Pflichtteil einfordern ⚠️ Wie den Pflichtteil einfordern und geltend machen?

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Nicht selten werden Angehörige durch den Erblasser per Testament vom Erbe ausgeschlossen. Dies bedeutet jedoch meist nicht, dass Sie als enterbte Person komplett leer ausgehen. Tatsächlich ist es so, dass viele Angehörige auch trotz Testament den sogenannten Pflichtteil einfordern können. Die Pflichtteilsberechtigten besitzen weiterhin einen verringerten Anspruch in Höhe von 50 % des gesetzlichen Erbteils.

Beabsichtigen Sie, Ihren Pflichtteil einzufordern? Zur rechtlichen Einschätzung Ihres Falls bietet die Kanzlei CDR Legal Ihnen ein telefonisches Erstgespräch an, in dem Sie Ihre Situation schildern können. Außerdem informieren wir Sie gleich über potenzielle Hürden und wichtige Schritte beim Einfordern des Pflichtteils in Ihrem individuellen Fall.

Das Wichtigste im Überblick

  • Auch wenn nahe Angehörige durch ein Testament von der Erbfolge ausgeschlossen sind, können sie unter Umständen einen Pflichtteil geltend machen.
  • Um pflichtteilsberechtigt zu sein, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die ausschließlich auf nahe Angehörige zutreffen.
  • Sie müssen Ihren Pflichtteil aktiv einfordern, denn automatisch wird Ihnen der Erbanteil nicht zugesprochen.
  • Bei der Einforderung eines Pflichtteils sind wichtige formale Aspekte zu berücksichtigen.

Pflichtteil und Pflichtteilsanspruch

Der Pflichtteil ist ein Teil des Erbes, den bestimmte Personen aufgrund der gesetzlichen Erbfolge einfordern können. Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch. Eine Übereignung bestimmter Nachlassgegenstände ist beim Pflichtteil demnach ausgeschlossen. Die Höhe des einforderbaren Pflichtteils ist exakt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Sie erhalten als Pflichtteil die Hälfte des Betrages, der Ihnen aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zustehen würde, sollte kein Testament vorhanden sein. Hürdenreich ist die Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs insbesondere, wenn das Erbe kaum Barmittel enthält, sondern etwa in erster Linie Immobilien vererbt worden sind.

Pflichtteilsberechtigte Angehörige: Kinder, Partner, Eltern

Damit Sie Ihren Pflichtteil geltend machen können, müssen Sie zwingend pflichtteilsberechtigt sein. Das bedeutet, dass Sie zu einem bestimmten Personenkreis zählen und damit Teil der gesetzlichen Erbfolge sind. Dies trifft in erster Linie auf die folgenden Angehörigen zu:

  • Kinder des Erblassers (ehelich, unehelich sowie adoptiert)
  • Ehepartner des Erblassers
  • Eingetragener Lebenspartner des Erblassers
  • Eltern des Erblassers

Bereits bei den Eltern des Erblassers gelten gewisse Einschränkungen. Eltern sind nur pflichtteilsberechtigt, wenn der Erblasser keine eigenen Abkömmlinge hatte. Auch alle anderen Verwandten, selbst nicht eheliche Lebensgefährten oder Stiefkinder, sind vom Pflichtteilsrecht ausgeschlossen.

Wichtig zu betonen ist, dass die oben genannten Personen erst dann zu Pflichtteilsberechtigten werden, wenn sie seitens des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen, also enterbt werden. Dies kann über ein Testament oder über einen Erbvertrag geschehen. 

Der Erbvertrag kann bestimmte Bedingungen und Vereinbarungen enthalten, die die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien in Bezug auf das Erbe regeln. Dies kann etwa die gegenseitige Absicherung von Ehegatten oder die Festlegung spezifischer Erbquoten für Kinder sein. Im Gegensatz zum Testament tritt ein Erbvertrag oft schon zu Lebzeiten der Vertragsparteien in Kraft und kann in vielen Fällen nur mit Zustimmung aller Parteien geändert oder aufgehoben werden. Die notarielle Beurkundung des Erbvertrags macht dieses Dokument formeller als ein Testament, das erst nach dem Tod des Erblassers seine Wirkung findet.

Erster Schritt beim Pflichtteil einfordern: Höhe des Pflichtteils berechnen (Wertermittlung)

Pflichtteilsberechtigte müssen den ihnen zustehenden Pflichtteil aktiv einfordern. Dies geschieht gegenüber Alleinerben oder mehreren Miterben. Per Gesetz sind die Erben nämlich nicht dazu verpflichtet, den Pflichtteil automatisch an Berechtigte auszuzahlen.

Als pflichtteilsberechtigte Person besitzen Sie dazu auf Grundlage des § 2314 BGB ein sogenanntes Auskunftsrecht gegenüber den beerbten Personen. Mit dem Auskunftsanspruch erhalten Sie Einsicht in das Nachlassverzeichnis, um den Ihnen zustehenden Wert des Pflichtteils zu berechnen.

Zweiter Schritt: Pflichtteil bei den Erben geltend machen

Wenn Sie Ihren Pflichtteil geltend machen möchten, müssen Sie sich an die Erben wenden. Dabei gibt es keine Vorschrift, sich an einen bestimmten Erben oder alle Miterben zu wenden. Stattdessen können Sie als pflichtteilsberechtigte Person selbst entscheiden, von welchem Erben oder Miterben Sie Auskunft über Ihren Pflichtteilsanspruch verlangen.

Wie in nahezu allen Rechtsbereichen, so gibt es auch im Hinblick auf das Einfordern eines Pflichtteils im Erbfall formale Voraussetzungen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Sie Ihre Forderung schriftlich an einen Miterben senden. Dabei müssen Sie als pflichtteilsberechtigte Person den Nachlasswert kennen und die Höhe Ihres Pflichtteils exakt beziffern.

An dieser Stelle sollten Sie von Ihrem Auskunftsanspruch Gebrauch machen, um eine Übersicht über den Nachlass zu erhalten. Die Erben stehen in der Pflicht, Ihnen die Auskunft auf Ihre Nachfrage auszuhändigen. Das Nachlassverzeichnis befindet sich beim zuständigen Nachlassgericht. Es ist nicht ausreichend, schlichtweg die Auszahlung des Pflichtteils einzufordern, ohne den Betrag berechnet zu haben.

Ausnahmen und Sonderfälle beim Pflichtteilsanspruch

Angehörige mit Anspruch auf den Pflichtteil können diesen geltend machen und notfalls vor Gericht durchsetzen. Eine Ausnahme besteht bei grobem Fehlverhalten gegenüber dem Erblasser. In solchen Fällen kann Ihr Pflichtteilsrecht verfallen und eine komplette Enterbung tatsächlich wirksam sein.

Außerdem kann der Erbteil beschwert sein. Das bedeutet, dass der Nachlass an bestimmte Bedingungen gebunden ist, die im Testament genannt sind. Unter dieser Voraussetzung ist der Erbe zum Ausschlagen des Erbteils berechtigt und kann stattdessen einen nicht belasteten Pflichtteil einfordern.

In der Praxis existierende Beschwernisse sind unter anderem:

  • Einsetzung eines Nacherben
  • Teilungsanordnung
  • Angeordnetes Vermächtnis
  • Auflagen
  • Ernennung eines Testamentsvollstreckers

Der Pflichtteilsberechtigte darf ein Vermächtnis im Erbfall also ausschlagen und stattdessen seinen (unbelasteten) Pflichtteil einfordern.

Verjährungsfrist beim Pflichtteilsanspruch

Wenn Sie Ihren Pflichtteil einfordern, müssen Sie bestimmte Fristen einhalten. Es gilt die regelmäßige Verjährung nach § 195 BGB. Diese beläuft sich auf einen Zeitraum von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit Ende des Jahres, in welchem der Pflichtteilsanspruch entstanden ist oder Sie von Ihrem Anspruch Kenntnis erlangten.

In Ausnahmefällen weicht die Frist von dieser Regelung ab. Beim Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2332 Abs. 1 BGB startet die Frist mit dem Erbfall.

Schenkung beachtet? Prüfen Sie Ihren Pflichtteil vor dem Geltendmachen

Pflichtteilsberechtigte sollten den Wert des Pflichtteils nicht bloß schätzen, sondern genau prüfen. Gelegentlich gibt es spezielle Gründe, die den eigenen Pflichtteil höher ausfallen lassen. Für die Prüfung ist das Nachlassverzeichnis unverzichtbar, um daraus die entsprechenden Informationen zu entnehmen.

Eine Ursache für im Nachhinein erhöhte Pflichtteile können etwa Schenkungen zu Lebzeiten sein, die seitens des Erblassers vor dessen Tod getätigt worden sind. Aus solchen Schenkungen resultiert häufig ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch, der den Betrag des gesamten Pflichtteils anhebt.
Anwaltliche Beratung

Wie Sie mit einem Anwalt Ihren Pflichtteil einfordern

Sollten gütliche Einigungsversuche scheitern, haben Sie jederzeit das Recht, einen Fachanwalt als Sprachrohr gegenüber den Erben einzuschalten. Im Notfall kann dieser Ihre Ansprüche trotz Enterbung auch vor Gericht durchsetzen.

Der Pflichtteil wird beispielsweise oft in einer sogenannten Stufenklage eingeklagt. Hierbei werden die Durchsetzung Ihres Auskunftsrechts sowie die Auszahlung Ihres Pflichtteils in einem Verfahren gebündelt. Haben Sie dagegen bereits Auskunft zum Nachlass erhalten? Dann genügt die sogenannte Zahlungsklage gegenüber den Erben.

Falls Sie Fragen zur Durchsetzung Ihres Pflichtteils haben, können Sie sich gerne vertrauensvoll an die Kanzlei CDR Legal wenden.

Im Erstgespräch zum Erbrecht können Sie Ihr Anliegen umfassend mit einem Rechtsanwalt von CDR Legal erörtern. Sie erhalten eine kompetente Rechtsberatung zu Ihrem individuellen Fall sowie eine anwaltliche Einschätzung zu Ihren Möglichkeiten. Falls Sie in Ihrer Sache weitere Hilfe in Anspruch nehmen möchten, klären wir Sie über etwaige Anwalts- und Verfahrenskosten frühzeitig auf.

Für das Erstgespräch im Erbrecht erheben wir eine Gebühr von 150 Euro (inkl. MwSt.). Diese Vergütung dient zur Qualitätssicherung in unserer Rechtsanwaltskanzlei und ermöglicht Ihnen, Ihr Anliegen mit einem im Spezialgebiet fachkundigen Anwalt zu erörtern.

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