Fahrrad und E-Bike2022 war ein weiteres Rekordjahr für die Fahrradbranche

Sandra Schuberth

, Adrian Kaether

 · 18.03.2023

Fahrrad und E-Bike: 2022 war ein weiteres Rekordjahr für die FahrradbrancheFoto: Georg Grieshaber
ZIV Zweirad-Industrie-Verband und VDZ Verband des Deutschen Fahrradhandels haben die Marktdaten für 2022 vorgestellt. Die Zahlen belegen, dass 2022 ein weiteres Rekordjahr für die deutsche Fahrradbranche war. Während E-Bikes und speziell E-MTBs weiter im Aufwind sind, sinken die Verkaufszahlen von MTBs ohne Motor unter die Marke von 100.000.

“Der Fahrrad- und E-Bike-Markt zeigt für das vergangene Jahr trotz der allgemeinen Kaufzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher im zweiten Halbjahr ein stabiles Hoch”, sagt Burkhard Stork, Geschäftsführer des ZIV (Zweirad-Industrie-Verband). Auch haben sich Qualität und Innovation “Made in Germany” in den vergangenen Jahren im wachsenden E-Bike-Markt zu einem stabil starken Treiber entwickelt.

Fahrradbranche: Umsatz in 10 Jahren fast vervierfacht

In Deutschland wurden 20 Prozent mehr E-Bikes hergestellt, das heißt in Zahlen 1,72 Millionen. Die Produktion von Bikes ohne Motor blieb mit 900.000 Stück unverändert. Auch der Produktionswert in Deutschland hergestellter Zweiradteile und Komponenten stieg seit 2020. Die Steigerung hier belief sich auf 55 Prozent, das heißt 1,6 Mrd. Euro. Insgesamt hat sich der mit Fahrrädern und E-Bikes erzeugte Umsatz in den letzten zehn Jahren fast vervierfacht. Ein Grund sind hochwertige Komponenten. Ein weiterer Grund für den wachsenden Umsatz ist der hohe E-Bike-Anteil. Betrug der Umsatz 2012 noch rund 2 Mrd. Euro, waren es 2022 rund 7,36 Mrd. Euro. „Die Fahrradbranche wird vielfach in ihrer Leistungskraft unterschätzt“, sagt Burkhard Stork. „Dabei leistet sie in Deutschland und Europa einen signifikanten Anteil an der Wertschöpfung und steht für zukunftsfähige Produkte und Arbeitsplätze.“

In 10 Jahren hat sich der Umsatz in der deutschen Fahrradbranche fast vervierfacht. Von 2,03 Milliarden Euro 2012 auf 7,36 Milliarden Euro 2022.Foto: ZIVIn 10 Jahren hat sich der Umsatz in der deutschen Fahrradbranche fast vervierfacht. Von 2,03 Milliarden Euro 2012 auf 7,36 Milliarden Euro 2022.

So viele Räder und E-Bikes wurden 2022 verkauft

Produktion ist das eine, das andere sind die Verkaufszahlen. Insgesamt wurden 2022 in Deutschland 4,6 Millionen Räder verkauft, 100.000 weniger als 2021 aber 300.000 mehr als 2019 - vor Corona. Der Verkauf von E-Bikes stieg verglichen mit dem Vorjahr um zehn Prozent an auf 2,2 Millionen E-Bikes. Der Marktanteil von E-Bikes beträgt in Deutschland mittlerweile 48 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass E-Bikes im Verlauf dieses Jahres bei den Stückzahlen erstmalig an unmotorisierten Fahrrädern vorbeiziehen werden“, so Stork. Bei Lastenrädern und Mountainbikes dominieren E-Bikes bereits. 2022 wurde fast eine Million Mountainbikes verkauft, genau genommen 931.600 Stück. Mit 836.000 E-MTBs beträgt deren Anteil rund 90 Prozent.

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Trotz Ukraine-Krieg und Energie-Krise wurden in Deutschland 2022 4,6 Millionen Fährräder verkauft. Der Wert liegt leicht unter Vorjahr aber deutlich über dem Vor-Corona-Niveau.Foto: ZIVTrotz Ukraine-Krieg und Energie-Krise wurden in Deutschland 2022 4,6 Millionen Fährräder verkauft. Der Wert liegt leicht unter Vorjahr aber deutlich über dem Vor-Corona-Niveau.

Fahrräder ohne Motor - Verkaufszahlen MTB seit 2019 halbiert

Über alle Modellgruppen hinweg beträgt der Marktanteil an Fahrrädern für die urbane Nutzung 76,5 Prozent (ohne Kinder- Jugend- und sonstige Fahrräder). Der weitaus größte Anteil entfällt auf die Bereiche Trekking 45 Prozent (2021: 40 %) und City/Urban 18 Prozent (2021: 20 %) . All Terrain Bikes für Straßen und leichtes Gelände haben einen Marktanteil von neun Prozent (2021: 10%) . Rennräder, Gravelbikes, Fittnessräder und Mountainbikes zusammen, kurz sportliche Fahrräder, machen elf Prozent aus, wobei der Marktanteil von MTBs auf vier Prozent, 95.600 Stück, gefallen ist. Seit 2019 hat sich die Zahl der verkauften MTB ohne Unterstützung halbiert. So waren es 2019 noch sieben Prozent bzw. 206.500 Stück 7 % (206.500 Stück). Als Grund für diese Entwicklung wird die Verschiebung in Richtung E-MTB angegeben.

Unter ferner liefen: Mountainbikes ohne Motor werden immer mehr zum Spezialprodukt. Von 2,4 Millionen verkauften Bikes ohne Motor waren nur noch 4 Prozent Mountainbikes. In absoluten Zahlen waren das 95.600 Bikes, 2019 lag der Wert noch bei über 200.000.Foto: ZIVUnter ferner liefen: Mountainbikes ohne Motor werden immer mehr zum Spezialprodukt. Von 2,4 Millionen verkauften Bikes ohne Motor waren nur noch 4 Prozent Mountainbikes. In absoluten Zahlen waren das 95.600 Bikes, 2019 lag der Wert noch bei über 200.000.E-MTBs sind schon länger Verkaufsschlager. Lagen E-Trekking und E-MTB 2021 aber noch fast gleich auf, legt das E-MTB 2022 nochmal deutlich zu und sichert sich die Führungsstellung. Allerdings: Dazu zählen neben einigen sportiven E-MTBs auch sicher viele Alltagsbikes mit Stollenreifen und Federgabel.Foto: ZIVE-MTBs sind schon länger Verkaufsschlager. Lagen E-Trekking und E-MTB 2021 aber noch fast gleich auf, legt das E-MTB 2022 nochmal deutlich zu und sichert sich die Führungsstellung. Allerdings: Dazu zählen neben einigen sportiven E-MTBs auch sicher viele Alltagsbikes mit Stollenreifen und Federgabel.

E-Bikes: E-Mountainbikes weiter im Aufwind

Lange Zeit lagen E-Trekkingräder auf Platz 1 der Käuferkunst. Seit 2021 legen E-MTBs stark zu und konnten die Spitzenposition übernehmen. 2022 ist die Verschiebung in Richtung E-MTB weiterhin deutlich sichtbar.

Die größten Zuwächse gibt es bei sportlichen E-Bikes (E-MTB , Rennrad/Gravel/Fitness), E-Cargobikes und S-Pedelecs. In Zahlen ausgedrückt sieht die Entwicklung wie folgt aus:

  • E-MTB: 38 % / 836.000 Stk. (2021: 680.000 Stk.) Zuwachs: 23 %
  • E-Trekkingräder 28 % / 616.000 Stk. (2021: 642.000 Stk.) Rückgang: 4 %
  • E-Cityräder 24 % / 528.000 Stk. (2021: 520.000 Stk.) Zuwachs: 1,5 %
  • E-Lastenräder (E-Cargobikes) 7,5 % / 165.000 Stk. (2021: 120.000 Stk.) Zuwachs: 37,5 %
  • Rennrad/Gravel/Fitness 1 % / 22.000 Stk. (2021: 10.000 Stk.) Zuwachs: 120 %
  • S-Pedelecs / E-Bike 45 0.5 % / 11.000 Stk. (2021: 8.000 Stk.) Zuwachs: 37,5 %

Lastenrad oder Anhänger

Die Analyse von ZIV und VDZ zeigt: Lastenräder boomen. Lastenräder bzw. Cargobikes gehören zu den am stärksten wachsenden Modellgruppen. Das rasante Wachstum hängt vor allem mit der großen Beliebtheit von E-Lastenrädern zusammen. Erst der Motor macht Lastenräder massentauglich.

Auf der anderen Seite stehen die Fahrradanhänger. In der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion sind Fahrradanhänger gegenüber Lastenrädern in den Hintergrund getreten. Dabei sind sie eine bewährte, sichere und multifunktionale Lösung für den Transport von Kindern, Einkäufen, Lasten oder Hunden: komfortabel, flexibel und zukunftsweisend, insbesondere in Kombination mit E-Bikes als Zugfahrzeug.

  • Zuwachs E-Cargobikes: 37,5 % Summe verkaufter Lastenräder: 212.800 (2021: 167.000)
  • Zuwachs gesamt: 27,4 % zu 2021
  • Summe verkaufter Fahrradanhänger 2022 (ohne B2B): 293.000 Stück zum Vergleich: Lastenräder 212.800 Stück

Fahrräder und E-Bikes mit Mobilitäts-Potential

Fahrräder und E-Bikes haben sich laut ZIV zu einem hochwertigen Mobilitäts- und Freizeitprodukt entwickelt. Diese Qualität wird von Verbraucherinnen und Verbrauchern geschätzt, wie sich an der Nachfrage zeigt. Deshalb sieht der ZIV auf dem deutschen Fahrrad- und E-Bike-Markt große Potentiale.

Laut Erhebungen liegt der durchschnittliche Verkaufspreis bei 500 Euro für ein Fahrrad und bei 2800 Euro für ein E-Bike. „Wenn man sich die Preisentwicklungen anschaut, dann ist es nicht einfach so, dass E-Bikes immer teurer würden. Ganz im Gegenteil, man bekommt heute viel mehr Rad fürs Geld“, betont Burkhard Stork. Gleichzeitig haben sich auch die Ansprüche verändert. Kunden wünschen sich heute höherwertige Komponenten, beispielsweise bei der Schaltung, den Bremsen, den Reifen oder der Beleuchtung. Ebenfalls auf der Wunschliste stehen ein starker Akku, Federung, App-Anbindung, ein gutes Design und eine lange Lebensdauer.

Die Fahrradindustrie entwickelt sich weiter

Die Wertschätzung für Fahrräder und E-Bikes führt auch dazu, dass sich die Fahrradindustrie weiter entwickelt - Innovationen bestätigen diese Einschätzung.

Ende der Lieferschwierigkeiten: Kommt 2023 der Preisverfall?

„Jetzt ist genau der richtige Moment, sich ein neues Fahrrad oder E-Bike zu kaufen“, betont ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork. Denn die Lieferkettenprobleme aufgrund der Corona-Pandemie gehörten mittlerweile der Vergangenheit an. Aktuell seien die Lager bei Händlern und Herstellern gut gefüllt. Auch die Kosten für Transport, Vorproduktion und mehr, sinken; und die Preisvorteile würden auch an die Kundschaft weitergegeben.

Auch unsere Recherchen zeigen, dass die Lager vieler Hersteller jetzt schon aus den Nähten platzen. Der Grund: Während Corona haben die Händler viel Ware bestellt, die teils erst jetzt bei ihnen ankommt. Im Klartext heißt das: Speziell wenn die Nachfrage 2023 nicht ganz so hoch ausfällt, dürfte das zu einem deutlichen Preisverfall führen. Schlecht für die Industrie aber gut für die Kunden. Wer ein Schnäppchen machen will, für den könnte sich 2023 etwas Geduld also lohnen.

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Mobilitätswende?

Die eine Seite: Aus der Fahrradbranche kommt das Massenverkehrsmittel der Zukunft. Die andere Seite: Die Verkehrspolitik der aktuellen Bundesregierung lässt keine klare Richtung erkennen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die im Koalitionsvertrag vorgesehenen finanziellen Mittel für Radverkehrsinfrastruktur in Höhe von 2,9 Mrd. Euro abgesichert und fördert das Fahrradparken an ÖV-Haltestellen mit hohen Summen. Gleichzeitig stellt die Bundesregierung weder bei Investitionen noch beim Thema Kraftstoffe die richtigen Weichen für die dringend benötigte Mobilitätswende. Burkhard Stork:

Zwei Drittel aller Alltagswege der Menschen in Stadt und Land lassen sich mit dem Fahrrad oder dem E-Bike problemlos bewältigen. [...] Wir erwarten in Bund, Ländern und Kommunen eine klar auf das Fahrrad ausgerichtete Politik. Profitieren würden davon alle, egal, ob sie das Fahrrad schon nutzen oder nicht.

Kommt nach dem Ski das Mountainbike?

Wenngleich nicht alle verkauften MTB abseits der Stadtstraßen genutzt werden, ist ihr Potential für die Nutzung in Freizeit und Urlaub riesig. Das sehen auch Tourismus-Regionen, die durch warme Winter und fehlenden Schnee nach ganzjährigen Alternativen sucht. Mountainbike-Tourismus liegt da hoch im Kurs. Um diesen nachhaltig weiterentwickeln zu können, ist vor allem eine eindeutige und bundesweite Regelung des Zutritts zur Natur notwendig. „Es darf kein Flickenteppich mit 16 unterschiedlichen Ländervorschriften entstehen. Wir erwarten, dass die Novellierung des Bundeswaldgesetzes zu einheitlichen bundesweiten Regelungen zum freien Betreten des Waldes führt“, so Stork.

“Wir rechnen mit stabilem Wachstum” - Fazit vom Geschäftsführer des ZIV

“Die Unternehmen der deutschen Fahrradbranche haben die Probleme bei den Lieferketten gut gelöst. Der Krieg in der Ukraine mit seinen Folgewirkungen war nicht absehbar, aber auch diese Herausforderung werden wir nach mehrheitlicher Meinung unserer Mitglieder gut lösen. Wir sehen weiterhin ein großes Interesse am Fahrrad und E-Bike und rechnen für die kommenden Jahre mit einem stabilen Wachstum und einem Innovationsschub. Wenn zusätzlich die Politik ihre Hausaufgaben macht und Menschen im Alltag und in der Freizeit sicher und komfortabel Rad fahren können, steht dem Fahrradland Deutschland weder in Nutzung noch in der Produktion etwas im Weg!”

Burkhard Stork, Geschäftsführer des ZIV (Zweirad-Industrie-Verband)Foto: ZIV - Zweirad-Industrie-VerbandBurkhard Stork, Geschäftsführer des ZIV (Zweirad-Industrie-Verband)

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