Test Kinder-Bikes 20237 Kinder-MTBs, die glücklich machen

Robert Kühnen

 · 03.08.2023

Unsere Jung-Tester fahren sich warm auf dem Zirmtrail in Nauders.
Foto: Robert Kühnen
Welches Mountainbike Kinder glücklich macht – und damit auch ihre erwachsenen Begleiter? Kommt daruf an. Aber mit dem passenden Kinder-MTB ist selbst für die Kleinen kein Berg zu hoch & kein Trail zu rumpelig. Im Test: 7 Kinder-Bikes - vom puristischen Hardtail bis zum 160-Millimeter-Fully, das etwa dreimal so viel kostet.

Diese Kinder-MTBs haben wir getestet:

Diese Themen finden Sie im Test Kinder-Bikes:


“Ich nehme das Fully!“ “Nein, ich!“ “Ich will auch eins!“ Sieben Kinder und drei Fullys ergeben keine sinnvolle Gleichung. Das hätten wir eigentlich wissen können. So startet unser Testtag in Nauders gleich ziemlich emotional. Zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt liegt gerade mal ein Federbein. Da hilft es auch nicht zu versprechen, dass später noch getauscht wird. Unsere sieben Tester zwischen acht und zwölf Jahren sollen ja gerade die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bike-Typen erfahren und uns schildern. Braucht es wirklich ein Fully? Braucht es überhaupt eine Federung? Welche Laufradgröße? 24, 26 oder 27,5 Zoll?

Der angelegte Zirmtrail  ist Teil des großen Trail-Netzwerks in Nauders, bietet Fahrspaß mit Aussicht und ist per Lift erschlossen.Foto: Robert KühnenDer angelegte Zirmtrail ist Teil des großen Trail-Netzwerks in Nauders, bietet Fahrspaß mit Aussicht und ist per Lift erschlossen.

Die Gemüter haben sich beruhigt, als uns der Sessellift an der Bergstation der Zirmbahn auf 2.500 Metern ablädt. Die umwerfende Aussicht, die frischen Temperaturen und der spaßige Zirmtrail, der sich in elegant geshapten Kurven vor uns zu Tale wirft, lässt die Frage, wer welches Bike fährt, in den Hintergrund treten. Unsere Testfahrer sind Locals, sie kennen hier schon jeden Stein und freuen sich aufs Biken.

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Graduell lässt sich die Schwierigkeit beim Testen erhöhen, wie auf dem Bergkastel-Trail , der auch etwas kniffeligere Stellen bereithält.Foto: Robert KühnenGraduell lässt sich die Schwierigkeit beim Testen erhöhen, wie auf dem Bergkastel-Trail , der auch etwas kniffeligere Stellen bereithält.

Federwege zwischen Null und 160 Millimeter

Die sieben Testbikes decken fast das ganze Spektrum dessen ab, was zwischen acht und zwölf Jahren interessant und relevant ist. Damit ließen sich etwa Cross-Country-Rennen fahren, Touren bestreiten und sogar Trails im Park shredden oder Downhill-Rennen meistern. Die Federwege liegen dabei zwischen Null und 160 Millimeter, die Preise zwischen 949 und 2799 Euro.

Doch so verschieden die Räder auch sind, den Flowtrail nehmen die fünf Jungs und zwei Mädchen gemeinsam in Angriff – und bleiben während der gesamten Abfahrt auch beieinander. Erste Erkenntnis: Auch wenn die Federung reizt und die Fahrt bequemer macht, auf gemäßigten Strecken ist sie nicht zwingend nötig. Selbst das völlig ungefederte Scor 0024 pilotiert Felix sicher zur Mittelstation. Klar, mal eben über einen Felsen abziehen, wie es Paul, der Älteste in der Runde vormacht, gelingt mit dem Canyon-Fully leichter und sicherer. Aber Spaß haben alle in der Gruppe auf diesem gebauten Trail.

Einfach-Getriebe machen es den Kids leicht

Auf dem Weg vom Bergkastel rüber zur Plamort-Hochebene können wir erproben, wie gut die Kinder mit der Schaltung an ihrem Kinder-MTB zurechtkommen, denn es warten auch leichte Anstiege. Da ausschließlich Einfach-Getriebe montiert sind, kommen die Kids gut damit zurecht – gegenüber den früheren Mehrfach-Blättern ein Riesenvorteil! Vereinzelt müssen wir die Griffe etwas justieren, damit die kleinen Finger richtig zupacken können, doch dann klappt es mit dem Schalten. Die Kletter-Performance, so unsere Beobachtung, ist vor allem eine Frage der Motivation, weniger der Schaltung.

Fullys haben durchaus Vorteile

Gestört wird der Fahrfluss vor allem dann, wenn sich die Sattelhöhe nicht werkzeuglos verstellen lässt. Dropper-Posts sind für Kinder (und Begleiter) ein Gewinn. Mindestens aber sollte ein Schnellspanner an der Sattelstütze sitzen. Auf den naturnahen Trails zurück ins Tal, nass und gespickt mit Wurzeln, sind abgesenkte Sättel ein klarer Vorteil. Dass Geschick hier mehr bewirkt als ein dickes Fahrwerk, beweist der Jüngste der Truppe: Florian, nur 1,20 Meter groß und acht Jahre jung, lässt das Nize One 24-Hardtail besonders geschmeidig über Wurzelbretter gleiten.

Und mit Fully? Die sind hier kein bisschen schneller unterwegs. Auf dem abschnittsweise etwas raueren Bergkastel-Trail hat die Hinterradfederung jedoch einen Vorteil. Aus Erfahrung wissen wir, dass es im Bikepark mit stärker ausgefahrenen Strecken und großen Sprüngen nochmal ganz anders aussieht. Auf den Bremswellen im Park spielen Fullys ihr Potenzial wirkungsvoller aus als auf natürlichen Trails.

Fazit zu den Kinder-MTBs im Test:

Der Test zeigt: Kinder-Bikes haben an Format gewonnen. Grobe Ausreißer haben wir nicht beobachtet. Die Räder sind für die Kinder durchweg gut bedienbar. Die Federelemente funktionieren gut – keine Selbstverständlichkeit bei Fahrergewichten ab rund 30 kg. Nicht nur Nischenanbieter machen einen guten Job, auch große Hersteller wie Canyon und Scott nehmen die kleinen Biker ernst und stellen potente, sogar regelrecht günstig kalkulierte Räder auf die Stollen.

Für viele Eltern ist der Preis dennoch das größte Hindernis auf dem Weg zum passenden Rad für den Nachwuchs. 2000 Euro oder mehr für ein Kinder-MTB? Das finden nicht wenige verrückt. Aber warum eigentlich? Gerade Kinder brauchen gutes Material. Mit leichten und passenden Bikes lernen Kinder spielerisch Biken. Wer Glücksmomente fördern will, spart daher besser am eigenen Rad und gönnt den Kindern nicht weniger als sich selbst. Dann klappt es auch mit dem gemeinsamen Biken – mit oder ohne Fahrwerk.

Welche Schaltungen für Kids?

Mehr Gänge = leichteres 
Klettern. 11 oder 12 Ritzel sollten es für Kids sein. Es muss 
aber keine Eagle-Qualität sein, wie rechts im Bild zu sehen.Foto: Shimano (re.) & Sram (li.)Mehr Gänge = leichteres Klettern. 11 oder 12 Ritzel sollten es für Kids sein. Es muss aber keine Eagle-Qualität sein, wie rechts im Bild zu sehen.

1 Einfach ist König! Alle Testräder haben Einfach-Blätter. Das ist der größte Fortschritt gegenüber früher und auch ein Grund, in neue Bikes zu investieren und Kids nicht mit altem Material auf die Trails zu schicken. Kinder konnten noch nie Umwerfer bedienen.

2 Wie viele Gänge? 8, 9, 10, 11 oder 12? Das kommt darauf an: 11 oder 12 Ritzel sind top, vor allem auf Touren mit richtigen Anstiegen. Ausreichend leichte Gänge an Bord zu haben, ist aber wichtiger als eine feine Abstufung. Über das Blatt vorne lässt sich die Übersetzung theoretisch anpassen. Ersatzblätter für die Kinderkurbeln sind praktisch aber nicht immer leicht aufzutreiben.

3 Trigger-Schalter oder Drehgriff? Drehgriffe sind intuitiver, Trigger-Schalter mit guten Zügen aber auch gut geeignet, wenn sauber eingestellt.

4 Welche Qualität? Kinder verschleißen die Antriebe kaum, es müssen nicht die teuersten Ritzel sein.


Interview mit Tim Lorkowski, Vpace

BIKE: Ihr baut mit dem Fred ein Parkbike für Kinder. Wie seid ihr darauf gekommen, dass man so etwas überhaupt braucht?

Tim Lorkowski: Anfangs haben wir den Bedarf auch nicht gesehen. Wir dachten, wir hätten mit dem Moritz-Fully alles abgedeckt. Aber das stimmte nicht. Es gibt einige Kids, die nur noch im Bikepark fahren, und wo die Väter auch nicht mehr hinterherkommen. Für die hatten wir kein Rad. Unser Moritz ist ein Trail-/ Enduro-Bike, das kommt im Park-Dauereinsatz an seine Grenzen. Die Komponenten sind nicht dafür gemacht, die Geo auch nicht. Es gibt auch Junior-Rennserien wie den Rookies-Cup. Unser Fred war dort letztes Jahr das Siegerrad in der U11.

Inwieweit ist das Gewicht beim Park-Einsatz noch ein Thema?

Gewicht ist uns auch hier wichtig. Aber Stabilität steht im Gravity-Sport an erster Stelle. Trotzdem sind unsere Räder leichter als ausgewachsene Downhill- Bikes. Wir passen die Reifen zum Beispiel an und verzichten auf Doppelbrückengabeln.

Spüren die Kinder die feinen Unterschiede zu Enduros?

Auf jeden Fall. Kinder sind schnell mal zufrieden, wenn sie überhaupt ein vernünftiges Rad bekommen. Aber wenn sie sich damit beschäftigen, wie unsere Teamfahrer, gibt es ein recht genaues Feedback. Das Fred ist kein Rad für Anfänger, aber kleine Experten wissen es sehr zu schätzen.

Tim Lorkowski, VpaceFoto: VpaceTim Lorkowski, Vpace

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