Boris Becker im Interview: »Als Trainer darfst du nicht egozentrisch sein

Vor dem Laureus Award sprach die Tennis-Legende über Djokovic, Deutschland und seine Zukunft

Quelle: BILD
Von: Von LAURA SCHLÜTER und JESSICA ABT

Als Spieler prägte Boris Becker (48) seine Generation, als Trainer steht er mit seinem Schützling Novak Djokovic (28) unangefochten auf Platz 1 der Weltrangliste. Der gewann am Montagabend in Berlin den Laureus. BILD sprach vor der Verleihung mit Boris Becker.

BILD: Laureus unterstützt über 150 Projekte für Kinder und Jugendliche. Was kann Sport mit Kindern bewirken?

Becker: „Um Sport zu machen, braucht man keiner Religion anzugehören, die Hautfarbe oder die Körpergröße ist egal. Man spielt zusammen als Team, und das macht es so außergewöhnlich. Und wenn das junge Menschenkinder schon früh lernen, gehen sie mit ihren Mitmenschen viel respektvoller und besser um.

BILD: Was ist das Geheimnis des Teams Djokovic/Becker?

Becker: „Der große Unterschied als Trainer ist, dass es um den Spieler geht. Wenn man wie ich viele Titel gewonnen hat, hat man nach seiner Karriere oft das Problem, dass man zu egozentrisch ist und auf sich selbst schaut. Als Trainer ist das genau falsch! Da geht es darum, wie geht es Novak und nicht wie geht es mir. Wenn man das verstanden und dazu die Fachkenntnisse hat, ist der Rest kein Problem.“

BILD: Ihre Frau hat gesagt, sie lernt Sie gerade ganz neu kennen, nämlich als Tennisspieler.

Becker: „Das ist natürlich eine ganz andere Seite von mir. Bei einem Tennisturnier mache ich viel von zu Hause aus, Telefonate oder Videoanalysen. Vor großen Spielen fühle ich mich genauso wie früher und gehe durch die ganzen Emotionen hautnah mit.“

BILD: Sie scheinen sich in London sehr wohl zu fühlen. Wie ist mittlerweile ihr Verhältnis zu Deutschland?

Becker: „Ich bin in London zu Hause, habe dort meine wichtigsten Erfolge gefeiert. Ich habe eine Multi-Kulti-Familie, meine Familiensprache ist Englisch. Dennoch habe ich einen deutschen Pass und fühle mich natürlich auch in Deutschland zu Hause. Aber hier gab es viele Berichte unter der Gürtellinie, das gibt es im Ausland über mich nicht. Trotzdem habe ich Millionen von deutschen Fans, das hat sich nicht verändert. Im Gegenteil: Ich glaube, durch die neue Rolle als Trainer ist das eher gestärkt worden.“

BILD: Gab es Momente, in denen Sie Ihre Wimbledon-Titel verflucht haben?

Becker: „Nein, das war ja über 17 Jahre meine Leidenschaft. Die Nebengeräusche, Verlust des Privatlebens, jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, das Erwachsenwerden in der Öffentlichkeit, das ist anstrengend. Man ist fast zu Fehlern gezwungen. Wenn man erwachsen wird, macht man natürlich Fehler.“

Die Tennis-Legende mit den BILD-Reporterinnen Jessica Abt (l.) und Laura Schlüter vor der Laureus-Gala in Berlin

Die Tennis-Legende mit den BILD-Reporterinnen Jessica Abt (l.) und Laura Schlüter vor der Laureus-Gala in Berlin

Foto: Peter Müller BILD

BILD: Wenn ein junger Sportler auf Sie zu kommt und nach einem Rat fragt – was würden Sie ihm mitgeben?

Becker: „Man darf nicht vergessen, wo man her kommt. Was hat einen stark gemacht, wer waren die Menschen an der Seite, bevor jeder wusste, dass man gut ist? Und dass man sich durch das Blitzlichtgewitter nicht blenden lässt. Das gehört zum Geschäft, aber es ist nicht die Realität.“

BILD: Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus?

Becker: „Als Trainer ist man immer im ‚Geschäft des Gewinnens‘. Ewig wird das nicht gehen, ich bin auch irgendwann mit meinem Latein am Ende. Aber Novak ist noch keine 30, seine Karriere kann noch einige Jahre auf diesem Niveau weitergehen. Ich glaube, solange das Team erfolgreich arbeitet, solange wird die Partnerschaft weiter gehen.“

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