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Auf Klageton gestimmt

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Wolfgang Knappe und der Kammerchor Uelzen gestalteten die „Andacht zur Todesstunde“ im Kloster Medingen am Karfreitag. Foto: Kaiser
Wolfgang Knappe und der Kammerchor Uelzen gestalteten die „Andacht zur Todesstunde“ im Kloster Medingen am Karfreitag. Foto: Kaiser © -

Bad Bevensen-Medingen. Der Altar verhängt, keine brennenden Kerzen, stimmgedämpfte Gespräche, der Kammerchor Uelzen unter der Leitung von Wolfgang Knappe ganz in Schwarz – das ist das Bild, das sich dem Besucher am Karfreitagnachmittag in der Klosterkirche zu Medingen bietet.

Während auf den meisten Radio- und Fernsehkanälen dem Frühling zugejauchzt wird, stellt sich das Ensemble mit der Aufführung von Heinrich Schütz‘ Johannes-Passion dem christlichen Hintergrund dieses Tages. Man sieht daran, dass es völlig unoktroyiert gehen kann, einen Karfreitag zu gestalten. Dass es des Unterhaltungsverbotes auch für Theater, das für diesen Tag vorgegeben war in einigen Bundesländern und das der Deutsche Bühnenverein scharf kritisierte, eben weil sich Rundfunk und Fernsehen keinen Deut darum scheren, nicht bedurft hätte.

Es war eine beeindruckende Stunde. Der Chor, souverän und ein Anwalt der Sache von Beginn an, eröffnete mit der Motette „Also hat Gott die Welt geliebt“, ebenfalls von Heinrich Schütz (1585 bis 1672). Den Fortgang des Textes „… dass er seinen eingeborenen Sohn gab“, nannte Pastorin Katrin Dieckow in ihrer Begrüßung „eine Überschrift“; und die Zuhörer sollten beim Hören der Passionsgeschichte nicht vergessen, dass „es nicht um die Schrecken des Todes, sondern um die Liebe Gottes“ gehe.

Wolfgang Knappe hatte sich die Rolle des Evangelisten zugedacht und somit war die Aufführung sein Auftritt. Die Sängerinnen und Sänger jedoch blieben angespannt für ihre kurzen Einsätze und schufen suggestive Energie mit der interpretatorischen Einheit zwischen Musik und Text.

Die Johannes-Passion von Heinrich Schütz gibt mit ihrer phrygischen Tonart (die Tonleiter hat hierbei einen Halbton zwischen der ersten und zweiten und fünften und sechsten Stufe) die Trauer vor. Bei Johann Sebastian Bach wird es 100 Jahre später h-moll sein. Bei aller Beschränkung im klanglichen Aufwand besitzen die Chorpartituren große Ausdruckskraft, die das Ensemble leuchtkräftig und ohne Hysterie darbot. Vor allem mit Sebastian Knappe (Jesus) und Marten Urban (Pilatus) standen hörenswerte Solisten an der Seite des Chefs.

Der Komponist hat in seinem Alterswerk, zu dem seine drei Passionen (Lukas, Johannes und Matthäus) gehören, auf lyrische Zutaten verzichtet. Die Begegnung mit dieser Musik war interessante Irritation für alle, die sonst nur „Bach“ denken.

Von Barbara Kaiser

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