Alltagsfrage: Warum zucken wir im Schlaf?

Kurz bevor wir uns in den Tiefschlaf verabschieden, zucken wir oft noch einmal heftig

Kurz bevor wir uns in den Tiefschlaf verabschieden, zucken wir oft noch einmal heftig

Foto: Antonioguillem - stock.adobe.com

Viele Menschen kennen es: Man kuschelt sich unter seine Bettdecke und beginnt langsam einzuschlafen. Doch plötzlich wird man durch ein Zucken des Körpers aus dem Schlummer geweckt. Manchmal ist es so heftig, dass man erschrickt und wieder hellwach ist. Bei manchen tritt es auch mit dem Gefühl auf, tief zu fallen.

Doch woher kommen diese unkontrollierten Bewegungen? Kann dahinter eine ernsthafte Erkrankung stecken? BILD hat darüber mit dem Schlafforscher Dr. Hans-Günter Weeß gesprochen.

Warum zuckt man beim Einschlafen?

Dr. Weeß: „Meist treten diese Einschlafzuckungen während des Übergangs vom Wachen zum Schlafen, im sogenannten Übergangs- oder Schlafstadium N1 auf. Die Wissenschaft hat es bis heute nicht richtig verstanden, was die Ursache dieses Phänomens ist. Im Laufe des Lebens können diese Einschlafzuckungen episodisch verstärkt auftreten.

Manchmal treten sie sanft auf und stören den Einschlafprozess nur wenig, manchmal heftig und stark und der Schläfer fühlt sich wider hellwach. Vermutlich hat diese Ganzkörperzuckung der Skelettmuskulatur eine entspannende Wirkung, löst letzte muskuläre Verspannungen und kann so die für den Schlaf notwendige körperliche Entspannung unterstützen. Vor allem Menschen mit einem hohen Stresserleben neigen zu diesen gutartigen Einschlafzuckungen.“

Kann hinter dem Zucken auch eine Krankheit stecken?

Dr. Weeß: „Krankheitswert bekommen diese Zuckungen erst dann, wenn sie wiederholt und so häufig auftreten, dass es das Einschlafen nahezu unmöglich macht. Ich kenne Patienten, die sich nicht mehr ins Bett getraut haben, weil sie Angst vor den plötzlich und wiederholt auftretenden Zuckungen entwickelt haben. An Einschlafen war für Sie nicht zu denken.

Eine Sonderform dieser überwiegend gutartigen Einschlafzuckungen stellt der seltene propriospinale Myoklonus dar. Er wird im Rückenmark ausgelöst und ist durch plötzliche und meist heftige Zuckungen des Unterleibs, des Rumpfes und des Nackens gekennzeichnet. Viele der Betroffenen klappen wie ein Taschenmesser in der Hüfte ruckartig und überraschend zusammen. Bisher sind wenige Fälle in der Literatur dokumentiert. Die Störung verläuft häufig chronisch und kann bei starker Belastung Ängste und Depressionen auslösen. Ausgeprägter propriospinaler Myoklonus kann zu Verletzungen des Partners oder des Patienten selbst führen.

Abzugrenzen von den gutartigen Einschlafmyoklonioen sind ebenfalls rhythmische Bewegungen des Kopfes oder ganzen Körpers während des Einschlafens. Manchmal sind die im Fachbegriff Jactationen genannten rhythmischen Bewegungen von monotonem Singen oder Summen begleitet. Der Beginn liegt überwiegend im Säuglingsalter, bei gesunden Kindern verschwindet das Phänomen im Laufe der Entwicklung von allein. Bei älteren Kindern und selten auch Erwachsenen ist diese Form der Selbststimulation und Selbstberuhigung meist als Symptom einer emotionalen Vereinsamung zu werten. Ganz selten sind die Einschlafzuckungen Ausdruck eines zerebralen Anfallsleidens, also einer Form der Epilepsie.“

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Dr. Weeß: „Immer dann, wenn die Einschlafzuckungen zu einer starken Belastung führen, sollte ein Neurologe oder ein spezialisiertes Schlaflabor konsultiert werden.“

Dr. Hans-Günter Weeß: „Schlaf wirkt Wunder – Alles über das wichtigste Drittel unseres Lebens“

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Foto: Droemer Verlag

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