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Milchmarkt und Coronakrise

Corona-Schock: Brutale Krise für US-Milchbauern

US-Milch-Bauer
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Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Donnerstag, 09.04.2020 - 08:30 (Jetzt kommentieren)

Die Milchbauern in den USA stehen unter Schock. Die COVID-19-Krise lässt Absatz und Milchpreise dramatisch einbrechen.

Die Farmer sind teilweise gezwungen, Milch zu entsorgen, weil Lieferketten unterbrochen wurden und die Molkereien die Milch nicht mehr verarbeiten können. Wegen Corona ist der Absatz bei allen Milchprodukten dramatisch eingebrochen und die Börsenpreise sind – ähnlich wie ein Europa – weit nach unten gestürzt.

Die Milchpreise werden wohl folgen – sagen Analysten und auch der US-Terminmarkt. Die aktuellen Entwicklungen sind dramatisch, berichten derzeit Beobachter aus den USA.

Dort hat der Agrarökonom Mark Stephenson von der Universität Wisconsin-Madison kürzlich die aktuellen dramatischen Entwicklungen auf dem US-Milchmarkt versucht zu erläutern. Er glaubt: „Dies könnte ein weiteres brutales Jahr für Milchbauern werden, wobei die Milchpreise die niedrigsten der letzten fünf Jahren sein könnten."

Einbruch auch bei Käse, zu viel Milch

Milchfarm

In den USA findet etwa die Hälfte des Käsekonsums zu Hause statt und der Einkauf erfolgt über den Lebensmittelhandel. „Als die Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19 ergriffen wurden, ging die Nachfrage aus dem Food-Service-Sektor bzw. der Gastronomie sofort zurück", erklärte Stephenson. „Während es im Lebensmittelhandel zu einem Anstieg der Nachfrage kam, konnte der Rückgang in der Gastronomie nicht durch den höheren Einzelhandelsverbrauch ausgeglichen werden."

Stephenson geht davon aus, dass die Nettoverluste des Käseverbrauchs mindestens 5 % betragen und wahrscheinlich eher bei 10 % liegen werden. Hinzu kommt, dass im Mittleren Westen fünf Käsefabriken, die für die Lebensmittelindustrie produzieren, stillgelegt wurden. Diese Betriebe verarbeiten etwa 12 % der gesamten Milchmenge aus den Top-Milchstaaten Wisconsin und Minnesota.

Obwohl ein Teil dieser Milch zu anderen Milchverarbeitern gebracht wird, kann die gesamte „überschüssige Milch“ nicht vom Markt aufgenommen werden, sagt Stephenson. "Bei deutlich sinkender Gesamtnachfrage wollen die Käsereien nicht mehr Produkte herstellen als der Markt benötigt, und deshalb brauchen sie weniger Milch."

Netto-Absatzverluste sind sehr hoch

Milchfarmer

Bei Flüssigmilchprodukten werden in den USA fast zwei Drittel im Einzelhandel vermarket. Während sich die Nachfrage der Verbraucher in der Krise nach flüssiger Milch erhöht hat, ist etwa die Nachfrage der Verpflegungs-Dienstleister erheblich eingebrochen. „Insgesamt ist der Verbrauch von flüssiger Milch netto um 5 % bis 10 % geschrumpft“, glaubt Stephenson.

Bei Butter findet in den USA mehr als die Hälfte des Konsums außer Haus statt. "Die gesamte Butterproduktion ist um 10 % bis vielleicht sogar 20 % gesunken", schätzt Stephenson ein.

„Wenn Sie sich all diese Produkte ansehen, ist die Nachfrage nach Milchprodukten und damit nach Milch insgesamt deutlich rückläufig“, sagt der Ökonom. Hinzu kommen der Zuwachs der Milchanlieferung in den Frühlingsmonaten und die gestiegenen Kuhzahlen. "Die Milchproduktion ist im Februar in den USA um 1,7 % gestiegen", sagt Stephenson. Das passierte gerade in dem Moment, als die Absatzprobleme wegen Corona begannen.

Absturz der US-Milchpreise

US-Milchpreise

Der US-Agrarökonom geht davon aus, dass die Steigerung der Produktion unter normalen Umständen auch „die Milchpreise unter Kontrolle halten würde“. Nun kommen aber Exportstörungen hinzu und Störungen der Lieferketten in fast allen Wirtschaftssektoren, nicht nur in der Milchwirtschaft.

„Mitte Januar lagen die Milch-Futures am US-Terminmarkt zwischen 17,50 bis 18 USD je cwt (Anm. d. Red.: das sind etwa 39 bis 40 US-Cent je kg). Am 3. April fielen die Preise dann um 5 bis 6 USD je cwt“, sagt der Agrarökonom. Derzeit lieg die Milchpreise für April an der Börse in Chicago bei 14 USD je cwt und für Mai bei 12 USD je cwt; das sind etwa 26 bis 31 US-Cent je kg.

"Das ist ein enormer Rückgang, und es ist  sehr wahrscheinlich, dass die Auszahlungspreise für die Farmer nahe an diesen Börsenpreisen liegen werden", sagt Stephenson. Die Turbulenzen betreffen aber nicht nur Milchbauern und Molkereien. Eine große Anzahl von Milchtransporteuren sind nämlich kleinere Unternehmen, mit nur einem oder zwei Lastwagen, und das Abholen der Milch von der Farm könnte bald zu einem großen Problem werden. “Die Realität ist derzeit, dass der Markt insgesamt weniger Milch benötigt", sagt Stephenson.

Sein Fazit ist: "Dies könnte ein weiteres brutales Jahr für Milchprodukte werden, wobei die Milchpreise die niedrigsten der letzten fünf Jahren sein könnten."

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