Das G 9 kehrt zurück

Bald weniger Nachmittagsunterricht an Allgäuer Gymnasien

AZ

Das Kemptener Carl-von-Linde-Gymnasium gehört zu den Pilotschulen, die bereits jetzt das neunjährige Gymnasium testen. Ab dem Schuljahr 2018/2019 soll das G 9 an allen bayerischen Gymnasien wiedereingeführt werden.

Bild: Ralf Lienert

Das Kemptener Carl-von-Linde-Gymnasium gehört zu den Pilotschulen, die bereits jetzt das neunjährige Gymnasium testen. Ab dem Schuljahr 2018/2019 soll das G 9 an allen bayerischen Gymnasien wiedereingeführt werden.

Bild: Ralf Lienert

Wer im Herbst in die fünfte Klasse wechselt, ist früher zu Hause als die Schüler, die jetzt das G 8 besuchen. Noch wirkt sich das im Oberallgäu und in Kempten nicht auf die Übertrittszahlen aus. Ein Schulleiter rechnet aber damit... Erfahre hier alles über die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen der Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums im Oberallgäu.
31.05.2017 | Stand: 12:14 Uhr

Zwei-Klassen-Gesellschaft am Gymnasium: Ein Teil der Schüler wird künftig wenig, ein anderer viel Nachmittagsunterricht haben. Dafür verantwortlich ist das neunstufige Gymnasium (G 9), das wie berichtet ab dem Schuljahr 2018/2019 in ganz Bayern eingeführt wird. Was das konkret für die Schulen bedeutet, das steht nach Angaben der Direktoren der Gymnasien im Oberallgäu und in Kempten noch nicht genau fest. Klar scheint jedoch: Wer im Herbst in die fünfte Klasse kommt, wird in seiner Schullaufbahn weniger Nachmittagsunterricht haben als die meisten Schüler, die jetzt schon auf dem Gymnasium sind.

Denn eines der Ziele des neunstufigen Gymnasiums ist, den Nachmittagsunterricht zu reduzieren. Bisher, im aktuellen achtstufigen Gymnasium, haben die Fünftklässler beispielsweise am Gymnasium Immenstadt laut Schulleiter Michael Renner einmal pro Woche am Nachmittag eine Doppelstunde Sport oder Intensivierung. Künftig solle in der fünften Jahrgangsstufe kein Nachmittagsunterricht mehr stattfinden, erklärt Renner.

Gesetzesänderung nötig

In der Praxis beginnen bereits die kommenden Fünftklässler mit dem G 9, erklärt der Direktor des Allgäu-Gymnasiums in Kempten, Lothar Wagner. Damit es auch formal so bezeichnet werden darf, müsse aber noch eine Gesetzesänderung umgesetzt werden. Offiziell startet das G 8 im Schuljahr 2018/19 dann zeitgleich mit der fünften und der sechsten Klasse, teilt das Kultusministerium mit.

Das ändert sich mit dem G 9
In neun Jahren auf dem Gymnasium zum Abitur (G9), das gab es bereits bis zum Schuljahr 2005. Dann wurde das G8 eingeführt. Seitdem gab es Kritik an der Arbeitsbelastung und am vielen Nachmittagsunterricht. Mit Rückkehr zum G9 soll der Nachmittagsunterricht gekürzt werden.
Wer möchte, gelangt auch weiterhin nach acht Jahren zum Abitur, indem er die elfte Klasse überspringt.
Andere sollen die elfte für ein Auslandsjahr nutzen können. Es werden aber auch neue Fächer wie „Politische Bildung“ oder „Digitale Bildung“ eingeführt.

Sonthofens Schulleiter Joachim Stoller spricht von zwei Kategorien Schülern, die es dann während der Einführungsphase des G 9 geben werde: Diejenigen, die jetzt noch im alten G 8-System lernen, würden bis zum Abitur in der zwölften Klasse nach diesem Schema unterrichtet. Für alle, die ab nächstem Schuljahr ans Gymnasium wechseln, gelte das neue G 9 bis zur 13. Jahrgangsstufe.

Etwa drei Viertel der Schüler des Carl-von-Linde-Gymnasiums in Kempten und des Gertud-von-le-Fort-Gymnasiums in Oberstdorf haben bis zum Abitur bereits jetzt neun Jahre Zeit. Wie mehrfach berichtet, gehörten sie zu den Pilotschulen, die das G 9 testen. Dort können die Schüler in der siebten Klasse entscheiden, ob sie in den folgenden Jahren eine G 8- oder G 9-Klasse besuchen möchten. Die Anmeldezahlen für den längeren Weg bis zum Abitur seien seit Jahren gleich hoch, berichten Ludwig Haselbeck (Oberstdorf) und Hermann Brücklmayr (Kempten). Die flächendeckende Einführung von G 9 habe daran nichts geändert.

Übertrittszahlen: Noch kein G 9-Effekt spürbar

Und auch bei den Übertrittszahlen an die Oberallgäuer und Kemptener Gymnasien ist nach Auskunft der Schulleiter von einem G 9-Effekt nichts zu spüren. Die Anmeldezahlen für die fünfte Klasse sind in Sonthofen (110 Anmeldungen) und Immenstadt (78) etwas gestiegen. In Sonthofen ist dieser Trend laut Stoller aber schon seit Jahren festzustellen. Am vergleichsweise kleinen Gymnasium Immenstadt mit seinen 600 Schülern schwanken die Zahlen laut Renner jedes Jahr.

Am Allgäu-Gymnasium in Kempten (125 Anmeldungen) sinken die Übertrittszahlen laut Direktor Wagner sogar ein wenig. Das habe aber damit zu tun, dass es in dem Jahrgang insgesamt weniger Schüler gibt. Dieser Effekt sei auch am Carl-von-Linde-Gymnasium (65 Anmeldungen) zu spüren, wo im Herbst laut Schulleiter Brücklmayr drei kleine fünfte Klassen starten. In Oberstdorf (69 Anmeldungen) und am Hildegardis-Gymnasium (162) bleiben sie in etwa gleich, erklären Haslbeck und sein Kollege Markus Wenninger.

Der Kemptener Schulleiter geht aber davon aus, dass die Übertrittszahlen mit dem G 9 in den nächsten Jahren steigen. Kempten habe ein großes ländliches Einzugsgebiet. Wenn es in den unteren Klassen keinen Nachmittagsunterricht mehr gibt - er habe oft lange Busfahrten in die Dörfer zur Folge - werde das Gymnasium für viele noch attraktiver, ist Wenninger überzeugt.