Omikron-Debatte im ZDF: Lauterbach: Ungeimpfte trifft es jetzt ganz hart!

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) am Donnerstag zu Gast bei „Maybrit Illner“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) am Donnerstag zu Gast bei „Maybrit Illner“

Foto: ZDF
Von: Josef Nyary

„Lauterbach ist der erste Minister, der quasi vom Volk gewählt worden ist“, sagte ARD-Talkmasterin Sandra Maischberger diese Woche. Jetzt sitzt der Gesundheitstribun bei ihrer Kollegin Maybrit Illner im ZDF.

Thema: „Omikron und Impfpflicht – neuer Minister, neue Sorgen?“

Die Gäste

Prof. Karl Lauterbach (58, SPD). Der Minister twitterte quasi als erste Amtshandlung, dass Boostern auch gegen Omikron einen „guten Schutz“ liefert.

Tobias Hans (43, CDU). Der saarländische Ministerpräsident verordnet seinem Bundesland ab jetzt einen „Lockdown für Ungeimpfte“.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (63, FDP). Die Verteidigungsexpertin lobt die „friedliche und respektvollen Übergabe der Regierungsverantwortung“.

Viola Priesemann (39). Die Physikerin erforscht Infektionen und warnt: „Schulschließungen sollten immer die Ultima Ratio sein.“

Tina Hildebrandt (51). Die Journalistin („Zeit“) unkt: „Auch Herr Lauterbach kann das Virus nicht einfach ausschalten.“

Der Star ist klar. Was macht er jetzt als Minister anders als in den zahllosen Talkshows zuvor? Das Zoff-o-Meter registriert auch minimalste Modifizierungen.

Inhaltsreichste Antrittsrede

„Ich werde erst mal erklären, was derzeit notwendig ist“, beginnt Lauterbach sein erstes Talkshow-Statement als Minister. „Wir müssen die Booster-Impfungen und auch die Erstimpfungen so stark voranbringen, dass wir große Teile der Bevölkerung geschützt haben, bevor die Omikron-Variante kommt.“

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Foto: ZDF

Sein entscheidender Punkt: „Wir müssen vor der Omikron-Variante noch die Kurve bekommen. Ich werde immer wieder erklären, dass man nur mit drei Impfungen wahrscheinlich gut geschützt ist.“

Hintersinnigster Hinweis

„Und dann sagen Sie dazu den Satz: Wir werden das schaffen“, zitiert die Talkmasterin Lauterbach. „Sie wissen, wie verhängnisvoll so eine Aussage ist?“

„Das ist richtig“, bestätigt der Minister. „Das ist ein Satz, der von dem einen oder anderen, oder von DER einen oder anderen bereut wurde.“

Interessanteste Beschreibungen

Illner fragt nach dem neuen Chef des Corona-Krisenstabs: „Was macht ein toller General, wenn er auf leeren Impfkisten sitzt?“

„Das wäre so schlecht, wie wenn er auf leeren Munitionskisten säße“, antwortet die FDP-Verteidigungsexpertin.

Die „Zeit“-Journalistin hat Lauterbach als „gesundheitspolitische Wundertüte“ beschrieben, auch weil er „der erste direkt gewählte Minister“ sei. Der Gefeierte grient alle Schmeicheleien lässig weg.

Ehrlichstes Bekenntnis

Ministerpräsident Tobias Hans gratuliert dem Minister artig und verspricht: „Ich werde nicht gleich auf ihm rumhacken, auch nicht, wenn vielleicht mal ein Fehler passiert. Ich will, dass er Erfolg hat.“

Zum verfrühten Ende der „epidemischen Notlage“ gesteht Hans unumwunden: „Wir haben diese Lage damals falsch eingeschätzt. Wenn man sich jetzt anschaut, was Omikron möglicherweise noch anrichten wird, halte ich es für sehr wichtig, dass wir den vollen Instrumentenkasten haben.“

Beruhigendste Botschaft

„Wir brauchen deutlich mehr Impfstoff“, erklärt Lauterbach. „Ich bin aber mit den Herstellern im direkten Kontakt, um ihn zu besorgen.“

„Wenn es einen neuen, einen Omikron-Impfstoff gibt, dann werden wir den auch bekommen“, fügt der Minister hinzu. „Ich warte gar nicht ab, sondern gehe schon jetzt in die Beschaffung hinein. Mit der EU, aber es finden auch bilaterale Gespräche statt.“ Sicher ist sicher ...

Eindringlichster Alarmruf

„Wir wissen inzwischen ziemlich gut, dass Omikron deutlich ansteckender ist“, warnt die Infektionsforscherin, aus Göttingen zugeschaltet. „Wir sehen in anderen Ländern, dass sich die Fallzahlen jede Woche vervierfachen.“

Noch sei unklar, wie schwer die Verläufe bei Omikron seien, erläutert sie, aber schon allein der schnelle Anstieg der Fälle könne womöglich die Krankenhäuser überfordern.

Physikerin Viola Priesemann (39) kritisierte BILD für die Schlagzeile „Die Lockdown-Macher“, in der sie neben Kollegen gezeigt wurde

Ganz oder gar nicht: Physikerin Viola Priesemann (39) will keine „halben Lockdowns“

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Vorlautester Autocomplete-Versuch

„Wir haben je nach Bundesland 20 bis 23 Prozent Geimpfte, die schon die dritte Impfung haben“, erläutert der Minister. „Die anderen sind nicht …“

„… vollständig geschützt“, ergänzt Illner, die manchmal gerne so tut, als verstünde sie vom Thema mehr als ihre Gäste.

Doch diesmal korrigiert Lauterbach sie energisch: „Nein! Das muss man klar sagen: Die sind gar nicht geschützt! Da muss man versuchen, einigermaßen ehrlich zu sein!“ O weh …

Konsequentester Vorschlag

Über mögliche Maßnahmen sagt Physikerin Priesemann: „Es ist eine Güterabwägung. Mache ich alles, was ich kann, zwei Wochen lang zu, oder mache ich wieder nur einen halben Lockdown?“

Ihre Antwort: „Wir denken aus den theoretischen Überlegungen, dass kurz und hart durchgreifen wesentlich weniger Belastung langfristig bringt als diese halben Lockdowns.“

Unmissverständlichste Warnung

„Es ist wichtig, dass man eine klare Botschaft an die Ungeimpften sendet: Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben!“, mahnt der Ministerpräsident Hans.

Wenn es aber trotz aller Maßnahmen nicht gelinge, die Delta-Welle zu brechen, dann, so Hans, werde es bei der kommenden Omikron-Welle „auch noch mal harte Maßnahmen geben müssen.“

Überfälligste Idee

Wichtig sei, so die FDP-Politikerin, „dass wir lernen, auch mal in diese Kanäle reinzugehen: Facebook, Instagram. Irgendwelche Influencer machen Werbung für Lippenstifte, haben Millionen Follower. Warum holt man die nicht und sagt: Jetzt mach mal Werbung in deiner Zielgruppe, sich impfen zu lassen!“

„Ich glaube, dass wir als neue Bundesregierung genau diesen Weg gehen“, kündigt sie an, „genau wie wir in den 1980er-Jahren, als AIDS auftauchte, die Menschen durch eine Kampagne erreicht haben.“

Gretchenfrage des Abends

„Wie wollen wir sanktionieren?“, überlegt Hans und schlägt vor: „Es wird nur so gehen, dass man das ähnlich wie bei der Masernimpfpflicht eben auch mit Bußgeldern belegt.“

Seine schärfste Forderung: „Wir müssen auch bereit sein, die Debatten auf der Straße zu ertragen, und da eben auch eine Antwort zu geben. Wir können doch nicht akzeptieren, dass gegen Recht verstoßen wird, in dieser Form. Da müssen wir auch sehr deutlich machen, dass das mit dem Rechtsstaat nicht zu machen ist.“ Rumms!

Saarlands MP Tobias Hans (43, CDU): „Die Wissenschaft kann nur beraten und begleiten, wir treffen die Entscheidungen.“

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Direktestes Eingreifen

Über die Demos vor dem Haus einer thüringischen Ministerin sagt die FDP-Politikerin klipp und klar: „Es muss auch Leute geben dürfen, die völlig anderer Meinung sind, aber das ist eine Übergriffigkeit, die wir in keiner Form dulden können!“

Sie selbst werde von Briefeschreibern attackiert, die sogar ihren Klarnamen daruntersetzten, berichtet Strack-Zimmermann, und „die ich angerufen habe. Die natürlich verstört waren. Wahrscheinlich haben sie gedacht, das sei ein Telefonjoke. Ich habe mich bemüht, mal ins Gespräch zu kommen. Keine Chance!“

Klarste Ansage

„Wir schulden es unserer Bevölkerung, einen Schutz anzubieten, sodass wir nicht von Welle zu Welle weitergehen“, stellt Lauterbach energisch fest.

Sein Ziel sei, „so schnell wie möglich die Bevölkerung so gut zu immunisieren, dass wir die Delta-Welle abschließen, mit möglichst wenigen Toten; dass wir die Omikron-Welle, wenn irgend möglich, noch vermeiden; und dass wir auch noch einen guten Schutz vor weiteren Wellen haben.“

Wichtigste Ankündigung

„Den Impfstoff müssen wir vorab besorgen, sogar auf Reserve, mit Vorräten“, erklärt Lauterbach weiter. „Wenn wir ihn nicht komplett brauchen, können wir ihn immer noch spenden.“

„Der Impfstoff ist neun Monate lagerbar, tiefgekühlt“ berichtet der Minister weiter. Delta und Omikron wirklich effektiv zu bekämpfen sei aus seiner Sicht „nur möglich mit den zwei Säulen Boosterimpfung und Impfpflicht.“

„ZEIT“-Journalistin Tina Hildebrandt nennt Lauterbach eine „gesundheitspolitische Wundertüte“

„ZEIT“-Journalistin Tina Hildebrandt nennt Lauterbach eine „gesundheitspolitische Wundertüte“

Foto: ZDF

Offenste Kampfansage

Danach fordert Lauterbach ohne Umschweife „die Impfpflicht auch im Konflikt“. Denn: „Ich glaube, dass das erhebliche Widerstände bringen wird, aber der Punkt ist jetzt erreicht.“

Denn, so der Minister: „Wir sind jetzt wirklich in einer so prekären Lage, auch mit der Omikron-Variante, die auch noch die Kinder gefährden kann, dass wir sagen müssen: O.k., dann muss der Staat in diesen Konflikt gehen!“

Zitat des Abends

„Die Ungeimpften trifft es jetzt ganz hart.“ Karl Lauterbach

Fazit

Wichtige Informationen, klare Standpunkte, deutliche Kritik und kräftige Pikse gegen die Schwarmdummheit: Das war ein Talk der Kategorie „Rundschlag“.

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