Academia.eduAcademia.edu
1 Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka I. ABHANDLUNGEN Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka: einige Forschungsergebnisse der letzten Jahre von Michail G. Milin, Moskau Wolga-Oka-Region; endpaläolithische und mesolithische Fundstellen; Ienevo-Kultur; Butovo-Kultur; Resseta-Kultur. Région de Volga-Oka; sites épipaléolithiques et mésolithiques; culture de Ienevo; culture de Butovo; culture de Resseta. Volga-Oka region; late Paleolithic and Mesolithic sites; Ienevo Culture; Butovo Culture; Resseta Culture. Seit dem Erscheinen des zusammenfassenden Bandes „Mezolit SSSR“ wurden einige hundert neue mesolithische Fundstellen entdeckt und einige Dutzend davon, darunter 15 bedeutende Feuchtbodenfundstellen, ausgegraben. Neues Material und die kritische Analyse der alten Kollektionen erlauben es, die bestehenden Vorstellungen über das Mesolithikum der Wolga-Oka-Region erheblich zu überarbeiten und zu vervollständigen. Mit Hilfe von naturwissenschaftlichen Methoden konnte eine große Menge Daten zur natürlichen Umgebung und zur Wirtschaft des mesolithischen Menschen gesammelt werden. Der Artikel analysiert kurz vier kulturelle Traditionen des späten und finalen Paläolithikums, auf deren Grundlage sich die mesolithischen Kulturen der Region – die Ienevo-, die Butovo- und die Resseta-Kultur – herausbildeten. Es wird eine kurze Zusammenfassung der abgesicherten mesolithischen Fundstellen und der Entwicklungsgeschichte der Kulturen der Region gegeben. Kurz werden ebenso die Grundfragen der Wirtschaft der mesolithischen Bevölkerung des Wolga-Oka-Einzugsgebiets berührt. Depuis la parution du volume de synthèse „Mezolit SSSR“, on a découvert plusieurs centaines de nouveaux sites mésolithiques, dont 15 sites importants en zone humide furent fouillés. Le nouveau matériel et l’examen critique des anciennes collections permettent de revoir et de compléter considérablement nos idées du Mésolithique dans la région de Volga-Oka. Grâce aux méthodes scientifiques, on a pu réunir une grande quantité de données sur le milieu naturel et l’économie des hommes du Mésolithique. Cet article analyse brièvement quatre traditions culturelles épipaléolithiques d’où naîtront les cultures mésolithiques de la région, celles de Ienevo, de Butovo et de Resseta. Il livre également un aperçu des sites mésolithiques sûrs et de l’évolution des cultures de la région, et aborde brièvement les questions économiques fondamentales de la population mésolithique du bassin de Volga-Oka. Since the publication of the collection “Mezolit SSSR”, several hundred new Mesolithic sites have been discovered and a few dozen of them excavated, including 15 significant wetland sites. New material and a critical analysis of the old collections allow for present notions of the Mesolithic Age in the Volga-Oka region to be revised and updated. Using scientific methods, a great amount of data has been compiled on the natural environment and economy of the Mesolithic people. The article briefly examines four cultural traditions of the late and final Paleolithic Age, from which the Mesolithic cultures of the region – the Ienevo, Butovo and Resseta cultures – emerged. It also provides a summary of the protected Mesolithic sites and the evolution of the region’s cultures. Basic questions on the economy of the Mesolithic peoples of the Volga-Oka region are looked at in brief. Za proПedПie s v«puska v 1989 g. obobНaїНego toma «Mezolit SSSR» god« b«lo otkr«to neskolцko soten nov«h mezolitiљeskih stoѕnok i neskolцko desѕtkov raskopano, v tom љisle 15 oporn«h torfѕnikov«h stoѕnok. Nov«e material« i kritiљeski“ analiz star«h kollekci“ pozvolili suНestvenno dopolnitц i peresmotretц imevПiesѕ predstavleniѕ po mezolitu Volgo-Okskogo meхdureљцѕ. Blagodarѕ Пirokomu primeneniї metodov estestvenn«h nauk poѕvilsѕ obПirn«“ massiv dann«h po prirodnomu PZ, 81. Band, S. 1–48 © Walter de Gruyter 2006 DOI 10.1515/PZ.2006.001 Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 2 Michail G. Milin okruхeniї i hozѕ“stvu mezolitiљeskogo љeloveka. V statцe kratko analiziruїtsѕ 4 kulцturn«h tradicii pozdnego i finalцnogo paleolita, na kotor«h sklad«valisц osnovn«e mezolitiљeskie kulцtur« regiona Р ienevskaѕ, butovskaѕ i ressetinskaѕ. Daetsѕ kratki“ obzor oporn«h mezolitiљeskih pamѕtnikov i istoriѕ razvitiѕ kulцtur regiona. Kratko zatragivaїtsѕ takхe osnovn«e vopros« hozѕ“stva mezolitiљeskogo naseleniѕ Volgo-Okskogo basse“na. Einführung Im Jahr 1989 erschien der Band „Mezolit SSSR“, der den Stand der Mesolithforschung in diesem riesigen Territorium für die zweite Hälfte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts darstellt. L.V. Kol’cov (1989, 68–87) faßte die zu dieser Zeit verfügbaren Daten zum Mesolithikum des Gebiets zwischen Wolga und Oka zusammen. Seitdem wurden dank intensiver Feld- und Laborforschungen zahlreiche weitere mesolithische Fundstellen entdeckt und ausgegraben. Diese neuen Ergebnisse ermöglichen, die in der Literatur vertretenen Auffassungen über das Mesolithikum dieser zentralen Region Osteuropas wesentlich zu ergänzen und zu präzisieren und in einer Reihe von Fällen grundsätzlich zu revidieren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind im Gebiet zwischen Wolga und Oka ungefähr 500 mesolithische Fundstellen erfaßt. Ungefähr 100 davon wurden in unterschiedlichem Umfang ausgegraben. Die Mehrzahl der mesolithischen und endpaläolithischen Fundplätze der hier behandelten Region liegen auf mineralischen Böden, organisches Material blieb also nicht erhalten (mit der Ausnahme von Holzkohle und kalzinierten Knochen). Für den Großteil der Fundplätze gibt es keine zuverlässige Stratigraphie und naturwissenschaftliche Datierung. Trotzdem können etliche als abgesichert angesehen werden, wenn sie folgenden Bedingungen genügen: 1. Sie sind vollständig oder auf einer bedeutenden Fläche ausgegraben; 2. sie besitzen eine deutlich ausgeprägte Struktur der Planumsbefunde; 3. sie bieten ein Fundinventar, das die kulturelle Einordnung und die Feststellung der wirtschaftlichen Ausrichtung ermöglicht; 4. es gibt eine naturwissenschaftliche Datierung; 5. sie sind ausreichend bis vollständig publiziert. Ähnliche Forderungen an abgesicherte Fundstellen wurden bereits mehrfach formuliert (Kravcov/Milin, 1995, 135–138; Milin/Kravcov/Leonova 1998, 88–90; Kravcov 1999, 80–87). Zum jetzigen Zeitpunkt existieren etwa 30 solcher Plätze. Dazu kommen etwa 40 weitere, die nicht naturwissenschaftlich datiert sind, jedoch den übrigen Anforderungen genügen, also in die Untersuchung einbezogen werden können. Die übrigen Fundstellen, seien es ergrabene oder nur durch Oberflächenbegehungen ermittelte, können nur als Hintergrundmaterial genutzt werden. Ihr Informationsgehalt ist natürlich wesentlich geringer, sie können aber zur Klärung einzelner Fragestellungen, beispielsweise zur Definition des Territoriums be- stimmter Kulturen, zur Verbreitung einzelner Artefakttypen und Rohstoffarten u.s.w., herangezogen werden. Ihr Informationswert steigt bedeutend, wenn es sich um ausreichend „saubere“ Sammlungen handelt, das heißt, wenn sie nicht offensichtlich Material früherer oder späterer Zeitstufen oder anderer kultureller Zugehörigkeit enthalten. Im letzten Jahrzehnt wurden im Gebiet von Wolga und Oka mehr als 20 Feuchtbodensiedlungen entdeckt und 15 ausgegraben, die gut erhaltene Gegenstände aus organischem Material erbrachten und das Intervall vom Beginn des Mesolithikums (vor rund 10300 14C-Jahren) bis zu seinem Ende (vor rund 7000 14C-Jahren) abdecken (Milin 2001, 23–38). Auf allen diesen Fundstellen wurden außer Faunenresten verschiedene Jagd- und Fischfanggeräte aus Stein, Knochen und Holz sowie ein differenziertes Siedlungsinventar angetroffen. Die Untersuchungen von I.V. Kirillova, A. A. Karchu, E. K. Syčevskaja, V. P. Danil’čenko, V. E. Cepkin, S. P. Maslov und E. A. Antipina ermöglichten, die Zusammensetzung der Ausbeute von Jagd und Fischfang der mesolithischen Bevölkerung dieser Region zu bestimmen. Die Resultate der Pollenanalyse, durchgeführt von E. A. Spiridonova und A. S. Alešinskaja, dienten als Basis für die Rekonstruktion der Vegetation der Region in dem betrachteten Zeitraum. Serienmäßige Radiokarbondatierungen in den Laboratorien des GIN, durchgeführt von N. E. Zareckaja und L. D. Suleržickij (mehr als 100 Daten), ermöglichten die Ausarbeitung einer zuverlässigen Chronologie der mesolithischen Fundstellen des Wolga-Oka-Gebiets1. Die plötzliche Erwärmung und Feuchtigkeitszunahme am Ende des späten Dryas führten zu einer schnellen Veränderung der Landschaft auf dem riesigen Territorium Nordeuropas und somit auch des Wolga-OkaGebiets. Die Herausbildung der modernen Waldzone Osteuropas begann nach den heute bekannten Daten am Ende des späten Dryas und endete in der ersten Hälfte des Präboreals. Im Laufe des Holozäns änderten sich die Zusammensetzung der Wälder und die Grenzen der Waldzone. Diese Veränderungen führten jedoch nicht zu ihrer Degradation oder plötzlichen Erweiterung. Am Ende des späten Dryas und während der ersten Hälfte des Präboreals blieb die Mosaikhaftigkeit der Landschaften deutlich erhalten. Während des Kli- 1 Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den genannten Forschern meine tiefe Dankbarkeit auszudrücken. Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka maoptimums des Präboreals, vor ungefähr 9500–9300 14C-Jahren, breiteten sich die Taigawälder auch auf die Wasserscheiden aus, und der Wald wurde der einzige zonale Vegetationstyp. Offene Flächen verschwanden in erheblichem Maße. Seit der zweiten Hälfte des Boreals begann im oberen Wolgagebiet die Ausbreitung von Laubwäldern, die besonders stark am Beginn des Atlantikums zunahm. Der Anteil dieser Wälder war im Gebiet der Wasserscheiden höher, während in den Flußtälern und Seeniederungen verschiedene Mischwaldtypen vorherrschten (Alešinskaja/Spiridonova 2002; Spiridonova/Alešinskaja 1999, 127–141). Gleichzeitig mit der Ausbreitung der Wälder vollzog sich ein Wandel innerhalb der Fauna. Die Tierwelt der Tundra mit der vorherrschenden Rolle des Rentiers ging über zur Fauna der Taiga mit der dominanten Rolle des Elchs. Es ist bezeichnend, daß, schon beginnend mit dem Ende des späten Dryas, während des gesamten Mesolithikums auf den ausgegrabenen Siedlungsplätzen ausschließlich die Waldfauna vertreten ist (Kirillova 2002, 92–101; Chaix 1996, 85–95). Folgerichtig muß die Annahme von der Existenz von Rentierjägern im untersuchten Territorium zu Beginn des Mesolithikums und deren Migration in östliche Richtung am Beginn des Holozäns, dem wegziehenden Rentier hinterher, revidiert werden (Kol’cov 1989, 6–86). Die spätpaläolithischen kulturellen Traditionen Das Endpaläolithikum des Wolga-Oka-Gebiets ist zum jetzigen Zeitpunkt nur äußerst gering erforscht. Für die bekannten Fundstellen mit Steininventar endpaläolithischen Charakters (Abb. 1) liegen keine Radiokarbondaten vor, nur vier von ihnen sind ausgegraben, die übrigen sind nur durch Absammeln der Oberfläche oder unbedeutende Funde aus Probegrabungen bekannt. Ein großer Teil dieser Fundstellen ist auch nicht publiziert. Außerdem sind diese äußerst dürftigen Materialien ganz und gar uneinheitlich, was erlaubt, die Frage nach unterschiedlichen kulturellen Traditionen der Bevölkerung der Region am Ende des Paläolithikums aufzuwerfen. Die Tradition des Epigravettien ist durch die Station Zaozer’e 1 (Frolov 1987, 75–83) vertreten. Die Fundstelle befindet sich im Ramenskij Rajon der Moskovskaja Oblast’ und liegt auf der zweiten linken Uferterrasse der Moskva. Die Fundstelle ist überpflügt, und ein großer Teil des Inventars sind Oberflächenfunde vom Acker. Es wurden 42 m2 aufgedeckt. Unter der Pflugschicht blieben Linsen aus hellgrauem lößartigen Sandboden mit Feuersteinartefakten erhalten. Darunter liegen lößartige Lehmböden. Die fundführende Schicht gehört nach dem Urteil der Geologen in die Spätvaldaj-Zeit, was ihr spätpaläolithisches Alter nahe legt. Eine genauere Datierung fehlt. 3 Das Steininventar (Abb. 2) besteht aus Feuerstein des Karbons von hoher Qualität, dessen Aufschlüsse im Tal der Oka gut bekannt sind. Überwiegend dienten ungleichmäßige Klingen mittlerer Größe als Rohmaterial für die Geräteherstellung. Größere und kleinere Klingen wurden bedeutend seltener genutzt. Etwas mehr als ein Drittel der Geräte wurde an Abschlägen gefertigt. Zum Abbau der Klingen dienten prismatische Kerne mit einer oder zwei Flächen. Die Klingen wurden sowohl von einer Seite als auch umlaufend mit Hilfe eines „weichen“ Schlaggeräts oder eines Zwischenstücks abgebaut. Von 254 Artefakten mit sekundärer Bearbeitung kommen die Stichel (161) am häufigsten vor, unter ihnen überwiegen die Werkzeuge mit retuschierter Schlagfläche (86). Stichel mit unbearbeiteter Fläche gibt es 63, zweikantige Stichel zwölf. Kratzer sind zwölfmal vertreten sowie elf Endkratzer und ein Fragment unklaren Typs. Es gibt einen großen Kratzer an einem massiven Primärabschlag. Es wurden sechs Schaber mit breiten flachen Vertiefungen gefunden. An zwei Klingen ist das Ende mit Steilretusche abgestumpft, bei einer von ihnen konkav ausgebildet. Wahrscheinlich handelt es sich hier um Rohlinge für Stichel. Spitzen sind durch zwei Klingen mit angeschrägtem Ende und zwei mit angeschrägter Basis vertreten. Bei zwei weiteren wurden mit Steilretusche das Ende und ein Teil des Seitenrands bogenförmig abgeschrägt (Abb. 2,9.11). Schließlich gibt es eine Spitze (Abb. 2,10), deren Rand durch Steilretusche bogenförmig abgestumpft ist. Es handelt sich hier möglicherweise um ein Bruchstück eines Segments. Es gibt vier Bruchstücke von unregelmäßigen Mikroklingen, deren Rand durch dorsale Steilretusche abgestumpft ist (Abb. 2,1–4). Die übrigen Geräte sind Klingen und Abschläge mit ungleichmäßiger Retusche. Der Ausgräber selbst findet die nächsten Analogien zur beschriebenen Fundstelle im Inventar der späten Komplexe der Station Timonovka 1 und zählt Zaozer’e 1 zur spätpaläolithischen „Desninskaja“-Kultur (Frolov 1987, 82). Nach Meinung von A. A. Veličko ist Timonovka 1 die jüngste der Fundstellen von Timonovka, was durch die Radiokarbondaten 12200x300 b.p. (IGAN-82) bestätigt wird (Grechova 1999, 77). Meiner Ansicht nach wäre es richtiger, von der Zugehörigkeit beider Fundstellen zu den späten Erscheinungsformen des Epigravettien des Russischen Tieflands zu sprechen (Anikovič 1998, 56–64), weil ungeachtet der angemerkten Ähnlichkeit zwischen ihnen auch deutliche Unterschiede im Steininventar zu verzeichnen sind. Die Zolotoruč’e-Tradition ist besonders deutlich in der unteren Schicht der mehrphasigen Siedlung Zolotoruč’e 1 vertreten, die von D. A. Krajnov (1963, 3–19) im Laufe von elf Jahren auf einer großen Fläche ausgegraben wurde. Der Fundplatz befindet sich 3 km entfernt von der Stadt Uglič im Jaroslavskaja Oblast’ auf der ersten Uferterrasse des rechten Wolgaufers. Die Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 4 Michail G. Milin Abb. 1. Grundlegende Fundstätten des Endpaläolithikums und Mesolithikums in der Wolga-Oka-Region. Endpaläolithikum: 1. Podol 3; 2. Teplyj ručej 1; 3. Altynovo, untere Schicht; 4. Zolotoruč’e 1, untere Schicht; 5. Fedjukovo, untere Schicht; 6. Zaozer’e 1. Butovo-Kultur: 7. Dorki 4; 8. Sukoncevo 7; 9–11. Butovo 1, Kultino 1, 4; 12. Krasnovo 1; 13–14. Piščalkino, Lukino; 15. Zaborov’e 2; 16–18. Ozerki 5, 16, 17; 19. Prislon 1; 20. Nušpoly 11; 21–23. Okaemovo 4, 5, 29; 24–25. Zamost’e 2, 5; 26–27. Pekunovo, Sobolevo 5; 28. Tichonovo; 29–31. Sknjatino 1–3; 32–33. Stanovoe 1, 4; 34. Krasnoe 3; 35–36. Čërnaja 1, Panjušenka; 37. Belivo 4a; 38–40. Zadne-Pilevo 1, 2, 4; 41–42. Istok 1, Borisovo; 43. Petrušino; 44. Mikulino; 45. Šumaš’ 2; 46. Elin Bor; 47–48. Velet’minskaja 9, Ugol’novo 1; 49. Novošino; 50. Spas-Sedčeno 2; 51–52. Sachtyš 9, 14; 53–54. Ivanovskoe 3, 7; 55. Malaja Lamna 3; 56–57. Utrech 3, 5; 58. Borovskoe 18; 59. Bezvodnoe 10; 60. Černeckoe 8. Ienevo-Kultur: 61. Ozerenki 4; 62. Ust’-Tudovka 1; 63. Vysokino 6; 64. Muravec; 65–66. Čërnaja Grjaz’ 1, Dmitrovskoe 1; 67. Ienevo 2; 68. Titovo 1; 69. Avser’govo 2; 70. Fedjukovo; 71. Kopirino; 72. Pen’kovo; 73. Sel’co 3; 74. Ladyžino 3; 75. Mitino 5; 76. Dal’nij Ostrov; 77. Elovka 2; 78–81. Belivo 4B, 4G, 6B, 6V; 82–83. Belyj Kolodec, Kukovo 1. Resseta-Kultur: 84–85. Resseta 2, 3; 86. Sukoncevo 3; 87–88. – Sukoncevo 8, 9; 89. Kultino 3; 90. Ust’-Tudovka 4 Legende: von oben nach unten: Endpaläolithikum; Butovo-Kultur; Ienovo-Kultur; Resseta-Kultur Kulturschichten liegen in alluvialen Ablagerungen in zwei dunklen Schichten, eingebettet in rotbraunen Lehmboden. Sie sind 2–5 cm mächtig und durch eine Lehmbodenschicht von 5–12 cm Mächtigkeit getrennt. Ein Großteil der Funde ist mit der ersten Schicht verbunden, die mit Holzkohle und Asche angereichert war. In dieser Schicht wurden einzelne Fundakkumulatio- nen entdeckt, die von D. A. Krajnov (1963) interpretiert werden als „Werkstätten zur Feuersteinbearbeitung vom Ende des oberen Paläolithikums. Es wurden über zehn Werkstätten gefunden, die durch eine große Anzahl von großen Geröllen, Feuersteinknollen, Splittern, Abschlägen, Kernen, Werkzeugrohlingen, Schlagsteinen, steinernen Plattenambossen, Feuersteinwerkzeu- Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 2. Endpaläolithikum. Station Zaozer’e 1: 1–4. kleine Klingen mit abgestumpftem Rand; 5–8, 11. Spitzen mit abgeschrägtem Ende; 12, 14–15, 19. Kratzer; 13. Klinge mit abgestumpftem Ende; 16–18, 20–27. Stichel; 28–31. Kerne (nach Frolov 1987) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 5 6 Michail G. Milin gen und Tierknochen gekennzeichnet waren. Einige Werkstätten befanden sich offensichtlich in irgendwelchen ebenerdigen Behausungen“ (ebd. 4). Es wurden Knochen von Rentier und Auerochse bestimmt. Die geologischen Bedingungen der Ablagerung der Kulturschicht erlauben eine Einordnung an das Ende des oberen Paläolithikums, nach Meinung von A. A. Veličko in die Spätvaldaj-Periode (ebd. 4). Es existiert nur ein Vorbericht, jedoch erlauben das Studium von Archivmaterial und die Sichtung der Sammlungsbestände eine kurze summarische Charakteristik des Steininventars der paläolithischen Schicht von Zolotoruč’e 1. Die Aufteilung der Sammlung nach Fundakkumulationen und ihre detaillierte Analyse sowie die genauere Datierung der Fundstelle bleiben eine der vorrangigen Forschungsaufgaben der Zukunft. Als Rohmaterial wurde der örtliche Moränenfeuerstein unterschiedlicher Qualität genutzt, bedeutend seltener der qualitativ hochwertige Feuerstein der Lagerstätten der oberen Wolga. Überwiegend dienten unregelmäßige Klingen mittlerer Größe, seltener größere, die mit Hilfe eines „weichen“ Schlaggeräts oder eines Zwischenstücks abgehauen wurden, als Rohmaterial für die Geräte. Daneben sind serienmäßig regelmäßige Mikroklingen von 0,5–0,8 cm Breite vertreten, die mittels Drucktechnik gewonnen wurden. Es existieren auch einzelne Exemplare größerer regelmäßiger Klingen mit einer Länge von über 8 cm und einer Breite von bis zu 0,15 cm, die ebenfalls durch Drucktechnik, möglicherweise auch durch verstärkten Druck abgebaut wurden. Neben Klingen spielten Abschläge eine große Rolle als Rohmaterial. Es gibt Kerne verschiedenen Typs, überwiegend ein und zweiflächige prismatische, konische und amorphe. Dazu kommen noch diskusförmige und vielflächige amorphe Kerne. Für den Abdruck gleichmäßiger Klingen und Mikroklingen wurden konische Kerne genutzt (Abb. 3,9–10). Unter den Werkzeugen sind Kratzer und Stichel am häufigsten. Bei den Kratzern überwiegen Endkratzer, es gibt End-Seiten-Kratzer, Seitenkratzer, runde, amorphe und große Kratzer. Unter den Sticheln überwiegen Artefakte mit unbearbeiteter Fläche, an zweiter Stelle stehen Stichel mit retuschierter Fläche. Es gibt zweikantige und kombinierte Stichel. Vertreten sind Messer an Klingen, Klingen mit abgeschrägtem Ende, Schaber, Bohrer und Stecher, Hauwerkzeuge an Abschlägen und von zwei Seiten abgeschlagene. Das beschriebene Inventar besitzt eine deutliche Eigenart, und seinen Platz im Paläolithikum Osteuropas gilt es, noch genauer zu bestimmen. Bisher kann festgehalten werden, daß die untere Schicht von Zolotoruč’e 1 sich von den Fundstellen des Epigravettien des Russischen Tieflands unterscheidet. Eine bedeutende Anzahl morphologisch ausgeprägter Geräte, die charakteristisch für Siedlungen sind, erlaubt nicht, die Fundstelle als spezialisierte Werkstatt zur Feuersteinbearbeitung zu deuten. Eher kann die untere Schicht von Zolotoruč’e 1 als mehrmalig besuchte Station an Feuersteinaufschlüssen betrachtet werden, wo sein Überfluß es erlaubte, verschwenderisch mit dem Rohstoff bei der Herstellung von Geräten, die für das tägliche Leben notwendig waren, umzugehen. Zur selben Tradition gehört die paläolithische Schicht der Station Fedjukovo im Myškinskij Rajon im Jaroslavskaja Oblast’, die unter ähnlichen stratigraphischen Bedingungen im Alluvion der ersten Uferterrasse abgelagert wurde. Die Fundstelle wurde von D. A. Krajnov 1978 ausgegraben. Die Abbautechnik und die Zusammensetzung der Werkzeuge stehen der unteren Schicht von Zolotoruč’e nahe, auch wenn die Anzahl der Artefakte geringer ist. In der unteren Schicht der Station Fedjukovo wurden Überreste des Rentiers gefunden. Aus der unteren Schicht der Station Altynovo sind nur elf Gegenstände aus Feuerstein publiziert (Kol’cov 1989, 247), die keine kulturelle Zuordnung erlauben. Die Datierung der Fundstelle ist somit unklar. Abgesondert steht das kleine Inventar der unteren Schicht der Station Jelin Bor da (ebd. 68–69; 247). Die von E. A. Spiridonova durchgeführte Pollenanalyse datiert den Siedlungshorizont mit den Funden dieser Schicht in die Mitte des späten Dryas (Kol’cov/Milin 1999, 45). Die Lyngby-Tradition ist am Oberlauf der Wolga mit den Stationen Troickoje 3 (Lancev/Mireckij 1996) Tëplyj ručej 2 (Kol’cov 1994) und Podol 3 (Sinicyna 1996, 3–28; dies. 2000, 61–71) vertreten. Die letztere ist am bedeutendsten und gut veröffentlicht. Sie befindet sich im Seližarovskij Rajon im Tverskaja Oblast’ am nördlichen Ufer des Volgosees. Es wurde eine Fläche von 353 m2 freigelegt. In der Grabungsfläche 1 (166 m2) befand sich die Kulturschicht des Endpaläolithikums im unteren Teil einer Sandschicht, die spärlich mit Kies durchmischt war und auf dem unteren Laufhorizont ohne Funde auflag. Es wurde eine eingetiefte Behausung von 6 × 2,5 m freigelegt, die in den unteren Laufhorizont einschnitt. Vor der Behausung lagen ein Arbeitsplatz zur primären Feuersteinbearbeitung und eine Anhäufung von kalzinierten Knochen (Sinicyna 1996, 7–9). Die von E. A. Spiridonova durchgeführte Pollenanalyse ergab, daß der untere Laufhorizont in die Endetappe des Alleröd-Zwischenstadials datiert (Spiridonova/Alešinskaja 1999, 132). Die untere Kulturschicht ergab sehr wenig Pollen, aber die sie bedeckende Ablagerung datiert in das frühe Boreal (8800–8600 b.p. – Sinicyna 1996, 20). Der chronologische Rahmen für die Kulturschicht der Grabungsfläche 1 liegt deshalb zwischen dem Ende des Alleröds und dem frühen Boreal. Die technisch-morphologische Charakteristik des Inventars erlaubt eine genauere Einordnung in die erste Hälfte bis Mitte des späten Dryas, da am Ende dieser Periode bereits die frühesten Stationen der Ienevo-Kultur erscheinen. Bemerkenswert ist, daß G.V. Sinicyna (2000, 67) in ihrem darauffolgenden Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 3. Endpaläolithikum. Station Zolotoruč’e 1, untere Schicht: 1–8. Klingen und Mikroklingen; 9–10. Kerne; 11–15. Kratzer; 16–20. Stichel; 21–22. Messer; 23. Bohrer; 24. Locher (nach Milin im Druck). Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 7 8 Michail G. Milin Artikel diese Schicht ohne irgendeine Argumentation an das Ende des Alleröds setzt. Als Rohstoff diente in der unteren Schicht der Grabungsfläche 1 örtlicher hellgrauer Feuerstein. Geräte wurden an Abschlägen und unregelmäßigen massiven Klingen hergestellt, die mit Hilfe eines harten Schlagsteins erzeugt wurden. Unter den Kernen überwiegen einflächige konische oder amorphe, bedeutend seltener sind zweiflächige prismatische, vereinzelt ein keilförmiger Kern. Artefakte mit sekundärer Bearbeitung (Abb. 4) sind durch Endkratzer an Klingen und Abschlägen, durch Stichel mit retuschierter Fläche und am Abbruch des Rohlings, vereinzelt durch große Kratzer und Beile an Abschlägen vertreten. Am aufschlußreichsten sind Pfeilspitzen an unregelmäßigen Klingen mit deutlich ausgeprägtem Blattstiel, deren Rücken mit Steilretusche bearbeitet ist und deren Blattrand bisweilen mit ebensolcher Retusche abgeschrägt wurde. Es überwiegen große massive Geschoßspitzen des Lyngby-Typs (Abb. 4,2–3), obwohl auch kleinere auftreten, die den Ahrensburgern nahe stehen (Abb. 4,1). Auf der Grabungsfläche 2 der Station Podol 3 (187 m2) (Sinicyna 1996, 23) ist die untere Siedlungsschicht gestört. In situ blieb nur eine Grube mit Feuersteinartefakten erhalten. Die Pollenanalyse erlaubt ihre Einordnung in das obere Dryas (ebd. 24; Spiridonova/Alešinskaja 1999, 132). In der Füllung der Grube wurden drei Kerne, das Bruchstück eines Blattstiels einer Geschoßspitze mit dorsaler Steilretusche an einer unregelmäßigen Klinge und eine ähnliche unfertige Geschoßspitze mit angeschrägtem Blatt (Abb. 4,8), eine Geschoßspitze mit schräger Klinge an einem Abschlag (Abb. 4,5), drei Endkratzer, etliche Klingen, darunter zwei schmale regelmäßige (Abb. 4,17), und Abschläge gefunden. Auf dem übrigen Teil der Grabungsfläche wurden verschiedene Artefakte geborgen. Besonders interessant ist eine Swidry-Pfeilspitze mit Blattstiel und abgebrochener Spitze (Abb. 4,18). Wahrscheinlich wurde der Platz im späten Dryas mehrmals von Vertretern unterschiedlicher Kulturen besucht. Ähnliche Fundstellen sind in Osteuropa seit langem bekannt, und die Frage ihrer kulturellen Zugehörigkeit wurde oft in der Literatur diskutiert (Rimantene 1971; Kol’cov 1996; 1997; Sinicyna 2000; Kozłowski/ Kozłowski 1975; Zhilin 1996; Zaliznyak 1999). Auch wenn verschiedene Bezeichnungen vorschlagen werden, stimmen die einzelnen Forscher doch in der Auffassung über ihre Lyngby-Grundlage und ihre Datierung an das Ende des Alleröds – spätes Dryas überein. Die gelungenste ist die von L. L. Zaliznjak (1999, 202–205) vorgeschlagene Bezeichnung Krasnosel’e-Kultur für den Gesamtkomplex. Die große Ähnlichkeit der Fundstellen mit der Lyngby-Tradition und die Lückenhaftigkeit der Erforschung des Territoriums erlauben meiner Ansicht nach zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine über- zeugende Definition von lokalen Kulturen in den Grenzen dieses Komplexes. Die Swidry-Tradition ist im Paläolithikum des Wolga-Oka-Gebiets äußerst schwach und nur am Oberlauf der Wolga vertreten. Neben der Geschoßspitze aus der Grabungsfläche 2 der Station Podol 3 (Abb. 4,18) kann die überpflügte Station Dorki 6 im Rževskij Rajon genannt werden, auf der typische zweiflächige SwidryKerne, ein Endkratzer, Klingen und Abschläge gefunden wurden. Diese sprechen für denkbare zeitweilige Aufenthalte von Gruppen dieser Tradition im äußersten Nordwesten der Region. Mesolithische Kulturen im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Die Ienevo-Kultur wurde von L.V. Kol’cov (1989) definiert. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind mehr als 50 Fundplätze (Kravcov 1999, 80) bekannt, die sich vorwiegend im westlichen und zentralen Teil des Wolga-Oka-Gebiets befinden (Abb. 1). Jedoch können nur sechs von ihnen – Ust’ Tudovka 1 (Grabungsfläche 2), Avser’govo 2, Ladyžino 3, Stanovoe 4 (Schicht IIIa), Belivo 6v und Ienevo 2 – als abgesichert angesehen werden. Eine Reihe von weiteren ausgegrabenen Stationen erweitert die quellenkundliche Basis der Ienevo-Kultur wesentlich (Kravcov 1999, 79–108; Koltsov/Zhilin 1999, 346–360). Die Station Ust’-Tudovka 1 befindet sich im Rževskij Rayon im Tverskaja Oblast’ auf der Fläche einer Landzunge der ersten Uferterrasse des rechten Wolgaufers und des linken Ufers der Tudovka. Ein früher Komplex wurde auf der Grabungsfläche 2 (Milin/Kravcov 1991; Zhilin 1996) auf einer Fläche von 207 m2 freigelegt. Der Hauptteil der Funde war im Laufhorizont abgelagert. In ihm wurden die Überreste von zwei ebenerdigen Feuerstellen, eine Akkumulation von kleinen kalzinierten Knochen und zwei kompakte Anhäufungen von Feuersteinartefakten, bestehend aus Kernen, Klingen, Abschlägen und Gerätebruchstücken, entdeckt. Die von E. A. Spiridonova durchgeführte Sporen-Pollenanalyse datiert den Laufhorizont an das Ende des jüngeren Dryas (ungefähr 10200 b.p.). Als Rohmaterial diente örtlicher Feuerstein unterschiedlicher Farbe und Qualität. Es wurden 5512 Steinartefakte geborgen. Klingen gibt es 1271, es dominieren unregelmäßige mit einer Breite von 0,7–0,15 cm. Regelmäßige zählen insgesamt 28. Zum Abbau der Klingen nutzte man sowohl ein Zwischenstück oder ein „weiches“ Schlaggerät als auch einen harten Schlagstein. Von 106 Kernen, die zum Abbau von Klingen und Abschlägen dienten, sind 47 einflächig, davon elf konisch, 14 prismatisch, zwei mit Seitenfläche und 20 amorph. 34 Kerne sind zweiflächig, davon sechs prismatisch und 28 amorph. Artefakte mit sekundärer Be- Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 4. Endpaläolithikum. Station Podol 3: 1–3, 9–10, 15–16. Grabung 1; Rest – Grabung 2 (5, 8, 11, 13, 17 – Grubenfüllung). 1–5, 18. Pfeilspitzen; 6, 10, 16. Stichel; 7–8. Rohlinge für Pfeilspitzen; 9, 11–14. Kratzer; 15. Beil; 17. Klinge (nach Sinicyna 1996) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 9 10 Michail G. Milin arbeitung gibt es 117 (Abb. 5), davon sind 47,9 % Klingen. Es überwiegen die Kratzer (51), unter ihnen überwiegen verschiedene Formen von Endkratzern. Es gibt vier abgerundete und einen großen Kratzer. Stichel gibt es 25: am Abbruch von Klingen und Abschlägen 19, außerdem drei mit Flächenretusche und drei zweikantige. Es liegen außerdem drei Rohlinge für Retuschierstichel, zwei Klingen mit querlaufend retuschiertem Ende, vier abgeschrägte Spitzen, fünf Messer mit angeschärftem retuschierten Rand, drei Bohrer und zwölf Schaber vor. Von sieben Pfeilspitzen stammen fünf von unregelmäßigen Klingen. Ihr deutlich ausgeprägter Blattstiel weist dorsale, ventrale oder gegenüberliegende Steilretusche auf. Das Ende einer Pfeilspitze ist mit dorsaler Steilretusche bearbeitet worden (Abb. 5,1–4). Es gibt noch zwei Pfeilspitzen mit schräger Klinge aus unregelmäßigen Klingen oder Abschlägen: eine mit seitlicher Eintiefung (Abb. 5,5), die andere trapezförmig (Abb. 5,6). Hauwerkzeuge sind durch ein kleines rechteckiges Beil aus einem Abschlag und den Rücken zweier Beile oder Dechsel mit durchgehender zweiseitiger Bearbeitung vertreten. Diese Fundstelle wurde von mir früher als „VorIenevo“ bezeichnet (Milin/Kravcov 1991). Man kann jedoch A. E. Kravcov zustimmen, der sie als eine der frühesten Fundstellen der Ienevo-Kultur ansieht. Der Übergang vom Endpaläolithikum der Lyngby-Tradition zur mesolithischen Ienevo-Kultur war ein sehr fließender (Kravcov 1998, 206; Sinicyna 2000, 71). Als formale Grenze kann meiner Ansicht nach das Erscheinen von kurzen Geschoßspitzen mit schräger Klinge angesehen werden, die in der überwältigenden Mehrheit der Ienevo-Stationen auftreten, darunter in Ust’Tudovka 1 und Podol 3 (Grabungsfläche 2, Grube), und nach Sporen-Pollenanalysen an das Ende des späten Dryas datieren. Die Weiterentwicklung dieser Artefakte führte zu hohen Trapezen, wie sie in der unteren Schicht der Station Avser’govo 2 vorkommen, die durch Pollenanalyse in die erste Hälfte des Präboreals (ungefähr 9800–9600 b.p. – Kravcov 1999, 88–90) datiert wird. Ein typisches hohes Trapez, hergestellt aus einer Klinge, wurde in der Ienevo-Schicht (IIIa) der Feuchtbodenstation Stanovoe 4 (Abb. 6,1) zusammen mit einer Geschoßspitze mit schräger Klinge ohne seitliche Vertiefung (Abb. 6,3) und dem Bruchstück einer Geschoßspitze mit seitlicher Einbuchtung und abgestumpftem Rand (Abb. 6,2) gefunden. Die pollenanalytische Datierung der Schicht ergab das zweite Viertel des Präboreals, was die Radiokarbondatierung von bearbeitetem Holz: 9620x60 b.p. (GIN-8377), 9620x50 b.p. (GIN-8374), 9590x40 b.p. (GIN-8376) bestätigte. Aus einer Probe aus fundleerem Torf, der direkt über der Ienevo-Kulturschicht lag, stammen folgende Daten: 9560x40 b.p. (GIN-10125 – II) und 9480x120 b.p. (GIN-10125 – I). Neben Steinartefakten wurden auch Knochengeräte angetroffen: eine massive Pfeilspitze mit ungleichmäßigem, annähernd bikonisch geformtem Ende mit Resten von Harz an der Schäftung (Abb. 6,8), ein Klingenbruchstück eines Rillenmeißels aus einem Röhrenknochen (Abb. 6,7), Bruchstücke von Messern aus Röhrenknochensplittern, Bruchstücke von längs aufgeschnittenen Röhrenknochen und eine abgehauene Geweihsprosse. Faunenreste sind durch Knochen von Elch und Biber vertreten. Die weitere Entwicklung des Steininventars der Ienevo-Kultur zeigt die Station Belivo 6v, die detailliert analysiert und veröffentlicht wurde (Milin/Kravcov/ Leonova 1998). Die Fundstelle befindet sich im Orechovo-Zuevskij Rajon im Moskovskaja Oblast’ und liegt auf der ersten Terrasse des linken Ufers des Flusses Nerskaja. A. E. Kravcov und E.V. Leonova deckten 344 m2 auf und untersuchten eine Feuersteinakkumulation mit zwei holzkohlehaltigen Flecken. Gemäß der Sporen-Pollenanalyse wurden die sandigen Ablagerungen, die die Funde enthielten, am Ende des Präboreals vor ungefähr 9300–9000 Jahren gebildet. Die Holzkohle der Feuerstelle wurde auf 8750x100 b.p. (GIN-7026) radiokarbondatiert (Kravcov 1999, 90f.). Das Steininventar umfaßt 3525 Objekte. Als Rohmaterial wurde vorwiegend gefleckter Geschiebefeuerstein verwendet. Als Rohlinge für Geräte dienten gleichermaßen ungleichmäßige Abschläge und Klingen. Morphologisch aussagekräftige Geräte gibt es 290 (Abb. 7), Kratzer 75. Es überwiegen Endkratzer (54). Es gibt zweifache (6), dreieckige (3), einen viereckigen, einen Seitenkratzer und einen amorphen Kratzer. Stichel sind mit 71 Exemplaren vertreten, 35 mit unbearbeiteter und 21 mit retuschierter Fläche. Es gibt zweikantige (5) und kombinierte Stichel. 19 Klingen und Abschläge mit durch Retusche abgestumpftem Rand dienten als Stichelrohlinge. Weiter wurden neun Schaber, zwei Bohrer, sechs Messer an Klingen, zwei abgeschrägte Spitzen an Klingen, ein Beil aus Kieselkalkton und 15 kombinierte Werkzeuge gefunden. Unter den Pfeilspitzen (19) überwiegen die mit schräger Klinge und seitlicher Vertiefung (Abb. 7,1–5). Es wurden trapezförmige mit schräger Klinge (Abb. 7,9–10), eine scharfe mit Blattstiel (Abb. 7,7) und eine mit querlaufender Klinge (Abb. 7,6) angetroffen. Die Gebrauchsspurenanalyse ergab unterschiedliche Werkzeuge für die Bearbeitung von Fleisch, Fellen, Holz, Knochen und anderen Materialien, die für die unspezialisierte mesolithische Bevölkerung der Waldzone typisch sind. Die Flächenanalyse erlaubte die Bestimmung von Aktivitätszonen, die mit unterschiedlichen wirtschaftlichen oder Haushaltstätigkeiten verbunden waren. Die Fundstelle entspricht einer saisonalen Station, die wahrscheinlich am Ende des Sommers oder im Frühherbst bewohnt war. Die Station Ienevo 2 (Kol’cov 1989) gehört laut Pollenanalyse zu den spätesten der abgesicherten Fundstellen der Ienevo-Kultur und datiert in die Mitte bis zweite Hälfte des Boreals (ungefähr 8600–8200 b.p. – Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 5. Ienevo-Kultur. Station Ust’-Tudovka 1, Grabung 2: 1–6. Pfeilspitzen; 7. Klinge mit abgeschrägtem Ende; 8–14. Kratzer; 15–20. Stichel; 21. Schaber; 22. Bohrer; 23. Messer; 24–25. Fragmente von Hauwerkzeugen; 26. Beil (nach Zhilin 1996) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 11 12 Michail G. Milin Abb. 6. Ienevo-Kultur. Station Stanovoe 4, Kulturschicht IIIa: 1. Trapez; 2–3. Pfeilspitzen; 4. Messer; 5–6. Kratzer; 7. Fragment eines Knochenmeißels; 8. Pfeilspitze aus Knochen (1–6. nach Averin/Milin 2001) Kravcov 1999, 96f.). L.V. Kol’cov erschloß mehr als 460 m2, deckte die Überreste zweier ebenerdiger Behausungen, einige Herdstellen und Vorratsgruben auf. Das Inventar der Station besitzt eine klar ausgeprägte Spezifik (Abb. 8). Unter den Klingen spielen gleichmäßige und schmale sowie Mikroklingen eine große Rolle, für deren Abbau konische und stiftförmige Kerne genutzt wurden. Kratzer, Stichel und andere Haushaltsgeräte gehören zu den herkömmlichen Typen, aber unter den Waffen fehlen die für die Ienevo-Kultur charakteristischen stachelförmigen Pfeilspitzen und solche mit schräger Klinge. Dafür sind in großer Serie kleine Trapeze (Abb. 8,4–11) vertreten. Es gibt kleine gleichschenklige Dreiecke (Abb. 8,2–3), Tardenois-Spitzen (Abb. 8,1) und einige kleine Blattstielspitzen mit querlaufender Klinge (Abb. 8,2–11). Es wurden eine ButovoBlattstielspitze und ein Bruchstück der Spitze einer solchen gefunden. Wahrscheinlich dienten für die Trapeze kurze Bruchstücke schmaler Klingen mit durch Retusche abgestumpftem Ende (Abb. 8,16–17) als Rohlinge. Nach Meinung von L.V. Kol’cov (1989, 83) wur- den solche Waffen zur Jagd auf durchziehende Wasservögel genutzt, auf die sich die Bewohner der Station spezialisiert hatten. Wie D. Ju. Nužnij (1992) aber überzeugend zeigen konnte, wurden Trapeze für die Jagd auf verschiedene Tiere verwendet, jedoch nicht auf Vögel. Die Gebrauchsspurenanalyse des Steininventars, die M. G. Milin durchführte, ergab, daß eine große Anzahl der Kratzer zur Bearbeitung von Tierfellen und eine große Zahl von Geräten zur Bearbeitung von Knochen verwendet wurden. In den Feuchtbodensiedlungen im Gebiet zwischen Wolga und Oka wurden Vogelknochen kaum genutzt. Bearbeitet wurden Knochen und Geweih von größeren Tieren (Milin 2001, 48–54). Das alles spricht für eine Jagd auf Landsäuger, die für die Ienevo-Kultur typisch ist. Veränderungen bei den Typen der Jagdwaffen der Ienevo-Kultur sind wahrscheinlich nicht mit der wirtschaftlichen Spezifik der einzelnen Fundstellen verbunden. Als Beleg dafür kann die Ähnlichkeit der Waffen der betrachteten Station mit denen der Station Pen’kovo 1 (Kol’cov 1989, 79f.; 257; Kol’cov/Milin 1999, 353–356) dienen, beide Stationen Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 7. Ienevo-Kultur. Station Belivo 6v: 1–11. Pfeilspitzen; 12. Spitze; 13–17. Kratzer; 18–21. Abschläge und Klingen mit abgestumpftem Ende (Rohlinge von Sticheln); 22–34. Stichel; 35. Beil (Kieselkalkton) (nach Milin/Kravcov/Leonova 1998) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 13 14 Michail G. Milin Abb. 8. Ienevo-Kultur. Station Ienevo 2: 1–11. Trapeze; 12–13. Geschoßspitzen mit querlaufender Klinge; 14, 29. Fragmente von Klingen mit unregelmäßiger Retusche; 15–17. Klingen mit abgestumpftem Ende; 18–19. Einsätze; 20–21. Spitzen; 22. Pfeilspitze; 23, 35. Messer; 24. Reibahle; 25–26. Bohrer; 27–28. Mikrokratzer; 30–34, 37, 41. Kratzer; 36, 38–39, 43–47. Stichel; 48–49. Beile (nach Kol’cov 1989) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka sind topographisch sehr verschieden gelegen. Es zeigt sich, daß die zunehmende Rolle von Trapezen und das Erscheinen von Postswidry-Spitzen mit der inneren Entwicklung der Bewaffnung der Ienevo-Kultur erklärt werden müssen. Das gleiche Bild kann in der Pesočny Rov-Kultur beobachtet werden, die mit der IenevoKultur verwandt ist (Zaliznyak 1999, 211–214). Die Ienevo-Kultur erlebte das Ende des Boreals nicht mehr. Zumindest sind bisher keine jüngeren IenevoFundstellen bekannt. Wahrscheinlich wurde ihre Bevölkerung während des Boreals allmählich von der der Butovo-Kultur assimiliert. Ausdruck davon ist das Vorhandensein einiger Butovo-Merkmale in der Technologie der Feuersteinbearbeitung (Entwicklung der Drucktechnik zum Abbau von Klingen und Mikroklingen, stiftförmige Kerne, Flächenretusche an der Schäftung einiger Geschoßspitzen mit schräger Klinge) und der Morphologie der Geräte (Butovo-Geschoßspitzen und Einlagen von Mikrolithen) im Inventar einiger IenevoFundstellen. Zur selben Zeit erscheinen auf einigen Butovo-Stationen, z.B. in Malaja Lamna 1 (Utkin 1990, 158–168), Ienevo-Trapeze, während andere Artefakte der Ienevo-Kultur fehlen, was nicht erlaubt, erstere automatisch für eine fremde Beimengung zu halten. Außerdem sind ähnliche Fakten bisher zu spärlich, um dies überzeugend bestätigen zu können. Die Butovo-Kultur, definiert von L.V. Kol’cov (1989), ist zur Zeit im Mesolithikum des Wolga-OkaGebiets am besten untersucht. Das Territorium ihrer Ausbreitung umfaßt die gesamte Region und geht teilweise darüber hinaus (Abb. 1). Ungefähr 30 Fundstellen dieser Kultur, von denen 15 im Feuchtboden liegen, können als abgesichert angesehen werden, weitere 20 ausgegrabene Stationen sind ebenfalls ausreichend aussagekräftig (Kol’cov/Milin 1999; Milin 1999; 2001; Sorokin 1990). Am frühesten datiert die untere Schicht (IV) der Siedlung Stanovoe 4 im Komsomol’skij Rajon im Ivanovskaja Oblast’. Die mehrphasige Fundstelle befindet sich auf einer Landzunge am Ausfluß des Flusses Lachost’ aus dem Torfmoor Podozero. Im Laufe der Jahre wurden auf drei Grabungsflächen mehr als 400 m2 aufgedeckt (Milin 2001). Die Ausgrabungen werden fortgesetzt. Die Pollenanalyse datiert die Fundschicht in den Grabungsflächen 2 und 3 an das Ende des späten Dryas. In der Grabungsfläche 2 sind die Funde im unteren Teil einer Zwischenschicht aus Schlamm und im oberen Teil in einer darunter liegenden Sandschicht abgelagert, in der Grabungsfläche 3 auf der unterspülten Moräne und im untersten Teil des die Moräne bedekkenden Sapropel, der der Schlammschicht in Grabungsfläche 2 entspricht. Dies spricht für die Anlage der Station am Ufer des Flußarms bei niedrigem Wasserstand im Paläosee und ihre Überschwemmung im Ergebnis der Transgression, während der sich die Schlammschicht in der Grabungsfläche 2 (in einer Tiefe von 3–5 m) und 15 die Sapropel-Schicht in der Grabungsfläche 3 (in einer Tiefe von 1–3 m) herausbildeten (Zareckaja/Uspenskaja/Milin, im Druck). Daten von Proben, die an der Unterkante der Sapropel- und Schlammschicht genommen wurden, zeigen den Zeitpunkt der Überschwemmung der Station an. Der Beginn dieser Transgression wird in der Grabungsfläche 2 auf 10300x70 b.p. (GIN-10112 I) datiert. Eine Probe von der Basis der Sapropel-Schicht im zentralen Teil der Grabungsfläche 3 ergab Radiokarbondaten einer späteren Phase dieser Transgression: 10060x120 b.p. (GIN-10127 I), 10 040x90 b.p. (GIN-10027 II), 9970x50 b.p. (GIN-10026 I), 9940x50 b.p. (GIN-10026 II). Die Datierung einer Probe aus den unteren 5 cm des Sapropel (nur die untersten 2 cm enthielten Funde), 7 m vom vorhergehenden Schnitt entfernt, ergab 9850x60 b.p. (GIN-8379) und ein Humusauszug derselben Probe 9760x150 b.p. (GIN-8379a). Dadurch kann die untere Schicht (IV) der Station Stanovoe 4 an das Ende des späten Dryas datiert werden, ungefähr 10300 b.p. oder etwas älter. Das Steininventar umfaßt rund 100 Artefakte. Als Rohstoff dienten örtlicher Moränenfeuerstein niedriger Qualität, seltener Schiefer oder Quarzit. Für große Klingen und einen Teil der Geräte wurde qualitativ hochwertiger Feuerstein herangebracht. Zum Abbau von Klingen bediente man sich sowohl der Technik des „weichen“ Schlaggeräts als auch der Drucktechnik, nicht nur für den Abbau von Mikroklingen (Abb. 9,14–15), sondern auch von größeren Klingen mit regelmäßiger Begrenzung (Abb. 9,1.13), was einen verstärkten Druck nahe legt. Kerne sind durch einen zweiflächigen prismatischen Kern zum Abbau von Klingen, kleine für den Abdruck von Mikroklingen: einen zweiflächigen prismatischen Kern (Abb. 9,16) und solche mit Schmalseite, und amorphe Kerne für Abschläge vertreten. Geräte wurden sowohl aus Klingen als auch aus Abschlägen hergestellt. Es kommen Endkratzer, abgerundete, amorphe, ein zweifacher Endkratzer, Seitenkratzer und Endseitenkratzer vor. Beide Stichel an massiven Klingen sind kombinierte. Vereinzelt treten Schaber, ein Schlagstein und ein Stichel am Abbruch eines Abschlags von einem Seitenkratzer auf. Es wurde eine Pfeilspitze (Abb. 9,1) an einer langen gleichmäßigen Klinge mit deutlich durch halbsteile Ventralretusche ausgebildetem Blattstiel und flacher Überarbeitung des Blattendes, des sogenannten „Postswidry“-Typs, gefunden. Hauwerkzeuge sind mit dem Bruchstück eines Schiefereinsatzes für ein kleines Beil mit angeschliffener Klinge (Abb. 9,12), einem kleinen Rohling aus Schiefer und dem Nacken eines Feuersteinbeils oder -dechsels, das oder der von zwei Seiten abgehauen wurde (Abb. 9,20), vertreten. Wie unschwer festzustellen ist, treten bereits in diesem kleinen Inventar sowohl die Grundtechniken als auch viele für die Butovo-Kultur charakteristische Gerätetypen auf. Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 16 Michail G. Milin Abb. 9. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, untere Schicht (IV): 3, 19. Grabung 2, Rest – Grabung 3. Steinartefakte: 1. Pfeilspitze; 2–4. Stichel; 5–12. Kratzer; 13. Klinge; 14–15. Mikroklingen; 16–19. Kerne; 20. Nacken eines Hauwerkzeugs; 21. Klinge eines Schieferbeils (nach Milin 1998; Averin/Milin 2001) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Bedeutend sind die Knochen- und Geweihartefakte (Abb. 10): schmale abgeflachte Geschoßspitzen mit einer (3) oder zwei (2) Aussparungen für Einsätze, in zwei von ihnen blieben Mikrolithen aus Feuerstein erhalten (Abb. 10,1–2.4), und eine solche ohne Aussparungen (Abb. 9,3). Es wurden Bruchstücke von Jagdspießspitzen aus aufgeschnittenen Röhrenknochen, ein gerader Geweihdolch mit zwei Aussparungen, breite Messer aus Elchgeweihschaufeln, davon eines mit einer Öffnung am Ende, Pfrieme, längliche flache Glätter, Stichel-Messer-Schaber aus Unterkiefern von Bibern (Abb. 9,12), Geweiheinsätze für Beil und Dechsel und zwei Geweihmuffen für Dechsel, ein Zwischenstück, Retuscheure und eine ornamentierte Scheibe aus zerspaltenem Elchgeweih mit einer Öffnung im Zentrum (Abb. 9,9) gefunden. Diese Artefakte sind charakteristisch für die Butovo-Kultur (Milin 2001; 2002). In die erste Hälfte des Präboreals gehört die unterste Kulturschicht (IV) der ausführlich publizierten Siedlung Ivanovskoe 7 (Milin u. a. 2002, 9–40; Zareckaja/ Suleržickij/Milin 2001, 137–142). Es wurden 438 m2 aufgedeckt. Die unterste Schicht der Station ist durch eine Fundakkumulation vertreten. Der bearbeitete Elchknochen aus dem „Depot“ datiert 9650x110 b.p. (GIN-9520), der vom Biber benagte Stamm aus derselben Schicht 9640x60 b.p. (GIN-9516). Vor dem Beginn des präborealen Optimums wurde die Station überflutet, die Daten für die Herausbildung des Sapropel, der die Kulturschicht bedeckte, sind: 9690x120 b.p. (GIN-9367), 9500x100 b.p. (GIN-9385) und 9500x110 b.p. (GIN-9517). Die Armut des Steininventars erklärt sich durch das Fehlen von Feuerstein in der Umgebung der Station. Es wurden insgesamt 284 Artefakte geborgen. Von 30 Klingen besitzen 24 eine durch Drucktechnik erzeugte regelmäßige Begrenzung, Kerne sind konisch oder mit Seitenfläche von Klingen oder Mikroklingen und amorph von Abschlägen. Geräte mit sekundärer Bearbeitung gibt es 43, es überwiegen Kratzer (22): Endkratzer, beidseitige und amorphe, einer mit zusammenlaufenden Klingen. Es existieren vier Stichel: ein querlaufend retuschierter, zwei mit unbearbeiteter Fläche und ein kombinierter. Es gibt Messer an Klingen, Schaber, eine Reibahle, abgehauene Dechsel, Schlagsteine und Netzsenker: einer mit Umschnürung und fünf unbearbeitete Kiesel, die aber deutliche Spuren querliegender Umwicklung tragen. Das Knochen- und Geweihinventar dieser Schicht ist sehr bedeutend (Abb. 11–12). Unter den Pfeilspitzen (24) überwiegen lange nadelförmige, darunter vier mit Aussparungen für Einsätze. Es existieren eine lange Geschoßspitze mit ornamentiertem bikonischen Ende und einem Absatz zur Schneide, drei schmale flache Einsätze, in einem davon mit „grauem“ Kleber aus Nadelbaumharz, Bienenwachs und Holzkohlenstaub befestigte Mikrolithen in den Aussparungen, zwei mas- 17 sive einflügelige Geschoßspitzen mit Widerhaken und Aussparung für Einsätze auf der anderen Seite und eine kleine Geschoßspitze mit gezähntem Rand für den Fischfang. Von vier einreihigen gezähnten Spitzen haben zwei spärliche Zähnung, eine dichte Zähnung und eine Spitze Einschnitte am Rand. Von den einreihigen Harpunenspitzen haben fünf spärliche und eine dicht stehende große Widerhaken. Es wurde ein Fragment vom Speerspitzenschaft mit Aussparung (Abb. 11,14) gefunden. Es gibt vier Jagdspießfragmente aus aufgeschnittenen Röhrenknochen und eine ornamentierte Speerspitze mit Tülle aus einem Röhrenknochen. Dolche sind durch zwei Fragmente von flachen geraden Klingen, eins davon mit Aussparungen für Einsätze, und drei Fragmente von abgeschrägten Klingen vertreten. Es wurden die Schäftung eines Pickels mit Aussparung und ein Bruchstück eines weiteren mit zwei Aussparungen für Einsätze geborgen. Es gibt vier Angelhaken mit dünnem geraden Schaft, Produktionsabfall von solchen Haken und ein Angelgerät – ein kleiner Knochenstab mit beidseitig angespitzten Enden (Abb. 10,18). Die Haushaltsgeräte sind durch ein Fragment eines schmalen Messers aus einer Rippe und fünf Fragmente von breiten Messern aus Elchgeweihschaufeln vertreten. Weiter liegen vor: zwei Bruchstücke schmaler Rinnenkratzer mit gezähnter Klinge (Abb. 11,1), vier Hobel aus Röhrenknochen, zwei Fragmente länglicher flacher Glätter, vier Pfrieme aus Metapodien, zwei Nähnadeln und eine Nadelbüchse aus dem Röhrenknochen eines Hundes, eine Knochenahle, 17 Werkzeuge aus Unterkiefern von Bibern, 32 Meißel und zwei Stechbeitel, drei flache Beileinsatzklingen aus Geweih, acht Dechseleinsatzklingen und zwei Einsätze für Spitzhacken, eine ganze Muffe für einen Dechsel und sechs Fragmente, der Nacken einer Beilmuffe, vier Begradiger und zwei Zwischenstücke aus Geweih, acht Anhänger aus Tierzähnen und ein flacher viereckiger Anhänger. Der Siedlungshorizont wird durch Pollen in das präboreale Optimum (ungefähr 9500–9300 b.p.) datiert (Spiridonova/Alešinskaja 1999), mit dessen unterem Teil die Kulturschicht der Station Tichonovo verbunden ist (Kol’cov/Milin, 1999, 39–41). Diese Dünenfundstelle wurde von L.V. Kol’cov auf einer Fläche von ungefähr 680 m2 freigelegt. In der Grabungsfläche 1 wurde eine Fundakkumulation der Butovo-Kultur untersucht, es wurden eine Behausung, Haushaltsgruben und Herdstellen identifiziert. Das Feuersteininventar (Abb. 13) wurde zum großen Teil aus hochwertigem, herangeschafftem „Starickij“-Feuerstein hergestellt. Hauptsächlich dienten Klingen als Rohmaterial. Ein großer Teil von ihnen wurde mit Hilfe eines Zwischenstücks oder mit „weichem“ Schlaggerät abgebaut. Es gibt eine Serie von gleichmäßigen Mikroklingen, die mit Drucktechnik gewonnen wurden (Abb. 13,5–8). Es überwiegen einflächige konische Kerne, aber es gibt Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 18 Michail G. Milin Abb. 10. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, untere Schicht (IV): 6. Grabung 2, Rest – Grabung 3. Knochen- und Geweihartefakte (6, 7–9, 13): 1–4. Pfeilspitzen; 5. Fragment einer Lanzenspitze; 6, 11. Ahle; 7. Muffe für Dechsel; 8. Beileinsatz; 9. Scheibe mit Öffnung; 10. breites Messer aus der Geweihschaufel des Elchs; 12. Stichel-MesserSchaber aus dem Unterkiefer eines Bibers; 13. Beileinsatz (nach Milin 2002) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 11. Butovo-Kultur. Station Ivanovskoe 7, untere (IV) Schicht: Knochenartefakte: 1–4, 9–10, 13. Pfeilspitzen; 5–7, 12. gezähnte Spitze; 8, 11. Harpune; 14. Schaft einer Lanzenspitze; 15–17. Angelhaken; 18. Pfriem; 19. Nähnadel (nach Milin 2002) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 19 20 Michail G. Milin Abb. 12. Butovo-Kultur. Station Ivanovskoe 7, untere (IV) Schicht: Geweih- und Knochenartefakte (9–11, 13): 1. Klinge eines gezähnten Rinnenkratzers; 2. Meißelklinge; 3, 9. Dechseleinsatz; 4–8. Anhänger; 10. Beileinsatz; 11. Begradiger; 12. Pfriem; 13. Dechselmuffe (nach Milin 2002) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka 21 Abb. 13. Butovo-Kultur. Station Tichonovo: 1, 4, 13. Spitze; 2, 11–12, 14. Pfeilspitzen; 3, 27. Klingenfragmente mit unregelmäßiger Retusche; 5–8. Mikroklingen; 9. Locher; 10, 15, 33. Messer; 16. Stichel an einer unvollendeten Geschoßspitze; 17. Klinge mit abgestumpftem Ende (Rohling eines Stichels); 18. Schaber; 19–21, 24–26, 30–31, 35–36. Stichel; 22–23. Kratzer; 28. Kratzer-Messer; 29, 32, 34, 37. Kerne (nach Kol’cov 1989) auch zweiflächige prismatische. Gefunden wurden Endkratzer (3), Stichel mit retuschierter (14) und unbearbeiteter Fläche (7), ein zweikantiger und ein kombinierter, Klingen mit abgestumpftem Ende (2), abgeschrägte Spitzen (7), eine lanzettförmige Spitze, Schaber (2), Messer an Klingen (2), Stecher (3), ein Schlagstein, ein Schabemesser, ein Stichel an einer unfertigen Blattstielspitze und ein Stichel an einem Messer. Von sieben Blattstielspitzen sind sechs ventral mit Steilretusche und dorsal mit flacher Retusche in Swidry-Manier (Abb. 13,2.11.13–14) und eine nur mit ventraler Steilretusche bearbeitet. Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 22 Michail G. Milin Abb. 14. Butovo-Kultur. Station Butovo 1, Grabungen 1 und 4: 1–4, 7. Pfeilspitzen; 5–6. Klingenfragmente mit unregelmäßiger Retusche; 8. Spitze; 9. Bohrer an einer Pfeilspitze; 10–12, 20. Schaber; 13–16. Kratzer; 17–19. Messer; 20–28, 30–35, 41. Stichel; 36. Kratzer-Messer; 37–40. Kerne (nach Kol’cov 1989) Die Kulturschicht der Station Butovo 1 (Kol’cov/ Milin 1999, 11–16) liegt im Siedlungshorizont, der durch Pollenanalyse an das Ende des präborealen Optimums datiert wird (Spiridonova/Alešinskaja 1999). L. V. Kol’cov legte in den Jahren 1966 und 1967 einige Grabungsflächen an. Die aufschlußreichsten Materia- lien ergaben die Grabungsflächen 1 und 4 (Abb. 14). 1987 öffnete M. G. Milin eine Fläche, die die Flächen 1 und 4 von L.V. Kol’cov miteinander verband. Auf dieser Fläche wurden eine Fundhäufung mit Herdstellen und Haushaltsgruben (Häufung 1) und eine einzelne Herdstelle in 3 m Entfernung davon (Häufung 2) unter- Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka sucht. Insgesamt wurden ungefähr 800 m2 freigelegt. Aus der Holzkohle der Herdstelle der Häufung 1 erhielt man das Datum 9310x110 b.p. (GIN-5441). Die Analyse der Planumsbefunde und der Feuersteininventare zeigt, daß in den Grabungsflächen 1 und 4 sowie in der von 1987 Fundhäufungen untersucht wurden, die von verschiedenen Aufenthalten von Trägern der ButovoKultur auf dem Dünenplatz zeugen. Glücklicherweise überschneiden sie sich nicht gegenseitig. Als Rohstoff für die Geräte aus der Grabungsfläche 1 diente örtlicher gefleckter Feuerstein. Insgesamt handelt es sich um 789 Artefakte. Hauptsächliches Rohmaterial waren Klingen, die mit Hilfe eines „weichen“ Schlaggeräts oder Zwischenstücks abgebaut wurden. Ein Teil der Klingen und Mikroklingen wurde mit Drucktechnik gewonnen. Es gibt konische und prismatische Kerne und einen amorphen von Abschlägen. Es liegen acht Kratzer vor: sechs Endkratzer, ein Seitenkratzer und ein Endseitenkratzer; und 23 Stichel: vier mit retuschierter, 16 mit unbearbeiteter Fläche und drei kombinierte. Es gibt vier abgeschrägte Spitzen an Klingen, zwei Messer an Klingen und ein Messer an einem Abschlag, acht Schaber, ein Bohrer und zwei Stecher. Ein weiterer Bohrer wurde an einer Blattstielpfeilspitze an einer Klinge hergestellt (Abb. 14,9). Aus der Grabung 4 stammen 1225 Artefakte, überwiegend aus örtlichem gefleckten Feuerstein, 19 aus grauem und zehn aus schwarzem, durchscheinendem Kreidefeuerstein, der an der oberen Wolga nicht anzutreffen ist. Die Technik des Klingenabbaus und die Kerntypen sind ähnlich denen aus der Fläche 1. Es wurde ein stiftförmiger Kern geborgen. Als Geräte sind vertreten: Endkratzer (4), Stichel mit retuschierter (13) oder unbearbeiteter (30) Fläche, zweikantige Stichel (2) und kombinierte (5), Klingen mit abgestumpften (1) und abgeschrägten (5) Enden, Schaber (8), Messer an Klingen (2) und Abschläge (2), Stecher (5), ein Bruchstück einer Beilklinge an einem Abschlag und ein gerillter Sandsteinschleifer. Es wurden fünf Blattstielspitzen gefunden (Abb. 14,1–2.4.7): vier mit ventraler Steil- und flacher Dorsalretusche, ein fünfter nur auf der Rückseite bearbeitet. Außerdem liegt die Spitze einer Geschoßspitze mit flacher Dorsalretusche vor (Abb. 14,3). Ein großer Teil der Artefakte aus der Grabung von 1987 ist aus hochwertigem gefleckten Feuerstein hergestellt, der nur weiter oberhalb an der Wolga und an der oberen Oka anzutreffen ist. Drei Stichel, vier Einsätze und 16 Klingen sind aus hellgrauem und ein Einsatz und drei Klingen aus schwarzem durchscheinenden Kreidefeuerstein angefertigt worden. Aufschlüsse von letzterem sind aus dem westlichen Weißrußland, Litauen, Wolynien und dem Donbass bekannt. In der Häufung 1 fand man 1480 Artefakte. Hauptrohmaterial waren Klingen. Es wurde eine breite Anwendung der Drucktechnik nicht nur für den Abbau von Mikro- 23 klingen, sondern auch von größeren Klingen festgestellt. Das spricht für die Anwendung des verstärkten Abdrucks neben der Zwischenstücktechnik und dem Gebrauch eines „weichen“ Schlaggeräts. Zwei Kerne sind konisch, einer einflächig prismatisch, ein Kern zweiflächig mit Seitenfläche und abgeflacht und einer vielflächig amorph. Es wurden vier Endkratzer und ein Seiten-Endkratzer, acht Stichel am Abbruch von Klingen, zwei Klingen mit abgeschrägtem Ende, ein Messer an einer Klinge, zwei Bruchstücke abgehauener Hauwerkzeuge, zwei Stichel am Abbruch von Messern und einer am Abbruch eines Bohrers, ein Schlagstein und ein großes hackenähnliches Grabwerkzeug gefunden. Pfeilspitzen sind durch drei Blattstielfragmente von PullySpitzen (Abb. 15,15.18–19) und eine Blattstielspitze an einer Klinge, die mit steiler Rücken- und flacher Dorsalretusche bearbeitet ist und eine mit flacher Dorsalretusche ausgebesserte Spitze besitzt (Abb. 15,24), vertreten. Außerdem liegt ein bei der Bearbeitung zerbrochener Rohling einer Pully-Spitze vor (Abb. 15,22). Unter den 16 retuschierten Einsätzen aus Mikrolithen (Abb. 15,2–14) sind vier mit steil abgestumpftem Rand, zwei mit abgestumpftem Rand und Ende (bei einem wurde der abgestumpfte Rand mit flacher Rückenretusche ausgebessert), zwei mit abgestumpftem Rand, einer mit beidseitiger Randretusche, einer mit angeschärftem Rand und einer an beiden Rändern angeschärft, vier mit Mikroretusche am Rand und einer mit einem abgestumpften und gezähnten Rand. In der Häufung 2 wurden 453 Artefakte geborgen. Der Rohstoff und die Bearbeitungstechnik sind dieselben wie in Häufung 1. An Geräten wurden ein Endund ein Endseitenkratzer, vier Stichel mit unbearbeiteter Fläche und ein ebensolcher an einem Messerbruchstück an einer Klinge, drei Messer an Klingen und vier Pfeilspitzenfragmente gefunden. Unter letzteren befanden sich zwei Bruchstücke der Blattenden (Abb. 15,20) und ein Bruchstück des mittleren Teils (Abb. 15,21) von Pully-Spitzen sowie ein Bruchstück mit deutlich ausgeprägtem Blattstiel, das an den Rändern mit ventraler Steilretusche bearbeitet wurde. Trotz allgemeiner Übereinstimmung der Bearbeitungstechnologie und der Gerätetypen können einige Unterschiede zwischen dem Material der beiden Häufungen der Grabung 1987 (Abb. 15) und dem der Grabungsflächen 1 und 4 (Abb. 14) festgestellt werden. Ins Auge fallen vor allem die Serie retuschierter Einsätze und Geschoßspitzenbruchstücke vom Pully-Typ und das Fehlen von Sticheln mit retuschierter Fläche, die so charakteristisch für die Grabungsflächen 1 und 4 sind, ebenso wie die große Regelmäßigkeit der Klingenrohlinge in der Grabung 1987. Daneben ist eine größere Ähnlichkeit der Artefakte der Grabung 1987 mit der Grabung 4 als mit der Grabung 1 sowohl im Material als auch an den technisch morphologischen Merkmalen festzustellen. Die Lage in ein- und demselben Sied- Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 24 Michail G. Milin Abb. 15. Butovo-Kultur. Station Butovo 1, Grabung 1987 (20–21. Fundhäufung 2, Rest – Fundhäufung 1): 1. Mikrokratzer; 2–14. Einsätze; 15–21. Pfeilspitzenfragmente; 22. Pfeilspitzenrohling; 24. Pfeilspitze; 16, 23, 27, 30. Stichel; 17, 29. Spitze; 25. Messer; 26. Kratzer; 28. Fragment eines Beils; 31. Kern (nach Kol’cov/Milin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka lungshorizont vom Ende des präborealen Optimums zeugt von der Gleichzeitigkeit aller dieser Häufungen. Wahrscheinlich spiegelt dies die komplizierte Zusammensetzung und die Beziehungen der Bevölkerung des südlichen Teils des Areals der Butovo-Kultur in der präborealen Zeit wider. So stehen die Artefakte der Grabungsflächen 1 und 4 denen der Station Tichonova nahe, während die Artefakte der Grabung 1987 evidente Pully-Analogien sowohl im Rohstoff als auch in der technisch-morphologischen Charakteristik besitzen (Milin 2000, 72–79). An das Ende des Präboreals gehört die Kulturschicht III der Grabungsfläche 3 von Stanovoe 4. Der Sapropel, in den die Kulturschicht eingebettet ist, datiert 9280x240 b.p. (GIN-10122 I), 9090x400 b.p. (GIN-10124 I). Das Datum des Pfahls, der von dieser Schicht aus in das Anstehende eingeschlagen wurde, beträgt 9220x60 b.p. (GIN-8375). Das Datum eines Elchknochens – 8850x70 b.p. (GIN-11093a) – gibt wahrscheinlich das Ende der Besiedlung dieses Platzes an. Die zahlreichen Steingeräte (Averin/Milin 2001, 8–16) wurden fast ausschließlich aus örtlichem Rohstoff, Feuerstein niedriger Qualität verschiedener örtlicher Varietäten, seltener aus Quarz, Quarzit oder Schiefer hergestellt. Die Abbautechnik war auf die Herstellung von Klingen sowohl durch Schlag unter Anwendung eines Zwischenstücks als auch durch Drucktechnik ausgerichtet. Ein bedeutender Teil der Geräte, vor allem Kratzer, wurde an Abschlägen und Splittern erzeugt. Bei der Herstellung von Hauwerkzeugen wurde in großem Maße Schleiftechnik angewandt. Unter den Kernen überwiegen solche mit Seitenfläche und amorphe von Klingen und Abschlägen. In Serien sind konische und prismatische, vereinzelt keilförmige und stiftförmige vertreten. Unter den Geräten mit sekundärer Bearbeitung (Abb. 16), ungefähr 900, überwiegen Kratzer. Am häufigsten sind amorphe und Endkratzer. Es gibt Endseitenkratzer, abgerundete, runde, Seitenkratzer und spitzbogige Kratzer. Die Stichel treten mengenmäßig hinter den Kratzern zurück. Es überwiegen Stichel am Abbruch von Rohlingen, seltener sind zweikantige Stichel. Es wurden seltene Einsätze aus Mikroklingen mit abgestumpfter Basis und solche mit durch flache Retusche abgestumpftem oder angeschärftem Rand gefunden. Pfeilspitzen an Klingen sind durch Blattsteilspitzen (Abb. 16,1) und weidenblattförmige Pfeilspitzen vertreten. Die Schäftung und die Spitze sind mit dorsaler flach geneigter Randretusche angeschärft. Es gibt Schaber, symmetrische und abgeschrägte Spitzen, Bohrer und Stecher, Messer an Klingen, Schlagsteine, Bruchstücke von Schleifplatten und gerillten Schleifsteinen. Hauwerkzeuge sind durch Beile und Dechsel aus Kieselkalkstein oder Schiefer mit partiellem Oberflächenschliff vertreten. Häufig sind Kratzer in Kombination mit Sticheln, Messern und Schabern. 25 Bedeutsam sind auch die Funde von Geräten (Abb. 17–18) aus Knochen und Geweih (Milin 2001; 2002). Pfeilspitzen sind mit nadelförmigem (12) und bikonischem Ende (16) sowie als schmale abgeflachte Form (21), darunter solche mit Aussparung an einer (2) oder beiden (13) Seiten, vertreten. Es wurden eine ruderblattförmige Pfeilspitze und das Fragment einer zweiflügeligen asymmetrischen Pfeilspitze mit Aussparungen für Einsätze sowohl am Flügel wie auch an der gegenüberliegenden Seite gefunden. Vereinzelt gibt es auch Pfeilspitzen mit kleinen Zähnchen an der Spitze, mit großen dreieckigen und mit spärlichen kleinen Zähnen an einer Seite. Unter den einreihigen gezähnten Spitzen (7) sind zwei mit spärlicher Zähnung, eine mit dichter Zähnung, zwei mit Einschnitten am Rand und zwei dolchförmige mit kleiner Zähnung an der Spitze. Es wurde ein Harpunenbruchstück mit spärlicher Zähnung und einer Öffnung in der verbreiterten Schäftung geborgen. Es gibt ein vollständiges Exemplar und vier Bruchstücke von Speerspitzen mit Aussparungen für Einlagen sowie zehn Fragmente massiver Jagdspießspitzen. Es gibt 32 Dolche und Dolchfragmente: vier gerade und zwei gekrümmte mit Aussparungen für Einsätze auf einer Seite und 19 gerade sowie einen gekrümmten mit Aussparungen auf beiden Seiten der Klinge, das Fragment eines Dolchs aus einem Stück mit dünner Klinge, zwei schmale Stichwaffen (Stilett), zwei Dolche aus den Kubitalknochen vom Elch und einen aus einer Geweihschaufel mit abgeschrägter Klinge. Angelhaken sind mit zwei vollständigen mit dünnem geraden Schaft und Spitze ohne Widerhaken und sechs Produktionsabfällen solcher Haken vertreten. Das vielfältige Produktions- und Haushaltsinventar enthält acht schmale gerade spitze Messer aus Rippen, 17 Bruchstücke breiter Messer aus Elchgeweihschaufeln, vier Plättchen mit Öffnungen zum Dehnen von Sehnen, drei Hobel aus Rippen, einen Hobel aus einem ganzen Röhrenknochen vom Elch, einen Glätter aus dem Kubitalknochen vom Elch, drei Pfrieme aus den Metapodien von Huftieren, acht Pfrieme aus Knochensplittern, eine Nadelbüchse aus dem Röhrenknochen eines großen Vogels, zwei Knochenahlen aus Knochensplittern, 79 unspezifische Werkzeuge aus Biberunterkiefern, drei Hobel aus den unteren Schneidezähnen des Bibers, fünf Rinnenmeißel aus Röhrenknochen, zwei Stechbeitel und fünf Keile, zwei flache Beileinsätze, fünf Einsätze für Dechsel aus Elchgeweih, einen flachen Dechsel aus einem Röhrenknochensplitter, einen Einsatz einer Spitzhacke aus einer Geweihsprosse, zwei Eispickel mit schmaler abgeschrägter Klinge, eine Geweihmuffe mit spitzem Nacken für ein Beil, sieben Muffen für Dechsel aus der Elchgeweihstange (in einer war der von zwei Seiten behauene Feuersteineinsatz erhalten, in einer anderen der Nacken eines Geweiheinsatzes), zwei konische und ein zylindrisches Zwischenstück aus Elchgeweihsprossen sowie einen kurzen Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 26 Michail G. Milin Abb. 16. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, Grabung 3, Schicht III: 1. Pfeilspitze; 2–5, 9. Einsätze; 6–7, 10–16. Kratzer; 8. Spitze; 17–18. Stichel; 19, 22. Beile (22. Schiefer); 20–21. Kerne; 23. Dechsel (nach Averin/Milin 2001) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 17. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, Grabung 3, Schicht III: Knochenartefakte: 1–9. Pfeilspitzen; 10–11. Dolche (Jagdmesser); 12–17. Anhänger; 18. Produktionsabfall von zwei Angelhaken mit dem Bruchstück eines solchen; 19. Platte zum Dehnen von Sehnen (nach Milin 2002) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 27 28 Michail G. Milin Abb. 18. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, Grabung 3, Schicht III: Knochen- und Geweihartefakte: 1. Fragment eines breiten Messers; 2. Ahle; 3. Stechbeitel; 4–7. Anhänger; 8. Beilmuffe mit dem Fragment eines hölzernen Griffs; 9. Dechselmuffe mit Feuersteineinsatz in situ (nach Milin 2001) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka massiven Retuscheur aus Geweih und zwei aus den Reißzähnen des Bären. Schmuck ist mit acht Anhängern aus den Schneidezähnen des Elchs, acht Anhängern aus Bruchstücken von Schneidezähnen des Bibers, zwei aus Molaren des Bibers mit Einschnitten am Ende der Wurzel, einem Anhänger aus einem zerspaltenen Molaren vom Bären, einem Anhänger aus dem Eckzahn eines Hundes und zehn Anhängern aus den Reißzähnen von kleineren Raubtieren, sechs Anhängern aus Zungenknochen von Elchen, drei Anhängern aus verschiedenen Knochen und fünf viereckigen flachen Anhängern mit Durchbohrung an einem Ende vertreten. Auf einer Reihe von Artefakten sind Marken, Ornamente und komplizierte geometrische Zeichnungen angebracht. Eine Serie aus Stationen und Kulturschichten der mehrphasigen Fundstellen der Butovo-Kultur wurde durch Sporen-Pollenanalyse in die erste Hälfte des Boreals datiert (Spiridonova/Alešinskaja 1999), auf ungefähr 8800–8500 b.p., entsprechend der Daten der Radiokarbonanalyse (Milin 2001). Unter anderem handelt es sich um die unteren Schichten der Stationen Ozerki 16 und 17, die mittlere Schicht der Station Ivanovskoe 7, die untere Schicht der Station Nušpoly 11 und die Schicht III der Grabungsfläche 2 von Stanovoe 4, deren Daten aus bearbeitetem Holz gewonnen wurden: 8700x70 b.p. (GIN-8854), 8670x50 b.p. (GIN-8856), 8540x60 b.p. (GIN-8853). Wenden wir uns nun kurz dem reichen Inventar der letzten Fundstelle zu. Die Rohmaterialien und die Techniken der Steinbearbeitung sind dieselben wie in der Grabungsfläche 3. Unter den Kernen überwiegen die amorphen und solche mit Seitenfläche, vereinzelt treten konische, keilförmige und prismatische Kerne auf. Es wurden ungefähr 150 an Abschlägen und Klingen fabrizierte Geräte geborgen (Abb. 19,23–32). Es dominieren die Kratzer, vor allem amorphe und Endkratzer, es sind aber auch abgerundete und Endseitenkratzer anzutreffen. Stichel gibt es weniger, alle am Abbruch von Rohlingen. Es wurden eine viereckige Mikroklinge mit abgestumpften Enden und abgestumpftem Rand (Abb. 19,24) und das Bruchstück eines Blattstiels einer weidenblattförmigen Pfeilspitze an einer Klinge (Abb. 19,23) gefunden. Außerdem wurden Schaber, zwei Beile aus Feuerstein und Schiefer mit partiellem Schliff, Rohlinge und Bruchstücke von Hauwerkzeugen, Schlagsteine, Bruchstücke von Schleifplatten und kombinierte Geräte angetroffen. Zu den Artefakten aus Knochen und Geweih (Abb. 20–21) zählen 33 Pfeilspitzen: acht nadelförmige einfache, lange und kurze, zwei ebensolche mit Aussparung für Einsätze, drei nadelförmige mit bikonischer Schäftung, eine mit konischem Ende, neun mit regelmäßigem bikonischen Ende, eine von ihnen mit Aussparung mit Resten von „grauem“ Kleber und Abdrücken von Mikrolithen (Abb. 20,4), eine schmale flache Pfeil- 29 spitze mit ebensolcher Aussparung, in der Mikrolithen erhalten blieben (Abb. 20,11), eine flache Pfeilspitze mit markiertem Blattstiel und eine ebensolche mit Aussparung, zwei Fragmente von schmalen flachen Pfeilspitzen mit Aussparungen längs beider Seiten, an einer blieben Mikrolithen erhalten, die mit „grauem“ Kleber befestigt waren (Abb. 20,12), eine schmale kurze Pfeilspitze mit einem Blatt von flachkonvexem Schnitt, ein Bruchstück einer ruderblattförmigen Pfeilspitze mit langem Blatt mit Aussparungen für Einsätze am Rand, in einer blieben Mikrolithen erhalten (Abb. 20,13), das Blatt einer zweiflügeligen asymmetrischen Pfeilspitze mit Widerhaken und Aussparung am gegenüberliegenden Rand und das Bruchstück einer solchen, die auch am Flügel eine Aussparung besitzt (Abb. 20,8). Speerspitzen sind mit dem Bruchstück einer schmalen Spitze mit Aussparung für Einsätze, einem vollständigen Jagdspieß und vier Bruchstücken von Jagdspießen mit konischer Spitze aus aufgeschnittenen Röhrenknochen vom Elch (Abb. 20,14) vertreten. Es wurden fünf Fragmente von geraden flachen Dolchen mit Aussparungen für Einsätze an beiden Seiten, ein massiver gerader Dolch mit einer Aussparung für Einsätze und ebenso ein schwach gekrümmter (Abb. 21,14–15), ein langes schmales Stilett und drei Bruchstücke von Dolchen mit abgeschrägter Klinge aus dem Kubitalknochen vom Elch gefunden. Fischfanggeräte sind durch zwei vollständige Angelhaken mit geradem dünnen Schaft, Produktionsabfall von einem solchen Haken und einen kleinen Knochenstab mit zwei abgeteilten Enden (Abb. 20,17) vertreten. Das Produktions- und Haushaltsinventar umfaßt zwei schmale flache, spitze Messer aus zerspaltener Rippe, zwei Bruchstücke breiter Messer aus den Schaufeln vom Elchgeweih, eines mit Öffnungen, ein Messer aus einem Knochensplitter, zwei Kratzer aus Geweih mit breiter glatter Klinge (Abb. 21,5) und einen ganzen beitelförmigen Kratzer mit gezähnter Klinge aus einem Röhrenknochen (Abb. 21,16), vier Pfrieme aus den Metapodien von Huftieren, einen Pfriem aus einem dünnen Röhrenknochen mit schräg abgeschnittenem Ende, ein Bruchstück eines schmalen flachen Pfriems, ein Bruchstück einer Nähnadel, 30 Geräte aus Biberunterkiefern, zwei Bruchstücke von Rinnenmeißeln aus aufgeschnittenen Röhrenknochen, einen breiten Stechbeitel mit gerader Klinge und einen schmalen Stechbeitel mit abgeschrägter Klinge, drei flache Dechseleinsätze aus Geweihschaufeln, einen massiven Dechsel mit schmaler Klinge aus einer Geweihstange und das Bruchstück eines Dechsels mit breiter gerader Klinge aus einem Röhrenknochen, ein Fragment eines gekrümmten Spitzhackeneinsatzes, fünf Bruchstücke von Eispickeln mit abgeschrägter Spitze aus aufgeschnittenen Röhrenknochen, vier Fragmente von Geweihmuffen für Dechsel und eine massive Muffe für eine Spitzhacke oder einen Pickel (Abb. 21,17) sowie ein Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 30 Michail G. Milin Abb. 19. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, Schicht III: 1–22. Grabung 1: 1–2. Pfeilspitzen; 3. Klinge mit abgestumpftem Ende; 4–7. Einsätze; 8, 21. Messer; 9–13. Kratzer; 14–17. Stichel; 18–19. Kerne; 20. Bohrer; 22. Dechsel. 23–32. Grabung 2: 23. Pfeilspitzenfragment; 24. Einsatz; 25–28. Kratzer; 29–30. Kerne; 31–32. Beile (32. Schiefer) (nach Averin/Milin 2001) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 20. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, Grabung 2, Schicht III: Knochenartefakte: 1–13. Pfeilspitzen; 14. Jagdspießspitze; 15–16. Angelhaken; 17. Knochenstäbchen (nach Milin 2001) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 31 32 Michail G. Milin Abb. 21. Butovo-Kultur. Station Stanovoe 4, Grabung 2, Schicht III: Knochen- und Geweihartefakte (4–5, 8, 17): 1–2. Ahle; 3. Messer; 4. Dechseleinsatz; 5, 16. Kratzer; 6. Klinge eines Stichel-Messers aus dem Nagezahn eines Bibers; 7. Stichel-Schaber aus dem Unterkiefer eines Bibers; 8. Dechsel; 9–13. Anhänger; 14–15. Dolche (Jagdmesser); 17. Muffe für eine Spitzhacke oder einen Pickel (nach Milin 2001) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Zwischenstück aus einer Geweihsprosse. Schmuck ist mit zwei Anhängern aus Schneidezähnen vom Elch und drei aus den Schneidezähnen vom Biber, jeweils einer aus dem Molar eines Bibers und dem zerspaltenen Molar eines Bären und vier aus Reißzähnen kleinerer Raubtiere, alle mit Einschnitten am Ende, und zwei flachen viereckigen Anhängern, die an einem Ende durchbohrt sind, vertreten. Auf einigen Knochenartefakten sind Markierungen, Ornamente und Zeichnungen eingraviert. In die zweite Hälfte des Boreals gehört eine Reihe von Stationen und Schichten mehrphasiger Fundstellen, unter ihnen die mesolithische Schicht (III) der Grabungsfläche 1 von Stanovoe 4. Das Steininventar (Abb. 19,1–22) und die wenigen Knochenartefakte stehen den Funden dieser Schicht aus den Grabungsflächen 2 und 3 sehr nahe. In dieselbe Zeit gehört die Kulturschicht II der Station Sachtyš 14, die ähnliches Material ergab und auf 8310x60 b.p. (GIN-11050) und 8240x40 b.p. (GIN-11602) datiert wird. An das Ende des Boreals wurde mittels Sporen-Pollenanalyse die untere Schicht der Siedlung Okaemovo 5 datiert (Milin 1997). Aus dem vertorften Sapropel vom unteren Teil der Schicht erhielt man das Datum 7910x80 b.p. (GIN-6191) und aus dem oberen Teil 7730x60 b.p. (GIN-6192). Die Fundstelle befindet sich im Sergiev Posadskij Rajon im Moskovskaja Oblast’, sie liegt auf einer kleinen Insel in der Flußaue des linken Ufers des modernen Flußbettes der Dubna. Von 1989 bis 1990 wurden 58 m2 aufgedeckt. Die mesolithische Schicht lag am Abhang der Insel und in den Seeuferablagerungen. Als Rohmaterial der Steinindustrie diente gefleckter Geschiebefeuerstein. Vereinzelte Artefakte wurden aus Kreidefeuerstein hoher Qualität hergestellt. Insgesamt wurden 1832 Artefakte geborgen. Die Abbautechnik war auf die Herstellung von Klingen mit Hilfe eines Zwischenstücks oder durch Drucktechnik orientiert. Als Rohlinge dienten Klingen und Abschläge. Artefakte mit sekundärer Bearbeitung gibt es 96 (Abb. 22). Von 14 Kratzern sind acht Endkratzer, einer abgerundet, zwei Seitenkratzer und drei amorph. Stichel gibt es 20, einen mit retuschierter und 18 mit unbearbeiteter Fläche sowie den Rohling eines Stichels mit querlaufender Retusche an einer Klinge. Retuschierte Einsätze (Abb. 22,2–7) aus Mikroklingen sind durch zwei Exemplare mit abgestumpfter Basis, eines mit abgestumpftem Ende und flach schräger Retusche eines seitlichen Rands, eines mit abgestumpftem Rand, eines mit angeschärftem Rand und ein Fragment einer schmalen regelmäßigen Klinge mit abgestumpftem Rand und feinster halbsteiler Retusche am anderen Rand vertreten. Die Spitzen (3) umfassen eine Klinge mit durch ventrale Steilretusche abgeschrägtem Ende, eine mit durch dorsale Steilretusche abgeschrägter Basis sowie eine mit dorsal flach retuschiertem Rand und ventral abgeschrägtem Ende (Abb. 22,1). Von vier 33 Pfeilspitzen an Klingen sind zwei Blattstielspitzen (Abb. 22,9–10). Von einer dritten blieb ein Bruchstück der Spitze erhalten. Die vierte weidenblattförmige aus einer Mikroklinge hat eine abgebrochene Spitze (Abb. 22,8). Es gibt 17 Messer an Klingen, drei Schaber, zwei Bohrer, drei Stecher, einen Dechsel an einem Abschlag, die Nackenteile zweier Rohlinge aus Schiefer, fünf Splitter von geschliffenen Hauwerkzeugen aus Feuerstein und einen aus Schiefer, vier Schlagsteine, einen Block, drei Fragmente von Platten und ein Bruchstück einer Säge aus Sandstein. Es wurden 145 Knochenartefakte geborgen (Abb. 23). Unter ihnen befinden sich 18 Pfeilspitzen: eine kurze weidenblattförmige, zwei unvollendete schmale flache, ein Blattfragment einer schmalen flachen mit Aussparungen für Einsätze, eine nadelförmige mit natürlicher breiter Aussparung, eine mit weidenblattförmigem Blatt mit Rinne und flachen kurzen Aussparungen (Abb. 23,1), der Rohling einer Pfeilspitze mit weidenblattförmigem Blatt und ein Fragment einer Geschoßspitze mit Verbreiterung im mittleren Teil, eine Pfeilspitze mit bikonischem unregelmäßigen Ende, eine einflügelige ohne Widerhaken, eine ebensolche mit Widerhaken am Flügelende, eine zweiflügelige symmetrische mit Widerhaken, drei zweiflügelige asymmetrische mit Widerhaken am Blattende und Absatz am anderen Rand, zwei ebensolche mit Aussparungen für Einsätze am Rand mit Absatz und ein Fragment einer einreihigen feingezähnten Geschoßspitze. Es wurden der Schaftteil einer einreihigen Spitze mit spärlicher Zähnung und eine große dolchförmige Spitze mit einem Widerhaken gefunden. Interessant sind kleine Spitzen mit geradem, abgestumpftem Rand, bogenförmiger Klinge und spitzen Enden, die sorgfältig auf der ganzen Oberfläche abgehobelt sind, es gibt auch noch ein Fragment eines solchen Artefakts. Dolche sind durch flache gerade Exemplare mit zwei Aussparungen für Einsätze, massive gerade ohne Aussparungen und einen Rohling eines solchen und durch ein schmales Stilett sowie ein Fragment eines solchen vertreten. Fischfanggeräte sind vertreten mit einer Serie von Haken (Abb. 23,7–12): einen vollständigen mit verdicktem Schaft, die Spitze eines zusammengesetzten mit zwei Bärtchen und zwei ohne Bärtchen, das Bruchstück eines Schafts eines zusammengesetzten Hakens und einen originalen vollständig zusammengesetzten Haken mit Aussparungen am Schaft und an der Spitze, dessen Köpfchen wie die Basis der zusammengesetzten Haken ausgebildet ist (Abb. 22,10). Es gibt noch zwei Produktionsabfälle von Angelhaken. Es wurden drei Bruchstücke von Spitzen dünner gerader Messer und das Bruchstück der Spitze eines flachen gekrümmten Messers angetroffen. Weiter liegen vier Fragmente von breiten Messern aus Elchgeweihschaufeln, vier Messerfragmente aus Knochensplittern, 15 Bruchstücke von Hobeln aus Rippen, fünf Pfrieme Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 34 Michail G. Milin Abb. 22. Butovo-Kultur. Station Okamovo 5, untere (III) Schicht: 1, 15. Spitzen; 2–7. Einsätze; 8–10. Pfeilspitzen; 11–14, 20. Stichel; 16. Bohrer; 17–19, 22–23. Kratzer; 21, 24–26. Messer (nach Milin 1997; Zhilin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 23. Butovo-Kultur. Station Okamovo 5, untere (III) Schicht: Knochenartefakte: 1–4, 15–20. Pfeilspitzen; 5, 21. gezähnte Spitzen; 6. Messerfragment; 7–8, 10–12. Details von zusammengesetzten Angelhaken; 9. Angelhaken; 13. Spitze; 14, 22–23. Dolche (nach Milin 2001; Zhilin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 35 36 Michail G. Milin aus Metapodien und sieben Pfrieme aus Bruchstücken verschiedener Knochen, der Rohling einer Nadel, ein Löffelgriff aus einem dünnen Knochen, zwei Bruchstücke von Dechseln und zwei von Beilen aus Geweih, zwei Bruchstücke von Eispickeln mit abgeschrägtem Ende, ein Zwischenstück aus Knochen, ein Stichel aus dem Reißzahn eines Fuchses, dessen Ende durch Schleifen angeschärft wurde, drei Retuscheure aus Reißzähnen des Bären und ein Schaber aus einem Eberhauer vor. Es wurden 25 untere Nagezähne vom Biber, die als Klingen für Stichel-Messer-Schaber aus Biberunterkiefern dienten, und ein vollständiges derartiges Werkzeug gefunden. Es wurden vier kleine Hobel aus den oberen Nagezähnen des Bibers geborgen, einer von ihnen zu einem Anhänger umgearbeitet. Schmuck ist mit sechs Anhängern aus Biebernagezähnen, fünf aus Elchschneidezähnen und einem Anhänger aus einem längs gespalteten Belemniten vertreten. Es wurde ein hölzernes Paddel freigelegt (Kol’cov/Milin 1999, 103). Die Fundstellen der Endphase der Butovo-Kultur wurden mit Hilfe der Pollenanalyse an den Beginn des Atlantikums datiert. Die Daten des mit der obersten mesolithischen Schicht (IIa) der Siedlung Ivanovskoe 7 vermischten Torfs ergaben: 7530x150 b.p. (GIN9361 I), 7520x60 b.p. (GIN-9361 II), 7490x120 b.p. (LE-1260), 7375x170 b.p. (LE-1261), 7320x190 b.p. (GIN-9369 I). Die Ausgrabung umfaßte den zentralen Teil einer kurzzeitigen Besiedlung und ihre nördliche und östliche Peripherie. Als Rohstoff diente gefleckter Geschiebefeuerstein. Vereinzelte Artefakte sind aus herangebrachtem hochwertigen Feuerstein gearbeitet. Insgesamt wurden 419 Steingeräte gefunden. Klingen wurden sowohl durch Abschlagen mit einem Zwischenstück als auch in Drucktechnik abgebaut. Zur Herstellung von Geräten wurden auch Abschläge genutzt. Kerne sind mit einem konischen, zweiflächigen mit planer Endfläche und mit amorphen Kernen vertreten. Es gibt 96 Gegenstände mit sekundärer Bearbeitung (Abb. 24). Kratzer gibt es 40: 16 Endkratzer, zwei Seitenkratzer, zwei doppelte Endseitenkratzer, vier abgerundete, die restlichen sind von amorpher Form. Bei allen fünf geborgenen Sticheln fehlt die Überarbeitung der Fläche. Von acht Messern sind drei spitz. Es wurden eine Klinge mit abgestumpfter Basis und angeschärftem Rand, eine abgeschrägte Spitze an einer Mikroklinge, vier Spitzen mit zusammenlaufenden retuschierten Rändern (an einem Exemplar ist das Schäftungsstück nachgebessert), eine vollständige weidenblattförmige Pfeilspitze und die Schäftungen von zwei weiteren, ein Bohrer, zwei Beile (eines von ihnen partiell geschliffen), ein vollständiger Dechsel und ein Dechselfragment, ein Kratzer-Messer, ein Stichel an einem Kratzer, drei Schlagsteine und drei Senker aus Geröll mit Umwicklung, fünf Fragmente von Schleifplatten und ein Schiefergeröll mit einer Zeichnung, die in sehr dünnen gravierten Linien ausgeführt ist, geborgen. An Knochen- und Geweihgeräten (Abb. 25) wurden angetroffen: neun Pfeilspitzen, darunter zwei einfache nadelförmige, eine nadelförmige mit kurzer Aussparung an der Spitze, eine kurze mit Gurtung und bikonischem Ende, eine schmale flache ohne Blattstiel, eine ruderförmige mit Widerhaken am Blattansatz und auf der anderen Seite einer Aussparung für Einsätze, eine zweiflügelige symmetrische mit Widerhaken und Rille am Ende für eine steinerne Spitze und eine stumpfe mit massivem Kopf. Es gibt weiterhin einseitige Spitzen mit spärlichen kleinen Zähnen und eine massive dolchförmige einreihige Spitze, das Ende eines Jagdspießes aus einem aufgeschnittenen Röhrenknochen, zwei Fragmente von geraden Dolchen mit Einsätzen und einen Dolch mit abgeschrägter Klinge, Bruchstücke von Angelhaken: einer mit dünnem geraden Schaft, der Produktionsabfall eines ähnlichen und vier Angelhaken mit verdicktem Schaft, Fragmente von vier geraden schmalen, spitzen Messern, vier breite aus Geweihschaufeln und drei aus Knochensplittern, drei Fragmente von Hobeln aus Rippen, zwei Pfrieme aus dünnen Röhrenknochen, vier Pfrieme aus Knochensplittern, zwölf Werkzeuge aus Biberunterkiefern und zwei Bruchstücke von Hobeln aus den oberen Nagezähnen des Bibers, zwei Stechbeitel mit schmaler abgeschrägter Klinge und zwei Keile, einen flachen Beileinsatz, einen Dechseleinsatz und zwei massive Geweihdechsel, fünf Eispickel aus aufgeschnittenen Röhrenknochen, ein Zwischenstück aus einer Geweihsprosse und einen Retuscheur mit massivem Ende, einen tiefen Löffel mit langem Griff aus Geweih (Abb. 25,9), zwei Anhänger aus den Schneidezähnen des Elchs, vier aus den Nagezähnen vom Biber und einen aus dem Zungenknochen vom Elch, alle mit Einschnitten an einem Ende. Außergewöhnlich ist ein großer skulptierter Stangenaufsatz aus Elchgeweih in Form eines phantastischen Wesens mit massivem Kopf, kurzem Körper und gespaltenem Schwanz (Abb. 26). An das äußerste Ende des Mesolithikums gehört die untere Schicht (IV) von Ozerki 5 (Milin 1994a, 47–53). Die Fundstelle befindet sich im Tverskaja Oblast’, 20 km von der Stadt Tver entfernt. Die Siedlung lag auf dem niedrigen Steilufer am Ausfluß eines Flüßchens aus einem ehemaligen See. Es wurden 220 m2 freigelegt. Holzkohle und bearbeitete Holzstämme ergaben die Datierungen 7410x90 b.p. (GIN-6659), 7310x120 b.p (GIN-7218), 7190x180 b.p. (GIN-6660) und 7120x50 b.p. (GIN-7217). Als Rohmaterial zur Geräteherstellung wurden hauptsächlich örtlicher Moränenfeuerstein, seltener Schiefer, Quarzit, Sandstein und kristalline Gesteine genutzt. Die Technik der primären Bearbeitung war auf die Produktion sowohl von Klingen mittels Abschlag, seltener durch Druck, als auch von Abschlägen ausgerichtet. Unter den Kernen überwiegen amorphe, es wurden auch keilförmige, konische und prismatische Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 24. Butovo-Kultur. Station Ivanovskoe 7, Schicht IIa: 1, 8–11. Spitzen; 2. Pfeilspitze; 3–4. Pfeilspitzenfragmente; 5, 22, 28. Messer; 6. Einsatz; 7, 15. Klingen mit Randretusche; 16–20, 24. Kratzer; 21. Bohrer; 23, 25–26. Stichel; 27. Kern; 29. Geröll mit gravierter Zeichnung; 30. Dechsel (nach Milin u.a. 2002) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 37 38 Michail G. Milin Abb. 25. Butovo-Kultur. Station Ivanovskoe 7, Schicht IIa: Knochen- und Geweihartefakte (9, 12, 17, 21): 1–3, 13, 16–17. Pfeilspitzen; 4. gezähnte Spitze; 5–6. Angelhaken; 7. Rohling eines Angelhakens; 8. Klinge eines StichelSchabers aus dem Nagezahn eines Bibers; 9. Löffel; 10–11. Anhänger; 12, 21. Dechsel; 14, 18–19. Ahle; 15. Messerfragment; 20. Messer (nach Milin 2001; Milin u.a. 2002) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka 39 Abb. 26. Butovo-Kultur. Station Ivanovskoe 7, Schicht IIa: Stangenaufsatz aus Geweih in der Form eines phantastischen Wesens (nach Milin 2001) angetroffen. Es gibt ungefähr 1000 Geräte mit sekundärer Bearbeitung (Abb. 27), die Mehrzahl an Abschlägen. Am häufigsten sind Kratzer verschiedener Typen: Endkratzer, Seitenkratzer, abgerundete, „pfeilförmige“, kombinierte und amorphe. Es gibt große Kratzer und Mikrokratzer. Die Endkratzerformen machen weniger als die Hälfte der Kratzer aus. Die Stichel treten zahlenmäßig deutlich hinter den Kratzern zurück. Es dominieren die Stichel mit schmaler Kante am Abbruch von Klingen und Abschlägen, manchmal doppelte und dreifache. Gering an Zahl sind mittlere mit Abweichung und kombinierte Stichel. Einsätze sind durch Klingen und Mikroklingen mit durch Retusche angeschärftem, seltener mit abgestumpftem Rand und mit querlaufend retuschiertem Ende vertreten. Es gibt abgeschrägte Spitzen auch mit zusammenlaufenden abgestumpften Rändern. Unter den Pfeilspitzen an Klingen (mehr als 100) überwiegen die weidenblattförmigen, seltener sind die mit Blattstiel. Die Bearbeitung der Geschoßspitzen ist recht verschiedenartig. Neben Techniken, die für das frühe und mittlere Mesolithikum charakteristisch sind, findet sich auch schon völlig neolithische Bearbeitung. Zahlreich sind die Messer, Schaber, Bohrer und Locher, Beile und Dechsel aus Kieselkalkton, Schiefer und Feuerstein, darunter vollständig geschlif- fene, Stechbeitel aus Klingen, kombinierte Geräte, Schlagsteine und Schleifsteine. Unter den Knochen- und Geweihartefakten (Abb. 28) gibt es 57 Pfeilspitzen: einfache nadelförmige (20), eine nadelförmige mit kurzer Aussparung an der Spitze, eine nadelförmige mit bikonischem Schaftende, sieben mit bikonischem Köpfchen unregelmäßiger Form, drei kurze mit breitem abgeflachten Köpfchen, eine schmale abgeflachte, zwei Bruchstücke von kurzen schmalen mit flachkonvexem Querschnitt des Blatts und markiertem Blattstiel, vier ruderförmige mit kurzem Blatt und ein Fragment einer ruderförmigen mit ringförmiger Rille und Aussparungen am Blatt, sieben einflügelige mit Widerhaken am Flügelende, zwei Bruchstücke von solchen mit Rille für eine steinerne Spitze am Ende, ein Fragment einer zweiflügeligen symmetrischen mit Widerhaken am Flügelende, zwei Fragmente von zweiflügeligen asymmetrischen ohne Aussparungen und vier massive stumpfe für die Pelztierjagd. Es sind drei einreihige gezähnte Spitzen mit spärlicher flacher Zähnung, zwei Fragmente massiver zweireihiger Spitzen mit spärlicher Zähnung, eine massive Harpune mit einem Widerhaken und einer Öffnung, das Fragment einer Harpune mit dichter schnabelförmiger Zähnung, das Fragment einer massiven dreikantigen Speerspitze, Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 40 Michail G. Milin Abb. 27. Butovo-Kultur. Station Ozerki 5, untere Schicht (IV): 1–4. Einsätze; 5. Spitze; 6–11. Pfeilspitzen; 12–15, 17, 21–23. Kratzer; 16, 19–20, 24–25. Stichel; 18. Bohrer; 26. Messer (nach Milin 1994b; Zhilin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 28. Butovo-Kultur. Station Ozerki 5, untere Schicht (IV): Knochenartefakte: 1–11, 13, 16–20. Pfeilspitzen; 12, 21. gezähnte Spitzen; 14–15. Angelhaken; 22. Dolch (nach Milin 2001; Zhilin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 41 42 Michail G. Milin das Fragment eines geraden Dolchs mit Aussparung für Einsätze und drei gerade flache ohne Aussparungen, jeweils ein Fragment eines massiven zweischneidigen Dolchs und eines schmalen Stiletts, zwei Dolche aus Kubitalknochen mit abgeschrägter Klinge, zwei vollständige Angelhaken mit dünnem Schaft und zwei Produktionsabfälle solcher Haken, ein Haken mit verdicktem Schaft, die Spitze eines zusammengesetzten Hakens ohne Bärtchen und ein Fragment eines flachen Angelgeräts mit einer Öffnung vertreten. Das Produktions- und Haushaltsinventar (Abb. 29) umfaßt 17 spitze schmale Messer aus Rippen, zwei Fragmente von breiten Messern aus Geweihschaufeln, fünf Messer aus Knochenbruchstücken, sechs Geräte für das Dehnen von Sehnen aus den Unterkiefern von Elchen (Abb. 29,6), zehn Hobel aus Rippen, davon einer mit einem figürlichen Aufsatz, einen massiven Glätter, 33 Pfrieme aus Metapodien, fünf Pfrieme aus dünnen Röhrenknochen, 27 flache Pfrieme, darunter vier mit figürlichem Aufsatz (Abb. 29,1.3), 15 Pfrieme aus Knochensplittern, Fragmente von zwei Nadeln zum Flechten, eine Knochenahle, 97 Werkzeuge aus den Unterkiefern von Bibern, 21 Fragmente von Hobeln aus den oberen Nagezähnen von Bibern, zwei Stichel aus den Reißzähnen kleinerer Raubtiere, zwei Stichel und sechs Messer-Schaber aus Eberhauern, einen Meißel aus einem Knochensplitter, vier breite und einen schmalen Stechbeitel, drei Einsätze für Beile und drei massive Geweihdechsel, zwei Fragmente von Einsätzen für Spitzhacken, sechs Eisstecher mit abgeschrägter schmaler Klinge, ein Zwischenstück aus einer Geweihsprosse, einen Retuscheur mit langem schmalen Ende, einen weiteren mit zwei massiven Enden, zwölf Retuscheure aus den Reißzähnen des Bären und zwei Fragmente kleiner Löffel. Zahlreich sind die Anhänger: 65 aus Schneidezähnen vom Elch und 112 aus den Nagezähnen und einer aus einem Molar vom Biber, fünf Anhänger aus gespaltenen Molaren von Raubtieren, elf aus den Reißzähnen kleinerer Raubtiere, einer aus dem Reißzahn des Bären mit Durchlochung, der als Retuscheur genutzt wurde (Abb. 29,27), einer aus dem Schneidezahn und einer aus dem Hauer eines Ebers, zwei aus unterschiedlichen Knochen und einer aus dem Bruchstück eines großen Werkzeugs. Viele Artefakte sind verziert, neben einfachsten finden sich recht komplizierte Darstellungen. Umstritten ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Frage der Genese der Butovo-Kultur. Die Mehrheit der Forscher hält das Swidry-Element, basierend auf den gemeinsamen technisch-morphologischen Merkmalen, für ihre Basiskomponente (Kol’cov 1989; Kol’cov/Milin 1999; Milin 2001; Zaliznyak 1999). A. N. Sorokin (1990) spricht vom Ursprung der Butovo-Kultur aus der von ihm definierten Resseta-Kultur. Dem widerspricht jedoch das Fehlen der Haupttypen der RessetaKultur in den frühen Stationen der Butovo-Kultur. Hinzu kommt, daß die Chronologie der Resseta-Kultur noch nicht ausgearbeitet ist. Damit in Zusammenhang zeigt der Vergleich des Steininventars der frühesten Stationen der Butovo-Kultur, die untere Schicht der Station Stanovoe 4 mit den Fundstellen vom Ende des Paläolithikums, eine unzweifelhafte Verwandtschaft sowohl in der Technik der Steinbearbeitung als auch in den Gerätetypen mit der paläolithischen Schicht der Station Zolotoruč’e 1. Das veranlaßt mich, meinen früheren Standpunkt (Milin 2001) zu revidieren und von der Herausbildung der Butovo-Kultur auf der Basis der Denkmäler der Zolotoruč’e-Tradition schon am Ende des späten Dryas, etwas früher als 10300 b. p., zu sprechen. Die Postswidry-Tradition begann seit der Mitte des Präboreals, ungefähr 9500 b.p, auf die Bevölkerung des westlichen Teils des Areals der Butovo-Kultur Einfluß zu nehmen. In dieser Zeit wird auch ein deutlicher Einfluß der frühen Kunda-Kultur spürbar, der sich in der Verbreitung des typischen Kreidefeuersteins und von Artefakten vom Pully-Typ ausdrückt (Milin 2000, 72–79). Am deutlichsten läßt sich dies in der Station Butovo 1 verfolgen. Überzeugender, wenn auch schwacher Einfluß der Resseta-Kultur wie auch der IenevoKultur ist im Steininventar einzelner Butovo-Fundstellen in der ersten Hälfte des Boreals festzustellen. An ihrem Ende assimilierte die Butovo-Kultur offenbar die beiden genannten Kulturen, in jedem Fall verlieren sich ihre Spuren seit diesem Zeitpunkt. Der Übergang zum Neolithikum und die Herausbildung der VerchnevolgaKultur ging in der Region auf der Basis der späten Butovo-Kultur vor sich (Milin 1994b, 19–31; Kol’cov/ Milin 1999). Die Resseta-Kultur wurde von A. N. Sorokin (1989, 84–86) definiert. Sie ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt recht schwach erforscht. Ihre Stationen befinden sich vor allem im westlichen Teil der Region (Abb. 1). Als abgesichert können nur die unteren Schichten der Stationen Ust’-Tudovka 4 und Kultino 3 gelten. Die übrigen Fundstellen sind umgelagert oder gemischt und besitzen keine naturwissenschaftliche Datierung. Veröffentlicht sind nur die Materialien der Station Kultino 3 (Kol’cov/Milin 1999, 19–22; Koltsov/Zhilin, 1999, 356–358). Die untere Schicht von Ust’Tudovka 4, Rževskij Rayon im Tverskaja Oblast’, ist in einem deutlich ausgeprägten Siedlungshorizont an der Basis einer hohen Terrasse des rechten Wolgaufers abgelagert. M. G. Milin öffnete von 1984 bis 1985 eine Fläche von 120 m2. Durch Sporen-Pollenanalyse wurde diese Schicht in die erste Hälfte des Boreals datiert, was die Radiokarbondatierung von 8770x200 b.p. (GIN-4864) nach einer Probe von dem mit Holzkohle und bearbeitetem Feuerstein angereicherten Boden neben den Herdstellen bestätigt. Die darunter anstehende fundleere Lage Schlamm bildete sich in der zweiten Hälfte des Präboreals, was die Datierung von Proben aus dem Schlamm, 9310x50 b.p. (GIN-5121) und Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 29. Butovo-Kultur. Station Ozerki 5, untere Schicht (IV): Knochen- und Geweihartefakte (23, 25): 1–5. Ahle; 6. Werkzeug zum Dehnen von Sehnen; 7, 9. Messer; 8. Stechbeitel; 10–22. Anhänger; 23. Zwischenstück; 24. Stichel aus einem Eberzahn; 25. Beil; 26–28. Retuscheure; 29. Eispickel (nach Milin 2001; Zhilin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 43 44 Michail G. Milin 9190x100 (GIN-4947), bestätigt. Die untere Schicht der Station Kultino 3, die sich am linken Wolgaufer im Starickij Rayon im Tverskaja Oblast’ befindet, liegt in analogen Verhältnissen ebenso an der Basis einer hohen Uferterrasse, verbunden mit einer humosen Zwischenschicht und einer darunterliegenden Schicht aus Schlamm. Die Holzkohle aus der mit Steinen eingefaßten Herdstelle, in und neben der Knochen und Steinartefakte lagen, wurde mit 8850x200 b.p. (Tln-1406) datiert. Die Siedlung wurde überschwemmt und die Feuerstelle dabei durch eine Schlammschicht konserviert. Die Resseta-Kultur wird durch die hier ermittelten Daten dem ersten Drittel des Boreals zugewiesen. Es ist nicht auszuschließen, daß ein Teil der Fundstellen in eine frühere Zeit, möglicherweise in die Mitte und zweite Hälfte des Präboreals, datiert werden kann. Das Steininventar der unteren Schicht von Kultino 3 (Abb. 30) ist aus örtlichem Feuerstein hergestellt. Die primäre Bearbeitung ist durch die Anwendung von harten und weichen Schlaginstrumenten charakterisiert. Mikroklingen wurden in Drucktechnik abgebaut. Die Kerne sind variationsreich: konische (9), prismatische mit einer (1) oder zwei (6) Flächen, ein keilförmiger, einer mit Stirnfläche und amorphe (2). Artefakte mit sekundärer Bearbeitung zählen 126, fast gleichermaßen an Klingen und Abschlägen. Kratzer gibt es 47: 43 Endkratzer, einen Endseitenkratzer, einen amorphen und zwei Fragmente. Stichel liegen 48 vor: zwölf mit retuschierter Fläche, 27 mit unbearbeiteter Fläche, sechs zweikantige, die übrigen sind kombinierte. Es wurden eine Klinge mit abgestumpftem Ende, drei symmetrische Spitzen mit abgestumpften Rändern, eine Spitze mit abgeschrägtem Ende und abgestumpftem Rand, ein Schaber, ein Bohrer, zwei Locher, zwei KratzerMesser, ein Stichel an einer abgeschrägten Spitze und ein Schlagstein gefunden. Von sieben Pfeilspitzen sind zwei stechende mit seitlichem Widerhaken, ihre Spitze mit mikrostichelförmigem Abspliß (Abb. 30,6.9). Es gibt drei Bruchstücke von Schäftungen solcher Geschoßspitzen. Es liegen zwei Fragmente von Geschoßspitzen mit seitlicher Einbuchtung vor, wobei eine Schäftung mit flacher Ventralretusche, charakteristisch für die Geschoßspitzen der Swidry-Tradition, überarbeitet ist (Abb. 30,8). Hauwerkzeuge sind mit sieben Fragmenten von zweiseitig abgeschlagenen Dechseln, einem Dechsel an einem Abschlag und drei Meißeln vertreten. Knochenartefakte (Abb. 31) sind mit drei Fragmenten von nadelförmigen Geschoßspitzen, einem Fragment einer einreihigen gezähnten Spitze und dem Roh- ling einer solchen, einem ganzen Angelhaken mit dünnem Schaft und zwei Abfällen von solchen Haken, zwei breiten Messern aus Elchgeweihschaufeln, drei Fragmenten von Pfriemen, einem Rohling eines Rinnenmeißels, einer Spitzhacke aus Elchgeweih, einer Klinge eines Stichel-Messers aus einem unteren Nagezahn vom Biber und einem Anhänger aus dem Schneidezahn eines Elchs vertreten. Die Genese der Resseta-Kultur ist nach Meinung von A. E. Sorokin (1999, 316) mit den Denkmälern des Paläolithikums der Russischen Tiefebene vom Typ Gagarino – Chotylevo 2 verbunden. Zwischen ihnen und der Resseta-Kultur klafft jedoch eine chronologische Lücke von ungefähr 10000 Jahren. Eher kann davon gesprochen werden, daß sich diese Kultur auf Epigravettien-Grundlage herausbildete. Dabei ist das Territorium, auf dem sie sich formierte, nicht klar; am ehesten geschah dies westlich der Region zwischen Wolga und Oka. Im Präboreal können Kontakte zur frühen Kunda- und Butovo-Kultur bestanden haben, zur Mitte des Boreals wurde die Resseta-Kultur jedoch von der Butovo-Kultur assimiliert. Andere Kulturen: Am Oberlauf der Wolga wurde die Valdaj-Kultur definiert, es wurde jedoch nicht eine einzige zu ihr gehörende Fundstelle publiziert, und sie ist im ganzen sehr ungenügend erforscht (Sinitsina 1999; Sinicyna 2000). Dasselbe kann über die Purgasovo-Kultur gesagt werden, die im Einzugsgebiet der Oka definiert wurde (Sorokin 1999). Daneben gibt es eine Reihe von Fundstellen, deren Materialien nicht publiziert sind und deren kulturelle Zugehörigkeit nicht geklärt ist. Im Rahmen dieses Aufsatzes muß eine Reihe von Forschungsrichtungen des Mesolithikums vernachlässigt werden. Es kann hier nur angemerkt werden, daß die in den letzten Jahren erhaltenen Daten auf die Entwicklung einer komplexen Wirtschaftsweise von Jägern, Fischern und Sammlern der Waldzone über den ganzen Verlauf des Mesolithikums hinweisen. Objekte der Jagd und des Fischfangs waren ausschließlich Waldtiere (Kirillova 2002, 92–101; Chaix 1996, 85–95), Vögel, vor allem Wasservögel (Karchu 2002, 102–105), und ebenso Fische aus Flüssen und Seen, hauptsächlich Barsche (Syčevskaja 2002, 106–109). Dieses Wirtschaftssystem, das sich am Beginn des Mesolithikums am Ende des späten Dryas herausbildete, überlebte im Einzugsgebiet von Wolga und Oka ohne irgendwelche Krisenerscheinungen bis ins mittlere Neolithikum. Übersetzung aus dem Russischen: Stephan Dudeck, Berlin Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Abb. 30. Resseta-Kultur. Station-Kultino 3, untere Schicht: 1–3. Mikroklingen mit Retusche; 4. Bohrer; 5, 11–13. Spitzen; 6–10. Pfeilspitzen; 14–17. Kratzer; 18–30. Stichel; 31–33. Kerne; 34–35. Dechsel; 36. Stichel am Abbruch eines Dechsels (nach Kol’cov/Milin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 45 46 Michail G. Milin Abb. 31. Resseta-Kultur. Station Kultino 3, untere Schicht: Knochenartefakte: 1–3. Geschoßspitzen; 4. Fragment einer gezähnten Spitze; 5. breites Messer; 6. Ahle; 7. Angelhaken; 8. Produktionsabfall eines Angelhakens; 9. Rohling einer Harpune oder gezähnten Spitze (nach Kol’cov/Milin 1999) Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM Das Mesolithikum im Gebiet zwischen den Flüssen Wolga und Oka Literaturverzeichnis Alešinskaja/Spiridonova 2002: A. S. Alešinskaja/E. A. Spiridonova, Prirodnaja sreda i periodizacija golocena po stojanke Ivanovskoe VII. In: Milin u.a. 2002, 81–84. Anikovič 1998: M.V. Anikovič, Dnepro-Donskaja istorikokul’turnaja oblast’ ochotnikov na mamontov: ot vostočnogo gravetta k vostočnomu ėpigravettu. Vostočnyj gravett. Naučnyj mir 1998, 35–66. Averin/Milin 2001: B. A. Averin/M. G. Milin, Kamennyj inventar’ mezolitičeskich sloev poselenija Stanovoe 4. Nižegorodskie issledovanija po kraevedeniju i archeologii 5 (Nižnij Novgorod 2001) 8–16. Chaix 1996: L. Chaix, The Fauna of Zamostje. In: V. M. Lozovski, Zamostje 2 – Les derniers chasseurs-pêcheurs préhistoriques de la Plaine russe (Treignes 1996) 85–95. Frolov 1987: A. S. Frolov, Stojanka Zaozer’e 1 na Moskvereke. Kratkie Soob. 2, 1987, 75–83. Grechova 1999: L.V. Grechova, Archeologičeskij aspekt radiouglerodnych dat stojanki Timonovka 1. In: Istoričeskij muzej – ėnciklopedija otečestvennoj istorii i kul’tury. Trudy GIM 103 (Moskva 1999) 72–78. Karchu 2002: A. A. Karchu, Ornitokompleks pamjatnika Ivanovskoe 7. In: Milin u.a. 2002, 102–105. Kirillova 2002: I. V. Kirillova, Fauna mlekopitajuščich poselenija Ivanovskoe 7. In: Milin u.a. 2002, 92–101. Kol’cov 1989: L.V. Kol’cov, Mezolit Volgo-Okskogo meždureč’ja. In: Mezolit SSSR. Archeologija SSSR (Moskva 1989) 68–87. – 1994: –, O pervonačal’nom zaselenii Tverskogo Povolž’ja. Tverskoj Arch. Sbornik 1, 1994, 7–10. – 1996: –, Mezolitičeskie kul’tury Volgo-Okskogo meždureč’ja v kontekste Vostočnoj Evropy. Tverskoj Arch. Sbornik 2, 1996, 71–74. – 1997: –, Final’nyj paleolit i mezolit Južnoj i Vostočnoj Pribaltiki (Moskva 1997). Kol’cov/Milin 1999: L.V. Kol’cov/M. G. Milin, Mezolit, VolgoOkskogo meždureč’ja. Pamjatniki butovskoj kul’tury (Moskva 1999). Koltsov/Zhilin 1999: L.V. Koltsov/M. G. Zhilin, Tanged point cultures in the Upper Volga basin. In: S. K. Kozłowski/ J. Gurba/L. L. Zaliznyak (eds.), Tanged Points cultures in Europe (Lublin 1999) 346–360. Kozłowski/Kozłowski 1975: J. K. Kozłowski/S. K. Kozłowski, Pradzieje Europy od XL do IV tysiaclecia p.n.t. (Warszawa 1975). Krajnov 1963: D. A. Krajnov, Nekotorye spornye voprosy drevnejšej istorii Volgo-Okskogo meždureč’ja. Kratkie Soob. 97, 1963, 3–19. Kravcov1998: A. E. Kravcov, Voprocy o geneze ienevskoj kul’tury. Tverskoj Arch. Spornik 3 (Tver’ 1998) 203– 208. – 1999: –, Nekotorye rezul’taty izučenija mezolitičeskoj ienevskoj kul’tury v Volgo-Okskom bassejne (po materialam serediny 1980-ch–1990-ch godov). In: Istoričeskij muzej – ėnciklopedija otečestvennoj istorii i kul’tury. Trudy GIM 103 (Moskva 1999) 79–108. Kravcov/Milin 1995: A. E. Kravcov/M. G. Milin, Opyt funkcional’no-planigrafičeskogo analiza mezolitičeskoj stojanki Belivo 4g-severnaja. Rossijskaja Arch. N 2, 1995, 135–148. Lancev/Mireckij 1996: A. P. Lancev/A.V. Mireckij, Stojanka Troickoe 3 – odin iz drevnejšich pamjatnikov Tverskogo Povolž’ja. Tverskoj Arch. Sbornik 2, 1996, 57–64. Nužnij 1992: D. Ju. Nužnij, Rozvitok mikrolitičnoi techniki v kam’janomu vici (Kiiv 1992). Rimantene 1971: R. L. Rimantene, Paleolit i mezolit Litvy (Vil’njus 1971). 47 Sinicyna 1996: G.V. Sinicyna, Issledovanie final’nopaleolitičeskich pamjatnikov v Tverskoj i Smolenskoj oblastjach (Sankt-Petersburg 1996). – 2000: –, Final’nyj paleolit i rannij mezolit – ėtapy razvitija material’noj kul’tury na Verchnej Volge. Tverskoj Arch. Sbornik 4/1, 2000, 61–71. Sinitsina 1999: G. Sinitsina, Problems of the Valdai Mesolithic. In: S. K. Kozłowski/J. Gurba/L. L. Zaliznyak (eds.), Tanged Points cultures in Europe (Lublin 1999) 318–324. Sorokin 1989: A. N. Sorokin, Ressetinskaja kul’tura. In: Mezolit SSSR. Archeologija SSSR (Moskva 1989) 84–86. – 1990: –, Butovskaja mezolitičeskaja kul’tura (po materialam Desninskoj ėkspedicii) (Moskva 1990). – 1999: –, Neighbours of the Butovo culture on the Upper Volga and Oka rivers. In: S. K. Kozłowski/J. Gurba/L. L. Zaliznyak (eds.), Tanged Points cultures in Europe (Lublin 1999) 311–317. Spiridonova/Alešinskaja 1999: E. A. Spiridonova/A. S. Alešinskaja, Opyt primenenija palinologičeskogo analiza dlja periodizacii mezolita Volgo-Okskogo meždureč’ja. In: Istoričeskij muzej – ėnciklopedija otečestvennoj istorii i kul’tury. Trudy GIM 103 (Moskva 1999) 127–141. Syčevskaja 2002: E. K. Syčevskaja, Sostav promyslovych ulovov i charakter rybnogo promysla u žitelej poselenija Ivanovskoe VII. In: Milin u.a. 2002, 106–109. Utkin 1990: A.V. Utkin, Mezolitičeskaja stojanka Malaja Lamna 3 v bassejne r. Luch. Sovetskaja Arch. 4, 1990, 158–168. Zaliznyak 1999: L. L. Zaliznyak, Tanged point cultures in the western part of Eastern Europe. In: S. K. Kozłowski/ J. Gurba/L. L. Zaliznyak (eds.), Tanged Points cultures in Europe (Lublin 1999) 202–218. Zareckaja/Suleržickij/Milin 2001: N. E. Zareckaja/L. D. Suleržickij/M. G. Milin, Radiouglerodnaja chronologija mnogoslojnogo poselenija Ivanovskoe 7. Tverskoj Arch. Sbornik 4, 2001, 137–142. Zareckaja/Uspenskaja/Milin (im Druck): N. E. Zareckaja/O. N. Uspenskaja/M. G. Milin, Vozrast i genetičeskie tipy otloženij dvuch razrezov mnogoslojnogo poselenija Stanovoe-4 (Ivanovskaja oblast’). Tverskoj Arch. Sbornik 5 (im Druck). Zhilin 1996: M. G. Zhilin, The Western Part of Russia in the Late Palaeolithic – Early Mesolithic. In: L. Larsson (ed.), Earliest Settlement of Scandinavia. Acta Arch. Lundensia 80, 1996, 273–284. – 1999: –, New mesolithic peat sites on the Upper Volga. In: S. K. Kozłowski/J. Gurba/L. L. Zaliznyak (eds.), Tanged Points cultures in Europe (Lublin 1999) 295–310. Milin 1994a: M. G. Milin, Archeologičeskie issledovanija na Ozereckom torfjanike v 1990–1992 gg. Tverskoj Arch. Sbornik 1994, 47–53. – 1994b: –, Nekotorye voprosy perechoda ot mezolita k neolitu na Verchnej Volge. In: Problemy izučenija ėpochi pervobytnosti i rannego srednevekov’ja lesnoj zony Vostočnoj Evropy. Vypusk 1 (Ivanovo 1994) 19–31. – 1997: –, Pamjatniki mezolita i rannego neolita zapadnoj časti Dubnenskogo torfjanika. In: Drevnosti Zalesskogo kraja. Sergiev Posad (1997). – 1998: –, Adaptacija mezolitičeskich kul’tur Verchnego Povolž’ja k kamennomu syr’ju. Tverskoj Arch. Sbornik 3, 1998, 25–31. – 1999: –, Chronologija i periodizacija butovskoj mezolitičeskoj kul’tury. In: Istoričeskij muzej – ėnciklopedija otečestvennoj istorii i kul’tury. Trudy GIM 103 (Moskva) 109–126. – 2000: –, Svjazi naselenija Pribaltiki i Verchnego Povolž’ja v rannem mezolite. Tverskoj Arch. Sbornik 4, 200, 72–79. – 2001: –, Kostjanaja industrija mezolita lesnoj zony Vostočnoj Evropy (Moskva 2001). Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM 48 Michail G. Milin – 2002: –, Kostjanaja industrija butovskoj kul’tury v Verchnom Povolž’e. Rossijskaja Arch. 3, 2002. 5–25. – im Druck: –, Kamennyj inventar’nižnego sloja stojanki Zolotoruč’e 1. Tverskoj Arch. Spornik 7 (Tver’ im Druck). Milin/Kravcov 1991: M. G. Milin/A. E. Kravcov, Rannij kompleks stojanki Ust’-Tudovka 1. In: Archeologija Verchnego Povolž’ja (Nižnij Novgorod 2002) 3–18. Milin/Kravcov/Leonova 1998. M. G. Milin/A. E. Kravcov/ E. V. Leonova, Mezolitičeskaja stojanka Belivo 6V. Arch. Sbornik, Trudy GIM 96 (Moskva 1998) 88–108. Milin u.a. 2002: M. G. Milin/E. L. Kostyleva/A.V. Utkin/ · A. V. Engovatova, Mezolitičeskie i neolitičeskie kul’tury Verchnego Povolž’ja (po materialam stojanki Ivanovskoe VII). Nauka (Moskva 2002). Dr. Mikhail G. Zhilin, Institute of Archaeology RAS, Stone Age Department, Dm. Ulyanov st. 19, RU-117036 Moscow Brought to you by | University of Iowa Libraries Authenticated Download Date | 5/23/15 5:59 PM