Ärger über Besitzer von aggressiven Hunden

Die Stadt Backnang geht grundsätzlich Hinweisen nach, wenn Gefahr von einem Hund ausgehen soll. Die Informationen sollten zeitnah und so konkret wie möglich erfolgen. Manchmal stellt sich auch heraus, dass nicht der Hund gefährlich, sondern der Hundebesitzer unzuverlässig ist.

Im Zweifelsfall gilt: Den Hund stets anleinen, um mögliche Probleme oder Bußgelder zu vermeiden. Foto: Unsplash/Dominik Kempf

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Im Zweifelsfall gilt: Den Hund stets anleinen, um mögliche Probleme oder Bußgelder zu vermeiden. Foto: Unsplash/Dominik Kempf

Von Florian Muhl

Backnang. Mit dem Befehl „Fass!“ hat ein Hundebesitzer seinen Kampfhund aus dem Fenster seiner Wohnung im ersten Stock eines Backnanger Wohnhauses geschmissen. Unten vor seiner Haustür standen drei Sternsinger, die geklingelt hatten. Darüber echauffierte sich der Mann offensichtlich so sehr, dass er seinen abgerichteten kleinen Vierbeiner von oben auf die Kinder herabwarf. Zum Glück ist der Hund dem Befehl seines Herrchens nicht gefolgt. Zu einem Biss ist es jedenfalls nicht gekommen.

Kaum zu glauben, aber doch wahr. Die Backnanger Rechts- und Ordnungsamtsleiterin Gisela Blumer berichtet über diesen Vorfall, der sich vor etwa fünf Jahren in der Stadt zugetragen hat. Letztlich wurde der Kampfhund nach einem Gerichtsverfahren beschlagnahmt und in eine Spezialeinrichtung gebracht, in der gefährliche Hunde resozialisiert werden, erklärt Blumer.

Sicher in dieser extremen Ausprägung ein Einzelfall. Die Stadt Backnang hat es als Ortspolizeibehörde für Backnang sowie als Bußgeldbehörde für die Stadt und die acht Kommunen, die der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft (VVG) Backnang angehören, aber hin und wieder mit dem Ärger über aggressive Hunde zu tun. Im Gebiet der VVG Backnang hat es laut Blumer 2020 zwei Bußgeldverfahren gegeben, 2021 drei und im laufenden Jahr bisher ein Verfahren. Aber in keinem Fall habe ein Hund gebissen, sondern Hundehalter seien beispielsweise der Leinenpflicht nicht nachgekommen. Aktueller Fall: ein Mann, der seinem Ärger auch in einer E-Mail an unsere Zeitung Luft machte. Der Anwohner aus dem Plattenwaldgebiet ärgert sich über einen Hundebesitzer, der bei den Gartenfreunden Backnang aktiv ist und der sich weigert, seinen gefährlichen Hund an die Leine zu nehmen, so der Vorwurf des Anwohners.

„Der Hundebesitzer weigert sich,

seinen Hund an die Leine zu nehmen“

„Der Hund hat bereits andere angegriffen und gebissen“, schreibt der BKZ-Leser. Und weiter: „Der Hund ist schon durch seinen Zaun gebrochen und hat einen Hund auf dem Weg attackiert und schwer verletzt.“ Er selbst habe den Besitzer bereits angezeigt. Folgendes sei nämlich vorgefallen: „Der Hundebesitzer hat mich angegriffen und versucht zu Boden zu drücken. Das hat aber nicht funktioniert. Daraufhin habe ich ihn angezeigt.“ Das sei jetzt fast ein Jahr her. „Was mich am meisten schockt ist, dass der Hundebesitzer sich weigert, seinen Hund an die Leine zu nehmen, nach wie vor“, so der Anwohner, der jetzt erneut Behörden informierte, darunter auch die Stadt Backnang.

Blumer nimmt das Schreiben zum Anlass, den Fall zu überprüfen. „Das ist mir ein Anliegen, diesem Hinweis nachzugehen“, so die Amtsleiterin. Sie habe sich bereits an den Vorsitzendenden der Gartenfreunde Hans-Peter Winkler gewandt, der bestätigt habe, dass es zwischen einem Hundebesitzer und dem Beschwerdeführer zu Reibereien gekommen sei. Das heißt für Blumer: „Wir müssen uns den Hund und den Hundeführer anschauen.“ Aber auch die Örtlichkeit, also die Gegebenheiten der Haltung. Bei einem ersten Vororttermin haben die Mitarbeiter des städtischen Vollzugsdienstes den Hundehalter dieser Tage nicht antreffen können. Aber ein direkter Nachbar sei an den Zaun gekommen und habe fragend gesagt, dass die Beamten in Uniform doch sicher wegen des Hundes kommen würden, aber der sei sehr gut erzogen, habe der Nachbar gesagt. Der Hund würde schon anschlagen und bellen, wenn sich jemand dem Grundstück nähere, so der Mann weiter, aber das störe ihn nicht. Seines Wissens habe der Hund noch niemanden gebissen, so der Nachbar abschließend. „Wir werden den Hundehalter erneut aufsuchen“, kündigt Blumer an.

Zudem fragt die Leiterin des Rechts- und Ordnungsamts auch bei der Polizei nach. Die Antwort: In diesem Jahr ist noch keine strafrechtlich relevante Anzeige wegen gefährlicher Hunde in Backnang eingegangen. Übrigens auch bei der Stadt nicht. Blumer habe auch erfahren, dass die Beamten nach der Anzeige des Beschwerdeführers vor Ort waren, dort aber festgestellt hätten, dass es zu keiner strafbaren Handlung gekommen sei, auch nicht zu Ordnungswidrigkeiten. Die Polizei habe dann mit beiden Parteien ein belehrendes Gespräch geführt.

Ein sehr böser Vorfall wird derzeit

am Verwaltungsgericht verhandelt

Derzeit vor dem Verwaltungsgericht anhängig ist zudem „ein sehr böser Vorfall“, wie Blumer sagt, der sich im Juli 2020 im Raum Backnang zugetragen hat. Mit dem Hund sei es im Januar 2021 zu einem weiteren Zwischenfall gekommen. Wegen des laufenden Verfahrens darf die Amtsleiterin keine Details nennen. Nur so viel: „Wir haben alles verfügt, was man verfügen kann.“ So hatte der Hundebesitzer die Auflage, seinen Vierbeiner außerhalb seines Grundstücks an der Leine – keine Ausziehleine – zu führen. Zudem musste er den Kampfhund so halten, dass er aus dem Garten nicht entweichen kann. Darüber hinaus war der Besuch der Hundeschule vorgeschrieben. Letztlich wurde ein Zwangsgeld zunächst angedroht und dann auch festgesetzt. Doch der Hundehalter zahlte nicht und legte Widerspruch ein. Seitdem streiten sich Hundehalter und Stadt vor Gericht.

Bei Hinweisen über gefährliche Hunde bittet Blumer darum, die Stadt so zeitnah und konkret wie möglich zu informieren. Manchmal stelle sich dann auch heraus, dass nicht der Hund gefährlich ist, sondern der Hundehalter unzuverlässig.

Die Hundehaltung ist in Bundes- und Landesgesetzen sowie über kommunale Vorgaben geregelt

Bundesebene Die folgenden vier Bundesgesetze bilden die Basis für die Rechtssprechungen zu Hunden in den einzelnen Bundesländern:

Staatsziel Tierschutz Seit dem Jahr 2002 ist der Tierschutz im deutschen Grundgesetz verankert, und zwar im Artikel 20a. Auch wenn hier der Tierschutz im Allgemeinen gemeint ist, dient dieser Artikel als Grundlage für alle Hundeschutzgesetze. Demnach sollen unter anderem die natürlichen Lebensgrundlagen der Tiere geschützt werden.

TierschHuV Die Tierschutz-Hundeverordnung befasst sich vor allem mit der Haltung und der Zucht von Hunden. Dabei geht es darum, wie der Vierbeiner allgemein gehalten werden muss. Das Gesetz ist sowohl von gewerblichen Züchtern als auch von privaten Hundebesitzern einzuhalten, da es für die Gesetzgebung auf Länderebene eine große Rolle spielt.

HundVerbrEinfG Diese Abkürzung steht für das Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz. Vor allem Personen, die Hunde aus dem Ausland nach Deutschland bringen, müssen sich an dieses Gesetz halten. Bestimmte Hunderassen, deren aggressives Verhalten als gefährlich eingestuft werden kann, dürfen nämlich nicht eingeführt werden. Dazu gehören etwa Pitbullterrier, Bullterrier und weitere Listenhunde. Das Verbot gilt im Übrigen auch für deren Kreuzungen.

Haftpflicht durch Tierhalter Wenn der Hund einem anderen Tier oder Menschen Schaden zufügt, muss der Halter hierfür haften. Das gilt sogar dann, wenn der Vierbeiner von einer anderen Person betreut wird. In manchen Bundesländern ist deshalb eine Haftpflichtversicherung vorgeschrieben. Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich Hundehalter selbst ohne diese Pflicht ausreichend absichern. Oft ist die Kombination mit einer Krankenversicherung für das Tier ebenfalls sehr sinnvoll, um mit plötzlichen hohen Tierarztkosten umgehen zu können. Quelle: Fair-IT

Kampfhunde Die Haltung von gefährlichen Hunden ist in Baden-Württemberg in der Polizeiverordnung über das Halten gefährlicher Hunde geregelt. Dort ist auch festgelegt, welche Hunde als gefährlich und welche als „Kampfhunde“ gelten.

Erlaubnis Wer einen gefährlichen Hund halten möchte, muss bei der Stadt oder seiner Gemeinde eine Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes beantragen. Dazu ist es notwendig, dass man nicht nur ein berechtigtes Interesse, sondern auch die erforderliche Sachkunde nachweisen kann. Bei Rassen, die laut Verordnung als Kampfhunde gelten, kann eine Verhaltensprüfung durchgeführt und die vermutete Kampfhundeeigenschaft widerlegt werden.

Maulkorbzwang Für Hunde, bei denen die Kampfhundeeigenschaft nicht widerlegt ist, besteht Leinen- und Maulkorbzwang. Darüber hinaus besteht für weitere Rassen ein Leinenzwang. Zudem sind gefährliche Hunde jeder Rasse so zu halten, dass von diesen keine Gefahren für Personen und Tiere ausgehen. Quelle: Stadt Backnang

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Erstellt:
9. Juli 2022, 06:00 Uhr

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