach so solle hinfiirter niemandt, es seyen gleich mannß- oder weibspersohnen,
knecht oder mägdt, bey Gott seinen, seinen heiligen leiden, wunden oder hailsamen
sacramenten noch auch der heiligen jungfrauen Maria und den lieben heiligen schwören
oder ypiglichen fluechen. Darauf dan die vögt und ambtleüth allenthalben jnnsonderheit
(alß der grössern laster ains so die menschen gegen Gott jhrem schöpffer und seeligmacher begehen künden) streng und ernstlich halten und unablässig straffen, sich selbst
dessen auch massen, auch jederzeit gegen den vbertretter nach glegenheit deß Verbrechens mit scharpfer geldt oder gfängklicher straff zu uerfahren. Deßgleichen sollen auch
die ältern jhre kinder und ehehalten anhaimbs sich vor sollichen erschröcklichen lästern
zu verhieten, getreulich ermahnen und darob halten, damit der schwere zorn und vngnad Gottes nit über unß sambtlich kommen möge.//
Sexto. Vom mainaydt
Ferner so ainer oder aine mainaydig wird daß ist, welcher oder welche den ordenlichen
herrschafft oder dero beambten oder vor gericht an aydts statt angelobt und demselben
nit nachkombt, sondern freuendtlichen widerstrebt, der- oder dieselben sollen daß erste
mahl umb 10 fl., daß ander umb 20 fl. gestrafft vnd dan daß dritte mal deß dorffs verwisen werden.//
Séptimo. Von trunckenhait
Item, so ainer den andern mit vebrigren trincken nötten will, wie es dan offtermal beschicht, derselbe soll umb 30 kr. gestrafft werden, doch ist einem ein freündtlichen
Nr. 17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn
(Herrschaft
Wellenburg)
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trunck dem andern zu bringen nit verhörten, sonder allein der mißbrauch und daß darauß erwachsende vnhayl abgeschafft.//
Octavo. Trunckenhait entschuldigt nit
Demnach sich offlermahlen zuträgt, daß durch die viehische trunckenheit viel vebels geschieht, nachmahl derselbig solch begangnen vbel der trunckenheit zuemessen und sich
damit entschuldigen will, also will die gerichtsherrschafft, daß solche trunckenheit niemandt entschuldigen solle, sondern die vebertretter, weilen sie jhr begangen laster deß
volsauffens selbst bekennen, jeder umb 34 kr. vnd umb daß in solcher trunckenheit begangne vnrecht, nachdem es gestaltet, nichts desto weniger gestrafft werden solle.//
Nono. Die würth sollen den vnnderthonen mehr nit alß umb 1 fl. borgen
Dieweil dan in den herrschafft gerichten hin und wider vil liederliche haußhalten befunden werden, die dem miessigang, spihlen vnd trincken mehrers alß ihrer arbeith außwarten, dardurch dan jhre weiber und kinder daheim offtermahlen vbel versorgt und in
nachtheil gesezt werden; solchem vnhail zu begegnen, ordnet die herrschafft, daß die
wein- oder bierwürth keinem vnderthonen oder jnnwohner vmb wein- oder bierzechen
veber 1 fl. borgen und beithen sollen, außgenommen hochzeiten, hinschwören oder
stuelfessten, beykauff, verträg, aufricht, wein und dergleichen redliche handlungen.
Sonst solle dem clagenden thail ausser- und jnnerrechtens über 1 fl. nit erkennt noch zugesprochen, sondern der würth noch darzu vmb 1 thaler zue 75 kr. gestrafft werden.//
10. Vom spilen
Nach deme daß vebermessig verderblich spilen nichts anders alß zertrennung freündtlichen willens, neid, hass, zorn, gottslästerung verursacht und den spilern selbst an jhrer
nahrung scheinbarlichen mangel und verderben bringt, so gebeuth die ordenliche herrschafft, daß niemandte, es seye gleich jung oder alt, umb klein- oder großgelt oder geltswerth bey tag noch nacht nicht karten, wirflen oder spilen sollen, da dann hierüber einer
oder mehr erwischt oder erfahren wurde, sollen dieselbige soofft es beschicht umb 1 fl.
gestrafft werden, es verhielte sich dan einer so vngebührlich mag derselb deß gerichts
verwisen werden, jedoch von kurzweil wegen ist zue gelassen umb 1 hl. oder pfenning
allein im würths-hauß und höher nit bey obgesezter poen und zue bestimbter zeit alß
hernach folgt zuspilen. Hiergegen sollen alle gefahrliche falsche spihl gänzlich bey straff
criminis falsi in gemeinen rechten verbotten, wie nicht weniger auf die kreyden und
borg spilen ganz und gar abgeschafft sein, wo dan jemandt vf borg spilen wurde, soll
der verluestigt solch vf borg verspilt gelt zu bezahlen nit schuldig sein.//
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Die weltlichen Staaten
11. Von der ehe
Damit dann im versprechen der heyligen ehe aller mißbrauch und ärgernuß verhüetet
werde und die winkelheurath nit also im schwung gangen, so gebeüth die herrschafft,
daß furo niemand ohne rath, vorwissen und bewilligung der eitern, pflegern und vormundern dem andern die ehe verspreche oder mit gaben, ringen und andern solch
heimblich versprechen bestättige, sondern in solchem versprechen die gesöz deß heiligen Tridentinischen Consiliis christlicher kirchen halte, bey verluest deß gerichts jähr
und tag und soll alßbalden daß mägdlein mit dem knäblein deß fleckens verwisen werden. Wann auch sach wäre, daß sich zwo ledige persohnen, ehe und zuvor sie zur kirchen und strassen gangen und ordenlich eingesegnet worden, in dem laster der vnzucht
übersehen und den beyschlaff miteinander gepflogen hätten, soll jedes umb 10 fl. vnnachlässig gestrafft oder, da sie die geltstraff nicht vermöchten, deß gerichts ein jähr
und ein tag verwisen werden.//
12. Vom ambt der eitern gegen ihren kindern und die kinder gegen ihren
eitern
Ferner ermahnt und gebeöth die gerichts- herrschafft, daß alle eitern jhre kinder zu aller
christlicher zucht, der gottesforcht, gehorsamb der obrigkeit, zum gebett deß heiligen
Vatter Unsers, Ave Maria, christlichen glauben und den heyligen zehen gebotten Gottes
und dann zu einem tugentsamen, erbarn wandel auferziehe und vnnderrichten; jhnen
auch mit bösen sträfflichen leben und wandel kein böß exempel geben. Den alten kimbt
vernunfft und zucht, darvon die jungen nemmen frucht. Herentgegen sollen sich die
kinder gegen ihren eitern alles schuldigen gehorsambs, auch aller zucht vnd gottesforcht
befleissen, böse gesöllschafft und anderer sträflichen laster miessig gehen. Wurde aber
hierwider, es wären die eitern gegen jhren kindern, die kinder gegen ihren eitern, sich
ungebührlich verhalten, die gedenckt die gerichtsherrschafft ohne mittel und nach der
gestalt der sachen ernstlich zu straffen.//
13. Vom ambt der maister, baurschafften und dienstehehalten
Es will auch die herrschafft, daß die ehehalten gegen jhren maisterschafften, denen sie
mit diensten zugethan, wie sie den gebotten Gottes gehorsamen schuldig, sich auch
treulich, fleissig und erbarlich halten, den lohn und speiß aufrecht und redlich verdienen, in ihren diensten willig sich erzaigen. Deßgleichen sollen die maister und baurschafften auch allen fleiß ankehren, gute achtung zugeben, damit in jhren häußern der
knecht und mägdt heimliches zusamenschlieffen und vnzüchtiges buelen und Üppigkeit
verhietet und nicht gestattet werde, seitemahlen sie am jüngsten tag für solch begangne
müessen antwurth geben. Wurden alßdann solche sachen erkundiget vnd offenbar werden, sollen alßdan die baur- und maisterschafften eben sowohl alß die mißthäter nach
Nr. 17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn
(Herrschaft
Wellenburg)
gestallt der sachen und der herrschafft erkantnuß nach vngnaden gestrafft werden.
gleichen sollen die baurschafften gegen ihren dienern und ehehalten auch nit zu
und rauch oder streng sein, dann ob dieselbe ohne bewögliche vrsachen sich also
gegen den ehehalten verhalten wurden, will die herrschafft gebührliches einsehen
und die ehehalten zu der billichkeit schuzen und schürmen.//
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Deßgrob
grob
thun
14. V o r d e m zihl außstehen
Item, welcher diener oder ehehalt ohne rödliche ehrhaffte vrsachen vor dem versprochnen zihl vrlaub nimbt und auß dem dienst gehet, demselben soll allein nach anzahl der
gedienten zeit jhr lidlohn gegeben und ein jähr lang in dem dorff zu dienen nit gestattet
oder gedultet werden. Vnd ob jemand dieselbe zu dienst wurd annehmen oder sonst
hausen und hofen, dieselbe will die herrschafft ohne mittel per 2 fl. straffen und solchen
ehehalten dannoch in einem jähr im gericht nit zu dienen gestatten. Vnd so sich ein ehehalt verdingt und den beykauff empfangen hat, der solle zue versprochner zeit in dienst
tretten oder dasselbe jähr im gericht nit dienen, und wär einen solchen ehehalten darüber wissentlich dinget oder vfhält, solle umb 1 fl. gestafft werden.//
15. Straff fräventlicher scheltwortt
Welcher oder welche dem andern freuentliche, vnzüchtige, üppige, schandtliche scheltworth, böse nachnahmen oder dergleichen, die doch einem sein ehr oder leumbden nit
verlözen oder berürren, anhängt, zuredt oder wünschet, der ist zur straff 17 kr. verfallen.//
16. Lugstraff
Welcher den andern freventlicher weiß ohne zuegelegte schmachworth, lugstraff oder
lüegen haist, der ist zur straff schuldig 60 denarii.//
17. Lugstraff mit zugelegten schmachwortten
So einer den andern mit zugelegten wortten lügstrafft oder liegen haist, v. g. wann einer
spricht, du leugst alß wie ein dieb, schelm, bößwicht oder verräther oder dergleichen,
der ist zur poen und büß 2 fl. verfallen.//
18. Schmach, ehrenrüerende wortt
Deßgleichen, so einer den andern schmähet, schilt, zeicht oder heist einen dieb, mörder,
bößwicht, prenner etc. oder dergleichen schmachwortt, alß die ehr und laymuth berüh-
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Die weltlichen
Staaten
ren, der verfallt zur bueß 4. fl.//
19. Widerruef
Item, welcher den andern widerrueffi, daß ist, welcher dem andern gwalt und widerrecht
thuet, der ist zur straff 4 fl. verfallen.//
20. Zuckfrävel
Welcher sich wider den andern vfrüehrisch empört und zuckt, aber nit darzuschlägt, der
soll umb 30 kr. gestrafft werden.//
21. Schlagfrävel
So dann einer über den andern zuckt und darzuschlägt, soll umb 1 fl. unnachlässig
gestrafft werden.//
22. Bluethriß
Welcher den andern, wie schlecht es ist, wundt schlägt, solle zur bueß 2 fl. bezahlen.//
23. Bainschrott, bainbrüchig, lözig oder lahm
Item, welcher den andern bainschroth, liddich, hefftend oder maysel, wunden, bözig,
lahm oder bainbrüchig schlägt oder sticht, ist die straff der herrschafft 6 fl. oder sie mag
die straff gegen einen höhern.//
24. Werffen oder schiessen
Wann dann einer nach einem menschen mit einem stein, kanten oder gläßer oder andern
wirfft oder schüeßt, womit es geschehe, er treffe denselben oder nit, ist er 4 fl. zur straff
verfallen. Es wäre dan sach, daß die verlözung so groß, daß sie den todt oder gefahr deß
lebens brächte und nit vor deß verlözten sterben vertragen wurde, gehört solche sach alß
ein malefiz an sein gebührendt orth.//
25. Fridboth
Welcher über fridboth zuckt und schlägt, derselbig soll 10 fl. ohne alle gnad zu straff
und in 14 tagen zu bezahlen verfallen sein.//
Nr. 17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn
(Herrschaft
Wellenburg)
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26. Vnainigkeit zu vertragen
Item, da jemandt mit dem andern vnainig und aufstössig wurdte, mag vf deß einen oder
beeder thail anhalten oder durch die herrschafft oder vogt ein fridbotten werden, mit
wortten bey straff 2 fl. und mit wercken bey poen 4 fl. Wo aber die güte nicht statt haben mag, soll solcher handel für daß gericht und nit änderst wohin auszutragen
geschafft werden.//
27. Ein ding zwaymal versözen
Welcher dem andern etwas zu kauffen gibt oder zue vnderpfandt versözt oder verschreibt, daß zuvor einem oder mehr andern versözt, verkaufft oder verschriben, der ist
zur büß 2 fl. verfallen.//
28. Fräventliche handanlegung
Item, welcher den andern nit bey recht bleiben lasst und sich eines rechtens erböeth und
ihne nit darbey verbleiben lassen will, sondern gwalthätig handt anlegt, soll umb 10 fl.
gestrafft werden.//
29. Vnrecht mäß und gewicht
Welcher vnrecht gwicht, ein, waag, mäß oder schenckmaß braucht oder einer den andern also betrüeglich verurthailt, der solle ohne gnad umb 4 fl. angezogen werden. Wer
im verkauffen falschlich lüegt, der hofft auf nutz, der ihn betriiegt.//
30. So daß viech schaden thuet
Welcher mann- und weibspersohn dem andern schaden thut, es seye mit viech, ross,
oxen, khüe, schwein oder andern, so offt die gepfändet oder geklagt werden, soll von jedem stuck 4 kr. pfandtgelt bezahlt und demjenigen, so schaden zuegefuegt, der schaden
erstattet und guet gemacht werden.//
31. Zu verzeünen
Item, es soll ein jeder, da zäun, marckht oder pfähl, auch stain vonnöthen, gegen dem
andern verzäunen und marcken, bey straff 17 kr.//
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Die weltlichen
Staaten
32. Vom verzäunen oder übermarcken
Da einer den andern vebermarckt, übermähet oder überäckhert, veberschneidt und führt
solches hinweck, der ist 10 fl. zur straff und demjenigen, dem er schaden zugefüegt,
gebührliche Widerlegung zuthun schuldig.//
33. Marckhen verändern
Welcher jemandts marckh, pfähl, stain, grueben oder andere marckh gefahrlicher weiß
außzeucht, vmbstosst, einwürfft oder verkehrt, der ist der herrschafft 10 gold fl. verfallen.//
34. Ohne der herrschafft vorwissen nit marckhen
So einer ohne vorwissen der herrschafft oder ohne den vogt und deß gegenthails selbst
marckt, der ist umb 10 fl. straff würdig. So einer dem andern an obs, rueben, holtz schaden zufliegt. Item, welcher dem andern birn, obs, rueben, erbiß, graß, korn, habern,
stroh, zäunholz oder dergleichen anders abscheitt, abbricht, nimbt oder entwöhrt, der ist
der herrschafft tags 1 fl., nachts 2 fl. zue straff verfallen. Doch möcht einer so gefährlich
handien, man wurde einen nach gestalt der sachen höher darumb straffen oder daß dorff
und gericht verbieten.//
35. Straff der weiber
Welches weib, daß ander ein huren, vnholden, schilt oder sonsten schmächliche wortt
gegeneinander brauchen, die sollen 17 kr. verfallen sein. Oder aber sie einander gar
schliegen, soll jede per 34 kr. abgestrafft werden. Ein fromb weib vil guets mit reden
stifft, ein böse zung aber viel leuth vergifft.//
36. Niemandt ohne vorwissen der herrschafft behaußen oder behofen
Ob jemandt frembde leuth in sein behaußung eingenommen und ohne vorwissen deß
gerichts-vogts herberg gebe, derselbig solle umb 1 fl. gestrafft werden. Es solle auch
kein vnderthon die frembde wandersleüth oder aber andere landtstürzer oder landtsknecht länger alß ein nacht hörberg geben, es wäre dan, daß einer krank wäre oder vngewitters halber nit forth khünte, doch mit vorwissen des vogts mag jhme noch ein
nacht oder zwo gestattet werden, bey obgesözter straff aines guldins.//
Nr.utsronljihgfecbaWKHF
17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn
(Herrschaft
Wellenburgj
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37. Ob keinem fxschweyher nicht waschen
Item, ob ein weib ob dem Weyher waschen wurde, soll dieselbe umb 1 fl. gestrafft
werden.//
38. Holtz hinfuehren verbotten
Welcher in der herrschafft hölzer, wenig oder viel holz, grüenes oder dürrs, abhaut und
weckfuhrt, soll umb 1 fl. gestrafft werden. Es wäre dan der stammen so viel, der schaden so groß, so viel stammen, so viel gulden.//
39. Aufloßen verbotten
Wo jemandt, es seye weibs- oder mannßpersohn, knecht oder mägdt, bey nächtlicher
weil einem in sein hofraitin oder unter die fenster gehet, in mainung aida vfzuloßen und
also an der that ergriffen, der- oder dieselbe sollen jedesmahls umb 1 fl. gestrafft werden.//
40. Ohne erlaubt tanzen
Ob sich begebe, daß daß junge volck auf hochzeiten oder sonsten im jähr ein danz haben wolten, die sollen ohne erlaubnus der obrigkeit nit macht haben. Welche aber solches thäten, soll jede persohn umb 30 denarii gestrafft werden.//
41. Vor der herrschafft kein wöhr tragen
Welcher vor der herrschafft zue schaffen, der solle zuvor die wöhr von sich thun, bey
straff aines guldins.//
42. Vnzimbliche wöhr vor gerì cht verbotten
Item, so einer in einer Stuben, da man gericht oder gmainden haltet, ein vnzimbliche
wöhr, alß ein axten, bix oder beihl oder hammer, bey sich trägt, soll 1 fl. straff ohne
mittel auflegen.//
43. Schreyen auff der gassen
Wann die knecht oder mann nächtlicher weil vf der gassen vnzimblich schreyen, bißweilen auch schwöhren, mit blossen Wöhren einen rumor haben, soll jeder umb 1 fl.
gestrafft werden.//
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Die weltlichen
Staaten
44. Einen den andern pfänden
So einer einen antreffe, der seinen negsten schaden thäte an holtz, wisen, äckern, gärtten
und anderm, soll von deme, der ihne also antrifft, gepfandt und solch pfandt alßbalden
dem gerichtsvogt zugestöllt werden.//
45. Keine händel auß dem flecken ziehen
Item, ob jemandt händel, so sich im dorff verloffen, vß dem dorff ziehen und ausserhalb
deß ordenlichen gerichtsherrn vorwissen und erlauben, vor andern leuthen verrichten
und verthätigen wolten, der- oder dieselbe soll jede persohn umb 1 fl. gestrafft werden.//
46. Nit frembden schütz suechen
Welcher vnnderthon, jnnsäss oder jnnwohner deß dorffs und gerichts, es seye in was
sachen es wolle, sich mit wortten vernemmen last bey andern und frembden herrschafften und Obrigkeiten, rath, beystandt, schuz und schirmb zu suechen, soll umb 10 gold
fl., jeden zu 75 kr. geraith, ohne alle gnadt gestrafft werden. So er aber dasselbe im
werck verrichtete und hülff oder beystandt bey andern herrschafften suchen thäte, solle
ohne mittel per 20 fl. gestrafft werden.//
47. Strass, weeg und Steeg zu machen
Ferner soll der vogt und fiihrer jhr fleissig aufsehen haben, wo weeg, Steeg, zäun, gräben zue machen und zu bössern wären, es seye zue dorff oder veldt, der ganzen gemein
zu nutz und nothdurfft, die sollen vogt und fuhrer nach aller nothdurfft machen, bössern
und vnderhalten, darzu jhnen die gemain nach Ordnung deß vogts mit frohnen dienen,
behilfflichen und willig sein sollen. So sich aber einer widrig erzaigen wurde, solle zur
büß 1 fl. bezahlen.//
48. Vom zechenden
Es soll auch jeder vnderthon groß- und kleinzehenden recht getreülich und vollkommenlich ohne alle gefahr oder vortel geben und ligen lassen. Damit aber hieran vortel
und vntreu verhüetet werde, soll der vogt darauf mit ernst halten und diejenigen, so sich
betrugs gebrauchen, der herrschafft anzaigen, selbig nach gestalt der sachen mit ernst
entweder gefänglich oder verweissung deß gerichts zu straffen. Gib Gott und was den
menschen kehrt so wirst du hier und dort geehrt den zechenden gib ohn alle gefahr so
wirst du haben reiche jähr.//
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(Herrschaft
Wellenburg)
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49. Von gültten
Die vnderthonen, giltt- und zünßleuth sollen jhre gülten und zünß jährlich auf Martini
oder zum längsten auf weynachten jederzeit mit gutem getraydt und redlichen werth bezahlen, zuvor und ehe sie jhre gülten bezahlt, nichts verkauffen noch gen marckt fuhren,
bey straff 2 fl.//
50. Heiligen pfleg- oder gemainrechnung
Item, bey jeder heyligen- oder gemaindtrechnung soll der herr pfarrer, ambtman, heyligenpfleger oder vierer mehr nit alß den heiligen oder gemain bey solcher rechnung 1 fl.
30 kr zu verzöhren erlaubt sein. Waß sie darüber verzöhren, sollen sie vß ihrem beutel
bezahlen.//
51. Würth betrefendt
Es soll kein würth kein kanten, sie seyen groß oder klein, im hauß haben, die nit von der
herrschafft gepfechte eicht und ob den kanten der herrschafft marckt und zaichen hat.
Wann dan ein gast ein solche unbezaichnete kanten vfgesezt wurde, soll er für den wein
oder bier nichts zugeben schuldig sein. Deßgleichen solle jeder würth seinen wein, so er
zu Augspurg erkaufft und einlegt, versuchen und schäzen lassen und bey solchem tax,
wie er geschäzt wird, ohne gesteigert verbleiben, den wein ungefalscht und ungemischt,
sondern gerecht verbleiben lassen und soll der herrschafft von jedem faß 2 maß versuchwein vergunt und zugelassen werden. Wan aber ein würth vf dem landt ein ganzen
wagen mit wein kauffen oder selbst abhollen wurde, soll der gerichtsobrigkeit alß der
ihn anstatt der herrschafft schäzen solle, mehr nit alß 2 maß wein versuchwein gegeben;
es hätte dan solcher würth mehrerley wein vfgeladen, kan sich ein jeder ambtman seiner
discretion nach auch verhalten. Deßgleichen soll der würth keinem armen mann, taglöhner oder dergleichen, so nit aigen hauß und hof in dem dorff hat, kein wein vf borg geben, sondern umb pare bezahlung, auch keinen im würthshauß vf borg zechen lassen,
bey verluest deß verzechten gelts, so der würth der herrschafft zur straff geben soll. Einem baurn aber solle der würth über 4 fl. und eim lehener 2 fl., einem soldner 1 fl nit
borgen und denen er darüber borgt, solle dem würth durch die obrigkeit die bezahlung
nit verschafft, sondern der würth noch umb 2 fl straff angehalten werden. Es solle hinfiiro keine stuelvestin ohne beysein deß herren pfarrers halten und bey der stuelvöstin
über 2 oder 3 tisch nit haben, darauf der vogt sein aufmörcken haben und den Verbrecher sambt dem würth zur straff stöllen solle.
Item, zu einer hochzeit soll keiner über 50 persohnen ohne sonderliche erlaubnus nit
haben, auch bey der hochzeit über ein sackpfeiffer und schalmeyer nit gedultet werden,
bey straff 2 fl. Nicht weniger soll ein jeder würth nit länger alß sommerszeit biß 9 vhr,
Winterszeit aber biß 8 vhr spilen lassen, auch höher und nit theurer alß hievor geordnet
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Die weltlichen
Staaten
worden, deßgleichen niemandt nach 9 vhren wein oder bier vftragen, ausser waß kranke
persohnen oder durchraissende leuth sein, bey straff 2 fl. unnachlässig zu bezahlen.//
52. V o n gemaindt- und pflegschafften
Vogt und fuhrer sollen vernünfftig erwegen, wann und soofft sie von einer gemaindt
wegen bemühet werden, daß sie solches dem gemainen nuz schuldig und dahero billich,
kein belohnung begehren sollen. Wann aber ausserhalb fleckens von einer gemaindt wegen etwaß notwendig zu schaffen, soll jedes tags 12 kr. und nacher Augspurg zu verraisen 16 kr. von der gemaindt gelt zu verzöhren zugelassen werden; und solle die außgab
jedesmahl vfgeschriben und jährlich von der herrschafft einmal übersehen werden. Deßgleichen soll es auch mit waisengeldt von den pflegern beschehen, und weil es an ihme
selbsten ein werck christlicher liebe und barmherzigkeit ist, darvon sie den lohn bey
Gott zu hoffen, sollen sie bey den waysen kein vncosten suchen, es wäre dan, die pflegschafft so stattlich, stehet es bey der herrschafft, den pflegern etwaß zuzulassen.//
53. So nit vormunder sein künden
1. iner, so 5 kinder hat, mag sich der vormundt- und pflegschafften entschuldigen.
2. Item, so einer voran 2 pflegschafften hat, kan er sich der dritten enteüssern.
3. Derjenig, so sich mit täglicher arbeith nähren muß, kan auch der vormundtschafften
überhebt werden.
4. Der, so leibsgebrechlichkeit halben solche pflegschafften nicht verrichten kan.
5. Die einfältige, so der händel vngeüebt sein, mögen auch entschuldigt werden.
6. Ein 60-jähriger mann kan sich der pflegschafften auch enteüssern.
7. So einer seinen pflegkindern, alß den knaben 14 jähr und den mägdlein 12 jähr, vorgestanden, jst er nit verbunden, solche pflegschafften länger zu versehen.//
54. Kein kauff oder verkauff verleykauffen
Item, es soll kein kauff oder verkauff, umb was daß seye, änderst nit alß vf ratification
der herrschafft beschlossen werden und denselben nit verleykauffen, ehe und zuvor die
herrschafft solch händel bewilligt, und solle allzeit dergleichen händel mit und in beyseyn der gerichtsobrigkeit beschehen, nachmahlen mehrer nit alß von einem hof 4 fl.,
von einem lehen 2 fl., von einer söldt 1 fl. verleykaufft werden. Thäte aber einer hierwider, solle derselbig per 2 fl. gestrafft werden und der gerichtsvogt gleichfahls umb soviel, da er mehrers zulasst.//
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(Herrschaft
Wellenburg)
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55. Von den frembden, so in der herrschafft gericht eingelassen werden
Will die herrschafft auch, daß diejenige, so sich in jhren gerichten einkauften, es seye
hof, lehen oder söldten, umb diejenige, so dergleichen guetter nit 4 jähr lang besizen
künden, sonder in solcher zeit wider verkauffen wurden, sollen dieselbigen wider ausser
dem gericht geschafft und ferner kein gerechtigkeit in ihren gerichten zu wohnen
gestattet werden.//
56. Die fräveler helffen handhaben
Ob sach wäre, daß in der herrschafft gericht oder desselben grundt und boden dermassen gehandlet und gefrävelt wurde, es wäre durch die vnsern oder frembden, die sich
unsern vögten widersözen oder nit gefangen geben wolten, sollen alle und jede vnderthonen bey ihren aydten und pflichten schuldig sein, dem vogt oder anwaldt solch fräueler und ungehorsambe helffen angreiffen, fahen und zur gefangnus bringen. Da sich
aber einer oder mehr dessen verwaigern wurden, solle der- oder dieselben jeder umb 2
fl. gestrafft werden.//
57. So man stürm schlägt oder leüttet
Item, soofft man stürm leüttet, sollen alle underthonen, sie seyen zu dorff, holtz oder
veldt bey ihren pflichten, damit sie der herrschafft verbunden, mit gewöhrter handt dem
vogt zulauffen, sich alldorten versamblen und in allen fürfallenden nöthen einander
treulich beystandt laisten. Der sich aber hierinnen vngehorsamb gebrauchen wurde,
solle derselbig umb 4 fl. ohne gnad gestrafft werden.//
58. Die feürstatten zu besichtigen
Es solle gleichermassen der vogt und fuhrer jedes jähr dreymahl von hauß zu hauß umbgehen, die feürstätten zu besehen, ob sie nit manglhafft und schaden dabey zu besorgen,
und wo sie also mangel funden, solle der vogt denselbigen bey straff 2 fl. vferladen,
solchen mangel inner 14 tagen versorglich zu wenden; und nach vergangnen 14 tagen
soll der vogt solche feürstatt wider besichtigen, ob solcher mangel gewendet oder nit.
Befindet er denselbigen in vorigem standt, kan der vogt jhme bey doppelter straff mit
ernst einbinden, solchem besorgenden vnhayl furzukommen.//
59. Flax in der Stuben dörren verbotten
Der gerichtsvogt solle auch jährlich zue hörbstzeiten daß flaxdörren in der stuben verbietten und auf solches sein fleissige achtung geben. So er einen oder mehr begreifft,
472
Die weltlichen Staaten
soll der vebertretter dises Verbots umb 10 fl. straff würdig sein.//
60. Zweyfache straff
Wann einer in der kirchen, vor der herrschafft, vor gericht, in dem badhauß, in der
Schmitten, in der mühlen ein fräuel begehet, derselbig ist würdig mit doppelter straff zu
biessen.//
61. Ein auß dem seinen fordern
Deßgleichen, so einer den andern in seinem hauß, hof, äcker, wißen oder andern überlauffit oder heraußfordert und fräuendtlich handt anlegt, der ist 10 fl. zur straff verfallen.
So aber einer veber gebottnen friden einen in dem seinigen verwundt, der ist doppelte
straff würdig und ohne alle gnad zu bezahlen schuldig.//
62. Nothwöhr
Welcher den fräuel an den andern bringt, daß sich einer nothhalben Wöhren muß und
der gezwungne mit 2 mann beweisen kan, daß er sich ehrenhalben Wöhren müessen,
demselben soll derjenige, so den frävel an jhne gebracht, die frävel außrichten.//
63. Von verwartten
Welcher den andern verwarttet und doch nit beschädigt, der ist 5 fl. zur poen verfallen.
Verwartet aber einer den andern und beschädiget jhne, soll der frävler der herrschafft 10
fl. straff und dem beschädtigten allen vncosten und arzt außrichten, doch stehet die moderation der vncosten bey der herrschafft.//
64. Wer in abwesen deß vogts frid zu bietten
Wür wollen und ordnen auch, wann aufruehr, gefacht oder empörung entstüende und
der vogt oder anwaldt nit vorhanden wären, daß ein jeder gericht verwandter und hindersäß den friden zu gebiethen macht haben solle. Es soll auch vnnsere vögt und ambtleüthen keiner, bey entsezung seines ambts und diensts, weder grosse noch kleine frävel
ohne vorwissen der herrschafft verthädigen oder verdrucken, sondern aller straffen alle
jähr, alß nemblichen vf weynachten, ordenliche raitung thun, sich auch keiner mit Verehrungen, alß die zuweillen beschehen, bestechen lassen, nachmahlen von derselbigen
wegen allerhandt ungebührliche sachen übertragen helffen, bey verluest jeder seines
diensts. Darumben alle vögt hiemit alles ernsts wollen gewarnet sein, sich vor solcher
gefahr zu verhieten.//
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Wellenburg)
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65. Die fräveler sich selbsten anzaigen
Item, diejenige, so vfruehr, zanck, hader, vnainigkeit, es seye mit wortten, rauffen schlagen, gfachten oder in all andere weeg, angefangen, die sollen zu baiden thailen in den 3
negsten tagen darnach sich selbsten oder durch andere bey der herrschafft oder vogt anzaigen, bey straff deß stocks oder 2 fl. gelts.//
66. Von gehäußeter
Es soll niemandt kein gehäußat einlassen ausserhalb der herrschafft wissen, vergunst
und erlaubnus, bey straff 4 fl. Ein jedes gehäußat, der eingelassen wird, soll der herrschafft geloben, gerichtbar, gehorsamb, vogtbar, dienstbar und pottmässig zu sein, auch
jährlich ein jedes gehäußat der herrschafft 60 denarii auf die hörbstrechnung erstatten
und bezahlen.
Deßgleichen soll kein gehäusat längere gerechtigkeit im dorff zu wohnen haben, alß solang es sich wohl verhaltet und der herrschafft gefallig sein wird. Und derjenige, so es
einlast, soll bürgschafft thun, da etwas bey solchen jnnwohnern der herrschafft oder
gemain verlohren oder abgienge, mag man sich sollches schadens bey dem, der es eingenommen, erhollen.//
67. Gunggelhauß bey tag und nacht
Ein vnleidenlicher mißbrauch, so in vnsern gerichten einschleicht, ist, daß in den gunggelhäußern, sonderlich nächtlicher weil, allerhandt ungebühr mit vnzüchtigen buelwercken, danzen und springen, ein so vnerbarer wandl geführt und viel böses getriben
wird, daß wür hirinn ernstliche wendung zu thun höchlich getrungen werden. Wollen,
ordnen und gebüetten also vnnsern vögten und vnderthonen, daß sie jhr fleissiges aufmercken haben, wo und in waß hauß solche vngebühr fürgehet und beschicht, sie alßdann denjenigen, der solche gungglhäußer haußet, zue straff erfordern und wegen er
solche sträfliche sachen in seinem hauß geschehen last, umb 2 fl. abstraffen, diejenige
thäter aber mit dem stockh und geigen gestrafft werden.//
68. Priester oder pfarrer ehr beweisen
Dieweil dann bißhero bey thails vnnderthonen ein solche grobheit verhanden, daß sie
jhren pfarrherrn und seelsorgern, so jhnen an stätt Gottes fürgesözt, ohne allen ainichen
respect ainiche ehr beweisen, sein lehr und predig wenig in acht nemmen, sondern wohl
daß gespött auß dem worth Gottes treiben und die pfarrherrn ohne alle reverenz und
ehrerbiettung alß ein andern gemainen mann gleich achten, bißweilen wohl gar dauzen
und mit ungebührenden nachnamen behölligen därffen. Solche grobheit wollen würnit
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Die weltlichen
Staaten
allein gantz und gar abgeschafft und verbotten haben, sondern wollen diejenige, so über
dieses unser ernstlich gebott in obangezogner grobhait betretten werden, umb 2 fl. ohne
ainiche gnad abstraffen, darvor sich jeder waist zu verhüetten.//
69. Auff die IV hohe fest beichten
Wür haben in zeit vnserer regierung mit mörcklichem schaden erfahren, mit waß straffen der allmächtige Gott umb keiner andern vrsach alß umb unserer sönden willen, vnß
sambtlichen haimbgesucht und gestrafft. Alß halten und wollen wür für hayl samblich
achten, zu Versöhnung deß zorn Gottes, daß vnsere vnderthonen zu den 4 hohen festen,
alß zu ostern, pfingsten, vnser lieben frauen himmelfahrt und weynachten, sonderlich
die eheleüth sich dem allmächtigen Gott durch vorgehende beicht jhrer Sünden und darauf folgender communion versöhnen thäten, wurde ohne zweiffei der liebe Gott unß
sambtlichen desto mehr verhülfflicher erscheinen. Dieweil wir aber eüch (ausser waß
die christlich kirch gebeüthe) zu keinem gebott tringen, sonder allein auß treuherziger
warnung ermahnen wollen, daß jhr eüch mehrerer andacht und guter werck, und den
zorn Gottes umb soviel desto mehr zu furchten, gebrauchen und allen fleiß anwenden.//
70. Kinder bey katholischer religion zu halten
Die gerichtsherrschafft ordnet und will alles ernsts und bey höchster straff, so hoch sie
zu straffen bemächtiget, daß alle jnnwohner und vnderthonen jährlich bey der hayligen
rechnung alle jhre kinder, verwandte und befreündte, so sich ausser derselben gerichten
an andern frembden örthern, sonderlich zu Augspurg in diensten oder handtvyerckern
aufhalten, anzaigen, in waß diensten, ob sie bey der allein seeligmachenden römischen
kirchen und religion unverhindert gelassen, an sonn- und feyrtägen in die catholisch kirchen zu gehen nit gehindert sein. Vnd daß dieselbe jährlich ihre beichtzettl, die sie von
jhren beichtvättern zu österlicher zeit abfordern sollen, vnserer herrschafft zu Wöllenburg pflegern würcklich zustöllen wurde. Derowegen einer oder mehr befunden, die
sich dieses unsers ernstlichen befelchs vngehorsamb verhalten und nit gemeeß nachkommen, sollen nit allein solche vngehorsame auß der herrschafft geschafft, sondern
auch jhres Vermögens, so sie in vnsern gerichten ligen haben, nit thailhafftig werden,
solang und vil sie sich zue disem vnsern beuelch gehorsamblich bequemen. Vnd über
daß sollen jhre eitern, pfleger oder verwalther ebnermassen sich unserer vngnad und
straff, die wör gegen jhnen furnehmen werden, vnß vorbehalten, vnaußbleiblich getrösten und erwartten, vor der sich jeder waist zu hüetten.//
71. Von juden
Item, dieweil an jhme selbsten vnzimblich und vnrecht ist, den vnderthonen jhren weib
Nr. 17 b: Fugger-Kirchberg-Weißenhorn
(Herrschaft Wellenburg)zywvutsrponmlkjihgfedcbaWVTMJHGF
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und kindern, verderblich und schädlich mit den juden zu handien, so ist unser ernstlicher befelch und gebott, daß sich ftirohin keiner gegen den juden verschreiben, mit jhnen weder mit leihen, kauffen, verkauften, dauschen, versözen, weder wenig noch viel,
zu schaffen habe. Wurde aber einer hierinn ergriffen, der soll deß fleckens verwisen
werden. Es solle auch keiner sich für den andern gegen den juden in bürgschafft einlassen, bey vorgesezter poen und straff. Demnach dise vnnsere jezt nacheinander geschribne articul, gebott und verbott in vnsern vndern gerichten, ainig und allein dahin vermaint und angesehen, daß in gerierten vnsern gerichten bey jungen und alten, weibsund mannßpersohnen, guter auferbaulicher erbarer wandel, gute tugende, frid und
einigkeit erhalten, die fridsame manuteniert, beschüzt und geschürmbt, die böse und vngehorsame aber zur correction und straff gehalten und allerhandt vebel außgerottet und
caviert werden. Also und darnach ist dises vnnser ernstlicher will und Warnung, auch
gehaiß, daß alle unsere vögt, ambtleuth und diener dise pollicey, welche gleichwohl einem jeden regierenden herrn zu verbössern, zu mindern, zu mehren und nach gestalt der
läuff gar zu erneuren bevorstehen (und der hohen obrigkeit an den 4 hohen wändel ohne
nachtheil und vnvergriffen), jährlichs aufs wenigist einmahl den vndergebnen vnderthonen fürleesen, sich derselben haltung zu befleissen ermahnen und bey ernstlicher Vermeidung jedes seines diensts darob haltet, daß derselben in allen und jeden stucken
gehorsamblich nachgesözt, gelebt und alles fleiß vollzogen werden. Hieran beschicht
vnser ernstlicher will und befelch und seyndt dise statuta von vnß vfgerichtet, publiciret
und
* approbiert worden, den tag [...] jm jähr Jesu Christi, vnnseres erlösers, gezählt.//
Gleichwie vorstehende statuta vnd polliceyordnung in vnserem vormundtschafftlichen
pflegambt Wöllenburg durchaus observiert vnnd genau gehalten, vnns iedoch fürs
künfftige solche zue endern, zu vermünder oder zu vermehren, reserviret haben wollen.
Also confirmieren und ratificieren selbige auch hiermit und in crafft vorgetruckht vormundtschafftlichem signet und aigenhändiger vnderschrifften. Augspurg, den 14.
august 1726.//
Eustachi Maria, graf Fugger
Maria Theresia, gräfin Fuggerin von
Wöllenburg, wittib l[oco] s[igilli]
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Die weltlichen
Staaten
Nr. 18: Königsegg-Rothenfels, Grafschaft mit der Herrschaft Staufen: „Landts-Ordnung der Herrschaft Staufen"
vom 31. 5. 16215
Wie es sowol gegen den jngeseßenen als frembden underthanen in allen ihren begebenden handlungen, heyrathen, kontrakten, pakten, schulden, pfandungen, erbthailungen,
testamenten und andern letzsten willen, auch allen furfallenden rechten, gerichts und
oberkaitlichen sachen jederzeit solle gehalten werden. Von dem hoch- und wohlgebohrenen herrn herrn Georgen freyherrn zu Khünigsegg und Aulendorf, herrn der grafschaft
Rothenfels und herrschaft Staufen, Römisch-kayserl. majestät rath widerumben erneueret verbesseret und an vilen orten gemehret, so geschehen zue Immenstadt den 16 ten
may des laufenden aintausend sechshundert und zwainzigigsten jahrs.//
I. Wann sich zway zusamen verheüraten, und haab und guet zusamen
bringen, wie es mit solchen gehalten werden solle
Wann sich der fahl begeben sollte, daß zway ehemenschen, so miteinander im ehestandt
gehaußet, und vil haab und gueth zusamen gelegt, oder sonsten miteinander errungen,
ererbet, oder in ander weg bekommen, solle es alsdann ain gemain gueth heißen, und
seyn, obgleich schon das ain mehr als das ander zue dem anderen zuer heürat gebracht
und gelegt habe.//
II. Wann ein ehegemächt von dem anderen, ehe jähr und tag vergangen, abstürbe, wie es soll gehalten werden
Wann auf solchen fall der mann stürbe, ehe ein jähr herumb wehre, so nimbt das weib
das jhr, was sie zue ihme gebracht, sambt der bettstatt, es sey an gueth, geldt oder fahrnuß wieder hinwegkh, und erbetten ihme mehr nit, dann allain die morgengab, die jr
5
StaatsA Augsburg, Adel, v. Königsegg-Rothenfels (Herrschaft), Nr. 139 b. Die Edition folgte dem Text einer
am 30. 4. 1818 im königlichen Landgericht Immenstadt kollationierten Abschrift. Diese älteste bekannte
Polizeiordnung der Herrschaft Staufen rezipierte Reichsgraf Franz zu Königsegg-Rothenfels bei der Abfassung
der ,,erneuerte[n] und verbesserte[n] statuta und Verordnungen der gemeinen stat Immenstadt" vom 17. 5. 1779
(StaatsA Augsburg, Adel, v. Königsegg-Rothenfels (Herrschaft), Nr. 139c). Dort resümierte er in der Einleitung
in aufgeklärerischer Manier: „Und da wir nun unter anderen auch befunden, daß die bisherige statuta und
Verordnungen der allhiesigen Stadt in manchen stücken dunkel und unbestimt, und wegen länge der zeit, zu
welcher solche verfaßt worden, theils nicht mehr anwendtbar, theils auch, und besonders so vieil eine wohl
eingerichtete forst- und holzordnung betrift, gar zu unvollkommen und mangelhaft beschaffen seyen, also haben
wir uns aus liebe und landesvaterlicher fiirsorge für den Wohlstand [... ] bewogen gesehen, sothane statuta nicht
nur zu erneuern [...], sondern auch mit neüen gemein nützlichen Zusätzen zu vermehren, wie folgt."
Nr. ΅8: Königsegg-Rothenfels,
Grafschaft mit der Herrschaft Staufen
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versprochen, jede märkh silber, für fünf pfiindt häller gérait, da sie nit schwanger wehr.
Da aber das weib verstürbe, so gehet dem mann auch sein gueth wieder zue, was er gehabt hat, und der freündschaft die versprochene morgengab.
III. Wie es soll gehalten werden, wann sie kinder bey ainander erzeügen
Wird da sie mitainander kinder in wehrender ehe erzeugten, und sie baide eheleüth ains
vom andern mit todt abgienge, es sey gleich der mann oder das weib, so soll alsdann
nach ableiben das übergebliebne in vier wochen nach der dreißigist mit den kindern
schuldig seyn zue thailen, wie man pflegt zue reden, alles einfalliger weyß zum halbthail, also daß den kindern der ein- und dem übergebliebenen ehegemächt der andere
halbthail gevolgt werden soll, woran das nun immer seyn möchte in liegendt und fahrenden, wie das namen haben mag, doch dergestalt, daß die töchteren ihrer muetter druchen und angeschnitten klaider, die söhn aber ihres vaters druchen und klaider ohne
einwendt haben sollen, und ein fall das übergeblieben ehegemächt was von den seinigen
außer rechtlicher billiger Ursache verschafen würde, so sollen die kinder nit macht
haben, jhme darain zue reden. Ferners der ain ehegemächt seinen kindern durch ein leisten willen mit oder ohne testament vor andern kindern zum voraus was verordnen
wollte, solle es in kraft dieß landtsgebrauchs mehrer zue verschafen nit befiiegt seyn, als
zehn pfundt pfenning, es wehre dann sach, daß verdienst und wichtige Ursachen vorhanden wehren, so kann derselbe dieß auf oberkaitliche erkantnuß auch wohl thun, was
aber ain ehegemächt außerhalb eines leisten willen zu verschafen gemaint, solte daßelbige solches mit vorwißen der oberkait thuen, und daßelbe da es will verbriefen laßen.
Da auch das übergeblieben ehegemächt in armuth gerathen wurde, so sollen alsdann die
kinder demselben ain laidenliche billiche handtreichung zue thuen schuldig und verbunden seyn.//
IV. Wann ain mann zue ainer wittiben sich verheüret
Jm fall und ferners ain mann so vorhin kain weib gehabt, zue ainer wittiben sich auf ain
gueth verheüraten thate, so ist das weib dem mann, da er die jungfrauschaft zuebringt,
die morgengab schuldig, und sonsten nit. Aber die wittwer und wittiben kaines dem andern ainige morgengab nit schuldig.//
V. Wann herrschaft leüth sich zue frembden verheüraten wollen
Es soll sich fürdters hin kain unterthan weder mann noch weibspersohn mit ausländischen herrschaft leüthen bey hoher unnachläßlicher straf in ainige heürat tractation und
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Die weltlichen
Staaten
handlung ohne vorwißen der herrschaft als jhrer gnaden selbsten im wenigisten nit einlaßen und ain antrag in solchen machen.
VI. Wann eheleüth ohne kinder absterben, wie es mit der verlaßenschaft zue
halten
Wann ain ehemensch von dem andern ohne leibserben abstirbt, so soll dem übergebliebenen ehemenschen der alb thail durchaus samt ihrer gehabten ehebettstadt an ligenden
und fahrendem ganz überall nicht davon ausgenommen verbleiben, und der ander halbthail des verstorbenen negsten bluet freündtschaft zue gehören, mit dem verstandt, da
das weib vor gestorben, daß alsdann ihre klaider auf ihr freündtschaft, da aber der mann
von todts verschieden, seine klaider auch auf seine freündtschaft fallen, doch in allweg,
daß der halbe thail ain weg als den andern bey der abthailung gleich seyn, und der herrschaft jederzeit ohne allen nachthail und schaden fürgenommen werden soll, jmmaßen
auch dieß sich gleichfalls auf fremde herrschaft läuth als Bregentzische und Hoheneggische unterthanen, die in der herrschaft Staufen oberkait und gebiet haushäblich wohnen,
verstehen thuet, dergestalt, da ains oder das ander auße der ehe von dem andern ohne
leibserben abstirbet, daß alsdann der halbe thail gueths an des verstorbenen negste
bluetsfreündt und verwandten herinnen, und auf den fall auch aliso hinaus fallen solle.//
VII. Wann kinder vorhanden, wie dießelben erben
Wann nun obgemeldte fáll in der herrschaft Staufen beschehen, und kinder wenig oder
viel söhn oder töchtern verhanden, und es sey gleich vater oder mueter gestorben, so
soll das ain erben wie das ander in gleicher linien von einem vater und mueter herrührend, und ligendt und fahrendem, an hausrath, berggüethern und allen andern nichts
ausgenommen. Da aber kinder, sie nit ehelich geboren, vorhanden, und aigen gueth wie
und woran es wehre, bekommen, und ledigs standt absterben, auf solchen fall erbot
alsdann die herrschaft sein verlaßenschaft allainig, würden sie sich aber es wehre mann
oder weibspersohn verheüraten, und im standt der ehe kaine kinder erzeügen, und darüber das unehelich stürbe, so erbet widerumben die herrschaft den halben thail, und das
übergeblieben auch den andern halben thail in allem durchaus. Jm fall aber kinder vorhanden wehren, so fallt die erbschaft nach landtsgebrauch auf die kinder.//
Nr. 18: Königsegg-Rothenfels, Grafschaft mit der Herrschaft StaufenwvutsronmlkihgfedcbaXWVI
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VIII. Wann kinder ledigs standts sterben, so aigen angefallen gueth gehabt,
wehr alsdann erben solle
Und so sach wehre, daß ain kindt von seinem vater oder mueter seligen etwas ererbt
oder sonsten von seinen ähin oder ahne oder freünden,woher es seyn möchte, bekommen, so sollen solches alles seine geschwistrigen, im fall es im ledigen standt stürbe, nit
erben, sondern den übergebliebenen vater oder mueter zue gehören.//
IX. Weiter w i e geschwistrigten erben sollen in sachen so erblich an ihre
aeltern k o m m e n
Wann geschwistrigten und geschwistrigten kinder zu erben etwas anfallen thuet, so sollen sie gleich zu erben einstehn mit dem verstandt, daß das geweßen verheüraten geschwistrigten kinder, es seyen gleich vil oder wenig, nit mehr erben sollen als ihr vater
oder mueter, da die auch im leben geerbt hetten. Jm fall aber kain brueder oder schwester mehr vorhanden wehre, sondern allein geschwistrige kinder, so erbet alsdann aines
so vil als das andere.//
X. Wann die mueter gestorben, und sich der vater in die ander ehe verheürath, oder da der vater gestorben, und die mueter sich in die ander ehe begebe, w i e es mit den kindern erster ehe in der thailung soll gehalten werden,
deßgleichen auch mit den nach kindern auch des vaters oder mueters todt
Wenn zwey ehemenschen kinder bey ainander erzeügen, und die mueter oder der vater
davon stürbe, so sollen die kinder erben ain obgemelt nemblich zum halben thail, und
thete sich der vater oder die mueter widerumb verheüraten und bekomen auch kinder in
der andern ehe, und der vater oder mueter in dieser ehe absterbe, so sollen vor- und
nachkinder gleich erben das ain wie das ander, wie von alters her gebräuchig geweßt.
Doch mit der mainung, da die kinder ihren vater erben, da aber der nachkinder mueter
stürbe, so erben als dann dieselb ihr mueter alleinig zum halben thail, und den vater
zum halben thail, und die vorkinder nit.
Im fall aber die mueter sich auch wider verheürate, kinder erzeügte, und darüber
stürbe, so erben als dann ihre kinder sowohl beim ersten als andern mann gleich als
nemblich den halben thail, da aber ihr mann auch stürbe, alsdann erben allein ihre die
nachkinder und die vorkinder nit.//
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Die weltlichen Staaten
XI. So vater und mueter gestorben, kinder verlaßen, wann ain kindt stirbt,
wehr und wie man erben soll
Im fall vater und muetter abstürben, und kinder hinter ihnen verließen, aus welchen ains
oder ander sterbe, so sollen alsdann die laibliche geschwistrigte, da das verstorbene kaine kinder hinterlaßen, daßelbe gleich erben, wie auch deßen laiblichen geschwistrigen
kinder ebenmäßig, und den stiefgeschwistrigen davon ausgeschloßen seyn.//
XII. Wann kaine geschwistrigten vorhanden, erbet das negste bluet
Wann weder vater noch mueter, noch kinder, noch geschwistrigten nit vorhanden, so
erben alsdann des leisten verstorbenen negsts bluets verwandten.//
XIII. Den auslößungen, wie brüedern und schwestern ainander verweißen
und auslößen sollen
Da sich begebe, daß brüeder ihre schwestern auslösen müßten, so sollen dieselben fueg
und recht haben, in gemain auszulösen, nach jedes orts, da der fall sich begibt, dreyen
negsten und leisten käüfen mit dem anhang, daß man alsdann dem mittlem kauf nachgehen soll, im fall nun aber dieses kaufs halber ein beschwerdt ainfallen möchte, oder
daß in vilen jähren an demselben orth drey käüf nit geschehen wären, so solle man darnach solche beschwerdt und ptirten [Bürden] umb entschädigung für die obrigkeit oder
für das gericht bringen, doch solle die schwester, so aus gelößt würdet, von jeder winterfiier dem mittlem kauf nach fünfzehen pfundt pfenning nach ziehen, oder obrigkeitlichen aldtgerichtlichen beschaidt sich gemäß verhalten, und sollen die brüeder dabey
femers ihre schwestern mit einer gebührenden und gebrauchender ausfahrt nach der aeltem seligen vermögen aus gemainen gueth, der auslösung abzuestatten schuldig, und
ihnen den brüedern dagegen das baugeschirr und pflüegen - wägen - sattel - zaum und
aller zuegehör- in allweg verbleiben und zuegelaßen seyn.
Wenn aber keine söhn und blos töchtem vorhanden wehren, so sollen dieselben an
allem durchaus gleich erben, und gleiche recht haben das väterlichen und müeterlichen
gueths.//
XIV. Wenn eheleüth giiether erkaufen, wie es mit denselben soll gehalten
werden gegen den schwestern in aus Weisungen
Es bringen zwey ehegemächt gleich wenig oder vil winterfueren zuesammen, so sollen
die töchtem sich davon auslösen laßen, mit nachziehung von jeder winterfuer fünfzehen
Nr. 18: Königsegg-Rothenfels, Grafschaft mit der Herrschaft Staufen
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pfirndt pfenning, wann aber die ehemächt in wehrenden ehestandt was dazue kaufen, es
wehren gleich wenig oder vil winterfueren, alpen, vorpäß, holzmarkhen als ander stükh,
so sollen die brüeder als dann von solchem erkauften gueth, die schwestern, so hoch die
erkauft, ohne allen abgang auslösen.
D a aber ains oder das ander ehegemächt ob dem erheüraten und zuegebrachten gueth
auf das ander und mehrer an winterfueren erkauft gueth ziehen würde, so sollen als
dann die schwestern mit abziehung fünfzehen pfundt pfenning von jeder winterfuer, ain
w e g als den andern davon ausgelößt werden, doch sollen obstehende punkten zue den
brüedern stehn, ob sie die erkaufte stukh und berggüether behalten oder aber den
schwesteren haimblaßen wollen oder nit, in allwegen aber dabey der herrschaft nichts
entzogen.//
X V . Wann ain brueder bey der auslösung die gelegen stukh ains oder mehr
nit behalten wollte, wie es als dann solle gehalten werden
A u f solchen fall solle ihnen frey stehen, solche stukh den schwestern, da sie wollen hinzuelaßen, doch in gutenn und bösen, oder mögens gar verbleiben laßen, doch der
herrschaft ohne allen nachtheil.//
XVI. Wie Zahlung in denen käufen beschehen solle
Wann ainer ein gueth oder ain stukh feldt gehe, was es seye in alb oder vorseßen, verkaufen würde, und der käufer ihme mit seinem gueten willen an dem kauf schulden,
zinsbrief, roß oder vieh, oder dergleichen geben thette, und nach solchem ainer anfallen
wollte, so solle der käufer auch dergleichen stukh, schulden, zinsbrief, roß oder vieh,
wann der anfaller nit par geldt hette, annemmen, und der käufer das seinig wieder zue
handen ziehen.
Wann ainer ein gueth in der herrschaft verkauft, so soll alsdann derselb im mittlem
märtzgen abziehen und abzuziehen schuldig seyn, und so vil auf dem gueth arten zue laßen, als vil dem gueth gemeß, und daß daßelbe damit kan gebaut werden, wie nit weniger auch solle der tung ganz beim gueth verblaiben.//
XVII. Wann ainer ein gueth anfallen thuet, wie es soll gehalten werden
Da ainer anfallen und ain kauf ansprechen will, so soll er den ganzen kauf anfallen und
denselbigen statt thun, nach innhaltlich des kaufs rechten bedingnus und laut oefnung
von obrigkeit wie der geschehen, doch mag er sich ein nacht darauf bedenkhen, sich
berathschlagen, und was er entschloßen, dem käufer entdekhen, und so fern er dem kauf
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Die weltlichen
Staaten
behalten will, dem käufer alles dasjenig, so er billicher weiß des kaufs halb ausgegeben,
als balden erstatten, und soll dieß gleich des andern tags noch vor dem Ave Maria läüthens beschehen, und wann ainer nach demselben kommen wollte, und den kauf ziehen,
soll es jhme hiemit nit zuegelaßen seyn, wie es dann von altem her gebreichig gewesen,
und verstehet sich dieser artikul, sobald ainer den kauf in sein Wissenschaft gebracht,
doch solle er genug darthun, daß er es bälder nit gewüßt habe.//
XVIII. Waldhueber güether
Belangendt die waldhueber güether, wann ain unterthan oder anderer verkaufen würde,
so sollen dieselben als dann dreymahln, jedesmal von jedem verkinden über vierzehn tage nach ainander durch den geschwornen gemainen knecht ausgerueft werden, dergestallt, daß der anfallende käufer sich den leisten sontag neben den knecht stellen, und
wegen seiner beßeren habenden rechten und mehrern bluets Verwandtschaft halber, das
gueth und den kauf versprochen, das ist, er solle ainen neben ihne stellen, der solle in
des anfallers namen sagen, er spreche an mit beßern rechten, erbiete den weinkauf, baar
geldt, pfandt und pfenning, bürgen und wehrer, und was von des kaufs wegen sey ausgeben worden, daran wolle er sich an kainem gesaumbt haben, darauf soll der anfaller
umb die kirchen gehen, und sein rechten fueß beim rathhaus an den schwellen stellen,
und das solle aliso dreymal geschehen, und als dann letstlich wie gemeldt, dem kauf
statt und genuegthuen, wo nit so hat an sein recht versaumbt, da aber ain vater seinen
kindern oder ain geschwistrigt dem andern waldgüethen verkaufen thette, so darf er alsdann solchen kauf von der obrigkeit allein öfhen - und nit kirchen, und da ainer ein
gueth angefallen und zogen, so solle er daßelbig ain jähr und ain tag aigenthümlich
unverkauft besitzen und behalten, da aber ainer solches nit aliso behüelt, so ist der erste
käufer deßen wieder fähig.//
XIX. Wann man güether verleiht, und ainer anfallen oder ansprechen thette
Wann ain gelegen gueth verliehen würde, und ainer freündtschaft halben auftretten
wollte, und jahrzahlen bestimmbt wehren zway, drey, vier oder mehr jähr, so mags der
negste freündt ansprechen bis auf den dritten grad, aber im vierten grad nit mehr, und
solle die Versprechung beschehen, ehe der ander aufzeücht, und gleich des andern tags
hernach, so bald er's inen wirdt, und ehe man zue abendts das Ave Maria laüthet, alsdann soll ihme sein gerechtigkait nit gesparet, noch verabsaumbt seyn.
Da aber der lehrer oder schafer aufgezogen ist, so hat der negste freündt nit mehr
flieg noch macht anzuesprechen, bis die erste jahrzahl ausgelofen, und der anleiher das
gueth oder stukh anderumben wollte verleihen.
Jedoch wann ainer zwischen dem angelichnen gueths bestimmten Zeiten ain aigen
Nr. 18: Königsegg-Rothenfels, Grafschaft mit der Herrschaft Staufen
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gueth beziehen, oder ains kaufen wollte, so mag er das geliehen gueth, wie von alter hero gebreichig gewesen, wol widerumben haimschlagen, doch daßelb jähr, wann er das
gueth haimbschlächt, solches völlig besitzen, und den anleiher nach zeit und billigkait
alsbalden, oder auf obrigkaitlichen beschaidt unumbgenglich auszahlen, und vor allem
befriedigen.//
X X . Verliehene graßnutzungen
Wann ainer ain graßnutzung zue alb, vorseß oder landt verlaihen thuet, auf ein jähr
lang, so soll keiner befiiegt seyn, solches anzuesprechen, wie von alters hero gebreichig
gewesen.//
XXI. Das ergen oder akheren betrefendt
Was den feldtbau oder die aekher anlangt, so soll der ain dem andern z w o zimblich
furch geben, wie von alten hero gebreichig gewesen ist, vom untersten bis auf den obersten.//
XXII. Wann ainer gegen ainem anger oder wißen erget, wie er sich soll
verhalten
Und wann ainer auf ainen anger würft, der saatrecht hat, so soll derselbig deßen der anger ist, die furch selbsten hinweg thun, und zu seinem nutz und gefallen gebrauchen,
wann aber ainer auf ein wiß würft, die nit saatrecht hat, so soll derselbe die wiß widerumben säüberen, und bey gueter zeit, damit der ander dem die wiß gehört, solche meyen
kundt, und an aufwachsung das gras nit verhindert werde.
Jm fall der ober seine aekher geähren hätte, kann hernach der unter auch auf seine
aekher zue ähren, und hätte sein akher nit aine gleiche braite, so solle der akher bey Zeiten abgemeßen werden, damit durch den untern akher dem obern akher kain schaden
durch umbkehren zuegefuegt werde, und da alsdann der gleiche mit dem maß nit getrofen werden khunte, so mag der unter ohne gefahr dreymal auf den geseeten akher umbkehren und nit weiters sonder hernachen auf ihn selbsten, es sey dann, daß der ober akher nit angesät seye. Wann ainer ein akher unterhalb eines angers oder w i ß hette, und
dieselbe oberhalb kain akher recht hetten, so ist derselbe nit befuegt, herabzueergen. Da
zween aekher an aineinander ligen, und der ain das jähr saatrecht hat, der ander aber das
ander jähr saatrecht hette, so mag der unter bey seinem jähr nur ein halbe, oder kleine
furch herabergen und nit mehreres, der ober aber soll bey seinem jähr die furch widerumb herablegen, wie von altem hero breichig gewesen.
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Die weltlichen
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So ainer ain akher an einem andern hette, und denselben mit seiner art, welcher sein
akher angeseet hette, tretten müßte, so soll er demselben, was das hinter und mitteljoch
in der akheret getretten, mit gantzem saamen völlig widerumb beseen, das forderst aber
nur mit halben saamen anzueseen schuldig seyn.
Wann ainer ain akher an dem andern hat, und sagt zue seinem nachpauren er ge nit
ab meinem akher, ich will den meinen zum anger laßen, so soll er nichts nit herab ergen,
bis das sechs jähr verfloßen, und im fall als dann der ober nit mehr ergen wollte, so ist
er ihme kain furch schuldig. Und soll sich jeder befleißen, da er auf seinen akher zue ergen fahren will, daß er auf den ergaten auf solchen fahren thüe, wo es möglich, wo aber
nit, solle er den bauwegen und den gewenden zuefahren, und auf denselben bleiben, bis
er auf sein akher kommbt, und andren aliso vor schaden seyn, so vil einer seyn khan.//
XXIII. Welcher akher an helmen gelegen, was der unter gegen ihme im ergen
zue thuen befuegt seyn solle
Und wann ainer ain akher hette, der an den helmen gelegen, so mag der unter ein
ziembliche furch von dem helmen hinweg hinter den markhen, doch khan alsdann der
oben das ander jähr widerumb ain furch hinablegen, wie es von altem hero gebrichig gewesen.//
XXIV. Von bauwegen
Da ainer ain bauweg auf seinen güethern zue geben schuldig, so soll er solchen auf sein
kosten nach erkhantnus der oberkait machen, und im fall er es nit thete, so mag ainer
der diesen weg sonst brauchen müßte, nach seinem gefallen neben dem bauweg fahren.
Da aber solchen wag aine gantze gemaindt oder sunst männiglich brauchen müßte, so
ist selbiger weg auch ain gantze gemaindt zue machen und zue erhalten nach nothdurften schuldig.
Was dann ainer und andere gemaindt und dörfer für gemaindts und dorfbraüch sind,
die sollen allda fleißig gehalten werden, dem gemainen landtsbrauch ohne nachthail.
Da ainer ein bauweg über sein akher oder feldt schuldig ist, so soll der hinter der sein
akher schneidt oder meth [mäht] dem, darauf der bauweg geht, ain tag zuvor anzaigen,
lieber nachpaur thuet den bauweg auf, ich mueß main heü und korn haimbfuhren, doch
wenn die gemain sichel oder seges ins feld gehet.//
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Grafschaft mit der Herrschaft Staufen zwutsronmlihgfedcbaXWVID
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XXV. Vom häuser bauen
Da einer auf sein ehehäften pauen wollte, so solle derselbe im pauen und auch hernach
im ab und zuefahren zu diesem bau auf dem gemainen bauweg verbleiben, und andere
über ihre güether kainen weg nit machen, und aliso pauen, daß er mit roß und wagen
auf dem sainigen umbkheren khände und möge.
Wann ainer ein haus bauen wollt, da nie kains gestandten auf ainer ehehäft oder
baar-feldt, so soll er pauen, daß er auf dem seinen darzue gehen und fahren kündt, ainem andern ohne schaden, und khände mit roß und wagen beim haus umbkheren auf
dem seinen.//
XXVI. Dcerren betrefend
Wann ainer ain derren bauen wollte, so soll er die selb auf dem sainigen, dreyßig schritt
von den häusern bauen, dergestalt, daß er zue derselben auf dem sainigen zue und abfahren khünde, männiglich ohne schaden.//
XXVII. V o n Straßen und gaßen
Es soll auch an allen enden und orten in die gemainen gaßen und landstraßen zue streüen verbothen, und der oberkait ihr straf dabey vorbehalten seyn, so gemaind klagen
wurde, und jeder dieselben selbsten, so vil es ihme betrift, verbeßern, und mit stainen
ainfüllen und beschütten.//
XXVIII. Wie es in schulden, so angeliehen werden, zue halten
Wann ainer dem andern geldt geliehen und der Schuldner mit der bezahlung saumselig
erscheinen thette, so soll als dann der gläubiger und der laiher sich deßen vor obrigkait
beklagen, und sich durchaus selbsten auf was weiß und weg es nur immer geschehen
khündte nit bezahlt machen, bey straf der herrschaft vorbehalten.
Und da ainer dem andern baar geldt geliehen, auf ziel und tag oder zins und genus,
und nit widerumb hielte und bezahlte, wie er versprochen hatte, so solle als dann gleich
der Schuldner auf ferner begehren ihne leiher ohne allen seinen kosten und schaden als
balden bezahlen, wo nit, mag er es der obrigkait klagen, und auch erkhenntnus der selben ihme ohne verzug mit richter und knecht pfandt geschetzt und vermöge herrschaftbrauch an die hand gegeben werden.//
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XXIX. Wie es in andern anleiheren gehalten werden solle
Da ainer dem andern was leihen thatte, es wehr gleich was es wolle, so solle derselben
solches widerumben in der vorigen güethe haimbgeben, oder im fall der verbößerung
den schaden mit erkhantnuß der obrigkait abthuen.//
XXX. Von hennen und geflügel
Da einer ein akher nahe bey seinem haus hett, und komen ihme die hennen auf denselben, und thetten an friichten schaden, so mag er den andern, so ihme mit seinen hennen schaden gethan, die garben auf und fürsetzen, als dann soll der ander ihme widerumben gueth gantz garben darfür zuegeben schuldig und verbunden seyn.//
XXXI. Pfändungen betrefend, was darum zue thuen
Da ainer schuldig und gepfandt wehr, und aber noch nit zahlen, sondern ein gegen pfandung vor seinen Schuldner, den er auch hett pfänden laßen, wollte fürschlagen, so solle
sein schuldtgläübiger solche fürgeschlagene pfandung anzuenemmen nit schuldig seyn,
wehre dann sach, daß er dieselbe j m e zue handen wirklich einliefern, und antwurten
thette, doch da einem ein pfandt an die handt gegeben wirdt, solle er solches über nacht
behalten, ehe ers dem andern übergibt.
Ferners, da ainer den andern het pfänden laßen, und solches dem knecht angezaigt und
gewißen, ist die besoldung sechs pfenning, und da er aber jme nach haus gehen muß,
ain schilling pfenning, wie von alters hero, und wann man zue der pfandtung verkündt,
dem knecht wieder ain schilling pfenning, im fall dann der richter nach gant gehen müssen, so gehört jedem richter ain schilling pfenning, und so man fahrniße geschetzet, soll
es noch acht tag stehen bleiben, da man aber gelegenes geschetzt hette, solle derselbe es
sechs wochen und drey tag stehn laßen. Und wann die zeit ausgelofen, sollen die stukh
als dann dem schuldtner zuegestellt werden, und haimbgefallen seyn in dem werth so
gueth die sein und soll der Schuldner an solchen nichts verlieren noch auch der gläübiger, da die nit erklekhen würden, ermanglen, doch in allwegen ältere zinsen und dergleichen rechten oder nachthail, und wann fahrige haab vorhanden, solle dieselbe anfangs und in mangel dero als dann erst hernach hausrath, blomen, angeschnittene
klaider, betheß und gelegenes geschetzt werden.//
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XXXII. Von käufen und Verkäufen
Wann ainer was an gelegenen gueth oder stukh, wie es namen haben kann, verkaufen
thette, so soll es alsbalden vor ordenlicher oberkait geöfnet, und der die ratifikation erlangt, so man will ein ordenlicher weinkauf getrunken werden. Die Zahlung betrefend
soll käufer, wo nit bälder allwegen nach dem landtsbrauch zu drey ziehlen auf mertzen,
Martini und anderumb mertzen in ainem jähr, es müßte dann ainer ain nothverkauf
thun, so würde es bey den noch beider und ehender verglichenen ziehlern blaiben müeßen, dem anfall recht jeder zeit ohne nachthail.
Und welcher anfallen thette, wie oben bey diesem artikel auch etwas gemeldet, der
soll nit über den dritten grad in verwandtnus seyn, soll auch allzeit den ganzen kauf anfallen, und nit nur halb oder so viel ihm gefallig, und dieß da der schaf vor oberkait geöfnet, und gueth geben, als dann so mag der anfallendt oder ansprecher sich ain tag und
nacht darauf beschlafen und bedenkhen, aber des andern tags vor dem abend Ave Maria
laüthen sich zue der oberkait verfugen, und erklären, was er thuen wolle, neben abstattung des schafgeldts, sonsten wurde derselbe von seinen rechten gefallen seyn, und verstehet sich dieß, nachdem ainer solches in wißenschaft gebracht, er wehre gleich im
landt oder vor landt, welche zum nothfall mit dem aydt zubeteüren oder sunsten zu erweisen.
Es soll auch der ansprechendt, so bald er angesprochen, dem ersten käufer sein ausgeben geldt oder was er davon bezahlt und ausgeben, neben dem schafgeldt und anderm
anhangendten aus gelegtem gebürnußen ohnwiedersprechlich erstatten. Sunsten das anfallrecht deme nit zuegelaßen, und gäntzlich gefallen seyn wurde. Es mag auch der anfaller im fall der käufer roß, vieh, zinsbrief oder schulden erheben, auch dergleichen
stukh anstatt baar geldt einliefern. Da aber der erste käufer sein ausgeben geldt nit mit
willen annehmen wollte, so soll der ansprecher daßelbige händer die oberkait legen, bis
die ain ausspruch darinnen thuet. Wann ainer oder aine ain gantz gueth verkauft, so soll
der oder sie all wegen auf mitten mertzen ab und der käufer aufziehen, und soll auch der
Verkäufer sovil heü jeder zeit beim gueth laßen, daß man darmit ergen oder akheren
khündte, und soll der bau oder tung in allweg völlig beim gueth verbleiben und nicht
davon enteüßert werden.
Da aber ainer dem andern abkaufe ain halb gueth, und nit wüste, wie daßelbe beschafen, so soll der käufer zwey jähr platz haben, bis er daßelbe erkhundiget und da er den
andern halben thail gueths beßer befindet, so solle der Verkäufer jme dieß gueth machen, es wehre denn sach, daß im kauf angezaigt worden, welcher thail der beßer oder
der minder wehre, oder daß dieselbe in gleicher güethe geschetzt werden.
Jst auch ain alte regel: denkrecht bricht landtsrecht, wann ainer in ainen kauf oder
schaf etwas andingte, von noth wegen, so solle es billig gehalten und dem landtsbrauch
ohne nachthail vollzogen werden, aber da es nit von nothwegen geschehen, so soll niemandts an seinen rechten verhindert werden.//
488
Die weltlichen Staaten
XXXIII. Fremdte käuf belangendt
Wann Bregentzer wäldter güether, so in der herrschaft Staufen ligen, verkaufen wollten,
so sollen dieselb vermög den alten Verträgen und herkhommen, allain in dem markht
und pfarrkürchen Staufen gekölchet, und durch den gemainen gerichtsknecht publizirt
und verkhündet, auch endtlich dem herschaft vogt daselbst angezaigt, und von ihme
protokollirt, aufgezaichnet und allda gerechtfertiget werden.//
XXXIV. Vom tauschen
Da zweien mitainander gueth tauschen und den ain dem andern nit so vil gueth aufgibt,
als der ander, sonder darzue ain summa geldts, so mag der negste freündt den tausch
wol ansprechen oder anfallen, und sagen, gib mir so vil geldt, so will jch dir das geldt
hinaus geben.//
XXXV. Wann guether vertauscht und aufgaben an geldt gegeben werden,
wie es zue halten
Da ainer mit seinem nachparn aekher, wißen oder auch gantze güether und dergleichen
vertauschen wollte, und dem andern mehr an geldt aufgebe, als das stukh im tausch
werth wehre, so soll als dann das anfallrecht statt haben, wo aber das stukh mehrers gültig seyn würde, als die aufgab ist an geldt, so solle es ain beständiger tausch sein und
verbleiben ohne alle anderung, einredt und anfall.//
XXXVI. Auswendische erbfáhl, wie man sich in solchen zue verhalten
Wann sich begebe, daß vil oder wenig aus der herrschaft hinaus fale, es wehre wohin es
wollte, so soll als dann allweg der herrschaft ihr gebühren, der abzug, wie es deßentwegen an dem orth gehalten dahin, er gezogen würdet, geben worden, wie bisher gebrauch ig gewesen.
Es sey dann daß ab enden und orthen, allda es bräuchig, wann zway leibserben absterben, diß alsdann das übergeblieben des verlaßthumb leibeigweis jenen haben solle,
so sollen dieselben unterthanen, sie seyen gleich wehr sie wollen, von der herrschaft
Bregentz oder Hohenegg ebenmäßig auch aliso mit den erbfällen in der herrschaft Staufen gehalten werden. Und da nun weiters an etlichen orthen dieses brauch, wo kinder
verheürat sind, oder sunsten aigen hauseten, oder gueth und geldt hetten, gehe, woher es
kerne, und ains oder das ander daraus abstürbe ohne leibserben, daß die geschwistrigen
ainander, und vater und mueter nit erben, so soll es in der herrschaft Staufen gegen den-
Nr. 18: Königsegg-Rothenfels,
Grafschaft mit der Herrschaft Staufen
489
selben auch aliso gehalten werden. Wann dann sich auch begebe, daß etwas an geschwistrigten oder sunsten andere bluetserben an gelegenen guethern für die herrschaft
hinaus fule, so haben allwegen die negste herrschaft erben fueg und gutrecht, an die
güether zu stehen, und die ausländischen mit geldt nach billichen dingen und gebührenden werth, da die güether liegen, hinweg zue khaufen, der herschaft aber allzeit ohne
schaden und nachthail.
Jm fall widerumben geschwistrigten mit ainander erben, und fueter, heü oder blumen
noch vorhanden wehren, so soll kain kindt befuegt seyn, heü und stro vom gueth zu
fuehren, sondern soll mit der haab, die allda verhanden, ausfìietteren, und wintteren, bis
mitten mertzen, hernach aber was über das amtheü verbleibet mag man thuen, wohin
man will, es wehre dann sach, daß das gueth getheilt, so möchte jeder sein gueth und
blumen hinwegknehmen, nach seiner gelegenhait, wohin er wollte.//
XXXVII. Von uibergaben
Da aber ains den andern in wehrender ehe übergeben wollte, so soll es mit vorwißen der
oberkait, oder das ehhaftgericht zue Staufen nach gerichtsbrauch beschehen, und allwegen zuevor der freündtschaft darzue bey zeit verkhündt werden.//
XXXVIII. Von verschafungen und testamentiren
Jm fall vater oder mueter das seinig, da kaine kinder vorhanden, oder im fall die am leben wehren, etwas von dem seinigen außer rechtmäßiger billicher ursach, verschafen
wollte, so soll daßelbe mehr nit als zehen pfundt pfenning zu verschafen befuegt seyn.
Doch da ains umb die aeltern, freündt oder sonst guete bekhandte mehr und beßers verdient hette, und die Ursachen bescheint werden khündten, so mag daßelbe auch weiters
jedoch nach oberkaitlicher erkantnuß oder vor ehhaftgericht verschaffen, oder gleich in
testamenten mit vorwißen der herrschaft vertestiren und verbriefen laßen, wie oben in
mehrerm zue stehen.//
XXXIX. Wann man für oberkait büettet, wie es soll gehalten werden
Wann ainem für oberkait durch knecht oder hauptleüte, in was sachen es immer wehre,
auf ernännte täg oder sunsten ernänte täg gebotten würdet, und er ohne erhebliche Ursachen ausbleiben würde, so solle alsdan derselbe so oft es beschieht, jederzait umb ain
pfundt pfenning abgestraft werden.//
490
Die weltlichen Staaten
XXXX. Wann man für gericht und recht büettet
Es sollen hinfuro sowohl des gericht der herrschaft Staufen als auch die partheyen winters zaiten morgen umb sieben uhren, und im sommer morgen umb sechs uhren auf das
landthaus zue Staufen ihre klag und recht habendi bei zeit einzuebringen, und aliso
ihnen selbsten und männiglichen fiirdersamb zue erscheinen unfehlbarlich und bey straf
sich verfliegen und einstellen.//
XXXXI. Stattuta
Es sollen auch alle jähr die statuita und mayen geboth der herrschaft Staufen fleißig
verlesen und an gehörigen orten, so vil den forst betrift, ain von alters herkhommen,
ordenlich verkhündt und angeschlagen werden, und dann umb alle handlungen als käuf,
täusch, eingeschagene zins, schulden, ausloßungen, uibergaben, und was es immer seyn
mag, in Ihren Gnaden kantzley ordenliche brief auf gericht werden. Und deßen alles zue
wahrem urkhundt haben anfangs hochwolermeldte Jhre Gnaden diesen landts und
herrschaftprauch mit aigen handt unterschrieben und dero secret jnsiegel hieran
henkhen laßen. So geschehen zue Immenstadt den leisten monats tag may des laufenden
ain tausend sechshundert ain und zwantzigsten jahres
*
Georg freyherr zue Khünigsekh // Die richtigkait der vorstehenden abschritt beurkundet:
Am 30 ,en aprii 1818 das königlich] baierfische] landgericht Immenstad
Nr. 19: Oettingen-Oettingen, gefürstete Grafschaft: „Verneuerte Policey-Ordnung, wie solche bey gemeiner Stadt
(Dettingen solle gehalten werden" vom 26. 2./ 8. 3. 16786
Von gottes gnaden wir Albrecht Ernst, des Heil. Roem. Reichs fuerst zu Oetingen etc.
und wir Ludovica Rosalia verwittibte graefin zu Oetingen etc., gebohrne graefin von
Attemis 7 etc. jn vormundschaffts nahmen.//
*
Fugen hiemit maenniglich an zu wissen deme es von noethen demnach an aufricht- und
6
7
StaatsA Augsburg, Oettingen-Oettingen, Regierung A 13. Im Jahr 1674 wurde der regierenden gräflichen Linie
Oettingen-Oettingen die Fürstenwürde verliehen. Künftig saßen sie zwar auf der Fürstenbank im Reichskreis,
doch galten die Oettinger im Reichstag weiterhin nicht als Fürsten. Das gesamte Haus saß dort auf der Grafenbank mit nur einem Sitz und einer Stimme.
Aus der Reichsritterschaft Attems. Die Reichsgrafen wurden 1753 Mitglieder des Schwäbischen Ritterkreises.
Nr. 19: Oettingen-Oettingen,
gefiirstete Grafschaft
491
haltung guter policey forderst aber daß in handel und wandel, auch ein- und verkauffen
der taeglich benoethigten lebensmittel eine dem werth dererselben gemesse gleichheit
gehalten und hierdurch weder der arme noch reiche gefaehrlich hintergangen oder beschwert. Jngleichen sonsten ein erbarer christlicher wandel gefuehrt werde sonders viel
gelegen zu welchem ende auch unsere weiland hochgeehrte respective voreitern und
vorfahren am regiment unterschiedliche gut und heilsame Ordnungen publiciren lassen;
wir aber in glaubhaffte erfahrung gebracht, daß darueber gar schlechtlich gehalten werde, sondern schier ein ieder seines gefallene beginne zu leben und in handel und wandel
als wann er von aller Ordnung und gesetzen befreyet waere sich zuerzeigen; deme wir
ferner nachzusehen nicht gemeint, daß wir denen bißhero eingerissnen unordnungen zu
steuren hingegen gute policey bey hiesiger gemeiner Stadt wieder einzuführen gesetzt
und befohlen, folgendes zu beachten nemlich und
1. Haegler und vorkauff.
Solle alles vorkauffen derer haegler in der Stadt und auf dem land hiemit gaentzlich
eingestelt und verboten, sondern solche mit ihrem einkauffen iederzeit biß der marckfahn gezogen zuerwarten schuldig seyn. Auch solle sich sonsten weder christ noch jud
unterstehen, denen so etwas aufjähr oder wochenmarck zu feilem kauff bringen vor zu
warten oder daß jenige so auf den marck gebracht werden will, auff- und in denen Strassen gassen und winckeln ausser oder in der Stadt hinweg zukauffen bey straff 3 guelden.
Es sollen auch die juden ferner nicht macht haben, sich den christen auff dem marckt
mit dem einkauffen vor- und einzudringen sondern schuldig seyn, eine halbe stund nach
zuwarten und eher nicht einkauffen biß der judenfahne gezogen seyn wird bey straff 5
guelden. Wir wollen auch ferner nicht gestatten, daß das schmaltz auff dem marckt von
iemand vor gezogener fahne auffgekaufft und hernach wieder hinaus an andere ort gefuehret werde, wer sich hier wieder betretten lassen wird, dem solle das auffgekauffte
schmaltz confiscirt und nach gestalten sachen eine straff dictirt werden.//
2. Visitatores.
Damit zum andern es in kauffen und verkauffen derer victualien desto richtiger und
ohne betrug hergehe, haben wir vor noethig erachtet neben unserm gemeinschaftlichen
stadtschreiber auf ieder seiten noch eine also zwey ihres wandels halben untadeliche
personen benantlichen Caspar Herrlen hofftrabanten und Jacob Lilien buerger und
Schneider allhier zubestellen und solche soviel diese Verrichtung betrifft in gemeinschafftliche pflicht nehmen zulassen, auch denenselben die hieunten benanbtste geschau
des viehes obsicht und Schätzung ueber wein, bier, brodt, fleisch, fisch und anders anbefohlen hingegen vor ihre muehe und Sorgfalt zu reichen verordnet von einem eymer
492
Die weltlichen
Staaten
wein 3 kr. sampt einem glaesl kostwein zum schaetzen. Von einem sudtbier 3 kr. zu
sampt einer halb maß schaetzbier so ihnen im glaß vorzustellen, wordurch iedoch unsern aemptern der bißher gewoehnliche schaetzwein nemlich von iedem faß beyden
aemptern miteinander er werde gleich hier erkaufft oder herauf gefuehrt ein maß wie
auch das gewoehnliche bier von iedem sudt unbenommen seyn solle.
Von einem ochsen vor geschau und Schätzung des fleisches
3. kr.
Von einer kuh oder rind
2. kr.
Von einem hammel, schaff, kalb oder schwein
1. kr.
Von einem lamb oder kitz
ein halb kr.
So offt sie das brodt visitiren von einem laden
1. kr.
*
Welches doch ausser dem nothfall da nicht eine faehrte sich zeiget bey iedem laden von
ieden amptswegen das jähr ueber 12 mahl doch nicht zu ordentlichen gewissen Zeiten,
sondern unversehens geschehen, aber so dann so viel sich am laden und im hauß befindet auffgezogen werden, solle diese unsere gemeinschafftliche verpflichte bediente
an ihrer auffgetragenen Verrichtung nicht allein im aller wenigsten nicht gehindert oder
geirret, sondern auch ihnen die oben verordnete gebuehr iedesmahls von denen wuerthen bierbrauern metzgern und becken unweigerlich gereichet werden solle, bey vermeydung unnachlaessiger straff 5 guelden.//
3. Becken.
Soviel dann nun drittens den brodt-tax betrifft, solle solcher nach ermaessigung unserer
beyderseits allhiesigen oberamptleut und nach proportion des Werths derer fruechten
wie es die bey den aemptern befindliche tarriffen auß weisen eingerichtet werden, damit
aber iederman solche reitung wissen moege, solle solcher tax auch so offt ein neuer gemacht wird an das gemeinschafftliche rathhaus wo das bordt feil gehalten wird an einer
tafel angeschrieben werden. Hingegen die becken destomehr zur gebuehr anzuhalten
iedem unserer beampten unbefragt des andern frey stehen durch die bestehe visitatores
auff welcher Seiten und wann ieder will den augenschein einnehmen zulassen auff daß
so dann die contravenienten zu gebuehrender straff gezogen werden koennen. Es solle
aber ieder beck der diese unsere Verordnung ueberfahren wird unnachlaessig vom loth
15. kr. straff verfallen haben, auch solche poen nach wiederholten verbrechen geschaerffet werden. Jngleichen sollen die becken das brod wohl außbacken, dasselbe
nicht verguessen oder andere unziemliche vortheil darmit vornehmen, sondern den armen umb sein geld wie den reichen halten.//
Nr. 19: Oettingen-Oettingen,
gefürstete Grafschaft
493
4. Kraemer, metzger, seiffensieder, liechtzieher, juden und wer elen maß
oder gewicht gebrauchet.
Dergleichen meinung es dann auch vierdtens mit visitation der elen maß und gewicht
hat welcher betretten wuerde, daß er entweder falsche elen maß oder gewicht unrecht
außmesset oder waeget wie ingleichem wann einer gefaelschte fuer gute wahren
verkauffet, den wollen wir nachgestalt des Verbrechens und betrugs an leib und gut empfindlich abstraffen lassen. Iedoch solle hierdurch der jaehrlich gewoehnlichen auffziehung und aichen so auff dem rathhaus von buergermeister und rath geschiehet nichts
benommen seyn.//
5. Würth
Dieweilen zum fuenfften biß anhero vornehmlich wieder die allzu große Steigerung des
weins, der doch meistens gering und schlecht befunden worden, auch derer fremden
und reisenden zehrungen klagten und beschwerungen einkommen; so ist zu abhelρung
dessen foerderst unser gnaedigster will, daß alle unsere wuerth derentwegen mit absonderlichen pflichten belegt die gaeste nicht zu uebernehmen, sodann so offi sie wein
allhero bringen angehalten werden, iedes orts wo sie wein einkauften von den verordneten beampten oder der obrigkeit glaubhaften und sigillirten schein wie hoch sie solchen
erhandelt mitzubringen, auch daß sie solchen nicht veraendert noch wohlfeyler bezahlt
als sie vorgeben bey obvermeldten ihren pflichten auszusagen, damit aber solcher wein
auch unter wehrendem ausschencken nicht verfaelscht werde, die verordnete schaetzer
so offi sie es noethig erachten macht haben zu visitiren und die wuerth schuldig seyn,
wöchentlich ihnen die keller zu oeffhen und aus welchem faß es den schaetzern beliebt
ein kisglaeslein auszuheben, hingegen ihnen wuerthen wann der wein ueber 16. kr.
theuer im ankauff gestehet 3-, da er aber darunter 2 kr. gewuehn von der maß auch auff
ieden aimer 12 maß ohne ungeld passirt werden sollen.//
6.
Da sichs aber sechstens finden wuerde, daß der wuerth nicht nach dem zimlichsten
werth eingekaufft, solle ihme der wein der guete nach taxirt werden ungeachtet er davon
einbuß leidet.//
494
Die weltlichen
Staaten
7.
Jeder wuerth, so weinschencken oder denen gaesten verspeisen wil, sol zum siebenden
bey verlust des weinschenckens auch des haltens offner wein mahlzeiten auff ein gantzes jähr lang wenigstens 4. aimer gerechten weins iederzeit in vorrath haben und sich
sogleich nach publication dieses hierauff erklaeren, ob er solchen vorrath haben oder
des weinschenckens verlustigt sein wolle, die herrn wuerth aber oder die so sonsten
starcke zehrungen halten sollen wann der wein theuer zum wenigsten mit zweyerley da
er aber wohlfeil mit dreyerley wein versehen seyn hingegen das weinschencken niemand als wer dessen berechtigt gestattet werden, deßwegen denen juden so fuer sie
weinschencken wollen obgelegen zum anfang soviel als ein anfangender christ zu beyden aemptern zugeben benebens den wein ordentlich schaetzen zu lassen und neben
dem umgeld und auffschlag den schaetzwein auch uebrige gebuehr zu entrichten. Darbey ihnen verbotten ist, den christen solchen wein außzuschencken bey straff 10. guelden, dafern sie aber einige gefaehrde uns an dem umgeld oder sonst zu defraudieren gebrauchen wuerden sollen sie an leib und gut ernstlich abgewandelt werden. Forthin solle
auch nur einem juden auff ieder Seiten wein zu schencken erlaubt seyn, welcher auff die
Ordnung und daß er das umgeld getreulich und ohne alle gefaehrde entrichten wolle
einen eyd schweren solle.//
8. Das bier.
Ebenmaessig solle zum achten von obgemeldten hierzu verordneten geschwornen
personen daß bier so offt ein neuer sudt beschiehet der guete nach geschetzt und gewuerdigt, da es aber garzu gering, denen aemptern es angezeiget und auff derer Verordnung gar dem faß der boden durch die amptknecht eingeschlagen, benebens auch
wieder dergleichen Verbrecher mit willkuerlicher straff verfahren werden. Damit aber
fernerweit kein betrug nit unterlauffe, so sollen sie visitatores gehalten seyn auch auff
das bier genaue auffsicht zu tragen forderst aber auch die braeustaett, maltztennen und
boeden fleissig zu besuchen, umb zu sehen ob nicht habern und ander untichtiges getraid gebrauet werde. Deßwegen wir gegen die uberfahrer auff iederweilig betreten mit
einer straff von 50. guelden verfahren wollen.//
9.
Damit es auch neundtens mit dem umgeld richtig dahergehe, thun wir in krafft diß die
Verordnung, daß nicht allein denen saemptlichen bierbraeuern die faesser geaicht von
ihnen. Visitatorn aber wann sie ohne dem am 3ten tag gleich nach dem sudt schaetzen
wieviel eymer bey iedem gefasst oder gebraeuet worden an ein kerbholtz (davon sie ei-
Nr. 19: Oettingen-Oettingen,
gefiirstete Grafschaft
495
nes dem bierbraeuer lassen und den andern theil in haenden behalten sollen) angeschnitten, ueber daß iedermahlige auffiiellbier nemlich den 5ten eymer nichts frey passiert
und von quartalen zu quartalen unsern umgeldern diese kerbstoeck eingelieffert und
darnach das umgeld abgerechnet, sondern auch die bierbrauer daß sie darunter keine
argeliste noch gefaehrde gebrauchen wollen beeydigt und mit gleichmaessigen pflichten
diejenige, so weinschencken wollen, belegt werden sollen.//
10.
Es solle zehendens denen wuerthen und bierbraeuern sowohl als denen brandtwein
brennern und becken auch andern so bey allhiesig gemeiner Stadt vieh abmaesten bey
verlust des viehes verbotten seyn, ihr gemaest vieh oder schwein ehe sie es vorhero
denen hiesigen metzgern feil gebotten ausser der Stadt fremden zuverkauffen, da es aber
hernach geschehe, denen hiesigen metzgern dannoch die außlassung unbenommen seyn
auch die wuerth mehrers in ihre haeuser zu schlachten oder an brodt zu backen nicht
macht haben, dann was sie an kaelbern und laemmern allhier in der Stadt erziehen auch
soviel schweinenfleisch sie in ihrer wuerthschafft verspeisen koennen, doch das nichts
roh verkaufft werde benebenst an hochzeiten daß auff den ersten tag benoethigte hochzeitbrodt und was sie zu ihrem ordinari haus gebrauch, worunter die gaest im aller wenigsten nicht zu verstehen, von noethen haben.//
11. Metzger.
Nachdeme nun auch zum elfften glaubhafft vorkommen, daß unsere metzger allhier sich
allerley unziemlicher vortheil in unterschiedenen faellen bedienen sonderlich ihr zum
schlachten benoethigtes vieh auch an orten wo dasselbe ungesund auch sonsten kranckes mangelhafftes vieh einkauffen solches so dann in die Stadt herein bringen oder
auch ausserhalb derselben schlachten und aushauen, wordurch dem gemeinen wesen
leichtlich grosser schad und ansteckende kranckheiten verursacht werden koenten. So
haben wir zuvorkommung dessen obigen unsern bestehen visitatoren auch die schau ueber alles vieh so wöchentlich allhier geschlachtet wird gnaedigst und gnaediglichen
auffgetragen, also nemlich daß ieder metzger auff begehren erbare und redliche anzeug
bey seinem eydt und pflichten ihnen geschwornen thun solle, daß er an beschreiten
orten solches vieh nicht eingekaufft, ueberdiß auch solang biß das vorhabende schlachthaus gebauet wird so er schlachten will es sey groß oder klein vieh an denen ordinari
geschau-taegen nemlich montags, dienstags und freytags fruehe sommerszeit von ostern
biß Michaelis umb 7. und im winter von Michaelis biß ostern umb 8. uhren (es waere
dann daß denen geschauern ausser diesen der will vor die extraordinari-geschau gemacht wuerde) daß geschlachte nicht eher oeffnen, es seyen dann die geschauer oder
496
Die weltlichen Staaten
zum wenigsten einer von denenselben vorhanden die ihren pflichten nach erkennen
werden, ob dergleichen vieh zum schlachten tuechtig oder nicht da dann auff befinden
das ungesunde (worunter auch die pfiniche schwein gehoeren) zuverkauffen in allweg
und bey straff 50. guelden verboten seyn. Und solch fleisch sogleich aus der Stadt, auch
durch die verpflichtete schauer iedesmahls bey unsern aemptem angezeigt werden soll,
welcher metzger dergleichen mangelhafftes vieh schlachtet, damit gegen demselben
nach gebuehr der straff halber ferner verfahren werden moechte.//
12.
Ferner ist unser ernster befehl, daß hinfuero von dato der publication dieß unsers gebots
kein metzger unter was vorwandt es immer seyn mag denen juden ohne beysein eines
schaetzers denen christen aber in seinem haus gantz und gar kein fleisch außhauen oder
verkauffen, sondern es jederzeit anfangs gantz oder in vierteln in die banck bringen, so
dann dasselbe allda aushauen solle es waere dann sach daß ausser der gewoehnlichen
zeit etwan vor einen krancken etwas begehrt wuerde oder ein wuerth unversehens gaest
bekaeme zu welchem ende dann die metzig nicht mehr wie bißhero wöchentlich einoder anderntag geschlossen seye, sondern iedes tags (son- und gewoehnliche fest- oder
feyertag außgeschlossen) Sommerzeiten von frueh 6. biß abends umb 4. uhr geoefihet
und gebraucht werden auch ieder metzger verbunden zum wenigsten alle Sonnabend
fleisch in der banck zu haben oder im widrigen zur straff ihme das schlachten 4. wochen
lang niedergelegt seyn solle.//
13.
Ob auch zwar zum dreyzehenden mehrmahlen ernstliche befehl ergangen wie es mit
dem geschechten fleisch und das solches ausser der metzig absonderlich feil gehalten
werden solle, so werden wir aber nicht ohne sonders mißfallen berichtet, daß bißhero
dießfalls wenig parition beschehen sondern ieder metzger darmit nur seines gefallens
gehandelt dahero dann nochmahlen unser ernster befehl ist, daß solch geschlecht fleisch
alles und iedes es werde koscher oder nicht erfunden an dem hierzu deputirten ort vor
der metzig heraus feilgehalten und davon das aller wenigste nicht in die banck gebracht
werden solle, damit auch nicht alle metzger auffeinmahl schechten moechten, sollen sie
deßwegen sich untereinander mit der judenschafft allhier auff unsere ratification vergleichen und nicht mehrers als was die juden verbrauchen schaechten bey Vermeidung
ernstlicher straff. Wofern sie aber unter einander innerhalb 8. tagen den naehesten sich
nicht vergleichen wuerden oder dißfalls einige unordnung sich ferner ereignete sowol
das schaechten unter den metzgern ordentlich herumb gehen und ieder schuldig seyn so
offt ihn die Ordnung trifft zu schaechten hingegen aber keiner oeffter zu schaechten
Nr. 19: Oettingen-Oettingen,
gefürstete
Grafschaft
497
macht haben als die Ordnung an ihn koempt, alles bey straff 6. reichsthl. worauff die
schauer gute auffsicht haben sollen.//
14.
Gleichwie wir vierzehendens oben bey dem wein und bier die Verordnung gethan, daß
bey deroselben taxaetion vornehmlich auff die guete gesehen und hiernach die Schätzung angestellt werden solle. Also hat es auch eine bewandtnueß mit dem fleisch sowohl in der ordinari als der freybanck und mit dem geschaechten und solle der iedesmahlige tax des fleisches von den schaetzern an ein taefelein angeschrieben werden,
dergleichen dann hinfuero zu ieder banck eines anzuhaengen.//
15.
Dieweiln zum funffzehenden an dem haemmelfleisch sonderlich darumen mangel erschienen, daß unsere metzgere, wann sie einen guten hammel vermittelst hiesiger weyd
bekommen, solchen allhier nicht abgestochen, sondern fremden metzgern verkaufft haben und ihnen aber eben darumb vor einem andern burger ein zimliche anzahl mehr
schaff außzuschlagen gestattet werden, damit gemeine Stadt zur gnuege mit gutem
fleisch versehen seyn moege. So ordnen setzen und befehlen wir, daß ieder metzger die
helffte seiner stechschaff an schnit haemmeln halten. Davon aber keines so 8. tag allhier
auff die weyd gegangen hinaus verkauffen, sondern dem gemeinen wesen zum besten
allhier dieselbe abstechen solle bey confiscation des darauß erloesten geldes worauff die
feldmeister gute achtung zugeben und mit denen geschwornen fleischschaetzern fleissig
zu communiciren haben, damit aber die metzger hierin falls wiederumb ergoetzung erlangen solle das gute und tuechtige hammelfleisch umb einen pfennig hoeher dann das
schaeffene geschaetzt, iedes aber absonderlich feil gehalten werden bey straff 12.
reichsth[a]l[er], wo einer einig pfund schaeffen fuer hammelfleisch verkauffen wird bey
gleichmaessiger straff gebieten wir auch denen metzgern, daß sie iedem umb sein geld
soviel oder wenig fleisch zukommen lassen als er vonnoethen sowol auch das sie
keinem auffdringen sollen zu dem kalb rind oder ander schlechtes fleisch anzunehmen,
hingegen das kalb und lammfleisch zu Zeiten wann es theuer und nicht wohl zu bekommen daß der metzger keinen einbuß leide zu schaetzen ist. Und verbieten anbey, daß
keiner sich ferner unterstehen solle daß fette von dem fleisch abzureissen oder abzuschneiden noch auch das fleisch, ehe es recht erkaltet, hinzugeben bey straff 5.
guelden.//
498
Die weltlichen
Staaten
16.
Das fleisch in besserm werth zu bekommen und der bißherig allerdings ungebuehrlichen Steigerung umb so mehr zu steurn, wollen wir hinfuero unsern beyderseitigen bedienten buergern und angesessenen christen in hiesiger stadt iedoch daß sich niemand
hierauff legen solle eine freybanck, welche neben die rathhaus hier zur lincken hand,
wann mann hinunter gehet zu richten gestatten, das ieder so sein feiles vieh daselbst
aushauen zulassen lust hat, solches nach belieben thun mag. Doch dergestalt, daß er
solches ordentlich beschauen und schaetzen lasse da dann dißfalls der unterscheid zu
halten, daß solches fleisch iedesmahls zum wenigsten um einen pfenning wohlfeiler zu
schaetzen als es in der ordentlichen banck denen metzgern angeschlagen wuerde. Ebenmaessig wollen wir unsern buergern und unterthanen auch jnwohnern und schutzverwandten zum besten einen oeffentlichen viehmarck alle 4. wochen bey gemeiner
Stadt nechst der Alten Capell in der untern vorstadt halten lassen.//
17.
Damit auch zum siebenzehenden die nothdurfft an liechtern besser zubekommen, haben
unsere metzger ohne vorwissen beyderseits oberaempter weder angeschmoeltzt- noch
ungeschmoeltztem jnschlicht das wenigste nicht ausser der stadt zu verkauffen, die
verordnete schaetzer es auch nicht zugestatten, sondern solches nach billichen dingen zu
taxiren und sodann auch hierauff den preiß der liechter anzusetzen. Solte hierwieder einer zu handien sich geluesten lassen, den wollen wir mit einer straff vor iede uberfahrung von 10. guelden nebst der confiscation derselben unnachlaessig abwandlen lassen.//
18. Fischverkauff.
Was an flschwerck von unsern bedienten buergern und absonderlich denen wuerthen
nicht wircklich schon bestellt ist, solle alles zu marckt und an den daselbst befindlichen
brunnen gebracht allda auff der waag, die wir hierzu verordnen lassen, abgewogen.
Sommerszeit aber als von Ostern biß Michaelis vor 6. und im winter vor 7. uhren keine
fisch auff dem marckt verkaufft werden. Damit aber alles desto richtiger hergehe haben
die hiezu verpflichte personen hierauf behoerige aufsieht zutragen. Die flscher ihnen
aber von ieder lägel fisch, so zu marckt getragen wird, 1. kr. und von einem faß, so gefuehrt wird, 3. kr. stadt waggeldts zu reichen.//
Nr. 19: Oettingen-Oettingen,
gefiirstete
Grafschaft
499
19. Flachs-doerren.
Das flachsdoerren in der Stadt solle durch aus und bey 10. reichsthl. straff verboten
seyn, hingegen die buergermeister vor iedem thor eine dergleichen doerre an ort und enden, wo niemand schaden beschehen mag, zurichten lassen, diejenigen aber so darinnen
doerren wollen von ieder hurdt voll 2. kr. reichen und die thorwarthen solch geld neben
dem pflasterzoll ein nehmen.//
20. Roehrkasten.
Die roehrkaesten sollen fuerterhin reiner gehalten werden und etwas unreines in die
troeg zu waschen bey 10. guelden straff verboten seyn, darueber der brunnenmeister
auffsicht zutragen und die Verbrecher anzuzeigen hat.//
21. Nachtwach
So offt zum ein und zwanzigsten ein thurner oder waechter auff der mauer oder in der
Stadt die gebuehrende stund nicht beobachtet, solle sogleich sein ihme selbige wochen
gefallender lohn zur straff innen behalten und da es oeffter geschiehet noch dazu mit der
gefaengnueß abgestrafft werden, auch sollen die thurner mit dem anblasen der ankommenden reutern und fahrenden sich fleissig und auffmercksam erweisen, sonst widerigenfalls ebenmaessiger straff gewaertig seyn.//
22. Juden.
Jngleichen wird bey ersterwehnter gefaengnueß-straff unter dem rathhaus denen juden
das oeffentliche handien und vorreuthen der pferd auff denen gassen an son- und
feyertagen, auch das haffenweiß stehen unter wehrendem gottesdienst auff dem marckt
und in andern gassen, wie ingleichem das oeffentliche handien mit offnen kramlaeden
ernstlich verboten, da aber ein- oder anderer an son- und feyertaegen auff das land (so
aber zu unsern unterthanen nicht beschehen solle) zu reuthen hat, solle er bey verlust
des pferds zum laengsten umb 7. uhr das pferd zum thor hinausfuehren, nach vollbrachtem gottesdienst wieder still hereinreuthen, alle und iede aber auff der gassen ohne
maentel nicht gehen.//
500
Die weltlichen
Staaten
23.
Gleichwie zum dreyundzwanzigsten daß sitzen und zechen in denen wuerthshaeusern
ueber 9. uhr vorhin ernstlich und bey hoher straff verboten, also wollen wir solches verbot hiehero nochmahln dergestalt wiederholt haben, daß hinfiiero unsern beyderseits
oberamptleuten allhier frey stehen solle auff welcher Seiten ieder es noethig befinden
wird, unbefragt des andern durch den stadtschreiber mit 2. oder im fall bedoerffens
mehr musquetirer (denen von ieden betretenen deliquenten darunter der wuerth sowoehl
als die gaest zu verstehen sind 6. kr. zu bezahlen) auch sampt einem amptknecht, welcher am ersten zu haben visitiren zulassen, im fall nun einer oder mehr sich also erfiienden lassen werden, sollen selbige sogleich ohne unterscheid der person, es sey bedienter, burger oder bauer (worunter iedoch fremde und reisende nicht zu verstehen)
gefaenglich an- und da sie in der guete nicht wollen mit gewalt weggenommen und in
die gefaengnueß gesetzt werden.//
24.
Hierauff gebiethen, befehlen und verordnen wir krafft dieses ernstlich, daß alle und iede
hievorgesetzte puncten steiff fest und unverbruechlich gehalten werden und wollen, daß
diese unsere Ordnung denenjenigen, welche und soviel einen ieden solche betrifft als
nemlich den wuerthen, becken, kraemern, fischern, metzgern, bierbrauern, denen bestelten visitatoren, schaetzern, brunnenmeister, thurnern, waechtern und andern auff dem
rathhaus in beysein unserer deputirten raeth und oberamptleuten abgelesen, so dann von
denen visitatoren oder schaetzern die pflichte eydtlich auff diese Ordnung abgelegt, und
niemand hierwieder zuthun oder zuhandlen bey Vermeidung unserer ungnade gestattet,
sondern auch solche unsere Ordnung umb bestaendiger observantz willen jaehrlich obbemeldten personen, die es vornemlich angehet, montags nach dem hiesigen Bartholomaei marckt vorgelesen werden solle. Gegeben unter unserer eigenhaendigen unterschrifft, auch vorgedruckten fuerstl. und graefl. cantzley secreten.
*
Den 26.ten februarii, 8.ten martii anno 1678.//
Albrecht Ernst, flirst zu Oettingen
Ludovica Rosalia, gräfin zu (Dettingen, wittib.//
Nr. 20 a: Württemberg,
Herzogtum
501
Nr. 20 a: Württemberg, Herzogtum: „Pollicei Ordnung
furstenthumb Wirtemberg" vom 30. 6. 15498
Erklärung etlicher artickel da in Rö[misch] Keifserlichen] Maie[stät], vnsers allergnädigsten herrn außgekündten pollicei Ordnung jedem churfursten, fiirsten, stand, statt vnd
oberkeit auferlegt würdt, nach eines jeden lands art erleutterung zuthun vnd darüber
Ordnung zugeben, wie die sambt der keiserlichen pollicei Ordnung fürterhin in dem furstenthumb Wirtemberg gehalten werden sollen. 1549.//
Von gottes gnaden wir Ulrich, hertzog zu Wirtemberg vnd zu Teck, graue zu Mümppelgart etc. embieten allen vnd jeden vnsern ober vnd vnderuögten, ambtleuten, pflegern,
Verwesern, kellern, castnern, vorstmeistern, schultheissen, auch burgermeistern, gerichten, räthen, zu gehörigen vnderthonen vnd verwandten vnsers fiirstenthumbs Wirtemberg, weß wirden, wesens oder standts die seind, vnsern grüß, gnad vnd alles guts
zuuor. Vnd fugen euch zuuernemen, das die Rö. Kei. Maie., vnser aller gnädigster herr
mitsambt churfursten, fiirsten vnd Stenden des heiligen römischen reichs auffjüngst zu
Augspurg gehalten reichstag neben andern mit bedächtlichem gemüt berathschlagt vnd
erwegen, wie die grausam erschrockenliche gotzlesterung, schwür, flüch, auch das zu
trincken vnd andere vnzimliche verbotne laster, wücherlich conträct, übermessige kostlicheit vnd dergleichen vnordnung, mängel vnd gebrechen abgestelt, hinfiirter vermitten
vnd furkomen, auch die übertretter derhalb gestrafft werden sollen vnd mögen etc. Vnd
darauf in etlichen puncten ein reformation vnd Ordnung guter pollicei beschlossen vnd
dann etlicher artickel halber den oberkeiten aufferlegt vnnd beuolhen, jn denselben in
jren fürstenthumben, landen vnd gebieten nach dero gelegenheit, Ordnung vnd maß zumachen vnd fürzunemen, wie dann die keiserliche hierüber gestehe reformation vnd
pollicei Ordnung außtruckenlich vermag vnd mit sich bringt. Dieweil vns dann als einem
gehorsamen fiirsten des reichs gebürt, sollichem, so also von höchstgedachter Kei.
Maie, mit wissen vnd willen churfursten, fiirsten vnd gemeiner stende dem heiligen
reich zu wolfart, nutz vnd gutem fiirgenommen, auffgericht vnd beschlossen worden,
vnsers theils volziehung zuthun. Vnd wir auch solche gotzlose, erschrockenliche vnd
schandtliche laster vnd gebrechen abzuschaffen, die ehr des allmechtigen vnd den gemeinen nutz zufürdern schuldig, auch für uns selbst geneigt sein.//
So haben wir dise pollicei Ordnung mit fleiß besichtigen, durchlesen vnd erwegen vnd
befunden, das darinn vil artickel begriffen, die wir hieuor in vnser im truck außgegangen landtsordnung einuerleibt, auch sonst in vnsern verkündten mandaten zuhalten
oder zumeiden gebieten vnd verbieten lassen.//
Welche keiserliche pollicei Ordnung auch vnser Satzungen, gebott vnd verbott vnd diese
8
HStA Stuttgart, A 38, Büschel 2. Gedruckte Polizeiordnung, ausgefertigt in Stuttgart am 30. 6. 1549.
502
Die weltlichen Staaten
erklärung wir euch allen vnd jeden sambt vnd sonders hiemit verkünden vnd publicieren, mit allem ernst gebietendt vnd beuelhendt, das jr dieselbige alles ihres jnnhalts
bei peen vnd straff, in einem jeden artickel verleibt, gehorsamlich haltet. Auch ir vnser
ambtleüt vnd gericht strenglich vnd vestiglich darob vnd daran seiet, das denen in allen
puncten vnd artickel nachgesetzt, gelebt, die übertretter vnnd vngehorsamen wie recht
vnd billich gestrafft vnd die bussen vnnachleßlich von jnen genomen werden.//
Von vnordenlicher vnd costlicher kleidung.
Dieweil dann je billich, nutz vnd gut, das die übermessige köstlicheit mit der kleidung
bei alten vnd jungen reichen vnd armen eingerissen vnd über hand genommen, fiirkommen vnd abgestelt vnd ein ehrliche, leidenliche vnd gebürende kleidung geordnet vnd
angericht werde, so haben wir hierauf, wie volgt, gesetzt vnd geordet.//
Von paursleüten auf dem land.
Vnd erstlich setzen, ordnen vnnd wollen wir, das der gemein paursman vnnd arbeit leüt
oder taglöner auff dem land kein andere tücher, dann einlendische, so in teütscher nation gemacht, doch sammet, lindisch, mechlisch, lürisch vnd dergleichen tücher außgescheiden tragen vnd anröcken nit über sechs fait machen lassen sollen. Doch mögen sie
hosen von einem lindischen, lürischen vnd mechlischen tuch, nach dem dasselbig siner
art nach zu hosen wirig vnnd ein barchatin wammes on grosse weitte ermel machen lassen, aber in allweg vnzerschnitten vnd vnzerstickelt.//
Weiter wollen wir, das sie keinerlei gold, silber, perlin oder seidin, auch kein außgestickten kragen anhembdern, sie seyen mit gold oder seidin außgestochen, darzu kein
straußfedern oder seidin hosen bendel noch paret sonder hut vnd kappen an vnnd auftragen sollen. Deßgleichen iren weibern vnnd kindern darüber nit zutragen gestattet werden, auch sollen sie an die vnderröck nit mehr noch weiter dann ein plegin machen vnd
jnen alle guldin vnnd seidin kragen, Schleier mit gulden leisten, guldin vnnd silbern
gürtlen, alle gold, silber, perlin vnnd seidin gewandt anzutragen verbotten sein, allein
mögen jhre döchtern vnd junckfrawen ein haarbendlin vnd gürttel von seidin tragen.//
Darzu sollen sie kein andern dann schlecht beltz von lämern, geissen vnd dergleichen
schlechte futer, alles vnuerbrembdt antragen vnd machen lassen.//
Nr. 20 a: Württemberg, Herzogtum
503
Von burgern vnd einwonern in Stetten.
Setzen, ordnen vnd wollen wir, das die gemeinen burger, handtwercker vnnd gemeine
kremer kein gold, silber, perlin, samat oder seidin, noch zerstickelte, zerschnitten oder
verbrembdte kleider, es seyen paret, wammes, hosen oder röck, auch kein marder oder
dergleichen kostliche futter tragen, sonder sich an rawen filtern mit geringen möschen,
füchssen, lämmern vnnd dergleichen begnügen lassen sollen. Deßgleichen sollen sich
jre haußfrawen vnd kinder in jrer kleidung auch halten, doch mögen sie die hohen vnd
schauben röck mit attlas oder anderer seidin (aber gar nit mit samat) oben herumb vnd
fornen auf den ermlen vnd ferrer nit belegen. Vnd an die vnderröck sollen sie die weiber
nit mehr noch weitter dann ein plegin von tuch setzen vnd machen, aber die gemeinen
burgers töchtern jre vnderröck mit zweien tüchin plegin verbremen, daßgleichen mögen
auch solche gemeine burgers weiber vnd döchtern krägen mit seidin verneet, schleiher
mit guldin leistlin nit über zwen finger breit, ein gürtel oder bortn, nit über fünff guldin
werth, deßgleichen die junckfrawen ein samatin haar bändlin mit silberin spangen tragen.//
Item es sollen die handtwercks knecht vnd gesellen kein gold, silber, seidin oder straußfedern tragen, sich auch sonst mit den kleidern halten, wie jetzo von handtwerckern in
Stetten gemeldt ist.//
Wer aber sach, das ein solcher handtwercks man in einer statt in gericht oder rath wurde
erwölet, als dann mag derselb sich mit der kleidung halten, wie her nach gemelt würdt.//
Von Kauff vnd gewerbsleüten, auch den burgern in den Stetten, so zu gericht,
rath vnd andern ehrlichen ämbtern gebraucht werden.
Es sollen die kauf vnd gewerbsleüt in Stetten vnd dann auch die so zu gericht, rath vnnd
andern ehrlichen ämbtern gebraucht werden, kein samat, dammast, attlas, seidin röck
oder gold tragen, doch mögen sie seidine paret oder schlappen vnd wammes, doch
ausserhalb samat, dammast vnd carmasin atlas vnuerbrembt anmachen, auch guldin ring
tragen.//
Deßgleichen sollen sie kein tuch, die elen aufs höchst über zwen guldin werth, jnen
anmachen lassen oder einich marder vnd dergleichen kostliche filter antragen. Wol
mögen sie füchssin, möschin vnnd dergleichen mindere, auch jren haußfrawen fohine
filter gebrauchen.//
Es sollen aber dieselben kleider ehrlich vnd jrem stand gemeß gemacht werden, dergleichen sie vnnd ire sön an einem langen wör nit über zwen guldin vnnd an einem
kurtzen wör nit über vier guldin werdt silbers tragen oder dieselben darüber berschlahen
lassen vnd die söne sich sonst wie die vätter mit den kleidern halten, doch lassen wir
504
Die weltlichen Staaten
gnädiglich zu, wo sie die ansehenlichen vnd vermögenlichen burgers söne jre hosen von
wegen jrjugendt zerschnitten haben wollten, das sie die zimlich vnnd mit glatten schnitten zerschneiden lassen mögen, doch vnuerkerdert, vnleichtuertig vnd vngeblodert vnd
das darunder gar kein seidin, sonder auffs höchst das tuch wie die hosen seien gefiltert
werden soll.
Item jre weiber vnd töchter sollen sich dergleichen in kleidung halten vnd an keinem
kleid über anderthalben elen samat, seiden, attlaß oder dammast, doch allein oben herumb vnd vmb die ermel verbremen. Aber mit den vnderröcken lassen wir geschehen,
das die mit einer, zweien oder dreien tüchin blegin belegt werden mögen vnd nit mehr.//
Dergleichen soll inen zugelassen sein, erbare leibiin vnd goller, auch hütlin von seidin
gewandt ausserhalb sammats vnd carmasin zutragen.//
Item es soll inen auch vnuerbotten sein zutragen, ein gürtel oder borten auff zehen guldin werth.//
Item ein leisten auff jren schleihern vier finger breit.//
Item jre döchtern vnd junckfrawen mögen tragen ein haarbendlin oder krantz nit über
fünff guldin werth.//
Item vnsere secretari, ansehenlich Schreiber, vögt, keller, castner, pfleger vnd dergleichen ambtleüt, so nit von adel, mögen jr kleidung, wie oben von denen so zu gericht,
rath vnd andern ehrlichen ämbtern gebraucht werden gesetzt, antragen vnd machen lassen vnd darzu samatin vnd seidin paret, guldin kragen tragen vnd die röck mit zweien
oder dreien ein samats verbremen.//
Aber die gemeinen Schreiber sollen sich mit der kleidung wie die, so zu gericht, rath
vnd andern ehrlichen ämbtern erwölt vnd verordnet werden, halten.//
Item ob jemandts von einem fiirsten oder sonst einem eins herren stands etwas von kleidung oder kleinatern geschenckt, dieselbigen mag er dem selben fursten vnd herren zu
ehren antragen. Doch soll hierinn kein gefar gebraucht werden.//
Es soll auch keiner zuuerheiratung seiner kinder eben der Ordnung zugeleben schuldig,
sonder mag ein jeder seiner gelegenheit vnd vermügen nach dieselben weniger aber nit
höher kleiden vnd außsteüren.//
V o n reisigen knechten.
Die reisigen knecht sollen kein seidin gwandt antragen, auch an kappen, hauben oder
hembdern nichts guldins oder vergults anmachen lassen oder tragen, sonder sich mit der
Nr. 20 a: Württemberg, Herzogtum
505
kleidung, wie dieselbig jnen von jrer herrschafft oder junckherrn geben würdt, benügen
lassen. Wo sie sich aber fur sich selbs kleiden wollen, mögen sie auffs höchst lindisch
ankleiden, doch vnzerschnitten vnd vnzerhacket.//
Von dienst mägten.
Dieselben sollen furohin weder in Stetten noch dörffern auff hohe oder nidere röck
einich seidin gar nit belegen oder verbremen, auch auff die vnderröck weitter nit dann
ein plegin mit tuch machen, sonst aber kein seidin werck, weder an büblin oder ermlen
an jnen tragen, sonder verbotten sein.//
Von nachrichtern.
Der soll vnd mag sein kleidung von tuch, was färb er will, gantz oder zerteilt machen
vnd tragen, doch des samats vnnd seidin gewandts in allweg obergestelt, auch weder
gold noch silber an seinem leib, noch beschlagen wören vnd waafen haben oder tragen,
sonder im verbotten sein, dergleichen auch seinen dienern vnnd knechten.//
Wir wollen auch hiemit ernstlich, so jemandts von mannen, gesellen, frawen, döchtern
oder mägdten keinerlei außgenomen, einiche kleider, die vorhin gemacht, noch vorhanden hinder jnen hetten, die anderer gestalt vnd dieser vnser Ordnung zuwider sein
möchten, das dieselben allte kleider verlassen, abgeschafft sein vnd von jnen nit mehr
getragen werden sollen.//
Vnd ob jemandts in dem wir vorsteet der kleidung halb sich überfarn oder vergreiffen
würd, wollen vnd werden wir dieselben bei Verlust des kleidts oder kleinatz, so dieser
Ordnung zuwider gemacht oder getragen, darzu einer gelt büß, so zwifach als vil, als das
kleid oder kleinat werth ist, vermög der pollicei Ordnung im artickel am dreitzehenden
blat darüber gesetzt, ernstlich straffen lassen, darnach wiß sich menigklich zurichten,
also lauttendt. Vnd damit diese vnser Satzung vnd Ordnung der übermessigen etc.//
Die hochzeiten berürendt.
Dann der hochzeiten haltung, auch ladung, essens vnd trinckens halb, wollen wir, daß
hierinn vnser hieuor außgegangen landtzordnung gehalten vnd gehandthabt werd.//
Dieweill aber darauff mit dem geschenck bißher ein grosser überfluß gebraucht worden,
darauß allerlei kostlicheit mit essen, trincken vnd andern an der narung abbruch eruolgt,
sollichen zubegegnen, setzen, ordnen vnd wollen wir hiemit ernstlich das hinfüro (aus-
506
Die weltlichen
Staaten
serhalb vatter, mutter, ene vnd ana, schweher vnd schwiger, die hierinn jren willen haben sollen, sonst niemandts, weder bruder, schwestern, gesipte vnd vngesipte, mann
oder frawen personen, weitter oder mehr nit schencken soll, dann das par alter ein guldin zu funftzehen batzen gerechnet vnd einzechtige ee personen oder wittweher, wittweherin vnd dergleichen einige personen ein pfund heller. Aber ein ledige person j u n g
gesellen oder jungfrawen, eins nit weitter noch mehr, dann zehen schilling, alles vnser
wirtembergischen landtzwerung oder souil werth oder darunder, aber nit darüber bei
peen vnd straff (so jemandt mit mehr schenckung, es sei gleich, waran es wolle oder in
was schein es wöll, sollichs überfur) das dieselbig person vns als vil sie geschenckt hett
zugeben vnd zubezalen verfallen sein solt. Vnd beuehlen hiemit allen vnsern ober vnd
vnder ambtleuten mit allem ernst, das sie, wann hochzeiten sein werden, darüber jemandtz bestellen, ein gut fleissig aufsehens haben lassen sollen vnnd von den übertrettern solliche straff one allen nachlaß einziehen vnd vns, wie sich gebürt, verrechnen.//
Von den tauffsuppen, schenckin vnd kindtbettmälern.
Dieweil in disem fall bei reichen vnd armen vnsern vnderthonen bißher ein verderblicher, vnnutzer vnd überflüssiger kost aufgewendt, der vns zugedulden nit gemeint ist.
Wollen wir hiemit gantz ernstlich das hinfìiro solliche mäler gentzlich ab sein sollen.
Doch mit dem vnderschid, so ein schwangere fraw zur zeiten jrer not der geburt etlich
frawen personen zu jr zukommen erfordern lassen wurd, denselben personen vnd nit
mehr noch weitter, mag sie nach der kindtbett wol ein zimlich mal, doch nit über vier
essen geben, bei Vermeidung eins guldins, der, so offit es überfaren würdt, von jnen zu
straff eingezogen werden soll.//
Von den begrebnussen.
Nachdem vor jaren an etlichen ortten bei den begrebnussen mit den priestern vnd weltlichen personen mit essen geben vnd dergleichen grosser kosten aufgeloffen vnd aber in
sollichen feilen mehr leid dann fröwd gepflegen werden soll. So ist vnser meinung, das
fürohin selbige mal vnd gebrauch gantz absein vnd dieser vnnutzer kost verhüt werden
soll.//
Von den elen.
Dieweil befunden, das derenhalb mancherlei jn vnserm fürstenthumb seien, darauß
dann denen, so die kurtz elen brauchen, grosser schad entsteet, dann dieselben stett deßhalber vilmalen geflohen worden vnd neben jren nachbaurn kein gleichen kauf beko-
Nr. 20 a: Württemberg,
Herzogtum
507
men mögen. Ist demnach vnser ernstlich meinung vnd beuelch, das alle vnsere vnderthonen in Stetten vnnd dörffern sich Stutgarter elen, da man die auch allweg holen, in
keuffen vnd verkeuffen gebrauchen vnd alle andere elen hie durch gentzlich abgethon
vnd verbotten sein sollen.//
Von den wirten vnd gastgeben.
Ist vnser ernstlicher beuelch dzderhalb vnser gemeinen, hieuor außgangnen landtsordnung stracks nach komen, gelebt vnd ernstlich durch vnser ambtleüt darob gehalten
werd. Sonderlich aber so fleisch tag sein, sollen die wirt niemandt kein visch zum
fleisch, auch herwiderumb uff die visch täg kein fleisch zu den vischen zur malzeit dargeben oder reichen, bei peen vnd straf eins kleinen freuels. Es were dann, das etwan
grauen, herrn von der ritterschafft vnd dem adel oder andere frembde treffenliche ehrliche vnnd ansehenliche mann oder frawen personen fürfielen, die zum fleisch gern ein
essen visch auch begern oder anders haben wolten, denen soll sollichs vnabgeschlagen
sein. Sonst aber in ander weg gegen den gemeinen mann vnderlassen vnd bei obernennter straff verhüt werden.//
Vnd dieweil bißher in den zechen bei dem gemeinen vnd handtwercksmann gesellen
vnd knecht, deßgleichen durch die paursleut, so die überfeldt auff die wochen marckt
vnd in die bäder gangen ein überfluß vnd grosser vnkost aufgewendt worden, in dem,
das man inen zwüschen den mälern in den zechen bratens, grien visch, hering vnd dergleichen darreichen vnd geben müssen. Ist vnser beuelch vnnd meinung, das sollichs bei
allen wirten, gastgeben, den gemeinen zerstuben, Stubenknechten vnd weinschenckin,
da man dann pfligt zuzeren, gentzlich abgestrickt vnd verbotten vnd die übertretter obgemelter gestalt vmb ein kleinen freuel vnnachleßlich gestrafft werden sollen.//
Es sollen auch alle vnser ober vnd under ambtleut vnd gericht an allen orten vnsers
fürstenthumbs der stallmut vnd haberns halben ein einsehen haben vnd Ordnung geben.
Vnd sonderlich, das der habern jederzeit nach gestalt der keuff vnd schleg, so er gült,
mit sambt dem costen, so den wirten, biß sie den heim bringen, darauf geet, angeschlagen vnd den wirten nit zugelassen werden ihres gefallens über den dritten pfenning daran Zugewinnen oder die gest zuübernemen, bei straff eins klein freuels.//
Wir wollen vnd ernewern auch hiemit ernstlich beuelhendt allen vnsern ambtleuten, das
der nachsitz in wirtzheusern über die gesetzt zeit, laut des artickels inn vnser landtzordnung begriffen abgestelt, auch von euch mit allem ernst darob gehalten vnd gegen den
überfarern nach vermög desselben mit straff gehandelt werdt, also lautendt.//
Item niemandts
soll nachts
etc.//
508
Die weltlichen Staaten
Von arbeitern, taglönern vnd deren wegen, so das veld bawen.
Dieweil ein zeither die arbeiter vnnd taglöner mit belonung hoch gestigen vnnd darzu
mit essen vnd trincken nit mehr zuersettigen, sonder voll sein vnd jres gefallene zu vnd
vor der arbeit geen wollen. Also das die, so jren bedürffen, sie nit wol zu vnderhalten
vermögen. So wollen wir gantz ernstlich, das vnsere ambtleüt vnd gericht für sich selbs
im jar einmal zwei oder mehr, nach gelegenheit vnd notturffi eins jeden orts hierinn
gebürliche, billiche Ordnung zum nutzesten vnd bessten machen vnd fürnemen, was der
Ion der weingart, acker vnd veldtbauwer mit jren leiben, rossen oder ochssen, auch der
arbeiter, taglöner, botten, manns vnd weibs personen vnnd eins jeden wercks sein etc.
Vnnd wie sie mit essen vnd trincken sollen gehalten oder darfür geben vnd genommen
werden, auch wann sie zu vnd von der arbeit geen vnd wie lang sie tags schaffen sollen
vnnd gute fürsehung thun, das meniglich darbey beleib, keiner mehr geb oder nem,
damit einer dem andern die arbeiter, taglöner vnd schäffer nit abstech oder ziehe, sonder
mäniglich die inn gleicher belonung bekommen kundt vnd darzu den Ion höher steigern,
auff das das veldt gebawen vnd die vngebürliche Übermaß abgestelt werd, alles bey
straff drey pfund heller, so vns ein jeder der geber vnd nemer im übertretten vnnachleßlich zubezalen verfallen sein sollen vnd das sie auch darob mit ernst halten vnd solche Ordnung vestiglich vnd strencklich handthaben sollen.//
Von reysigen, auch dienstknechten, mägdten vnd eehalten.
Wollen wir, das dem artickel, so jr halb in Rö. Kei. Ma. etc. vnd des heyligen reichs
pollicey Ordnung am drey vnd zweintzigisten blat nachgangen werd. Also anfahend:
Nach dem sich auch vil begibt etc.//
Vnd dieweill ein zeitthero der Ion der gemeinen ehalten, knecht vnnd mägdt hochgestigen, das man die nit genugsm belonen oder besolden künden vnd so schon jemandts
knecht oder mägdt gehabt, haben sich etwan gegen jren herrn meister vnnd frawen allerley mutwillens gebraucht, jnen leichtlich mit aufsatz one redlich vnd notwendig ursach
vnnd sonderlich zu den zeitten, wann sie jrer am aller bedürfftigisten gewesen, ausser
jren diensten tretten, hingeloffen vnd die verlassen, das doch mit nicht zugedulden ist.//
Derwegen vnd in krafft erst bemelts artickels in der keiserlichen vnd des reichs pollicei
Ordnung begriffen, so beuehlen wir allen vnsern ambtleüten vnd gerichten eins jeden
orts, das sie gleichergestalt der eehalten besoldung vnd belonung halb ein gute, billiche
Ordnung machen vnnd nach gelegenheit vnnd gestalt der sachen notwendige einsehen
haben, damit der mutwill abgeschafft vnnd die eehalten jrn dienst vnnd geschäfft, wie
sie zuthun schuldig, getrewlich vnd fleissig versehen.//
Sonderlich aber ordnen vnnd wollen wir hiemit ernstlich, das keiner jemands anderm
Nr. 20 a: Württemberg, Herzogtum
509
weder knecht, mägde oder eehalten ausser iren diensten zuruck vnd one vorwissen jrer
herrn, meister oder frawen lickern oder abdingen soll vnd wann furohin ein eehalt seinem herrn, meister oder frawen vor vnd ee der bestimpten zeit, darauf er gedingt het,
one rechtmessige gnugsame ursach ausser dem dienst geen wolt oder wurde, das sein
herr meister oder frawime für die besoldung nichtzit zugeben oder zuthun schuldig sein.
Es soll jne auch kein anders one desselben seines herrn meisters oder frawen wissen
vnnd willen nit dingen oder in dienst annemen bey straff ftinff pfiind heller.//
Wo aber den eehalten von jren herrn, meister oder frawen vnbillichs begegnete, überfortelt wurden vnd also ab jnen klag hetten, sollen vnd mögen sie das vnsern ambtleüten
oder den burgermeistern in einem jeden felcken fürbringen, die hierinn ein gebürlich
billich einsehens haben sollen.//
Von den handtwercken in gemein, auch derselben sönen, gesellen, knechten
vnd leerknaben.
Nachdem derhalben von Rö. Kei. Ma. vnnd den Stenden des heiligen reichs etlich artickel in außgegangner pollicei Ordnung im ein vnnd dreissigisten blat wolbedachtlich gesetzt vnd geordnet, also anfallend:wtrnmkihedcaV
Vnd nachdem die handtwercker etc.//
Ist vnser ernstlich meinung vnd beuelch, das sollichen artickeln allen vnnd jeden, in
massen sie von der Kei. Ma. vnnd den Stenden des heiligen reichs bedacht, stracks
nachgangen, gelebt vnnd volziehung geschehe. Vnd sonderlich, wo sich die handtwercker jrer waren halben innhalt des ersten artickels vereinigten vnd dardurch ein
aufschlag vnd Steigerung zumachen vnderstanden, das sollichs also bald an vns gebracht
werd, als dann gedencken wir darauff das selbig jr schedlich furnemen abzustellen vnd
gebürlich einsehen zuthun, auch mit ernstlicher straff gegen denselben zuhandlen.//
Das auch die erdachte vnnöttige vnnd böse bräuch vnd gewonheiten, so bißher bey den
geschenckten handtwercken gewesen in auff forderung der gesellen vnd den wanderenden mit zechen vnd schencken (dardurch nit allein mit dem weingang kosten
auffgeloffen vnd den meistern durch die versomnus grosser schaden entstanden, sonder
auch reichen vnd armen, so arbeit bei jnen gehabt, auf die arbeit geschlagen werden),
deßgleichen, das etwa die handtwercker die schmach vnd ander sachen aufjren Stuben
oder vnder jnen selbs vertragen. Auch etwan die gesellen von sollicher schmach wegen
aufgestanden vnd jren meistern nit schaffen wollen etc. vermög erstgemelter artickel
gäntzlich absein vnd in vnserm flirstenthumb weitter nit geduldet werden noch statt haben, sonder damit gehandelt vnd die schmach vnd ander sachen gerechtuertigt vnd außgetragen werden sollen, jnnhalt derselben artickel vnd Satzung. Als auch von alter vnd
hieher bei den handtwerckern der gebrauch geweßt vnd gehalten, das ein jeder (nach
seinem herkommen) etlich zeit vnd jar hat müssen lernen vnd vor endung oder außgang
510
Die weltlichen
Staaten
sollicher zeit für kein gesellen oder jungen geduldt worden, ist vnser meinung, das solcher brauch fürohin auch gehalten vnd dem nit nahgelassen werd.//
Dann nachdem villeicht etlich zeit her sollichem gebrauch so streng nit nachkommen
vnd etlich junge meister eingewurtzelt entstanden vnd selbs meister worden, die noch in
leer jaren geweßt vnd jre außweisung vnd glaubwirdige schein oder vrkund, wo vnd an
welchem ort sie die leer jar volnzogen vnd außgeflirt nit erscheint oder mitgebracht, das
nit allein ein übelstand sonder auch denen, so gearbeitet schädlich vnd nachteilig. Deßhalben nochmals vnser ernstlich meinung, das in solchem der hohen notturffi nach kein
abbruch oder nachlassen beschehe.//
Vnd dieweil schier bei allen handtwercken, handtierung vnd gewerben, gebrech vnd
mängel entsteet, also das schier kein waar one sondern betrug gemacht, gearbeit vnd
verkaufft wiirt. Deßhalb niemandt one sondern nachteil oder schaen kaufmans gut kauffen kann, das souil müglich zuwenden vnd zuuerhüten. Ist vnser ernstlich meinung, das
in allen Stetten vnsers fürstenthumbs von vnsern ambtleuten vnd gerichten über die
handtwerck vnd gewerb, da man sich sollichs betrugs zubesorgen oder zuuersehen hett,
sondere geschworne schawmeister der sachen verstendig fürgenomen vnd verodnet. Wo
dann einicher betrug oder etwas gefarlichs hierinn erfunden, das der oder dieselben mit
guter vnderricht zu vnser cantzlei angezeigt auff das nach gestalt der sach mit ernstlicher straff gegen denselben fürgangen vnd gehandelt werde.//
Von wundartzeten vnd balbierern.
Nachdem wir auch in täglicher erfarung befunden, das ein mercklicher mangel an guten
wundartzeten in vnserm fürstenthumb vorhanden ist vnd ein grosse vnordnung mit den
balbierern gehalten würdet, dergestalt, wo ein junger zu dem balbierer handtwerck
gethon vnd ein wenig die wundartznei gesehen vnd seine leer jar erlangt, außgedienet
vnd sich in eelichen Staat begibt, so will er also bald nit allein seines handtwercks ein
balbierer, sonder auch ein wundartzet sein vnd vnderfacht sich also onerfarn der
wundartznei, dardurch dann vil wunden leichtlich verwarlost, auch zum theil vnd derselbigen vil erlamen vnnd zum todt gefürdert werden. Auß welchem allem dann vilerlei
vnrichtigkeit eruolgen thut, dergestalt, das durch sollich vnwissenheit vil personen, wie
gemelt, nit allein versombt vnd zu dem todt gericht, sonder auch die guten wundartzet
(deren vor jarn vil ansehenlicher in vnserm furstenthumb gewesen) in abgang komen
sind vnd derselbigen gar wenig mehr befunden werden.//
Dem nun zubegegnen vnd diß alles mit stattlichem rath zufürkomen ist vnser ernstlicher
beuelch, das hinfüro in Stetten vnd dörffern vnsers fürstenthumbs sich kein junger balbierer, der meister seie, der wundartznei vndernemen vnd die jben wolle, er sei dann
zuuor durch die vnsern zu Stutgarten vnd Tübingen hierzu verordnet examiniert, erfarn
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vnd darzu taugenlich befunden, alles, das er erlernt hab, aller wunden art vnd eingenschafft von der scheittel an dem menschen biß auf die fersin hinab vnd wisse was für
wundtrancks, pand, pflaster vnd andere notturfft zu jeder wunden Schäden vnd beinbrüchen gehörig sein vnd wisse auch vnderschidlich zu heiin vnd guten vnderscheid im
heilen zuhaben in haupt, hirn vnd beinschrettig wunden, tief oder flach wunden oder
Schäden, sei seien im fleisch, neruen, ädern oder gleichen gehawen, gestochen, mit oder
one geschwulst, schmertzlich oder vnschmertzlich. Item wie vnd welcher gestalt mit
allerlei beinbrüchen, geschweren, apostemen, alt vnd new Schäden, auch andern mehr
kranckheiten der wundartznei vnderworfen zuhandlen sei. Vnd ob deren jeder die gebreüchliche erfarne wundtranck, Simplicia vnd composita, salben, pflaster, derrband,
ätzungen vnd ander notturftige artzneien vnd instrumenta zu jeder wunden, Schäden,
beinbrüchen vnd allen dergleichen gebrechen gehörig kennen, die zukochen, zubereitten
vnnd recht zu ein ander zumachen vnnd in Sonderheit in aderlassen erkantnuß der ädern,
wann vnd zu welcher zeit ein jede ader zuschlahen, gut wissens haben etc.//
Wann dann ein junger angeender meister inn dem allem also geschickt vnd taugenlich
befunden, sollen die verordneten sollichen zu der wundartznei zu lassen vnd mit jrem
schriftlichen urkund den amptleüten vnd gerichten, da der wonhaft, senden vnd verordnend damit mäniglich wisse, den in zeit der not zubesuchen.//
Aber sonst vnd in ander weg soll sich keiner mehr bey straff zweintzig guldin inn vnserm fìirstenthumb der wundartznei vndernemen, sonder allein sein balbierer handtwerck treiben, des also zugeschehen thund wir vns ernstlich verlassen.//
Von hebammen.
Als auch durch die vngeschickten hebammen vil kindtbetterin vnd kinder verwarlost
vnnd verderbt werden, welches dann nit gering zuerbarmen, dasselbig nun auch so vil
jmmer müglich zuuerhüten, ist vnnser ernstlicher beuelch, will vnnd meinung, das hinfuro in vnnsern furnembsten Stetten vorab da ämpter seyen, vnser ober vnd vnder
ampbtleut sampt den gerichten der ort zu sollichen dingen, fromme erbare gots furchtige
vnd erfarne weiber bestellen vnd annemen vnd keine hierzu verordnen lassen, sie sey
dann zuuor von den hierzu verordneten examiniert vnd erforschet, ob sie in allen sachen
einer hebammen zuwissen notwendig gnugsamlich wissenhaft vnd erfarn, auch das
büchlin der frawen roßgarten genant samt andern hebammen büchlin, so von den gelerten in truck gegeben worden,fleissig gelesen oder lesen hören vnd des ein gut wissens
hab, auß wölchem dann jr jede gelernet vnnd guten bericht habe.//
Nachdem sich vil und mancherley weiß begibt, das das kind nit an der natürlichen geburt steet, wie durch was mittel vnd weg das kind zu der selbigen widerumb am fuglichsten gebracht vnd gericht werden soll. Item die kindenden weiber zu der zeit der
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Die weltlichen Staaten
kindtsband, so das kind nit geschiben, mit nichten übertreiben thue vnd im fall der not,
ob ein hebam der sachen sambt andern geschickten weibern nit verstendig gnug, das sie
sich zulernen vnd einen gelerten artzet zu sich zuberuffen vnd desselbigen rath fleissig
volg zuthun gar nit schäme.//
Wir halten auch für nutz und gut, das in jeder der fìirnembsten vnnserer stett etlich geschickte, erfarne weiber in gemelten, auch andern fallen zu den schwer kindenden frawen verordnet vnd der hebammen zuggeben werden. Auff das mit derselbigen rath vnd
hilff der geberenden frawen des ringer geholffen werden müge.//
Dergleichen soll ein jede hebam erfarn sein, wie nach der geburt mit dem new geborn
kindlin vnnd auch der kindtbetterin selbs allerley künftige vnnd zufallende kranckheiten
zuuerhüten, mit allen sachen gehandelt werden solle, zu dem die kindtbet mägdt vnderweisen, wie sie wol vnd fleissig warten sollen vnd in summa die sachen also angericht werden, das mit den kindenden frawen vor, inn vnd nach den kindtsbanden mit allem fleiß gehandelt vnd nichts versaumbt werde.
Als dann auch zuzeiten die hebammen vor den weibern, so in kindtsbanden ligen, oft
schampere reden treiben, auch nichts thund, dann leüt außzurichten, zuzeiten der bresthaften weiber kranckheiten, feel und mängel offenbar machen, wölche die hebammen
billich vertrucken helffen solten. Auch für die leüchtuertige reden christenliche trost
sprüch üben vnd also den geberenden frawen trostlich zu sprechen etc. Wollen wir das
in dem allem ein ernstlich einsehen beschehe, das böß hinweg gethon vnd das gut an die
statt geordnet werde.//
Von schädlichen ftirkeuffen.
Das ist vnser meinung, das der keiserlichen vnd des heiligen reichs löblichen pollicei
vnd vnser außgekündten landtsordnung gelebt vnd gehalten werden soll.//
Vnd als wir daneben in erfarung vnd glaubenlich bericht sein, das auch der fürkauff in
pfalen geübt vnd gebraucht, den weingartern zu grossem mercklichem schaden, also das
man dieselben so gar übertheur im höchsten werdt kauffen vnd nemen muß, das bißher
vnerhört. Da beuelhen wir vnsern ambtleuten, vorstmeistern vnd knechten, das sie hier
auf gutachtung haben, sollichs abschaffen vnd wo es von jemandt übertretten, den oder
dieselben zu jedem mal vmb vier guldin vnnachleßlich straffen sollen.//
Es soll auch meniglichem ernstlich verbotten sein, dem gemeinen paursman, von denen,
so das veldt bauwen, auf die früchten auf dem veldt, auf den halm oder den wein an
stöckin zuleihen, bei Vermeidung vnser ernstlichen straf.//
Damit aber hierinn dannocht gebürlichs einsehen beschehe vnd der gemein paursman
Nr. 20 a: Württemberg, Herzogtum
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sich bis zu der ernd vnd dem herbst dester bas erhalten vnd sein haußgesind außbringen
möge, so soll doch des orts niemandts verbotten, sonder frei erlaubt sein, dem armen
man furzusetzen vnd zu leihen, was die früchten auf Martini acht tag vor oder nach vngeuerlich gelten vnd anderer gestalt nit, auch der jhenig, so lehnung notturfftig, nit entlehnen. Vnd der außleiher soll auch auf ferrer früchten nit leihen, dann souihl er vngeuerlich zu seinem haußbrauch bedürfflich ist vnd auf kein furkauff bei peen vnd straff
des außleihers haubt oder kauff summa, darzu der straff nach gestalt der sach jme von
vns auch widerfaren vnd gedeihen soll. Doch wollen wir hiemit an welchen orten der
schlag in früchten zumachen sonderlich im brauch ist, das derselbig jnen hiemit vnbenomen sein solle.//
Aber des weins halb mag man wol auff die rechnung, so jedes jars gemacht würdt, leihen vnd der leiher vnd entlehner weitter noch höher nit gesteigt werden.//
Nachdem aber auch an etlichen orten schlechter geringer wein wechst, die nit eigen
rechnungen haben oder machen, so dann jemandts auf ander rechnungen leihen solte,
möcht sollichs mehr schedlich, dann nutzlich sein. Derwegen lassen wir es bei altem
bruch, wie es von alter herkomen ist, das der entlehner wol etwas neher geben mag, damit er seiner not oder armut halb nit in mehrern oder grössern schaden gefiirt werde
bleiben.//
Wir ordnen, setzen vnd wollen auch, wann einer bei einem auf wein entlehnet vnd jme
darumb den nutz eins oder mehr Weingarts verspricht oder verschreibt, das derselbig
entlehner auf sollich weingart oder güter, biß er seinen gleubiger bezalt, bei keinem andern one desselben seins gleubigers wissen vnd vergünden, ferner weder wenig noch vil
entlehnen oder dieselben weitter versetzen, das auch niemandts one des ersten gleubigers bewilligen darauf leihen oder jne ersten gleubiger außstechen, auch vnsere ambtleut vnd gericht darüber nit besiglen sollen, bei Vermeidung vnnser schweren vngnad
vnd straff, nach gestalt der sachen, gegen den überfarern hierinn vnnachleßlich furzunemen.//
Von wullin tüchern, verkauffung derselben gantz oder zum aufschnit.
Wir haben auch auß gutem ansehen vnd bedencken vnserer verordneten, damit die tücher frembder nationen dester förderlicher vmbgangen, gnädiglich vergünstigt vnnd zugelassen, das die tücher in vnserm landt an allen orten furohin zu denen tüchen, so im
vij. vnd viij. pund bißher gemacht, auch im iv. pund machen, dieselben sollen auch genetzt vnd geschorn verkaufft vnd damit in allweg nach vermög der vorgemelten pollicei
Ordnung gehandelt werden.//
Vnd so solche tuch auß der walck komen oder gethon, sollen die Calwer vnd alle ande-
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Die weltlichen
Staaten
rer stett tuch in vnserm furstenthumb an der ramen angeschlagen halten vvvij. elen der
leng vnd an der breiten nit über ij. elen gefarn werden, alles bei peen in berürter pollicei
Ordnung begriffen. Vnd ein jedes tuch so also nach vermög angeregter Ordnung genetzt
vnd geschorn bereit würdt, soll am meß halten vvviij. elen an der lengin vnd die gemeinen an der breitin ein ein drew fiertel vngeuerlich, aber die besten vnd dreisigler zwo
ein. Dann so die tücher gute tüch als auß dem iv. pund machen wurden, dieselben vnnd
nit die gemeinen ermelte tuch sollen an der breittin halten zwo ein.//
So sich aber begeb, das der tuch eins mehr oder minder an der leng halten wurde, soll
dasselbig dem keuffer gestrichen vnd was es an dem meß findt kaufft vnnd nit mehr
bezalt werden.//
So sollen auch die futter tuch an der leng halten vvviij. ein vnnd die wildberger genetzt
an der breittin anderhalb ein ein halb fiertel. Aber die andern futter tuch im landt, als zu
Grüningen vnd andern orten, ein ein drew fiertel.
Vnd sonst so lassen wir die tücher in vnsern fürstenthumb an allen orten bei jren hieuor
habten freiheiten vnd machung der tücher, auch besiglung vnnd schauung derselbigen
beleiben. Vnd sollen in einer jeden statt, da die tücher gemacht, von vogt, gericht vnd
rath bei jrn pflichten erbar, redlich vnd verstendig personen zu schawen vnd siglern
erwölt vnnd verordnet, damit auffrichtig gehandelt, betrug vnd aufsatz verhüt vnd mit
ernst darob gehalten, das dem so also gesetzt vnd geordnet, wie oblaut gelebt werde.//
Wollen Ordnung.
Dieweil wir dann auch glaublich bericht werden, das bisanher in vnnserm furstenthumb
ein grosser mißbrauch mit lehnung vnd fürsetzen entstanden vnd geübt worden, solcher
gestalt, das etlich zu der wollen rechnung (die von vnnsern darzu verordneten järlichs
gemacht) gelt geben, damit sie die zu jrn handen gebracht vnd darnach ausser landts in
fembd nationen gefurt vnd zum höchsten verkaufet haben, dardurch nit allein dem
tucher handtwerck ein schädlicher abbruch vnd nachteil, sonder auch dem gemeinen
mann an bekleidung jr weib, kinder vnd haußgesind grosse theurung begegnet, dasselbig zufürkomen vnd in besserung zuwenden. Ist vnser ernstlich meinung, das nun
fürohin kein außlendiger, wer der sei, auf wollen, weder vil oder wenig leihen, auch vnsere vnderthonen von den selben nichts entlehnen. So aber die notturfft erfordern, das
die schäfer oder ander gemeine burger je gelt entlehnen müssen vnd solches nit vmbgeen möchten oder kündten, sollen dieselben bei vnsern vnderthonen solch gelt auff
wollen vnd die rechnung inmassen, wie dieselbig von den verordneten järlichs gemacht
würdt, zuentlehnen macht haben vnnd gestattet werden. Aber die wollen ausser vnserm
landt zum fürkauf zuuerkauffen soll hiemit meniglichem verbotten sein vnd die übertretter von vns hertiglich darumb gestrafft werden.//
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Doch sollen vnd mögen die außlendischen tucher in vnserm flirstenthumb, bei den
einwonern auf freiem marckt macht haben wollen zukauffen, doch allein souil vnd nit
mehr, dann einer mit dem handtwerck verarbeiten vnd vertuchen, was aber zu fürkauff
gelangen mag oder so Ite gantz ober vnd müssig gesteh vnd den verkeuffern anderer gestalt, dann wie gemelt, mit nichten gestattet oder gedult werden, bei verlierung der wollen, die er über vnser obengemelt Satzung erkaufft hette. Es möchte sich auch der keuffer vnd verkeuffer, so argkwönisch gefarlich vnd eigennützig hierinn halten, wollen wir
vns gegen denselbigen die straff vnd peen vorbehalten haben, jederzeit nach gestalt vnd
gelegenheit der sachen den überfarern aufzulegen.
W o aber ein schäfer oder andere vnsere vnderthonen einiche wollen, vil oder wenig
hett, die der rechnung nit erwartten möchten, sonder dieselb beim pfund verkauffen müsten, soll er die selben auff die gewonlichen wochenmarckt vnsers fiirstenthumbs tragen
vnd daselbst mäniglich zuuerkauffen macht haben, vermög vnser voraußgegangen
landtsordnung, doch das der fürkauff, wie vorsteet, ausser lands vnd sonst in allweg vermitten beleih.//
Doch sonst ausserhalb dieser vnser jetzigen Ordnung wollen wir das es bei gemelter vnser hieuor außgegangen vnnd gemachten wollen Ordnung in vnser landtsordnung verleibt, besteen vnd bleiben, deren auch in allweg volziehung gethon werden soll, darnach
wisse sich mäniglich zurichten vnd vor nachteil vnnd schaden zuuerhüten.//
Vom imber.
Es soll hinfìiro kein geferbter, sonder allein weisser imber bei Verlust desselben imbers
verkaufft werden, wie dann sollichs der höchstgedachten Kei. Maie, pollicei Ordnung
außweißt, bei deren wir es bleiben lassen, deß jnnhalts. Item nachdem an vns vil klag
etc.ll
Vnd hierauff beuelhen wir mit ernst allen vnsern ambtleüten, burgermeistern vnnd gerichten in allen vnd jeden vnsern Stetten vnd flecken, das jr bei frembden vnd heimschen gute schaw vnd besichtigung, nit allein des imbers, sonder aller andern specereien
vnd gewirtz, so von frembden oder heimschen feil gethon oder getragen werden, anstellet vnd so die vngeschickt, vngebürlich oder vngerecht erfunden, das der oder dieselben
nach gestalt obberürter Kei. Ma. pollicei dieselbig waaren verlorn vnd darzu nach jrem
verschulden gestrafft vnd im faal der notturft vns angezeigt werden sollen, jenen jr
gebürende straff haben auffzulegen.//
516
Die weltlichen
Staaten
Dann der minderiärigen kinder tutorn vnd fürminder halb.
Haben wir hieuor in vnnser außgekündten landtsordnung nottürftige fursehung gethon,
darbei lassen wir es bleiben, ist auch vnser ernstliche meinung vnd beuelch, das demselben, wie gesetzt vnnd geordnet, stracks volziehung beschehe.//
Von richtern aduocaten vnd procuratom.
Befinden wir vilueltig, das an vnsern gerichten allerlei vnordnung vmbtrib vnd mangel
seien vnd das deßhalben gebürlichs einsehens zuthun von nöten. Derwegen so gedencken wir ein gerichts Ordnung vnd proceß, wie es an vnnsern gerichten gehalten werden
soll, furnemen vnd außgeen zulassen. Doch wollen wir, das mitler weil nichts destoweniger diß artickels halber die keiserlich pollicei Ordnung gehalten werde.//
Von schmächschrifften, gemäld vnd gemächt.
Ist vnser ernstliche meinung vnnd wollen, das deßhalb oftgemelter keiserlicher vnd des
heiligen reichs pollicei Ordnung gelebt vnnd volnzogen wird. Wie wir dann sollichs
newlicher tagen auff der Rö. Kei. Ma. derwegen außgegangen mandat auch verkünden,
gebieten vnnd öffentlich anschlahen, darbei wir es auch nachmalen bleiben lassen.//
Von goldtschmiden.
Nachdem die Rö. Kei. Ma. vnd die stend des heiligen reichs wie es mit verarbeiten des
silbers gehalten werden soll ein Ordnung Abgenommen, wollen wir das die in vnnserm
furstenthumb bei allen goldschmiden gehalten vnd beuelhen vnsern ambtleuten vnd gerichten der orten, da goldschmid sitzen vnd wonen, das sie die also in des werck richten
vnnd die schaw innhalt derselben verordnen wollen, wölche Ordnung also laut.wutsrnlihedcbaD
Dieweil
dann auch das silber etc.
Item es soll auch der vnnütz cost, so biß anher mit vergulden an kupffer, eisin, holtz
vnnd gestein gelegt, vermitten werden vnd die goldschmid, maier vnd andere, die
zuuerguldin pflegen, bei peen vnd straff zehen guldin nichts dergleichen vergulden, ob
dem allem vnsere ambtleut mit ernst halten vnd die überfarer straffen sollen.//
Nr. 20 a: Württemberg, HerzogtumzwvutsrponmlkjihgfedcbaWVSID
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D e r W a l s e n v n d anderer außlendischen v n d f r e m b d e r k r ä m e r halb.
Dieweil wir warnemen vnd befinden, das diser weil vnnsern gewerbsleuten vnnd
kremern in vnnserm landt in mancherlei weiß grosser abbruch vnnd schaden entsteet,
durch das dise frembde krämer in allen vnserntneS
Stetten vnd flecken hin vnd wider webern
vnnd in heüsern gewürtz vnd anders täglich feil haben vnnd tragen, darzu vnser vnderthonen vnnöttiger weiß anreitzen vnnd vmb das gelt bringen, das den handthierern, gewerbsleüten vnd andern, den vnsern im landt, so vns zu täglicher beschwerd gesessen,
zu nit kleinen sonder grossem nachteil gelangt, darumb zu abstellung desselben beuelhen wir vnsern ober vnd vnder ambtleüten gantz ernstlich, das sie hinfiiro sollichs denselben Walsen vnd frembden außlendischen krämern vnuerzogenlich abstricken vnnd
weitter weder inn Stetten oder dörffern feil zuhaben nit zu lassen, sonder verbieten, bei
verlust jrer waar, dann allein an den gewonlichen wochen vnd jarmarckten in vnsern
Stetten soll jnen sollichs vnuerbotten sein, doch das sie die probierten ein vnd gewicht
jedes orts gebrauchen vnd auf die wochenmarckt, gleich wie an den jarmarckten bißher
beschehen, stettgelt geben vnnd reichen, wie sich der billicheit nach gebürt.//
V o n g e w e r b e n in dörffern.
Vnd dieweil wir befinden, das diser weil in dörffern vnd flecken vnsers fürstenthumbs
allerlei handtierung vnd gewerb entstee vnnd feil gehabt, welches vnsern Stetten zu
grossem abbruch vnd nachteil gelangt, darein vns zusehen gebürt. Ist hiemit auß bewegenden vrsachen vnser ernstlich meinung, das in sollichem werben vnd handtieren den
dörffern, so nit eigne wochen marckt von alter gehabt oder sonst sondere freiheiten hetten, fürohin die wullin tuch, barchat vnd gewürtz feil zuhaben abgestrickt vnd verbotten, aber sonst anders, was der täglich brauch erfordert, soll jnen hiemit vnbenomen
sein, damit die stett dester förderlicher bei jrem wesen erhalten werden vnd bleiben mögen.//
D a n n v o n w e g e n des holtz k a u f f s .
Vnd als wir auch bericht, das bißher in vil vnd mancherlei weiß im holtz kauff betrug,
auffsatz vnd gefar gepflegen, darein vns zusehen gebürt vnd die hochnotturfft erfordert.
So setzen, ordnen vnd wollen wir, das fürohin alles brennholtz, so zum verkauffen in
vnserm furstenthumb in vnsern oder andern höltzer gehawen würdt, es werde gleich zu
marck gefiert oder in den wälden verkaufst, ein lengin haben vnd die klaffter auch in einer grössin sein. Vnd nemlich die scheitter an der lengin vier werckschuch halten vnd
die klaffter an der höhin sechs werckschuch vnd in der breittin auch sechs werckschuch
sein. Vnd damit die kleinen wald kleffterlin vnd andere vngleiche klaffter, so bisher ge-
518
Die weltlichen Staaten
wesen, absein, bei peen vnd straff zehen schilling heller, so vns die übertretter von jedem klaffter zugeben schuldig sein sollen. Wo aber jemandts jme holtz zu seinem selbs
brauch hawen lassen wölt, der mag die klaffter in der grössin vnd lengin seins gefallene
machen. Vnd beuelhen hierauf allen vnsern ambtleuten vnd gerichten, das sie in allen
Stetten vnd flecken vnsers fürstenthumbs ein holtz meß mit Stangen oder romen, solchen
jetzgemelten klaftern gemeß, also bald anrichten, damit gantze dreifierteil halbe vnd ein
vierteil eins klaffters gemessen werden mögen. Vnd hierzu geschickt taugenlich personen zu holtzmessern verordnen, die im kauffen vnd verkauffen deß holtz in allen Stetten
vnd flecken es messen vnd desselben auf den jar vnd wochen marckten zu seinen stunden mit fleiß warten vnd niemandts kein brennholtz, so in die stett vnd flecken zu feilem kauf gefurt würt, vngemessen weder kauffen noch verkauffen, bei straff einer kleinen freuel, von jedem klaffter zugeben. Welcher messer dann von reichen oder armen
am ersten erfordert oder begert würt, mit demselben soll er von stundan one widerred
geen vnd in dem kein geuerd brauchen vnd dz holtz, so kaufft ist, mit dem geschwornen
meß getrewlich messen, darinn er gegen keuffer vnd verkeuffer gleich vnd gemein sein
soll, mit dem messen vnd allen dingen, auch zu vnd abschlagen, wo die scheitter zu
kurtz oder zu lang weren vnd die recht maß nit hetten, wie zimlich vnd billich ist.//
Darumb, was über die halb klaffter gemessen würt, soll jm der keuffer zwen heller vnd
der verkauffer auch souil geben.//
Was aber ein halb klaffter ist vnd darunder, daruon soll der keuffer ein heller vnd der
verkeuffer auch ein heller, sie seien frembd oder heimsch, niemandts außgenommen
geben vnd über diesen Ion niemandts höher getrungen noch beschwerdt werden.//
Ob auch sonst andere tag in der wochen jemandts an sie erforderten oder begerten im
holtz so er kaufft hett, zumessen, soll ein jeder messer dem oder denselben willig vnd
gehorsam erscheinen vnd das holtz messen, wie vorgeschriben steet.//
Vnd soll allen holtzmessern verbotten sein, das jren keiner noch jemandts von
jrentwegen über den obbestimbten gesetzten Ion niemandt steigen, auch kein schenck,
mut noch gab, essen, trincken, holtz oder anders nichtzit außgenomen nemen.//
Vnd wo sie hören oder sehen, das jemandts, er wer reich oder arm, einich scheitter das
klaffter lang het, wie oblaut vngemessen kauffte vnd mit der klaffter nit gemessen
würdt, sollen die messer an jedem ort sollichs vnsern ambtleuten furbringen vnd anzeigen, dieselben nach vermög des Verbots darumb wissen zustraffen sie die messer,
sollen auch alle ander gefarlich sachen, so man mit dem holtz furnemen, üben vnnd
brauchen möcht oder wurd rügen, darzu den gemeinen nutz furdern vnd schaden warnen vnd wenden, nach jrem besten vermügen, wie sie zuthun schuldig seind. Es soll
auch kein messer bitten, das man jn holtz messen lasse vnd alles was brigel, faul oder
krumm holtz, das in die klaffter nit taugenlich, soll der messer außschiessen vnd darumb
sonderlich erkennen, was man darfür in seinem werd geben soll. Wann dann einer kein
Nr. 20 b: Württemberg,
Herzogtum
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holtz messer mehr sein will oder ist, soll er von stund vnd als bald die rom dem
burgermeister desselbigen orts zuiiberantwurten pflichtig sein. Vnd sie die messer, so
bald sie angenomen vnd verordnet werden, sollich jetzt erzelt artickel all zuhalten vnd
zuuolziehen, eid zu Gott dem allmechtigen schweren.//
Vnd ob in offt gedachter kei. vnd des reichs pollicei Ordnung weitter ferners oder mehr
verleibt, das hieher dienlich vnd vmb kürtze willen nit gesetzt oder komen were. Das
wollen wir hierinnen auch gemeint begriffen vnd daneben vns vnser ober vnd gerechtigkeit auch die artickel, so wir in diser Ordnung gesetzt, nach gestalt vnd gelegenheit
der sachen, wie vns das jeder zeit für gut vnd notwendig ansehen würdt, zu declarieren,
zu mindern, zu mehrn oder gar abzuthun vorbehalten haben.//
Zu vrkundt mit vnserm aufgetruckten secret jnsigel besigelt vnd geben zu Stutgarten am
leisten tag des monats junij nach christi vnsers lieben herrn geburt, fünfftzehenhundert
vnd im neün vnd viertzigsten jare.//
Nr. 20 b: Württemberg, Herzogtum: „Policey-ordnung
Würtemberg" vom 8. 10. 16609
Von gottes gnaden wir Eberhard, hertzog zu Würtemberg und Teck, graff zu Mümpelgardt, Herr zu Heydenheim etc., entbieten unsern ober - und under-amptleuten, specialsuperintendenten, pfarrern und vögten, auch burgermeistern, gerichten und gemeinden
dises unsers hertzogthumbs und landen unsern grüß zuvor und fügen ihnen hiermit
sampt und sonders zuvernemmen.//
*
Obwohlen nicht allein in unserer außgekündten lands-ordnung hin und wieder, sondern
auch denen nach rühmlichen exempel unserer lieben in Gott ruhenden vorfordern, gewesenen regierenden hertzogen zu Würtemberg etc., christ-seeliger gedächtnus von uns,
seithero wir die regierung durch Gottes hand angetretten, zerscheidenlich außgelassenen
und gleichsam von jähren zu jähren erneuerten sehr ernstlichen befelchen und
rescripten, welcher gestalten ein löblich- und christliches policey-wesen angestellt und
erhalten, herentgegen alles widrige gäntzlich abgeschafft und hart gestraffet werden solle, klare maaß zu befinden, so müssen wir jedoch mit ohn-gnädigstem mißfallen gantz
hoch-bedauerlichen vernemmen, bezeugt es auch die tägliche erfahrung und vor äugen
liegende, ja selbst redende laidige der sachen beschaffenheit, wie daß der vorgesteckte
zweck solch unserer christ-fürstlich geführten intention biß dato gar nicht erreichet,
9
Die Überlieferung ist auf zahlreiche Standorte verteilt. Hier das Exemplar aus: UB Augsburg, 02/XII.3.2.42
angeb. 14.
520
Die weltlichen Staaten
sondern vilmehr obangeregte, unsere wol-verfaste satz- und Ordnungen, auch ergangenen befelch und general außschreiben von dem mehrern und grössern theil fast gäntzlichen in den wind geschlagen, ja dergestalten hoch-sträflicher weise ausser äugen gesetzt worden seyen, daß an statt verhoffter besserung, bekehrung zu Gott und anstellung
eines christlichen, Gott wolgefälligen lebens und wandels, dargegen alle untugend, sünd
und laster, besonders aber die entheiligung deren zum dienst Gottes gewidmeten hochheiligen fest-, sonn- und feyertägen, das grausame und ruchlose schwören und fluchen,
der allzu sehr übermachte kleider pracht, die ohnmässige ubermaß bey hochzeiten, gastereyen und andern zusammenkiinfften, theils orten auch bey tauff-suppen und kindbetterin-mählern, sampt anderer schier ohnzalbahrer üppig- und leichtfertigkeit, eine
schon geraume zeithero in vollem schwang daher gehen, ja gleichsam von tag zu tag je
länger je mehr, ohne einige reu oder scheu furbrechen und einreissen wollen.
Wann aber durch dergleichen ohnordenlich-, zerrüttet- und sündhafftiges wesen und
leben Gott zu ernstem zorn gereitzet würdet und darauff bey disen ohne das so höchst
gefahrlichen Zeiten und läufften anderster nichts, dann allerhand zeitliche und greuliche
straffen und plagen, ja zu letzt das ewige verderben erfolgen kan und muß: Dannenhero
uns als einer christlichen obrigkeit, sowohlen tragenden hohen ampts wegen als auch
auß lands fürstlich- und vätterlicher vorsorg und gnädigster affection gegen unsern von
Gott anvertrautn underthanen auff mittel und weg, wie durch ernstliche abschaffung
erzehlter so hauffenweiß eingerissener laster und einiste anrichtung eines beständigen
guten policey-wesens dem obhandenen Unglück, so vil an uns ist begegnet, der vor äugen schwebenden gefahr entgangen und also Gottes gerechter feur-brennender zorn abgewendet werden möchte, zu gedencken gebühren und billich obgelegen sein seyn wollen. Als haben wir zu solchem ende dises abermahlig erneuerte general außschreiben
ergehen und in truck verfertigen zu lassen fiir eine hohe, ohnumbgängliche notturfft ermessen und gehalten.
Wollen demnach eingangs und zum forderisten, so wolen ob angeregt unsere landsordnung als auch alle die seithero darauff gegründete, die abstellung eines und deß andern von obgezehlten lästern, bevorab die entheiligung der sonn- und feyertägen, wie
nicht weniger das gottlose fluchen und schwören betreffende befelch, sonderlich das
erst erwehnter sonn- und feyertäge entheiligung halber den 27. septembris dises furlauffendenjahrs, ingleichem die in annis 1639 den 5.ten martii und 1642 den29. julii, hierunder in truck außgelassene general mandata, sampt denen darinnen angesetzen geltthurn- und andern straffen, ins gemein und insonderheit hierhero erholt, von neuem
confirmirt und euch unsern beampten, bey Vermeidung unserer schweren ungnad, auch
ohnbeliebig exemplarischen einsehens künfftig mit mehrerem fleiß und grösserer Sorgfalt als bißhero geschehen, darob und insonderheit ob dem fol. 187 in der landsordnung
von gotts-lästerern enthaltenen 89 tit. zu halten, alles ernsts nochmalen gnädigst anbefohlen, vornemlich aber in erwegung, daß villeicht bey ein und anderer amptlichen
registratur oder stattschreiberey obangeregte beede in annis 1639 und 1642 getruckte
general mandata sich bey einlangung dises nicht aller orten finden dörfften, auß denen-
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selben und mehrerer gewißheit willen nachfolgendes zu desto nachtrucksamerer Observanz hiehero auffs neu eingerucket haben, daß du der vogt neben deinen undergebenen
ampts-schultheissen, auch burgermeistern und gericht aller orten wegen dessen je mehr
und mehr über hand nehmenden lasters der hoch-verdamlichen gottslästerung, fluchens
und schwerens, etliche gewisse personen verordnen sollest, die auff offenen marcktägen
under der metzig, weinschenck und Wirtshäusern, brodlauben und sonsten ihre fleissige
auffacht zu haben, und den- oder dieselbe lästerer und flucher dir alsbald namhafft
zumachen, damit du hernachmals solche verbrechere, wer die auch seyn mögen, so sich
über dem laster deß fluchens und schwörens insonderheit betretten lassen werden, für
das erstemahl fünffzehen, das andermal dreyssig, das drittemal viertzig fünff kreutzer
und das viertemal einen gantzen gulden zur straff ohnnachlässig erstatten, hingegen das
junge gesindlein öffentlich durch die büttel mit ruthen züchtigen und diejenige, so auß
obliegender armuth solche gelt-straff zu erlegen nicht vermöchten, jegliches orth eines
guldens einen tag und nacht auff aigenen costen, doch nur mit wasser und brod versorget, im thurn abbüssen lassen. Die wieder Gott und alle drey personen der gottheit
oder die heilige sacramenta von einem und andern außstossende freventliche läster-wort
aber, als welche wir uns zu justifie iren und gebührend abzustraffen hiermit allein vorbehalten, zu unserer fernem gnädigsten Verordnung, mit guten umbständen zum furstL
obern-rath underthänigst berichten könnest. Was nun an straff-geltern gefallet und
einkommet, daß soll alsobalden zu dem armen oder heiligen kästen geliefert, auch eine
sonderbahre rubric in der rechnung darüber gehalten und solche gelter zu deß heiligen
besten nutzlich angewendet werden.//
Solte auch einer oder der andere von solchem fluchen und schwören noch nicht
ablassen, sondern in solch seiner bösen gewonheit oder auß vorsätzlichem muthwillen
ferner beharrlich fortsetzen und also das fünffte mal ergriffen werden, so befehlen wir
hiemit, daß du der vogt den oder dieselbe alsobalden in den thurn stecken und darauff
diß sein vilfaltig fluchen und schwören mit allen umbständen zu unser cantzley underthänigst berichten und was du gegen ihme solcher atrocität und widerspänstigkeit halber
mit fernerer exemplarischer unnachläßlicher straff vorzunemmen bescheids erwarten
sollest.//
Und damit dise unsere zur ehre Gottes abwendung schwerer straff von unsern underthanen, land und leuthen folgends dero zeitlich und ewigen wolfahrt angesehene, gnädigste intention desto besser und ehender erreichet werden möge, obwolen einem jeden
gottliebenden menschen von selbsten angelegen seyn solte, auch an seinem orth alle
befurderung hierinnen zu thun und über das diejenige, so dergleichen gottslästerung
hören oder in ihren häusern wissentlich gedulden aber darzu stillschweigen und solches
der obrigkeit nicht anzeigen oder eröffnen, zu dem sie sich als mitverhänger der gottslästerung damit gegen Gott schwerlich verschulden, von der obrigkeit, nach gestalt der
sachen, zu straffen in deß h. reichs policey-ordnung außtruckenlich gebotten, so balden
er dergleichen gottslästerung, fluchen und schwören vernommen gehöriger orthen (welches keines wegs der gemeinen einbildung nach an ehren verkleinerlich, sondern viel-
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Die weltlichen
Staaten
mehr ein anzeig christlichen löblichen eivers zu erhaltung der ehre Gottes und seinen
nächsten vom ewigen verderben zu erretten) anzubringen schuldig, so sollest jedoch du
der vogt daran seyn und gewisse personen in geheim bestellen, welche aller orthen und
enden, so vil immer müglich, fleissig und genaue auffinerck haben und erkundigung
einziehen, wa und von weme mehrberührte gottslästerung, fluchen und schwören gehört
worden, solches gleich alsbalden anzeigen und alsdann obgesetzter massen mit dem
Verbrecher verfahren, benebens dem anbringer, welcher nicht vermehret oder offenbaret
werden solle, den einen dritten theil gefallender straff zu einer recompensfatio] widerfahren lassen.
Anlangend insonderheit aber den übermachten kleider-pracht und grosse uberflüssigkeit bey hochzeiten und andern gastereyen, weilen solche beede laster heut zu tag gar zu
gemein werden und fast bey allen ständen allzu weit einreissen und über hand nemmen
wollen, so haben wir theils umb grössern nachtrucks, theils aber auch mehrerer erläuterung willen der vorigen rescripten, hierunder eine abermahlige, gleichsam newe und
gemessene Verordnung zu thun für nöthig befunden; und uns dannenhero in beeden
stucken dergestalten gnädigst und wolbedächtlich resolviert, allermassen in mehrerm
underschiedlich hernach folget.
Und zwar anfanglichen zu der kleider-ordnung zu schreiten, so setzen und befehlen
wir, daß der gemeine bauers-mann und arbeits leut oder taglöhner in Städten und dörffern bey deren, in offt angezogener unserer lands-ordnung, fol. 221 & seq. befindenden
disposition, so fern verbleiben, daß sie nemblichen, welche sonsten nicht wie gebräuchig sich in leder, zwilch oder leinin tuch kleiden wollen, keine andere zeug oder tücher, als gemeine und schlechte einländische zu hosen gebrauchen und darbey ein barchetin wammes, doch keinerley gold, silber oder seydin tragen, nicht weniger in den
cram-läden keine frembde hüt mehr erkauffen, sondern an denen hieländischen sich begnügen, auch keine schuch mit absätzen künfftig weiter machen lassen, deßgleichn
ihren weibern und kindern darüber ebenmässig zu gehen nicht zu gestatten, forderisten
aber verguldete und silberne gürteln, auch alle ander gold, silber und seydin gewand ihnen hiemit verbotten seyn solle, welches alles zwar weilen und gnugsam bekandt, daß
unsere underthonen grossesten theils armuth halben solche pracht nicht treiben können,
allein auff die noch umb etwas vermögenlichere burger, bauern und ihre weib und kinder, so mit dergleichen ihnen nicht gebührender kleidung und geschmuck jetzo oder ins
künfftig unsere lands- und dise erneuerte policey-ordnung überschreiten wolten, gemeint und verstanden wird. Doch mögen ihre ledige töchtern ein haarbändel und gürtel
von seydin tragen. Darzu sollen auch sie die weiber keine andere dann nur schlechte
beltz von lämmern, geißen und dergleichen geringen futtern, alles ohnverbrämbt antragen und machen lassen.
Ferner so verordnen wir, daß die geringe burger, handwercker, krämer und andere
gemeine innwohner in Städten sampt den ihrigen nichtzit von silber oder seydin, weniger gold, perlen (sie seyen gleich gut oder falsch) oder sammet, sondern allein schlechte
bürgerliche, ohn einige seydene spitz außgemachte, gemeine, geringe, ohnverbrämbte
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und ausserhalb der tücher (so wir ihnen bey den Meichsnern oder sonsten umb ein gulden biß höchst einen königischen thaler zu erkauffen hiermit vergont haben wollen) nur
innländische zeug und tücher oder leder antragen, sich auch neben ihren weibern und
kindern an rauchen von fuchsen, lämmern und dergleichen geringen innländischen
filtern benügen lassen, insonderheit aber dero weiber und töchtern keine kappen oder
hüt über höchstens sechs guldin werth künfftig mehr tragen, auch alles stattlichen beltzwercks, als zobel, marter, jennet und außländischer otter, so dann aller spitz- auch böhmischer oder kübelhüt, wie sie namen haben mögen (es wäre dann sach, daß irgend ein
spitzhut nicht höher, dann etwan sechs guldin an gelt käme) sich gäntzlichen enthalten
und allein der bodenhüt sich behelffen, ingleichem keine andere weiber-beltz als welche
neben einer schlechten biege allein mit einer einigen schnür außgemacht und nicht höher am gelt als etwan von sechs, siben oder höchst zehen gulden sich belauffen gebrauchen, so dann ihre krägen nicht (wie bißhero geschehen) allzulang und hochgelöchert
noch mit spitzen, (es wären dann gar schlechte und geringe) wie auch keine kostbare als
allein schwartze glässerne oder nur von kleinen corallen von etwan zwey oder höchst
drey schnüren gefaste noster, weniger perlin, sie seyen gleich gut oder falsch, und zwar
ohne anhangenden goldstucken, kleinodien und dergleichen umb den hals, umb die
hände aber gar nichts. Deßgleichen ihre töchtern keine silberne haarrnadeln noch silberne oder auch köstliche atlasband, sie seyen gleich groß oder klein, auff dem köpf
tragen. Hingegen aber sowolen den weibern als töchtern einfache seidene brämung einer gürtel oder borten umb den leib, wie auch den töchtern ein sammetin haarbändel mit
schlechtem silber gestickt neben gemeinen seidenen bändeln erlaubt seyn sollen.
Weiters so ist unser befelch hiermit, daß die handwercks-knecht und gesellen, welche in unserm hertzogthumb und landen daheimden seyn oder darinnen beständig zu
verbleiben gedencken, kein gold, silber oder seiden tragen und sich auch sonsten, wie
jetzo von denen handwerckern und gemeinen burgern in Städten mit mehrerm ist vermeldt worden, in kleidern verhalten sollen. Nicht weniger sollen auch die dienstmägd
und ehehalten, welche umb den lohn dienen, item die näherin, wirckerin, krößlerin und
dergleichen ledigen stands personen ebener massen alles golds und silbers, es seye
gleich gut oder falsch, wie auch gantzer und unvermengter seidener zeug sich enthalten,
so dann keine verbrämbte sondern nur schlechte kappen und hüt, nicht über vier oder
fünff gulden werth, auch gantz keine corallen, granätlin oder andere stein, weder gut
noch falsch, mit oder ohne anhangenden gold- oder silberstucken, weder umb den halß
noch die hände, deßgleichen keine gestepte oder verbrämbte schuh, leibfarbe, rothe oder
sonsten hoher färben gestrickte strimpff, silberne oder mit gold und silber durchzogene,
noch auch daffetene oder attlaßband, weder auff dem kopff noch umb den leib, auch
keine mieder von kostbarem zeug oder allzu überflüssig verbrämbt, noch gollerbüblein
mit seyden genähet, künfftig mehr haben und antragen! Und dann im übrigen, wie
nächst hieoben bey den gemeinen burgers- weiber und töchtern mit mehrern umbständen angeditten, sich erzeigen und verhalten.
Wir wollen auch wegen der erbarn burgern in Städten, so zu gericht und rath oder an-
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Die weltlichen Staaten
dem ehrlichen aemptern gezogen und gebraucht werden, wie nicht weniger der buchdrucker, kauff- und handelsleuthen, auch apotheckern und goldarbeitern sambt ihrer
weiber und kinder halber hiemit noch ferner gnädigst verordnet haben, daß selbige vordrist deß samets, damasts und attlaß, wie nicht weniger deß scharlatins und scharge de
Londra, auch anderer frembder so kostbarer zeug, so dann der gantz seidenen oder mit
gold, silber oder kostbaren, seidenen spitzen außgemachter kleider, rocken und mänteln,
item der stattlichen beltzinin futtern von madern und dergleichen, so dann der köstlichen manns-hütten und beltzkappen von vorgemelten brämen sich enthalten und bemüssigen. Hergegen von außländischen tüchern zu ihrer kleidung kein theurers, als umb
drey, vierdthalben, vier- oder höchst funffthalben gulden erkauffen. Insonderheit aber
die weiber und töchtern keine höhere dann fahene beltzine futter: deßgleichen keine kübel- oder böhmische- sonder nur spitzhütte und zwar garnicht von köstlichen otter oder
über acht biß höchstens zehen gulden werth, nicht weniger auch einige thewrere silberne gürteln, als ebenmässig umb zehen gulden oder nach beschaffenheit der personen
und aempter höchst auff funffzehen gulden im geringsten aber keine vergulte gürteln, so
dann keine silberne hafften und kettelin an den mieder, weniger aber gantz güldene oder
silberne, mit gutem oder schlechtem geflieder, sondern allein mit seiden durchzogene
haarhauben auff- und anhaben, gebrauchen oder tr[a]gen sollen.
So vil auch unsere vögt, keller, Verwalter, pfleger und ander beampte, so nicht vom
adel seynd, auch burgermeister in Städten betreffen thut, wollen wir, daß selbige auffs
höchst halb seydene zeug, und dero weiber zu einem ehren-kleid daffet gebrauchen,
auch güldene ring und coralline nuster antragen mögen, hiermit gnädigst erlaubt, grosse
silberne oder güldene gesponnene knöpf, gallonen, spitz und dergleichen aber, wie auch
absonderlich den weibern güldene armband und halß-kettelin, item köstliches beltzwerck von zobeln, in[d]ianischen ottern oder dergleichen an dero spitzhüten, wie auch
runde schöß, sammetin mützlin, halstücher, Franckfurter häublein zu tragen gäntzlich
abgestrickt und verbotten haben.
Endlichen bey denen statt- und gericht-schreibern lassen wir geschehen, daß selbige,
wie auch die andere gemeine, so wol bey den ambtleuten und stattschreibern, als sonsten in Städten sich auffhaltende Schreiber in dero kleidungen denen jenigen erbarn personen, so zu gericht und rath gezogen und erwöhlet werden, sich gleich halten und tragen mögen.
Und dises wäre also so vil die zeug und materialien anbelangt und was nämblichen
einem und andern unserer underthonen, dessen beruff, stand und würden nach zu tragen
erlaubt oder verbotten seyn solle, unsere von newem übersehene und verbesserte kleiderordnung. Demnach aber auch in form der kleidungen nicht geringe fehler und Unordnungen furlauffen, sondern fast der meiste pracht darinnen bestehet und die grosseste
ubermaß und Üppigkeit darmit getriben würdet, so setzen und gebieten wir hiermit noch
ferner gantz ernstlich und wollen, daß bey Vermeidung unaußbleiblicher straff der neuen
frembden und außländischen, theils kostbaren, theils aber auch ärgerlichen manieren in
kleidern, so heut zu tags bey alten und jungen, reichen und armen allzu sehr eingerissen
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und gar über hand genommen, unsere underthanen, sampt den ihrigen, sich allerdings
bemüssigen und enthalten, herentgegen an der alten und erbaren teutschen tracht begnügen lassen, insonderheit aber der gerichts- und raths-verwandten weiber, wie auch daß
andere bürgerliche weibervolck die hiebevor im gebrauch gewesene, dermahlen fast gar
in abgang gerathene kutten oder kirchen-schauben in besuchung der predigten und anhörung göttlichen worts, auch begleitung der kinds-täuffinnen und bey empfahung deß
heiligen hochwürdigen abendmals furterhin widerumg anlegen und tragen sollen.
Dieweilen aber an der execution und handhabung dergleichen Ordnungen daß meiste, ja gleichsamb alles gelegen seyn will, so haben wir dise unsere revidirte neue kleider-ordnung nicht allein durch öffentlichen truck zu männigliches nachricht hiermit
publiciren lassen wollen, sondern ist benebens auch unser gnädigster, zumahlen gantz
ernstlicher befelch, will und meinung, daß forderist ihr unsere beampte, denen der stab
in gnaden anvertrauet ist, ob allen und jeden vorgesetzten puncten bey euren pflichten
und eyden, damit ihr uns bey gethon seyd, auch Vermeidung ohnnachlässigen scharpffen
einsehens künfftig mit allem ernst steiff und fest halten; und zu solchem end ein, zwey
oder drey, je nach beschaffenheit deß orts, redliche und gewissenhafte, entweder ausser
dem gerichts- und raths mittel oder von der gemeinen burgerschafft genommene
bidermänner neben euren verpflichten ampts-dienern zu aufftnerckern bestellen und
also auff die uberfahrere fleissige achtung geben und euch anzeigen lassen, nicht
weniger auch jedes orts geistliche, so wolen für sich als durch ihre meßner oder wo
deren keine bestellet durch diejenige schulmeister, so dergleichen meßnerey versehen
und andere, ebenmässige auffsicht zu tragen und unsern beampten hiervon gleicher gestalten behörige nachricht zu geben gehalten seyn. Ihr die beampte aber, von einer oder
der andern auch dergestalten angebrachten, überwiesenen oder eurem ampts-staab undergebenen, es seyen gleich manns- oder weibs-personen, nach deren vorherig gnugsamer verhör und der sach rechter erkundigung, daß in solch unserer Ordnung verbottene
und entweder in der materi oder form nicht zugelassene kleid, es seye nur ein oder mehr
stuck, alsobalden auß dem hauß mit ernst abfordern lassen, confisciren und wegnemmen, nachgehende uhrkundtlich verkauffen und von deme daraus erlösenden gelt fordrist dem anbringer (doch ohne einige meidung oder namhafftmachung desselben) den
vierten und die übrige drey theil uns gebührend verrechnen sollet.
Damit sich aber niemand einiger ubereilung zu beklagen haben möge, wollen wir
hiermit nach fürgangener diser unserer kleider-ordnung publication eines Vierteljahrs
frist bestimmet und erst auff solcher zeit verfliessung die execution wieder die ubertretter würcklich furgenommen haben, damit inmittelst jederman seine kleidungen darnach
anrichten und was ihm nicht zu tragen gebührt, anderwerts verkauffen oder verändern
könne. Dieweilen wir auch mit ungnädigstem mißfallen vernemmen, daß unter dem
weiber-volck nicht nur in hiesig unserer residentz-stadt Stuttgarten, sondern auch auff
dem land das haarlöck-tragen zimlich gemein und also zwischen adelichen- und theils
andern weibs-personen fast kein unterschied mehr gehalten werden wolle, so befehlen
wir hiemit auch dieser wegen weiter gnädigst, daß solch haarlöck-tragen ausser dem
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Die weltlichen Staaten
freyen reichs-adel gäntzlich und ohne ansehung der personen fur auß aller orthen abges t e l l t und nirgends mehr geduldet werden solle.
Was nun hierauff dene bey hochzeiten, auch andern gemeinen gastungen und zusammenkunfften vorgehenden grossem uberfluß, auch sonsten noch andere hierbey eingerissene mißbräuch und ubelstand und deren abstellung betreffen thut, so setzen, ordnen
und befehlen wir hiermit, daß forderist zwar denen eheleuten zu ehren mit ihnen in die
kirchen zu gehen und dem einsegnen beyzuwohnen niemand verbotten, sondern erlaupt
seyn. Herentgegen zu denen anstellenden mahlzeiten über die in unserer außgekündten
landsordnung fol. 213, so wolen in auff- und absteigender als auch besitzer linien bereits specificè benambste, von andern weitem befreundten und verschwägerten oder
auch frembden leuten, mehr nicht, dann etwan auffs höchste sechzehen personen (es
wäre dann sach, daß irgend ein frembde, wolangesehene person, welche gar kein
freundschafft hätte, im land sich heurathlichen einlassen und darinnen hochzeit halten
würde, da dann auff unterthänigstes ansuchen dißfalls zu dispensieren und über solche
anzahl was mehrers zu erlauben wir uns hiemit vorbehalten. Sonsten und in allen
andern fallen aber umb einige dispensation hierunder supplicando einzukommen außtruckenlich verbotten haben wollen) bey straff vier gulden eingeladen. Zu solchem ende
auch ein paar tag vor der hochzeit durch den hochzeiter iedes orts amptmann oder
schultheissen, wa die hochzeit gehalten würdet, ein ordenliche verzeichnuß der eingeladenen gästen zugestellt, darauff von disen so wolen den andern als ersten hochzeittag
durch gewisse hierzu bestellte personen die gewonliche visitation vorgenommen, die
über obgesetzte anzahl vorhandene gäst fleissig auffgemerckt, dem ambtmann oder
schultheissen angezeigt und wegen jeder solcher zu vil befundenen personen von dem
hochzeiter über obige vier noch ein sonderer gulden zur straff eingezogen und verrechnet werden oder widrigen falls und da auß fahrlässigkeit deß ambtmanns oder schultheissen oder auch der verordneten inspectorum, diß orths etwas zuruck bleiben und
nachgehende anderer gestalten offenbar würde, der oder dieselbe neben dem hochzeiter
gleichmässige straff verwürckt haben sollen.
Ferner so wollen und gebietten wir auch, daß flirterhin keine hochzeit drey, vier oder
mehrere tag lang, weniger eine gantze wochen hindurch (wie etwan bißhero bechehen)
sondern in allem nur einig und allein zween tag über wären und jedes tags mehr nicht,
dann nur ein einige öffentliche malzeit angestellt und gehalten, von dem wirth auch
gleich praecisè mittags umb 12 uhren angerichtet und umb 4 oder höchst 5 uhren die
tisch wider auffgehebt, ingleichem das gesind nicht allzuspäth abgespeisst, weniger das
tantzen zu lang in die nacht continuirt, sondern abends zu winters zeit umb 9 und
sommers zeit umb 10 uhren damit auffgehört und umb solche zeit die raths-, wirthsoder andere hierzu gewidmete häuser gäntzlich quittirt und geraumbt werden sollen,
alles bey straff zehen gulden, sowolen von dem wirth als dem hochzeiter, da hierwider
in einen oder andern weg gehandelt würde, unfehlbar zu erlegen. Doch wollen wir dene
sonst üblichen und hergebrachten gebrauch, daß nämlich morgens vor dem kirchgang
neben der suppen und brod auch wein und fleisch auffgesetzt und verspeist werden
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möge, hierdurch zwar nicht gäntzlichen abgethan, darbey jeoch ernstlich befohlen
haben, daß niemand bey dergleichen frühstucken sich zu vil anfüllen, weniger truncken
in die predig kommen solle. So lassen wir auch geschehen, daß die frembde hochzeitgäst so wolen bey der ankunfft als vor ihrer abreiß von dem hochzeiter in seiner oder
der seinigen behausung accommodirt und gespeisst werden mögen.//
*
So vil aber die speisen und tractamenten an und fur sich selbsten bey hochzeiten berühren thut, weilen in disem stuck nicht nur ein uberfluß, sondern zumahlen auch allzu
grosse köstligkeit zu befinden ist, in deme es heut zu tage dahin gekommen, daß auch
bey geringer burgers- und bauers leuthen anstellenden hochzeiten mit zimblichen speisen man nicht mehr vergnüget seyn will sondern von allerhand stattlichen trachten und
sonderbarem wildbret, als hasen, reheschlägeln und dergleichen, nicht weniger von
Welschen hanen und anderm köstlichen geflügel, auch von mancherley herrlichen pasteten und dorten die fülle vorhanden seyn muß, auch wircklich auffgesetzt und verspeisst werden, so setzen und befehlen wir hiemit noch weiter gantz ernstlich, daß flirterhin bey dergleichen hochzeitmalen ein bawersmann oder gemeiner burger mehrers
und weiters nicht dann funff, die erbare und vermögliche burger aber von sechs biß
acht, so dann diejenige, welche zu gnädigster herrschaffi oder gemeiner städte vornämsten aembtern gebraucht und gezogen werden, von acht biß in zehen gerichte auffsetzen
mögen: hiervon aber bey vorgemelter bauren- und gemeiner burger-höchzeiten und gastungen obspecificierte köstliche stuck außgenommen und sonderlich denen gemeinen
leuten, wie auch die mit zusammentrag- und Vorstellung etlich unterschidlicher speisen
in einer schüssel und under einerley tracht bißhero jederweilen gebrauchte gefahrdt
hiermit gäntzlichen verbotten seyn solle. Alles bey gleichmässiger straff von zehen
gulden, wie erst hieroben bey nächst vorhergehendem puncten in mehrerm angedeutet
worden. Weilen aber auch an die zahl- oder wirths-hochzeiten, wegen underschied der
orten ohn gleichheit der Zeiten und dannenhero entstehender wolfeile oder theurung der
victualien eine durchgehende gleiche und gewisse taxam der mahlzeiten halber zu
machen schlechter dingen ohnmüglich, als wollen wir euch vögten, burgermeistern und
gericht jeder orten solche Verrichtung hiermit heimbgewiesen, darbey aber ernstlich
eingebunden haben, umbdahin zu trachten, daß von den wirten hierunder kein ubermaß
gebraucht, sondern fordrist wo müglich brod und wein absonderlich angeschrieben und
bezahlt, so dann auch der speisung halber die zech auff die billich- und erträglichkeit
gestellet werden möge.
Nächst disem wollen und gebieten wir auch nochmahlen ernstlich, daß in krafft
unserer außgekündeten lands-ordnung, fol. 216, niemand ohngeladener auffhochzeiten
zu der schenckin gehen, weniger dessenthalben von einem flecken in den andern lauffen, noch under dem schein, als ob es auff eigenen pfennig geschehen thäte, allda zehren solle, bey straff von je der person, so hierwider handelt 1 fl und vom bräutigam, der
hierzu essen und trincken hergeben würde, funff gulden, es wäre dann sach, daß solche
personen, welche also zu der schenckin kämen, dem hochzeiter oder der hochzeiterin
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Die weltlichen Staaten
mit freundschafft zugetahn wären, denen dergleichen dann, doch ohne gefáhrd, zu thun
erlaubt seyn solle.
Die sonn- und feyertags-hochzeiten sollen zwar auch ins künfftig nicht abgethan
seyn, noch die deßwegen begehrende einsegnungen versagt, darbey aber die in unserer
lands-ordnung diet. fol. 216 fìirgeschribene form und sonderlich, was das verbottene
öffentliche spiel und tantzen betrifft, in guter obacht gehalten, wie ingleichem auch
andere täntz an sonn- und feyertägen anderer gestalt nicht, als je zu zeiten mit Verordnung eines gewissenhafften fleissigen obmanns und bestimmung gewisser stunden, gar
aber nicht bis zu einbrechender nacht gestattet, weniger dem jungen gesind, von gesellen und töchtern, knechten und mägden an solchen tägen auß unsern Städten und flecken in andere umbligende, besonders aber außländische und unserer obrigkeit nicht
unterworffene orth, über feld zu lauffen, daselbsten zu dantzen, zu zehren, zu spilen und
am hinauß- und widerziehen ihren muthwillen zu treiben, zugelassen werden, dafern
aber je zu gewohnlicher zeit eine hochzeit gehalten und also ein ehrlicher tantz von
selbsten nicht verwehrt seyn oder auch von unsern ambtleuthen nach gelegenheit oder
gestalt der sachen einer erbaren gesellschaft der jugend ehren-täntz zu halten erlaubt
würde, so sollen doch in dergleichen fallen unsere amtleuth die Verordnung thun, daß
alles mit guter zucht daher gehe, hergegen das ohnziemlich und ungeschickte springen,
verdrehen, herumber-werffen, schreyen und andere ungebühr gäntzlich abgeschafft
werde und vermitten bleibe, alles mehrern innhalts offt angezogener unserer lands-ordnung fol. 217 und bey Vermeidung deren daselbst auff die ubertrettere gesetzter straffen.
Belangend nun die gemeine gastungen und bey verlöbnussen oder andern dergleichen ehrlichen zusammenkunfften anstellende mahlzeiten, so wollen wir deren darbey
aufftragenden tractamenten und speisen halber, was sowolen die anzahl derselben als
den unterschied der personen betreffen thut, unsere hieroben bey denen hochzeitten in
disem paß gemachte Verordnung hiehero erholt und mit ernst daron gehalten, herentgegen dene, mit tauff-suppen und kindbetterin-mählern bißhero theils orten im land verderblich, unnütz- und überflüsiger weiß auffgewendten kosten hiermit gäntzlich abgeschafft und verbotten haben, jedoch mit diesem underschied, daß wofern etwan eine
schwangere frau zu zeit ihrer noth und in der geburt etliche andere weiber zu ihr zukommen erfordern lassen würde, solchen frauen personen und mehrern nicht nach der
kindbeth ein zimblich mahl, doch nicht über vier oder fünff essen, bey verlust eines guldens so offt hierwider gehandelt wird, zugeben und zuzurichten, ihro wol erlaupt seyn
solle, allermassen dann auch in vil berührt unserer außgekündten lands-ordnung fol. 218
hiervon vorhin schon ebenmässig klärlich genug disponirt zu befinden ist.
Und weilen wir auch zum beschluß bey denen gevatterschafften disen eingerissenen
grossen mißbrauch befinden, daß heut zu tag fast männiglich, ja auch gar schlechte und
geringe leuth an zweyen gevattern auff einmal und zu einem kind nicht mehr begnügt
seyn, sondern hierzu in vier biß sechs oder noch wol mehrere personen erbetten und
also die maaß gar überschreiten thun, wir aber dergleichen ubelstand und vortheilhafftiges beginnen ferner weit also zu gedulden keines wegs gemeinet, so gebieten wir hier-
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mit gantz ernstlich und wollen, daß bey Vermeidung ohnaußbleiblicher thurn- oder geltstraff niemand, was stands und wesens der auch seye, ins künfftig weiter mehr dann
zwey und nämblichen eine manns- und eine weibs-person oder auff das höchste drey
personen zu eines kinds gevatterschafft gewinnen und erbitten solle.
Dessen allen und jeden beschicht unser zuverlässiger endlicher will und meinung,
gestalten, dann hiernoch sich männiglich zu richten und vor gebührender straff zuhüten
wissen wird.
*
Geben und geschehen in unserer residentz-stadt Stuttgarten, den achten monats tag
octobris, nach christi unsers herrn und einigen heilands gnadenreicher geburt gezehlt
sechzehen hundert sechtzig.// Ad speciale mandatum serenissimi domini ducis.
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Die weltlichen
Staaten
2. Die Reichsritterschaft (Kanton Donau)
Nr. 21: Harthausen, v. Riedheim'sche Adelsherrschaft:
„Neu-Auffgerichte Policey-Ordnung" vom 11. 11. 172310
Neu-Auffgerichte Policey-Ordnung von Marquard Antoni Freyherr von Riedheim,
Herr zu Harthausen, Rettenbach, Rembshart, Eichenhoven, Kaltenburg und Stetten,
Der Roem. Kayserl. Majest. Rath, dann seiner Churkuerstl. Durchl. in Bayren Cammerer auch ohnmittelbarer Freyer Reichs Ritterschafft in Schwaben: Viertels an der
Donau Ritter-Rath, und Außschuß etc. Auffgerichtet Anno 1723. Dillingen, Gedruckt
in der Bencardischen Buchdruckerey.//
*
Ich Marquard Antoni Freyherr von Riedheim gebe hiemit allen meinen unterthanen,
und hintersaessen zu bemeltem Harthausen, Rettenbach, Rembshart, Kaltenberg und
Eichenhoven, krafft dises zu vernehmen, welcher massen eine geraume zeit hero von
so vilen vnordnungen, auch allerhand vbels welche in meinen benambsten dorffschafften, vorbeygangen, und fast noch taeglich im schwung gehen, mißfaellig vernemmen
muessen. Dahero und daß solche kuenfftig nit allein gaentzlichen abgethan: Sondern
gute sitten, erbarkeit, fried, ruhe, und gehorsame treu eingepflantzt werde. Habe dise
gegenwaertige policey und Satzungen, welche den jetzigen Zeiten gantz aehnlich, und
zur aufferbaeulichkeit gereichen, auch auß alten Ordnung gezogen und verbessert worden, zusamen tragen, und hiemit maenniglich verkuenden lassen wollen, auff daß ein
jeder bey vermeydung der herrschafft schwaerer vngnad und straff denenselben gehorsamblich nachleben, und das geringste nicht darueber handien, noch thun moegen, und
sollen, an sonsten sie sambtlichen vnterthanen, vermittelst deß darauff gegebenen
handgeluebts, all dem jenigen was hier von puncten zu puncten eingeschriben, und
einverleibet ist, fleissig und ohnwaigerlich nachzukommen, aller hierinn enthaltener
straff ohne weitteren nachlaß wuercklich subject und unterwuerffig gemacht haben,
und bestehen solche in nachfolgenden.//
1. Bey publicierung diser policey-ordnung soll keiner abweichen, sondern
alle bey einander bleiben
Wann dann die gantze gemeindt alt- und junge unterthanen und gehaeuseter beysammen versammlet seyn werden, sollen sie bey einander bleiben, und nit von einan10
SchloßA Harthausen (Freiherren v. Riedheim), Lit. 23 a (Druckschrift). Exemplare ritterschaftlicher
Policeyordnungen, die in Druck gingen, sind relativ selten geblieben.
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der weichen, so lang und vil biß folgendes der gantzen gemeindt, von einer obrigkeit,
laut und deutlichen dise Ordnung, Gott und verbott, auch erklaerung der frevel und
straffen öffentlichen verkuendigt und vorgelesen worden, bey straff zwey pfundt
heller.//
2. Glaub: und kirch
Sollen alle die, so bey der Ordnung der heiligen catholischen kirchen gebohren, und
auff selbe kommen, darbey bleiben, und derselben nachsetzen, auch nichts nit darwider
handien, oder thun, bey der herrschafft unaußbleibender schwaeren straff.//
3. Unter dem gottsdienst mit kauffen, und verkauffen
Welcher, oder welche an sonn- und feyrtaegen unter dem gottsdienst mit kauffen, oder
verkauffen sonderheitlichen deß brandtweins umbgehen, und die leuth vom gottsdienst
abhalten, denen soll solche waar nicht allein hinweg genommen, sondern der kaeuffer,
und verkaeuffer wie auch der jenige, so unter gemeltem gottsdienst solchen brandtwein, oder anders tranck aufftragen oder außschencken, umb ein pfundt heller gestrafft
werden.//
4. Es solle keiner, oder keine an denen sonn- feyr: heil, apostel und hochen
vier festen ohne nothwendige arbeit verrichten
Nachdeme nicht allein an gemeinen feyrtaegen sondern auch an heiligen apostéis, und
so gar an hochen vier festen, es bey den leuthen dahin kommen, daß sie nicht allein an
selbigen bachen, waeschen herauß hencken, waeschlaugen, außruehren, schmaltz-außsieden, sondern an denselben auch gleich nach dem mittagessen, und so bald man auß
der kirchen kommt, segessen und strohmesser denglen, auch auff- und abladen heu,
omath, ftuechten, holtz und anderes fuehren, auch andere ohne nothwendige geschaeffte mehr verrichten, weil dann dises nicht allein wider die gebott Gottes sondern auch
allhiesiger herrschafft lauffet, beynebens vor durchreysende frembde personen aergerlich, vor die jnnwohner aber selbsten schimpfïlich, und verkleinerlichen ist, und sich
auch der geistliche offtermahlen auff der cantzel beklagt, damit nur aber diser unordnung und unheyl vorzukommen und abzuschaffen. Als ist der herrschafftl: ernstlicher
will, meinung und befelch, daß sich jedermaenniglich in disen dorffschafften, es seyen
unterthanen, gehaeuseter, oder dienstbotten vor dergleichen oberzehlten geschaefften
gaentzlichen enthalten, und bemuessigen; da aber ein als andere persohn, an ermelten
verbottenen taegen, dergleichen arbeit ferners ueben, treiben und freventlichen voll-
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Die weltlichen
Staaten
ziehen wurde, der oder dieselbe sollen mit allem ernst da sie betretten umb zwey
pfiindt heller oder auch befindender umbstaenden nach noch hoecher gestrafft, und
hierinnen gantz keine gnad ertheilt werden.//
5. Kinder und ehehalten in kirchen und kirchenlehr gehen
Soll vatter und mutter auch meisterschafften dahin verbunden und angewisen seyn, ihre
kinder, auch ehehalten, von allem aergerlichen und unzuechtigen leben abzuhalten,
hingegen zu aller gottsfurcht zu ziehen, und sich dahin befleissen, daß solche fleissig in
die kirchen, und kinderlehr gehen, dann ein jeder an welchem dergleichen unfleiß hinkünfftig verspiihrt, oder wahr- genommen wuerdet, soll umb ein pf. heller gebuest werden, weilen nicht minder von den erwachsnen leuthen so wohl mann- als Weibspersonen die oefftere klag gehoert wird, daß sie auß nachlaessigkeit und saumsaal ihrer
eitern weder den druck noch geschribenes lesen, vil weniger das schreiben gelernet,
auch eben darumen jetziger zeiten kaum ein oder der andere unter der gemeindt mehr
außzufinden der zu dem burgermeister oder fuehrerambt tauglich ist, den trost so zu
weilen in lesung geistlicher buecher geschoepfft werden kunte zu geschweigen; als
werden die eitern hiermit ernstlich ermahnt, ihre kinder sonderlich die soehn fleissiger
in die schuel zuschicken, solche lesen, und theils schreiben lernen zu lassen, damit es
aber in zukunfft umb so gewisser geschehe, werden alle kinder, so zu dem schuel gehen tauglich seynd, von hauß zu hauß ordentlich auffgeschriben werden, wer nachgehende seine kinder so hierzu tauglich nicht schicket, soll und muß dem schulmeister
das Schulgeld je dannoch ohnwaigerlich geben, es solle hiermit alt und jungen leuthen
auch ehehalten, ernstlich befohlen seyn, daß sie in der kirchen und bey dem gottsdienst
ehrbar seyen, fleissig betten, und auffmercken, und nit mit allerhand bossen, lachen,
Üppigkeiten, gleichwie dermahlen absonderlich aber von denen jungen bursh auff der
pfarkirchen geschiehet, sich verspuehren lassen, solte solches der herrschafft von
herren pfarrern, oder jemands anderer klagbar vorgebracht werden, solle ein Verbrecher
umb zwey pfiindt heller gestrafft werden, solte es sich aber fuegen das nach dem
gottsdienst auff dem kirchhof oder vor der kirchenthuer, ein rauff, schlag, oder
schmaehhandel wurde vorbey gehen, sollen dergleichen frevler ein jeder vor 4. pfiindt
heller gestrafft seyn.//
6. Kinder und ehehalten zu rechter zeit zu hauß seyn sollen
Ferners sollen vatter und mutter, auch alle meisterschafften fleissiger auffsehen haben,
auff ihre kinder und ehehalten, daß selbe zu rechter zeit absonderlich zu naechtlicher
weil zu hauß seyn, auch das heimliche zusammen schlupffen, der knechten und maegden gaentzlichen unterbleibe, warauß nichts anders, als leichtfertigkeit, und unzucht, ja
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auch das entspringt, sonderlich wo zwey als deß knechts und der magd bethstatten in
einer kammer stehen, das bald nit mehr ein junges paar ehevolck zusammen kommt so
nicht schon vorhero ihr ehr- und jungfrauschafft verlohren haben, nebst deme das bey
solchen gelegenheiten und zusammenkunfften mehrest nur unzimliche gebaerden, und
aergerliche reden, außgeuebet werden, dahero dann solch alles moeglichist zu verhueten, und sonderlichen von denen haußvaettern dahin zu sehen, daß die ligerstatten der
ehehalten beederley geschlechts auff alle weiß von einander gesoendert werden, die
aber dises nicht beobachten, und darueber beschuldet werden, sollen umb drey pfirndt
heller gestrafft werden.//
7. Gottslaestern
Und dieweilen dann jetz und, das gottslaestern, bey den jungen leuthen und kindern
allerdings gemein worden, und so starck eingerissen hat, das allerdings keine gottsforcht, und ehrbarkeit, weder bey alten noch bey jungen erscheinen will, als ist der
herrschafft ernstliche meinung und befelch, daß die eitern ihre kinder von aergerlichen
gottslaestern, gottlosen weesen ab, und zu der forcht Gottes ziehen, dann wo die jugend
also muthwilliglich oder freventlichen schwoehren, und gottloses weesen fuehren solte,
dem solten seine eitern mit ernstlicher vaetterlicher straff und zuechtigung einer ruthen
steiren und abhelffen; solten aber die eitern ihrer jugend hierinnen kuentzlen, und
gleichsam ein Wohlgefallen hierab erzeigen und sehen lassen; als will dißfalls die herrschafft solche eitern, welche solcher gestalten schlimmer, als die jugend, hierumen mit
ernstlicher straff deß gehorsambs, die muettern aber, mit straff der geigen vornemmen
so lang biß man von obrigkeit wegen vergnueget.//
8. Straff verlohrener jungfrauschafft
Welches junge paar ehevolck dann nach sothaner verliehrung ihrer jungfraeulichen
ehren, betretten wurde, solle umb 20. gulden unablaeßlich, sie moege schwanger sein
oder nicht, das weibsbild auch, so sie noch darzu mit dem krantz in die kirchen gehen
wuerdet, mit noch 5. gulden mehrer straff angesehen werden, diejenige haußvaetter
und haußmuettern aber bey welchen dergleichen leichtfertigkeiten veruebet werden,
damit sie so wohl auff ihre kinder als ehehalten, und haußgenossene besser acht und
sorg tragen moegen, umb solches zu verhüten, sollen umb die helffte, das ist umb 10.
gulden gestrafft werden, worbey noch weiters zu erinneren, daß wann ein unterthans
kind in der frembden sich unehrlich verheyrathet, oder sich sonsten unehrlich aufffuehret, nach der hand aber sich in der herrschafft setzen will, soll solches demselben
nicht änderst verlaubet seyn, dann es gebe eine solche person zu ihrer abfindung zehen
gulden.//
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Die weltlichen Staaten
9. Gunckelhaeuser
Weilen durch die gunckelhaeuser all dises unweesen, und liederliches leben sich
mehristentheils ergibt, als sollen selbe hinfueran, und allezeit hoechlich, und dabey
ernstlich verbotten seyn, das kein haußvatter oder mutter dergleichen ohne vorherige
verguenstigung der gnaedigen herrschafft annemmen oder sich durch geschenck oder
andere mittel darzu bereden, vil weniger heimlich mit sambt den gesellen, wohl auch
mit spihlleuthen einlassen, solle der, oder die solches verbott verachten, ober ueberschreitten werden, sollen und zwar die es einlassen, umb 3. pfundt heller die buben,
und knecht und maegd aber zwey taeg mit wasser und brod in dem stock und geigen
nach der herrschafft gut befinden, unablaessig bestrafft werden.//
10. An keinem als gewohnlichen verhoerstaegen vor die herrschafft oder
ambt kommen
Es solle auch hinkuenfftig kein unterthan sich unterstehen, (ausser einer unumbgaenglichen erheischender nothdurfft) an heiligen sonn- und feyrtaegen fuer das ambt
Harthausen, vil weniger fuer gnaediger herrschafft selbsten, es wurde dann einem ordentlich gebotten zu kommen, und ihre haendel oder anligenheiten vorzutragen, sondern man soll zu solchen zeiten dem dienst Gottes mit andacht abwarten, und gleichwol an dem sambstag (als welcher tag hinfuero alle wochen vor den ordentlichen
verhoerstag angesetzt seyn solle) seine nothdurfft gehoeriger orthen vorbringen, und
deß bescheids gewaertig seyn.//
11. Unter dem gottsdienst kein spihlman halten
Solle so wohl vor- als nachmittag unter dem gottsdienst kein spihlmann in keinem
wirthshauß, oder auch anderwaertig auffmachen, bey straff 1. gulden, welchen der
wirth oder haußvatter bezahlen solle.//
12. Niemand laenger als nachts 9. uhr im wirthshauß auffhalten
Jnngleichem soll kein wirth, oder ein anderer von den unterthanen jemand laenger in
seinem hauß naechtlicher weil, als sommerszeit von Georgi biß Martini biß 10. Winterszeit aber von Martini biß Georgi biß 9. uhr auffhalten, weniger spihlen und tantzen
lassen, bey straff dem gast 2. dem wirth oder haußvatter aber 4. pfundt heller, solten jedoch bey denen jahreszeit, voestwein, schanckungen und hochzeiten spihlleuth wollen
gehalten werden, ist bey der herrschafft oder in deren abwesenheit bey dem beambten
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die erlaubnuß jederzeit außzubitten Jedoch aber ist das tantzen nach obbestimmter zeit
als auch das spihlen, was ueber einen pfenning anlauffet hiermit gantz und gar verbotten, je bey straff jedes ubertretters 1. gulden.//
13. Borg der unterthanen
So soll auch keiner unter denen zapffenwirthen so fern es ihnen änderst beliebig und
anstaendig keinem unterthanen mehrer, als einem vermoeglichen bauren 3. gulden,
einem mittelmaessigen 2. gulden, einem schlechten und soeldner aber mehrist 1. gulden 30. kr. außborgen, widrigenfalls solche schuld, was ueber obiges belaufft, da er
wirth schon klagen wurde, gaentzlich vernichtet und ungueltig seyn solle: Dahero alle
solche Schuldner gleich nach ablesung diser Satzung sich mit gedachten wirthen berechnen, und der herrschafft ein specification der restanten von jedem wirth inner zeit
von 14. taegen uebergeben werden solle, damit ins kuenfftig bessere Ordnung gehalten
werden koente.//
14. Fluchen und schwoeren
Weilen auch, und zwar absonderlich durch das vile bier und branndtwein trincken
deme etwelche sehr ergeben, und offi nicht wissen, wann sie genug haben, oder heim
gehen muessen, absonderlich an den kirchweyhungen, vil ungleiches hervor kommt,
und nunmehr leyder das allzu grosse gottslaestern, fluchen, schwoeren und sacramentieren diser zeit sehr hoch im schwung gehet, das offt kein wunder Gott thaete eine
gantze herr- oder dorffschafft augenblicklich ein oder andern solchen lasterhafften
mauls halber straffen, so nicht allein bey manns- und Weibspersonen, sondern so gar
auch bey den kleinen kindern abscheulich zu hoeren ist, darwider sich aber weder vatter und mutter, noch meisterschafft setzet, sondern alles geschehen lasset, darzu
bißweilen selbsten lachen, und sich mit solchen uebelzognen kindern, und ehehalten,
noch groß geduncken und machen, selbe darin loben und staercken; als werden hindertreib- und abstellung all solcher hoechst-befrembdlichen mißhandlungen gedachte
eitern, und meisterschafften, auch wirth, und andere, wo dergleichen gottslaesterungen
vorbey gehen, und gehoert werden, hiemit alles ernsts erinnert, daß sie sich nicht allein
selbsten vor selchem Weesen hueten, und niemand darmit und darzu anleitung geben,
sondern ihre kinder und ehehalten davon meisterlich mit worten, und andern mittlen
abhalten, widrigenfalls aber, und da solche wohlmeynende erinnerung kein statt oder
platz finden solte, mueste man von herrschaffs wegen solche ubertretter so groß, als
klein, so jung als alt mit gebuehrender straff ansehen, und zwar die alten anfangs jedes
so darueber betretten wuerdet, umb 1. gulden 30 kr. das andermahl umb 3. gulden, das
drittemahl aber am leib, die buben aber mit der futterwannen und spitzruthen, die
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Die weltlichen
Staaten
maegdlein hingegen in der geigen mit wasser und brod unablaeßlich abstraffen, auch
die bestraffung befindenden umbstaenden nach, noch mehrers schaerpffen.//
15. Auffschlag der guelten
So hat man schon zum oefftern mit Unwillen, und auß den ambtsrechnungen mit
mehrerem ersehen muessen, das theils unterthanen sowohl bauren als soeldner gewohnliche schuldige guelten nit aller jaehrlich fleissig auff zihl und zeit, nemlich 4.
wochen nach Martini gebuehrender geliffert, sondern solche allzeit eintweders auff den
herbst deß änderten jahrs, oder noch laenger anstehen lassen, dadurch ihro der herrschafft in verkauffung solcher fruechten geringer schaden beschehen, da doch dergleichen schulden dem Vorzug haben; als hat man sich dahin beobacht, daß wann hinfuero
jemand mit reichunng der guelten ohne außtruckentlicher bewilligung der herrschafft
saeummig erzeigen, und laenger als obbestimmte zeit, anstehen lassen wurde, solle der
jenig vor jedes jmmy frucht 20. kreutzer zur straff; jed annoch die frucht in natura zu
geben oder solche ohne anstandt nach dem schrandtpreyß zu bezahlen schuldig seyn.//
16. Mit keinem juden handien
Es soll kein unterthan mit einigem juden weder einen kauff, noch verkauff, noch
tausch, noch anlehen, buergschafft-leistung, Versetzung seiner gueter und dergleichen
handlungen vornemmen, oder was anders so ueber 3. gulden an geld oder geldswerth
belauffet, handien, er habe dann vorhero eine außtruckliche herrschafftl: bewilligung
außgewuerckt, und nach der hand protocollieren lassen, umb solcher gestalten die
vilfaeltige betruegerey, und andere unverantwortliche vortheilhafftigkeiten zu entfliehen. Und den gaentzlichen ruin der unterthanen zu vermeiden, so nun ein- oder anderer
darwider handlete, so soll derselbe nicht nur exemplarisch und zwar umb die helffte,
nemlichen von jedem gulden 30. kreutzer abgestrafft, sonderen ihme auch hernach
wider den juden der geringste rath, huelff oder rechtsspruch nicht ertheilt werden.//
17. Gemeindt gebott
Wann man so wohl in ein- als andern dorff zu der gemeindt gebieth, soll keiner ohne
erhebliche ursach davon außbleiben, und da er deren eine haette, sich doch vorhero
beym ambtmann anmelden, und umb dessen nit erscheinung anhalten, sondern fleissig
dabey erscheinen, und alles das was man gebieten wuerdet in obacht nemmen, wer aber
darueber handlet, und freywilliger weiß außbleibet, soll allzeit so offt das beschihet,
umb 17. kreutzer 1. heller gestrafft werden.//
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18. Hauß und hof in baulichen Weesen erhalten
Es soll auch ein jedwederer unterthan beflissen seyn, sein hauß, hof, stadel, und andere
hofgebaeu, in gutem baulichen Weesen zu erhalten, und nit alles liederlicher weiß, wie
bey theilen mißfaellig verspuehrt wuerdet, auff einander zusammen fallen lassen, widrigenfalls man bemuessiget wurde, auff deß unterthanens selbst eignen kosten solche
gebaeu von herrschaffts wegen reparieren, und nach nothdurfft zurichten zu lassen;
nicht weniger solle jeder seine felder und maeder fleissig in baulichen weesen erhalten,
zu rechter zeit aeckern, und besseren, jedoch aber in die spathe brach, zur waid nach
proportion der hoefen, nemlichen von einem gantzen zwey von einem halben ein
jauchert nach alter Observanz ungeackert ligen lassen.//
19. Nichts ausser der herrschafft ohne anfragen oder deren verwilligung zu
verkauffen
Es soll sich kuenfftig kein unterthan bey hoher straff unterfangen weder, roß, vich,
aecker, wisen, holtz, oder was anders auß der herrschafft hinauß in die frembde zu verkauffen, es habe solches dann ein jeder vorhero jederzeit gedachter herrschafft, oder
derselben befelchshabern angezeigt, fail gethan und angebotten, der darwider handlet,
wie auch der welcher ausserhalb gemelter herrschafft (wie schon mehrfaeltig geschehen, umb nur besser dem trunck obligen, und sich tapffer raeuschig trincken zu koennen,) etwas es seye was es wolle, nichts außgenommen, verkaufft, und nit vorhero ordentlich im dorff vor der kirchen oder gemeindt fail thut, wie vorhin all solches herkommens, auch guter richtigkeit und Ordnung halber nutz, und erforderlich ist, umb die
helffte als dergleichen kauff beschehen seynd, gestrafft werden solle.//
20. Ohne vorwissen der herrschafft keinen beysitz einnemmen
Zu verhuetung viler diebstaell, und anderer ungelegenheiten, soll in keinem dorff
einiges frembdes gehaeusset, es sey gleich mann oder weib, ohne außtruckliche der
herrschafft- verguenstigung, auch das solcher, so eine einzunemmen willens waere, vor
solche parthey 10. biß 15. gulden verbuergen koenne, an- und auffgenommen werden,
widrigenfalls, und wer solchen unterschleiff gibt, wie schon oeffters geschehen, so
wohl auch der, so die frembde bettler, kraetzentrager, keßler, landsknecht und dergleichen argwoehnische personen in seiner behausung, laenger dann ein nacht, ohne erlaubter weiß beherberget, soll ohne gnad umb einen thaler abgewandlet werden.//
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Die weltlichen Staaten
21. Alle verkaeuff beym ambt anzeigen und protocollieren lassen
Wann ein unterthan gegen dem andern, oder einem frembden etwas an guetern verkaufft, soll dergleichen kauff und verkauff keine wuerckung, krafft, und gueltigkeit
haben, biß solche vorhero ordentlich bey dem ambt auffgeschriben und ad protocollum
genommen worden, wer auch einige kauff oder verkauff laenger als 14. tag zu protocollieren verschiebt, soll umb 1. pfundt heller gestrafft werden, solte in denen drey
gemeindten als Harthausen, Rembshardt und Rettenbach an haeuser, gaerten, aecker,
maeder, und anderen einkaeuff und verkaeuff vorgehen solle, das einstandtrecht denen
unterthanen, das ist einem orth gegen dem andern keinesweegs wohl aber denen
nechsten befreundten (welches sich aber nicht weiter als in den dritten oder hoechst
vierdten grad inclusive erstrecken soll, und sich inner 4. wochen anzumelden haben)
gestattet werden, bey alle ereigneten kauff und verkauff aber solle mehrer nicht als von
1. gulden 4. heller leykauff zu machen erlaubet seyn, bey gleichmaessiger straff 1.
pfundt heller, ingleichen solle kein baur oder soeldner sich unterstehen ohne vorherige
herrschafftl: consens umb einen baurenhof, soeldhauß, aecker oder maeder, so der
herrschafft zinß- und gueltbar seyn, zu handien vil weniger zu verkauff- noch kauffen,
jeden ubertretter solle nach herrschafftl: willkuhr gestrafft werden.//
22. Gebott der frondiensten
Wann man zu denen gewohnlichen frondiensten durch die darzu bestellte ambtsknecht
auff einen gewissen tag und stund biethen last, sollen alle und jede zu rechter zeit als
wie gebotten worden, und nit erst nach jedes belieben, wie vilfaeltig geschehen darbey
erscheinen, auch sollen die unterthanen nicht nur zu solchen frondiensten unerfahrne
junge leuth und buben (wie die bauren auch anheben pflegen zum aeckern und fahren),
sondern zu solcher arbeit taugliche leuthe schicken, da sonsten nicht nur solche buben,
und maegdlein die kaum einen rechen heben koennen, also gleich nacher hauß geschickt, sondern auch der haußvatter umb ein halb oder ein pfundt heller nachdeme die
parthey ist, und rechte leuth zu schicken vermag, ohne alle gnad gestrafft werden solle.//
23. Steeg und weeg machen
Wann in den doerffern jaehrlich zu den zeiten die weeg, und Steeg gemacht werden,
oder auch sonsten einige andere gemeindes arbeit vorfallet, soll maenniglich oder die
so darzu gebotten werden, bey straff eines pfundt heilers darbey fleissigist erscheinen,
und die arbeit nach an Ordnung deß ambtmans, oder fuehrer, ohne alle widerred oder
schnarchen, wie vorhero vilfaeltig geschehen, angreiffen, auch rechte leuth darzu ge-
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schickt werden.//
24. Ohne vorwissen der herrschafft oder ambt keinen marcktstein oder pfähl
verrücken
Wer ohne einen consens, und ohne beyziehung der geschwohrnen untergaenger eine
marckung von holtz oder stein im feld, hoeltzer, maedern oder auch sonsten setzt, gefaehrlich verruckt, und wegnimmt, soll nach gestalten dingen so gar an leib und gut
gestrafft werden.//
25. Einen jeden in seinen gerichten lassen
Es solle ein jeder unterthan den andern, in denen gerichten wo er dermahlen sitzt, und
wohnt, auch forderist bey hiessiger gnaediger herrschafft mit recht suchen, recht nemmen, und keines weegs ausser derselben verwilligung, und wissen, verklagen bey straff
10. pfundt heller, worbey neben nach beschaffenheit der umbstaenden noch groessere
straff vorbehalten wird.//
26. Es solle sich keiner, noch gegen christen und juden verbuergschafften
Gleichermassen soll auch, allen und jeden unterthanen, es seyen mann- oder Weibspersonen, niemanden außgenommen, von der herrschafft ernstlichen gebotten und verbotten seyn, daß sich keins weder gegen einem frembden, christen oder juden in buergschafft, schuld, noch in andere weiß einige handlung und contract treffen solle, darinnen er sich seiner ordentlichen obrigkeit, und dero habenden gerichts verzeyhe, und vor
frembdes gericht sich begebe, ein solcher frevler und ubertretter, soll zu straff unnachlaeßlichen, und ohne erweisung oder erhaltung einiger gnade verfallen seyn 10. pfundt
heller, und diß ebenfalls mit vorbehält groesserer straff.//
27. Feurstaett-besichtigung
Es soll jaehrlich in allen doerffern die feursbeschau wenigst zweymahl als im fruehling
und herbst, wie auch auff solche zeit, oder oeffters da der flachs in den haeusern befindtlich, wo es allzeit moeglich durch den ambtmann und fuehrer vorgenommen, auch
alle befindende fehler abgestrafft werden.//
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Die weltlichen Staaten
28. Feursnoth, oder auffstandt
Wann in einem dorff wegen entstandner feursnoth, oder auch wegen eines auffstands,
so etwann von zigeiner, Soldaten, herren oder andern losen leuthen gemacht, und die
Sturmglocken darueber geleutet wird, so ist maenniglich verbunden, und schuldig, bey
verliehrung haab- und gutt, auch bey Vermeidung öffentlicher schandstraff, dem anwesenden ambtmann, fiiehrern oder anderen befehlchshabern mit darsetzung gut- und
bluts beyzustehen, nit aber davon zu springen, und sonderheitlich wider solches auffruehrische gesindt, und lose leuth mit gewalt, und tapffern gegenwehr sich auffrechts
erforderlich und erlaubte weiß zu setzen.//
29. Schaden an aeckern, wisen, holtz, gaerten, obst, rieben, erbis, roß, vieh,
oder sonsten
Wer dem andern an aeckern, holtz, wisen, gaerten, obst, rueben, erbiß, roß, vieh, oder
auch sonsten schaden thut, soll nit nur nach eingenommenem augenschein den schaden
nach gut beduncken, deß ambtmanns oder deren so darzu beruffen werden abzuthun
schuldig seyn, sondern auch noch nach beschaffenheit der umbstaenden, an geld gestrafft werden, sonderheitlichen aber diejenige so am aeckern, holtz, und wisen sich
vergreiffen, umb 2. pftindt heller dann die so in die gaerten steigen, und obst abbrechen, auch rieben und erbis vom feld heim tragen, beym tag umb 2. pfund heller, bey
nachts aber umb 4. pftindt heller gestrafft werden.//
30. Heimliche zusammenkunfften oder gemeindten
Es sollen die unterthanen keine heimliche zusammenkunfften in ihren haeusern oder
auch sonsten ohne der herrschafft, oder deren beambten wissen, und bewilligung
anstellen, halten, und haben, noch ueber derselben billichmaessige gebott, und verbott
keines weegs sich dargegen setzen, sondern alles, da sie etwas anzubringen haben, mit
gehorsamer bescheidenheit, und nit, als wie die wilde menschen oder vieh, in welchen
kein verstand, noch manier ist, solches an gedachte gnaedige herrschafft oder ihre
beambten gelangen lassen, wer das uebertretten wurde, solle mit willkuehrlicher straff
abgebuest werden.//
31. Festwein und hochzeiten
Es soll auch keiner unter denen unterthanen oder hindersaessen in keinem andern hauß
als in der taffern, festwein und hochzeit halten, ohne vorwissen, und verguenstigung
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der gnaedigen herrschafft, und da solches erlaubt wurde, so mueste solche parthey
vorhero mit dem wirth deßhalben abkommen bey 3. pfundt heller straff.//
32. Niemand anderer als wer geladen darbey erscheinen
Es soll auch bey denen festweinen, hochzeiten, leykaeuff, augenschein, und andern
dergleichen handlungen alles ueberfluessige essen, und trincken auch, daß sich sonst
jemand anderer als wer darzu eigentlich gehoert und beruffen worden, verbotten seyn
zu erscheinen bey willkuehriger straff der gnaedigen herrschafft.//
33. Heimtragung duerrs- und gruens holtz
Jst allen unterthanen und gehaeuseren, wo sie wohnen bey hoher straff verbotten, alles
duerrs und gruenes holtz in allen hoeltzern, ohne vorhergehende der herrschafft, oder
deren ambtleuth auch holtzwarten bewilligung, abzuhauen, heimzutragen, (welches
man der zeit ohne scheu thut) wie auch das eichelen-schuettlen, wilde enten, und
andere Vogelnester außzunemmen, wild obststaemme außzugraben, abzuhauen und
hinweck zu tragen, insonderheit aber in den felderen, maederen, oder gemeindten,
einigen fruchtbahren bäum umhauen, bey dessen verluest umb 45. kreutzer straff oder
nach beschaffenheit deß schadens noch hoecher.//
34. Hinwegfuehrung holtz auß den heuen
Weilen auch schon zum oefftern beschehen, daß ein oder anderer so heimisch, als
frembder unterthan so wohl der herrschafft als denen unterthanen das auffgemachte
holtz an klafftern und bueschlen nit allein heimlicher, und also zu sagen gestohlner
weiß hinweg fuehret, oder andern auff dem hau verkauffet, als sollen solche holtzdieb,
als auch die so es also wissend erkauffen, auff jedes erkundigen und anzeigen, nebst
widersetzung deß holtz wie bekandt, in denen Waldungen sehr abnimmt, als sollen die
unterthanen von selbsten dahin bedacht seyn, daß keiner mehr, dann was er jaehrlich
benoethiget, nemmen, vil weniger nachgehends widerumb frembden leuthen verkauffen thun, bey verluest des holtzes, und 4. pfundt heller zu straff.//
35. Metzgen
Jtem, welcher metzger, oder anderer unterthan in das hauß, oder auff den verkauff
metzgen will, der soll niemahlen einig unzimmlich und argwoehniches vieh kauffen,
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Die weltlichen
Staaten
noch metzgen, weniger ohne beygebrachte kundtschaffi (dafern ein- oder anders orth
deßhalben verschreyt waere) außhauen, neben reichung von jedem stuck der zungen,
bey straff 3. pfiindt heller.//
36. Unrecht oder gestohlnes gut
Welcher ein unrechtfertig gut, als aecker, wisen, s. v. vieh und roß, auch schwein,
gaenß, hennen, und anderes der wohlfailen halben, worauß man vermuthen kan, daß
ein unrecht und gestohlen gut sey, einkauffet, eintauschet, oder sonst erhandlet, ohne
vorhergehende genügsame erweisung und verguenstigung, so nebst der verliehrung deß
eingekaufften stucks nach ermaessigung der herrschafft gestrafft werden.//
37. Saumfrucht ohne vorwissen nit verkauffen, noch versetzen
Es soll kein unterthan so wohl baur als soeldner einige saumfrucht auff dem feld, ohne
der herrschafft, oder beambten, wissen und willen verkauffen, noch vertauschen oder
versetzen bey 4. pfundt heller straff.//
38. Eigen und lehengueter an einander nit haben
Es soll keinem gestattet werden, daß einer ein eigen acker oder wisen, an einem dergleichen lehenbahren stuck habe, es seye dann ein sach, daß solche wohl vermarcket,
und mit pfaehlen versehen seye, bey 2. pfìind heller straff.//
39. Straff der feursbrunst
Bey welchen so wohl baur, als soeldner feuer auffgehet, der soll, so ers verwahrloset,
zur straff 10. pfundt heller.//
40. Schaden in aeckern, hoeltzern, jungen haewen, durch die hirten
Seynd alle so wohl herrschafftliche, als andere hoeltzer, so lang es eine herrschafft vor
nothwendig erkennt, allerwenigst aber biß ins vierdte laub zu schonen. Sölten nichts
destoweniger durch die roß- oder kuehehirten in denen verbottenen hoeltzern und
haewen schaden geschehen, solle jedesmahl vom stuck bey tags 10. Schill: heller, bey
der nacht aber 1. gulden straff geben werden. Weilen nicht minder durch hirten, und
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roßbuben mit gaertenschneiden, schneyer, und beylen, oder anderen waffen die hoeltzer uebel verwuestet, abgehauen, und verderbt werden, so befilcht die herrschafft ernstlich und will, daß fueran weder hirten noch roßbuben zu keiner huet im holtz einige
dergleichen waffen, sondern nur etwann ein messer, geisei und hirtenstecken oder
kolben mit sich nemmen, und fuerders kein holtz abhauen, noch verwuesten, bey straff
von einem ubertretter 1. gulden, und solten ein solches die buben verueben, dasselbe so
wohl die bauren als hirten zu buessen, und zu bezahlen schuldig seyn, damit sie dise
ihre buben desto oeffter warnen moechten, welche beschaffenheit es ebenfalls mit denen kraeuter-metzen hat, also zwar, wann solche in denen verbottenen kaewen angetroffen werden, daß jede, da sie ohne sichel, und bey der nacht, zwey pfundt heller unnachlaessig zu straff erlegen sollen. Jngleichem die schwein- und gaenßhirten, welche
in aeckern, wisen oder andern gebanten orthen schaedlich hueten, und solches vieh darein lauffen lassen, sollen allweeg deß tags, nachdeme vil stuck schaden gethan, welches nach befindenden dingen auch gut zu machen, 10. biß 20. schlr: deß nachts aber 1.
oder 2. gulden zur straff erlegen. Weilen auch dermahlen der ueble gebrauch allzu sehr
eingeschlichen, daß so wohl durch die holtzhacker als hirten in denen hoeltzern feuer
auffgemacht werden, durch welche obwohlen noch nicht dahier, doch anderer orthen
schon oeffterszwvutsrnlhgedbaWSO
gantze Waldungen in brandt gerathen; als wird hiemit zu verhuetung
unersetzlichen schadens nach befindenden dingen bey schwaerer ungnad, und hoher
straff ernstlich verbotten, daß kuenfftighin keiner mehr, er seye ein holtzhacker, roßoder anderer hirt im wald, einiges feuer zu haben sich unterfangen solle.//
41. Frembde Steeg und weeg
Welcher ueber aecker, gaerten, und wisen, sie seynd besaeet, gebahnt oder nicht,
frembde und neue weeg und Steeg macht, ohne dessen, so solche stuck gehoerig, wissen und verguenstigung, soll neben erstattung deß schadens noch 2. pfundt heller gestrafft sein und werden.//
42. Den ehehaefftinen nichts entziehen lassen
Die wirth, baader (so einer vorhanden) mueller, schmidt und hirten, sollen ihren ehehaefftinen (da einer dergleichen haette) nichts nit entziehen lassen, wie auch den
gemeindten; hingegen dise in allem denselben, was gebraeuchig, genugsamme satisfaction leisten und geben, bey 4. pfundt heller straff; worbey sonderbahr erinnert wird,
daß kuenfftighin keiner ein andern barbieren, oder die haar abschneiden solle, jedem
bey 1. pfundt heller straff; welches auch von denen, so bey anderen baadern aderlassen,
zu verstehen; zu welcher straff nach bißheriger Observanz ebenfalls gehalten seynd,
diejenigen, so in der frembde mahlen, und oel schlagen lassen, es seye dann, dasselbige
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Die weltlichen Staaten
bey hoher herrschafft wider den baader oder die mueller einig gruendliche klag vorzubringen, und derentwillen die wuerckliche erlaubnuß erhalten.//
43. Kein vieh- oder roß, so mangelhafft, nicht unbeschaut auff die waid
schlagen
Es soll von niemandt kein rindvieh und roß, so eingehandlet oder erkauffet, ehe und
bevor solches ordentlich beschaut worden, absonderlich, da sich an solchen ein wissentliche ansteckende such oder kranckheit befinden solte, auff die wayd geschlagen
werden; erstem solches bey straff von jedem stuck 1, letztern aber nebst verliehrung
deß viehs 4 pfundt heller.//
44. Niemandt soll keinen eignen hirten haben, ausser der jungen gaensen
Niemandt soll keinen eignen hirten unter wasserley vieh haben und halten, sondern das
alles unter den gemeinen hirten schlagen, (ausser was jungen gaenß vor Johanni betreffen, die moegen wohl absonderlich, und aber von rechten kindern, das nicht jederman
schaden, dadurch widerfaehret, gehuetet werden) bey straff einem halben pfundt
heller.//
45. Jn den gebahnten feldern und maedern kein roß und vieh, hueten, noch
mit sichlen schneiden
Jngleichem soll in den gebahnten feldern und maedern so wohl baur als soeldner kein
roß und vieh nicht hueten, weniger die darzwischen seyende rainnen abfretzen, oder
solche, wie auch sonsten im gantzen feld mit der sichel seinem nechsten anliger zum
schaden, etwas abschneiden lassen, bey straff ein halb pfund heller, so aber der schaden zu groß umb 1. oder 2. pfundt heller neben ersetzung deß schadens, welche beschaffenheit es auch hat mit dem kraeutern, wann solches von herrschaffts wegen einsmahls verbotten worden, es moege hernach in eines jeden eignen oder andern acker
seyn.//
46. Rechte maaß, elen und gewicht halten
Alle, so mit gewicht, maaß, elen und dergleichen umbgehen, sollen gerechtes gewicht,
maaß, elen, wie hierumen gebraeuchlich ist, dann der beck das weisse und schwartze
brod, gleich andern orthen der gewonheit, und dessen gewissen, und denen frucht-
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kaeuffen, dann der brodordnung nach redlich einem jeden so wohl dem reichen, als
dem armen, gleich mittheilen, der hierunter befindende betrug solle der herrschafftl:
gut befinden wenigstens aber umb 1. pfundt heller gestrafft werden.//
47. Die Stellungen der unterthanen
Es solle sich kein unterthan ohne vorwissen der herrschafft, oder derselben beambten,
an einiges orth stellen, oder grosse straffen eingehen, bey poeen 1. pfundt heller.//
48. Straff unbefugter neuerungen zu dorff, holtz und wisen
Da einer oder der ander unterthan, unbefugte neuerungen zu dorff, holtz, feld, wisen,
seinem nachbaren zum hoechsten schaden oder nachtheil zufiiegte, oder erregte, soll
solcher umb 3. pfundt heller gestrafft werden.//
49. Straff der uberaeckerer, uberschneider und ubermeher
Jngleichem da einer selbsten oder die seinige wissentlich und bey sichtbaren marckungen ueberaeckeret, ueberschneit, uebermehet, ueberhauet, oder ein etter auffhauet, und
das mit sich nacher hauß nimmt, soll umb jedes stuck 10. pfundt heller neben ersetzung
deß erkantlichen schadens gebuest werden, doch soll jeder seine sachen, die flachs und
rieblaender einrichten und bauen, daß man alles das jenige schonen kan.//
50. Straff deren die weeg enger zusammen ziehen
Welcher die landstrassen und weeg enger zusammen ziehet, als vor gewesen, nur umb
seines Wuchers willen, der soll umb 10. pfundt heller angesehen werden.//
51. Straff deren so ohne vorwissen Untergang begehren
Keiner soll, wer der ist, ohne vorwissen der herrschafft oder beambten einigen untergang erforderen oder zu dorff, holtz und feld fuehren bey straff 2. pfundt heller, welcher aber ohne vorheriges wissen und bewilligung selbsten ein marck setzet oder
auffrichtet, solle pr. 10. pfundt heller gestrafft werden: sollte aber seyn, daß einer zu
dorff oder feld an seinen marckungen einen streit oder zweiffei haette, solle solcher
von der herrschafft auff seine koesten den Untergang begehren, welcher alsdann nebst
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Die weltlichen
Staaten
dem beambten zu erscheinen, und den streit oder zweiffel zu eroerteren, mithin auch zu
verpfaehlen hat; wofern sich aber nach der hand ergebete, daß dise oder andere derer
ihr grundstuck bereits schon außgepfaehlet, die pfaehl auff ihre gueter widerumb
nachlaessiger weiß vergehen Hessen, solte ein jeder auff befinden von dem pfähl oder
marckung zur straff 1. pfimdt heller zu entrichten schuldig seyn.
52. Straff deren so die frevler nicht anzeigen wollen
Da ein unterthan und hindersaeß, absonderlich aber die fuehrer und ambtsknecht, und
escheu, einen frembden oder auch heimischen sieht frevlen, und schaden thun, und
solches nit zeitlich, oder gar nicht anzeigen, wie schon offt geschehen, unterm vorwandt, daß sich keiner feindselig machen wolle, solle jeder derselben bey anderer erfahrenheit umb 1. pfundt heller, die fuehrer, ambtsknecht und escheu aber doppelt so
vil gestrafft werden.//
53. Straff, so ohne vorwissen heyrathen
Es soll hinfueran niemandts, es mag wittiber oder ledige personen, es sey deß dorffs
kind oder nicht, einigen heyrath thun oder beschliessen, ohne vorhero beschehene
herrschafftl: bewilligung, auch ohne vorwissen der eitern oder pflegvaetter, bey straff
2. pfundt heller oder allenfalls der herrschafft vorwissen, und nit eingelassen werden.//
54. Straff deren, so jemand andern die forstliche obrigkeit oder graentzen
weisen
Es soll niemandt keinem andern oder frembden herren der gnaedigen herrschafft forstliche obirgkeit weisen, vil weniger darinnen jagen, oder hetzen, auch keinen hund fiiehren helffen, bey straff 10. pfundt heller.//
55. Straff deren, so wilde andt- und andere voegel schiessen, auch jung und
alte hasen fahen
Keiner solle sich mit fahung oder schiessung andtvoegel [Enten], reb- und haselhuener,
wilde tauben und andere voegel, auch hasen, so jung als alt, fangen, und traad legen,
Vogelnester und eyr außnemmen, weniger anderer waydwercks gebrauch ohne gemessnen befelch ueben, noch mit der flinten in die felder und rieder gehen, in summa alles
schiessen meiden, jeder frevler bey straff 5. pfundt heller.//
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56. Straff deren, so unerlaubt in Weyhern und wassern fischen und krepsen
Gleicher weiß soll jederman so frembd, als heimischen bey 3. pfundt heller straff
verbotten seyn, das fischen und krepsen in den Weyhern, bestandnen wassern, graeben,
und altlachen, fischen in herrschaffts wassern und baech, ist sammentlicher gemeindt
und beywohnern verbotten, bey 10. pfundt heller, oder 10. taegiger gefaengnuß, das
fischen bey nacht, und verderbung der wasser mit einwerffen, ist verbotten bey 10.
pfundt heller, und Verweisung deß dorffs und aller gnad auff ewig.//
57. Die gefundene jmmen anzeigen
Welcher jmmen so wohl zu holtz als feld findet, soll es der herrschafftsjaeger als forstknechten und holtzwarten, andeuten bey straff 2. pfundt heller.//
58. Niemandt soll zu hochzeiten kein kurtzes gewoehr heimlich- noch öffentlich tragen
Keiner so wohl verheyrath, als ledige mannspersonen sollen zu hochzeiten, oder andern
dergleichen zechen, kein kurtzes gewoehr, als dolchen, waydmesser, terzeroll und dergleichen, weder heimlich, noch öffentlich, ausser denen, so es gebuehrt, zu tragen und
bey sich haben, neben hinderlassung solcher gewoehren, bey 3. pf. heller straff, wie
dann auch bey solcher straff das schiessen auß denen wirths- und anderen haeuser,
auch gassen, so wohl tag als nacht solle verbotten seyn, jedoch aber ist das hochzeit
und neue jähr anzuschiessen außgenommen.//
59. Straff deren, so einen lugen strafft
Welcher oder welche den andern freventlicher weiß ohne zugelegte schmachwort, lugenstrafft oder liegen heist, der ist zu poeen verfallen 10. sch[illing]e.//
60. Straff deren, so einen mit zulegenden schmachreden lugenstrafft
Da aber einer mit zulegung schmaehlicher worten, als du liegst wie ein dieb, schelm
etc. umb 3. pfundt heller nebst der abbitt, gebuest, und so dergleichen beschuldigungen
vor ambt (wie man sich dessen nit mehr schaemet zu thun) geschihet, soll solcher
allwegen, und so offt einer, oder eine das thaete, nit weniger umb jedlichen schwur,
umb 4. pfundt heller gestrafft werden.//
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Die weltlichen
Staaten
61. Straff deren, so einen auß boesem verdacht ehrenruehrisch schmaehen
Welcher den andern auß boesem argwöhn, oder anderer vermeyntlich zugefuegter unbild willen mit allerhand ehrenruehrischen worten, als du bist ein schelm, dieb, boeßwicht, und dergleichen, durch welche wort deß naechsten guten leynmuth und ehr beruehrt, und benommen wird, der soll umb 10. pfundt heller gestrafft, und noch darzu
gehalten werden, so fern solcher sein sach nicht genugsam beweisen kan, dem unrecht
beleydigten seinen ehrlichen nahmen wider zu zustellen, und widerruffen.//
62. Straff deren, so sich wider einen andern entpoert
Welcher sich wider den andern entpoehrt und auffruehrisch erzeigt, und sein gewoehr,
es seye messer, degen, saebel etc. entbloest und freventlich auff einen zuschlaget,
sticht- oder bawet, der ist 6. pfundt heller, wer aber nur auff einen zucket und nicht zuschlaegt, umb die helffite verfallen.//
63. Straff deren, der den andern ohne gewoehr schlagt
Welcher den andern ohne gewoehr schlagt oder raufft, daß kein blut dabey vergossen
wird, der ist 1. pf. heller zur straff schuldigen eine gleiche straff ist derjenige verfallen, so einen andern, jedoch nicht ehrenruehrisch schmaehet, als s.v. hunds etc. und anderen dergleichen.//
64. Straff deren, der den anderen blutrissig oder zaehn einschlagt
Welcher den andern aber blutruessig, ein- oder mehr zaehn einschlagt, der ist neben
gutthun der artzten unkostens, so einer gebraucht muß werden, 3. pfundt heller, oder
nach befinden gefaehrlicher umbstaenden, zu hoecherer straff verfallen.//
65. Straff deren, welcher auß boesem fuersatz nach einem andern wirfft
Welcher oder welche nach einem menschen, auß boesem fuersatz wuerfft, warmit das
beschehe, oder schiesst, er treff oder nit, ist lO.pf. heller verfallen.//
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66. Frevel in der kirchen, vor der herrschafft, oder gericht, und obigkeit,
Schmitten, muehlen und badstuben
Welcher einen frevel, wie derselbe nahmen haben mag, in der kirchen, vor der herrschafft oder gericht, und obigkeit, deßgleichen in der muehlen, schmidtin, badstuben
begehet, der ist von rechts wegen 10. pfundt heller straff, weilen dises lauter privilegierte haeuser und ehehaefftinen seyn, verfallen.//
67. Straff deren, so den andern in seinem garten, aecker, wisen, hauß, stadel
ueberlaufft und herauß fordert
Deßgleichen, welcher den andern in seinem garten, aecker, wisen, hauß, stadel, Speicher und dergleichen orthen, mit bewoehrt- oder unbewoehrter hand ueberlaufft, und
solchen heraußfordert, der hat gleichmaessige straff, id est 10. pfundt heller verwuerckt.//
68. Straff deren, welcher dem andern fuersetzlicher weiß mit oder ohne gewoehr vorwartet
Welcher dem andern mit oder ohne gewoehr vorsetzlicher weiß vor erwartet, willens
disem oder jenem eines hauptsaechlich zu versetzen, und aber nicht beschaediget, der
ist 10. pfundt heller verfallen.//
69. Wird aber einer beschaediget, gleiche büß
Thut er aber solchen beschaedigen, ist er nicht allein noch so vil büß zu geben, sondern
auch dem beschaedigten die wunden zu bezahlen schuldig.//
70. Straff deren, so nit frid haben wollen
So soll bey jeden ereigneten haendel von dem ambtmann, oder in dessen abwesenheit
dem ambtsknecht, fuehrer, wirth oder jemand andern von herrschaffts wegen erlaubt
seyn, frid zu biethen; da sich aber einer oder der ander darueber erwiderte, und nit frid
haben wolte, der soll unablaeßlich umb 5. pfundt heller gestrafft, und neben dem bey
dem fridgebott auffgesetzte straff zu erlegen, angehalten werden.//
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Die weltlichen Staaten
71. Straff deren, so gebottnen friden brechen, und nit halten
Welcher schon einmahl den gebottnen friden zu halten gelobt, aber bald wider zerbricht, und nit haltet, der soll umb 10. pfiindt heller oder wohl mehrer, nachdem es der
handel mit sich bringt, gestrafft werden.//
72. Die in den wirths- oder andern haeusern veruebte haendel nit anzeigen
Es moegen auch in welchem wirthshauß, oder anderer herberg, solch und dergleichen
haendel durch einheimische oder frembde sich zutragen, und begeben, so soll der wirth
oder haußvatter schuldig seyn, solches also gleich der herrschafft oder dem beambten
anzuzeigen.//
73. Jedes weibsbild soll halbe straff geben
Welches weib, es sey ledig oder verheyrath, sich in ob- und nach bemelten bussen,
frevlen und straffen befinden, und ergreiffen lassen, die ist allzeit der herrschafft halbe
straff, so darauff gesetzt, verfallen; es wurde sich aber eine oder die andere, so freventlich erzeigen, so wurde nach gestalt der uberfahrung die straff hoecher angesetzt, und
mit ihro verfahren werden.//
74. Jn vorfallenden auffruhren beyhuelff thun ohne straff ausser todschlag
Wann sich auch begebe, daß einem oder dem anderen mehr als 1. 2. oder 3 mahl (die
es zu zeiten wohl vonnoethen haben) gebotten werden mueste, und auff dessen nit erscheinung die herrschafft bemuessiget wurde, solchen ungehorsamen unterthanen zur
hand zu bringen, und selbigen beyfahen lassen, darzu sollen alle und jede der herrschafft bottmaessige und anverwandte dem ambtmann, oder wem es zu thun gefelcht
wird, ohne fuerwort und Verzug (und ob solcher gleich gericht, und recht anruffte) helffen, und ob schon alsdann dem ungehorsamen wegen seines widersetzens einiger
schaden zugefuegt wurde, von weme solches beschehen moechte (jedoch ohne sondern
gefaerde und todtschlag außgenommen) daran hat niemands gefrevlet, noch unrecht
gethan, und mag alsdann die herrschafft solchen ungehorsamen mit- oder ohne recht
straffen, und nach gefallen gehorsam machen.//
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75. Straff deren, so in gebung deß zehenten betrug brauchen
Welcher sich in liefferung deß zehentens argwoehnisch, und die treffende zehendtgarb
etwas kleiners machte oder sonsten der zehendtordnung, die zu end zu jedermans wissen und verhalt beygesetzt ist, nicht nachkommete, und darueber ergriffen wurde, der
soll umb 3. pfundt heller, da aber sich einer auch so gefaehrlich verhalten, wohl gar am
leib, oder umb den grossen frevel id est 10. oder 20. pfundt heller gestrafft werden.//
76. Straff deren, so sein holtz verkaufft, und einem andern das seinige
entziecht
Welcher dem andern seine zaeun, auff- und abbricht, auffmacht und heimtragt, so diser
zeit ein gemeine sach ist, und sich niemandt dessen scheuet, auch sonsten sein holtz
auff den haewen verkaufft, und das geld liederlich anwirth, benebens seinem nachbaren
das holtz vor- oder hinder der thuer hinweck nimmt, der ist zu peoen neben ersetzung
deß schadens, da solcher kundtbar wird, verfallen 3. pfundt heller.//
77. Flachs doerren in den haeusern
Es soll niemandt in dessen behausung einigen flachs so wohl in den Stuben, inn- und
vorm ofenloch oder im bachofen doerren, deßgleichen beym blossen liecht in den
staedlen rifflen, gesodtschneiden und im hauß hechlen, noch ohne gute latern in die
staedl und stallungen gehen, weniger in dergleichen gebaeuen, taback trincken und die
pfeiffen ausloeschen, alles von jedwederem verbrechen, bey straff 2. pfundt heller,
oder mehr, nach deme die umbstaend, und gefahr sich zeigen wird.//
78. Flachs doerren und brechen
Niemandt soll keine flachsdoerrene im dorff, noch gar zu nechst darbey, oder auch mitten in den gaerten, anrichten, warvon so wohl ihme als dem benachbarten, sonderbahr
bey entstenden starcken winden schaden widerfahren moechte, absonderlich wo nicht
vil wasser vorhanden, bey straff 2. pfundt heller, wie dann nicht weniger derjenige solche straff verfallen habe, welcher sein flachs auff das sommerweisch breitet und
hinlegt.//
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Die weltlichen
Staaten
79. Straff deren, so ihr vieh nit unter den hirten schlagen
Niemandt soll seine roß, vieh, schwein und gaenß ohne hirten außschlagen, oder lauffen lassen, zumahlen so solche eingetriben, also gleich absonderlich die roß und
schwein, s. v., eingethan werden, daß dadurch, wie jetziger zeit vilfaeltig geschieht, nit
so grosser schaden widerfahret, bey straff 1. pfiindt heller.//
80. Straff deren, die umb mehrer losung willen, heimlich ihr vieh, huener
und anders verkauffen
Welcher wegen weiterer losung etwas heimlicher weiß, als vieh, huener, jmmen,
hopffen, und anders auß dem flecken verkaufet, dadurch der herrschafft und unterthanen das bißhero observierte einstandrecht benommen wuerdet, der soll umb solchen
werth, was er vom frembden erloest, gebuest werden.//
81. Straff deren, welche von den kindern und ehehalten etwas abkauffen
Es sollen weder die eitern, noch meisterschafften leiden, noch zu lassen, daß ihre kinder und ehehalten von anderen kinderen und ehehalten etwas kauffen und verkauffen,
worauß solchen jungen leuthen der fingerzeig gegeben wuerdet, weiter zu langen, und
endlichen gar dieb- und diebinen abgeben, bey straff 2. pfiindt heller.//
82. Unterschleiff der jungen leuth
Es soll sich auch niemandt geluesten lassen, junge leuth in die haeuser einzusetzen,
darinnen allen muthwillen, endlichen s.v. gar das naechtliche zusammenschlieffen, und
hurerey zu gestatten, durch welche lose leuth, die ehehalten, und ehrlicher leuth kinder
verbeutet, diebisch und angriffig gemacht werden, daß sie ihre eitern, herrschafft und
bauren bestehlen, solches dergleichen schlimmen leuthen zutragen, worauß schon oeffters groß ungelegenheit entstanden, und der herrschafft schon allerdings dergleichen
leiten- und s.v. hurrenhaeußlein wohl angezeigt worden seyn. Wann nun auf untersuchen bey ein als andern solches also sich befindet, so sollen selbe leuth gleich mit 10
taegiger gefaengnuß hart, oder aber umb 10. pfiindt heller ohne gnad gestraffet werden.//
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83. Die eitern seynd vor ihre kinder die straff schuldig zu geben
So fern kinder in den gaerten erwischet werden, so schaden in obst gethan, seynd die
eitern ihre straffen tags umb 5. nachts umb 10. schlr. zu erlegen schuldig, damit sie selbe davon abhalten moegen.//
84. Straff deren, so naechtlicher weil so schreyen und bruellen
Es solle hinfueran das jaemmerliche schreyen, bruellen und jauchzen, sowohl tag als
naechtlicher weil von mannen, und jungen gesellen, wo von bald fast niemandt einige
ruhe mehr haben kan, auch andere gugelfuhren und schelmereyen auff der gassen,
sonderlich denen zu Rembshart gaentzlichen verbotten seyn, daß sie nit mehr, wie
bißher beschehen, sommers zu abendszeit vor der kirchen zusammen stehen, worinnen
das allerhoechste gut ruhet, und dadurch mit allerhand fluchen und schwoeren, so auff
der roßstellen außgeuebet, auch anderen unzuechtigen und ueppigen reden und gebaerden sehr entunehrt, und gelaesteret wird; auch solle der vorstand, so man auß der kirchen geht, hierdurch abgeschaffet seyn, sondern es solle ein jedes seinen weeg nach
hauß nemmen, und ihre haendel und geschwaetz gleichwohlen anderstwo außtragen;
jede person aber, so sich hierueber sehen, und betretten wird lassen, solle das erstemahl
mit 10. schlr: das andermahl mit 20. schlr: und das drittemahl mit dem stock oder geigen, mit wasser und brod bestrafft werden.//
85. Straff deren, welche das wilde obst vor erlaubter zeit schlagen und
klauben
Es ist auch bey etlichen jähren her wegen deß wilden obstheimbsung, so wohl in
feldern als waeldern, ein solcher unform und mißbrauch entstanden, daß bald ein jeder
gethan, was er gewolt, ob man solches schon verbotten hat, deme aber kuenfftig vor,
hingegen der gebuehr nach zu kommen, thut gnaedige herrschafft hiemit solches nicht
nur allein auff ein- sondern mehr, und alle jähr bey hoher straff verbieten, und dabey
gemaesen befehlen, daß einiger unterthan, oder gehaeuset, wer der auch seye, sich
nicht geluesten lassen solle, das wenigste von dergleichen obst vor von der herrschafft,
ambtmann und fuehrer erlaubter zeit und tag zu schlagen, zu klauben, zu brocken oder
heimb zu tragen, sondern man solle alles, wie es sich zeiget, seyn und stehen lassen;
und so man kinder, mit welchen man sich entschuldigen, jedoch sich darmit besacken
will, erdappen solte, sollen solche ohne alle anhoerung mit dem Narrenhauß, die eitern
aber mit dem stock und geigen, die es aber gar zu grob machen, und sich nichts woehren wollen lassen, so offt mans erwischt, jedesmahls umb 1 .pfundt heller gestrafft werden, und sollen hierauff die fuehrer, jaeger, holtzwart, ambtsknecht und eschew ein
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Die weltlichen
Staaten
wachtsames aug haben, und nicht selbsten die erste frevler seyn.//
86. Das bad soll niemandt anderer brauchen als gesunde leuth
Jtem, so kuenfftig ein baad auffgericht werden solte, solle sich dessen niemandt anderer als recht gesunde leuth gebrauchen, und vom bader eingelassen werden, bey
straff 1. pfirndt heller.//
87. Legung deß holtz, bessereurngdO
Ordnung halten
So soll ein jeder haußmann mit legung seines holtzes solche anstalt vor seinem hauß
machen, damit sich niemandt darab beschwaeren kan, noch der ambtmann und fuehrer
ursach gewinnen moechten, solches hinwerck zuschaffen.//
88. Wein schencken
Es soll kein wirth kuenfftig einigen wein ohne der herrschafft wissen außschencken,
noch selbigen mit wasser bestraffen, weniger einiger unterthan einig anderes als der
herrschafft bier ins dorff bringen, bey straff 3. pfundt heller.//
89. Wachten unter der kirchen
Sollen die fuehrer und unterthanen ein besseres auffsehen haben auff die wachten unter
der kirchen, dise aber auch auff die heimliche spihlhaeuser, damit alle dergleichen
kundbahr gemacht, und nach billigkeit abgestrafft werden koennen; solten aber einige
dergleichen angetroffen, und von denen wachten nicht angezeiget werden, waere jeder
mit 2. pfundt heller zustraffen.//
90. Geltstraffen mit der gefaencknuß, abbuessen zu koennen
Wer nun dergleichen verwuerckte geldstraffen nit vermag zu bezahlen, als soll das
mannsbild mit dem stock oder thurn, das weibsbild aber mit der geigen vor 1. gulden,
ein tag und nachts abbuessen, und sich selbst verkoesten.//
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91. Schmaechwort der gegen die beambte und beaidigte leuth, auch fuersetzliche ubertretter der gebott und verbott
Es befilcht die herrschafft und will ernstlichen haben, daß welcher, oder welche den
beambten, gemeindtsfiiehrern, eschew oder der herrschafft ambtsknecht, als beaidigten
leuthen, mit schelmenschmaehen, hunds etc. und andern groben ungebuehrlichen
worten begegnen, fuernemlich aber wider herrschafftl: befelch ihre gebott und verbott
ausser acht setzen, und diß alles freventlich und fuersetzlicher weise uebertretten wird,
der oder die solle zur straff verfallen seyn 6. pfundt heller; so aber jemanden dene von
gnaediger herrschafft aufgestellten beambten gar zu grob mit worten oder wercken
beleydigen solte, wurde die straff nach herrschafftl: ermaessigung zu vermehren seyn.//
92. Es solle keiner ueber 2. stund weit, ohne anmelden, nicht von hauß
hinweck gehen
Da einer oder der andere nacher Ulm, Memmingen, Krumbach, Weisenhorn, Augspurg, Lauingen, Dillingen, in summa ueber 2. stund weit von hier weck gehet, fahrt
oder reith, soll er sich zuvor bey der herrschafft bey zeiten anmelden, ob nichts zu befehlen, bey straff 2. pfundt heller, da sich ein jeder ehrliebender unterthan zu hueten
wird wissen etc..//
93. Ohne vorwissen der herrschafft von denen gemeindts-gueter nichts
verkauffen, oder außtheilen
Es sollen auch die bauren und gemeindtsfuehrer ohne vorwissen und einwilligung der
herrschafft kein holtz hawen, oder anderen gemeindtsboden verkauffen, noch in die gemeindt außgetheilt werden, bey straff 2. pf. heller.//
94. Beesenreiß schneiden
Beesenreiß zu schneiden, und beesen auff failen kauff zu machen, ist verbotten, bey 2.
pf. heller straff, aber einem unterthanen zum haußbrauch ohne uberfluß, und nit änderst
zu verwenden, ist keinem verwoehrt, jedoch aber, daß es ohne schaden der hoeltzer geschehen mag, welches der holtzwart oder jaeger wohl in acht zu nemmen hat.//
556
Die weltlichen Staaten
95. Die gemeindtsfuehrer sollen der gemeindt, rechnung thun
Die gemeindtsfuehrer deß dorffs, sollen alle jähr der herrschafft mit beyseyn, und vor
einer gantzen ehrsamen gemeindt, ihres einnemmens und außgebens halber die gemeindtsrechnung thun, daß man sehen kan, ob der gemeindtsnutz und nothdurfft darmit geschafft seye worden, oder nicht, im fall auch, da unnothduerfftige und ueberfluessige außgaben und zoehrungen verspuehrt wurden, kan die gemeindt solches billich andten, umb dasselbige abzuschaffen und abzuschneiden. Nicht weniger solle
denen gemeindtsfuehrer und burgermeister ernstlich obgelegen seyn, auff die gemeinschafftl: jura, trib und trab, als auch was sonsten der gemeindt nutzlich oder schaedlich
seyn mag, acht zu haben, in summa den schaden zu warnen und den nutzen zu befoerdern.
96. Die waisen, und puppillenpfleger, sollen jaehrlich rechnung der herrschafft oder dessen beambten geben
Deßgleichen sollen auch alle diejenige, so waisen und puppillen pflegschafften haben,
alle jähr ihres einnemmens und außgebens ihrer tragschafft halber, vor der herrschafft
oder ihrem beambten rechnung thun, von billichkeit wegen zusehen, ob der puppillen
nutzen geschafft werde, oder worden seye, oder nicht, und wie dieselbe rechnung geschlossen wird, also solle sie bey der herrschafft eingeschriben werden.//
97. Es solle kein baur, soeldner und beysitz ohne vorwissen der herrschafft
eingenommen werden, auch sollen die beysitz der herrschafft angeloben
Es solle niemandt weder bauren, soeldner noch jnnwohner in ein dorff einkommen,
oder auffgenommen werden, ohne der herrschafft gunst, gefallen, wissen und willen,
bey straff derselben, und insonderheit die gehaeuseter, sie haben sich dann zuvor mit
der herrschafft verglichen und das geluebt gethan, der herrschafft bottmaessig, getreu
und gehorsamb zu seyn, und wo sie auch einige forderung zu der herrschafft, oder den
jhrigen haetten, daß sie dann einen jeden bey seiner ordentlichen und gehoerigen Obrigkeit fordern, und keines weegs anderstwo fuernemmen, bey straff der außschaffung.//
98. Was von einem roß, rindvieh vor pfandtgelt zu geben, und wie der
schaden zuersetzen
Wann jemandts vieh einem andern schaden thut, desselben vieh, es seyen wenig oder
Nr. 21: Harthausen, v. Riedheim'sehe
Adelsherrschaft
557
vil stuck, solle dem ambtsknecht oder eschew, wo er das pfaendt, nemlichen von einer
person so ueber verbott im feld, maeder oder holtz angetroffen wird, 6. kreutzer von einem pferdt, 3.kr. von einem rindvich, 3. kr. von schwein, jung oder alt, 2. kr. von
gaenß, jung oder alt, 4. heller von einem gueterwagen, so auff einem acker oder maeder angetroffen wird, 15. kreutzer. Jtem von einem getraidwagen, er seye beladen oder
nit, 10. kreutzer pfandtgelt geben, darzu dem beschaedigten den schaden nach billichkeit abthun.//
99. Wann argwoehnische leuth im dorff angetroffen werden, es seye bey tag
als nacht, sollen solche der herrschafft angezeigt werden
Welcher unterthan bey naechtlicher weil im dorff, haeusern oder staedlen, argwoehnische leuth sihet oder findet, der solle es gleich der herrschafft ohne Verzug anzeigen,
bey straff 5. pfundt heller.//
100. Es sollen die unterthanen vor der herrschafft oder dessen aufgestellten
beambte in gebuehrender kleydung erscheinen und respectieren
Verordnet die herrschaft auch mit allem ernst, daß forthin, da einer oder der ander was
vor der herrschafft oder dessen aufgestellten beambten zu thun hat, oder vor dieselbe
gefordert wurde, allezeit seinen rock antragen solle, welcher es aber nicht thun wurde,
und in seinem alten trappen verbleiben, und die herrschafft nicht gebuehrender massen
respectieren wolte, der soll umb 2. pfundt heller gestrafft seyn.//
101. Straff derjenigen, so in der herrschafftl. und andern hoelzern mit
holtzhauen und faellen schaden thun
Demnach der herrschafft gantz glaubwuerdig vorkommen, auch selbst erfahren und in
acht genommen, daß so wohl frembde angraentzende, als auch hiessige, unterthanen
heimlicher unerlaubter weiß, nicht allein in der herrschafft eigenen, sondern auch
andern hoeltzer mit holtz-hauen und faellen grossen schaden thun, und zufuegen, welches aber keines weegs kan, und soll passiert werden, so ist derenthalben der herrschafft ernstlicher will, daß man sich in dergleichen, gaentzlichen darvon enthalte, und
abstehen soll, wurde aber einer oder der andere, wider gemeltes verbott freventlich
handien, solle der Verbrecher 4. gulden straff, darzu dem beschaedigten den hierunter
erlittnen schaden nach billichkeit abthun, warauff ein holtzwart und ambtsknecht genau
obsicht halten soll.//
558
Die weltlichen
Staaten
102. Es sollen keine untaugliche leuth oder kinder zu denen gemeindtsfrohnen nicht geschickt werden
Weilen auch bereits oeffters wahrgenommen worden, daß bey den gemeindten kinder
oder sonsten zum arbeiten untaugliche leuth, an die gemeindt zum weeg und Steeg machen, auch andern gemeindtsfrohnen geschickt werden, als wird denen gemeindtsfuehreren (als welche ohne das ihr eyd und pflicht auff sich haben) alles ernst anbefohlen, dergleichen heylose und zum arbeiten untaugliche leuth nicht anzunemmen,
sondern selbe fort zuschicken, und andere statt deren taugliche leuth herbey zuschaffen, und selbigen ihre verdienst auß der gemeindt zu bezahlen, das gelt aber von dem
saumseligen zu forderen, worbey sie auch von der herrschafft sollen manuteniert werden.//
103. Unterthans kinder, so handwerck gelernet, sollen 2. jähr in die frembde
ziehen
Die unterthans kinder, so handwercker koennen, die sollen 2. jähr in die frembde ziehen, zuvor aber nicht haußsaessig eingelassen werden.//
104. Wie sich die eschew und ambtsknecht zu verhalten haben
Weilen nun der eschew und ambtsknecht zu forderist seiner gnaedigen herrschafft, und
der gemeindt mit coerperlichen eyd verpflicht ist, wie nicht weniger auch einer gantzen zutsronmlihg
gemeindt angelobt,daß sie allen herrschafftlichen und gemeinen schaden wollen wahrnemmen, solches warnen, der herrschafft gebuehrender massen anzeigen, darmit bey
diser vorgeschribnen Ordnung gehalten werde; als gehet von herrschaffs wegen an einen solchen ambtsknecht und eschew die erinnerung und Warnung, daß sie von keinem,
er seye unterthan oder beywohner, oder wer der auch immer seyn kan und mag, das
wenigst geschenck und gaaben, weder sie oder die jhrige annemmen, dardurch die delicia verschwigen bleiben, noch weniger eine ansehung der person machen, und einen
vor den andern halten sollen, sondern sie sollen alle vorbey gehende und einschleichende schaeden, verbrechen, frevel, unordnungen, so gleich der herrschafft anzeigen, und
auff alles, in Sonderheit mit verderbung der hoeltzer und verwuestung der lieben
fruechten (es sey mit vich oder leuthe) wie nit weniger auff die bruehl, und maeder,
fleissiges auffsehen haben, alles ordentlich pfaendten, und anzeigen, worbey ihnen
ambtsknecht oder eschewen, von allen ihre gebuehr, als pfaendt und schaffgeld, ohne
anstandt und also gleich solle entrichtet werden; widrigenfalls so sollen sie wegen ihres
nachsehens und hinlaessigkeit zur gebuehrender straff gezogen werden.//
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Adelsherrschaft
559
105. Frevel gegen dem beambten, ambtsknecht und eschew
Welcher den beambten, ambtsknecht und eschew als der gnaedigen herrschafft verpflichten diener, attaquieret, schaendt, schmaecht, und freventlicher auch hoechstverbottener weiß raufft, oder schlaegt, der soll, es seye mann- oder Weibsperson, vor solche frevel, ohne alle erhaltende gnade 30. pfundt heller zur straff verfallen seyn, und
den geschlagnen und beleydigten ambtsknecht als einen verpflichten diener oder
eschew vor die erlittene schlaege 10. pfundt heller bezahlen, darwider kein relaxation
oder gnad, zu hoffen ist, weilen solches freventliches attentatimi eine gnaedige herrschafft wegen der dahin tragenden ambts- und dienstpflichten selbst tangiert, und angreifft, worbey aber sonderlich in acht zu nemmen, was hieroben bey dem 91. artickul
erwoehnet worden, daß wo ferne jemanden sich wider den herr- schafftl: beambten
vergreiffen solte, die straff jederzeit nach herrschafftl: ermessen, und befindenden
umbstaenden vergroesseret und geschaerpfft wuerde etc..//
106. Zehendtordnung
Damit auch maenniglichen bekandt werde, wie man sich kuenfftig hin mit dem zehendtreichen zu verhalten. Als solle
1) Das schneiden maenniglich verbotten seyn, biß die herrschafft solches erlauben
wird, es waere dann, daß man erkennen kunte das korn reiff zu seyn, so solle man es
dannoch, ehe man zuschneiden anstellt, der herrschafft zuvor anzeigen, da aber einer
deß gemeinen schnitts nicht erwarten koente, und zuvor etwas ab- oder einschneiden
wolle, solle er dasselbige an gemeinen garben, und gar nicht bueschelen weiß zusammen sammlen, zuvor aber den geschwohrnen zehendtknecht darzu nemmen, der die
garben abzehle, den zehendt aber zu nemmen nit schuldig seyn solle, biß man den
gemeinen schnitt anstellt.
2) Solle weder baur noch soeldner außzehlen, er habe dann den zehendtknecht auff
dem acker, er sehe ihn oder nicht, zuvor geruffen, kommt er nach solchem rueff nicht,
hat alsdann baur oder soeldner macht außzuzehlen.
3) Solle auch keiner, er seye baur oder soeldner am auffheben, oder sammlen außzehlen, da aber gar auffgesammlet, solle der baur selbst, sein knecht, baeurin, magd
oder tagwercker außzehlen, die zehendtgarb, wie recht, hinauß legen, und nicht hinauß
auff die aecker werffen, wie die, so nicht gern zehendt geben, pflegen zu thun, also solle es mit denen soeldnern auch gehalten werden.
4) So solle auch weder baur noch soeldner an keinem acker auffladen, es seye dann
zuvor der zehendt außgezehlt, und nicht erst im auffladen außzehlen wollen, noch sollen.
5) Da der baur oder soeldner von einem auffgesammleten acker gienge, und den
zuvor nicht außgezehlt haette, hat der zehendtknecht ohne ersuch deß baurs oder soeld-
560
Die weltlichen Staaten
ners gewalt den zehendt außzuzehlen, und das seinig hinweck zu fuehren wohl macht.
6) Da sich begebe, daß regenwetter wolte einfallen, und der baur oder soeldner ein
acker auffgesammlet, und wolte die garben zu hauffen tragen, sollen sie vor und ehe
sie die garben zusammen tragen, den zehendten außzehlen.
7) Da baur oder soeldner an einem oder mehr aeckern auffsammlet, und ein gefahr
mit den garben braucht, wiewol bißweilen geschieht, also daß er die 9. groß, die zehende aber vil kleiner machen solte, so soll der zehendtknecht bey seinen gethanen pflichten dise solche mit gefahr außgezehlte garben nicht zusammen tragen, sonderen ehender sich umb den ober- oder unterambtmann bewerben, ihme dieselbige garben
verreissen, widerumb in die zeil hinein legen, und änderst außzehlen, ihme seine kleine
garben selbsten lassen; begebe sich aber, daß baur oder soeldner sein korn schon ab
dem feld oder acker hinwerck gefuehrt haette, sollen solche garben in seinem stadel
gegen einander besichtiget werden.
8) Dieweilen die arme leuth mit aehren in den feldern grosse ungelegenheit und
ubertrang machen, also soll man hiemit ernstlich ihnen verbiethen, daß sie sich in
keinem acker durchauß nit finden lassen sollen, biß derselbig von garben gantz abgekehrt und geraumbt ist; es wuerdet auch verbotten einige garb auff dem acker zu verschencken, sondern im stadi; wegen abkuertzung der garbendieb ihrer vortheilhafftigkeit, und daß sie ihren schalck darmit nit mehr, wie schon vil und offt beschehen,
solten bemaentlen koennen. Wer nun darwider thut, er seye baur oder soeldner, soll
darumb pr. ein gulden gestrafft werden. Beschlueßlich will gnaedige herrschafft, allen
ihren ober- und unterambtsleuthen hiemit ernstlich aufferlegt und befohlen haben, daß
sie auff abgezehlte artickul fleissig- und ordentlich halten, und da sie einen
unterthanen, der wider obgemelte stuck einem oder mehr gehandlet haette, ergriffen,
und so er dessen ueberwisen wurde, sollen sie denselbigen alsbald in verhafft nemmen,
darinnen ligen lassen, und bey der herrschafft sich ferneren bescheids erholen; der
acker, darauff der zehendt unrecht geben, oder betrug gefunden wird, solle befindenden
umbstaenden nach der herrschafft heimgefallen seyn, es solle aber alle jähr vor der
erndtzeit dise gemachte zehendtordnung allen gemeindtsleuthen verstaendiglich vorgelesen werden, damit sich keiner der Unwissenheit halber zu entschuldigen habe.//
107. Sollen alle verfallene straffen innerhalb 8. tagen, als die straff dictiret worden, vor
ambt erleget, oder bey herfiierscheinender nachlaessigkeit mit allem ernst eingetriben
werden.//
108. Letztlichen behaltet sich die herrschafft bevor, dise ihre Ordnung, verbott und gebott
* zu aendern, zu mehren oder zu mindern, wie sie jederzeit vor gut ansehen wird.//
Gleichwie nun dises alles mein ernstlicher befelch, will und meinung, auch alleinig zu
fortpflantzung- und erhaltung guter pollicey, zucht und erbarkeit, mithin zu der unterthanen eigenen nutzen und bestem angesehen ist; also thue hierdurch allen und jeden
Nr. 21: Harthausen, v. Riedheim'sehe
Adelsherrschaft
561
meinen unterthanen sambt und sonders mit geschaerpfften ernst anbefehlen, daß
dieselbe allen obigen puneten getreu und gehorsamblich nachkommen, und von der
darauff gesetzten straff sich hueten sollen, widrigenfalls ein jeder ihme selbst, und
alleinig die schuld beymessen solle, wann man zu behaubtung deß schuldigen gehorsambs wegen der ubertrettung ihne mit wuercklicher und unnachlaeßlicher straff ankommen wird; dargegen alle gehorsame und getreue unterthanen, welche diser
pollicey-ordnung, und meinen befelchen folg leisten wollen und sollen, hierauff das
handgeluebt zu geben, von mit aber fernem gnaedigen schütz, huelff, rath und protection zu allen zeiten sich zu getroesten, und solchen wuercklich zu geniessen haben sollen.//
*
Publiciert den 1 l. ,en novemb[e]r anno 1723.// L[oco] s[igilli] Marquard Antoni
D.Der Schwäbische Reichskreis
Nr. 22: Bettler-, Gauner- und Polizeipatent „deß hochlöblichen Schwäbischen creyß" vom 6. 5. 17201
Nachdeme das hoechstschaedliche jauner- und anderes diebs- und herrenloses gesind,
ohngeachtet der darwider außgegangenen edicten, gleichwohl eine zeit hero sich haeuffiger als vorhin in dem Schwaebischen Creyß eingefunden, auch an zerschiedenen orten
solche gewaltthaetigkeiten, raub und pluenderungen außgeuebet, daß man billich auf
alle weis und wege und mit Vorkehrung mehrerer schaerffe dahin zutrachten hat, wie
diesem ubel mit nachdruck gesteuret, und der nothleydende unterthan sowohl deßfalls
in ruhe und Sicherheit gesetzt, als auch der durch ohngehinderte gestattung deß bettels,
woraus zumahlen die meiste unordnungen entspringen, ihme zuwachsenden grossen
beschwehrden enthoben werde: So hat man sich ab Seiten derer fuersten und staende
dieses creyses ueber folgende Verordnung verglichen, und solche ueberall in dem creiß
per patentes kund zu machen beliebet, damit sich maenniglich darnach richten, auch in
einer durchgaengigen gleichheit darob ernstlich gehalten werden moege; und zwar so
sollen, was voerderist den bettel belanget://
*
1. Alle und jede außlaendische bettler und vaganten sich laengst innerhalb 14.tagen,
nach publication dieses patents, aus dem creyß fortmachen oder aber gewaertig seyn,
daß sie (was zumahlen starcke und gesunde personen seynd) das erstemahl nebst wohlempfindlicher zuechtigung gegen abschwoerung einer urphed aus dem creyß verwiesen,
das zweytemahl, da sie sich wieder betretten lassen, als muthwillige frevler und meinaidige, mit ruthen außgestrichen, und auf dem rucken gebrandmarcket und das drittemahl,
es seyen gleich manns- oder weibs-personen, wann sie auch gleich keine weitere unthat
begangen als offenbahre gottlose veraechter dieser heylsamen Verordnung gar mit der
1 Gedrucktes Exemplar aus dem StadtA Augsburg, Schwäbischer Reichskreis, Reichs- und Kreispatenta von
1700-1732, Bd. 159, Akt 53.
564
Der Reichskreis
todesstraf angesehen werden. Dahingegen//
2. Diejenige bettler, welche ihre heimath in dem creyß haben, in eben solcher zeit von
14. tagen nach publication dieses, sich dahin ohnfehlbar, wo sie sich nicht straff-faellig
machen wollen, zu begeben haben, worauf sie dann//
3. Jedes orts benantlich zu specificiren und zu beschreiben, auch ihnen der noethige
unterhalt dergestalten zu verschaffen, daß//
4. Diejenige, so gesund und starck, mithin zum arbeiten tuechtig sind, entweder in ihrem geburths- oder einem andern ort, wo sie etwa fueglicher unterzubringen, dazu anzuweisen, auch auf den fall, da sie sich faul und hartnaeckig bezeigen solten, mit schlaegen, welche nach befund der sachen zu vermehren, anzuhalten: Wo sie sich aber
dadurch noch nicht bessern wolten, in ein zuchthauß zu thun, oder da sich die gelegenheit dazu noch nicht fuegte, zum schellenwerck oder schantzen, auch andern gemeinen
arbeiten mit reichung wasser und brod, zu verurtheilen. Wie dann auch II
5. Solcher einheimischen bettler kinder, wo sie alters und gesundheit halber ihr brod zu
verdienen geschickt sind, von jedes orts obrigkeit zu diensten, baurenarbeit oder handwerck zu lernen, anzuhalten, damit sie nicht in das liederliche leben gerathen, und anderen beschwerlich seyn moegen, da dann letztern falls, wann sie nemlich zu handwerkkern aufzudingen, die sache also einzurichten, daß sie anstatt und wegen mangel des
aufding- und lehrgelds sich auf eine laengere zeit verdingen oder versprechen, die
obrigkeit aber oder gemeinde, wo es noethig, zu anschaffung der kleyder denenselben
die hilfshand biete, hingegen so sollen//
6. Die gebrechliche, schwach und krancke personen jedes orts so gut moeglich in denen
hospitaelern, armen-, siechen- und lazareth- oder andern haeussern untergebracht und
zu deren unterhalt ein gewißes allmosen angewiesen werden, dergestalten, daß hierzu
vorderist die vor die arme gemachte stifftungen anzuwenden: wo solche aber nicht hinreichig von der obrigkeit durch beyziehung der unterthanen, welche, wann sie der ungemaechlichkeit deß bestandigen bettlens von denen thueren enthoben, das ihrige um so
leichter hierzu beytragen koennen, eine allmosen-cassa, unter obsicht einer gewissenh a f t e n person aus der gemeind anzuordnen und wegen deß beytrags hierzu etwa dieser
modus zu beobachten, daß die samlung entweder vor denen kirchthueren, zumahlen wo
sich viele weyler, die dahin eingepfarret sind, befinden, oder aber bey gantzen gemeinden vor denen haeussern alle sonn: und feyertaege, auch bey hochzeiten specificirter
geschehe, damit ein oder der andere, welcher nach seinem vermoegen ein mehrers zu
geben faehig, allenfalls von der geistlichkeit seiner christlichen pflicht und Schuldigkeit
erinnert werden koenne. Falls aberII
7. Ein oder andere gemeinde mit einheimischen armen allzusehr beladen, so daß sie
Nr. 22: Bettler-, Gauner- und
Polizeipatent
565
solche alle nothduerftig zu unterhalten ohnvermoegend waere, so haette jede obrigkeit
dahin zu sehen, daß ihnen von andern vermoeglichern orten ein ergiebiges darzu beytragen werde. Und da es auch//
8. Viele haußarme leute gibet, welche ihren kindern den noethigen unterhalt nicht verschaffen koennen, so waere denenselben gleichfalls in so lange biß die kinder zur arbeit
faehig und mit denenselben nach jnhalt deß obigen 5. §. verfahren werden koente, nach
anordnung der obrigkeit, nothduerftig zu statten zu kommen. Dagegen//
9. Solchen eitern ernstlich und unter gewiser straffe aufzuerlegen ihre kinder zu hauß zu
behalten und sie zur arbeit als spinnen, stricken oder worzu sie sonsten tuechtig, nach
und nach anzugewoehnen: So sollen auch//
10. Die invalide Soldaten von jedem stand, deme sie gedienet, verpfleget und dagegen
zu wachten und andern Verrichtungen, zu denen sie annoch tuechtig, angehalten, mithin
denenselben keines wegs verstattet werden, daß sie hier und dar herum vagiren moegen;
und damit auch alle gelegenheit zum bettel um so mehrers abgeschnitten werde, sollen//
11. Die unterthanen alle bettler, ohne unterscheid, vor ihren haeussern abweisen, weil
ohne dieses der vorgesetzte zweck nimmermehr zu erreichen, sonsten aber ein jeder seine barmhertzigkeit gegen die arme genugsam verspuehren lassen kan, wann er sich gegen die allmosen-cassa desto freygebiger bezeiget, als aus welcher cassa nicht weniger//
12. Denen jenigen, so etwa das jhrige durch brand oder andere unfaelle verlohren, und
dahero zu ihrer etwelchen wiedererholung eine beysteuer zu suchen benoethiget sind,
bewandten umstaenden nach etwas abzureichen, jedoch nicht anders als wann sie mit
gueltigen attestatis von ihrer obrigkeit versehen, welche attestata gleich bey dem eintritt
in den creyß zu examiniren, und von ort zu ort, wo sie passiren, von jemand glaubwürdigem zu unterschreiben, damit man sich deren nicht zum herum schweiffen gebrauchen moege, als auf welchen fall gegen solche leute die schaerffe ebenmaessig vorzukehren und dieselbe von ort zu ort nach ihrer heymath zuruck zu verweisen. Welches
auch//
13. Bey denen reisenden handwercks-purschen, die oeffters dem fechten, wie sie es nennen, lieber nachgehen, als sich auf ihrer hanthierung fortbringen, zu beobachten, daß
dieselbe nemlich nicht zu passiren, wo sie nicht ein attestatum, wo sie hin wollen, von
dem handwerck, worunter sie gehoeren, bey sich haben, welches attestatum denn auch
nicht weiter gueltig zu erkennen, es waere dann, daß von dem handwerck letztem orts,
dahin sie gewolt, wiederum (welches umsonst geschehen solle) attestirt wuerde, daß
keine arbeit daselbsten zu haben gewesen, und sie also weiter an einen andern: ebenmaessig zu benennenden ort sich zu begeben genoethiget seyen, als auf welchen fall
dergleichen leuten wol etwas aus der allmosen-cassa, der nothdurfft und distanz der oer-
566
Der Reichskreis
ter nach, angedeyen koente, ausser deme aber, und da sie nur dem faullentzen nachgehen, ist ihnen im mindesten nichts, weder aus dem allmosen noch vor denen thueren zu
reichen, sondern dieselbe unter die miliz zu nehmen, oder sonsten gleich denen vaganten aus dem creyß fortzuschaffen. Gleicher gestalten wird auch//
14. Denen im creyß herum ziehenden pfannenflickern, kramern und hausieren!, spielleuten, fremden juden, und dergleichen, dergestalten hiemit ziel und maaß gesetzet, daß
die 3. erstere entweder gar nicht, oder gleich denen uebrigen nicht änderst als unter
gueltigen paessen von ihren obrigkeiten passiret werden sollen, da aber dergleichen
leute sich gleichwohlen ohne paß in den creyß einschleichen solten, sind solche//
15. Sofort anzuhalten, und in ihr heimwesen zu verweisen, mit dem betrohen, daß falls
sie wiederum ohne paß betretten werden, man sie als vaganten, wie oben §. 1 gemeldet,
tractiren werde: wovon zu gleicher zeit auch der obrigkeit, worunter solche personen
seßhafft, nachricht zu ertheilen: Demnaechst so werdenII
16. Wegen der Steigbettler, pilgrim, falschen brieftraegern, faelchlich sich vor adelspersonen oder abgedanckte officiers außgebenden personen oder fahrenden schuelern,
ingleichem deren, so auf eine brandsteuer, oder zu kirch- und schulen faelschlich samlen, die vorige Verordnungen theils hiermit wiederhohlet, theils dahin extendiret, daß
selbige auf betretten entweder mit einer leibesstraff, als dem ohr-abschneiden, beleget,
und aus dem creyß verwiesen, oder in das zucht-hauß, dergleichen bald moeglichst in
dem creyß zu errichten beschlossen worden, gesetzt, indessen aber nach Kehl gebracht,
und allda in eisen geschmiedet, bey wasser und brod mit schwehrer arbeit beleget werden sollen. Auf welchen fuß auch//
17. Die verstellte geistliche und ordensleuthe zu tractiren, die verdaechtige aber, und da
deren ohne sufficiente paesse angetroffen werden solten, anzuhalten, von ort zu ort zu
dem naechsten decano, oder allenfalls ad ordinarium zu fuehren, allda zu examiniren,
und so dann, nach befinden, entweder weiter fortzuweisen, oder gebuehrend abzustraffen. Belangend nun auch//
18. Das gottlose und verruchte jauner- und zigeunervolck, so wird nicht allein dasjenige, was deßfalls in anno 1718 per patentes kund gemacht und statuirei worden, hiermit wiederholet und bestaettiget, daß sie nemlich, sie seyen auf einer missethal ergriffen, oder sonsten in andere wege kundbar gemacht, sine strepitu judicii, und nur auf
einig vorlaeuffiges examen, zum rad condemnirt werden sollen; sondern es wird auchII
19. Sothane letztere Verordnung dahin weiter geschaerffet, daß deren weibern und
kindern, so das 18 jähr erreichet, und solcher leichfertigen bande nach gefolget, auch
sich vom raub und diebstahl ernaehret, in kuertze der process zu machen, und an statt
deß schwerds der sträng anzudictiren; welcher straffe, des stranges nemlich, auch//
Nr. 22: Bettler-, Gauner- und Polizeipatent
567
20. Alle diejenige, welche diesem schaedlichen gesind freywillig und ungedrungen den
unterschleif gestatten, ihnen die victualien, traenck und andere nothwendigkeiten zubringen, deren geraubte sachen wissentlich verkauffen, an sich erhandeln, oder auch
den raub außspaehen, verkundschafften, und sonsten in andere wege dazu behuelfflich
sind, falls nur ein oder anderer gefaehr licher umstand unterloffen, und rechtlicher Ordnung nach auf sie gebracht worden, unterworffen, massen sonsten mancher raub unterbliebe, wenn der gleichen leichtfertige leuthe nicht vor oder nach der hand hierzu
Vorschub gethan haetten: Da es sonsten//
21. Ratione der uebrigen raeuber und diebe, bey deme was in peinlichen halßgerichtsordnung kaysers Carl deß fuenften, und denen gemeinen rechten verordnet, und der Observanz gemaeß ist, sein bewenden behaelt. So viel aber//
22. Die zigeuner- und jaunerkinder, so noch unter dem 18. jähr sind, betrifft, so sind
solche nach denen vorigen conclusis, biß zu errichtung derer zuchthaeußer, so gut
moeglich, auch dergestalten, daß sie im Christenthum unterrichtet werden, unterzubringen, und mit ihnen nach jnhalt deß §. 5 zu verfahren. Sölten sich auch//
23. Zuweilen solche personen finden, und beygefangen werden, welche sich zur
todesstraffe nicht qualificiren, so sind dieselbe vorgedachter massen in die von creyßes
wegen zu erbauen resolvirte, oder indessen in andere hier und dar befindliche zuchthaeußer zu bringen, gestalten sachen nach aber, und da solche personen schon aus anderen creyßen weggejaget worden, sind solche, wo es Weibspersonen sind, auf das erstmalige betretten, mit scharffer ruthen-zuechtigung und brandmarck auf dem rucken, oder
abstutzung eines ohrs auf abgeschworne urphed aus dem creyß wieder zu verweisen,
und nach weiterem betretten mit der todesstraf anzusehen, oder aber, da es mannspersonen sind, nach obigen 16. §. zu tractiren. Damit aber auch//
24. Dieses hoechstschaedliche gesind desto ehender zur gebuehrenden strafe gezogen
werden moege, so sollen alle und jede graentzbeamte, mauthner, zoller und thorschreiber, ja auch die in denen doerffern hin und wieder, wo es fueglich seyn kan, aufzustellende wachten, genaue achtung haben, damit niemand verdaechtiges passirt werde.
Nicht weniger sollen//
25. Die unterthanen denen beamten und schultheissen jedes orts unter sonst zu befahren
habender harten bestraffting anzeigen, was vor leuthe bey ihnen einkehren, damit man
auf alles liederliche gesind und verdaechtige personen ohne anstand greiffen, oder ihnen
nacheilen, sie zur verhafft ziehen, und gebuehrenden rechtfertigung bringen moege. Es
hat auch die hin und wieder ligende creyßmiliz, da sie solcherley gesind in dem ort ihres
quartiers vermerckte, solches so gleich zu arrestiren, und dem naechsten beamten die
anzeige davon zu thun, um weiter damit verfahren zu koennen: und damit der creyß von
568
Der Reichskreis
solchen leichtfertigen und in denen reichs-satzungen ohnehin praescriten gesind gesaeubert werde, seynd//
26. Die in jedem unter denen staenden hin und wieder verglichenen districten bestellte
officiers und beamte besonders angewiesen, daß sie fleissig mit einander correspondiren, und sich auf kundschafften legen sollen, damit, wo dergleichen jauner und diebsvolck sich befindet, solches ohne anstand bey-gefangen, und entweder lebendig zur
hafft gebracht, und der obrigkeit, welche an dem ort der ergreiffung die criminal-jurisdiction zu exerciren hat zur inquisition und bestraffung außgelieffert, oder, da sich solches mit gewalt widersetzte, gleich auf der that getoedet werde. Zu welchem ende
dann//
27. Die hoch- und loebl. staende ihre miliz auf verlangen ohnweigerlich verabfolgen zulassen, auch sonsten allen Vorschub zu thun haben: Massen sonsten//
28. Da man auf beschehenes ansuchen nicht mit verlangter hilffe erscheinen, oder das
ertappte gesindel ungestrafft hingehen lassen, oder sonsten dem selben conniviren solte,
der hernach daraus entstehende schaden und Unkosten von dem saumseeligen und
schuldhafften theil wieder zu erfordern und zu erstatten: Und gleichwie//
29. Die beyfahung dieser leute ein gemeinnutzige und abgeredte sach ist, dadurch
niemanden an seinen juribus, praerogativen und gerechtsamen praejudicirt werden solle:
Also ist auch//
30. Jn allweg billig erachtet worden, daß diejenige, so hierzu etwas beytragen, dergleichen leute offenbaren und angeben, nicht unbelohnet bleiben: Massen dann der
jenige, so einen jauner oder zigeuner entdecket, daß man dessen habhaflft, und die justiz
mit der todes-straf an ihn vollstrecket werden kan, nebst verschweigung seines namens,
vor jede person 20. fi., wo es aber nur zum stauppenschlag kaeme, vor jede 10. fl. haben, und wenn ein solcher denunciant von der bande selbst waere, und die entdeckung
freywillig thaete, neben solcher belohnung auch noch sicher geleit und perdón, auch
bewanten umstaenden nach, noch mehrers geniessen solle, wie dann auch//
31. Denen Soldaten dasjenige, was bey denenjaunern und zigeunern gefunden wird,
hinfuero, wann solches vorhero der obrigkeit eingelieffert worden, weil dadurch das
corpus delicti oeffters viel ehender kan an den tag gebracht werden, nach befinden, und
da sich kein eigenthumer darzu angibt, wohl ueberlassen werden kan. Und da auch//
32. Bey jähr- und andern maerckten oeffters diebstaehle beschehen, welche nicht so
gleich kundbar werden; so hat jede obrigkeit diejenige, denen solcher gestalten etwas
entwendet worden, zu vernehmen und das quantum deß diebstahls aydlich erhaerten zu
lassen, damit, wann solches diebsgesind daraufhin ertappet wird, das corpus delicti,
Nr. 22: Bettler-, Gauner- und Polizeipatent
569
durch beschehende communication, desto ehender heraus gebracht und verificiret werden koenne. Uber dem allem sollen auch//
33. Die schaedliche wilderer und wildpretschuetzen, welche die forstbediente oeffters
auf leib und leben angehen, aufgefangen und zur straf gezogen, auch gegeneinander auf
beschehene anzeige und nahmhafftmachung derer delinquenten huelffliche hand gebotten, die mit ergreiff- und außliefferung befoerdert, und keinem kundbaren wilderer
wissentlicher dingen von denen unterthanen, unter harter straffe, unterschleif gegeben,
vielmehr, wenn auch gleich das verbrechen in fremden foersten geschehen, der Verbrecher nichts destoweniger zur hafft gezogen und mit demselben, denen peinlichen rechten nach, verfahren werden: Und damit//
34. Diesem allen destomehr nachgelebet werde, auch sich keiner mit der Unwissenheit
entschuldigen koenne: so ist dieses patent sofort an gewoehnlichen orten zu verkuenden
und zu affigiren, auch alle quartal vor denen kirchen und rathhaeußern abzulesen.
Augspurg den 6. may 1720.//
*
Der fuersten und staende deß loeblichen Schwaebischen Creyßes, bey gegenwaertigallgemeinem convent, anwesende raethe, bottschaften und gesandte.//
Anhang
Quellen und Literatur
Quellen
Die edierten Policeyordnungen tragen folgende Archivsignaturen:
Nr. 1 : StadtA Augsburg, Reichsstadt, Ordnungen und Statuten, Karton 14, Akt 340.
Nr. 2: StadtA Augsburg, Reichsstadt, Polizei, Ordnungen und Statuten, Karton 2, Akt
54, S. 1-139.
Nr. 3: StadtA Augsburg, Reichsstadt, Ordnungen und Statuten, Karton 14, Akt 343.
Nr. 4: StaatsA Augsburg, Reichsstadt Kempten, Akt 16.
Nr. 5: StaatsA Augsburg, Reichsstadt Lindau, MüB, Lit. 34.
Nr. 6: StaatsA Augsburg, Kloster St. Stefan Augsburg, Lit. 176.
Nr. 7: StaatsA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Lit. 84.
Nr. 8: KlosterA Oberschönenfeld, Lit. 1 . 1 . 1 . 1 .
Nr. 9: StaatsA Augsburg, Hochstift Augsburg. NA, Akt 588 a
Nr. 10: Stadt- und StaatsBi Augsburg, 4°Augustana 283-2.
Β 27. Alte Signatur: Laden XIV,
Nr. 11 : StaatsA Augsburg, Damenstift EdelstettenutsronlkihgfedcbaXVSNLIHFA
Fase. II, Nr. 16.
Nr. 12: StaatsA Augsburg, Hochstift Augsburg, NA, Akt 766.
Nr. 13: StaatsA Augsburg, Fürststift Kempten, MüB, Lit. 120, fol. 1^43.
Nr. 14a: StaatsA Augsburg, Kloster Ursberg, Akt 20.
Nr. 14b: StaatsA Augsburg, Kloster Holzen, MüB, Lit. 24, fol. 44-66.
Nr. 15: StaatsA Augsburg, Kloster Wettenhausen, Lit. 2.
Nr. 16: StadtA Burgau, Ordnung vom 7. 10. 1597.
Nr. 17a: FuggerA Dillingen, Akten 9. 1. 13, Gerichtsvogtei Gabiingen, Polizeiordnung
vom 27. 11. 1725.
Nr. 17b: Fugger-Archiv Dillingen, Akten 17. 1. 15a, fol. 2-40.
Nr. 18: StaatsA Augsburg, Adel, v. Königsegg-Rothenfels (Herrschaft), Nr. 139 b.
Nr. 19: StaatsA Augsburg, Oettingen-Oettingen, Regierung A 13.
Nr. 20a: HStA Stuttgart, A 38, Büschel 2. Gedruckte Polizeiordnung, Stuttgart 30. 6.
1549.
574
Quellen und Literatur
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Justi Johann Heinrich Gottlob v. : Gutachten von dem vernünftigen Zusammenhange
und practischen Vortrage alle Oeconomischen und Cameralwissenschaften wobey
zugleich [...] die Grundsätze der Policeywissenschaft [...] vorgetragen werden be-
Quellen und Literatur
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Lauterbeck Georg: Regentenbuch. Auffs fleissigst und herrlichst itzt von newem obersehen und durchaus an vielen orten corrigiert, gemehret und gebessert. Allen Regenten und Obrigkeit zu anrichtung und besserung erbarer und guter Policey, christlich und nötig zu wissen [... ] Itzund allen Potentaten, Königen, Fürsten und Herrn
so sich Erbarer guter Regierung befleissigen Dergleichen in Policey und Kriegssachen viel herrlicher, weiser und nützlicher Ratschlege und bedencken ersparen und
wissen wollen, s. I. 1572.
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auß dem Lauff der Natur [...] furgestelt, s. 1. 1583.
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Villinger Heinz: Die Tätigkeit des schwäbischen Reichskreises auf dem Gebiet des Polizeiwesens (16. Jahrhundert), Diss.jur. Heidelberg 1959.
Weber Friedrich: Sendrecht, Policey und Kirchenzucht: Kirchenrechtsbildung und religiös-ethische Normierung in Ostfriesland und Emden bis Ende des 16. Jahrhunderts
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Weber Matthias: Die schlesischen Polizei- und Landesordnungen der Frühen Neuzeit
(Neue Forschungen zur schlesischen Geschichte 5) Köln 1996.
Weber Matthias: Ständische Disziplinierungsbestrebungen durch Polizeiordnungen und
Mechanismen ihrer Durchsetzung - Regionalstudie Schlesien, in: Michael Stolleis
unter Mitarbeit von Karl Härter und Lothar Schilling (Hg.), Policey im Europa der
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Wegert Karl: Popular culture, crime and social control in 18.th-century Württemberg
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Willoweit Dietmar: Gesetzgebung und Recht im Übergang vom Spätmittelalter zum
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Willoweit Dietmar: Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt. Landesobrigkeit, Herrschaftsrechte und Territorium in der Rechtswissenschaft der Neuzeit (Forschungen
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Wischhöfer Bettina: Krankheit, Gesundheit und Gesellschaft in der Aufklärung: das
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Quellen und
Literatur
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Wüst, Wolfgang: Censur als Stütze von Staat und Kirche in der Frühmoderne. Augsburg, Bayern, Kurmainz und Württemberg im Vergleich. Einführung - Zeittafel Dokumente (Schriften der Philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg 57)
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Wüst Wolfgang: Die gute Policey im fränkischen Reichskreis. Ansätze zu einer überterritorialen Ordnungspolitik in der Frühmoderne. Edition der verainten und verglichnen Policey Ordnung von 1572, in: JffL 60. Festschrift für Rudolf Endres zum 65.
Geburtstag (2000), S. 177-199.
Zobel Karolina: Polizei. Geschichte und Bedeutungswandel des Wortes und seiner Zusammensetzung, Diss, phil., München 1952.
Züsli-Niscosi Franz: Beiträge zur Geschichte der Polizei-Organisation der Republik Zürich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Diss. Zürich 1967.
III. Editionen in Auswahl:
Der Rom. Keyserl. Maiest. reformirte und gebesserte Policey Ordnung zu befürderung
gemeines guten bürgerlichen wesen und nutzen auf Anno MDLXXVII. zu Franckfort gehaltenem Reichs Deputationstag, verfaßt und auffgericht, Meintz LXXXVII.
Des hochwirdigen Fürsten und Herrn, Herrn Georgen, Abbte des eerwirdigen Stiffts
und Gotshauss Kempten, Etliche nötige Articul guter Ordnung, Gesetzen und Pollicey, MDLXII.
Eisenbrand Theodor: Ehehaftsordnungen im Hochstift Eichstätt, Diss. jur. Erlangen
1937, Feuchtwangen 1938.
Franz Günther: Die Hohenlohischen Dorfordnungen, in: Karl und Marianne Schümm,
Hohenlohische Dorfordnungen. Württembergische ländliche Rechtsquellen 4 (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in BadenWürttemberg. A: Quellen, 37. Band), Stuttgart 1985, S. XV-XXXVI.
Genzinger Franz: Die ländlichen Rechtsquellen aus den pfalzneuburgischen Ämtern
Höchstädt, Neuburg, Monheim und Reichertshofen vom Jahre 1585, unter Mitarbeit
v. Reinhard Heydenreuther/ Wilhelm Liebhart/ Hans Schlosser, hg. v. Pankraz Fried
(Veröffentlichungen der SFG 5b/l) Sigmaringen 1983.
584
Quellen und Literatur
Hofmann Hanns Hubert (Hg.): Quellen zum Verfassungsorganismus des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1495-1815 (Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte der Neuzeit. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 13) Darmstadt 1976.
Kern Arthur (Hg.): Deutsche Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts, 2 Bde., Berlin 1905 (Bd. 1) und 1907 (Bd. 2).
Kunkel Wolfgang/ Schmelzeisen Gustav Klemens/ Thieme Hans: Polizei und Landesordnungen I. Halbband: Reich und Territorien, Köln-Graz-Breslau 1968.
Landrecht, Policey, Gerichts, Malefitz und andere Ordnungen Der Fürstenthumben
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Nöth Stefan: Urbare und Wirtschaftsordnungen des Domstifts zu Bamberg, 2. Teil
(Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte X/7) Neustadt a.d.
Aisch 1986.
Pültz Gernot: Das kurfürstliche Dekret zum Abschluß der Münchner Stadtvisitation aus
dem Jahre 1642, in: Elisabeth Lukas-Götz u. a. (Hg.), Quellen zur Verfassungs-,
Sozial- und Wirtschaftsgeschichte bayerischer Städte im Spätmittelalter und Früher
Neuzeit. Festgabe für Wilhelm Störmer zum 65. Geburtstag, München 1993, S.
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Schmelzeisen Gustav, Klemens: Polizei- und Landesordnungen. Quellen zur neueren
Privatgeschichte Deutschlands, Bd. 2, 1: Reich und Territorien, Weimar 1968.
Schmitt Sigrid: Ländliche Rechtsquellen aus den kurmainzischen Ämtern Olm und Algesheim (Geschichtliche Landeskunde 44) Mainz 1996.
Sehling Emil: Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts I-XV, Bde.
I-XV, 1902ff., Neudruck XI/I, Teil Franken: Tübingen 1961.
Spindler Joseph: Hofordnung des Bischofs von Augsburg, Heinrich V. von Knöringen.
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Trauchburg Gabriele v.: Ehehaften und Dorfordnungen. Untersuchungen zur Herrschafts-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte des Rieses anhand ländlicher Rechtsquellen aus der Grafschaft Oettingen (Materialien zur Geschichte des Bayerischen
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Wüst Wolfgang: Von „offnen lästern", „excommunication" und „bueßfertigen christenmenschen". Eine hochstiftisch-augsburgische Polizeiordnung vom 30. Mai 1606, in:
Miscellanea Suevica Augustana (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens 3) Sigmaringen 1985, 89-96.
Quellen und Literatur
585
IV. Repertorien:
Härter Karl/ Stolleis Michael (Hg.): Repertorien der Policeyordnungen der Frühen Neuzeit (Jus Commune, Sonderhefte) Frankfurt a. M. 1996 ff.
Bd. 1 : Härter Karl (Hg.): Deutsches Reich und geistliche Kurfürstentümer (Kurmainz,
Kurköln, Kurtrier), (Jus Commune, Sonderheft 84) Frankfurt a. M. 1996.
Bd. 2: Simon Thomas (Hg.): Brandenburg/Preußen mit Nebenterritorien (Kleve-Mark,
Magdeburg und Halberstadt) (Jus Commune, Sonderheft 111) Frankfurt a. M. 1998.
Bd. 3/ 1,2: Schilling Lothar/ Schuck Gerhard (Hg.), Wittelsbachische Territorien mit
Nebenterritorien (Kurpfalz, Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach, Jülich-Berg, PfalzZweibrücken), (Jus Commune, Sonderheft 116) Frankfurt a. M. 1999.
Glossar, Abkürzungen und Register
Glossar
A
abfretzen abfressen lassen, abweiden
abgethonen abgeschafft, aufgehoben
abpfechten eichen, Maß und Gewicht visitieren
und abstempeln
abschwaiffiger
wer sich außerhalb des Ortes
(Haus, Dienst, Heer), wo er zu sein hat, unerlaubt
umhertreibt
abtrag Wegnahme, Diebstahl
accordiert, akkordieren einen Vertrag schließen
aehret, äheren, aehr klauben Ähren lesen, Aufgabe der Tagelöhner und Armen nach der Ernte
afterschlag
Gipfel und Äste gefällter Bäume
afttermontag, aftermontag, Aftermontag, Dienstag
ainnigungsherren
Einungsherren
aib halb
aid, aide, aldero der
aldtgerichtlich
alt gerichtlich, d. h. die Gerichtsleute sind mindestens im zweiten Amtsjahr
allmosen-cassa, almosenkasten
Armenkasse
allmusenknecht
Pfleger und Aufseher des Almosens
alpen, alp Bergweide
altgesellen nach der Rückkehr aus mehrjähriger
Wanderschaft eines jungen Gesellen, war man noch
weitere drei Jahre sog. Altgeselle
aman, ammann Stadtbeamter, Vogt, Gemeindevogt
an, on ohne
anfeischen, anfeilen zudringliches Anbieten einer
Ware auf dem Markt
angewonisch
argwöhnisch
angloben nicht nur einen promissorischen Eid,
sondern auch einen Offenbarungseid leisten
anhaimbschkhunfft
wieder Heim kommen
änj, ähnj, ähin Ahnen, Vorfahren
anstechen anzapfen, durch Reden reizen, etwas
aus jemanden herauszulocken suchen
anlaschen angreifen, einem etwas anhaben, auch:
sexuelle Kontakte zwischen Unverheirateten
antworter, antwurter einer, der antwortet; wer vor
Gericht Rede zu stehen hat; Beklagter, Angeklagter
anwander Ende, Schmalseite des Ackers, die zum
Wenden des Pflugs benutzt wird
anwirth, anwinden, anwenden hier: etwas zu gebrauchen anfangen; durchbringen
anzeugen, anzeigen kundtun, mitteilen
apostemen, apostem großes Geschwür an Kopf
oder Hals
appelieren, appeliren sich an ein höheres Gericht
wenden, appellieren
apposteli, apostoli, apostel wer von einem Gericht
an ein höheres appellierte, hatte eine Urkunde der
niederen Instanz vorzulegen. Diese wurde Apostelbrief genannt.
ärgerlich Ärgernis erregend, skandalös
argwoehnische, argwönig, argwönisch
beargwöhnen, verdächtig
arraß leichter Wollstoff aus Arras in Flandern
atlas, atlaß, anlas, attlaß glänzender Seidenstoff
aucht Acht
auffacht,
aufacht Aufmerksamkeit,
Aufsicht,
Beachtung
aufferbaeulichkeit, erbauung Hebung der Moral,
policeyliches Vorbild
auffgebotten, aufbieten physisch, in die Höhe heben
auffmanung, aufmanen zur Waffen- und Heerfolge aufbieten
auffsatz, aufsatz Nachstellung, Hinterlist, böse
Absicht
aufloßen nachstellen
ausgehaußte, aushausen übel wirtschaften, sein
588
Glossar, Abkürzungen und Register
Vermögen durchbringen zywvutsrponmlkihgfedcba
aushauen
Holz schlagen
auskehricht
Dreck vom Auskehren der Wohnstube
auslößungen, auslosung
hier: Abfindung
außfertig
auswärtig
außgeschaffter;
ausschaffen
ein Ausgewiesener;
hinausbefördern, austreiben
außschiessen, ausschiessen
auswählen, ausschließen
außschreiben, ausschreiben
schriftlich verkünden,
proklamieren
aych reyß Reisig von Eichen
ayd Eid
azung, vgl. anzi! Zuwendung mit Naturalien, Zahlung
man gebeichtet und kommuniziert hatte.
beinbrüchig
Vieh mit gebrochenen Läufen
beinschrödige,
bainschret, beinschrötig
Wunde,
die bis auf den Knochen geht
beithen, beiten Subjekt ist der Gläubiger, der auf
die Rückzahlung von Schulden warten muß.
beletzennt, beletzen
verletzen
beiz Pelz
bemänteln
beschönigen
beredt, beredung
gerichtliche Auseinandersetzung
beren Fisch- oder Salztröge
berhafften, behaft verfallen, verpfändet
bernen
1. benne: tiefer, zylindrischer Rückenkorb
aus Weidenstäben 2. bere: Netz zum Fischfang. Es
war sack- oder trichterförmig gestaltet und hing an
einer Stange.
bernheüter, bärenhäuter
Schimpfwort, Faulenzer
berost, beroßt
mit Roß und Pferd ausgestattet
Β
beschechen, beschehen
geschehen
beschraien
einen in schlechten Ruf bringen
baarschaft, barschaft, pargeltzutsrponmlkihgedcbaSNKJHGFB
bares Geld
beschwerniß, beschwernis Beschwerde
bachen
backen
beseitzer, beseits
seitlich, auch: nur entfernt verbader Betreiber einer öffentlichen Badstube als
wandt sein
Ehehaftsbetrieb. Bader heilten, rasierten, schröpf-
ten, ließen zur Ader usw. Sie sorgten für den Badebetrieb und kontrollierten die Hygiene. Vgl. auch:
Chirurg (Wundarzt)
bainschrot
am Knochen verletzt
balbierer, auch barbierer
Barbier, Wundarzt
bannholtz
Herrschaftswald
bännisch, bännig, bannisch
worauf ein Bann gelegt ist, hier: Leute, die dem (Kirchen-)Bann verfallen sind
banvischer
Bannfischer
barchat, barchet, barchent; Adj: barchatin
Barchent, starkes Mischgewebe aus Baumwolle und
Leinen, Schürzenstoffe
barchetin, barchenten
aus Barchent gefertigt
baretlin, barett
Kopfbedeckung
batzen, batzenmeister
Münzsorte, Münzmeister
baudingsgelt
Geld für einen Beisitzer einer richtenden oder beschließenden Versammlung der Hintersassen eines Grundherren
baudingszeit
Zeitraum der richtenden und beschließenden Versammlung der Dorfgenossen und
Gerichtsmänner
bauen
anpflanzen
bawersmann
Bauer
bay, bai lockerer Wollstoff, ζ. B.: Krepp oder
Flanell, bis ins 19. Jahrhundert im Sprachgebrauch
bedacht
Nachdenken, Besinnen, Bedenkzeit
beßlcht, bevelen, bevelchen
befehlen
befürdertigemehrt
befördern
begers, beger das Begehren, die Bitte
behenen, behennt, vgl. behänden
einhändigen
beichtzedel
Zeugnis eines Pfarrers/ Priesters, daß
bestallungsbrief
Ernennungsurkunde
bestandbrief
Pachturkunde, Grundurkunde
bestandwasser
Pachtgewässer
betheß
Bettwäsche
betretten
jemanden antreffen
bettel Betteln allgemein; aber auch: Betteln als
einziger Erwerbszweig (negativ besetzt)
beuelch, befel Befehl
bey nebens
zudem
beygebrachte kundtschafft, kundschaft
beibringen
mitteilen, Mitteilung machen
beygenweys
haufenweise
beykauff, beikauf
außerordentlicher Kauf
beynschrott, beinschrot Wunde, welche bis auf
den Knochen geht. Sie ließ bei Verschweigung
Viehverkäufe ungültig werden
beysässen, beisitzer
Einwohner eines Ortes, die
noch nicht Bürger sind; ζ. B.: Handlanger, Taglöhner, Handwerker, entlassene Soldaten usw.
beysiz Beisitz, Vorstufe zum Bürgerrecht
beyspringen, beispringen
helfen
beysteuer
Beihilfe
beywoner, beiwoner
Bewohner eines Orts, der
kein Bürgerrecht hat
bezechter
Betrunkener
bidermann, büdermann
ehrbarer, tüchtiger Mann
biederleuth, biiderlewt, biderleute
unbescholtene,
rechtsfähige Männer
bierbanckh
Stammtisch
bierschauer
Steuerbeauftragter der Herrschaft,
Kontrolleur des Ungelds
biesßen
büßen
589
Glossar
bietgeldszxwvutsrponmlkihgfedcbaZWVUTSRPONMLKHGFEDCBA
Bezahlung für das Bieten; Aufgebotsgegemeinsame Rechnungslegung und den Einzug der
bühr
Abgaben zuständig war. (lat. bursa)
burset, bursat, burscet, busen Brustteil des Gebilligkeit, billichkeit
geziemend, gehörig
wands, zum Aufbewahren von Gegenständen verblumenbesuch
Viehmast (insbesondere Schweine)
wendet
im Laubwald, auf der Allmende oder auf den Weibürß
Pürsch
den
bluthrissigkeit,
blutrunse
nicht tödliche Verletbuschlet
Grasbüschel, Stroh, Reisig
zung, bei der Blut flöß
battel, bitl, pitel
Gerichts-, Amtsdiener, Büttel
böckemverckh
Bäckereiwesen
bux, buchs
Buchsbaum
böti, pött Bett
bodenmaaß,
bodengeld
Naturalienabgabe
an
c
Wein, der im Faß in die Stadt gebracht wurde;
Weinsteuer
cadiß, kadis ein billiger Wollstoff
bom, bam Baum
Calwer
Bürger von Calw
bombasin, bomesin
ein aus Oberitalien stammencandii
weiß, schneeweiß (lat. Candidus)
des Gewebe aus Seide, dann aus Wolle und Seide,
cantor
Kirchenkantor
Kamelhaar, auch: Baumwolle
capitulhauß
Haus der Domherren, Herrenhof
borzen
Reisigbündel; Strohballen
castor, kastor
Biberpelz
bossen
Possen
cavieren
sich hüten vor
bot Gebot, Befehl
comelot, kamelot
ein Wollstoff
bothenzechen, botenzeche
Verpflichtung für Botendienste oder Abgaben, Zeche für das Botenlaufen
bothgeld
Strafgeld
bolhmässigkeit,
botmässigkeit;
botmässig
dem
Landes-, Grund- Leib- oder Gerichtsherrn Untertan
botte, bote, pot Überbringer von Nachrichten oder
Gegenständen, Bevollmächtigter, Bote
brantweiner,
brenntenweiner
Branntweinbrenner
mit Ausschank
brautenwein subben, brautsuppe
Anteil am Hochzeitsmahl, das der Pfarrer, der Lehrer oder Amtsbüttel als Besoldungsanteil erhielt
brenner
Brandstifter
bresthaften, bresthaft
gebrechlich, verkrüppelt
briefe
Urkunden
brigel, prügel
kurzes, rundes Stück Holz, Keule,
Knüppel
brocken
abbrechen, pflücken von allerlei Obst,
Früchten oder Blumen
brodlauben, brotlaube
Verkaufshalle der Bäcker
brunsten
fortwährend unwillig tadeln
büchsenmeister
Hersteller von Waffen und Gewehren
buckheln, buck(e)len
aufgesetzter (Metall-)Zierrat
bueberey, büberei, buberei
spitzbübische Handlung, Schändlichkeiten
buelen, bulen
buhlen
buelwerck
Buhlerei
bues, bus Strafe, Buße
buffer, puffer
kleine Pistole, die in die Tasche
getragen werden kann
buhlschaft, bulschaft
Liebschaft
burat, betrat, vgl. beisatz
Zusatz, Zierde
burs, auch bursamt
Amt oder Stelle, die für die
communionzedel
Zeugnis eines Pfarrers, daß man
gebeichtet und kommuniziert hatte. Herrschaftliche
Auflage, wenn man sich auswärts in anderen Konfessionsräumen aufhielt.
contract, contract
Verträge, Abmachungen
copulation
außerehelicher Sexualkontakt
cordueisch, karduanisch
von Ziegenleder gefertigt, ziegenledern
crepon, krepp Webart, besonders bei Trauer getragen
creuzlich schlagen
eine Wunde, Beule schlagen
cronen, krone
Kranz
cronrapf kronrasch
Wollstoff
current
laufend
D
de nouo, de novo von neuem
dechant
Dekan
de Igel Tiegel, Topf
denglen, dänglen
Sense, Sichel, auch Pflugschar;
durch Klopfen (ohne Feuer) schärfen
des statlicher
nichts desto weniger, um nichts weniger beständig
deserteur
Fahnenflüchtiger
desterbas
um so besser
dignen
fest, zäh, hart
dilation
Aufschub
dilíen, dillene
waagrechte Zaunlatte
dillsaule, dillättlein Zaunpfahl
dinglet, dänglen
prügeln, schlagen
dirnen, dirne Dienerin, Magd
dispensationsgeldt
Geld für die Entbindung von
einer Pflicht
doerren, darren
meist im Kontext von: Hanf oder
590
Glossar, Abkürzungen und Register
Flachs über dem Feuer oder auf der Darre rösten zywvutsrponmlkihgfedcbaEB
ergen, eggen ackern
dohel taffetin glatter Seidenstoff
erkhandtung
Erkenntnis
dombdechant
Domdekan
erkießen erwählen, auswählen
erz kappen besonders schöne Mützen, Kopfbedorffschafft Ortsherrschaft,
Dorfgemeinschaft,
deckung
Genossenschaft
dorffsgerechtigkeit
Dorfgerichtsbarkeit
escheu, eschew, eschay Flurschütz, Flurwächter
dorffshut Dorfaufsicht
etten Weidengeflechte an Flüssen, um das Wasser
dorfmeister Gemeindemeister, Bürgermeister
zu dämmen oder seinem Lauf eine andere Richtung
dorfsfiihrer, vierer DorfVierer, vier Gerichtsleute
zu geben.
im Dorf
etter, edter, either der früher das Dorf umgebende
ducaten, dukate alte, ursprünglich italienische
Holz- oder Weidenzaun; Grenze zwischen Wohnort
Münze in Gold, auch mit weit geringerem Wert in
und Feldflur, Umzäunung
Silber
eyr Eier
duerre hier: klare, einfache und wohl allgemeine
Worte
F
duerrs holtz, dürres holz trockenes Holz
dusaggen, dusecke Waffe nach Art eines Hirschfabuliren
einfältig reden
fängers (Jagdgewehr)
fahen fangen, gefangen nehmen
fahenn, fahen, fachen, fangen gefangen nehmen,
fangen
E
fahrnuß, farnuss
fahrende Habe, Mobilien
edelmärderin
Pelz eines Edelmarders
failschafft, feilschaften
alles, was feil ist; Ware,
edter Zaun, Grenze, siehe auch etter
verkäuflicher Vorrat
ee Ehe
fallieren
Schulden machen, versagen, das Erwareegemecht
Ehegatte
tete nicht leisten
eehäfft, ehafte, ehäfte lokales Sonderrecht auf eine
falliment
Schulden, Verlust, neben der kommerziLiegenschaft, Sache oder Leistung, Privileg, „Geellen Bedeutung: Verlegenheit
rechtigkeit"
fallii Schuldner, Bankrotteur
ehehäften, ehaften Stück Land
faßnacht zehrung, fastnacht speise Fastnachtsesehehalten, ehalte,ehenötige
Dienstboten
sen; eigentlich am Tag vor dem Aschermittwoch, in
ehewirth, ewirt Ehegatte
weiterem Sinn die letzten Tage vor der Fastenzeit,
einhiirthung, hiiethung Eintreiben der Tiere in eivielfach ausgedehnt auf die Zeit vom 6. Januar an
nen Pferch
fasten, faste sechswöchige Fastenzeit vor Ostern,
einlaßgeld, einlassgeld Gebühr am Stadttor, z. B.
beginnend mit Aschermittwoch
für die Weineinfuhr
fäustling Handfeuerwaffe
einmädige Wiese, die nur einmal im Jahr gemäht
fechten betteln, aber nur bei herumziehenden Bettwird
lern
einschichtig vereinzelt, einzeln, selbständig
fechtschuele, fechtschule
Schule, die sich am Ideal
einstandsrecht,
einstandtrecht
Vorrecht
beim
des Waffen tragenden Adels orientierte, zur Übung
Kauf, vom Verkaufsrecht verschieden, aber mit ihm
im Fechten usw.
verbunden.
fehr,feur
Feuer
einstreuen hier: etwas, einen einstreuen
fengkhlichen
gefangengenommen
fernen entfernen
einzäpffen, einzapfen mit Zapfen befestigen
ferrer, verrer, virrer, vere ferner
elen Elle, Längenmaß
fest Bacchi Tag des Bacchus
eni, ene Ahne
festwein, voestwein Verlobung; spezieller: der
enis Branntwein
Verlobung folgende Schmaus
enträssen entziehen
feuerlachen
Löschweiher
entwürktes gestohlen, entwendet, geraubt
feuerstadt, feuerstatt
der Ort, wo Feuer gebrannt
erbbrief, vgl. erbbestandbrief
Pachturkunde
wird; synonym fur Haus und Herd
erber rat ehrbarer, ehrsamer, angesehener oder
fisolen
Bohnen
edler Rat
flecken, fleckhen, fleck Ortschaft
erbiß Erbsen
flohrbinden
langes Blütenband
erdschatz, erschatz Abgabe, welche bei Lehensflorin Gulden (lat. florenus)
wechsel von dem Lehenmann an den Lehenherrn
fluch-koepfe
Person, die flucht
entrichtet werden mußte
591
Glossar
föhine fitter, fòhin futter
Futter aus Fuchspelz
forchi
Furcht
/räche, freche
Frechheit
Franzhoße, Franzhose, Franzose
vor allem im
Sinn von „morbus gallicus" gebraucht, Syphilis
freuel, frevele, fräfl; Adj. :fräuenlich
Frevel
freyung, freiung
Privileg, Steuerbefreiung
fridboth, fridbot
Aufforderung zum Frieden, Friedensbote
fridt häßig, fridhässig
dem Frieden abgeneigt
friedbott, fridbot
das Recht Frieden zu gebieten;
Aufforderung zum Frieden
friedsäulen, fridsaul
Grenzsäule
frohnen, fronen
Fron leisten
frömbde
fremde
fueglicher, füglich
passend, anständig
fuehrdienst
mit Zugvieh, nicht mit der Hand geleisteter Frondienst
fuehrer
Vierer
fuerkaeuffel, fürkauf
das Vorherkaufen; Vorwegkauf, das „zuvor", vor anderen Käufern oder vor
Eröffnung des Marktes geschehende Kaufen zum
Wiederverkauf
fuersehen, fürsehen
voraussehen
fulinen
Erdhäufen,
Misthäufen,
ungeweihter
Friedhof
für
vor
fürfieckh
Schurz; Frauenschürze, auch staatlicher
Schutz
fürgebotten, furbieten vor Gericht laden
fürminder, vormund, fürmund
Vormund
fürpott, furbot
gerichtliche Vorladung
fürschossen, fürschassen
hervorspringend
fürschub
Vorschub (Hilfe, Unterstützung)
fürtüchern
Schurz für das Untergewand eines
Mannes
fürwiz
Neugier, vorlaut sein
futher
Futter, Essen
futterwanne
Gerichtsstrafe
futterwannen, futterwann, futtertrog
Futterstelle
G
gaehling, gähling
plötzlich, schnell, jäh
galaunen, galant
elegant, flott, schön gekleidet
gallonen, gallone
Borte an Kleidern
galtvich, galtvih
Jungvieh oder Altvieh
gannt, gant, ganth; verganten
Versteigerung,
Konkurs, Verlust
ganthordnung, gantordnung Ordnung, die öffentliche Versteigerung betreffend
garnnsinden, garnsieden
Garn sieden
gartenbrueder
so hießen die Wiedertäufer (Anhänger der bekannten Schwärmerlehre), weil sie
sich zunächst oft am Stadtrand in den Gärten trafen
gartenknechte, gartknechte
umherziehende Söldner, vagabundierende Personen, aus der Leibeigenschaft entlaufene Knechte, Landsknechte
gartieren, garten
herumschweifen
gassenknecht
Gehilfe der Policey
gassterey, gasterei
Gastmahl, Bewirtung
gasstung, gastung Aufnahme von Gästen
gaumadt
Wiese, Heu
gebotten, gebot
Ladung, Vorladung zum Gericht
gebräu
Biersorten
gedigner
gehärtet, zäh
gefaell-einnahm
grundherrliche Einnahme, Steuerform
gefaerde, gefärde, gefar böse Absicht, böser Wille; Gefährdung, Gefahr
gefeil
Gutdünken, Vergnügen
gefier
List, Verschlagenheit
gefierer
Wohlbefinden
gegenschweher,
gegenschwäher,
gegenschwiger
bezeichnet den Verwandtschaftsgrad zwischen Personen, deren Kinder verheiratet sind; z. B. ist dann
ein Vater gegenschwäher
eines Schwiegervaters
usw.
gehaeuen, gehäue
bepflanzt wird
ausgehauener Wald, die wieder
gehäuset, gehäusget
Mietwohnung, Wohnraum
im Gegensatz zu Stall und Scheune
gehaym geheim vertraulich
geheuseter
Hausgenosse, Mietbewohner
geheysett, gehäußeter, gehäuset
Mietbewohner
geiert
gejährt, verjährt
geigen
ein Instrument des Gerichtsvollzugs: geigenformiges flaches Holz, mit Ausschnitten, in welche K o p f und Hände der Delinquenten (bes. Frauen)
gesteckt wurden
geigenstraff
Gerichtsstrafe
gekölchet
gekalkt
gelezt
geschädigt
gelibdt, gelübd(e)
nicht nur ein kirchliches, sondern jedes feierliche Versprechen
gelwpt
gelobt
gemäld, gemächt, gemälde und gemächte
Gemälde, aber auch andere Wertgegenstände und Hinterlassenschaften
gemeindsholz
Gemeindewald
gemeindsmaenner,
gemein(d)smann
vollberechtigtes Mitglied der Dorfgemeinde
gemeindsschrein,
gemeindeschachtel
Gemeindekasse, auch deren Aufbewahrungsort: Kasten, Lade
geohmathet
abgemäht
gepeüt
gebieten
gepey
Gebäude
gepfecht, vgl. pfechten
altes Hohlmaß für Flüssigkeiten
geschier
1. Geräte; jedes Werkzeug, das man zu
592
Glossar, Abkürzungen und Register
irgendeiner Arbeit braucht; Arbeitszeug; 2. Gefäß,
hafner
Töpfer
bes. aus Ton, aber auch aus Metall zywvutsrponmlkihgfedcbaH
häger, hag Umfriedung, Hecke, auch: Zaun
geschweyen
Verwandtschaftsverhältnis
haimbschen, heimsen
erbeuten, einstecken, sich
gesodtschneiden,
gesodschneiden
Spreu schneieindecken mit
den
haimbwesen,
heimwesen
Anwesen; freie Untergestäuchß
Kopftücher, Kopfputz
kunft
gestracks
geradeaus
haischet, heischen
holen
gestupfften
markiert
halb scheid
Hälfte
gevatterin
Taufpatin
halß flöhten Halstücher
halßherr, halsherr
Hochgerichtsherr
gevatterleiith, gevatterleut
beide Paten
handbintung, handbietung
mit der Hand Rechtsgevatterschafften, gevatterschaft
Patenschaft
frieden geloben
gewoehr, gewer
Waffe
gichtigen, gichtig
geständig sein
handgeluebd, handgelübde
durch Handschlag verglimpff, gelimpf, glimpf anständig, gebührend,
sichertes eidliches Versprechen
nicht wider die gute Sitte - Anspruch, Rechtsgrund,
handtdienste, handdienst
eine mit der Hand, nicht
mit dem Zugvieh (Spanndienste) geleistete Fron
Befugnis
handtierung, hantierung
Gewerbe
goller hüblein
Perlenhaube
härin, hären aus Haar gefertigt
gollerhembden
Hemd mit Hals- und Schulterteil
hau, gehau
Holzschlag
eines weiblichen Kleidungsstückes; weit herabreichend
haubtladen,
hauptlade
Hauptversammlung oder
gollern
Halskette, Halsband
gottshaußgiither
Pfarrgüter, Eigengüter der Kirche
gottshaußleuth,
gotteshausleute
Eigenmänner eines Gotteshauses
grasen
Gras schneiden, sammeln, holen
grauen, graven
Grafen
grindt
Kopf
großkellerei,
kellerei
Hausverwalter, Amt des
Kellerers als eines herrschaftlichen Finanz- und
Vermögensverwalters
grübe
Vertiefung im Boden, Grenzmarkierung
grumadt, omath
zweite Heuernte im Jahr
gugelfuhren,
gugelfur
Possen, Späße, Scherze,
ausgelassenes Treiben, lärmendes Durcheinander
gulden, ßorenus (fl.) Münzsorte zu 60 Kreuzer
gewechselt.
gälten, gült, gülte, guelten Gült, Abgabeform auch
in Naturalien; abstrakt: Geld
giiltleut, vgl. gültmann
Abgabepflichtiger
gungelhauß, gunngelhauß,
gungel,
gunckelhaeus,
gunkelhauß,
kunkel
Haus, in dem sich urspr.
Heimarbeiter (Textil u. a.) zum Sticken, Spinnen,
Weben usw. trafen. Wegen der meist nächtlichen
und geselligen Zusammentreffen sind diese Einrichtungen des ländlichen Nebenerwerbs der Herrschaft
oftmals suspekt geblieben. Die Kirche nahm gegen
sie als Treffpunkte „leichter" Mädchen Stellung.
H
haegler
Huckler, Träger
haewen, hau Waldstück, aus dem zunächst das ältere Holz herausgeschlagen oder deren ausgewachsenes Holz vollständig herausgeschlagen wird
haffenweiß
haufenweise
Gesamtheit der Zunft zur Regelung ihrer Statuten
incl. der Finanzen und Gerichtsangelegenheiten
haußsessin
heimisch
haymgetaylt, heimverteilen
zuteilen
haymwerffen, heimwerfen, heimweisen
einem den
Eid „zuschieben"
hefftend, heften
Wunde, die genäht werden muß
heier
Hehler
helmen, halm wie nhd. Halm bei Gras und Getreide
herrensay, herrensee
eine Webart
heünt, hein(e)t
heute nacht, von der vergangenen
Nacht
heurath
Heirat
heüraths
abreden,
heiratsabrede
Heiratsabmachung, Verlobung
heyrathsmaenner, heiratsmann
Heiratsstifter
hinderseß,
hintersäß,
hintersässe
Hintersasse;
sitzt hinter einem Herrn als Untertan (Grundholde,
Beisitzer, Gerichtszugehöriger usw.)
hinderstandt, hinterstand
Rückstand von Schulden
hinlessig
nachlässig, gleichgültig
hinschwehren, hinschwören
verloben
hochermeldt, obermeldt
bereits erwähnt
hochfarbig
heller Farbton
hoffart
Dünkel, Hochmut
hofraithen, hofreite, hofraitin
der freie, zum Bauernhaus gehörige Platz; in der Stadt: der Hof zwischen zwei Häusern
holtzmeister,
holtzmaister, holzmeister
Waldaufseher
holzbeugen, holzbeige
geschichteter Holzhaufen
holzbiern, holzbirn
Holzbirne
holzungen
Wälder
593
Glossar
huckner, hucker, huckler, hukler, huckhner
krämer, Viktualienhändler
hucknerey
Kleinkrämerei
Klein-
huebersleuthe
Menschen aus ..., - von diesseits,
von der anderen Seite kommen. Ihre hueb (Habe)
berechtigt nicht zum Bürgerrecht.
hümling
Hümmelbock, -gaiß; ungehömte Ziege
hundsheüter
gemeiner Kerl, Schurke
hur dt Wagenfuhre
hürn Hirn
υ
imber, ingwer Ingwer, aber auch andere Gewürze;
auch Abgabeform: Weihnachtssteuer der Juden
impregnator; impregnation
Schwängerer, Ehebrecher; Schwängerung
in fusstapffenn
auf der Stelle, sofort
inngehaeuß, ingehäuset Beisitzer, Schutzverwandter einer Gemeinde
inngehaeuster, jnngehäusßeter,
ingehäußler, jngehäuß, ingehäusler
Mieter
innzichten, inzicht
Anschuldigung
inschlicht, ynslit
Unschlitt
inventursgebiihren
Bezahlung für die Aufnahme
eines Inventars oder für den Eintrag in ein Amtsbuch
irsal, irrsal Verwirrung, Irrtum; auch Verhinderung, rechtliche Anfechtung, Rechtsstreit
jammet
Schmuckstück
jauchert
Flächenmaß für Äcker, Wiesen, seltener
Wald
jennet, jenetter
Genette-Katze, Ginsterkatze, Pelztier
jetten
jäten
jmmen, imme Bienenschwarm, Bienenstock; auch
Biene
jmmi; imi Maßeinheit fur Flüssigkeit
judenfahne
Zeichen für die Freigabe des Marktes
für Juden
Κ
kannte, kanten, kantel
Kanne
kanten Kanne, Metallgefäß mit Ausguß; seltener
aus Holz
karrer Fahrknecht, der allein das Fuhrwerk zu besorgen hat, auch Karrenschieber, Führer eines Leiterwagens
kau, gäu freies fruchtbares Land im Gegensatz
zum Wald
kauderer
Zwischenhändler,
Geldjongleur,
gewinnsüchtiger Aufwechsler von Münzsorten
kauffschilling
Kaufsumme
kerbholz
Holztafel zum Eintrag der herrschaftli-
chen Bier- und Weinprüfer, bzw. der Ungelter
keßler
Kesselmacher, Kesselflicker
keßler, kessler
Kesselflicker, Kesselmacher
keuche, keiche
Gefängnis, finsteres Gemach, Kerker
khiin Kinn
kimmich
Kammer
kindbetterin, kindt pötherin
Wöchnerin
kindbetterin-mähler, kindbetter mal, kindbetter hof
Festmahl nach der Geburt eines Kindes
kindtsband, kindsband
Geburtswehen
kippern
auf Profit einkaufen, wuchern (von Leuten, die nicht Berufshändler sind)
klafter, kleffter Hohlmaß für die Holzberechnung
klagschatz, klaggeld
Buße, die bei gerichtlicher
Klage an das Gericht zu zahlen ist
kleezoller
Landzöllner
kleinfüeg, kleinfüg
geringfügig
klemmen zwicken, foltern
knöpßens
Sitte in den „Knöpflensnächten": Erbsen, Linsen, Wicken oder Steine an die Fenster zu
werfen, um Geschenke zu erbitten
koeglen
rollen, kegeln
kohl
Holzkohle
köpsweiß
körperlich
kören, ker doppelte Furche, wie sie gepflügt wird,
indem man hin und her fährt
korenmesßner
Kommesser
kornschranden
Schranne
köstlichkeit, köstlichkeit
großer Aufwand
kraetzentrager, krätzentrager
Krämer, Hausierer,
der seine Ware in einem großen Rückenkorb, der an
Achselbändern getragen wird, feilbietet
krautgarten
Felder, die mit der Hacke bebaut und
mit Kraut, Rüben, Erbsen, Linsen usw. bepflanzt
wurden
kröpfen
Halsstücke von Pelztieren gemacht
krößlerin, kröslerin
Büglerin
kröttisch, krötig eine Krankheit der Tiere
kübelhüt, kübelhut
weiblicher Hut, als Luxus
empfunden; modischer Hut nach böhmischer Art
kuchen, kuchl
Küche
kuentzeln
verhätscheln
kuentzlen, künden kundig machen, unterweisen
kueppereyen, kippereien
Wucher, Betrug, unredlicher Umgang mit Geld
kufen Behälter
kuglen sich wälzen, rollen
kunckelhaus siehe gungelhauß
kündterlehr
religiöse Unterweisung fur Kinder
kiindtern, künder Verkünder, Büttel, Amtsperson,
Prediger; aber auch: Kinder
kuplen, kuppeln
verkuppeln, verheiraten
Glossar, Abkürzungen und Register
594
L
M
lägelzyxwvutsrponmlkjihgfedcbaZWVUTSRPOMLKHGFEDBA
Fäßchen, besonders zum Transport von
maad, mad, mahd, maeder, mäder
Wiese, Ernte
Fisch und Salz
macherlohn
Arbeitslohn
laitteren, letter
Leiter
mader
Marder
lärmig, lemmig, lannige
lahm
magschafft
Verwandtschaft
lastersschild
mehrere Tadel-, Schimpf-, Schandmahlen
weil, zumal
worte
mahlfriichte, mülfrucht
Getreide, das zu Brot gelaubstreifen
Laub von Bäumen streifen
mahlen wird
lawttennde
lautende
maislent, meisten
schwer geschlagen
laykauff, leitkauf
Dreingabe oder gemeinschaftlimaisterlosigkeit, meisterlosigkeit
Ausgelassenheit,
cher Umtrunk beim Abschluß eines Kaufes zur BeÜbermut, Unart, Ungezogenheit, Ungehorsamkeit,
stätigung des Handels; ursprünglich Getränke, späEigensinn
ter auch Geld; vgl. auch weinkauf
männiglich
jedermann
laymbd
Leumund
mannrecht
Recht des freien Mannes
lehenbahre stuck, lehenbare stück Land, das als
marckht knecht
Marktdiener, Taxeinnehmer
Lehen ausgegeben wurde
martpfaal, markpfal
Grenzpfahl
Leiben, leib Körper
märtz, mertzen
März
leichtfertigkeiten
Verstöße gegen die Policey in
materialist
Drogist
sittlichen Dingen
maulstreich
Streich oder Schlag ins Gesicht
leichung, laichung
Betrug
mauthner
Zöllner
lemmig
lahm, krank
mayen, maien
Mai, Festbaum, Frühjahrszweige,
lettenhaeußlein,
lettenhaus,
lettenhäuslein
lieVersammlung des Gerichts im Mai
derliches Haus, das „leichtsinnigen" Gesellschaften
mayer, maier herrschaftlicher Verwalter, Beamter,
offenstand
Meier
letzig verletzen, beeinträchtigen
maysel, meisslen, mayslennd
Wunde, die nicht
leüchsenzapfen, leuchsenzapfen
Zapfen zum Festfließt
halten der Leuchse (Stützholz fur die Leitern am
meelmarckt
Mehlmarkt
Leiterwagen)
Meichsen
Meissen
leuthkauf
Dienstbotenkauf
meit nicht das Geringste
leuthseelig, leutselig
lustig, aufgeschlossen
meitereyen
Aufstände, soziale Unruhe
leykauff, leitkauf
was beim Abschluß eines Kaufes
merzen, marzwolle
starkes Tuch
noch (urspr. an Getränke, später auch an Geld) zumerzlern
Viktualienhändler für Erbsen, Bohnen,
gegeben oder gemeinschaftlich vertrunken wird
Schmalz, Seife, Lichter und dgl.
leymuth, leumund
Ruf, Rang, Leumund
mesoblau
mittelblau
libell Büchlein, Schrift
messigung, mässigung
Veranschlagung, Festsetlibellieren
Streitschriften schreiben
zung
liddich
leicht verletzt
metzen, mezen
Hohlmaß fur Getreide, Trockenmaß
lidlohn, lidlon
Lohn fur geleistete Dienste an
Knechte und Mägde
mezg, metzge
Ort, wo Fleisch öffentlich verkauft
lidtieff
in ein Glied eindringend
wird; oft zugleich Schlachthaus
liechtzieher
Kerzenmacher, Kerzenständer
miltiglich, mildiglich
freigebig
liederlich
geringfügig, unbedeutend, ohne Ansemißfellung, missfall
Mißfallen
hen
mißhellung
Uneinigkeit
mißmad, wißmad
Wiese
liegen auch: lügen
mittagwaid, mittagweide
Weide auf einem südlich
lifergelt
Verköstigung, Geld
gelegenen Grundstück
lindisch
abgetragen, einfach, gelinde
mitverhänger, mitvergänger
Teilnehmer an einem
losen leuthen, lose leute böse, sittenlose, verruchte
Vergehen
Leute
molestieren
beschweren
loskäuf loskauf Loskauf, Auslösung
löthig, lötig aus Edelmetall, gewichtig
morgengab
Geschenk des Gatten an die Frau nach
lözig wund geschlagen
der Brautnacht. Bleibt zur Witwensicherung Eigentum der Frau
morgensuppen, morgenwein, subben
Man geht zur
Morgensuppen: Am Hochzeitstag kommen Bekann-
595
Glossar
te, Kinder u. a. ins Brauthaus. Dort gibt man ihnen
Brotsuppe, Wein, Met oder Bier
möschen, möschin, mösch
geringwertiger Pelz
möth, met Honigwein
müedern, müder Mieder, Schürleib
mühlinen, mülenen
Mühle; Anstalt zum Mahlen
muletirn
mit Geld strafen (lat. multa, -ae)
mummereyen
Verkleidungen zu Fasnacht
Mündel
Mindel
müßiggänger
Faulenzer
mut Miete
mye Mühe
myte, miete Gabe, Lohn für eine Tätigkeit; besonders wenn sie als Bestechung aufzufassen ist
Ν
nacheyl
Nacheile; Recht zur Festsetzung von
flüchtigen Rechtsbrechern auch außerhalb des eigenen Territoriums
nachgesessen
wer „hinter" seinem Herrn sitzt als
Untertan, Grundholde, Gerichtsholde usw.
nachhochzeit
Nachfeiern zur Hochzeit
nachtschwermer, nachtbuben
nächtliche Zecher
näderinnen
Schneiderinnen
narrenheüßlin
Strafturm, Fronfeste, Gefängnis für
leichte Delikte, insbesondere für Frauen und Unmündige
nebenmenschen, nebengenoss
Mitbürger, Gleichstehender
neruen, nerv Sehne beim Schlachtvieh und beim
Menschen, auch Muskeln
nesselgärinne
hauben,
nesselgarn
Kopfbedekkung, genäht mit dem Gam aus pflanzlichen Fasern
neubrueche, neubruch
neu urbar gemachtes Land,
oft steuerfrei
nichtzit, nichtig
gering, Nichtigkeit anzeigend
niderkleid
Hose
niern, niere
Niere
niersteil, niergestelle
Fettlager der Nieren
nothdurft, notdurft Notwendigkeit, Bedürfnis
nothzüchtigung, nothzwang
Zwang
nuß naß
nüß gertlin
Grundstück mit Nußbäumen
O
Oberkail, obrigkeit
Dorfherrschaft, Gerichtsgewalt, Amtsgewalt, auch: Landesherrschaft
obervogt
Beamter einer Mittel- oder Oberbehörde
obleuthe, obleute, obmann Vorsitzender im Gericht, Schiedsrichter
obsignaturgebühren
Kanzleigebühr für die Besiegelung
obß Obst, Bodenfrüchte
odter Otter
oeschlich
an die Flur gebunden
ohnverbrämbt
ohne Pelzbesatz
ohrenrößlin, orenring
Ohrring, (Ohrenröslein)
ore, eere
Ehre
ormesin, ormasin seidener Stoff, der in Kleiderordnungen nur den oberen Ständen vorbehalten
blieb.
öscheu
Flurwächter
Ρ
paar geit
Bargeld
pachen
backen
pand
Band
paret
Kopfbedeckung
pärmlin
Fischart
partheyen
Gruppen, Parteien
partiten, pardiden, pardida
Betrügereien
pasquillen
Schmähschriften, Spottschriften
paursleüt, paursman, landman, seidner
Bauern
peckhen
Bäcker
pedtgeandt
Bettwäsche, Nachtkleid
peen, pennen
peinigen, strafen, foltern
peen, poen, pörn
Geldstrafe, Arbeitsstrafe, Freiheits- oder Schandstrafe
perpetúan
Stoffart
pfandgeld, pfandschilling
Geldsumme, mit der ein
Pfand ausgelöst wird
pfandstall
Stall, in den das gepfändete Vieh bis
zur Einlösung getrieben wird
pfandthoff, pfandhof
Hof, auf den das gepfändete
Vieh bis zur Lösung getrieben wird
pfennig, pfenning
Pfennig, Münzsorte
pfenwert, pfennwert, pfenningwert
was den Pfennig wert ist; speziell bei preiswerten Lebensmittel
gebraucht
pfiniche, pßnnig
durch Pfinnen verdorben; Pfinne\
Drüse, Pustel im Fleisch der Tiere, bes. beim
Schwein
pfründ, pfründt
Einkommen durch ein Kirchenamt
pfründer, pründner
wer im Genuß einer Pfründe
(Freistelle oder erkaufte Stelle im Spital) steht
pfund
Gewicht, auch: Wertmesser, Münzeinheit
von verschiedener Größe als Rechnungswert oder
realer Eintrag
pierhepffen
Bierhefe
Pierling, birling mittelgroßer Haufen von Gras
oder Heu, wie er über Nacht oder vor drohendem
Regen gemacht wurde
pierprewen
Bierbrauen
piti, pittel, bittel, büttel, gebüttel
Büttel, Gerichts-,
Amtsdiener
plabert, plappert
kleine Münze
plegin
Stück, Flecken
596
Glossar, Abkürzungen und Register
poenenzywvutsrqponmlkjihgfedcbaZWVUTSRPONMLKJHGEDBA
mißbilligen, verbieten
rom, ram Rahmen, ahd.: rama
poldern, polieren Lärm machen
roßschau Besichtigung der Pferde, Roßmarkt
polterkoepf, polterer ein Mensch, der poltert und
röthen erröten, rot
lärmt
ruff, ruf öffentliches Ausrufen
pottmässig, botmässig dem Gebot folgend, dem
rügungen, rugung kleine Strafe
Gerichtsherrn Untertan
rünguerter, ringfertig leichtfertig
präjudicieren benachteiligen
premer, brenner „Mordbrenner", Räuber, Dieb,
S
Brandstifter
preßen eintreiben von Steuerrückständen
s. h. salvo honore, vorbehaltlich der Ehre zvutsrnmlkihgedcbaV
presthaft, bresthaft gebrechlich, auch verkrüppelt
ί. v. salva venia, mit Erlaubnis, sich entschuldi
pretiosa Schmuck, Edelsteine
gend
pröbsten, probst, brobst Propst, kirchlicher oder
sackpfeyffen, sackpfeife Dudelsack
weltlicher Oberbeamter
sallbiicher, salbuch Urbar, Verzeichnis der
puessen, busse auferlegte Strafe
Grundstücke einer Herrschaft mit deren Rechtsverpupillen, pupill Mündel
hältnissen
purgieren beschönigen, entschuldigen, seine Unsaltzfertiger, salzferker Salzspediteur
schuld einem anzeigen
sammet, sammat Samt
piirn Birnen
sammetin aus Samt
pursch, bursh, bursch junger Mensch
Saphoyer, Saffoiren, Savoier herumziehende Krämer/ Händler aus Savoyen und westlichen Nachbarregionen
Q
saumägen vor erz Magen des Schweins, übertragen auf: offene, weite und teure Kleidungsstücke
quatember, quotember vierteljährlich
saurbrunnen, Sauerbrunnen Mineralquelle, Kurwasser, Mineralwasser
R
schaetzmaaß, schatzgeld Abgabe, Hohlmaß
schaf schaff hölzernes offenes Gefäß mit hohen
raiff, reff aus Weiden und dergleichen geflochteoder breiten Seitenwänden
ner Tragkorb auf dem Rücken des Weingärtners,
schaffgeld
Lohn, gemessen nach Schäffern (Gehausierender Glaser, Uhrmacher, Hafner, Essigtreide usw.); geleistete Dienste; Abfindung für Booder Weinhändler usw.
tendienste
rainnen, raymen, reinen, rain schmaler, zumeist
schalmeyen, Schalmei Hirten-, Rohrpfeife
mit Gras bewachsener Abhang längs eines Wegs,
schalmeyer Schalmeienspieler
Längsstreifen als Grenze eines Ackers
schamlotts, scham(e)lot ein wertvolles Gewebe
raisbar, reisbar zur Kriegsfolge verpflichtet
schampare, schamp Lump, Taugenichts
raittung, reitung Rechnung
schampere, schampar schandbar, schändlich, unrauch, rauh grob
züchtig
recompensatio Erstattung
schantzen, schanzen Schanzen aufwerfen, Erdarreichsstatt vogt Der Vogt hatte z. B. die Schirmbeiten machen; als Strafe im Reichskreis angelegt
gelder der Klöster, die Stadt- und Judensteuern,
schappel weibliche Kopfbedeckung mit BlumenZölle, Münzabgaben oder auch das Umgeld zu erschmuck; vor allem bei Hochzeiten und Kindstauheben; hier: Beispiel aus einer Reichsstadt
fen getragen
reinisch rheinisch
scharrwacht, scharwach herumziehende Wache,
reith, reite! Bengel, Prügel
Patrouille
reversbrief, reuerß Gegenurkunde, Anerkennung
scharwächter Wächter
von Privilegien, Rückverpflichtung
schauer Unwetter, Hagelsturm
reysige, reisige besoldete oder unbesoldete Söldschaw Visitation, Prüfung, Besichtigung
ner (Waffenknechte) im Kriegsdienst
schefl Hohlmaß; Trockenmaß speziell für Getreirieblaender, rübenland Rübenbeet
de, Roggen usw.
riebländer Rübenäcker
schellenwerck,
schellenwerk Sträflingsarbeit, Zwangsrincklicher, ringlich auf leichtfertige Weise, ohne
arbeit unter Aufsicht und/ oder in Ketten
Mühe
Schilling Silbermünze
roehrkasten, rähr casten, rorkasten Kasten, Trog
schirmbß verwandte, schirms angehörige, vogtleut
eines Röhrenbrunnens zur Wasserversorgung, ZierPersonen in einem Schutz- und Schirmverhältnis;
brunnen
Glossar
Vogteiverhältnisse bestanden über Personen, Ortschaften, Gegenden, Klöster und Stifte, Herrschaften, Stände; Vogteizugehöriger
schlaghändel, schlaghandel
Prügelei
schlisselbixen, schlüsselbüchse, schlüssel
Schießgewehr
schmaehhandel, schmachhandel
ein liederlicher
(unbedeutender) Schmach- und Schlachthandel
schmaehsichtige
beleidigend
schmalvieh, schmalvih, schmalvich Kleinvieh, Jungvieh
schmidtin, Schmitten Schmiede
schnarchen
auch als: schnarren, hochmütig und
trotzig murren
schneier, schnaiter, schneller Messer zum Reisigschneiden
schnit, schnitt beschnitten, kastriert
schrand, schrandt
Schranne
schrandtpreyß,
schrandpreis,
schrannenpreis
Preis auf dem Getreidemarkt, Schrannenpreis
schrepfen einem Blut entziehen, Tätigkeit des Baders
schuebder
Zug auf den Gewährsmann bei Diebstahlsklage oder Münzvergehen; nach altd. Recht
wurde das Diebesgut einem Gewährsmann übergeben (geschoben), der dann in den Rechtsstreit eintrat
schuelmaister
Lehrer
schumpffieren, schimpfleren verunglimpfen, lästern, reizen; „nicht beschimpfen, vielmehr einen
Schimpfnamen geben"
schurbarchet
starkes Zeug aus Schafwolle mit einer rauhen und einer glatten Seite; meist als Bettzeug
schiirth, schüren Feuer anschüren, aufhetzen,
Konflikte stiften
schürz Schurz, und zwar bei Mann und Frau
schttssen, schiessen schießen, werfen
schuz gelt Schutzgeld fur Juden
schwäher
Schwiegervater
schweinschwemens
Schwemme für Schweine;
Bad, Wasser in das die Tiere getrieben werden
schweren
schwören
schwiger
Schwiegermutter
seckhels, säckel Schelte fiir Männer oder Knaben
sect, sekt, sectisten
meist als Synonym für Wiedertäufer gebraucht
seegensprechen
Segens-, Zauberspruch zur Heilung und dgl. sprechen
seegensprecher
Segenspender; Priester
segbäum Holz zum Fällen, Schneiden, Sägen
segessen, seges, segense
Sense
seidner
Kleinbauer
selemner, solemner
feierlich
sigelhauß
Amtshaus, Kanzlei, Aufbewahrungsort
597
des herrschaftlichen Siegels
sigilliren, sigillieren, siglen mit Sigel versehen
siglmeß, sigelmässig
berechtigt, ein eigenes Siegel
zu führen
sillscheiten, silscheit Holz, an dem die Stränge
(sil; am Wagen; Pferdegeschirr) des Wagens ziehen
sipschafft, sippschaft
Verwandtschaft
sitzgeld
Entschädigung fur Ratsversammlungen,
Sitzungen
soeldhauß, seldhaus Anwesen eines Kleinbauern.
Die Größe ist im Schwäbischen Reichskreis nicht
normiert
sohnsfrau
Schwiegertochter
spanischer mantel, spannisch manti Schandinstrument fiir Männer. Große zentnerschwere Tonne,
die oben ein Loch für den Kopf besitzt, und einen
halben bis einen Tag auf dem Pranger stehend getragen werden mußte
spännig, spänig
uneinsichtig
spathe brach Brachland, das relativ spät im Jahr
als solches ausgewiesen wurde
specerey, spezerei
Gewürze
spehn, speenen, span Streitigkeit, Rechtsstreitigkeit, Zerwürfnis
spelten, spelter abgespaltenes Holzstück, größere
Holzscheite, Zaunlatten
spennig, spänig strittig, uneins
spihlmann, spilmann Spielmann, Musikant
spinnerhäußlin, spinnhaus um wirksamer dem
Betteln Einhalt zu gebieten, wurden im 18. Jahrhundert vielfach neue Armen- und Versorgungsanstalten errichtet, wo man arbeitsfähige Bettler in einem
Arbeitshaus mit Wollbearbeitung, Spinnen usw. beschäftigte, zum Teil: Zuchthaus mit Manufaktur
spitalisch
das Spital betreffend
spitalmeister
Spitalvorsteher
spitalpfleger
Bediensteter im oder für eine Hospitalsverwaltung, später: zuständig im Altersheim,
Armenhaus usw.
sportulen, sportlen Nebenabgaben an Ämter und
Gerichte, Nebeneinkünfte fur die Amtsinhaber
spreil, spral Spreu
springschuelen
Tanz- und Musikschulen
stab Gerichts- oder Amtsstab
stadtammann, stattammann
Stadtvogt, Schultheiß
standtreysßer, standreiser
starker, junger Baum
starckhe petler, starke bettler gesunde, arbeitsfähige Bettler in der Interpretation der Utilitaristen in
der Frühmoderne
stattknecht städtischer Bediensteter einer Unterbehörde
Stattpflegern städtischer Finanz- und Verwaltungsbeamter
stattvogt
Amtmann
stauchen weißes Kopftuch der Frauen
Glossar, Abkürzungen und Register
598
stauppenschlag, staupenschlag
Rutenschlag
stechschaff, -schaaf zum Schlachten bestimmtes
Schaf
steiffer, steif fest, beharrlich, starr
steigbettler, Steifbettler
beharrlicher, zudringlicher
Bettler, der meist in besserer Kleidung erschien
oder vorgab, aus besseren Kreisen zu sein.
Stellungen, stellen
Vorladung von Bürgern oder
Zeugen vor Gericht
stempler
Steuer- und Taxberechner in der Kanzlei
sterzer
Landstreicher
stock; stock und galgen
Strafe, bei der der Gefangene in einen Block gelegt wurde; Gefängnis; Symbole des Hochgerichts
stracks
direkt, geradeaus
Strafherren
Gerichtsdeputierte im Rat usw.
Stubenknechten
Ratsdiener, Zunftdiener
stuett Gestüt
stuelfesst, stuellvesten, stuelvestin
Verlobungsfeier, Polterabend, Eheverlöbnis,
stuhlfeste, stulfeste
Heiratsabrede
Sünffzen Zunft der Patrizier in der Reichsstadt
Lindau
supplicandus
Bittsteller
Τ
taffetwutsrponmlkihgfedcbaTSPK
glatter Seidenstoff
taffetin, dajfeten
aus Taft, taftartig
tarzeroll, terzeroll
Pistole
tauffdoten
Taufpate
tauff-suppen, taufsuppe
Taufschmaus
taufftiicher
Taufkleid, Taufgewand der Kinder
taxierambt
Steueramt
taxierherrn
Steuereintreiber
taxordnung
Steuerordnung
tedingsleüth, täding leuth, dingleute,
dingmann
Gerichtsbeisitzer, Schöffen, Urteiler
terzenell
Damast
terzeroll, terzerol
Pistole
tewen teuer
thorecht
töricht
thorschreiber, torschreiber
Schreiber am Stadttor,
der Passanten aufschreibt, torzettel abgibt u.ä.
thorwarth
Torwärter, der das Tor bewacht
thumb, thum Dom
thurn Strafturm, Stadtturm
thurner Turmaufseher, Wächter
tillsaeulen, dilscheit
Pfosten, Scheit am Zaun
tischkräm
Tischschmuck, Gestecke, Blumen
tobin gewässerter Taft
tochtermann
Gatte der Tochter, Schwiegersohn
tollkoepfe
Wütender, Verrückter, Dummer
traad legen Falle beim Fangen von Vögeln
trackscrammer
Krämer mit Tragekorb, Huckler
tractament
Abfolge, Zeremoniell
tractation
Behandlung, Bewirtung mit Brot oder
Wein
trager
im rechtlichen Sinn: Vertrauensmann eines
Anderen oder einer Gesamtheit, der für sie die
Rechtspflichten nach außen übernimmt; auch Treuhänder, Vormund
tragerlohn
Lohn für den „Träger" (Vormund)
tragney-ordnung
Vormundschaftsregelung
tragsöhnen, tragkind Kind, das unter Vormundschaft steht
traidtfruechten, treid Getreide, Korn
trappen
Arbeits-, Stall- oder Alltagskleidung
tratt das Recht zum Betreten eines Grundstücks,
speziell durch Vieh
trey Treue
trib das Treiben des Viehs auf die Weide
trib luckhen, triblucke
Lücke fur den Viehtrieb
auf die Weide
tribsammet, trippsammet
eine Art wollsammet
trincktabac, taback trinken, tabak trinken Tabak
wurde bereits vor dem 19. Jahrhundert auf vielfältige Art konsumiert: Tabak schnupfen, trinken, essen,
kauen, rauchen usw.
trucken trocken
trummen, trumme, tromme Trompete, Posaune
tumulieren
Aufstand, Aufruhr anzetteln
tung Dünger
tung legen, dunglege
Dünger, Düngerplatz, Misthaufen
Türggen zaichen
Glockenläuten zur Erinnerung an
die Türkenkriege, Gebetsaufruf für das christliche
Abendland
u,
ü
übelhaußen, uebelhausen
Verschwendung
überfahren
Recht brechen, übertreten
überfahrung
Übertretung
übergab, Übergabe Übergabe oder Schenkung
zwischen Eheleuten oder kirchlich: Bei- oder
Dreingabe
überreiter
berittener Amtsdiener,
Büttel
der
Grundherrschaft, der die Abgaben einfordert
ueberlauffen
überfallen, angreifen, die
Seite
wechseln
ufricht, aufricht, aufrichtete
Richtfest eines Hauses
umbbinder
sich anders binden
umbgeltherren, umgelter, ungelder
Aufsichtsleute
über das städtische/ territoriale Ungeld
umgreisen, umreissen
niederreißen
umschickhmeister
Zunftmeister, der wandernde
Gesellen aufnimmt bzw. die Vorschriften zur Wanderschaft kontrolliert
Glossar
599
vierer Kollegium aus vier Dorfrichtem, Maier. Es
unbillichzxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZWVUTSRPOMLKHGFEDBA
nicht angemessene Härte
ungelt, umgeld, ungeld Steuer auf Bier, Wein, Met
setzte sich manchmal, sozial ausgewogen, aus zwei
und Branntwein; indirekte und einträgliche SteuerGroß- und zwei Kleinbauern (Söldner) zusammen
form
visierzettel
Zettel zur Bescheinigung der einmaliunschlitt
Talg
gen oder periodischen Untersuchung des Zustandes
untergänger
Mitglied der Kommission fur den
einer öffentlichen Anstalt
Flurumgang (amtliche Besichtigung und Begehung
vndtacht
Gegenteil von Andacht
einer Liegenschaft, Gemarkung etc.)
vnlewtterung
nicht geläutert
unterschleif, unterschlauf
Unterschlupf, Obdach;
vnuerhündertt
nicht verhindert
steht oft im Kontext von Ehebruch und Buhlerei
vnuerlewmet
nicht verleumdet, unbescholten
untervogter
ist dem Obervogt unterstellt, Amtsvoestwein
Festwein
büttel, Meier
vogelherden
Platz oder Vorrichtung zum Vogelurbau Schutt
fang
urphed Urfehde
Voglen Vögel fangen, jagen
urthel, vrtayl Urteil
vollsaeufer
Säufer
Vorgänger, untergänger
Gemeindebevollmächtigter
zur
Festlegung
der
Flurgrenzen
V
vorschöpf Vorhalle, Vorbau
vorspahn, Vorspann das aushilfsweise Vorspannen
valor Weinqualität
von mehr Zugtieren, als der Eigentümer angespannt
varennde hab Mobilien, fahrende Habe
hat. Zu solchem Vorspannen, der besonders auf anveberfahrer,
vgl. überfaren
zuwider handeln,
steigenden Wegen notwendig wurde, waren die
schädigen
Ortsbewohner verpflichtet, oft in sehr ausgedehnVerehrungen
Geschenke, Gaben
tem Maß
vereren, verjären
älter werden, verjähren
vortel Vorteil
verkupeln,yvutsrponlkifea
verkuppleηwvutsrponmlkigfedbaHGDBA
verkuppeln, verbinden, unvrahnen, vhrahnen Urahnen
ter die Haube bringen
vrphet Urfehde
verleykauffen,
verleitkaufen
Angeld auf etwas
Gedingtes, Gemietetes geben, ζ. B. beim Aufdingen
der Dienstboten
W
verloestern
lästern, verlesen, auslesen
verloesterung
Gotteslästerung, Fluchen, Kritik
wa wo
verraeten, verraiten
verrechnen
waasenasche
Überreste (Asche) aus der Beseitigung von Tierkadavem, die der Wasenmeister auf
verrer ferner
der Flur verbrennen ließ
verrüefften, verrufen, verrufen hier: verrufen, in
wachspieß, wachtspieß
Wachdienst
Mißachtung stehen
walhen, wählen, waller Wallfahrer, Pilgrim
versetzen
Unruhe stiften, Gewalt anwenden
Walser welsche Zuwanderer (urspr. aus dem Walversetzen
hier: einen Hieb versetzen
lis)
versomben, versäumen
vernachlässigen, säumig
sein
wait vich Waldtiere
wammens
Wams
verspruchherren
Schutzherren, Gerichtsherren
wasen, waasen Flur, Rasen
vertädiingter,
vertädingen,
verteidigen
Vertrag,
wasenmeister
Abdecker
bes. Vergleich, meist vor Gericht
vertrucken, verdrucken
hier: unterdrücken, heilen
webertänzeltag
Fest- und Tanztag der Weberzunft
weeg Weg, Weise
vertruckhen, verdrucken
unterdrücken, verheimliwehetage Monatstage der Frauen
chen, unterschlagen
weinkäufen, weinkauf
Kauf von Wein oder Kauf,
verwahrloset,
verwarlosen
vernachlässigen, unzu dessen Bestätigung Wein getrunken wird
achtsam behandeln
weisch abgemähte Fläche
verwartten, verwarten
hier: einem auflauern
weisser visch Weißfisch
verweißlich, verweislich
tadelnswert, zum Vorwellen dünnes, gebündeltes Schürholz
wurf gereichend
werckschuch,
werkschuh
Längenmaß
(unterverwohet, verwonen
bewohnen
schiedliche Größen)
vesen, veesen, fesen
Getreidesorte, Ähren
vexierens
foppen, necken, quälen
vice versäum
gekehrt, gegenteilig
victualien
Lebensmittel für den täglichen Bedarf
weyler, weiler kleine zerstreute (Gruppen-)Ansiedlung, kleiner als ein Dorf
widertauffer, widertäufer
Wiedertäufer, Schwär-
600
Glossar, Abkürzungen und Register
mer, Baptisten
widertayl, widerteil, widerthaill Zwiespalt, Auflauf
wiederlesung, widerlöse
Wiedereinlösung gegen
Bezahlung oder Rückkauf
winckelprediger, Winkelprediger Synonym für einen bekennenden Wiedertäufer, heimlicher Prediger, Wanderprediger
winkelheurath, winkelheirat
heimliche Heirat, außerkirchliche Ehe
winterweisch, sommerweisch
Winter- bzw. Sommerfeld nach der Ernte, Stoppelfeld
wippen auswägen und bestimmen schwerer Münze
wiß Wiese
wittib stannd, wittibstandt
Witwenstand
währen sich wehren, bewaffnen
wuerth, wirth Wirt
wuhr, wur, wuer Damm am (im) Wasser (Bach,
Weiher, See usw.) zum Anhalten oder Ableiten des
Wassers
wundarzte, wundarz(t)
Chirurg, Gegensatz zu Bader
würbig wurmig, schlecht
χ,
γ
xr, KrzutsrnmljihgfedcaSK
Kreutzer, Kreuzer
yendertt, yedenn jeder, jeglicher
Ζ
ζ. e. zum einem
zankhaendel, zankhandel
Streit
zarge Seiteneinfassung des Mühlsteins
zaumbiß
Pferdezaum
zechgesellen
Wirtshausgast
zehend-knechte, zehntknecht ein zur Erhebung des
Zehnten bestellter Knecht oder herrschaftlicher Beamter. Er mußte auf dem Feld die sog. Zehntgarben
auszählen und die Abgabenmenge überprüfen.
zehrpfennig,
zerpfenni(n)g
Unterstützung zum
Lebensunterhalt, Wegegeld
zerscheidenlich, zerscheiden
voneinander trennen,
hier: verschieden
zeünnen fieren, zäunen an einen Zaun anbinden,
in einen Zaun einsperren
ziel, zil, zihl Termin bei Ratenzahlungen, Ausoder Antrittszeit der Dienstboten
ziemlichen alters gebührendes Alter
zilff zu Hilfe
zimmerholtz, zimmerholz
Bauholz
zöhrung, zerung Nahrung, Unterhalt, Wegekost
zöpffen, zapfen Bier oder Wein ausschenken
zuchtherren
Deputierte, die die Kirchenzucht und
die Policey überwachen; nach der Reformation oft
ein städtisches Amt
zucken die Waffe (Messer usw.) gegen jemanden
richten
zuesammenrottieren
zusammenrotten;
aufständisch sein
Zug Aufschub, Frist, Instanzenzug
zulooßen, zulos(n)en zuhören, horchen
zünckhen, zunken Zacken an einem Werkzeug, einer Gabel
zünfften, zunfthaus Haus, wo die Zunft ihren Versammlungs-, Gerichts-, Stapel-, Lagerraum usw.
hatte
zunfftgebühr, zunftgeld Zunftbeitrag
zwerchpfeyffen, zwerchpfeife
Querpfeife
zweybändige
Verwandtschaft zweiten Grades
zweymädig, zweimädig, zwimädig
Wiesen, die
zweimal im Jahr gemäht werden konnten
Abkürzungen
Abkürzungen
Im Editionsteil sind A b k ü r z u n g e n z u d e m in e c k i g e n K l a m m e r n aufgelöst.
AB
A r c h i v des B i s t u m s
Aug
Augustana-Sammlung
BO
Bestand Ordinariat
BSB
B a y e r i s c h e Staatsbibliothek
d
denarius, denarii ( P f e n n i g e )
Diss
Dissertation
Fase, F a s z
Faszikel
fl
florenus (Gulden)
fol
folio
FS
Festschrift
GG
Geschichte und Gesellschaft
Hl, hl
Heller
HstA
Hauptstaatsarchiv
HV
Historischer V e r e i n
HZ
Historische Zeitschrift
JHVD
Jahrbuch des Historischen V e r e i n s Dillingen
JVAB
Jahrbuch des Vereins für A u g s b u r g e r B i s t u m s g e s c h i c h t e e. V .
JffL
Jahrbuch für fränkische L a n d e s f o r s c h u n g
K r , kr, X , x, xr
Kreuzer
Lit
Literalie
1. s.
loco sigilli (anstatt des S i e g e l s )
m.p.
m a n u propria (eigenhändig)
MüB
M ü n c h e n e r Bestand
NA
Neuburger A b g a b e
n. b.
nota bene (bemerke w o h l ! )
NF
Neue Folge
NPL
N e u e politische Literatur
n. S.
neue Serie
Pf
Pfennig, Pfennige, Pfund
PI, pl
Plapharte, Piabert, Plapert ( U m l a u f m ü n z e n )
pr
per, pro (durch, für)
r
recto (Vorderseite)
Rep
Repertorium
sch, Schill,
Schillinge
SFG
Schwäbische Forschungsgemeinschaft
s. 1.
sine loco, ohne Ortsangabe
s. v., S. V .
salva v e n i a (mit V e r l a u b , mit Erlaubnis)
StaatsA
Staatsarchiv
StaatsBi
Staatsbibliothek
StadtA
Stadtarchiv
Tit
titulus, Titel
Tit. Pl., pl. t
pleno titulo (mit vollständigem Titel)
UB
Universitätsbibliothek
ν
verso ( R ü c k s e i t e )
VWSG
Vierteljahresschrift für S o z i a l - und W i r t s c h a f t s g e s c h i c h t e
ZBLG
Zeitschrift für B a y e r i s c h e L a n d e s g e s c h i c h t e
ZHVS(N)
Zeitschrift des Historischen Vereins für S c h w a b e n (und N e u b u r g )
ZWLG
Zeitschrift für Württembergische L a n d e s g e s c h i c h t e
602
Glossar, Abkürzungen und Register
Register
Bf. = Bischof, Erzhg. = Erzherzog, Frhr(n). = Freiherr(en), Fst(n). = Fürst(en), Fstm. = Fürstentum, Gf(n). =
Grafen), Gfin. = Gräfin, Gft. = Grafschaft, Gmde. = Gemeinde, Hft. = Herrschaft, Hg(e). = Herzog(...öge),
Hgm. = Herzogtum, Kf(n). = Kürfiirst(en), Kg(e). = König(e), Ks. = Kaiser, Mgf(n). = Markgrafen), Mgfl.
= Markgrafschaft, Rgft. = Reichsgrafschaft.
Aichelen, Lenhart, Grundholde zu Edelstetten 322
Altenmünster (Lkr. Augsburg) 271 f.
Ansbach, Fstm. 25
Asch (Lkr. Landsberg a. Lech) 195, 204f.
Attems, Rgft. 490
Attenhausen (Lkr. Günzburg), 382
Auerbach (Lkr. Augsburg) 209f.
Augsburg 18, 20f„ 25f„ 29f„ 34f„ 38f„ 43, 45,
50, 53, 57, 59-62, 65, 77, 88f„ 117, 119, 121, 133,
140, 184, 187, 271, 276, 295, 313, 435, 447, 457,
469f., 474f., 501,555,573
- Bannacker 208
- Dom 119
-Domkapitel 61,119,285
- F r o n h o f 119,279
- Heilig-Geist-Spital 31, 40, 52, 58, 62, 64,
68, 119, 207
- Hochstift 56 f., 65, 119, 259ff„ 274f„ 573
- Kriegshaber 208
- Perlach 112
- Pfalz 13Of.
- Rosenau 126
-Schießgraben 118,126
- Siegelhaus 141
- St. Katharina 119
- St. Stephan 58, 195, 205f., 573
- St. Ulrich und Afra, Benediktinerabtei 35,
283
- Wellenburg 457,474f.
Aulendorf (Lkr. Ravensburg) 476
Babenhausen (Lkr. Unterallgäu) 430
Baiersried (Lkr. Günzburg) 382
Balzhausen (Lkr. Günzburg) 313,325
Bayern, Hgm. 15,35,127
Berchtesgaden 15, 18
Berghöfe (Lkr. Augsburg) 209
Bern 38
Biberach a. d. Riß 35
Billenhausen (Lkr. Günzburg) 382
Bodensee 167
Bodmann zu Güttingen, Maria Eva Rosina v., Äbtissin zu St. Stephan 195,205
Braun, Michael, Bader zu Edelstetten 320
Bregenz 478,488
Bruderhof, Gmde. Scherstetten, Lkr. Augsburg
209
Buch (Lkr. Augsburg) 209f.
Bünzer, Lenhart, Grundholde von Edelstetten 322
Burgau (Lkr. Günzburg) 57, 64, 329, 407-410,
412ff., 420, 424f, 4 2 7 ^ 2 9 , 573
- Mgfl. 26, 69, 232f„ 409, 415, 427ff.
Buxheim (Lkr. Unterallgäu) 35
Calw
513
Dietkirch (Lkr. Augsburg) 270
Dillingen a.d. Donau 530, 555, 573
DinkelsBühl (Lkr. Ansbach) 35
Dithmar, Justus Christoph, Agrarökonom
Donau
- Fluß 329
- Kanton 34, 530
Dresden 19
41
Eberle, Oberamtmann im Damenstift St. Stephan
206
Edelstetten (Lkr. Günzburg) 15, 24, 27, 33, 35,
44, 49, 56f„ 62, 64, 67, 296f., 306, 313, 322-325,
573
Edenhausen (Lkr. Günzburg) 382
Eichenhofen (Lkr. Günzburg) 530
Elchingen (Lkr. Günzburg) 35, 55, 58, 325
England 42
Ettenbeuren (Lkr. Günzburg) 69f., 391 f.
Ferdinand
- I , Kg./Ks. 151
- Karl, Erzhg. zu Österreich 457
- Erzhg. zu Österreich 427
Fischer, Johann, Stadtschreiber zu Kempten 66
Frankfurt a. M. 15,524
Fränkischer Reichskreis 16, 27
Frankreich 42
Freyberg
- Eisenberg, Christoph v., Dompropst zu Augsburg 285
- Eisenberg, Werner Völcker v. 195
- Haldenwang, Eberhard v. 195
- Hopferau, Caspar v. 195
Fugger
- Babenhausen, Hft. 28,46, 58
- Kirchberg-Weißenhorn, Hft. 47, 58
Register
603
- Kirchberg-Weißenhom, Leopold Gf. v. 457
- Wellenburg, Eustach Maria Gf. v. 28, 457,
475
- Wellenburg, Hft. 59, 61 f.
- Wellenburg, Maria Theresia Gfin. v. 457,
475
Gabelbach (Lkr. Augsburg) 209f.
Gabiingen (Lkr. Augsburg) 28f., 46, 424, 434,
451,457
Gerstacker, Carl Friedrich 47
Gesseltshausen (Lkr. Augsburg) 270f.
Göttingen 41
Grafeneck, Georg Friedrich Frhr. v., Abt zu Kempten 338
Grimoldsried, (Lkr. Augsburg) 209
Großkötz (Lkr. Günzburg) 69
Grüningen (Baden-Württemberg) 514
Hagenried (Lkr. Günzburg) 322, 382
Hammel (Lkr. Augsburg) 208
Harthausen (Lkr. Günzburg) 43, 49, 58, 530, 534,
538, 574
Haslach (Lkr. Günzburg) 377, 382
Heidenheim a. d. Brenz 519
Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 13,
50
Herrlen, Caspar, oettingischer Hoflieferant 486
Hieber, Ulrich, Propst zu Wettenhausen 69, 382,
403
Hirblingen (Lkr. Augsburg) 209f.
Hoegg, Alois, Abt zu Ursberg 68, 375
Hoheneck 478,488
Holzen (Lkr. Augsburg) 375, 537
Iiier 145, 153
Immenstadt (Lkr. Oberallgäu) 19, 476, 490
Innsbruck 408-^10,429
Irsee (Lkr. Ostallgäu), Benediktinerkloster 35
Jesuiten 30
Jettingen (Lkr. Günzburg) 270f., 313
Joseph I., Ks. 69
Justi, Johann Heinrich Gottlob v., Jurist
41
Kaisheim (Lkr. Donau-Ries), Zisterzienserabtei
35
Kaltenberg (Lkr. Günzburg) 530
Karl V., Kg./Ks. 23,341,567
Kehl (Ortenaukreis) 566
Kelchsried, Lkr. Augsburg) 209
Kemnat (Lkr. Günzburg) 69, 391
Kempten 16, 58, 64f„ 141f„ 145, 148, 153, 156f„
573
- Fürststift 22, 26, 35, 57, 61f„ 153, 158, 338,
344-347, 349, 352-356, 358, 573
- Käshaus 155
- Mühlbach 157
- Spital 150
- Stadtbach 157
- S t . Leonhard 157
- S t . Lorenz 153
- St. Mang 153
- Waisenhaus 148,150
Kirchberg in der Pfalz 61,475
Kleinkötz (Lkr. Günzburg) 69
Kleinried (Lkr. Augsburg) 209f.
Knöringen, Heinrich V.v., Bf. 28
Köberlin, Abraham, Oberamtmann im Damenstift
St. Stephan 204, 206
Köpflingerhof (Lkr. Augsburg) 209
Köln 24,62,184
Königsegg
- Aulendorf, Georg Frhr. v. 476, 490
- Rothenfels, Franz Gf. v. 20
- Rothenfels, Hft. 476, 573
Konstanz 35
Krumbach i. Schwaben (Lkr. Günzburg) 555
Landsberg a. Lech 204, 206
Lauingen (Lkr. Dillingen) 555
Leonberg 18
Lilien, Jacob, Bürger zu Oettingen 491
Lindau 24, 26, 35, 50, 57, 61, 64 f., 161, 184, 573
- Sünfzen-Zunft 183
London 524
Lützelburg (Lkr. Augsburg) 209f
Mang, Thomas, Abt 68
Marbach (Lkr. Günzburg) 322
Martinszell (Lkr. Oberallgäu) 351
Mayerhof (Lkr. Dillingen a. d. Donau) 208
Mayr, David, Weinwirt in Augsburg 126f.
Memmingen 351,555
Mindel (Lkr. Ostallgäu) 417
Mindelzell (Lkr. Günzburg) 379f„ 382
Mittelneufnach (Lkr. Augsburg) 209f.
Molitor,
- Georg, Oberamtmann zu Edelstetten 323
- Johann Friedrich, Obervogt 15
Mömpelgard (Montbéliard) 501,519
Moser, Johann Jacob 13, 42
Münsterhausen (Lkr. Günzburg) 68
Nefsried (Gde. Agawang, Lkr. Augsburg) 209f.
Neuburg a.d. Donau 314
Neumünster (Lkr. Augsburg) 271
Neusäß (Lkr. Augsburg) 209
Neuweiler (Lkr. Dillingen a. d. Donau) 208
Niedersächsischer Kreis 18
Nördlingen 184
Glossar, Abkürzungen und Register
604
Nürnberg
14, 16, 19, 59
Oberdießen (Lkr. Landsberg a. Lech) 195, 205f.
Oberknöringen (Lkr. Günzburg) 429
Oberschönenfeld (Lkr. Augsburg) 58, 62, 259ff.,
273, 573
Oettingen (Lkr. Donau-Ries) 21, 32, 40, 56, 58,
62, 490, 498, 500, 573f.
- Albrecht Ernst Fst. v. 490, 500
- Ludovica Rosalia Gfin. v. 490, 500
- Wallerstein, Hft. 566
Oldendorp, Johann, Jurist 14
Österreichischer Kreis 34, 408
Ottobeuren (Lkr. Unterallgäu), Benediktinerkloster
35
Pfalz, Karl Theodor Kf. v. d. 21
Pomeller, Paulle, Grundholde von Edelstetten
Pütter, Johann Stephan 13
322
Rasch, Mathias, Kanzler des Fürststifts Kempten
358
Ravensburg 35
Reichertshofen (Lkr. Augsburg) 209
Reinkingk, Dieterich, Jurist 28
Remshart (Lkr. Günzburg) 530, 538, 553
Rettenbach (Lkr. Günzburg) 457, 530, 538
Riedheim, Marquard Anton Frhr. v. 43, 530, 561
Roggenburg (Lkr. Neu-Ulm), Prämonstratenserstift
35
Rom 32
Ronsberg Hft., 457
Roth, Hieronymus v., Propst 69
Rothenburg o. d. Tauber, Reichsstadt 20, 27, 62f.
Rothenfels-Königsegg, Gft. 20, 51, 58, 478
Sachsen, Clemens Wenzeslaus v., Fürstbischof 53
Sachsen, Johann Georg Hg. v. 20
Schad, Frhr. v. 205
Schaucher
- Stephan, Grundholde von Edelstetten 322
- Thoma, Grundholde von Edelstetten 322
Scherstetten (Lkr. Augsburg) 209f.
Schipsheim (Lkr. Augsburg) 208
Schlesien 18
Schmidt, Hannß Heinrich, Schmied zu Edelstetten
321
Schöllhorn, Wilhelm III. v., Reichsprälat 28
Schöllhorn, Wilhelm, Abt zu Ursberg 359
Schreiner, Barteime, Grundholde von Edelstetten
322
Schwaben
18,24
Schwäbischer Reichskreis 19, 34, 39, 48, 50, 54,
57, 62, 68, 563, 569, 574
Schweinbachhof (Lkr. Augsburg) 209
Schweiz 23
Seifriedsberg, Hft. 68
Sinai 404
Sonnenfels, Josef v., Jurist 41
Spanien 32
Staufen, Hft. 20, 57, 476, 478, 4 8 8 ^ 9 0
Stetten (Lkr. Günzburg) 530
Stichaner, Maria Irmengard, Äbtissin zu Oberschönenfeld 259
Stisser, Friedrich v., Professor 42
Straßberg (Lkr. Augsburg) 457
Straßburg 18
Stuttgart 19, 507, 510, 519, 525, 529, 573
Täfertingen (Lkr. Augsburg) 209f.
Teck, Hft. 501,519
Tübingen
134,510
Ulm
134,140,317,333,392,555
Unterbleichen (Lkr. Günzburg) 69, 391 f.
Unterknöringen (Lkr. Günzburg) 424
Unterrohr (Lkr. Günzburg) 382
Ursberg (Lkr. Günzburg) 35, 45, 48f., 55, 58, 6 2 64, 69, 359, 368, 371, 374f„ 382, 573
Ustersbach (Lkr. Augsburg) 208
Violau (Lkr. Günzburg)
271
Waal, Maria Anna Gfin. v. 456
Wattenweiler (Lkr. Günzburg) 69, 391 f.
Weißenhorn (Lkr. Neu-Ulm) 457, 555
Werdenstein, Margareta Anna v., Äbtissin zu Edelstetten 67, 296, 320ff„ 325
Wettenhausen (Lkr. Günzburg) 21, 35, 46, 48, 57,
62-64, 69f., 382f„ 386, 391f„ 403f„ 573
Wien 41
Wolkensteiner, Carl Frhr. v. 429
Wollishausen (Lkr. Augsburg) 209f.
Württemberg 18 f., 24, 35, 57 f., 64 f., 501,519f.
- Eberhard Ludwig Hg. v. 19, 519
- Ulrich Hz. v. 1 5 , 6 5 , 5 0 1
Würzburg 19
Zechmüller, Georg, Bürger von Asch 206
Ziegler, Georg,, Stephanischer Richter 206
Zweifel, Johann Benedict Ludwig v., Prälat zu Ursberg 68