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Zucht

Fleckvieh: Die wichtigsten Erbfehler im Überblick

Emmerling/Fürst/Zercher
am Samstag, 27.09.2014 - 13:00

Erbfehler sind in der Rinderzucht nichts Neues. Mit Hilfe der Genomforschung können sie heute jedoch schneller identifiziert werden. Hier ein Überblick über die wichtigsten Erbfehler beim Fleckvieh.

Die Genomforschung ermöglichte es Wissenschaftlern einen großen Schritt bei der Erforschung der Erbfehler beim Fleckvieh voranzukommen.
 
Nachfolgend haben wir Ihnen die wichtigsten Fleckvieh-Erbkrankheiten im Überblick zusammengestellt. Sie basieren auf Informationen von Dr. Reiner Emmerling vom Institut für Tierzucht bei der Landesanstalt für Landwirtschaft in Bayern (LfL) und Dr. Christian Fürst von der ZuchtData in Wien.
 
Genotypendaten ermöglichen die Identifikation von Erbfehlern
 
Universitäre Forschungsprojekte und die Verfügbarkeit von zahlreichen Genotypendaten von Besamungsbullen und deren Nachkommen ermöglichen inzwischen die Identifikation von unerwünschten genetischen Varianten beim Fleckvieh. Durch die Kennzeichnung der Anlageträger kann auch ein Monitoring in der gesamten Kuhpopulation durchgeführt werden, woraus sogenannte Allelfrequenzen für die einzelnen unerwünschten genetischen Varianten abgeleitet werden können.
 
Jede Position im Genom liegt dabei in zweifacher Ausfertigung vor, die man als Allele bezeichnet. Alle bislang aufgeklärten genetischen Besonderheiten und Erbfehler unterliegen einem monogenen homozygoten Erbgang. D.h. dass jeweils nur ein Genort verantwortlich ist (monogen) und das spezifische Erscheinungsbild nur zum Vorschein kommt, wenn das Defektallel an einem Genort reinerbig (homozygot) vorliegt. Das ist nur möglich, wenn ein Tier das Defektallel sowohl vom Vater, als auch von der Mutter geerbt hat.
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Häufigkeit von Anlageträgern in der Population
 
Die Allelfrequenz besagt die Häufigkeit, mit der das betroffene Allel in der Population vorkommt. Den Zusammenhang zur Häufigkeit von Trägern in der Kuhpopulation beschreibt Dr. Christian Fürst von der ZuchtData in Wien so: "Vereinfacht kann man bei niedrigen Erbfehlerfrequenzen sagen, dass die Trägerwahrscheinlichkeit das Doppelte der Allelfrequenz ist". Bei einer Allelfrequenz von z.B. 5 Prozent (%), könne man also von etwa 10 % Anlageträgern (Aa) in der Population ausgehen.
 
Werden männliche mischerbige Träger (Aa) mit weiblichen mischerbigen Trägern (Aa) angepaart kommt es bei einem Viertel der Kälber zur Ausprägung des Krankheitsbildes. Die Hälfte der Nachkommen ist Anlageträger, jedoch phänotypisch gesund und ein weiteres Viertel der Nachkommen ist frei vom Defektallel. Um die phänotypische Ausprägung der Erbkrankheiten zu vermeiden wird empfohlen männliche Anlageträger nur mit weiblichen Tieren zu paaren, die keinen Anlageträger in den Vorfahren haben.
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Erbkrankheiten beim Fleckvieh im Detail
 
Nachfolgend werden die wichtigsten beim Fleckvieh identifizierten genetischen Besonderheiten und Erbkrankheiten stichpunktartig beschrieben und erläutert. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden in kürzester Zeit bis hin zur Praxis aufbereitet, so dass beim Fleckvieh offen und transparent mit dieser Thematik umgegangen werden kann. So werden im Rahmen der Genotypenuntersuchung der Anlageträgerstatus für jedes Tier ermittelt und an den Auftraggeber bis hin zum Eigentümer des Tieres zurückgemeldet. Die im Folgenden dargestellten Allelfrequenzen wurden an der deutschen Kuhpopulation der Rasse Fleckvieh ermittelt.
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Zwergwuchs (DW):

Erscheinungsbild: Geburtsgewicht meist nur zwischen 15 und 20 Kilo, langsames Wachstum, typische spitze Kopfform mit gerader Nasenlinie, häufig Unterkieferverkürzung.
Allelfrequenz: ca. 0,20 Prozent (%)
Gentest möglich

Minderwuchs (FH2), Fanconi-Bickel Syndrom:

Erscheinungsbild: Kälber zeigen niedrigeres bis normales Geburtsgewicht, aber dann massives Zurückbleiben im Wachstum. Männliche Tiere haben meist eine schmale 'weibliche' Kopfform. Ursache: Störung im Zuckerstoffwechsel
Allelfrequenz: ca. 2,4 %
Gentest möglich

Thrombopathie, Bluterkrankheit (TP):

Erscheinungsbild: Normales Allgemeinbefinden, leiden aber nach Verletzungen, Injektionen oder chirurgischen Eingriffen an anhaltenden Blutungen. Kann bis zum Tod führen.
Ursache: Massive Störung der Blutgerinnung
Allelfrequenz: ca. 6,4 %
Gentest möglich

Zinkdefizienz-like Syndrom (ZDL):

Erscheinungsbild: Kälber werden gesund geboren, zeigen dann aber wiederkehrende Durchfall- und Atemwegserkrankungen. Im Alter von ca. 6 bis 12 Wochen zeigen sich entzündliche Hautveränderungen, die einer Hauterkrankung bei Zinkmangel ähnlich sind. Führt zum Tod.
Allelfrequenz: ca. 0,6 %
Gentest möglich

Bovine männliche Subfertilität (BMS):

Erscheinungsbild: Reinerbige männliche Tiere (KB und Natursprung) sind fast völlig unfruchtbar; bei mischerbigen und generell bei weiblichen Tieren gibt es keine Auswirkungen.
Ursache: Spermium kann nicht oder nur erschwert in die Eizelle eindringen
Allelfrequenz: ca. 7,9 %
Gentest möglich

Arachnomelie, Spinnengliedrigkeit (A):

Erscheinungsbild: Kälber werden tot geboren oder sterben kurz nach der Geburt. Auffällig sind die dünnen Röhrenknochen, der verkrümmte Rücken und das häufig verkürzte Unterkiefer. Durch die versteiften und brüchigen Gliedmaßen kommt es neben dem Verlust des Kalbes oft auch zu Verletzungen der Kuh bei der Geburt.
Ursache: Knochenbildungsstörung
Allelfrequenz: ca. 1,2 %
Gentest möglich (unterschiedlicher Genort bei Fleckvieh und Braunvieh)

Fleckvieh-Haplotyp-4 (FH4)

Erscheinungsbild: Der Anteil erfolgreicher Besamungen ist bei Risikopaarungen um 6-7 Prozent geringer.
Ursache: Frühabgänge, die bereits in der ersten Trächtigkeitswoche erfolgen, es kommt also meist zum Umrindern nach 21 Tagen.
Allelfrequenz: ca. 4,1 %
Gentest möglich

Braunvieh-Haplotyp-2 beim Fleckvieh (BH2)

Erscheinungsbild: Unterdurchschnittliches Geburtsgewicht, höhere Totgeburtenrate und deutlich höhere Abgänge in den ersten 7 Lebenswochen. Typisches Krankheitsbild ist: eitriger Nasenausfluss und Lungenentzündung.
Allelfrequenz: ca. 2,0 %
Gentest möglich
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