Klingeldürres Heu – das wollte die Urgrosselterngeneration mit dem Pferde- oder Ochsengespann einfahren – auf dem Heuwagen mit den eisenbeschlagenen Holzspeichen-Rädern. Noch bis in die 30er-Jahre lag das Heu nicht selten vier bis fünf Tage zum Trocknen auf der Wiese.

Damals gab es noch keine Nachtrocknung durch die elektrische Heubelüftung und die Restfeuchte im eingelagerten Heu war gefürchtet, denn es konnte wegen übermässigen Erhitzens des fermentierenden Heus zu einer Selbstentzündung und somit zu einem Brand im Heustock kommen. Zum Heuen war eine längere Schönwetterperiode gefragt.

Heinzen und Puppen

Die Bauersleute hatten in den 40er-Jahren noch ein paar Drehs zur Hand, wenn es denn ins «Liegende» regnen wollte: Schöcheln – das Heu zu Kegeln aufschichten – oder Heinzen, es an Holzgestellen oder Drähten aufhängen. So konnten die feinen, nährstoffreichen Blättchen im Heu vor Abbröckelung – und der Klee und die Kräuter vor Fäulnis auf der feuchten Erde bewahrt werden.

Schauen Sie sich dazu das Video aus dem Archiv hier an: www.bauernzeitung.ch/heinzen

Vielfalt der Sense

All das war mit enorm viel Handarbeit verbunden. Die Mühsal fing schon beim Mähen mit der Sense an. Gekonnt, mit Schwung und möglichst bodennah musste sie geführt werden – Meter für Meter arbeitete sich der Mäher vorwärts. Dabei war Sense nicht gleich Sense: Regionalen Besonderheiten entsprechend wurden die Stiele und Blätter der Sense differenziert. Vor hundert Jahren gab es in der Schweiz fast hundert verschiedene Sense-Formen. Hinzu kamen Heugabeln und Rechen aller Art, denn das geschnittene Gras musste zum Trocknen gezettet werden. Später war es noch ein- bis zweimal zu wenden, um das Dürr-werden an der Sonne zu beschleunigen - viel Arbeit für die ganze Familie.

Videotipp aus dem ArchivMit Heinzen und Puppen konnte die Qualität des Getreides wesentlich gehoben werdenMontag, 25. April 2022 Die Mechanisierung der Halmfutterernte begann mit der Entwicklung einer ersten praxistauglichen Mähmaschine durch Walter A. Wood. Sein 1859 in Amerika vorgestelltes Gerät verfügte über ein ungewöhnlich scharfes Messerschneidwerk. Es wurde vom Laufrad einer Maschine angetrieben, die von einem Pferdegespann gezogen wurde und war in der Lage, die Grashalme wirklich sauber abzutrennen. Erst ab den 1920er-Jahren trieb ein Benzinmotor den Messerbalken an – eine Erfindung des Berner Bauernsohns Jacob Fahrni – und ebnete so dem motorisierten Grasschnitt den Weg. 

Ebenfalls in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der von einem Pferd gezogene Gabelheuwender entwickelt. In seiner Funktionsweise war er dem Heuen von Hand mit der Gabel nachempfunden: Die einzelnen Gabeln waren auf einer Kurbelwelle befestigt und warfen das Mähgut nach hinten hoch. Vorteil des Gabelheuwenders war die schonende Behandlung des fast trockenen Heus. Der Nachteil: Beim ersten Wenden von frisch geschnittenem, noch schwerem Gras blieben oftmals grössere Wische ungewendet liegen.

Revolution Zapfwelle

[IMG 3] Nach dem Zweiten Weltkrieg kam mit Einführung der Traktoren weitere Bewegung in die Heuernte-Technik: Die Zapfwelle konnte nun Mähwerke und Kreisler antreiben. Der Gabelwender wurde eigentlich erst in den 1960er-Jahren vom Kreiselheuer mit Zapfwelle verdrängt. Wohl selten hatte eine Landmaschine innerhalb kürzester Zeit einen solch durchschlagenden Erfolg wie der Kreiselheuer, auch genannt Kreiselzettwender. Anno 1961 wurde er erstmals präsentiert. Erfunden hat ihn der Allgäuer Schmied und Landwirt Josef Maugg aus Böhen (D).

Er konstruierte um eine senkrechte Achse rotierende Feder-Zinken. Dank der in Fahrtrichtung zirka 20° nach vorn geneigten Kreisbahn erfassten diese Federzinken das liegende Halmfutter und warfen es streuend schräg nach hinten aus: Zetten, Wenden und Streuen ging nun in einem. Ab 1955 tüftelte er daran und vier Jahre später realisierten die Techniker der Landmaschinenfabrik Fahr in Gottmadingen (D) an der Schweizer Grenze die Genialität seiner Idee.

Der letzte Schliff fürs Heuen

Die Techniker von Fahr verbesserten den Prototypen des Kreiselheuers noch. Sie erhöhten die Arbeitsbreite, indem sie mehrere Kreisel nebeneinander anordneten und diese paarweise gegenläufig rotieren liessen. Damit das Gerät sich den Bodenunebenheiten besser anpassen konnte, wurden die Kreisel gelenkig miteinander verbunden und die Zinkenbahnen der benachbarten Kreisel überschnitten sich. Jeder Kreisel bekam eine Stützrolle, die den idealen Abstand zum Boden sicherte.

Dank seiner Arbeitsbreite und der guten Bodenanpassung selbst bei relativ hoher Fahrgeschwindigkeit, erbrachte er eine enorme Leistung. Allein in der Fabrik in Gottmadingen baute der erste Hersteller über eine Million Stück – und alle grossen Landmaschinenhersteller wurden Lizenznehmer dieses Patents. Der Kreiselheuer war geboren und verdrängte in einem wahren Siegeszug alle andern Heuzettmaschinen vom Markt.

Nur an den steilen Berghängen konnte sich eine andere Heumaschine durchsetzen: Der Bandrechwender. Der Reform – oder «Schnellheuer» – war eine selbstfahrende Heuraupe, die von der Firma Pöttinger entwickelt wurde. Der ab den 60er-Jahren verkaufte Heuer leistete einen entscheidenden Beitrag zur Mechanisierung der Futterernte in den Bergregionen. Er konnte – und kann bis heute – in Hängen mit bis zu 80 % Neigung eingesetzt werden.

Eine Zäsur bedeutete das Aufkommen des Ladewagens. 1960 stellte der geniale deutsche Erfinder Ernst Weichel aus Heiningen bei Göppingen einem staunenden Fachpublikum an der Landwirtschaftsausstellung in Köln einen überzeugenden Lader vor. Sein «Hamster», wie er auch genannt wurde, erhöhte die Kapazität zum Heimbringen der Futterernte mit einem Mal um ein Vielfaches. Er brauchte den Ladewagen nicht komplett neu zu erfinden. Es gab bereits Selbstlader, die aber noch wenig ausgeklügelt waren. So hatte zum Beispiel Bucher in der Schweiz bereits in den 1950er-Jahren einen Ladewagen entwickelt. Dieser erleichterte zwar die Arbeit, es war aber immer noch eine Arbeitskraft zum Verteilen des Materials auf dem Wagen erforderlich, da der Kratzboden fehlte. [IMG 2]

Ladewagen: Drei in Einem

Landwirt und Konstrukteur Ernst Weichel kombinierte bei der Erfindung des Ladewagens ganz einfach bereits bestehende Komponenten geschickt: Pick-up, Höhenförderer und Kratzboden. Sein Ladewagen hatte jetzt den entscheidenden Vorteil, dass er eine echte Ein-Mann-Maschine war – der Landwirt konnte ihn an den Traktor anhängen und allein losfahren. Darum hatte der «Hamster» diesen durchschlagenden Erfolg. Sein Prinzip wurde, wie beim Kreiselheuer, in den Jahren darauf von allen anderen Landmaschinen-Herstellern in Lizenz übernommen.

Was gäbe es noch zu erfinden?

Drohnen, die über die Wiesen fliegen und versteckte Rehkitze aufspüren, gibt es schon. «An Bedeutung gewinnen wird die Präzision der Halmfutterernte», meint Dr. Klaus Herrmann, der ehemalige Leiter des Landwirtschaftsmuseums Hohenheim bei Stuttgart (D). «In die Erntemaschinen werden in nicht allzu ferner Zukunft optische Erkennungs- und Erfassungssysteme installiert sein, die dafür sorgen, dass die Vorgabe ‹Jeder Halm ist wertvoll› umgesetzt wird.» Mit den bislang entwickelten Fremdkörper-Erkennungssystemen sei man auf einem guten Weg, doch von der Perfektion sei man noch ein Stück weit entfernt. «Und auch die Betriebssicherheit der Maschinen kann noch verbessert werden,» sagt Herrmann.

Als echte Hilfe und Arbeitserleichterung darf auch der Heu-kran nicht unerwähnt bleiben. Das mit einem bärenstarken Greifer versehene Aggregat auf Schienen im Scheunengiebel löste auf dem Heustock alsbald den Bauer ab, der sich für das Abladen und Umschichten mit der Gabel abmühte – und schonte dessen Bizeps. Die elektrischen Heubelüftungen, die angewärmte Luft aus dem Unterdach in den Futterstock blasen, ermöglichen es heute, kürzere Schönwetterperioden zu nutzen, da das Dürrfutter so feuchter eingebracht werden kann.

Träumen von Siloballen

Heuen mag zwar immer noch eine staubige Angelegenheit sein, aber so personal- und zeitintensiv wie zu Urgrossvaters Zeiten ist das Einholen des Dürrfutters beileibe nicht mehr. Und apropos Staub: Von staubfreiem, verpacktem Viehfutter, das als Siloballen ganz einfach auf freiem Feld gelagert wird, konnte die Grosselterngeneration nicht einmal träumen. Dazu musste erst die Polyethylen-Stretchfolie erfunden werden. Heute sind solche durch die Milchsäuregärung konservierte Heulagen aus jungem Gras, das kurz heruntergetrocknet, gepresst und luftdicht in Wickelfolie verpackt wird, eine willkommene Erweiterung des Futterlagers.

Wenn das Wetter mitmacht, kann Heu heutzutage nicht selten innerhalb von zwei Tagen gemäht, gewendet, gepresst und heimgefahren werden. Und im Winter kommt bei adäquater Lagerung im Idealfall ein Heu auf den Futtertisch, das so gut duftet wie eine Teemischung.