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Allgemeinbildender Unterricht (ABU) — «Das Leben besteht bekanntlich nicht nur aus dem Beruf»

Die berufliche Grundbildung vermittelt in erster Linie fachliche, methodische und soziale Kompetenzen, die für die spätere Berufsausübung wichtig sind. Die Berufslernenden werden aber auch in Allgemeinbildung unterrichtet. Warum dies so ist, erklärt Pascal Sigg. Er ist Leiter Fachbereich Allgemeinbildung an der gibb Berufsfachschule Bern.

«Die Lernenden sollen in der Lage sein, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese zu vertreten»: Pascal Sigg.

       

Peter Brand

Herr Sigg, warum braucht es in der Berufslehre Allgemeinbildung?
Das Leben besteht bekanntlich nicht nur aus dem Beruf. Es gibt weitere wichtige Bereiche. Genau diese will die Allgemeinbildung stärken. Die Lernenden brauchen Kompetenzen, um auch das private und gesellschaftliche Leben zu meistern. Es geht beispielsweise um den Umgang mit Mitmenschen oder um den Umgang mit digitalen und sozialen Medien. Es geht weiter darum, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, gewinnbringend zu verhandeln, ein Budget zu erstellen, eine Versicherung oder einen Vertrag abzuschliessen. Die Lernenden sollen in der Lage sein, sich eine eigene Meinung zu bilden, diese zu vertreten und an Volksabstimmungen teilzunehmen.

Welchen Stellenwert hat der ABU an Ihrer Schule?
In meinen Augen einen hohen. Das zeigt sich bereits daran, dass die gibb vor ein paar Jahren den ABU vom Ressort zum Fachbereich machte und direkt der Direktion unterstellte. Das ist ein klares Commitment. Ich erkenne die Wichtigkeit des ABU aber auch bei den Lernenden. Viele von ihnen geben in Umfragen an, stark davon zu profitieren.

Welche Bereiche beinhaltet das Fach?
Es setzt sich aus den bewerteten Bereichen Gesellschaft sowie Sprache und Kommunikation zusammen. Im Schullehrplan der gibb stehen zudem explizit Medienkompetenz und Informatikkompetenz. Sie werden im Unterricht mit den anderen Bereichen verknüpft. Im Semesterzeugnis wird je eine Note im Bereich Gesellschaft sowie Sprache und Kommunikation ausgewiesen.

Der nationale Rahmenlehrplan sieht themen- und handlungsorientierten Unterricht vor. Was bedeutet das für den Unterricht?
Ein konkretes Beispiel: Wir befinden uns im Thema Markt und befassen uns mit der Manipulation. Die Lernenden erstellen einen neuen Google-Account. Anschliessend bewegen sie sich online in einer konkreten Rolle. Eine Woche später analysieren sie, welchen Einfluss ihr Verhalten beispielsweise auf die Inhalte in den sozialen Medien hat. Das ist sehr eindrücklich. Der Algorithmus wirkt sofort. Die Lernenden erleben am eigenen Leib, was durch ihr Verhalten an Angeboten und Inhalten auf sie einprasselt und wie schnell sie sich in einer Blase befinden.

Die Lernenden sind an drei Lernorten gefordert. Wie gut lassen sie sich für ABU begeistern?
Wenn sie sehen, was ihnen der ABU fürs Leben bringt, lassen sie sich durchaus motivieren. Glücklicherweise sind die Themen so definiert, dass meist ein direkter oder mindestens indirekter persönlicher Nutzen abgeleitet werden kann. Wichtig dabei ist, dass im ABU nicht Fachwissen auswendig gelernt wird, sondern Kompetenzen gefördert werden, die in unterschiedlichen Bereichen und in einem neuen Setting angewendet werden können.

Der allgemeinbildende Unterricht umfasst drei Wochenlektionen. Was lässt sich damit erreichen? Wohin möchten Sie die Lernenden bringen?
Ziel ist es, dass sich die Lernenden Kompetenzen aneignen, mit denen sie die sich ständig verändernden beruflichen oder gesellschaftlichen Situationen angehen und meistern können. Gerade bei zwei- oder dreijährigen Ausbildungen ist die Zeit dafür eher knapp. Bei vierjährigen Ausbildungen wird oft viel erreicht, weil in der Summe die nötige Zeit dafür zur Verfügung steht.

Inwiefern wird das allgemeinbildende Wissen im abschliessenden Qualifikationsverfahren geprüft?
Wird die Leistung im Notenausweis zum EFZ vermerkt?
In der Vertiefungsarbeit werden viele Techniken und Kompetenzen angewendet, die im Verlauf der Ausbildung gefördert wurden. Ziel der Arbeit ist es, als Team eine eigenständige Vertiefung eines Themas zu vollziehen. Die fachlichen, arbeitstechnischen und sozialen Erkenntnisse sollen aufbereitet, präsentiert und an einem Prüfungsgespräch erläutert werden. Die Bereiche Gesellschaft sowie Sprache und Kommunikation werden ausserdem in einer zweistündigen Schlussprüfung geprüft. Im Notenausweis zum EFZ steht eine Note für den ABU – auf Zehntel gerundet. Die allgemeinbildenden Fächer machen 20 Prozent der Endnote aus.

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