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Assistenzarzt  –  Ärzte in Weiterbildung zum Facharzt

Auch nach sechs Jahren (regulärer) Studienzeit ist das Lernen für Medizinerinnen und Mediziner nicht vorbei. Dabei geht es nicht nur um Fortbildungen, die gerade in der Medizin bis zur Rente wichtig sind. Auf das Studium folgt in der Medizin in der Regel noch eine Facharztausbildung, die üblicherweise fünf bis sechs Jahre dauert.

Die empfohlene Berufsbezeichnung in diesem Zeitraum lautet in Deutschland seit 2010 Arzt oder Ärztin in Weiterbildung oder Weiterbildungsassistent/in. Umgangssprachlich ist aber weiterhin der Begriff Assistenzarzt üblich.

Was können und dürfen Assistenzärzte?

Grundsätzlich sind Assistenzärzte vollständig approbiert. Damit dürfen sie nicht nur die Bezeichnung Arzt oder Ärztin führen, sondern diesen Beruf auch selbständig ausüben. Allerdings erhalten in Deutschland seit 1993 nur noch Fachärzte eine Zulassung als Vertragsarzt bei den gesetzlichen Krankenkassen. Bis dahin war es möglich, sich auch ohne Facharztausbildung als Praktischer Arzt niederzulassen und Kassenpatienten zu behandeln.

Auch in den Krankenhäusern gilt in Deutschland der Facharztstandard. Das bedeutet, dass Assistenzärzte zwar selbständig behandeln dürfen, aber unter der Oberaufsicht eines Facharztes stehen, meistens ein Oberarzt oder der Chefarzt. Auch für Rückfragen muss ein Facharzt verfügbar sein, d.h. dieser muss mindestens in Rufbereitschaft bereitstehen. Somit können Assistenzärzte und -ärztinnen auch allein auf einer Station Dienst tun.

Welche Aufgaben hat ein Assistenzarzt?

Assistenzärzte können also fast alle Aufgaben übernehmen. Unter der Oberaufsicht eines Facharztes dürfen Sie operieren, übernehmen Stationsdienste und versorgen selbständig Patienten.

Medizinische Operation
Assistenzärzte dürfen auch operieren, bzw. müssen dies je nach Fachrichtung sogar als Teil ihrer Ausbildung. Bildquelle: Pixabay.com

Welche Aufgaben in der Assistenzzeit übernommen werden, hängt auch von der angestrebten Spezialisierung als Facharzt ab, von denen es Dutzende gibt. Das Spektrum reicht von der Allgemeinarztausbildung über Spezialisierungen wie Innere Medizin, Neurologie und Kinderheilkunde bis zu eher in Forschung, Behörden und Unternehmen anzutreffende Ausbildungen wie Arbeitsmedizin, öffentliches Gesundheitswesen oder Pathologie.

Auch innerhalb von Bereichen wie Innerer Medizin oder Chirurgie gibt es weitere Spezialisierungen, in der Inneren Medizin etwa die Kardiologie oder die Pneumologie. Von diesen Ausrichtungen sind die genauen Aufgaben abhängig.

Wo arbeiten Assistenzärzte?

Die Facharzt-Weiterbildung wird meist in einem Krankenhaus absolviert. Aktuell arbeiten rund 80 Prozent der Assistenzärzte dort. Zwingend notwendig ist dies allerdings nicht. Das klassische Praxismodell des niedergelassenen Arztes, der selbständig und allein – abgesehen von den Medizinischen Fachangestellten – seine Praxis führt, wird zunehmend seltener. Immer häufiger gibt es in Arztpraxen und medizinischen Versorgungszentren (MVZ) auch angestellte Ärztinnen und Ärzte, ggf. auch als Assistenzärzte, falls der zuständige Arzt eine Weiterbildungsbefugnis hat.

Worauf sollte bei der Wahl der Assistenzarztstelle geachtet werden?

Arbeitszeit

Bei der Wahl einer Assistenzarztstelle spielt selbstverständlich die gewünschte Facharztrichtung die zentrale Rolle, aber auch Arbeitszeiten und Gehalt sind ein wichtiges Kriterium, denn die Assistenzarztzeit dauert üblicherweise fünf bis sechs Jahre. Gerade das Thema Arbeitszeit erscheint jungen Menschen jedoch zunächst nachrangig. Doch das ändert sich oft nach einem oder zwei Jahren. Die Arbeitsverträge laufen allerdings meist weit länger.

Grundsätzlich legt das Arbeitszeitgesetz einige wichtige Grundregeln fest. Die wöchentliche Arbeitszeit darf 48 Stunden nicht überschreiten, die täglich Arbeitszeit nicht zehn Stunden. Außerdem sind 24 Tage Urlaub laut Gesetz vorgeschrieben. Allerdings geht das Gesetz dabei von einer Sechs-Tage-Woche aus, bei einer Fünf-Tage-Woche verkürzt sich der Urlaub also auf 20 Tage.

Die wöchentliche Arbeitszeit wird allerdings über einen Zeitraum von sechs Monaten berechnet, sodass in einzelnen Wochen auch mehr als 48 Stunden gearbeitet werden kann. Eine Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit auf 56 Stunden ist zulässig, wenn dies vorher im Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Diese sogenannte Opt-Out-Regel ist mittlerweile in der Mehrzahl der Arbeitsverträge für Assistenzärzte enthalten. Wer den Vertrag unterschrieben hat und deshalb später ständig mehr als 50 Stunden arbeiten muss, kann diesen allerdings wieder kündigen.

In den Tarifverträgen ist eine reguläre Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche bei 30 Tagen Urlaub üblich, wobei oft Bereitschaftsdienste hinzukommen und nicht selten Überstunden geleistet werden müssen.

Regionale Aspekte

Oft spielen auch regionale Aspekte eine Rolle, gerade bei Ärztinnen und Ärzten, die beispielsweise aus familiären Gründen ortsgebunden sind. Viele junge Menschen haben aber auch den Wunsch in einer Großstadt zu arbeiten. Allerdings punkten ländliche Regionen oft mit niedrigeren Lebenshaltungskosten und wegen des dortigen Ärztemangels manchmal auch mit attraktiveren Konditionen.

Gehalt

Bei den großen Krankenhäusern sind die Gehälter meist tariflich geregelt. Viele Krankenhäuser unterliegen den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes und auch kirchliche Träger wie die Diakonie orientieren sich an ihnen. In privaten Krankenhäusern sind Konzerntarifverträge oder eigene Haustarifverträge üblich.

Von der tariflichen Bezahlung abweichende, individuell ausgehandelte Arbeitsverträge gibt es bei Assistenzärztinnen und -ärzten eher selten. Außertarifliche Gehälter finden sich vor allem bei hochspezialisierten Fach- und Führungskräften unter den Ärzten und sind dann Verhandlungssache.

Die tariflichen Gehälter von Assistenzärzten liegen zwar deutlich unter dem Einkommen von niedergelassenen Ärzten oder Oberärzten, sind aber durchaus attraktiv. An kommunalen Krankenhäusern liegt das Einstiegsgehalt bei rund 5.000 Euro. Die Tarifverträge sehen dabei eine jährliche Steigerung des Grundgehalts auf bis zu 6.000 Euro im 6. Jahr vor. Hinzu kommen Zuschläge für Rufbereitschaften und andere Dienste. Das genaue Gehalt ist davon abhängig, wie viele zusätzliche Dienste und Überstunden geleistet werden.

Letztlich sind die Konditionen natürlich von den angebotenen Stellen abhängig. Um sich zu informieren und einen konkreten Überblick zu verschaffen, hilft ein Blick in Assistenzarzt Stellenangebote.

So lässt sich die Fachrichtung in der Assistenzarztzeit ändern

Die Fachrichtung während der Ausbildung zu ändern ist nicht selten. Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als drei Viertel der Ärztinnen und Ärzte ihren Facharzt in einem anderen Bereich abschließen als ursprünglich geplant.

Allerdings ist der Wechsel oft mit einer Verlängerung der Assistenzarztzeit verbunden, denn die bisherige Weiterbildungszeit wird in einer anderen Fachrichtung nur teilweise oder unter Umständen auch gar nicht angerechnet.

Die jeweilige Landesärztekammer schreibt vor, welche Weiterbildungen absolviert werden müssen, um den Titel Facharzt zu tragen. Dabei orientiert sie sich meistens an der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer. Je mehr sich die Anforderungen überschneiden, desto leichter ist auch der Wechsel. Einfacher ist ein Wechsel deshalb vor allem in verwandten Bereichen, also etwa zwischen zwei verschiedenen chirurgischen Ausrichtungen.

Zusatzweiterbildungen für Fachärzte

Nicht mehr zur Assistenzarztzeit gehören die Zusatzweiterbildungen. Diese werden erst absolviert, wenn die Facharztausbildung bereits abgeschlossen ist. Die möglichen Zusatzweiterbildungen reichen von der Andrologie ("Männerarzt") über die Proktologie und die Notfallmedizin bis hin zur Tropenmedizin. Allerdings stehen nicht alle Zusatzweiterbildungen allen Fachbereichen offen. Während für die Weiterqualifizierung zum Tropenmediziner kein bestimmter Facharzt als Voraussetzung vorgeschrieben ist, kann beispielsweise die Zusatzweiterbildung als Androloge nur von Fachärzten aus den Bereichen Haut- und Geschlechtskrankheiten, Innere Medizin, Diabetologie oder Urologie absolviert werden. Wer eine bestimmte Zusatzweiterbildung anstrebt, muss daher bereits in der Assistenzzeit die richtige Spezialisierung als Facharzt wählen.

Daten und Fakten zum Assistenzarzt

Nach Daten der Bundesärztekammer gab es Ende 2020 in Deutschland fast 410.000 Ärzte. Davon arbeiteten rund 161.000 ambulant, also vorwiegend in Arztpraxen und medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Drei Viertel dieser Ärzte waren selbständig, etwas mehr als ein Viertel angestellt. Weitere 212.000 Ärztinnen und Ärzte arbeiteten in Krankenhäusern. Die übrigen waren im öffentlichen Dienst oder bei Unternehmen beschäftigt, etwa als Amts- oder Betriebsärzte.

Jährlich gibt es rund 14.000 Facharztanerkennungen in Deutschland. Somit kann man von einer Zahl von rund 70.000 bis 80.000 Assistenzärzten ausgehen.

Laut einer Erhebung der Landesärztekammer Hessen ist das Geschlechterverhältnis bei den Assistenzärztinnen und -ärzten relativ ausgeglichen. Ärztinnen in Weiterbildung machen rund 56 Prozent aus, männliche Ärzte die übrigen 44 Prozent. Das ist ein geringer Unterschied der Geschlechter, verglichen beispielsweise mit dem in Pflegeberufen.

Fazit

Assistenzärztinnen und -ärzte sind keine Hilfskräfte, sondern approbiertes medizinisches Personal. Die Assistenzarztzeit gehört in der Regel zum Berufsweg eines Arztes, denn ohne Facharztweiterbildung erhält ein Arzt keine Kassenzulassung und auch im Krankenhaus wird eine abgeschlossene Facharztausbildung in der Regel erwartet. Allerdings gibt im medizinischen Bereich auch Arbeitsfelder, in denen eine Facharztausbildung oftmals nicht erforderlich ist, z.B. in Bereichen wie Medizinjournalismus, Consulting, Medizintechnik oder bei Pharmafirmen.

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