Ampel auf Migrations-Mission: Jetzt sollen afrikanische Flüchtlinge abgeschoben werden

Freundlicher Empfang mit militärischen Ehren: Kanzler Scholz bei seiner Ankunft in der Nigeria-Hauptstadt Abuja am Sonntag

Freundlicher Empfang mit militärischen Ehren: Kanzler Scholz bei seiner Ankunft in der Nigeria-Hauptstadt Abuja am Sonntag

Foto: Michael Kappeler/dpa
Von: Angelika Hellemann (zzt. Nigeria)

Gleich drei Regierungsmaschinen mit der Aufschrift „Bundesrepublik Deutschland“ fliegen Richtung Afrika. Bei den Reisen geht es um: Migration, Migration, Migration.

► Als Erster startete Kanzler Olaf Scholz (65, SPD) Sonntagfrüh Richtung Nigeria und Ghana.

► Am Montag folgt Innenministein Nancy Faeser (53, SPD) mit dem Ziel Marokko.

► Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (67) hebt ab nach Tansania und Sambia.

Was will Deutschland in Afrika?

Das drängendste Problem ist die Zuwanderung. Es geht um Flüchtlinge, Abschiebungen, Arbeitskräfte. Für Scholz gibt es EIN wirklich wirksames Instrument, um Migration zu steuern: Mit den Herkunftsländern Abkommen abschließen, die zwei klare Regelungen haben:

► Die Länder nehmen ihre in Deutschland abgelehnten Flüchtlinge zurück. Ohne Wenn und Aber. Damit soll die Zahl der ausreisepflichtigen Migranten (300 000) reduziert werden. Und illegale Zuwanderung in Zukunft sinken.

► Im Gegenzug öffnet Deutschland legale Zuwanderungswege für Arbeitskräfte. Deutschlands Wirtschaft bekommt dann dringend benötigte Mitarbeiter. Auch die Herkunftsländer profitieren, weil sie oft zu wenig Jobs im Land haben und Auswanderer meist Geld in die Heimat schicken.

Um genau solche Abkommen geht es in Nigeria und Marokko. Nigeria war bei den Asylbewerbern lange unter den Top fünf der Herkunftsländer. Die Anerkennungsquote liegt aber gerade mal bei rund 12 Prozent.

Dementsprechend hoch ist die Zahl der Nigerianer, die Deutschland eigentlich verlassen müssten: knapp 14 000, davon sind rund 12 000 geduldet, weil sie keinen nigerianischen Pass mehr haben. Nigeria stellt damit die drittgrößte Gruppe bei den Ausreisepflichtigen.

Die Abschiebungen nach Nigeria laufen schleppend, in diesem Jahr waren es 262. Hauptgrund: Nigeria erkennt keine von Deutschland ausgestellten Aushilfspapiere an.

Und auch aus Marokko kommen Tausende nach Deutschland. Doch auch hier ist die Quote für diejenigen, die tatsächlich einen Asylgrund haben, sehr, sehr gering. Und der Stau bei Abschiebungen entsprechend hoch.

Scholz, Steinmeier und Faeser in Afrika – Infografik

Scholz wird in Nigeria, Faeser in Marokko Druck machen, dass solche Abkommen zustande kommen. Allerdings sind die Verhandlungen zäh. Einen Abschluss wird es laut Bundesregierung nicht gleich geben.

Zumal für Nigeria die EU gerade ein Rückführungsabkommen verhandelt, was in den letzten Zügen liegt. Allerdings ist die EU weder für Abschiebungen zuständig, noch kann sie Kontingente für Jobmigration versprechen.

Deshalb ist jetzt schon klar, dass Deutschland mindestens Zusatz-Abschieberegelungen mit Nigeria verhandeln will. So soll genau geregelt werden, wie die Nigerianer, die das Land als erstes verlassen müssen, identifiziert und mit Papieren ausgestattet werden.

In Lagos, der 20-Millionen-Metropole Nigerias, besucht Scholz ein von Deutschland und Nigeria zusammen betriebenes Zentrum, dass nigerianischen Rückkehrern einen Job in ihrer Heimat vermitteln soll. Mehr als 850 abgelehnte Flüchtlinge aus Deutschland haben so in Nigeria bereits Arbeit gefunden.

In Nigerias Hauptstadt Abuja traf Scholz Präsident Bola Ahmed Tinubu (71). In ihrem Gespräch ging es um: Migration.

► Scholz betonte, er wolle für „Talente aus Nigeria“ Wege öffnen, in Deutschland berufstätig zu sein. Gleichzeitig müsse die „irreguläre Migration“ zurückgedrängt werden. Bei der Rücknahme von abgelehnten Migranten wünschte sich Scholz „mehr Fortschritte“.

Bei Arbeitsmigration zeigte sich Tinubu aufgeschlossen, schließlich ist die Hälfte seiner Bevölkerung unter 19:. „Diese jungen Menschen stehen bereit, sich geschäftlich zu betätigen.“ Verhaltener war er bei Rücknahmen, nur wenn die nigerianische Staatsangehörigkeit feststehe und sie gutes Verhalten hätten, seien sie willkommen.

Da wird es noch einiges zu verhandeln geben.

Kanzler Scholz bei Nigerias Präsident Bola Ahmed Tinubu (71) in Abuja

Kanzler Scholz bei Nigerias Präsident Bola Ahmed Tinubu (71) in Abuja

Foto: Michael Kappeler/dpa

Scholz will aber nicht nur Druck machen und das Asylproblem klar ansprechen, er will bei seiner dritten Afrika-Reise auch um Vertrauen werben. Sein Ziel: den Ländern dort zeigen, dass Deutschland ein Partner ist, der sie auf Augenhöhe behandelt und dem sie – wenn sie Migrationsabkommen abschließen – vertrauen können.

Den Kanzler treibt dabei die Überzeugung an, dass die Länder des Globalen Südens in Zukunft immer wichtiger werden.

Ein Beispiel: Nigeria hat heute 220 Millionen Einwohner. Bis 2050 wird sich die Zahl auf rund 450 Millionen verdoppeln. Dann wird Nigeria zu den bevölkerungsreichsten Ländern der Welt gehören – und damit auch mehr Einfluss haben.

Scholz glaubt: Man muss Freundschaften schließen, bevor man den anderen braucht. Und das versucht er mit seinen häufigen Reisen nach Afrika.

Für Deutschland heißt das laut der Bundesregierung: Noch haben wir die Chance, dass wir in den aufstrebenden Ländern Afrikas ernst genommen werden, dass wir mit Arbeitsplätzen in Deutschland und Wirtschaftskooperationen etwas zu bieten haben, dass wir auf Augenhöhe agieren. In 30 Jahren, so die Befürchtung der Regierung, könnte das Machtverhältnis vielleicht ein ganz anderes sein.

Tansania will Schädel zurück – Steinmeier hat ihn NICHT dabei

Und da kommt dann auch der Bundespräsident ins Spiel. Steinmeier trifft in Tansania Vertreter der Maji-Majis.

Die hatten sich gegen die deutschen Kolonialherren aufgelehnt, die Deutschen schlugen den Aufstand blutig nieder. Der Anführer der Maji-Maji, Songea Mbano, wurde gehängt, sein Kopf abgeschlagen und nach Deutschland gebracht.

Jetzt wollen die Nachfahren seinen Schädel zurück. Problem: In Deutschland lagern noch etwa 6000 Schädel aus Afrika in diversen Museen. Und die deutschen Behörden wissen dummerweise nicht, welcher dem Maji-Maji-Anführer gehört.

Aber auch ohne Schädel im Gepäck ist der Besuch des deutschen Staatsoberhaupts eine wichtige Geste. Es ist das Zeichen Deutschlands in Afrika: Heute sind wir die Guten. Heute können und sollen wir miteinander kooperieren. Gerade auch in Sachen Migration.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.