Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Dem Chef missfiel der deutliche Anti-Trump-Kurs

Er sei «zutiefst enttäuscht» über die Entscheidung des Verlags, teilte Chefredaktor Stephen Hayes mit. Bild: Alex Wong/Getty Images

Im täglichen Lärm der Präsidentschaft von Donald Trump geht manchmal unter, dass Trumps älteste Gegner nicht Demokraten, Linke oder Liberale sind – sondern Konservative, die ihn schon früh bekämpften, weil er nie einer von ihnen war.

Diese Konservativen gab es einmal in grosser Zahl, auch in den Medien, doch in den vergangenen zwei Jahren sind sie immer weniger geworden, ihre Kritik immer leiser. Nun verstummt eine der letzten dieser Stimmen: der «Weekly Standard», eine kleine, aber in republikanischen Kreisen einflussreiche Wochenzeitschrift.

Seit gut zwei Wochen schon kursierten Gerüchte, wonach der Eigentümer des «Weekly Standard» die Zeitung schliessen wolle. Dieser Eigentümer ist Philip Anschutz, einer der grössten Geldgeber der Republikanischen Partei. Ihm missfalle die politische Linie der Redaktion, hiess es aus dem Umfeld der Zeitschrift, konkret: ihr deut­licher Anti-Trump-Kurs.

Während andere konservative Medien den Präsidenten mit Lob überhäufen und seine Skandale kleinreden oder verschweigen, ist der «Weekly Standard» seiner Linie treu geblieben. Trump sei ein pathologischer Lügner, schrieb Chefredaktor Stephen Hayes kürzlich.

Journalisten räumen Büro

Am vergangenen Freitag teilte nun Anschutz' Unternehmen Clarity Media, das den «Weekly Standard» herausgibt, mit: Die bereits produzierte Ausgabe vom 17. Dezember wird die letzte sein. Noch am gleichen Tag mussten die Redaktoren ihre Büros räumen. Zuvor waren Versuche, die Zeitung zu verkaufen, offenbar auch am Willen des Verlags gescheitert: Er sei «zutiefst enttäuscht» über die Entscheidung des Verlags, teilte Chefredaktor Hayes mit. Der «Weekly Standard» sei jahrelang für eine unbeirrbar konservative und unabhängige Stimme gestanden, die es gerade jetzt brauche.

Es ist ein bitteres Ende für eine Zeitschrift, die in Washington einst tonangebend war. Gegründet wurde der «Weekly Standard» 1995 von Bill Kristol und Fred Barnes, Eigentümer war damals noch Rupert Murdochs News Corporation. Unter Kristols Führung wurde die Zeitschrift das Sprachrohr jener Neokonservativen, die der Präsidentschaft von George W. Bush die intellektuellen Grundlagen lieferten.

Von Vizepräsident Dick Cheney wusste man, dass er sich jede Woche 30 druckfrische Exemplare ins Weisse Haus bringen liess. Manche nannten die Zeitschrift auch das «Bordmagazin» von Air Force One. Spürbar wurde dieser Einfluss vor allem in den flammenden Plädoyers des «Weekly Standard» für einen neuen Feldzug der USA gegen den Irak. Als dann wenige Jahre später Bush ins Weisse Haus einzog und sich dessen Irakkrieg zunehmend als Fehler erwies, litt darunter auch die Reputation der Neokonservativen.

2009 verkaufte Murdoch den «Weekly Standard» an Anschutz, einen Unternehmer mit engen Banden zu den Republikanern. Chefredaktor war seit Ende 2016 Stephen Hayes, Kristol blieb weiterhin Autor des Blatts. Geld ab­geworfen hatte der «Weekly Standard» nie, auch zu seinen besten Zeiten soll er jährlich eine Million Dollar Verlust gemacht haben. In den vergangenen Jahren sank die Auflage wie bei vielen Zeitschriften, vergangenes Jahr lag sie noch bei 72'000 verkauften Exemplaren.

Für Prinzipien eingestanden

Das nahm Eigentümer Anschutz so lange in Kauf, als dass die Zeitschrift politisch auf der richtigen Linie lag. Doch mit dem Aufstieg Trumps begann sich das zu ändern. Während sich immer mehr Republikaner hinter den Populisten stellten, wurde Mitgründer Kristol zu einer der führenden Stimmen der «Never Trumper», jener Konservativen, die Trump öffentlich kritisierten.

Viele Medienbeobachter in Washington bedauern das Ende des «Weekly Standard», auch wenn sie die politische Linie der Redaktion nicht teilten. Die Köpfe hinter der Zeitung seien «ein Vorbild dafür, wie man für seine Prinzipien einsteht», schrieb eine Kolumnistin der «Washington Post». Einfach verschwinden wollen die Macher allerdings nicht. «Wir möchten die Stimme des ‹Weekly Standard› am Leben erhalten», sagt Kristol der «New York Times», «in welcher Form auch immer.» Es soll Versuche geben, Geldgeber für ein Nachfolgeprojekt zu finden.

Ob dieses Projekt je wieder an den Einfluss des «Weekly Standard» herankommt, ist jedoch fraglich. Zu sehr hat sich die konservative Medienwelt in den vergangenen Jahren gewandelt. Das betrifft nicht nur Murdochs TV-Sender Fox News und Onlineplattformen wie «Breitbart» und «Daily Caller», bei denen Kritik an Trump nicht existiert. Das gilt auch für intellektuelle Medien. Die Meinungsredaktion des «Wall Street Journal» stellt sich in vielen Fragen hinter Trump. Und auch die Zeitschrift «National Review», einst ebenfalls sehr Trump-kritisch, hat sich zumindest teilweise mit dem Präsidenten versöhnt. Eine Lücke wird also bleiben.