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Investieren und Schulden machen

Bauern im Hamsterrad: Ackern für eine ungewisse Zukunft

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Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Donnerstag, 11.11.2021 - 06:00 (1 Kommentar)

In den 50er Jahren beschrieb der Agrarökonom Willard Cochrane die technologische Tretmühle der Bauern. Daran hat sich nichts geändert.

Um moderne Ställe zu bauen und Maschinen zu kaufen, braucht ein Landwirt viel Geld. Und die benötigten Summen werden von Jahr zu Jahr größer. In den 50er Jahren beschrieb der US-amerikanische Agrarökonom Willard Cochrane als erster die „technologische Tretmühle“.

Sie zwingt die Bauern um ihren Betrieb zu erhalten, zu immer neuen Investitionen, in immer kürzeren Abständen. Die langfristigen Folgen sind nach Cochrane eine Ausweitung der Produktion und sinkende Preise. Davon profitieren letztlich die Verbraucher.

Die Landwirte aber verdienen unterm Strich weniger. Sie versuchen diese Einnahmeverluste durch eine weitere Steigerung der Produktion auszugleichen. Diese von Cochrane beschriebene Tretmühle ist für viele Landwirte mittlerweile zum Hamsterrad geworden.

Wer das Geld auftreiben kann, investiert, und schraubt die Effizienz seines Betriebes nach oben, um am Ende weiter investieren zu können und noch effizienter zu werden.

Setzt man die landwirtschaftlichen Gesamtinvestitionen ins Verhältnis zu den Arbeitsplätzen kostet jede Stelle im Agrarbereich mittlerweile fast 600.000 Euro. Damit zählt die Landwirtschaft zu den kapitalintensivsten Branchen der deutschen Wirtschaft überhaupt.

Landwirtschaft: Die kapitalintensivste Branche

Hamsterrad.

Zum Vergleich: In der deutschen Wirtschaft insgesamt liegt der Kapitaleinsatz bei etwa 450.000 Euro je Arbeitskraft, in der Industrie sind es 330.000 Euro und im Handel 145.000 Euro. Trotz des immensen Kapitaleinsatzes sind landwirtschaftliche Betriebe im Vergleich zu gewerblichen Unternehmen solide finanziert. Derzeit liegt der Fremdkapitalanteil lediglich bei etwa 30 Prozent.

Damit ist das Eigenkapital-Fremdkapital-Verhältnis der Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen komplett umgekehrt. Dennoch steigt der Fremdkapitalbestand in der deutschen Land- und Forstwirtschaft ebenfalls immer weiter an. Und die Herausforderungen werden nicht kleiner – die poltischen und die ökonomischen.

Das bestätigt auch das Konjunkturbarometer des Deutschen Bauernverbandes vom Herbst 2021: Danach hat  sich die Stimmungslage unter den deutschen Landwirten zuletzt deutlich verschlechtert.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sieht die Ursachen vor allem in unklaren politischen und gesetzgeberischen Rahmenbedingungen, aber in einigen Teilbereichen auch marktbedingt: „Insbesondere die Schweinehalter befinden sich in einer existenzbedrohenden Lage. Die toxische Mischung aus Afrikanischer Schweinepest und Corona haben zu einer schweren Preiskrise am Schweinemarkt geführt.“

Keine Planungssicherheit und immer neue Auflagen

Dazu kommt die gesellschaftliche Forderung nach einem Umbau der Tierhaltung. Dieser wird den Bauern durch mangelhaftes Bau- und Umweltrecht verwehrt, jegliche Planungssicherheit fehlt, beschreibt der der Bauern-Präsident das Dilamma.

Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum bleiben die Investitionsplanungen der Landwirte nahezu unverändert. Lediglich beim Landkauf zeichnet sich ein größeres Interesse ab. Der Anteil der Landwirte, der überhaupt investieren will, liegt bei gerade einmal 30 Prozent. Nach Aufbruchsstimmung sieh das nicht gerade aus. Wie denn auch.

Eine deutliche Mehrheit der Landwirte vertitt die Auffassung, dass momentan weniger in die Landwirtschaft investiert wird als noch vor einigen Jahren. Obwohl die ökonomischen Herausforderungen eigentlich um ein Vielflaches größer sind – man denke nur an die Vorgaben des Green Deal oder den massiven Druck auf die Tierhalter.

Als entscheidende Gründe für die geringere Investitionsbereitschaft nennen die  Bauern jedoch zwei Dinge: Zum einen zu wenig Planungssicherheit und zum anderen die hohen gesetzlichen Auflagen. Wenn das keine Botschaft an die Politik ist. Aber man muss schon zuhören.

Im kommenden Agrarheute-Heft von Dezember beschäftigen wir uns ausführlich mit dem Thema "Investitionen und Schulden" in der Landwirtschaft. Aber lesen Sie selbst nach.  

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