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Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von
axialen Pfahlwiderständen aus
Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
Article in Bautechnik · July 2007
DOI: 10.1002/bate.200710038
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Patrick Becker
Kempfert + Partner Geotechnik
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Fachthemen
DOI: 10.1002/bate.200710038
Hans-Georg Kempfert
Patrick Becker
Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung
von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
Es werden die Grundlagen der empirischen Ableitung von axialen
Pfahlwiderständen und ausgewählte Ergebnisse vorgestellt, die
in die vom Arbeitskreis AK 2.1 „Pfähle“ der DGGT bearbeitete
neue Empfehlung EA-Pfähle eingeflossen sind.
Die durchgeführten Untersuchungen liefern empirisch weitgehend
abgesicherte Spannen von Erfahrungswerten für den Pfahlspitzenwiderstand und die Pfahlmantelreibung in Abhängigkeit der Baugrundverhältnisse für die derzeit überwiegend in der Baupraxis
zur Ausführung kommenden Pfahlsysteme. Die vergleichende
statistische Auswertung von Probebelastungen ermöglicht eine
einheitliche Beurteilung des Tragverhaltens der verschiedenen
Pfahlsysteme und somit eine sichere und je nach Untersuchungsaufwand auch wirtschaftliche Ableitung der Pfahltragfähigkeiten.
Background and results of derivation of axial pile resistances
based on empirical values for „EA-Pfähle“. The basics of the
derivation of axial pile capacity based on empirical values and
selected results are presented, which are already integrated in
the national German recommendations for piles „EA-Pfähle“.
The study provides to a large extent a secured range of empirical
values for the base resistance and the skin friction for different
pile systems as a function of the soil strength. Based on comparative statistical analysis of pile load tests of different pile systems, it becomes possible to derive a consistent analysis of bearing behaviour of pile systems, which provides a safe and an economical pile bearing capacity depending on the expense of preliminary soil investigations.
1 Einleitung und Aufgabenstellung
Für die Ermittlung von Pfahlwiderständen dürfen in
Deutschland nach DIN 1054 erdstatische Verfahren i. d. R.
nicht verwendet werden, da keine Verfahren vorliegen, die
das mechanische Modell und die Herstellungseinflüsse
der verschiedenen Pfahlarten zutreffend abbilden. Dem
gegenüber ist das Pfahltragverhalten auf der Grundlage
von Pfahlprobebelastungen auf dem Baufeld oder von vergleichbaren Probebelastungen festzulegen. Wenn keine
Pfahlprobebelastungen durchgeführt werden und keine Erfahrungswerte aus unmittelbar vergleichbaren Pfahlprobebelastungen vorliegen, darf der charakteristische axiale
Pfahlwiderstand des Einzelpfahls nach DIN 1054:2005-01
aus allgemeinen Erfahrungswerten bestimmt werden. Ähnliche Festlegungen finden sich in DIN EN 1997-1:2005-10
(Eurocode EC 7-1), wobei in der derzeit in Bearbeitung
befindlichen Ergänzungsnorm DIN 1054:2007 und dem
nationalen Anhang zum Eurocode EC 7-1 die Regelungen
aus DIN 1054:2005-01 für die Anwendung in Deutschland
im Wesentlichen bestätigt werden.
Allerdings finden sich in den vorhandenen Pfahlnormen DIN 4026, DIN 4014, DIN 4128 bzw. die neuere DIN
1054:2005-01 Erfahrungswerte für den Pfahlwiderstand in
nur sehr eingeschränkter Weise und nur für wenige Pfahlarten. Dies wurde am Fachgebiet Geotechnik der Universität Kassel zum Anlass genommen, Datenbanken mit Ergebnissen von axialen Pfahlprobebelastungen an unterschiedlichen Pfahlsystemen zu erstellen und diese vergleichend statistisch auszuwerten. Ziel war dabei, für die
vom Arbeitskreis AK 2.1 „Pfähle“ der DGGT bearbeitete
neue Empfehlung EA-Pfähle [1] für möglichst viele Pfahlarten vergleichende Spannen der Erfahrungswerte für
Pfahlspitzenwiderstand und Mantelreibung empirisch abgesichert angeben zu können. Damit sollte ein maßgeblicher Beitrag für eine sichere und wirtschaftliche Beurteilung der Tragfähigkeit von derzeit überwiegend in der Baupraxis zur Ausführung kommenden Pfahlsystemen erreicht
werden.
Die EA-Pfähle [1] liegt inzwischen als 1. Auflage
(2007) vor. Darin finden sich im Abschnitt 5.4 zahlreiche
Tabellen mit axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für verschiedene Pfahlsysteme. In diesem Beitrag
werden die verwendeten Auswertestrategien und Grundlagen zur Erarbeitung der Tabellenwerte der EA-Pfähle [1]
erläutert und weitere Detailergebnisse mitgeteilt, die dem
Anwender auch Hinweise über Streuungen und damit Risiken bei der Anwendung der Pfahlwiderstände aus Erfahrungswerten geben sollen.
Die von den Verfassern für den Arbeitskreis AK 2.1
„Pfähle“ (DGGT) abschließend durchgeführten empirischen Auswertungen von statischen und teilweise auch
dynamischen Pfahlprobebelastungen basieren u. a. auch
auf vorlaufenden und betreuten Arbeiten von [2], [3], [4]
und [5].
Die durchgeführten Untersuchungen liefern Spannen
von Erfahrungswerten für den Pfahlspitzenwiderstand qb
und die Pfahlmantelreibung qs in Abhängigkeit der Baugrundverhältnisse in Form des Spitzenwiderstandes der
Drucksonde qc für die Festigkeiten nichtbindiger Böden
und der charakteristischen undränierten Scherfestigkeit cu,k
bei bindigen Böden für folgende Pfahlsysteme:
– Fertigrammpfähle
– Ortbetonrammpfähle
© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 84 (2007), Heft 7
441
H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
– Schraubpfähle
– verpresste Verdrängungs- und Mikropfähle
– Bohrpfähle
Für die Bohrpfähle in Lockergestein wurde im Gegensatz zu den anderen Pfahlsystemen keine nochmalige
umfangreiche empirische Untersuchung durchgeführt, sondern in Anlehnung an [6] bzw. DIN 4014:1990-03 unter
Berücksichtigung der Auswerteerfahrungen mit den anderen Systemen Modifikationen vorgenommen. Zu den Angaben von Bohrpfählen in Fels s. a. [7]. Die Auswertung
und Ableitung der Pfahlwiderstände von Frankipfählen
enthält [8].
2 Empirische Grundlagen und Auswertestrategien
2.1 Verwendete statistische Methoden
Die verwendeten deskriptiven und analytischen statistischen Methoden zur Ableitung der Pfahltragfähigkeiten
aus Erfahrungswerten werden an dieser Stelle nur skizziert, siehe hierzu u. a. [9]. Neben der deskriptiven Datenanalyse zur Strukturierung und Beschreibung des Datenmaterials unter Verwendung von Histogrammen und dem
statistischen Merkmal der Standardabweichung finden die
analytischen Verfahren der Korrelations- und Regressionsanalyse Anwendung.
Im Rahmen der Korrelationsanalyse werden die Zusammenhänge in Form von Streudiagrammen dargestellt
und mit dem Korrelationskoeffizienten qualitativ bewertet.
Zusätzlich werden Vergleiche zwischen den Korrelationen
verschiedener Merkmale durchgeführt.
Aus dem qualitativen Zusammenhang der Korrelationsanalyse wird ein Regressionsmodell formuliert und
anhand des vorliegenden Datenmaterials validiert. Die
Regressionsanalyse spezifiziert bekanntlich dadurch den
funktionalen Zusammenhang zwischen einer abhängigen
und einer oder mehrerer unabhängigen Variablen und ermöglicht infolge iterativer Optimierung des Regressionsmodells die empirische Repräsentation großer Datenmengen und somit auch die Interpolation fehlender bzw. Prognose zukünftiger Werte.
tischen aber auch dynamischen Probebelastungen erstellt,
siehe Tabelle 2.
Zur Ableitung der Pfahltragfähigkeiten wurden ausschließlich Probebelastungsergebnisse verwendet, die über
hinreichende Baugrundaufschlüsse verfügen und somit eine
zuverlässige Korrelation zwischen der Baugrundfestigkeit
und den Pfahlwiderständen ermöglichen.
Die aus den Projektunterlagen entnommenen Daten
für die Pfahlsysteme enthalten für jede Probebelastung folgende Angaben:
– allgemeine Daten (Bauvorhaben und Ort, Datum der
Herstellung und der Probebelastung)
– Pfahldaten (Baustoff, geometrische Abmessungen, Einbindelänge)
– Daten zur Pfahlherstellung (je nach Pfahlsystem, z. B.
Rammenergie)
– Baugrund (Drucksondierung, Bohrprofil, Grundwasserverhältnisse)
– Probebelastungsergebnisse (Widerstand-Setzungs-Linie,
dynamisch ermittelte Pfahlwiderstände)
2.3 Aufbereitung der Probebelastungsergebnisse
Der größte Teil der vorliegenden statischen Probebelastungen wurde nicht bis zum Grenzzustand der Tragfähigkeit
geführt, sondern oberhalb der Gebrauchslast abgebrochen.
Um die einzelnen Probebelastungen miteinander vergleichen zu können, ist es notwendig, eine Grenzsetzung s1 =
sg festzulegen, die den Messwert des Pfahlwiderstandes im
Grenzzustand der Tragfähigkeit mit R1,m = R1,m(sg) begrenzt. Als Grenzsetzung sg wird für die untersuchten
Tabelle 2. Übersicht zu den verwendeten Probebelastungen
verschiedener Pfahlsysteme
Table 2. Overview of pile load tests of the different pile systems
Pfahlsysteme
2.2 Pfahlsysteme und Datengrundlage
Als Datengrundlage wurden für die verschiedenen Pfahlsysteme umfangreiche Datenbanken aus überwiegend sta-
Fertigrammpfähle
Variable
arithmetisches Mittel
Standardabweichung
Ortbetonrammpfähle
xi, yi
x =
s =
1
◊
n
n
 xi
Schraubpfähle
i =1
1
◊
n -1
n
 (x i = x)
442
Bautechnik 84 (2007), Heft 7
2
i =1
n
Korrelationskoeffizient
 (x i - x) ◊ (y i - y)
r =
Stahlbeton und Spannbeton
121
Stahlträgerprofil (h £ 0,50 m
und h/bF £ 1,5)
55
doppeltes Stahlträgerprofil
9
offenes Stahlrohr und
Hohlkasten (Db £ 0,80 m)
13
geschlossenes Stahlrohr
(Db £ 0,80 m)
Tabelle 1. Statistische Merkmale
Table 1. Statistical parameters
i =1
(n - 1) ◊ s x ◊ s y
Verpresste Verdrängungspfähle
Verpresste
Mikropfähle1)
1)
Anzahl
Simplexpfahl
4
70
Frankipfahl
300
Atlaspfahl
124
Fundexpfahl
52
Verpressmörtelpfahl
22
Rüttelinjektionspfahl
7
Verbundpfahl
9
Es lagen wesentlich mehr Ergebnisse vor, allerdings i. d. R.
mit unvollständigen Baugrundunterlagen; bei der Auswertung
wurde sich auch mit an Verpressankern orientiert.
H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
Pfahlarten das inzwischen weitgehend akzeptierte Kriterium
sg = 0,1 · D bzw. sg = 0,1 · Deq
(1)
verwendet, wobei D den je nach Pfahlsystem maßgebenden Durchmesser bezeichnet und bei nichtrunden Systemen in einen äquivalenten Ersatzdurchmesser Deq umgerechnet werden muss.
Nach Festlegung der Grenzsetzung lässt sich die zugehörige Widerstand-Setzungs-Linie (WSL) mit Hilfe des
Hyperbelverfahrens näherungsweise extrapolieren und
somit die Tragfähigkeit R1,m abschätzen.
Zur statistischen Analyse der Probebelastungsergebnisse und der Ableitung der Erfahrungswerte für Pfahlspitzenwiderstand und Pfahlmantelreibung sind Kenntnisse
über das vorliegende Aufteilungsverhältnis des Gesamtwiderstandes in den Spitzenwiderstandsanteil und den Mantelreibungsanteil notwendig. Hiermit werden die setzungsabhängigen Pfahlwiderstände der WSL für die statistische
Analyse in die setzungsabhängigen Spitzenwiderstandsund Mantelreibungsanteile aufgeteilt und auf qualitative
und funktionale Zusammenhänge mit den Bodeneigenschaften untersucht. Dieses Aufteilungsverhältnis kann je
nach Pfahlsystem in Abhängigkeit des Herstellungsverfahrens und dem Pfahlmaterial und innerhalb eines Pfahlsystems je nach den geometrischen Abmessungen der Pfähle
und der Bodenart erheblich variieren. Folgende Methoden
eignen sich für die Bestimmung des Aufteilungsverhältnisses:
– messtechnisch überwachte Feld- oder Modellversuche
– Vergleich zwischen Druck- und Zugbelastungsversuchen
– dynamische Pfahltests mit Modellbildung
– empirische Methoden (Hyperbelverfahren mit einer oder
zwei Regressionsgeraden)
Da in der Regel für die untersuchten Pfahlsysteme
nicht alle Methoden zur Bestimmung des Aufteilungsverhältnisses zur Verfügung stehen oder geeignet sind, siehe
auch [2], werden die spezifischen Eigenschaften der jeweiligen Pfahlsysteme zu einem weiteren Festlegungskriterium des Aufteilungsverhältnisses. Hierbei kommt der
ingenieurmäßigen Erfahrung zum Tragverhalten der Pfahlsysteme unter Berücksichtigung der jeweiligen Herstellungsverfahren, Pfahlgeometrien und Pfahlmaterialien eine besondere Bedeutung zu.
2.4 Vorgehensweise zur Ableitung der Pfahlwiderstände
Der Pfahlwiderstand R eines Pfahles setzt sich im Allgemeinen nach Gl. (2) aus der Pfahlmantelreibung Rs und
dem Pfahlfußwiderstand Rb zusammen und wird in Abhängigkeit des Aufteilungsverhältnisses der Tragfähigkeitsanteile berücksichtigt:
n
R = R b + Rs = qb ◊ A b +
 ( q s, i ◊ A s, i )
i =1
mit
Ab
As,i
qb
qs,i
Nennwert der Pfahlfußfläche
Nennwert der Pfahlmantelfläche in der Schicht i
Pfahlspitzenwiderstand
Pfahlmantelreibung in der Schicht i
(2)
Aufbauend auf den qualitativen Zusammenhängen zwischen Baugrundverhältnissen und Pfahlspitzenwiderstand
bzw. Pfahlmantelreibung der Korrelationsanalyse wurde
in Abhängigkeit des Aufteilungsverhältnisses des jeweiligen Pfahlsystems das Regressionsmodell gebildet. In der
Regressionsanalyse wurde der funktionale Zusammenhang
zwischen Pfahltragfähigkeitsanteilen und Baugrundverhältnissen iterativ optimiert, bis die Differenz zwischen gemessenem und berechntetem Pfahlwiderstand zu Null wird:
DR1 =
mit
DR1
R1,m
R1,cal
R1,m - R1,cal
∫ 0
R1,m
(3)
Differenz zwischen Messwert und Berechnungsergebnis der Gesamttragfähigkeit im Grenzzustand
GZ 1 der Tragfähigkeit
Messwert der Gesamttragfähigkeit aus Probebelastung
Berechnungsergebnis der Gesamttragfähigkeit nach
Gl. (2)
2.5 Konstruktion der Widerstand-Setzungs-Linie
Zur Konstruktion der Widerstand-Setzungs-Linie wurden
setzungsabhängige Erfahrungswerte für Pfahlspitzenwiderstand und Pfahlmantelreibung abgeleitet. In Abhängigkeit der Herstellungsverfahren der Pfahlsysteme unterscheiden sich die Setzungskriterien, siehe hierzu [2], [6]
und [10]. In der statistischen Auswertung wurden zunächst die Erfahrungswerte für den Grenzzustand der
Tragfähigkeit ermittelt und anschließend in weiteren Auswertungsschritten die Erfahrungswerte für die setzungsabhängigen Widerstände zur Konstruktion der WiderstandSetzungs-Linie und somit zur Beschreibung des Grenzzustandes der Gebrauchstauglichkeit, siehe [1].
3 Spannen der abgeleiteten Erfahrungswerte und
Anwendungsrisiken
Gemäß DIN 1054 und DIN 4020 streuen Bodenkenngrößen auf Grund entstehungsbedingter geologischer Randbedingungen erheblich. Dies gilt auch in besonderem Maße
für das Pfahltragverhalten und die Pfahlwiderstände der
Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit, weil zu den baugrundbedingten Streuungen noch erhebliche herstellungsbedingte Einflüsse hinzukommen können.
Da Erfahrungswerte für den Pfahlwiderstand in nur
sehr eingeschränkter Weise und nur für wenige Pfahlarten
vorliegen, wurden die Streuungen des Pfahltragverhaltens
bei der statistischen Analyse durch eine Spanne des Fraktilbereiches berücksichtigt, wie in Bild 1 für den Grenzzustand der Tragfähigkeit dargestellt ist.
In der vorliegenden Untersuchung wurden von den
Verfassern Pfahlwiderstände aus Erfahrungswerten für das
10 %-, 20 %- und 50 %-Fraktil abgeleitet. Für die Anwendung der Erfahrungswerte des 10 %-Fraktils bedeutet dies,
dass in 90 % der Fälle die mit den Erfahrungswerten ermittelte Tragfähigkeit auf der sicheren Seite liegt bzw. die
vorhandene Tragfähigkeit nicht überschreitet. Dem gegenüber werden bei der Festlegung von charakteristischen
Bodenkenngrößen bekanntlich i. d. R. „vorsichtige Mittelwerte“ im Bereich des 50 %-Fraktils gewählt.
Bautechnik 84 (2007), Heft 7
443
H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
bei s/D = s/Deq = 0,035 und den Bruchzustand der Mantelreibung berücksichtigt, welches hier für die Auswertung zu
ssg = 0,5 · Rs1 £ 1,0 cm
Bild 1. Verteilung und Fraktilbereich der erzielten Ergebnisse
für Pfahlwiderstände aus Erfahrungswerten im Vergleich zu
Probebelastungsergebnissen
Fig. 1. Range of empirical values of pile resistances
Auf Grund der hier dargestellten Vorgehensweise
werden nach EA-Pfähle [1] die Begriffe unterer und oberer Wert für die 10 %- und 50 %-Fraktile verwendet. Der
angegebene Fraktilbereich, der in Bild 1 grafisch dargestellt
ist, kann je nach Probebelastungen und lokalen Randbedingungen kleiner oder auch größer ausfallen und bietet
zunächst nur eine Orientierung.
Die Anwendung der unteren Erfahrungswerte (Kleinstwerte) sollte nach EA-Pfähle [1] der Regelfall sein und
setzt voraus, dass eine Baugrunduntersuchung in Anlehnung an DIN 4020 vorliegt. Sollten die endgültigen Baugrunduntersuchungen noch nicht zur Verfügung stehen,
können die unteren Erfahrungswerte auch für Vorentwürfe Anwendung finden. Über die unteren Werte hinausgehende Pfahlwiderstände, abgestuft in Richtung der oberen Werte der Tabellen, sind nur nach ausdrücklicher Bestätigung eines Sachverständigen für Geotechnik zu verwenden. Zusätzlich sind die örtlichen Begebenheiten und
Erfahrungen, sowie der spezifische Anwendungsfall im
Einzelnen zu berücksichtigen. Weitere Anwendungshinweise finden sich in [1].
4 Ableitung der Pfahltragfähigkeit von Fertigrammpfählen
4.1 Allgemeines
Am Beispiel der Fertigrammpfähle wird die Ableitung der
Pfahltragfähigkeiten auf empirischer Grundlage dargestellt.
Hierbei werden zunächst Fertigrammpfähle aus Stahlbeton und Spannbeton berücksichtigt. Die Anwendungsgrundlagen der Erfahrungswerte sind [1] zu entnehmen,
darüber hinaus sind dort auch Anwendungsbeispiele zu
den Erfahrungswerten von axialen Pfahlwiderständen auf
empirischer Grundlage angegeben. Die Ergebnisse der statistischen Auswertung von Stahlprofilen – wie z. B. Stahlträgerprofile, offene Stahlrohre und Hohlkästen, geschlossene Stahlrohre – sind ebenfalls in [1] enthalten und wurden analog bestimmt, wie hier beispielhaft für Betonfertigrammpfähle dargestellt, siehe hierzu auch Abschn. 4.4.
4.2 Tragverhalten und Aufteilung der Gesamttragfähigkeit
von Fertigrammpfählen
In [2] wird ein Auswerteverfahren für Fertigrammpfähle
vorgeschlagen, das zur Konstruktion der Widerstand-Setzungs-Linie einen setzungsabhängigen Spitzenwiderstand
444
Bautechnik 84 (2007), Heft 7
(4)
modifiziert wurde. Auf der Grundlage von messtechnisch
ausgestatteten statischen Pfahlversuchen, dynamischen
Probebelastungen und Vergleichen zwischen Druck- und
Zugbelastungsversuchen wird das auf Modellversuchen
basierende Aufteilungsverhältnis nach [2] modifiziert und
ein neuer Ansatz für die Festlegung der Tragfähigkeitsanteile verwendet, siehe Bild 2. Darüber hinaus ist für den
Fertigrammpfahl zwischen dem Bruchzustand der Pfahlmantelreibung Rs(g) bei s = sg = ssg und einem ergänzend
eingeführten und hier verwendeten Zustand der Mobilisierung der Bruchmantelreibung Rs(g*) bei s = ssg* zu unterscheiden. In Bild 2 ist in Abhängigkeit der Pfahlgeometrie
das Aufteilungsverhältnis für den Mantelreibungsanteil als
hier gewählten modifizierten Ansatz gekennzeichnet. Durch
die Berücksichtigung eines setzungsabhängigen Mantelreibungsverlaufs ergibt sich für Fertigrammpfähle die Widerstand-Setzungslinie nach Bild 3.
Die charakteristische Gesamttragfähigkeit für Fertigrammpfähle ergibt sich demnach aus
R k (s ) = R b , k (s ) + R s , k (s )
n
= hb ◊ q b, k ◊ A b + hs ◊
 (qs, k,i ◊ A s,i )
(5)
i =1
mit
hb Anpassungsfaktor des Spitzenwiderstandes, hier hb = 1,0
hs Anpassungsfaktor der Pfahlmantelreibung, hier hs = 1,0
Hierbei sind folgende setzungsabhängige Widerstände zu
berücksichtigen
Rb,k(s = 0,035 · Deq)
Rb,k(sg = 0,10 · Deq)
Rs,k (s = ssg*)
Rs,k (sg = ssg)
mit ssg* = 0,5 · Rs,k (s = ssg*) £ 1,0 cm nach Gl. (4)
Damit wurde gegenüber gebohrten Pfahlsystemen hier zusätzlich die Annahme getroffen, dass die Pfahlmantelreibung nach einer ersten Mobilisierungsgröße bei ssg* im
Gebrauchszustand mit Annäherung an den Bruch bei ssg
weiter ansteigt, was zu homogeneren statistischen Ergebnissen bei der Auswertung geführt hat.
4.3 Beispiele zur statistischen Analyse der Probebelastungsergebnisse
Bild 4 enthält beispielhaft die aus dem Aufteilungsverhältnis resultierenden Pfahlspitzenwiderstände in Abhängigkeit des Spitzenwiderstandes der Drucksonde für nichtbindige Böden im Grenzzustand der Tragfähigkeit GZ 1.
Die qualitativen Zusammenhänge der beiden Merkmale
aus der Korrelationsanalyse liefern die Grundlage für die
Regressionsanalyse.
H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
Die verwendeten Regressionsfunktionen zwischen den
Pfahlwiderständen und den maßgebenden Baugrundverhältnissen weisen sowohl für den Pfahlspitzenwiderstand
als auch für die nicht dargestellte Pfahlmantelreibung einen
bilinearen Verlauf auf. Hierdurch wird zum einen der Verdichtungseffekt, der bei weniger tragfähigen Böden stärker
auftritt als bei Böden mit größeren Tragfähigkeiten, und
zum anderen die in dem Bereich hoher Baugrundfestigkeit
vorliegende abnehmende Anzahl der untersuchten Probebelastungen berücksichtigt.
a)
Für die Ermittlung der Pfahlmantelreibung ist der aus
dem Aufteilungsverhältnis resultierende Pfahlmantelwiderstand auf alle Bodenschichten zu beziehen. Auf diese Weise
werden in der Auswertung der Probebelastungen auch geringtragfähige Bodenschichten berücksichtigt, die für die
praktische Anwendung der Erfahrungswerte zu vernachlässigen sind.
Die Ergebnisse für die in die EA-Pfähle [1] eingeführten unteren und oberen Erfahrungswerte im Grenzzustand
der Tragfähigkeit sind in Bild 5 und die statistischen Merk-
b)
Bild 2. Aufteilungsverhältnis für Fertigrammpfähle a) bei Mobilisierung des Bruchzustandes der Mantelreibung;
b) im Bruchzustand des Pfahls
Fig. 2. Proportion of total pile capcity for driven precast piles a) at mobilisation of the skin friction up to failure state;
b) at failure state of the pile system
Bild 3. Idealisierte Widerstand-Setzungs-Linie für Fertigrammpfähle nach Gl. (5)
Fig. 3. Idealized load-settlement-curve for driven precast
piles according to eq. (5)
Bild 4. Korrelationen zwischen dem Sondierwiderstand qc
und dem Pfahlspitzenwiderstand qb1 aus den Pfahlprobebelastungen (gerammte Betonfertigpfähle)
Fig. 4. Correlation between mean cone resistance qc and pile
base resistance qb1 from the load tests (driven precast piles)
Bautechnik 84 (2007), Heft 7
445
H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
a)
b)
c)
d)
Bild 5. a) Streudiagramm und b) Histogramm für die unteren Erfahrungswerte von Fertigrammpfählen in nichtbindigen
Böden im GZ 1; c) und d) für die oberen Erfahrungswerte
Fig. 5. a) Scatter plot and b) histogramm of the lower empirical values of driven precast piles in noncohesive soils in ULS;
c) and d) upper empirical values
male für das 10 %-, 20 %- und 50 %-Fraktil in Tabelle 3
dargestellt.
Für die vorliegenden Probebelastungsergebnisse werden Abweichungen zwischen Messwerten und Berechnungsergebnissen der Gesamttragfähigkeit erzielt, die in
einem Bereich von DR1 = 0,29 bis –2,38 % liegen. Der Korrelationskoeffizient beschreibt für den vorliegenden Datensatz mit r = 0,54 eine mittlere Korrelation.
Die aus den dargestellten Auswertungen in [1] eingeflossenen Spannen der Erfahrungswerte und zusätzlich
das 20 %-Fraktil für Fertigrammpfähle sind für den Grenzzustand der Tragfähigkeit GZ 1 in den Tabellen 4 bis 7 beispielhaft angegeben. Für die zur Konstruktion der Widerstand-Setzungs-Linie erforderlichen setzungsabhängigen
Widerstände und die Anwendungsgrundlagen der Erfahrungswerte wird auf EA-Pfähle [1] verwiesen.
Tabelle 3. Statistische Merkmale für Betonfertigrammpfähle
Table 3. Statistical parameters for driven precast piles
DR1 [%] s [%]
Diese Art der vergleichenden statistischen Auswertung von Probebelastungen an verschiedenen Pfahlsystemen stellt gegenüber den bisherigen Angaben nach Auffassung der Verfasser einen Fortschritt dar, da bei den verschiedenen Pfahlsystemen jeweils ein vergleichbares statistisches Niveau zugrunde gelegt wurde. Dem gegenüber
sind die Tragfähigkeitsangaben der DIN 4014 für Bohrpfähle
nach [6] in der Nähe der 10 %-Fraktile einzuordnen, das
sog. S-Verfahren [16], das tendenziell informativ in DIN
Tabelle 4. Erfahrungswerte für den charakteristischen Pfahlspitzenwiderstand qb1,k für Fertigrammpfähle aus Stahlbeton
und Spannbeton in nichtbindigen Böden für den Grenzzustand der Tragfähigkeit
Table 4. Empirical values of characteristic base resistances
qb1,k for driven precast piles in noncohesive soils in ULS
Pfahlspitzenwiderstand qb1,k in kN/m2
s/Deq = 0,1
r [–]
bei einem mittleren Spitzenwiderstand qc
der Drucksonde in MN/m2
7,5
15
25
untere Erfahrungswerte (10 %-Fraktil)
0,29
22,1
0,54
10 %-Fraktil
4200
7600
8750
20 %-Fraktil
–0,18
24,5
0,54
20 %-Fraktil
4500
8300
9500
obere Erfahrungswerte (50 %-Fraktil)
–2,38
30,0
0,54
50 %-Fraktil
6000
10200
11500
446
Bautechnik 84 (2007), Heft 7
H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
1054:2005-01 für Betonfertigrammpfähle eingegangen ist,
orientiert sich eher an den Mittelwerten (50 %-Fraktile).
4.4 Berichtigung zu [1] Tabelle 5.5
In [1], Tabelle 5.5, finden sich Anpassungsfaktoren hb für
den Spitzenwiderstand von Stahlträgerprofilpfählen. Dabei ist der Anwendungsbereich zunächst auf h/bF £ 1,5 zu
begrenzen.
5 Ableitung des Pfahlspitzenwiderstandes in Geschiebemergel
Auf Grund der Vielzahl an Probebelastungsergebnissen
können für bestimmte Pfahlsysteme Erfahrungswerte für
Tabelle 5. Erfahrungswerte für die charakteristische Pfahlmantelreibung qs1,k für Fertigrammpfähle aus Stahlbeton
und Spannbeton in nichtbindigen Böden für den Grenzzustand der Tragfähigkeit
Table 5. Empirical values of characteristic skin friction qs1,k
for driven precast piles in noncohesive soils in ULS
Pfahlmantelreibung qs1,k in kN/m2
ssg = sg = 0,1 · Deq
bei einem mittleren Spitzenwiderstand qc
der Drucksonde in MN/m2
7,5
15
25
10 %-Fraktil
40
95
125
20 %-Fraktil
45
105
140
50 %-Fraktil
60
125
160
Tabelle 6. Erfahrungswerte für den charakteristischen Pfahlspitzenwiderstand qb1,k für Fertigrammpfähle aus Stahlbeton
und Spannbeton in bindigen Böden für den Grenzzustand
der Tragfähigkeit
Table 6. Empirical values of characteristic base resistances
qb1,k for driven precast piles in cohesive soils in ULS
Pfahlspitzenwiderstand qb1,k in kN/m2
s/Deq = 0,1
Scherfestigkeit cu,k des undränierten
Bodens in kN/m2
100
150
250
10 %-Fraktil
600
850
1150
20 %-Fraktil
650
950
1250
50 %-Fraktil
750
1100
1500
den Pfahlspitzenwiderstand im norddeutschen Geschiebemergel angegeben werden. Die Auswertung erfolgt in gleicher Weise wie oben beschrieben, wobei für die Pfahlmantelreibung die Erfahrungswerte für bindige Böden angesetzt werden.
Bild 6 enthält für Simplexpfähle, Atlaspfähle und
Fundexpfähle beispielhaft die Erfahrungswerte für den
Spitzenwiderstand qb,1 in Geschiebemergel für die verschiedenen Fraktilwerte, siehe auch Tabelle 8.
6 Vergleichende Bewertung der ermittelten
Pfahltragfähigkeiten
Im Folgenden sind einige Kriterien aus den empirischen
Untersuchungen vergleichend bewertet. Zur Verdeutlichung
werden in Bild 7 die zusammengefassten Ergebnisse der
ausgewerteten Probebelastungen (R1,m) und die aus den
statistischen Untersuchungen abgeleiteten Erfahrungswerte
(R1,cal) der verschiedenen Pfahlsysteme gegenübergestellt.
Vergleicht man die Spitzenwiderstände der einzelnen
Pfahlsysteme in Bild 8a untereinander, so lässt sich ein
Zusammenhang zwischen der Art der Pfahlherstellung
und der Systeme sowie deren Tragfähigkeiten erkennen.
Rammpfähle haben im Allgemeinen einen größeren Spitzenwiderstand, da infolge des Einrammens in den Baugrund eine Verdrängung und Verdichtung des Bodens unterhalb der Pfahlspitze erfolgt. In nichtbindigen Böden
Tabelle 8. Spannen der Erfahrungswerte für den charakteristischen Pfahlspitzenwiderstand qb1,k für den Grenzzustand
der Tragfähigkeit GZ 1 in Geschiebemergel
Table 8. Empirical values of characteristic base resistances
qb1,k in boulder clay in ULS
Pfahlspitzenwiderstand qb1,k in kN/m2
s/Deq = 0,1
Scherfestigkeit cu,k des undränierten
Bodens in kN/m2
100
150
250
Simplexpfahl
3400–3700
5400–5700
6600–7000
Atlaspfahl
1500–2700
2250–3500
3000–4250
Fundexpfahl
2600–4000
4200–5500
5300–6500
Tabelle 7. Erfahrungswerte für die charakteristische Pfahlmantelreibung qs1,k für Fertigrammpfähle aus Stahlbeton
und Spannbeton in bindigen Böden für den Grenzzustand
der Tragfähigkeit
Table 7. Empirical values of characteristic skin friction qs1,k
for driven precast piles in cohesive soils in ULS
Pfahlmantelreibung qs1,k in kN/m2
ssg = sg = 0,1 · Deq
Scherfestigkeit cu,k des undränierten
Bodens in kN/m2
60
150
250
10 %-Fraktil
20
40
55
20 %-Fraktil
25
50
65
50 %-Fraktil
35
60
80
Bild 6. Pfahlspitzenwiderstand in Geschiebemergel
Fig. 6. Pile base resistance in boulder clay
Bautechnik 84 (2007), Heft 7
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H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
können für Fertigrammpfähle und Simplexpfähle infolge
des vergleichbaren Herstellungsverfahrens beider Pfahlsysteme einheitliche Erfahrungswerte angegeben werden.
a)
Dem gegenüber weisen die Rammpfähle im Unterschied
zu anderen Pfahlsystemen eine geringere Bruchmantelreibung auf, siehe Bilder 8b und 9.
b)
Bild 7. a) Vergleich der Gesamttragfähigkeiten (Symbole = Mittelwerte) und b) mittlere Aufteilungsverhältnisse der verschiedenen Pfahlsysteme aus den untersuchten Pfahlprobebelastungen
Fig. 7. a) Comparison of the total load capacities (symbols = average values) and b) the mean proportion of the base and
shaft resistances for the different pile systems
a)
b)
Bild 8. Obere und untere Erfahrungswerte für a) Pfahlspitzenwiderstand und b) Bruchmantelreibung in nichtbindigen Böden
Fig. 8. Upper and lower empirical values of different piles in noncohesive soils for a) base resistance and b) skin friction
a)
b)
Bild 9. Untere Erfahrungswerte der Bruchmantelreibung in a) nichtbindigen Böden und b) bindigen Böden
Fig. 9. Lower empirical values of skin friction for different piles in a) noncohesive soils and b) cohesive soils
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Bautechnik 84 (2007), Heft 7
H.-G. Kempfert/P. Becker · Grundlagen und Ergebnisse der Ableitung von axialen Pfahlwiderständen aus Erfahrungswerten für die EA-Pfähle
Der Verdrängungs- und Verdichtungseffekt des Herstellungsverfahrens von Fundexpfählen, die durch eine
drehende und drückende Bewegung abgeteuft werden,
führt im Vergleich zu den gerammten Simplexpfählen zu
etwas geringeren Erfahrungswerten des Pfahlspitzenwiderstandes. Beide Pfahlsysteme verfügen über eine Pfahlspitze
mit Überstand, die nach dem Abteufen als verlorene Spitze
im Boden verbleibt. Der Überstand der Pfahlspitze verursacht beim Herstellungsvorgang eine anfängliche Auflockerung des Baugrunds im Pfahlschaftbereich und führt
zu einer Reduzierung der Pfahlmantelreibung.
Der Schneidkopf des Atlaspfahls wird als Schraubpfahl analog zu dem Fundexpfahl mit einer drehenden und
drückenden Bewegung in den Boden eingebracht. Durch
die schraubenförmige Ausbildung des Pfahlschaftes können
höhere Erfahrungswerte der Mantelreibung erzielt werden.
Bohrpfähle und Teilverdrängungsbohrpfähle weisen
auf Grund des Bohrvorgangs und der damit verbundenen
Entspannung des Bodens im Pfahlfußbereich im Unterschied zu den übrigen Pfahlsystemen einen geringeren
Pfahlspitzenwiderstand auf.
Die vollständigen Angaben der Tabellen für alle ausgewerteten Systeme finden sich in [1].
7 Zusammenfassung und Danksagung
Die durchgeführten Untersuchungen liefern empirisch
weitgehend abgesicherte Spannen von Erfahrungswerten
für den Pfahlspitzenwiderstand und die Pfahlmantelreibung
in Abhängigkeit der Baugrundverhältnisse für die derzeit
in der Baupraxis überwiegend zur Ausführung kommenden Pfahlsysteme. Die vergleichende statistische Auswertung von Probebelastungen ermöglicht eine einheitliche
Beurteilung des Tragverhaltens der verschiedenen Pfahlsysteme und somit eine sichere und je nach Aufwand für die
geotechnischen Voruntersuchungen auch wirtschaftliche
Ableitung der Pfahltragfähigkeiten. Dabei wird allerdings
die Unsicherheit größer, je stärker die Herstellungseinflüsse
auf die Tragfähigkeit sind, z. B. verpresste Mikropfähle.
Die vorliegenden Ergebnisse und die beschriebenen
Grundlagen der empirischen Ableitung von axialen Pfahlwiderständen sind in die vom Arbeitskreis AK 2.1 „Pfähle“
der DGGT bearbeiteten neuen Empfehlung EA-Pfähle
eingeflossen. Auf die in Abschn. 4.4 aufgeführte Berichtigung zu [1], Tabelle 5.5 wird nochmals hingewiesen.
Für bestimmte Pfahlsysteme werden Erfahrungswerte
für den Pfahlspitzenwiderstand in Geschiebemergel angegeben. Darüber hinaus werden in [8] die Grundlagen der
Auswertung an klassischen Ortbetonrammpfählen System
Franki dargelegt, deren Tragfähigkeitsangaben sich ebenfalls in der EA-Pfähle finden.
Die Verfasser bedanken sich bei allen Firmen und Institutionen, die Ergebnisse von Pfahlprobebelastungen für
die Auswertung zur Verfügung gestellt haben. Dies waren
besonders Franki Grundbau GmbH & Co KG, Hamburg
Port Authority, Centrum Pfähle GmbH, Grundbauingenieure Steinfeld und Partner GbR und BSU-Prüfstelle für
Baustatik, Hamburg.
Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, dass
die in EA-Pfähle aufgeführten Bedingungen für die Anwendung der Spannen der Erfahrungswerte der Pfahltragfähigkeiten sorgfältig eingehalten werden sollten und re-
gionale Erfahrungen mit zu berücksichtigen sind. Dazu
empfiehlt sich i. d. R. immer die Einschaltung eines Sachverständigen für Geotechnik, was auch die DIN 1054 sinngemäß fordert.
Literatur
[1] EA-Pfähle: Empfehlungen des Arbeitskreises „Pfähle“. Deutsche Gesellschaft für Geotechnik (DGGT), Arbeitskreis 2.1.
Berlin: Ernst & Sohn, 2007.
[2] Witzel, M.: Zur Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit
von vorgefertigten Verdrängungspfählen in bindigen und nichtbindigen Böden. Universität Kassel, Schriftenreihe Geotechnik, Heft 15, 2004.
[3] Melchin, G.: Auswertung von Pfahlprobebelastungen an
Frankipfählen und Ableitung von Erfahrungswerten der Pfahlwiderstände. Universität Kassel, Institut für Geotechnik und
Geohydraulik, Diplomarbeit, 2005.
[4] Käding, F.: Statistische Auswertung der Tragfähigkeiten
unterschiedlicher Pfahlsysteme und vergleichende Analyse in
einem Gesamtkonzept zum Tragverhalten von Pfahlsystemen.
Universität Kassel, Institut für Geotechnik und Geohydraulik,
Diplomarbeit, 2005.
[5] Werner, S.: Statistische Auswertung zum Tragverhalten von
Pfahlsystemen und numerische Sensibilitätsanalyse zum Tragverhalten im Pfahlnahbereich. Universität Kassel, Institut für
Geotechnik und Geohydraulik, Diplomarbeit, 2006.
[6] Elborg, E.-A.: Verbesserung der Vorhersagbarkeit des LastSetzungsverhaltens von Bohrpfählen auf empirischer Grundlage. Technische Hochschule Darmstadt, D 17, 1993.
[7] Moormann, C.: Pfahlverhalten in festen und veränderlich
festen Gesteinen. Universität Kassel, Schriftenreihe Geotechnik, Heft 18 (2005), S. 257–280.
[8] Kempfert, H.-G., Brieke, W., Becker, P.: Axiale Pfahlwiderstände von Frankipfählen aus Erfahrungswerten. Bautechnik
(in Vorbereitung).
[9] Hartung, J., Elpelt, B., Klösener, K.-H.: Statistik, Lehr- und
Handbuch der angewandten Statistik. 13. Auflage. München:
Oldenbourg, 2002.
[10] Bruns, T.: Untersuchung des Tragverhaltens von Ortbetonschraubpfählen. Universität Hannover, Mitteilungen des Instituts für Grundbau, Bodenmechanik und Energiewasserbau
(IGBE), Heft 48, 1998.
[11] Ebener, H.: Über die Tragfähigkeit von Stahlbetonpfählen.
Hamburg, 1960. Forschungsbericht. Forschungsprojekt III
B1-4115 Nr. 36 im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung.
[12] Petermann, H., Lackner, E., Schenck, W.: Tragfähigkeit von
Pfählen – Großversuche und ihre Auswertung. Berichte aus
der Bauforschung, Heft 49, Berlin, 1967.
[13] De Beer, E., De Jonghe, A., Carpentier, R., Hever, M.,
Scholtes, P.: H Steel Piles in dense sand. Proceedings of the
10th ICSMFE, Stockholm (1981), pp. 693–698.
[14] Kempfert, H.-G., Becker, P.: Universität Kassel, Institut für
Geotechnik und Geohydraulik: Ableitung von Spitzenwiderstand und Mantelreibung vertikal belasteter Spundwände und
Großrohrpfähle für die Anwendung im Hafenbereich. Kassel,
2005. Forschungsbericht – unveröffentlicht.
[15] Centrum Pfähle GmbH: Probebelastung – Vergleich zwischen statischer und dynamischer. Hamburg. Firmenprospekt.
[16] Schröder, E.: S-Verfahren: Zur Abschätzung der äußeren
Tragfähigkeit (Grenzlast) von gerammten Betonfertigpfählen
in nichtbindigen Böden. Hamburg, 1996 – unveröffentlicht.
Autoren dieses Beitrages:
Prof. Dr.-Ing. Hans-Georg Kempfert, Dipl.-Ing. Patrick Becker, Universität
Kassel, Institut für Geotechnik und Geohydraulik, Fachgebiet Geotechnik,
Mönchebergstraße 7, 34125 Kassel
Bautechnik 84 (2007), Heft 7
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