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Überstunden von 37 Mannjahren

Chaos in der Personalabteilung bei der BVB und Anzeige gegen investigativen Journalisten.

Schönzureden gab es an der gestrigen Medienkonferenz der BVB eigentlich nichts mehr. Von einer «ganz üblen Situation für die Kundschaft, für den Kanton als Besteller und für das BVB-Personal» sprach Bruno Stehrenberger, Leiter Verkehr der BVB. Lange Zeit betrug die Zahl stehen gelassener Fahrzeuge, Kurse, die nicht oder teilweise nicht wahrgenommen werden konnten, etwa drei pro Monat. Ab August 2018 akzentuierte sich das Problem stetig bis im April 2019, für den die BVB 19 Ausfälle bekannt geben mussten. Den Monat Mai haben die Basler Verkehrsbetriebe gar nicht mehr in ihre Grafik aufgenommen. Es hätte das Bild gesprengt: 171 Dienstausfälle mussten verzeichnet werden. Stehrenberger spricht von einem «inakzeptablen Mass».

Als Hauptursache geben die BVB einen markanten Personal-Unterbestand an. Derzeit fehlen ihnen 50 Tram- und Buschauffeure. Die Situation verschärft hätten die vielen Baustellen, die Ersatzkurse und Umleitungen nötig machen.

Weil der Arbeitsmarkt trocken sei und auch Partnerunternehmen kaum Chauffeure ausleihen könnten, hätten die BVB die Rekrutierung hochgefahren, auf diversen Kanälen und auch in Deutschland und Frankreich. Zusammen mit der Fluktuation brauche es in diesem Jahr 80 bis 90 zusätzliche Leute. Ferner arbeiten die BVB mit einem Personalverleiher für Lokomotivführer zusammen – zunächst um Spitzen temporär abzudecken. Doch nun würde man diese zwölf Personen fest integrieren. Teilweise sprängen auch Pensionierte ein. Die Situation werde sich erst auf Ende Jahr beruhigen, sagt Stehrenberger, wenn die Rekrutierten ausgebildet und einsatzfähig seien.

Keine Personalplanung

Eigentlich sei Personalplanung «kein Hexenwerk», sagt Stehrenberger. Ein Tram brauche einen Wagenführer, dann gelte es Ferienablösungen und Schichten einzurechnen. Aber man habe die Personalplanung wohl seit zwei bis drei Jahren vernachlässigt; es sei in der BVB-Geschäftsleitung «kein Thema» gewesen. Vielmehr sei man davon ausgegangen, dass das Personal reiche. Speziellen Spardruck auf diesen Bereich nehme er nicht wahr. Als Stehrenberger im vergangenen Oktober den Bereich Verkehr übernommen hatte, habe er in Anbetracht der Baustellen eine Vierjahresplanung fürs Personal verlangt und gedacht, man könne diese aus der Schublade ziehen. «Aber da war keine vorhanden.» Ebenso wenig hat die Geschäftsleitung unter Erich Lagler dem Thema «Überstunden» Aufmerksamkeit geschenkt. In den letzten Jahren ist die in Minuten abgerechnete Überzeit auf 37 Jahre angewachsen. Bei einem Durchschnitts-Volllohn von rund 130000 Franken bei den BVB entspricht dies einer Lohn-Hypothek von 4,8 Millionen Franken. Das Problem blieb im Betrieb offenbar über Jahre unbemerkt.

Optimistisch in die Zukunft

Auf die Frage, wie die BVB in diese Situation hineinschlittern konnten, wollte Stehrenberger keine Auskunft geben. «Wir müssen in dieser schwierigen Phase nach vorne schauen.» «Nach vorne schauen» bedeutet für die BVB, einen Personalüberbestand von 20 bis 30 Mitarbeitern im Fahrdienst anzustreben. Damit könne die Überzeit sukzessive abgebaut werden. Mit dieser Perspektive rechnen die Planer des Personaleinsatzes. Ihr neuer Jahresplan für 2020 zeigt einen regelmässigen Einsatz. Die Frühdienste sind bereits festgelegt. Es dürfte für Motivation bei den Chauffeuren und Wagenführern sorgen.

Derzeit klagt das Personal über höchst unregelmässige Schichteinsätze, die zu sogenannten Jetlag-Effekten führen. Die BVB weisen die höchsten Krankheitstage aller schweizerischen Transportunternehmen aus. Sie betragen über fünf Wochen pro Mann und Jahr.

Strafanzeige angedroht

Wegen der Veröffentlichung von Funksprüchen zwischen der Leitzentrale und den Wagenführern in der BaZ vom Dienstag unter dem Titel: «Werner, wo isch mi Drämmli?» wollen die BVB eine Strafanzeige gegen die BaZ einreichen. Es sei eine rote Linie überschritten worden, heisst es in einem internen Schreiben. Die BVB wickeln die Sprach- und Datenkommunikation über einen eigenen analogen Betriebsfunk ab. Die entsprechenden Analogfunkfrequenzen sind beim Bundesamt für Kommunikation konzessioniert. Das Abhören sei verboten, erklären die BVB. Die BaZ lässt an dieser Stelle offen, wie sie in Besitz der Funksprüche gekommen ist.

Auch im Januar 2017 reagierten die BVB mit einer Strafanzeige auf eine Indiskretion. Der damalige Verwaltungsratspräsident vermutete eine Amtsgeheimnisverletzung, nachdem die BaZ eine simple Anfrage bei der Medienstelle machte: Sie erkundigte sich nach den Hintergründen, weshalb die BVB für eine interne Maulwurfjagd gegen ihre Mitarbeiter eine private Schnüfflerfirma engagiert hatten.