Bei der Kreisumlage Spannung bis zum Schluss

Finanzverhandlungen mit dem Land dauern an – Rechnungsabschluss 2019 mit sattem Plus – Annäherung in der Überschussfrage

Finanzdezernent Peter Schäfer hat eine überarbeitete Finanzierungsleitlinie vorgelegt. Sie soll den künftigen Umgang mit Überschüssen regeln. Foto: Landratsamt

Finanzdezernent Peter Schäfer hat eine überarbeitete Finanzierungsleitlinie vorgelegt. Sie soll den künftigen Umgang mit Überschüssen regeln. Foto: Landratsamt

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Landrat Richard Sigel stellte gleich eingangs klar: Über die Höhe der Kreisumlage brauchten die Mitglieder des Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschusses gestern gar nicht zu reden. Denn bei den laufenden Gesprächen mit dem Land ist noch einiges im Fluss: „Die Finanzverhandlungen dauern an.“

Es geht um zwei Themen, bei denen bislang noch nicht klar ist, wie sich das Land einbringt. Da ist zum einen die Frage der Flüchtlingskosten: Die Landkreise erwarten, dass Stuttgart nicht nur für die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft während der ersten 24 Monate aufkommt, sondern auch den Löwenanteil der Ausgaben für geduldete Flüchtlinge übernimmt, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist oder die trotz abgelehnter Anträge vorerst weiter im Land bleiben können. Zum anderen geht es um das Bundesteilhabegesetz, bei dessen Umsetzung die Landkreise ebenfalls auf die Unterstützung des Landes Baden-Württemberg hoffen. „Es ist Bewegung drin“, merkte Sigel an und gab sich zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden wird, die den Landkreisen entgegenkommt. Immerhin befinde man sich in einem konstruktiven Dialog.

Gegenüber den Kommunen signalisierte Sigel früh ein Entgegenkommen: Der Hebesatz für die Kreisumlage sollte von derzeit 34,0 auf 32,3 Prozent sinken. Die Krux besteht aber darin, dass die Städte und Gemeinden trotz Reduzierung tiefer in die Tasche greifen müssen als bisher, weil ihre Steuerkraft, die als Berechnungsgrundlage dient, dank brummender Wirtschaft gewaltig gestiegen ist.

Tauziehen zwischen Kommunen, Fraktionen und Kreisverwaltung

Vor diesem Hintergrund plädierten die Fraktionen von CDU und Freien Wählern sogleich dafür, den Hebesatz noch weiter abzusenken, nämlich auf 32,0 Prozent. Im Gegensatz dazu beantragten die Grünen eine Marke von 32,9 Prozent. Das solle mehr Geld in die Kreiskasse spülen, damit erstens eine Nullrunde bei den VVS-Tarifen möglich werde – was sich mittlerweile aber erledigt hat – und damit finanzielle Risiken im Zusammenhang mit dem Bundesteilhabegesetz abgefedert werden könnten. Derweil regte sich neuer Widerstand gegen die Finanzplanungen des Landkreises, der sich, wie Backnangs Oberbürgermeister und CDU-Kreisrat Frank Nopper beklagte, mit einem Trick jahrelang arm gerechnet habe und damit satte 79 Millionen Euro an den Kommunen vorbei in seine Taschen gelenkt habe.

In der Tat hatte der Landkreis mehrmals nacheinander überragende Haushaltsergebnisse erzielt. Im Rückblick, so auch Noppers Fraktionskollege, der Murrhardter Bürgermeister Armin Mößner, gestern im Ausschuss, sei die Kreisumlage in diesen Jahren um einige Prozentpunkte zu hoch angesetzt gewesen. Sprich: Die Kommunen hätten mehr als nötig nach Waiblingen überwiesen. Dadurch sei es zu einer Überfinanzierung des Kreishaushalts gekommen.

Bestätigt sehen sich die Kritiker vom jüngsten Rechnungsabschluss, der für 2018 ein sattes Plus von 26,7 Millionen Euro ausweist. Zudem erwartet Finanzdezernent Peter Schäfer auch für das laufende Jahr einen Überschuss in möglicherweise zweistelliger Höhe. Dass dieser gestern dann auch noch den Plan vorlegte, einen Teil des Gewinns ins Basiskapital umzubuchen, brachte die finanzversierten Bürgermeister vollends auf. Maximilian Friedrich (Freie Wähler) meldete ebenso Bedenken an wie Mößner, der erklärte, im Basiskapital wäre das Geld der Hoheit des Kreistags entzogen. Stattdessen solle es in die Ergebnisrücklage eingestellt werden, denn: „Es kommen auch wieder schlechtere Jahre.“ Mit einer knappen Mehrheit von zwölf zu elf Stimmen – bei einer Enthaltung – wies der Ausschuss dann Schäfers Vorhaben auch tatsächlich zurück.

Eine Annäherung wurde aber in puncto Finanzierungsleitlinie erzielt. Sie soll regeln, wie der Landkreis künftig mit Überschüssen umgehen soll. Einen ersten Entwurf für einen solchen Grundsatzbeschluss hatte Schäfer im Kreistag vorgelegt; Ziel ist, die frühere Regelung, wonach positive Ergebnisse in die Schuldentilgung fließen sollen, zu ersetzen. Nach der überarbeiteten Richtlinie gibt es für den Schuldenabbau künftig einen dynamischen Deckel von zehn Prozent der Vorjahresschulden, maximal fünf Millionen Euro. Weitere Überschüsse teilen sich Kreis und Kommunen fifty-fifty.

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Erstellt:
10. Dezember 2019, 06:00 Uhr

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