Kommentar

Die Ausrüstung der Bundeswehr: Zeitenwende im Zeitlupentempo

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) muss einer völlig verkrusteten Armee Tempo und Robustheit beibringen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) muss einer völlig verkrusteten Armee Tempo und Robustheit beibringen.

Bild: Ann-Marie Utz, dpa

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) muss einer völlig verkrusteten Armee Tempo und Robustheit beibringen.

Bild: Ann-Marie Utz, dpa

Die bessere Ausrüstung der Bundeswehr kommt nicht voran. Schuld hat die abgetretene Ministerin Lambrecht. Ihr Nachfolger Pistorius darf keine Zeit verlieren.
11.02.2023 | Stand: 11:02 Uhr

Der neue Verteidigungsminister hat es verstanden. Boris Pistorius will der deutschen Armee wieder Zackigkeit beibringen. Es ist dringend notwendig. Seine Vorgängerin Christine Lambrecht hat die Zeitenwende vertrödelt. Eigentlich ist es unfassbar. Lambrecht bestellte keinen Ersatz für das an die Ukraine abgegebene Kriegsgerät, obwohl sie über 100 Milliarden Euro verfügte. Haubitzen, Granaten, Raketen, Panzer – es mangelt an allem.

Ein Krieg tobt im Osten Europas, und die zuständige Ministerin ließ die eigene Armee in ihrem Ausrüstungselend zurück. Pistorius muss dem Mangel schnell entgegentreten. Bisher sind jedoch beispielsweise beim Getriebebauer Renk noch keine Bestellungen für Getriebe des Leopard-Panzers eingegangen.

Eine Armee der Schreibstuben-Soldaten

Es ist erschreckend, dass die Bundeswehrführung trotz des russischen Überfalls noch immer in Lethargie versunken ist. Die Kultur bei den Streitkräften ist beamtig, Schreibstuben-Soldaten machen den wenigen Kämpfern das Leben schwer. Die Bundeswehr hat sich eingerichtet in ihrer eigenen Bürokratie. Diese Selbstblockade aufzulösen, wird Pistorius‘ schwierigste Aufgabe. Was für die aktiven Einheiten gilt, gilt gleichsam für die Beschaffung.

Der Moloch von Koblenz wird das zuständige Amt für Wehrtechnik genannt. Es verschlingt Zeit, Milliarden und Ministerkarrieren. Eurofighter, Transportmaschine A400M und Schützenpanzer Puma – alle jüngeren Prestigeprojekte der Rüstung gerieten zum Fiasko. Die Bundeswehr muss sich verabschieden von abstrusen Vorgaben wie jener, dass auch zivile Vorschriften für Kriegsgerät gelten sollen. Doch selbst wenn es Pistorius gelingt, das Militär auf Zack zu bringen und das Beschaffungswesen leistungsfähig zu machen, wird eine robuste Truppe für die Steuerzahlen teurer.

Auf 400 Milliarden Euro schätzt eine Studie die nach dem Ende des Kalten Krieges durch Schrumpfung der Streitkräfte eingesparte Summe. Zumindest ein beträchtlicher Anteil davon wird in den folgenden Jahren in die Armee fließen müssen. Schweres Kriegsgerät kostet viel, weil es speziellen Anforderungen genügen muss, aber die Stückzahlen vergleichsweise klein bleiben. Die europäischen Armeen verfügen insgesamt über rund 2000 Leopard-Panzer. Die gleiche Stückzahl produziert ein großes Autowerk an einem Tag. Die Gesetze der Massenproduktion greifen nicht.