Der Trend zum Retro-Foto: Was taugen Sofortbild-Kameras?

Sofortbild-Kameras erleben gerade eine echte Renaissance

Sofortbild-Kameras sind gerade DER Retro-Trend

Foto: Hersteller

70 Jahre ist es her, dass der Physiker Edwin Herbert Land das erste Sofortbild der Welt knipste. 

Er schuf damit einen Kult, der auch heute noch nichts von seinem Zauber verloren hat. Denn auch wenn inzwischen jedes Handy fotografieren kann - dem Polaroid wohnt ein Stückchen Magie inne. Man visiert das Motiv an, drückt auf den Auslöser und hält innerhalb von wenigen Momenten einen Papier-Abzug des Bilds in Händen.

Lange Jahre schien diese Kameragattung ausgestorben. Doch mittlerweile nehmen Hersteller wieder Sofortbild-Kameras in ihr Angebot auf. BILD erklärt die neue Faszination Sofortbild.

Heute werden zu jeder Gelegenheit Unmengen Digitalfotos geschossen, die kaum jemand später anschaut. Viele sehnen sich danach, Bilder nach dem Knipsen wieder schnellstmöglich als Papier in der Hand zu halten und herumzeigen zu können wie einst im Polaroid-Zeitalter. 

Vielleicht deshalb erleben Sofortbild-Kameras gerade solch ein Revival. Offenbar geht der Trend weg vom Smartphone-Schnappschuss, hin zum fühlbaren Foto  das nach wenigen Sekunden aus der Kamera kommt.

Laut Constanze Clauß vom Photoindustrie-Verband werden heute sogar mehr Sofortbild-Kameras verkauft als zu Zeiten der Analogfotografie.

Retro im modernen Kleid

Auslöser des Retro-Revivals war vor einigen Jahren Fujifilm mit seinem Instax-System. Kameras wie die „Mini“ 70 kosten um die 10 Euro und begeistern mit ihren knallbunten Gehäusen und runden Formen vor allem eine ganz junge, weibliche Zielgruppe. Die Geräte kosten um die 100 Euro, Foto-Kassetten für 20 Bilder um die 16 Euro.

Die Instax Mini 70 von Fujifilm (ca. 100 Euro) knipst Sofortbilder mit einer Größe von 62 mal 46 Millimetern

Die Instax Mini 70 von Fujifilm (ca. 100 Euro) knipst Sofortbilder mit einer Größe von 62 mal 46 Millimetern

Foto: Hersteller

Wer seine Sofortbilder gern etwas seriöser schießen mag, wird die Leica „Sofort“ lieben. Die 280 Euro teure Kamera bietet Motiv-Programme und eine sehr gute Optik. 20 Abzüge kosten rund 20 Euro, echte Retro-Fans können mit Spezial-Kassetten auch Schwarz-Weiß-Sofortbilder aufnehmen (10 Fotos ca. 14 Euro).

Leicas Sofortbild-Kamera ist die Sofort für ca. 270 Euro

Leicas Sofortbild-Kamera ist die Sofort für ca. 270 Euro

Foto: Hersteller

Auch Polaroid selbst geht zum Firmenjubiläum mit einer neuen Sofortbild-Kamera ins Nostalgie-Rennen. Die knallbunte Polaroid Pop paart dabei Retro mit aktueller Fototechnik.

So ist die Kamera weitaus handlicher als das ursprüngliche Kult-Gerät. Die Fotos selbst sehen aber aus wie früher und haben das gleiche 3 x 4-Zoll-Format. Das Innenleben des Retro-Gadgets ist der Moderne angepasst: Die Polaroid Pop verfügt über einen 20-Megapixel-CMOS-Sensor, einen Dual-LED-Blitz und einen Bildstabilisator. Außer Fotos kann die Sofortbildkamera auch Videos in Full-HD-Auflösung aufnehmen. Die Kamera wird allerdings erst Ende 2017 auf den Markt kommen.

Sofort und einzigartig

Den Wert der Nostalgie-Bilder weiß auch Thomas Preyer aus Wien zu schätzen. Er bietet Workshops mit alten Polaroid-Kameras an. „Die Sofortbilder sind Unikate und nicht replizierbar“, sagt er. „Das allein gibt ihnen schon einen großen Wert.“ Digitalfotos könne man immer wieder prüfen und neu bearbeiten. „Bei der Sofortbildfotografie ist man gezwungen, vorher zu überlegen und selektiver an die Sache heranzugehen“, erklärt Preyer.

Die Polaroid Pop ist Sofortbild-, Digitalkamera und Thermodrucker in einem Gerät. Sie soll Ende 2017 auf den Markt kommen

Die Polaroid Pop ist Sofortbild-, Digitalkamera und Thermodrucker in einem Gerät. Sie soll Ende 2017 auf den Markt kommen

Foto: Hersteller

Die Kunst des schnellen Bildes

„Die Fotos zeichnen sich durch sanfte und weiche Übergänge aus“, erläutert Fotograf Dennis Improda von der Universität Hannover, der auch zur Sofortbild-Fotografie forscht. Für ihn liegt die besondere Ästhetik in der Fehleranfälligkeit, „im Nicht-Perfekten, den überraschenden Zufällen und Abweichungen“. Denn bei der Entwicklung spielen viele Parameter eine Rolle: Die Qualität des Films, die Temperatur und die Lichtsituation. Wer sie geschickt nutzt, kann mit den Abweichungen spielen und Effekte kreieren.

Die Polaroid Snap Touch kostet rund 180 Euro

Die Polaroid Snap Touch kostet rund 180 Euro

Foto: Hersteller

Automatikprogramme und Farbfilter sowie verschiedene Objektive gibt es trotzdem. Viele der neuen Sofortbild-Kameras bieten Sonderfunktionen wie die Doppel- oder Langzeitbelichtung.

Die Leica Sofort beispielsweise bietet Szenenprogramme („Party & People“, „Sport & Action“, „Macro“, …) und auch eine Selfie-Option an. Der Selbstauslöser lässt sich mit zwei Auslösezeiten nutzen. Belichtungszeit, Blitz und Blende können mit Automatik eingesetzt werden.

Teures Vergnügen

Günstig ist der Retro-Spaß allerdings nicht. Zum Preis für die Kamera kommen hohe Kosten für die Filme. Ein Zehner-Film-Pack kostet locker 20 Euro, ein einzelnes Bild also mindestens zwei Euro. Da will die Wahl des Motivs wohl überlegt sein. Die Filme gibt es in verschiedenen Formaten in Schwarz-Weiß oder Farbe. Je nach Hersteller in der typischen Retro-Anmutung oder möglichst realitätsnah. Polaroid hat übrigens die Filmproduktion eingestellt. Das Sofortbildpapier kommt nun von Unternehmen wie Fujifilm oder Impossible Project.

Die richtige Pflege

Da die teuren Sofortbildfilme licht- und wärmeempfindlich sind, muss man sie pfleglich behandeln. Der Wiener Polaroid-Experte Thomas Preyer rät, die Kamera bei Kälte nahe am Körper zu tragen und das Foto zum Beispiel in der Innentasche der Jacke entwickeln zu lassen. Bei Hitze kann es helfen, den Film vor Benutzung kühl zu lagern.

Direktes Sonnenlicht macht die Bilder blasser. Am besten lässt man das Foto daher zum Entwickeln direkt in der Tasche verschwinden oder legt es mit der lichtempfindlichen Seite nach unten auf eine glatte Oberfläche.

Hektisches Wedeln, um das Entwickeln zu beschleunigen, ist eher kontraproduktiv und ein Relikt aus alten Polaroid-Zeiten, als die Oberfläche der Fotos noch trocknen musste.

 

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