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Bohrproben im Holz von 19 Kirchen

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Wie alt mag dieser Eichenstamm in der Lübbower Feldsteinkapelle wohl sein? Das will Dr. Dirk Wübbenhorst (am Bohrer) von der IG Bauernhaus zusammen mit dem Rundlingsverein herausbekommen und nimmt dafür einen Bohrkern.
Wie alt mag dieser Eichenstamm in der Lübbower Feldsteinkapelle wohl sein? Das will Dr. Dirk Wübbenhorst (am Bohrer) von der IG Bauernhaus zusammen mit dem Rundlingsverein herausbekommen und nimmt dafür einen Bohrkern. © Lieske

Lübeln. Die Rundlingsdörfer im Wendland entstanden – so der derzeitige Forschungsstand – in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts. Die Christianisierung erfolgte offenbar erst danach, denn die Dorfkirchen liegen stets außerhalb der eigentlichen Rundlinge.

Aber wie groß ist der zeitliche Abstand zwischen der Entstehung der Rundlinge und der Christianisierung der Region eigentlich?.

Eine Antwort auf diese Frage versucht ein Projekt zu finden, das der Rundlingsverein Lübeln mit Unterstützung der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB) im Wendland initiiert hat. Ziel der Untersuchung ist es, die Bauzeit der Kirchen zu ermitteln, um so Rückschlüsse auf den Verlauf der Christianisierung zu ziehen. Fand die später, gleichzeitig oder früher als in der Altmark statt, wo sich die Mönche im Kloster Diesdorf für den rechten Glauben in ihrer Nachbarschaft stark machten? Allgemeiner, aber bislang unbewiesener Konsens ist, dass die Christianisierung hierzulande 150 Jahre später als in der Altmark erfolgte.

Mit einem Bohrer sind ein Team um Adrian Greenwood vom Rundlingsverein und Dr. Dirk Wübbenhorst von der IG Bauernhaus unlängst den hölzernen Konstruktionen in 19 Kirchen – vor allem im Südkreis von Lüchow-Dannenberg – zu Leibe gerückt, um alten Balken eine Probe für eine dendrochronologische Untersuchung zu entnehmen. Diese naturwissenschaftliche Methode zur Datierung von Hölzern macht sich die Tatsache zunutze, dass Bäume Jahresringe bilden, die von Jahr zu Jahr mehr oder minder stark ausgeprägt sind. Für die Untersuchung waren zunächst 25 Kirchen ausgewählt worden, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes ein hohes Alter erwarten lassen.

Bislang liegen nur für wenige Kirchen und Kapellen Datierungen des Bauholzes vor. Danach wurden die Kirchen in Zeetze und Satemin um 1303 und 1310 errichtet. Sie sind damit rund 100 Jahre jünger, als zuvor aufgrund einiger stilistischer Merkmale angenommen wurde. Die Türme in Zeetze und Bülitz stammen aus dem 15. Jahrhundert. Und für die Kapelle in Lübbow ist das Jahr 1258 bekannt – es ist das bislang früheste Datum für eine hiesige Kirche.

Für den Rundlingsverein ist die Frage, wie alt die Kirchen sind, interessant. Denn sie lässt auch Rückschlüsse auf die Erbauer der runden Dörfer zu, die ab 1150 bis 1250 entstanden, sagt Adrian Greenwood. Waren die slawischen Erbauer noch Heiden oder schon christianisiert? Wenn die ältesten Kirchen erheblich jünger sind, wäre eindeutig klar, dass die Rundlinge die Dorfform von heidnischen Slawen waren. Sind die Kirchen dagegen älter und reichen in das Entstehungsjahrhundert der Rundlinge hinein, „wird es komplizierter“, sagt Greenwood. Wichtig sei es auf jeden Fall, Klarheit zu bekommen.

109 Bohrproben aus den 19 Kirchen wurden nun an ein Bauforschungs-Institut im Emsland geschickt. Dessen Inhaber Erhard Preßer war unlängst als Gast auf einer IGB-Veranstaltung in Jameln und begleitete das Bohr-Team zudem an zwei Tagen. Mit den Ergebnissen wird in einigen Monaten gerechnet. Für die rund 6000 Euro teure Untersuchung – 50 Euro je Probe – hat der Landkreis Lüchow-Dannenberg dem Rundlingsverein 2000 Euro bewilligt, weitere Anträge an die Lüneburgische Landschaft und den Lions Club wurden gestellt. Dennoch werde wohl eine Finanzierungslücke bleiben, schätzt Greenwood. Deshalb sind Spenden beim Rundlingsverein willkommen. Der hat bereits 250 Stunden ehrenamtliche Arbeit für das Projekt geleistet.

Von Christiane Beyer

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