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Das geschichtliche Deutschtandbild des Marxismus-Leninismus | APuZ 30/1960 | bpb.de

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APuZ 30/1960 Das geschichtliche Deutschtandbild des Marxismus-Leninismus

Das geschichtliche Deutschtandbild des Marxismus-Leninismus

Ernst Deuerlein

I. Einleitung

Abbildung 1

Beim abendlichen Dinner des ersten Verhandlungstages der Konferenz von Teheran, am 28. November 1943, richtete Stalin an Roosevelt und Churchill die Frage, was mit Deutschland geschehen solle. Churchill antwortete, daß er nicht gegen die arbeitenden Massen Deutsdilands, sondern gegen dessen Führer und deren gefährliche Machenschaften eingestellt sei. Stalin wandte dagegen ein, in den deutschen Divisionen kämpften viele Werktätigen und berichtete, daß Gefangene aus den arbeitenden Klassen auf die Frage, weshalb sie für Hitler kämpften, erwidert hätten, daß sie Befehlen gehorchten. Stalin erklärte nach dem Zeugnis Churchills in dessen Memoiren, er lasse solche Gefangene erschießen

Hinter dieser Bemerkung steht ein bemerkenswerter, wenn auch bisher wenig beachteter Vorgang, nämlich die ideologische Über-lagerung der Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Deutschland. Für die in das Prokrustesbett des Marxismus-Leninismus gezwängte ideologische Vorstellung Stalins war die Tatsache unerträglich, daß deutsche Arbeiter gegen die Sowjetunion, die Mutter und das Haupt der emanzipierten Arbeiterklasse, kämpften. Die Gründe der nur schlecht verhehlten Empörung und Enttäuschung brauchen nicht lange gesucht zu werden. Deutschland, das Stalin in den im April und Mai 1924 in der „Prawda" veröffentlichten Vorlesungen »Über die Grundlagen des Leninismus“ als „Geburtsland des wissenschaftlichenSozialismus“ feierte, war zumindest für Marx/Engels und auch für ihre russischen Exegeten das Land der sozialistischen Verheißung. „Auf Deutschland richten die Kommunisten ihre Hauptaufmerksamkeit“ schrieb Marx 1847 im „Manifest der Kommunistischen Partei“, „weil DeutsMand am Vorabend einer bürgerlichen Revolution steht und weil es diese Umwälzung unter fortgeschrittneren Bedingungen der europäischen Zivilisation überhaupt, und mit einem viel weiter entwickelten Proletariat vollbringt als England im siebenzehnten und Frankreich im achtzehnten Jahrhundert, die deutsche bürgerliche Revolution also nur das unmittelbare Vorspiel einer proletarischen Revolution sein kann“ Engels bezeichnete 1892 Deutschland als den Schauplatz des ersten großen Sieges des europäischen Proletariats und führte dazu aus: ... hängt der Sieg der europäischen Arbeiterklasse nicht von England allein ab. Er kann nur sichergestellt werden durch das Zusammenwirken von, mindestens, England, Frankreidt und Deutschland. In den beiden letztem Ländern ist die Arbeiterbewegung der englischen ein gut Stück voraus. In Deutschland steht sie sogar innerhalb meßbarer Entfernung vom Triumph. Der Fortsdiritt, den sie dort seit 25 Jahren gemacht, ist ohnegleichen. Er bewegt sich voran mit stets wachsender Geschwindigkeit. Hat die deutsche Bourgeoisie bewiesen, welchen jammervollen Mangel sie leidet an politischer Fähigkeit, Disziplin, Mut, Energie, so hat die deutsche Arbeiterklasse gezeigt, daß sie alle diese Eigenschaften in reichlidtem Maß besitzt. Vor fast vierhundert Jahren war Deutschland der Ausgangspunkt der ersten großen Erhebung der europäischen Mittelklasse; wie die Dinge heute liegen, sollte es unmöglich sein, daß Deutschland auch der Schauplatz sein wird für den ersten großen Sieg des europäischen Proletariats?“

Als die Rezeption des europäisch-deutschen Marxismus durch die aus dem Unterbewußtsein der Völker des zaristischen Reiches aufsteigenden panslawisch-massenimperialistischen Empfindungen bereits voll im Gange war, richtete sich Lenins Erwartung auf den Anschluß Deutschlands an die große Welle der proletarischen Revolution, die nach seiner Meinung unaufhaltsam den Erdkreis umeilen werde. Trotz der harten Bestimmungen des Vertrages von Brest-Litowsk (3. März 1918), von ihm als „Friede von Tilsit“ (9. Juli 1807) charakterisiert und interpretiert, empfahl Lenin am 12. März 1918: „Lerne beim Deutschen! Bleibe dem brüderlichen Bündnis mit den deutschen Arbeitern treu. Sie haben sich mit der Hilfe für uns verspätet. Wir werden Zeit gewinnen, wer- den auf sie warten, und sie werden unszu Hilfe kommen“ Er glaubte an den Sieg Sowjetdeutschlands, weshalb er am 3. Oktober 1918 an das Zentral-Exekutivkomitee der KPdSU (Bolschewiki) schrieb: „Die Folge der Krise in Deutschland . . . wird sicherlich zu der Ergreifung der Regierungsgewalt durch das deutsche Proletariat führen. Das russische Proletariat verfolgt den Lauf der Ereignisse mit gespannter Aufmerksamkeit und großer Begeisterung . .. Das russische Proletariat muß sich darüber klar sein, daß es bald nötig sein wird, für die Sache des Internationalismus große Opfer zu bringen. Die Zeit naht heran, in der es die Umstände erfordern werden, daß wir dem deutschen Volk .. . gegen den anglo-französisdten Imperialismus Hilfe leisten. Laßt uns sofort mit den Vorbereitungen beginnen/Laßt uns zeigen, daß der russische Arbeiter viel energischer arbeiten, größere Opfer bringen und tapferer sterben kann, wenn es gilt, für die Sache der internationalen, proletarischen Revolution zu kämpfen ..

Die Antwort darauf war eine Proklamation der in der KPdSU (Bolschewiki) organisierten Arbeiterschaft, in der es u. a. hieß: „Wir erklären der ganzen Welt, daß Sowjetrußland alle seine Kräfte und Reserven aufbieten wird, um der deutschen revolutionären Regierung zu helfen. Das Allrussische Zentral-Exekutivkomitee bezweifelt nicht, daß das französische, englische, amerikanische und japanische Proletariat im gleichen Lager stehen wird wie Sowjetrußland und das revolutionäre Deutschland“

AIs der Rat der Volksbeauftragten gegen die Unterstützung der eine Revolution im Sinne der russischen Oktober-Revolution anstrebenden Kräfte durch den bereits ausgewiesenen Botschafter der Sowjetunion, Adolf A. Joffe, protestierte, antwortete dieser mit Hohn und — Siegeszuversicht: „Unter Bezugnahme auf Ihr Funktelegramm vom 3. Dezember . ..

das die ehemalige Botschaft der Sowjetregierung in Berlin nicht nur der Verbreitung bolschewistischer Propaganda, sondern auch des Waffenkaufes beschuldigt, möchte ich feststellen, daß besagte Propaganda mit Hilfe der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei durchgeführt wurde. Was den Kauf von Waffen anlangt . . . ist die in Ihrem Funktelegramm erwähnte Summe nicht richtig. Minister Barth erhielt nicht 105 000 Mark, sondern einige hunderttausend zum Zweck des Waffenkaufes. Ich wünsche die wahren Tatsachen dieses Falles bekanntzumachen und rechne es mir zur Ehre an, durch die von mir oben erwähnten. HandluMgen, die in voller Übereinstimmung mit den Unabhängigen . (Sozialisten) ausgeführt wurden . .. mit meiner ganzen Kraft zum Triumph der deutschen Revolution beigetragen zu haben“ 9).

Stalins Respekt vor Deutschlands sozialistischem Primat schlug sich in zahlreichen Auslassungen nieder und erreichte in der Definition „Deutschland, Geburtsland des wissenschaftlichen Sozialismus“ seinen Höhepunkt. Erst im Laufe der von Stalin erzwungenen Integration des Marxismus mit dem russischen Imperialismus, wodurch der Bolschewismus heutiger Erscheinung entstand, trat die Bewunderung für Deutschland in den Hintergrund und machte einem Gefühl gegenüber Deutschland Platz, das, wenn es verständlich gemacht werden soll, mit den Empfindungen der mittelalterlichen Kreuzfahrer gegenüber Palästina verglichen werden muß. Stalins wechselnde Politik gegenüber Deutschland ist ohne Kenntnis ihres ideologischen „Überbaues“ 10) nicht zu verstehen.

Auch sein Verhäl nicht zu verstehen.

Auch sein Verhältnis gegenüber Hitler ist ideologisch bedingt. Aus dieser Abhängigkeit wird begreiflich, daß die Besetzung Ost-und Mittel-deutschlands durch die Rote Armee im Frühjahr 1945 nicht nur als Befreiung des deutschen Volkes von Faschismus und Militarismus, sondern in zunehmendem Maße auch als „Befreiung der Arbeiter-und Bauern-klasse“ deklariert wird. Im Aufruf des ZK der SED zum „Karl-Marxjahr 1953" heißt es: „Die Lehre von Marx und Engels, der Marxismus, ist das größte Kulturgut der deutschen Nation, durch das sie bei allen Völkern der Erde höchstes Ansehen erhalten hat“. Dieses eigentümliche Verhältnis ist mit der auf dem XX. Parteitag der KPdSU (14. -25. Februar 1956) verkündeten „Entstalinisierung" nicht beendet worden, im Gegenteil, durch den Rüdegriff auf Lenin und Marx/Engels sind die ursprünglichen Zusammenhänge aktualisiert worden. Während des Besuches Bundeskanzlers Adenauer in Moskau (9. — 13. September 1955) erklärte der Erste Sekretär des ZK der KPdSLI, N. S. Chruschtschow: „Die Sowjetunion hat sich innerhalb einer kurzen Zeit aus einem rückständigen, halbfeudalen Land in einen mächtigen Industriestaat verwandelt — das ist eine unbestreitbare Tatsache. Aus dem von Analphabeten bevölkerten Rußland hat sich unser Land in den Jahren der Sowjetmacht zu einem mächtigen Staat mit einem hohen Niveau der Kultur und des politischen Bewußtseins des Volkes entwickelt. Und das ist das Resultat des Sieges des Sozialismus, das Resultat des Sieges des Volkes. Uns ist die Mehrheit gefolgt. Sie wissen sehr wohl, daß auch die Völker Polens, Rumäniens, der Tschechoslowakei, Ungarns, Bulgariens, der Volksrepublik China und einer Reihe anderer Länder Europas und Asiens diesen Weg gehen. In vielen Ländern ist ein innerer Kampf im Gange und die Völker dieser Länder entscheiden die Frage, welchen Weg ihre Entwiddung weitergehen soll. Der Kommunismus ist zu einer großen Kraft geworden. An der Entstehung des Kowwuniswus haben auch Sie, die Deutschen, , Schuld“. Marx und Engels sind doch in Deutschland geboren. Sie haben den Brei gekocht, löffeln Sie ihn also aus"

Einen Tag später, bei den sonntäglichen Unterhaltungen in einer Datscha bei Moskau empfahl Chruschtschow deutschen Gesprächspartnern die Lektüre von Karl Marx, um Kenntnis darüber zu erhalten, was in hundert Jahren sei.

Bei einem Staatsakt anläßlich des 6. Jahrestages der Gründung der „DDR“, am 6. Oktober 1955, erklärte das Mitglied des Präsidiums des ZK der KPdSU, M. A. Suslow, am Ende einer breit angelegten Rede: „Leitstern der Volksntassen iw Kampf für ihre ureigensten Lebensinteressen war und ist die unsterbliche Lehre des Marxismus-Leninismus. Die Volksmassen, die mit der marxistisch-leninistischen Theorie ausgerüstet sind und sie konsequent in die Tat umsetzen, sind eine unbesiegbare Kraft, die Wunder wirken kann. Kann es denn irgendwelche Zweifel daran geben, daß die deutsche Arbeiterklasse, die der Welt Marx und Engels geschenkt hat, die ruhmreidte Tradition und eine große Kampferfahrung besitzt, nicht audt alle Voraussetzungen dafür hat, um eine friedlidte und demokratische Entwicklung Deutschlands zu gewährleisten? Das Sowjetvolk jedenfalls glaubt fest an die deutsche Arbeiterklasse; es hält sie für seinen zuverlässigen, treuen Bundesgenossen“

Hinter diesen — hier nur skizzierten — Auslassungen steht das Bild Deutschlands, das der Marxismus-Leninismus entworfen hat. Es kann nicht als Propagandagag abgetan werden, wird es doch auf allen Partei-und Staatsschulen des „sozialistischen Lagers“ gelehrt. Der Ostblock sieht Deutschland mit den Augen Marx’, Engels’, Lenins und Stalins. Das bedeutet, daß deren Auslassungen die Vorstellung über Deutschland formen. In Vorgängen, die den Bewohnern der westlichen Hemisphäre unverständlich sind, schlagen diese Vorgänge durch. Eine ideologiefreie Politik befindet sich gegenüber einer ideologisch bedingten und bestimmten Politik in einer eigentümlichen Lage. Ist die erstere bereit, die jeweilige Gegegebenheit zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen und Haltungen zu machen, tritt die letztere den Tatbeständen mit vorgegebener Ansicht und vorgegebenem Urteil gegenüber. Ohne Überschätzung der Bedeutung der Ideologie für die politische Taktik ist die Feststellung erlaubt, daß auf die Entscheidungen der ideologisdi gebundenen Politik Leitbilder einwirken, die zu übersehen ideologiefreie Politik immer versucht ist. Das gilt auch für die Beziehungen zwischen Deutschland und den Ländern des Ostblocks. Ihr Deutschlandbild ist durch den Marxismus-Leninismus bestimmt. Dessen geschichtliche Elemente sind Gegenstand der vorliegenden Studie. Diese charakterisiert zunächst die Anwendung des historischen Materialismus’, wobei die darüber geführte Auseinandersetzung unter den Historikern der SBZ berücksichtigt wird, und führt darauf die Vorstellungen vor, die Marx, Engels, Lenin und Stalin über die Geschichte des deutschen Volkes bis 1917 entwickelt haben. Deren Kenntnis ist Voraussetzung für Beurteilung und Beschreibung der Rolle ideologischer Elemente in den Beziehungen zwischen der Sowjetunion und dem deutschen Volk von 1917 bis zum gegenwärtigen Augenblick.

1. Die Anwendung des historischen Materialismus in der Politik

Vor Eintritt in die Bemühungen, das Deutschlandbild des Marxismus-Leninismus aus seiner sogenannten „klassischen Literatur" herauszulösen und vorzuführen, ist zumindest ein zusammen fassender Exkurs über den historischen Materialismus bolschewistischer Observanz als die geschichtliche Betrachtungsweise des Marxismus-Leninismus angezeigt. Die nichtmaterialistische Geschichtsauffassung — in der marxistischen Terminologie schematisch als „idealistische Geschichtsauffassung“ bezeichnet — sieht nach einer Feststellung Rankes ihr Ideal darin, die historische Wahrheit der Welt zu vergegenwärtigen Bei anderer Gelegenheit hat Ranke die berühmt gewordene Feststellung getroffen: „Man hat der Historie das Amt, die Vergangenheit zu richten, die Mitwelt zum Nutzen künftiger Jahre zu belehren, beigemessen; so hoher Ämter unterwindet sich gegenwärtiger Versudt nicht; e r will bloß zeigen, wie es eigentlich gewesen" Die Wortführer des europäischen Kulturpessimismus sind darüber hinausgegangen und haben der Geschichtsschreibung die Fähigkeit abgesprochen, irgendwelche Erkenntnisse für die Bewältigung und Gestaltung der Gegenwart liefern zu können. „Es gibt einen Grad, Historie zu treiben", versichert Friedrich von Nietzsche in seiner Untersuchung „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“, „und eine Schätzung derselben, bei der das Leben verkümmert und entartet“ Angesichts der — hier nur skizzierten — Unsicherheit in der Funktionsaufgabe der Geschichtswissenschaft ist es verständlich, daß Srbik am Ende einer Untersuchung „Geist und Geschichte vom deutschen Humanismus bis zur Gegenwart“ erklärt: „Unsere edle und sdtöne Wissensdtaft kann erzieherisdt wirken durch einen gewichtigen Beitrag zum Wahrheitsstreben im eigenen Volk und der Völkersumme, aber Lehrhaftigkeit soll ihr Wesen nicht unmittelbar und vor allem bestimmen. Sie kann ferner durch die Kenntnis der Vergangenheit die Gegenwa-f zum Aufbauen auf dem organisch Gewordenen anleiten und vor Bau-willkür behüten, aber audt diese Zweddraftigkeit gehört der zweiten Ordnung ihrer Funktion an. Erfahrung zeigt ja, wie selten und gering die Betrachtung des , historia vitae magistra“ im Leben ist. Folgen wir vielmehr Jacob Burdthardts schönem Wort, es handle sich nicht darum, aus der Gesdtichte klug für ein andermal, sondern weise für immer zu werden“ Dieser Auffassung steht die Lehre des Marxismus-Leninismus entgegen. Karl Kautsky gibt einem Kapitel seines zweibändigen Werkes „Die m ate rialistische Geschichtsauffassung " die bezeichnende Überschrift: „Die Geschichte als Lehrmeisterin". Er entwickelt im Anschluß daran die durch den historischen Materialismus gegebene Bedingtheit zwischen Geschichte und Politik und erklärt: „Die praktisdie Politik, betrieben auf Grund der materialistischen Geschichtsauffassung, erhebt sidt über systemloses Fortwursteln von Fall zu Fall, das einer Ansdiauung entspricht, die in der Geschichte nidtts als eine Aneinanderreihung zufälliger Einzelheiten sieht, die nichts Allgemeines verbindet. Sie lehnt aber dabei audt jene Schablonenhaftigkeit ab, die in der Gesdtidtte nur nadt allgemeinsten Gesetzen sudit und nicht das Besondere im Allgemeinen zu erkennen vermag. Solange die Cesdtidite nichts war als ein moralisierendes Bilderbuch oder eine Sammlung von Vorbildern, nachzuahmenden und abschreckenden, für Staatsmänner, konnte nicht viel aus ihr gelernt werden. Die materialistische Geschichtsauffassung bietet die Möglichkeit, aus ihr zu lernen. Und sie madtt gleichzeitig ihr Studium zu einer Notwendigkeit. Denn ohne sie vermögen wir die Gegenwart nicht völlig zu begreifen und nicht ganz die Aufgaben zu erkennen, die sie uns stellt"

Die Geschichte — richtiger gesagt: eine bestimmte, durch den historischen Materialismus vorgegebene Betrachtungsweise der Geschichte — ist demnach für den historischen Materialismus eine Rüstkammer, der er seine Argumente, seine Auffassungen und damit auch seine Leitbilder entnimmt. In der inzwischen durch eine neue Darstellung ersetzten, in den ideologischen Grundzügen und Grundsätzen unverändert gelassenen „G e s c h i c h t e der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewik!) /Kurzer Lehrgang" wird dazu angeführt: „Der historische Materialismus ist die Ausdehnung der Leitsätze des dialektischen Materialismus auf die Erforschung des gesellschaftlichen Lebens, die Anwendung der Leitsätze des dialektischen Materialismus auf die Erscheinung des Lebens der Gesellschaft, auf die Erforschung der Gesellschaft und auf die Erforschung der Geschichte der Gesellschaft"

Die Geschichte erfährt auf diese Weise nicht nur eine Umdeutung, sie wird durch korrespondierende Interpretion Argument für die Richtigkeit der getroffenen Entscheidung und propagandistisch ausgewerteter Wegweiser für das politische Handeln der Gegenwart. Kautsky, für den der historische Materialismus glaubwürdig ist, sieht in ihm die machtvollste Helferin für den Fortschritt der Gesellschaft, der gesellschaftlichen Wissenschaft und der gesellschaftlichen Organisation und versichert: „Darin besteht auch die Hauptaufgabe der materialistischen Geschichtsauffassung. Seit achtzig Jahren ermöglicht sie es den Kämpfern für die Befreiung der Menschheit jeweils die für sie geeignetsten Methoden und Mittel anzuwenden, ohne Illusionen sich jederzeit nur Aufgaben zu setzen, die lösbar sind.

Natürlich ist nicht jeder, der die marxistische Geschichtsauffassung kennt, auch fähig, sie richtig anzuwenden. Aber wer es tut als eifriger Wahrheitssucher, . herzlos, gemütlos', ohne sich durch innere oder äußere Bedürfnisse, etwa nach Macht, blenden zu lassen, dem wird sie reiche Frucht bringen, in Theorie und Praxis. Für den Fortschritt der Gesellschaft, der gesellschaftlichen Wissensdtaft und der gesellschaftlidten Organisation erweist sich die materialistische Geschichtsauffassung als unsere maditvollste Helferin. Sie lehrt uns am besten, nidtt bloß die bisherige Geschichte erkennen, sondern auch die weitere Gesdcichte machen, ohne jegliche Mystik, gleich fern von tatlosem Abwarten des Kommenden, wie von ungeduldigem Zerren an der Kette der Notwendigkeit, um unvermeidlidte Phasen der Entwicklung zu überspringen und ihren Gang zu vergewaltigen"

Stalin schreibt kommentierend dazu in seiner Studie „Über dialektischen und historischen Materialismus: „Die erste Besonderheit der Produktion besteht darin, daß sie niemals für längere Zeit an einer Stelle verharrt, sondern sich immer im Zustand der Veränderung und Entwicklung befindet, wobei Veränderungen in der Produktionsweise unvermeidlich eine Veränderung der gesamten Gesellschaftsordnung, der gesellschaftlichen Ideen, der politischen Ansdrauungen, der politisdten Einrichtungen, eine Umwälzung der gesamten gesellschaftlichen und politischen Struktur hervorrufen.

Auf verschiedenen Entwicklungsstufen bedienen sich die Menschen verschiedener Produktionsweisen oder, gröber gesprochen, führen sie eine verschiedene Lebensweise. Im urwüchsigen Gemeinwesen besteht die eine Produktionsweise, unter der Sklaverei eine andere, unter dem Feudalismus eine dritte Produktionsweise usw. Dementsprechend sind audt die Gesellschaftsordnung der Menschen, ihr geistiges Leben, ihre Anschauungen, ihre politischen Einrichtungen verschieden. Wie die Produktionsweise einer Gesellschaft, so ist im wesentlichen auch die Gesellschaft selber, so sind ihre Ideen und Theorien, ihre politischen Anschauungen und Einrichtungen. Oder gröber gesprochen: wie die Lebensweise der Menschen, so ist ihre Denkweise. Das bedeutet, daß die Entwicklungsgeschichte der Gesellschaft vor allem die Entwicklungsgeschichte der Produktion ist, die Geschichte der Produktionsweisen, die einander im Laufe der Jahrhunderte ablösen, die Entwicklungsgeschichte der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse der Menschen. Also ist die Gesdtichte der gesellschaftlichen Entwicklung zugleich auch die Geschichte der Produzenten der materiellen Güter, die Geschichte der werktätigen Massen, die der Hauptfaktor des Produktionsprozesses sind und die Produktion der für die Existenz der Gesellschaft notwendigen materiellen Güter besorgen. Also kann die Geschidrtswissenschaft, will sie eine wirkliche Wissenschaft sein, nidtt mehr die Geschichte der gesellschaftlidten Entwicklung auf die Handlungen von Königen und Heerführern, auf die Handlungen von . Eroberern'und . Staatenbezwingern'reduzieren, sondern muß sich vor allem mit der Geschichte der Produzenten der materiellen Güter, mit der Geschichte der werktätigen Massen, mit der Geschichte der Völker beschäftigen. Also darf man den Schlüssel zur Erforschung der Gesetze der Geschichte der Gesellschaft nicht in den Köpfen der Menschen, nicht in den Anschauungen und Ideen der Gesellschaft suchen, sondern muß ihn in der Produktionsweise suchen, die die Gesellschaft in jeder gegebenen historischen Periode anwendet, in der Ökonomie der Gesellschaft. Also ist die allererste Aufgabe der Geschichtswissenschaft die Erforschung und Aufdeckung der Gesetze der Produktion, der Entwicklungsgesetze der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse, der ökonomischen Entwicklungsgesetze der Gesellschaft“

Mit dieser Feststellung wird erkennbar gemacht, daß die sowjetische Politik in der Abhängigkeit des historischen Materialismus steht. Wenn auch deren Orthodoxie in Zweifel gezogen werden muß, an der Tatsache, daß die Sowjetunion die Politik nicht als die Kunst des Möglichen, sondern als Mechanik einer historischen Gesetzmäßigkeit betrachtet, kann niemand vorbei. Dieser Umstand macht es nicht nur notwendig, sondern zwingt dazu, sich mit der Anwendung des „historischen Materialismus" zu beschäftigen. Es ist ein Irrtum zu glauben, die sowjetische Politik könne ohne ihren ideologischen Aufbau verstanden werden. Wer in ihrer Erforschung trotzdem diesen Weg geht, ist sehr bald am Ende des Erklär-und Interpretierbaren. Das gilt in besonderem Maße für das Verhältnis der Sowjetunion zu Deutschland, liegen doch, wie im einzelnen darzulegen ist, zwischen beiden ideologische Gegebenheiten, die in gleicher oder ähnlicher Form in den Beziehungen der Sowjetunion zu anderen Ländern und Völker nicht existieren.

2. Der „Streit" in der SBZ über den historischen Materialismus 1957

Daß der integrale Charakter des historischen Materialismus noch heute mit Leidenschaft verteidigt wird, demonstriert die Kontroverse unter den Historikern der SBZ, die in besonders eindringlicher Form dessen Problematik vor Augen führt. Die Diskussion ist durch einen Aufsatz des Professors an der Humboldt-Universität Berlin und Leiters der Abteilung Wirtschaftsgeschichte am Institut für Geschichte bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jürgen Kuczy nski in der sowjetzonalen „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ über das Thema „Der Mensch, der Gschichte macht“ eingeleitet worden. Kuczynski beginnt seine Darlegungen mit der Feststellung: „Die Geschichte der wensdrlidien Gesellsdtaft ist die Gesdtidrte des gesellsdiaftlidien Fortschritts, des Kampfes für die Entwicklung immer höherer Beziehungen der Mensdten untereinander und des Mensdien zur Natur. Die Frage, welche Faktoren die Geschidtte, das heißt die Entwiddung der Beziehungen der Mensdien vorantreihen, das heißt qualitative Veränderungen im gesellsdiaftlichen Entwidtlungsprozeß herbeiführen, das heißt, , Gesdiidite madien, ist die entsdieidende Grundlage des historisdten Materialismus, weil sie das Grundproblem des mensdtlidien Fortsdiritts ist.“ Kuczynski stellt unter der Überschrift „W ermachtGeschichte, und was heißt Geschichte mache n?“ fest: „Die utaterialistisdie Anschauung der Gesdiidtte geht von der Erfahrung aus, daß , die letzten Ursachen aller gesellschaftlidicn Veränderungen und politischen Umwälzungen nicht in den Köpfen der Mensdien, in ihrer zunehmenden Einsicht in die ewige Wahrheit und Gereditigkeit, sondern in Veränderungen der Produktions-und Austauschweise zu suchen sind; sie sind zu suchen nicht in der Philosophie, sondern in der Ökonomie der betreffenden Epoche.“ Die Rolle des gesellsdiaftlidi denkenden Mensdien als Ursache aller gesellschaftlidicn Veränderungen, aller politisdien Umwälzungen, das heißt als Ursache der geschichtlidien Bewegungen ist also, wie uns die Erfahrung lehrt, nur eine sekundäre. Das bedeutet natürlich nicht, daß die Gesdiidtte der Gesellschaft nicht die Gesdiidtte gesellschaftlich denkend handelnder Mensdien ist. Engels faßt, ganz im Gegenteil, unsere Erfahrungen so zusammen: ,. .. in der Gesdiidtte der Gesellschaft sind die Handelnden lauter mit Bewußtsein begabte, mit Überlegung oder Leidenschaft handelnde, auf bestimmte Zwecke hinarbeitende Menschen; nichts geschieht ohne bewußte Absidit, ohne gewolltes Ziel.“ . Aber“, fährt Engels warnend fort, . dieser Unterschied, so wichtig er für die geschidttlidie Untersudrung, namentlidt einzelner Epochen und Begebenheiten ist; kann nidits ändern an der Tatsache, daß der Lauf der Geschichte durdi innere allgemeine Gesetze beherrsdit wird. Die inneren allgemeinen Gesetze aber wirken unabhängig vom Mensdien als bewußt handelndem Wesen.“ Marx stellt auf Grund seiner Untersuchungen der Gesdiidtte der mensdilichen Gesellschaft fest: , In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Mensdien bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen.“ Auf diesen wissensdiaftlidten Schlüssen aus unseren Erfahrungen in der Gesdiidtte basiert die Weltanschauung des historisdien Materialismus, die in sdtärfstem Gegensatz zu der falschen Auffassung des historischen Idealismus steht, dessen Grundlehre so zusammengefaßt werden kann: Die denkenden Mensdien machen die Gesdiidtte — primär!“

Nach eingehender Darlegung dieser Thesen versucht Kuczynski die Rolle der Persönlichkeit im geschichtlichen Ablauf nach dem historischen Materialismus zu charakterisieren. Er erklärt, der Erfolg der ersten sozialistischen Revolution habe in Rußland nicht zum geringen Teil von der Qualität der Führung abgehangen und betont, der Bestand der Revolution sei in gewissen Phasen, so z. B. im Zeitabschnitt der Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk, allein vom Genie Lenins gehalten worden. Mit Entschiedenheit weist Kuczynski die Auffassung zurück, es sei Idealismus, wenn erklärt werde, daß ohne zentrale Führung, wie sie die Bolschewiki gehabt hatten, die russische Revolution von 1917— 1920 bei nicht wenigen Gelegenheiten (historische Kräfte-konstellationen) und ohne Lenin einige Male gescheitert wäre. Er fährt fort: „Es hat auch nichts mit Idealismus zu tun, zu erklären, daß mit einer Führung, wie sie die Bolsdtewiki hatten, und mit einem Lenin an der Spitze des Zentralkomitees die Revolution von 1918 bis 1923 in Deutschland ganz anders verlaufen wäre.

Wäre auf Grund sdilechterer Führung die Revolution in Rußland gesdieitert, so wäre sie später von neuem ausgebrochen und siegreich gewesen, so wie sie in Deutsdiland zumindest zum Teil auf Grund sdtledtter Führung gescheitert war und 1945 in anderer Form im Osten Deutschlands siegte“

Die Bemerkung, die sozialistische Revolution habe im Jahre 1945 im Osten Deutschlands, gemeint ist die SBZ, gesiegt, kann als Propagandaphrase übergangen werden. Sie ist für den Versuch charakteristisch, die Besetzung Mitteldeutschlands durch die Rote Armee in den Sieg einer sozialistischen Revolution umzudeuten. Bedeutend ist jedoch der Umstand, daß Kuczynski — offensichtlich unterm Eindruck des XX. Parteitages der KPdSU — den historischen Materialismus soweit ausdehnt, daß für die historische Persönlichkeit, d. h. für das Individuum, Platz bleibt. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß die Bedingtheit des Menschen und seiner Zeit von den Produktionskräften nicht ausschließlich ist. Die Assoziation zum Problemkreis „Personenkult“, die sich aufdrängt, ist in diesem Zusammenhang nicht zu verfolgen. Im Vordergrund steht bei Kuczynski das Bestreben, in der Abhängigkeit der geschichtlichen Entwicklung von den Produktionskräften der historischen Persönlichkeit ein, wenn auch bescheidenes Domizil zu erkämpfen. Der Versuch hat eine lebhafte Kritik ausgelöst. Fritz Köhler hat als erster Kuczynski geantwortet und seiner Replik den aufschlußreichen Titel gegeben: „Das werktätige Volk, der wahre Schöpfer der Geschichte" Günter Heyden stellt in einer Entgegnung fest, daß die Geschichte die Geschichte der menschlichen Tätigkeit sei. Marx und Engels hätten gezeigt, daß die den gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß beherrschenden Gesetze ein wesentliches gemeinsames Merkmal mit den Naturgesetzen besäßen, nämlich ihren objektiven Charakter. Er fährt fort: „Aber im Untersdiied zu den Naturgesetzen, zur Notwendigkeit in der Natur, die weder eine gesellsdtaftlidie Kraft noch eine politisdie Position zu ihrer Durdisetzung, zu ihrem Entstehen und Wirken benötigt, gehört zur gesellsdiaftlidien Notwendigkeit eine gesellschaftlidie Kraft und eine bestimmte politische Position, damit sie wirksam wird, d. h. zur objektiven Gesetzmäßigkeit in der Gesellsdtaft gehört untrennbar der subjektive Faktor, der tätige Mensdi“. Heyden unterstreicht in der Auslegung dieser Auffassung die Feststellung, daß sich die menschliche Gesellschaft gesetzmäßig durch die Tätigkeit der Menschen entwickle. Diese sei die entscheidende Bedingung der Geschichte. Zur Begründung dieser Ansicht erklärt er: „Da in der Gesdiidtte Objekt und Subjekt eine untrennbare Einheit bilden, spredten die Klassiker des Marxismus-Leninismus, wenn sie den gesellschaftlichen Prozeß dtarakterisieren, nicht von einem Naturprozeß, sondern von einem naturgeschichtlichen Prozeß. Dabei haben sie immer wieder betont, daß dieser Prozeß nicht willkürlidt ge- haltet werden kann. Die Menschen besitzen die Fähigkeit, die inneren besetze dieses Prozesses zu erkennen und auszunutzen. Sie müssen und können diese Gesetze in ihrer gesellsdiaftlichen Tätigkeit beachten.“

Heyden beschließt die Auseinandersetzung mit Kuczynski mit der Behauptung, dieser habe nach seiner Meinung das aus der Geschichtsauffassung herausgenommen, was von Marx und Engels hereingebracht worden sei, nämlich den Materialismus. Er fährt fort: „Ohne Materialismus in der Geschichtsauffassung kann es auch keine wissenschaftliche Gescldchtsschreibung geben und keine richtige Beurteilung des Menschen, der Geschichte macht"

Elisabeth G i e r s i e p e n und Waltraud Robbe haben Kuczynski in einer Miszelle „Zur Rolle der Volksmassen und der Persönlichkeit der Geschichte" geantwortet. Sie gehen von der These aus: „Geschichte machen, kann sich doch nur auf das Handeln gemäß der Dialektik der gesellschaftlichen Evolution beziehen, auf Verändern des gesellschaftlichen Seins, der Klassenbeziehungen. Das heißt, indem die Menschen produzieren, machen sie Geschidrte — nicltt aber ihr Produzieren ist . Gesdrichte machen“'

Klaus Gossler betont in seiner, unter dem Titel „D e r historische Materialismus und der Mensch, der Geschichte macht" erschienenen Entgegnung, Kuczynski habe den tiefen Sinn der Worte von Engels am Grabe von Marx nicht bedacht:

„Wie Darwin das Gesetz der Entwiddung der organischen Natur, so entdeckte Marx das Entwiddungsgesetz der menschlichen Geschichte: die bisher unter ideologischen Übe/wucherungen verdeckte einfache Tatsache, daß die Menschen vor allen Dingen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie Politik, Wissenschaft, Kunst, Religion usw. treiben können; daß also die Produktion der unmittelbaren materiellen Lebensmittel und damit die jedesmalige ökonomische Entwiddungsstufe eines Volkes oder eines Zeitabschnittes die Grundlage bildet, aus der sich die Staatseinriditungen, die Rechtsansdrauungen, die Kunst und selbst die religiösen Vorstellungen der betreffenden Völker entwickelt haben und aus der sie daher auch erklärt werden müssen“.

Gossler geht in seiner Erwiderung soweit, daß er Kuczynski vorwirft, er habe den Boden des historischen Materialismus verlassen und sei zum Idealismus abgeglitten Alfred Meusel versucht zwar die harten Worte Gosslers abzuschwächen, unterläßt es jedoch, — sicher bewußt, für Kuczynski Partei zu ergreifen

Diese Diskussion hat, auch wenn sie unter „Fachhistorikern" ausgetragen worden ist, keinen rein akademischen Charakter. Kuczynski hat den Versuch, das Dach des historischen Materialismus zu durchstoßen, unternommen. Die ihm erteilten Antworten, deren Steuerung erkennbar ist, zeigen, daß das vermeintliche ideologische „Tauwetter" keinen Einbruch in der Auslegung und Vertretung des historischen Materialismus gestattet hat. Selbst das bescheidene Unterfangen Kuczynskis, dessen starre Mechanik dadurch in Frage zu stellen, daß für die historische Persönlichkeit kein Raum bleibt, stößt auf scharfe Zurückweisung. Mit allen Mitteln behauptet das „sozialistische Lager" das Gebäude seiner Ideologie. Seine Propaganda, aber auch die innere Optik seiner Politik hängt daran.

3. Uber die Literatur des Marxismus-Leninismus

Die erheblichen Unterschiede zwischen Theorie und Praxis, zwischen dem historischen Materialismus und der Politik des „sozialistischen Lagers" bedürfen bereits an dieser Stelle Erwähnung, auch wenn sie ohne Einfluß auf das Deutschland-Bild des Marxismus-Leninismus sind. Dieser unterscheidet zwischen „Klassikern“ und „Quellen". Der Rang eines „Klassikers", eines materialistischen Kirchenvaters, wird Marx, Engels, Lenin und auch noch immer Stalin zugesprochen. Als „Quellen“ werden zeitgenössische Autoren bezeichnet, deren Auswahl Schwankun-gen unterworfen ist. Ihre Deutungen und Erklärungen haben sekundäre Bedeutung und werden vor allem benutzt, um taktisch bedingte Abweichungen zu rechtfertigen. Sie müssen vor allem für die Entwicklung nach der Oktoberrevolution berücksichtigt werden. Für die Grundlegung des Deutschlandbildes des Marxismus-Leninismus sind dessen „Klassiker“ maßgebend. Warum haben sich diese mit Deutschland befaßt? Bringen sie allen Völkern und Staaten das gleiche Interesse entgegen? Wenn Deutschland aber ein Sonderfall ist, — welches sind die Gründe dafür? Marx und Engels sind nicht nur auf deutschem Boden geboren. Sie sind von der deutschen Philosophie entscheidend angestoßen worden, sie haben die deutsche Geschichte als Exerzierplatz ihrer Thesen betrachtet. Der Marxismus kann seine deutsche Herkunft nicht verleugnen. Er ist, auch wenn die Deutschen in ihrer Gesamtheit sich nicht dazu bekennen, eine von Deutschland ausgehende politisch-ökonomische Weltbewegung. Hans Rothfels hat in seiner eindrucksvollen, leider in Vergessenheit geratenen Studie „Marxismus und auswärtige Weltpolitik“ mit Nachdruck erklärt:

„Es war doch nidtt so, daß die beiden Londoner Exilierten wurzellos im Raume schwebten oder durch den Anschluß an die westeuropäischen Denk-und Wirtschaftsformen ihre bodenständige Bedingtheit ganz hätten abstreifen können. Mitten noch in seinem inneren Umbildungsprozeß begriffen, erkannte Marx die Nationen als , geistige Weltkörper'an, und von Engels weiß man, wie elementar, mit wie entschiedenem Protest gegen den literarisch-ideologischen Patriotismus der vierziger Jahre er den Gedanken nationaler Größe ergriff. Indem dann im marxistischen Geschichtsbild an die Stelle der Nation die Klasse trat, verlor diese Auffassung — formal gesehen — nicht ihre scharfe nationale Prägung. Marx hat einmal die deutsche Philosophie als , die ideale Verlängerung der deutschen Geschichte'bezeichnet; man könnte das gleiche Wort auf seine Lehre anwenden. Er sowohl wie Engels verlängerten in ihrer theoretischen Lebensarbeit, ungewollt aber zwangsläufig, die Schicksalslinie der deutschen Geschidtte, sie nahmen im geistigen Bereich genau die internationale Mittelstellung ein, die ihrem Heimatland als geographisch-politische Daseinsbedingung zugefallen war. Sie selbst waren sich dessen durchaus bewußt. So schrieb Marx 1860 an Engels: , Während in der Westdeutsdten Straßburger Zeitung die literarischen Zuaven, plänkeln in der deutschen Baltischen Monatsschrift (Riga) die literarischen Kosaken, so daß wir . Teutsche'auf beiden Seiten attackiert sind'. — Die gleiche Erfahrung ergab sich aus der Geschichte der ersten Internationale. Sie zerbrach an der doppelten Front, ‘die den deutschen Sozialismus vom romanisdien wie vom slawischen Individualismus und Anardtismus sdtied, von Proudhon hier, von Bakunin dort. Und wenn Marx und Engels um ihres Werkes willen den nationalen Zug zurückdrängten, so beachteten die Gegner um so schärfer diesen Punkt. Bakunin bereits prägte jene Formel, die dann der feindlichen Propaganda im Weltkrieg das Stichwort gegen den deutschen Staatsgedanken so gut wie gegen den deutsdten Sozialismus gegeben hat: , Le socialisme de Marx et la diplomatie de Bismarck travaillent de Concert ä la pangermanisation de l'Europe'. So irreführend und abwegig diese These in ihren beiden Teilen ist, — daß ein gewisser realer Kern ihr zugrunde liegt, läßt sich kaum bestreiten. Und zwar nicht nur wegen der äußeren Zusammenhänge, die mit dem Aufstieg des Bismarckschen Reiches zugleich den Sieg des Marxismus entschieden und mit dadurch der deutschen Sozialdemokratie auf lange hinaus die Führerschaft in der internationalen Bewegung sicherten. Wichtiger ist in unserem Zusammenhang ein anderes: Der deutsche Staatsgedanke und die marxistische Sozialtheorie wurzeln, soweit sie jener gemeinsamen Gegnerschaft aus- gesetzt sind, in dem gleichen geistigen Erdreich, sie haben beide zum Mittelpunkt den Begriff der Macht. Man braucht nur den Namen Hegel zu nennen, um diese Beziehung anzudeuten. Indem Marx den formalen Rahmen der Hegeischen Philosophie mit neuen aus der westeuropäischen Erfahrungswelt entnommenen Inhalten erfüllte, stand er innerhalb einer nationalen Tradition, die er selbst mit dem Satze bezeichnet hat: , Die Deutschen haben in der Politik gedacht, was die andern Völker getan haben'"

Die Tatsache der deutschen Herkunft des Marxismus darf nicht übersehen werden, weist sie doch den Weg zum Verständnis des Deutschland gegenüber bestehenden Veränderungskomplexes des Marxismus russischer Observanz. Dieser wird, wenn er sich um das Verständnis ihrer ersten Klassiker bemüht, mit zahlreichen Ereignissen der deutschen Geschichte konfrontiert. Lenin ist davon so stark erfüllt gewesen, daß er Phasen der nachrevolutionären Entwicklung Rußlands mit Beispielen der deutschen Geschichte, wie sie von Marx und Engels gegeben wurden, erläutert hat. Auch Stalin hat sich zunächst dieser Methode bedient. Erst mit der fortschreitenden Russifizierung des Marxismus hat er die Bezugnahme auf die deutsche Geschichte eingeschränkt. Trotzdem stehen die Studierenden des Marxismus-Leninismus immer wieder Vorgängen der deutschen Geschichte gegenüber. Kein anderes Land befindet sich in der Ideologie des Bolschewismus in einer gleichen oder ähnlichen Lage. Wenn dieser LImstand auch im Gefälle der ideologischen Entwicklung abgeschwächt worden ist, — unterdrückt kann sie nicht werden, es sei denn, Marx und Engels würden entthront.

Die Ideologiemüdigkeit des deutschen Volkes neigt zu der Annahme, der Marxismus-Leninismus könne sich — wie der Nationalsozialismus in der Katastrophe des Deutschen Reiches im Frühjahr 1945 — verflüchtigen. Auch besteht im Westen die Gefahr, den Einfluß des Marxismus-Leninismus wegen seiner zunehmenden Durchsichtigkeit zu unterschätzen, er kann auch nicht als eine ideologische Fiktion betrachtet werden. Gewesene Kommunisten bringen es nur selten fertig, sich aus dem Denkschema des Marxismus-Leninismus zu lösen. In nicht wenigen Fällen ändern sie das Ergebnis, nicht aber die Methode. Auf diese Weise vollzieht sich — sozusagen subkutan — im nichtsozialistischen Teil der Welt eine permanente Rezeption des Marxismus-Leninismus, die auch dann noch von nichterkennbarer Wirksamkeit ist, wenn der Weg nach dem Westen verbunden ist mit der vorbehaltlosen Preisgabe der Ideologie des Ostens.

Innerhalb des „sozialistischen Lagers“ besteht ein erhebliches Gefälle, ein graduierter Unterschied in der Intensität der ideologischen Bindung. Schwerpunkt der Orthodoxie des Marxismus-Leninismus ist im Augenblick — nach westlicher Ansicht — nicht Moskau, sondern Peking. Inwieweit der Marxismus-Leninismus in das Denken des chinesischen Volkes bereits eingedrungen ist, entzieht sich der genauen Beurteilung. Eine tiefe Verankerung hat der Marximus-Leninismus in der Sowjetunion erfahren, wo er seit über vierzig Jahren nicht nur gelehrt, sondern auch angewandt wird. Bereits die altersmäßige Mittelschicht der Völker der Sowjetunion ist, soweit sie Schule besucht hat, im Marxismus-Leninismus unterwiesen. Diese Lage besteht in den europäischen Satellitenstaaten nicht. In diesen betrachtet die Mehrheit der Bevölkerung den Marxismus-Leninismus als Troßgut der 1944/45 einmarschierten Roten Armee. Das gilt in besonderem Maße für die SBZ. Hier kann nur mit Einschränkung von einer Verwurzelung des Marxismus-Leninismus gesprochen werden, weil er den Charakter sowjetischer Propaganda nicht überwunden hat. Dieser LImstand darf jedoch nicht zu einer Unterschätzung der Bedeutung des Marxismus-Leninismus für den Ostblock führen, denn diesem kommt die Rolle eines alle anderen Bekenntnisse und Auffassungen ausschließenden Staatsglaubens zu. Dessen Praktizierung erinnert an die religiöse Gepflogenheit des antiken Roms. In diesem war der Kult Staatsaufgabe und wurde von Staatsfunktionären wahrgenommen. In gleicher Weise wird im sozialistischen Lager die Verkündigung des Marxismus-Leninismus als Staatsaufgabe angesehen und behandelt. Auseinandersetzungen über die Parteilinie sind letzthin immer Kontroversen über die Interpretation des Marxismus-Leninismus. Alle politischen und auch personalpolitischen Vorgänge werden auf ideologische Probleme zurückgeführt. Der einzelne wird nach dem Maß seiner ideologischen Orthodoxie beurteilt. Das politische Denken und Handeln ist in eine politische Zwangsjacke gezwängt, die nur den ideologisch zugelassenen Entfaltungsraum läßt. Ob es sich um die amerikanische Rezession oder um die Ereignisse im Nahen Osten handelt, die politischen Erklärungen beginnen in diesen Fällen immer mit einem Hinweis auf die durch den Marxismus-Leninismus gelehrte Gesetzmäßigkeit der geschichtlichen Entwicklung. Während der amerikanischen „Rezession“ 1957/58 führten z. B. die Ideologen des „sozialistischen Lagers“ Freudentänze auf. Der sowjetische Wirtschaftstheoretiker Eugen Varga erklärte triumphierend, die große Krise des westlichen Kapitalismus sei angebrochen, sein Ende stehe unmittelbar bevor. Nehmen die Ereignisse einen anderen Verlauf, als vorhergesagt worden ist, wird zur Entschuldigung auf zeitliche Verzögerung oder nur „Sprünge“ verwiesen. Wenn Chruschtschow in seiner großsprecherischen Weise vor der Belegschaft eines mitteldeutschen Betriebes erklärte, Bonn werde bettelnd am Tor des SBZ-Staates erschei-nen, so ist das nicht nur Ausdruck eines unrealen Optimismus. Dahinter steht die kritiklos geglaubte Auffassung, daß der Westen, das Lager des Kapitalismus, der großen Wirtschaftskrise nicht entgehen könne.

Die Bindung des politischen Denkens und Handelns an ein ideologisches System erhöht die Notwendigkeit, sich mit dem Deutschland-bild des Marxismus-Leninismus zu befassen. Denn wenn dieser, wie die oben angeführten Auslassungen beweisen, in einem einmalig eigentümlichen Verhältnis zu Deutschland steht, — stellt sich die Frage, welche Auswirkung dessen Anwendung auf die politische Haltung seines Trägers, des „sozialistischen Lagers“, gegenüber Deutschland hat. Aber nicht nur für deren Beantwortung sei das Leitbild des Marxismus-Leninismus von Deutschland bedeutsam. Wie für den einzelnen die Kenntnis der Meinungen seiner Umwelt aufschlußreich ist, ist für ein Volk unerläßlich, die Auffassungen seiner Nachbarn, vor allem wenn diesen in geschichtlichen Ereignissen immer wieder gegenübergetreten ist, über sich zu kennen. Welche Vorstellung haben die sogenannten „Klassiker“ des Marxismus-Leninismus von Deutschland? Sind ihre Anschauungen Wandlungen unterworfen? Hat das Deutschlandbild des Marxismus-Leninismus Einfluß auf die gegenwärtige politische Lage, vornehmlich auf das Verhältnis Sowjetunion—Deutschland? Schließlich ist zu fragen, ob angesichts der eingetretehen ideologischen und politischen Wandlungen das Deutschlandbild des Marxismus-Leninismus Aussagen über die Gegebenheiten des geteilten Deutschlands macht? Dabei ist die Erwägung nicht zu übergehen, ob der Marxismus-Leninismus heute noch Wirklichkeit oder nur noch Propaganda ist? Steht hinter der sowjetischen'Politik noch der Glaube der ersten Stunde des Marxismus an die geschichtliche Gesetzmäßigkeit? Gibt es für die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion einen ideologischen Überbau?

Diese Fragen lassen sich beliebig vermehren, wenn nach der Zuordnung von Marxismus-Leninismus und Deutschland gefragt wird. Bemerkenswert ist, daß dieses, seit 1917 gestellte Thema bisher nicht oder nicht ausreichend behandelt worden ist. Die Annahme liegt nahe, in diesem Umstand eine Fehlerquelle in der Beurteilung der Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Deutschland zu sehen. So wenig die politischen Gegebenheiten des 16. Jahrhunderts, des konfessionellen Zeitalters, ohne Kenntnis ihrer theologischen Überlagerung zu verstehen sind, so wenig sind die Probleme des 20. Jahrhunderts, des massen-ideologischen Zeitalters, ohne ihren ideologischen Überbau zu verstehen. Die sogenannte „klassische" Diplomatie, auf Grund ihrer Ausbildung vordergründig-positivistisch denkend und urteilend, trägt dieser Tatsache nur teilweise Rechnung.

Für die Notwendigkeit, sich mit dem vom Marxismus sowjetischer Observanz entworfenen Bild der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen, spricht auch die Tatsache, daß dieses von den Bildungs-und Schulungseinrichtungen der SBZ gelehrt und propagiert wird. Der Umstand, daß heute bereits im deutschen Volk zwei grundverschiedene, ja gegensätzliche Auffassungen über seine Geschichte vorhanden sind, ist ein nicht unbedeutender Teil der Wiedervereinigungs-Problematik. In dem Augenblick, in dem durch internationale Verständigung irrige oder falsche Darstellungen historischer Vorgänge ausgemerzt werden, ist das deutsche Volk auch in der Beurteilung seiner Geschichte gespalten. Die Erinnerung an die gegensätzlichen Auffassungen der deutschen Geschichtsschreibung im Rahmen der deutschen Einheitsbewegung des 19. Jahrhunderts drängt sich auf. So sehr aber auch groß-und kleindeutsche Geschichtsschreibung miteinander gerungen haben, — niemals haben sie auch die gemeinsame Verantwortung vergessen. Die gegenwärtige Situation ist anders, komplizierter und bedrohlicher. Nicht nur in der Politik, auch in der Geschichtsschreibung besteht zwischen der SBZ und der Bundesrepublik Deutschland eine abgrundtiefe Kluft. Forschung und Lehre der Geschichte ist, wie die verschiedenen Maßnahmen des ZK der SED beweisen, ein Teil der Propaganda Ihre Wirkung darf weder über-noch unterschätzt werden. Zwar bemühen sich einzelne Historiker Mitteldeutschlands, die große Tradition der deutschen Geschichtswissenschaft trotz der Erschwerungen und Behinderungen fortzuführen, doch können sie die marxistisch-leninistische Reglementierung der deutschen Geschichte weder verhindern noch in einem beachtlichen Ausmaß vermindern. Das bedeutet, daß im Zeitpunkt der Wiedervereinigung zwei gegensätzliche, einander sich ausschließende Vorstellungen über die deutsche Geschichte existieren. Die Bewältigung dieses Problems ist über die Feststellung noch nicht hinausgegangen Auf die Dauer ist es notwendig, diesen Fragen verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen. Vor allem wird jeder, der Geschichte lehrt, gehalten sein, sich mit dem Geschichtsbild der SBZ eingehend zu befassen, um es widerlegen zu können. Solange dafür jedoch die wissenschaftlich erarbeiteten Voraussetzungen fehlen, solange bleibt das vom Marxismus-Leninismus entworfene Bild von der deutschen Geschichte eine Provokation im ursprünglichen Sinn des Wortes.

Das Marx-Engels-Lenin-Institut beim ZK der SED veröffentlichte erstmals im Jahre 1952 eine dreibändige Antologie „Marx, Engels, L e n in, S t a 1 i n zu r deutschen Geschichte aus Werken, Schriften, Briefen" Die zweite Auflage erschien 195 3. Mit dem Druckjahr 1956 erschien als dritte Auflage das 91. — 100. Tausend. Diese Sammlung bringt eine, freilich nicht lückenlose Zusammenstellung von Auslassungen Marx', Engels', Lenins und Stalins zur deutschen Geschichte. Als Vorwort sind ihr die Worte Engels'vorangestellt: „Audi das deutsche Volk hat seine revolutionäre Tradition. Es gab eine Zeit, wo Deutsdiland Charaktere hervorbrachte, die sidt den besten Leuten der Revolutionen anderer Länder an die Seite stellen können, wo das deutsdte Volk eine Ausdauer und Energie entwidtelte, die bei einer zentralisierten Nation die großartigsten Resultate erzeugt hätten, wo deutsche Bauern und Plebejer mit Schriften und Plänen sdtwanger gingen, vor denen ihre Nadtkontnten oft genug zurücksdiaudern“ Das Ziel der Publikation ist, beim Vollzug einer Entschließung der 7. Tagung des ZK der SED über die wichtigsten ideologischen Aufgaben der Partei mitzuwirken, die verlangte, den Unterricht in der deutschen Geschichte an den Lehranstalten zu verbessern und die wissenschaftliche Forschungsarbeit auf eine höhere Stufe zu heben. Während die zwei Teile des Bandes II Vorgänge der Geschichte Deutschlands des 19. und 20. Jahrhunderts behandelt, sind im ersten Band alle erreichbaren, der marxistischen Forderung bis heute bekannt gewordenen Arbeiten und Aussprüche der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus zur Geschichte Deutschlands bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts ausgenommen. Damit ist für die Betrachtung der Geschichte des deutschen Volkes durch den Marxismus-Leninismus eine Dokumentation geliefert, die zwar nicht vollständig, jedoch allgemein orientierend ist. In ihr sind alle Ausführungen unterdrückt oder weggelassen, die nicht der amtlichen Parteilinie entsprechen. Ein Vergleich mit den Gesamtausgaben Marx', Engels', Lenins und Stalins zeigt, daß nur ein Teil ihrer Anschauungen über Deutschland und über die deutsche Geschichte in dem vom Marx-Engels-Lenin-Institut beim ZK der SED besorgten Sammelwerk Aufnahme gefunden hat.

Bei den sogenannten „Klassikern" ist zwischen Marx-Engels einerseits und Lenin und Stalin andererseits zu unterscheiden. Marx und Engels bedürfen einer besonderen Berücksichtigung allein aus dem Grunde, daß ihre Vorstellungen über Deutschland von dem Bild bestimmt worden sind, das sie von Deutschland hatten. Beide fühlten sich Deutschland verbunden, was vor allem Engels in den nachdrücklich vorgetragenen Erwartungen auf den Sieg des Sozialismus in Deutschland bezeugte. Für sie war Rußland in jeder Hinsicht ein „unterentwickeltes Land“, das für die Durchsetzung ihrer sozialistischen Erwartung nicht in Frage kam. Ihre Hoffnungen richteten sich auf die deutsche Arbeiterklasse, die sie berufen und fähig hielten, die Expropriation der Expropriateure zu vollziehen. Lenin und Stalin entstammen nicht nur einem anderen Kulturkreis. Wenn sie auch nur gegen die Wahrscheinlichkeit auf die Verwirklichung des Sozialismus und Ruß-land hofften, — dessen Entwicklung bewegte sie zunächst und zuerst.

Die gewaltsame Transferierung des Ideengutes Marx'und Engels'nach Moskau, verbunden mit dem Anspruch ideologischer Infallibilität, löste nicht nur das Schisma des „sozialistischen Lagers“, sondern auch die Durchdringung des Marxismus mit allrussischen und panslawistischen Ideen aus. Inwieweit bei diesem Vorgang Elemente jenes Ereignisses mitwirkten, die zum Schisma der Christenheit in einen östlichen und westlichen Bereich geführt hatten, ist noch nicht untersucht. Darüber kann jedoch kein Zweifel bestehen, daß die translatio der sozialistischen Orthodoxie von der Mitte an die östliche Peripherie Europas zu deren Änderung nicht nur in methodischer Hinsicht geführt hat. Davon wird vor allem deren Verhältnis zu Deutschland betroffen. Die Auslassungen Engels'sind unzweideutig; sie sprechen offen von einer sozialistischen Hegemonie Deutschlands in Europa. Lenin hängt dieser Auffassung zunächst noch an, glaubt er doch vor und auch noch einige Zeit nach der Oktober-Revolution, daß der Sieg der bolschewistischen Revolution in Deutschland Unterpfand des Sieges der Weltrevolution sei. Erst als diese ausbleibt, tritt in seiner Vorstellung über Deutschland eine Ände-. rung ein.

Bei Stalin ist zunächst zu fragen, inwieweit sein publizistisches Werk nach seiner Verurteilung auf dem XX. Parteikongreß der KPdSLI noch als authentisch oder „klassisch" für die Interpretation des Marxismus-Leninismus anzusehen ist. Mit den Möglichkeiten des Westens ist darauf nicht zweifelsfrei zu antworten. Mit Sicherheit darf angenommen werden, daß zwischen der amtlichen Sprachregelung und der nicht nur in der breiten Masse des Volkes noch vorhandenen und wirksamen Auffassungen und Vorstellungen zu unterscheiden ist. Die Rolle, die Stalin seit dem Tode Lenins in der KPdSLI und in der Sowjetunion einnahm, macht es notwendig, seine Auslassungen über Deutschland zu berücksichtigen

Unvermeidlich ist — leider — die Anwendung einer Methode, die die Literatur des Marxismus-Leninismus in hohem Maße fragwürdig, ja lächerlich gemacht hat, nämlich ihr wörtliches Zitieren. Eine zusam-fassend-referierende Darstellung ist nicht in der Lage, Begriffe, Phrasen und Urteile der marxistisch-leninistischen Betrachtung und Bewertung deutlich zu machen. Nicht nur deren Bindung an den unverändert übernommenen Text macht es notwendig, die entscheidenden Stellen der Texte im Wortlaut wiederzugeben. Nur dadurch ist es möglich, deren Eigentümlichkeiten sichtbar zu machen. Ohne deren genaue und vertrauliche Kenntnis bleiben Ideologie und Politik des „sozialistischen Lagers“ jedoch unverständlich. Es ist deshalb notwendig, der Untersuchung den Charakter einer Dokumentation, einer Sammlung der wesentlichen Auslassungen, zu geben.

II. Die Geschichte des deutschen Volkes -marxistisch-leninistisch betrachtet

In der Auseinandersetzung mit der Geschichte des deutschen Volkes entwarfen Marx und Engels ihr Bild von Deutschland. Sie beschäftigten sich beinahe mit allen Phasen der deutschen Geschichte ausführlich und bewerteten sie nach ihrem Denkschema. Ihre Feststellungen sind — meist in vereinfachter und verkürzter Form — Grundlage der Deutung der deutschen Geschichte und des deutschen Volkes durch den Marxismus-Leninismus.

Seine grundsätzliche Auffassung über die deutsche Geschichte brachte Engels in seinem Brief an Franz Mehring vom 14. Juli 1893 zum Ausdruck: „Beim Studium der deutschen Gesckidtte — die ja eine einzige fortlaufende Misere darstellt — habe ich immer gefunden, dafl das Vergleichen der entsprechenden französischen Epochen erst den rechten Maßstab gibt, weil dort das grade Gegenteil von dem geschieht, was bei uns. Dort die Herstellung des Nationalstaats aus den disjectis membris des Feudalstaats, grade als bei uns der Hauptverfall. Dort eine seltne objektive Logik in dem ganzen Verlauf des Prozesses, bei uns öde und stets ödere Zerfahrenheit. Dort repräsentiert der englische Eroberer im Mittelalter in seiner Einmischung zugunsten der provenzalischen Nationalität gegen die nordfranzösische die fremde Einmischung; die Engländerkriege stellen sozusagen den Dreißigjährigen Krieg vor, der aber mit der Vertreibung der ausländischen Einmischung und der Unterwerfung des Südens unter den Norden endigt. Dann kommt der Kampf der Zentralmacht mit dem sich auf ausländische Besitzungen stützenden burgundischen Vasallen, der die Rolle von Brandenburg-Preußen spielt, der aber mit dem Sieg der Zentralmacht endigt und die Herstellung des Nationalstaats endgültig macht. Und grade in dem Moment bricht bei uns der Nationalstaat vollständig zusammen (soweit man das .deutsche Königtum“ innerhalb des Heiligen Römischen Reichs einen Nationalstaat nennen kann), und die Plünderung deutsches Gebiets auf großem Maßstab fängt an. Es ist ein im höchsten Grad für den Deutschen beschämender Vergleich, aber eben darum um so lehrreicher, und seitdem unsre Arbeiter Deutschland wieder in die erste Reihe der geschichtlichen Bewegung gestellt haben, können wir die Schmach der Vergangenheit etwas leichter schlucken. Ganz besonders bezeichnend für die deutsche Entwicklung ist noch, daß die beiden Teilstaaten, die schließlich ganz Deutschland unter sich geteilt, beides keine rein deutschen, sondern Kolonien auf erobertem slawischen Gebiet sind: Österreich eine bayrische, Brandenburg eine sächsische Kolonie, und daß sie sich Macht in Deutschland verschafft haben nur dadurch, daß sie sich auf fremden, undeutschen Besitz stützen: Österreich auf Ungarn (von Böhmen nicht zu sprechen), Brandenburg auf Preußen. An der am meisten bedrohten Westgrenze fand so was nicht statt, an der Nord-grenze überließ man den Dänen, Deutschland gegen die Dänen zu schützen, und im Süden war so wenig zu schützen, daß die Grenzwächter, die Schweizer, sich sogar selbst von Deutschland losreißen konnten!“

Zum Verständnis des vom Marxismus-Leninismus entworfenen Deutschlandbildes ist die Erörterung der durch diesen vorgenommene Periodisierung unerläßlich; sie erfolgt bei der Darstellung des jeweiligen Zeitabschnittes.

1. Der Eintritt der Deutschen in die Geschichte

In seiner 1884 in Zürich veröffentlichten Studie „DerUrsprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ befaßte sich Engels mit der „Gens bei den Deutschen“. Er stellt an den Anfang seiner Ausführungen die Versicherung: „Daß die Deutschen bis zur Völkerwanderung in gentes organisiert waren, ist unzweifelhaft. Sie können das Gebiet zwischen Donau, Rhein, Weichsel und den nördlichen Meeren erst wenige Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung besetzt haben; die Gimbern und Teutonen waren noch in voller Wanderung und die Sueven fanden erst zu Cäsars Zeit feste Wohnsitze“

Engels legte im weiteren Verlauf dar, daß bei den Deutschen — wie bei den Mexikanern und Griechen — die Schlachtordnung, sowohl die Reiterschwadron als auch die Keilkolonne des Fußvolkes, nach Gentilkörperschaften gegliedert waren. Nach eingehender Beschäftigung mit den Formen des Mutterrechts und der Aufteilung des Ackerlandes kam er zu der Feststellung: „Im ganzen gilt also für die zu Völkern verbündeten deutschen Stämme dieselbe Verfassung, wie sie sich bei den Griedten der Heroenzeit und den Römern der sogenannten Königszeit entwickelt hatte: Volksversammlung, Rat der Gentilvorsteher, Heerführer, der schon einer wirklichen königlichen Gewalt zustrebt. Es war die ausgebildetste Verfassung, die die Gentilordnung überhaupt entwickeln konnte; sie war die Musterverfassung der Oberstufe der Bark-rei. Schritt die Gesellschaft hinaus über die Grenzen, innerhalb deren diese Verfassung genügte, so war es aus mit der Gentilordnung; sie wurde gesprengt, der Staat trat an ihre Stelle“

In seiner Betrachtung über „DieStaatsbildungderDeut-sehen“ gab Engels eine sehr eigenwillige Beschreibung der nach seiner Auffassung staatlichen Organisation der deutschen Stämme und schloß mit der Versicherung: „Alles, was die Deutschen der Römerwelt Lebenskräftiges und Leben-bringendes einpflanzten, war Barbarentum. In der Tat sind nur Barbaren fähig, eine an verendender Zivilisation laborierende Welt zu verjüngen. Und die oberste Stufe der Barbarei, zu der und in der die Deutschen sich vor der Völkerwanderung emporgearbeitet, war gerade die günstigste für diesen Prozeß. Das erklärt alles“

Für die Beurteilung der Siedlungsgeschichte ist die Feststellung bedeutsam, daß die Deutschen keineswegs die ersten Einwohner des jetzt von ihnen eingenommenen Landes seien. Wenigstens drei Rassen seien ihnen vorhergegangen. Engels sprach von einer 1.) frühpaläolithischen und einer 2.) spätpaläolithischen Rasse nordischen Ursprungs und 3.) den Kelten. Erst danach seien die Deutschen gekommen. In Anlehnung an Gajus P. Plinius Secundus unterschied er fünf Hauptstämme der Deutschen, wobei er darauf hinweist, daß dessen Einteilung derGruppierung der später auftretenden deutschen Mundarten entspricht Die Betrachtung der Schlacht im Teutoburger Wald (9. n, Chr.) gab ihm Veranlassung, glossierend zu bemerken:

„So kindisch auch das dem Arwinius bei Detmold errichtete Phantasiestandbild ist — es hat nur das eine Gute gehabt, Louis Napoleon zur Errichtung eines ebenso lächerlichen Phantasiekolosses des Nercingetorix auf einem Berge bei Alise-Sainte-Reine zu verleiten so richtig bleibt es, dafl die Varusschlacht einen der entscheidendsten Wendepunkte der Geschichte bildet. Mit ihr war die Unabhängigkeit Deutschlands von Rom ein für allemal entschieden. Es läßt sich darüber viel zwecklos hin-und herstreiten, ob denn diese Unabhängigkeit für die Deutschen selbst ein so großer Gewinn war; sicher ist, daß ohne sie die ganze Geschichte eine andere Richtung eingeschlagen hätte. Und wenn in der Tat die ganze folgende Geschichte der Deutschen fast nur eine große Reihe von — großenteils selbstverschuldeten — Nationalunglücksfällen dar^tellt, so daß auch die bestechendsten Erfolge fast immer zum Schaden des Volks ausschlagen — so muß man doch sagen, daß die Deutschen hier, am Anfang ihrer Geschichte, entschieden Glück hatten“

Das Ergebnis seiner Untersuchung über die Fortschritte der Deutschen bis zur Völkerwanderung faßte Engels in die Erklärung, daß die Deutschen von Cäsar bis Tacitus einen bedeutenden Fortschritt in der Zivilisation gemacht, sich aber von Tacitus bis zum Beginn der Völkerwanderung — um 400 n. Chr. — weiter entwickelt hätten

2. Mittelalter — Feudalzeit

Mit dem Ende der Völkerwanderung setzt in der allgemeinen Perio-disierung des geschichtlichen Ablaufes das Mittelalter ein. Die materialistische Geschichtsauffassung lehnt den Begriff „Mittelalter“ ab. Sie bezeichnet ungefähr die gleiche Zeitspanne, teilweise jedoch bis zur Französischen Revolution (1789) ausgedehnt, mit dem Begriff Feudalismus Grundlage dafür sind die Ausführungen Engels', die an den Anfang dieser Epoche die Umwälzung der Grundbesitzverhältnisse unter Merowingern und Karolingern stellen. Engels erklärte dazu: „Die Markverfassung blieb bis ans Ende des Mittelalters die Grundlage fast des gesamten Lebens der deutschen Nation. Nach anderthalb-tausendjährigem Bestehn ging sie endlich allmählich zugrund auf rein ökonomisdcem Wege. Sie erlag vor den wirtschaftlichen Fortschritten, denen sie nicht länger entsprach. Wir werden ihren Verfall und schließlichen Untergang später zu untersuchen haben; wir werden finden, daß Reste von ihr noch heute fortbestehen. Wenn sie aber so lange sich erhielt, so geschah dies auf Kosten ihrer politischen Bedeutung. Sie war jahrhundertelang die Form gewesen, in der die Freiheit der germanischen Stämme sich verkörpert hatte. Sie wurde jetzt die Grundlage'tausendjähriger Volksknedttschaft. Wie war dies möglich?"

In der Beantwortung der von ihm erhobenen Frage verwies Engels auf die bei den germanischen Stämmen auf römischem Boden erfolgte Durchbrechung des Blutsverbandes des Gaues und auf die Auflösung des Volkes in einen Verband kleiner Dorfgenossenschaften, unter denen kein oder doch fast kein ökonomischer Zusammenhang bestand, da jede Mark sich selbst genügte, ihre eigenen Bedürfnisse selbst produzierte und außerdem die Produkte der einzelnen benachbarten Marken genau dieselben waren. Engels fuhr darauf fort: . Und eine soldre Zusammensetzung des Volkes aus lauter kleinen Genossensdcaften, die zwar gleiche, aber eben deshalb keine gemeinsamen ökonomischen Interessen haben, macht eine nicht aus ihnen hervorgegangene, ihnen fremd gegenüberstehende, sie mehr und mehr ausbeutende Staatsgewalt zur Bedingung der Existenz der Nation“

Engels schilderte in diesem Zusammenhang die Entstehung des Allods, von dem er sagte, daß es durch seine Praktizierung auf römischen Boden das gewesen sei, was das römische Grundeigentum schon lange war, -Ware. Die Betrachtung über die Entwicklung des Boden-besitzes zur Ware, veranlaßte zu der Feststellung: . Und es ist ein unerbittliches Gesetz aller auf Warenproduktion und Warenaustausch beruhenden Gesellschaften, daß in ihnen die Verteilung des Besitzes immer ungleicher, der Gegensatz von Reichtum und Armut immer größer oder Besitz immer mehr in wenigen Händen konzentriert wird; ein Gesetz, das in der modernen kapitalistischen Pro•h^tton zwar seine volle Entwicklung erhält, aber keineswegs erst in ihr überhaupt zur Wirkung kommt. Von dem Augenblick also, wo Allod, frei veräußerliches Grundeigentum, Grundeigentum als Ware entstand, von dem Augenblick war also die Entstehung des großen Grundeigentums nur eine Frage der Zeit“

Von dieser Erwägung ausgehend entwickelte Engels die Entstehung des Großgrundbesitzes, die Bildung der herrschenden Klasse und erläutert die Entstehung des kirchlichen Besitzes, wobei er dem Benefizium besondere Aufmerksamkeit widmete. Die Umwandlung der Besitzverhältnisse sah Engels als die Ursache der Veränderungen der Gau-und Heeresverfassung. Seine Ansichten darüber faßte er in der Bemerkung zusammen, der Preis, um den Karl (der Große) sein neurömisches Kaiserreich kaufte, sei die Vernichtung des Standes der Gemeinfreien, die zur Zeit der Eroberung Galliens das ganze Frankenvolk umfaßt hatten. Die Spaltung des Volkes in große Grundbesitzer, Vasallen, Leibeigene Mit diesen Auslassungen führte Engels in die von ihm gegebene Darstellung der deutschen Geschichte, die Klassenfolge ein. Nach der dieser eigenen Mechanik läuft in der Vorstellung des Marxismus-Leninismus die weitere Entwicklung ab; mit der Bildung der Klasse der Großgrundbesitzer nimmt nach seiner Beurteilung der Feudalismus seinen Anfang. Engels empfand vor dem von ihm ideologisch bekämpften Feudalsystem hohe Achtung, sah er so doch in dessen Entstehung, wie er in seiner Studie „Der Ursprung der F a m i -lien, des Privateigentums und des Staates“ erklärte, ein entscheidendes Element zur Neugestaltung Europas:

„Die Gesellschaftsklassen des 9. Jahrhunderts hatten sich gebildet, nicht in der 'Versumpfung einer untergehenden Zivilisation, sondern in den Geburtswehen einer neuen. Das neue Geschlecht, Herren wie Diener, war ein Geschlecht von Männern, verglidten mit seinen römisdten Vorgängern. Das Verhältnis von mädttigen Grundherrren und dienenden Bauern, das für diese die ausweglose Untergangsform der antiken Welt gewesen, es war jetzt für jene der Ausgangspunkt einer neuen Entwicklung. Und dann, so unproduktiv diese vierhundert Jahre auch scheinen, ein großes Produkt hinterließen sie: die modernen Nationalitäten, die Neugestaltung und Gliederung der westeuropäisdten Menschheit für die kommende Gesdtichte. Die Deutschen hatten in der Tat Europa neu belebt, und darum endete die Staatenauflösung der germanischen Periode nicht mit normännisch-sarazenischer Unterjodtung, sondern mit der Fortbildung der Benefizien und der Schutzergebung (Kommendation) zum Feudalismus und mit einer so gewaltigen Volksvermehrung, daß kaum zweihundert Jahre nachher die starken Aderlässe der Kreuzzüge ohne Sdtaden ertragen wurden. Was aber war das geheimnisvolle Zaubermittel, wodurch die Deutsdten dem absterbenden Europa neue Lebenskraft einhauchten? War es eine dem deutschen Volksstamm eingeborne Wundermadtt, wie unsere diauvinistisdre Geschiditsdtreibung uns vordichtet? Keineswegs. Die Deutsdten waren, besonders damals, ein hodtbegabter arischer Stamm und in voller lebendiger Entwicklung begriffen. Aber nicht ihre spezifischen nationalen Eigensdtaften waren es, die Europa verjüngt haben. Ihre persönlidte Tüchtigkeit und Tapferkeit, ihr Freiheitssinn und demokratischer Instinkt, der in allen öffentlidten Angelegenheiten seine eignen Angelegenheiten sah, kurz, alle die Eigenschaften, die dem Römer abhanden gekommen und die allein imstande, aus dem Schlamm der Römerwelt neue Staaten zu bilden und neue Nationalitäten wachsen zu lassen — was waren sie anders als die Charakterzüge des Barbaren der Oberstufe, Früchte seiner Gentilverfassung?“

Die Entwicklung der Agrarstruktur hielt Engels für so bedeutend, daß er sich mit ihr eingehend beschäftigte. Zu der in Zürich 18 83 veröffentlichten Broschüre „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“ erschien eine Beilage, die sich mit der Mark befaßt. Der Grund dafür war offensichtlich politischer Art. Engels sah, daß die sozialistische Partei in Deutschland nur siegen könne, wenn es ihr gelinge, Bauern und Landarbeiter für sich zu gewinnen. In der Einleitung schrieb er:

„Der Anhang, , Die Mark', wurde in der Absicht geschrieben, in der deutschen Sozialistischen Partei einige grundlegende Kenntnisse über die Geschidtte und die Entwiddung des Grundeigentums in Deutsdtland zu verbreiten. Das schien besonders notwendig zu einer Zeit, da die Gewinnung der städtischen Arbeiterschaft für die Sozialistische Partei ziemlidt weit fortgesdiritten war und es galt, die Landarbeiter und die Bauern in die Hand zu nehmen. Dieser Anhang wurde in die Übersetzung einbezogen, da die ursprünglidien, allen germanisdten Stämmen gemeinsamen Formen des Bodenbesitzes und die Geschichte ihres Verfalls in England noch weit weniger bekannt sind als in Deutschland.

Ich habe den Originaltext unverändert gelassen, also nicht Bezug genommen auf die unlängst von Maxim Kovalevsky aufgestellte Hypothese, derzufolge der Teilung des Acker-und Weidelandes unter die Mitglieder der Mark seine für gemeinsame Rechnung erfolgende Bestellung durch eine große patriarchalische Familiengemeinschaft voraus-ging, die mehrere Generationen umfaßte (wofür die noch heute bestehende südslawische Zädruga ein Bespiel ist), und die Teilung später erfolgte, als die Gemeinsdtaft so groß geworden war, daß sie für gemeinsamen Wirtschaftsbetrieb zu schwerfällig wurde. Kovalevsky hat wahrscheinlich ganz recht, aber die Frage ist noch sub judice“

Die Darstellung selbst leitete Engels mit der Erklärung ein:

„In einem Lande wie Deutschland, wo noch gut die Hälfte vom Landbau lebt, ist es notwendig, daß die sozialistischen Arbeiter und durch sie die Bauern erfahren, wie das heutige Grundeigentum, großes wie kleines, entstanden ist; notwendig, daß dem heutigen Elend der Taglöhner und der heutigen Versdnuldungsknedttschaft der Kleinbauern entgegengehalten werde das alte Gemeineigentum aller freien Männer an dem, was damals für sie in Wahrheit ein . Vaterland', ein ererbter freier Gemeinbesitz war. Ich gebe daher eine kurze geschichtliche Darstellung jener uralten deutschen Bodenverfassung, die sich in kümmerlichen Resten bis auf unsere Tage erhalten, die aber im ganzen Mittelalter als Grundlage und Vorbild aller öffentlichen Verfassung gedient und das ganze öffentliche Leben, nidtt nur in Deutschland, sondern auch in Nordfrankreich, England und Skandinavien durdtdrungen hat“

Für die Umwandlung des Besitzverhältnisses am Boden führte Engels zwei Gründe an: 1. Es gab — nach seiner Darstellung — in Deutschland von Anfang an neben geschlossenen Dörfern mit vollständiger Feldgemeinschaft auch Dörfer, wo außer den Heimstätten auch die Felder aus der Gemeinschaft, der Mark, ausgeschlossen und den einzelnen Bauern erblich zugestellt waren. Dieser Umstand habe dazu geführt, in den Dörfern mit Feldgemeinschaft die gewohnten Umteilungen einschlafen und damit die einzelnen Teile der Genossenschaft ebenfalls erblich und übertragbar werden zu lassen. 2. Die Eroberung der Deutschen auf römischen Gebiet, wo der Boden seit Jahrhunderten unbeschränktes Privateigentum war, führte zu der Übernahme dieser römischen Gepflogenheit. Die dadurch bedingte Veränderung nahm zwar auf die Mark Einfluß, ließ diese jedoch weiterbestehen. Als „Mark“ galt — nicht nur nach Engels — alles übrige Land, d. h. alles, was nicht Haus, Hof oder verteilte Dorfflur war. Es blieb wie zur Urzeit Gemeineigentum zur gemeinsamen Nutzung: „Wald, Weideland, Heiden, Moore, Flüsse, Teiche, Seen, Weg und Steg, Jagd und Fischerei“. Engels wies darauf hin, daß die noch vorhandenen Gemeindewaldungen kümmerliche Reste der alten zugeteilten Marken seien. Ein anderer Rest, wenigstens in Westund Süddeutschland, sei die im Staatsbewußtsein tief wurzelnden Vorstellungen, daß der Wald gemeinsam sei, in dem jeder Blumen, Beeren, Pilze, Bucheckern usw. sammeln und überhaupt, solange er nicht Schaden anrichte, tun und treiben könne, was er wolle. In diesem Zusammenhang betonte er: „Die Dorfverfassung ist nur die Markverfassung einer selbständigen Dorfmark und geht in eine Stadtverfassung über, sobald das Dorf sich in eine Stadt verwandelt, d. h. sich mit Graben und Mauern befestigt. Aus dieser ursprünglichen Stadtmarkverfassung sind alle spätern Städte-verfassungen herausgewadtsen. Lind endlich sind der Markverfassung nadtgebildet die Ordnungen der zahllosen, nicht auf gemeinsamem Grundbesitz beruhenden freien Genossensdiaften des Mittelalters, besonders aber der freien Zünfte. Das der Zunft erteilte Recht zum ausschließlidten Betrieb eines bestimmten Geschäfts wird behandelt ganz wie eine gemeine Mark. Mit derselben Eifersucht wie dort, oft mit ganz denselben Mitteln, wird bei den Zünften dafür gesorgt, daß der Anteil eines jeden Genossen an der gemeinsamen Nutzungscjuelle ein ganz oder doch möglichst gleicher sei“

Engels gab einen Überblick über die nach seiner Meinung zu immer tieferer Abhängigkeit des Bauern führenden Entwicklung der Markverfassung, deren Tiefpunkt er in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg ansetzte:

„Die kapitalistische Periode kündete sich an auf dem Lande als Periode des landwirtschaftlichen Großbetriebs auf Grundlage der leib-eignen Fronarbeit. Diese Umwandlung vollzog sich indes anfangs noch ziemlich langsam. Da kam der Dreißigjährige Krieg. Während eines ganzen Menschenalters wurde Deutschland die Kreuz und Quer durchzogen von der zuchtlosesten Soldateska, die die Gesdtichte kennt. Überall wurde gebrandschatzt, geplündert, gesengt, genotzüchtigt, gemordet. Am meisten litt der Bauer da, wo abseits der großen Heere die kleineren Freisdtaren oder vielmehr Freibeuter auf eigne Faust und für eigne Redtnung hantierten. Die Verwüstung und Entvölkerung war grcmzenlos. Als der Friede kam, lag Deutschland hilflos, zertreten, zerfetzt, blutend am Boden; am elendsten aber war wieder der Bauer. Der grundbesitzende Adel wurde nun alleiniger Herr auf dem Lande. Die Fürsten, die seine politischen Rechte in den Städeversatnwlungen gerade damals vernichteten, liefen ihm dafür freie Hand gegen die Bauern. Die letzte Widerstandskraft der Bauern aber war durch den Krieg gebrochen. So konnte der Adel alle ländlichen 'Verhältnisse so einrichten, wie es zur Wiederherstellung seiner ruinierten Finanzen am passendsten war. Nicht nur wurden die verlassenen Bauernhöfe kurzerhand mit dem Herrenhofgut vereinigt; das Bauernlegen wurde erst jetzt im großen und systematisch betrieben. Je größer das herrschaftliche Hofgut, desto größer natürlich die Frondienste der Bauern. Die Zeit der , ungemessnen Dienste'brach wieder an; der gnädige Herr konnte den Bauern, seine Familie, sein Vieh zur Arbeit abkommandieren, sooft und solange es ihm gefiel. Die Leibeigenschaft wurde jetzt allgemein; ein freier Bauer war nun so selten wie ein weißer Rabe. Und damit der gnädige Herr imstande sei, jeden, auch den geringsten Widerstand des Bauern im Keim zu ersticken, erhielt er vom Landesfürsten die Partimonialgerichtsbarkeit, d. h. er wurde zum alleinigen Richter ernannt für alle kleineren Vergehen und Streitigkeiten der Bauern, selbst wenn ein Bauer mit ihm, dem Herrn, im Streit, der Herr als Richter in eigener Sache war! Von da an herrschten auf dem Lande Stock und Peitsche. Wie das ganze Deutschland, so war der deutsche Bauer bei seiner tiefsten Erniedrigung angekommen. Wie ganz Deutschland, so war auch der Bauer so kraftlos geworden, daß alle Selbsthilfe versagte, daß Rettung nur von außen kommen konnte.“

Engels sprach im Fortgang seiner Untersuchung davon, daß mit der französischen Revolution für Deutschland und den deutschen Bauern die Morgenröte einer besseren Zeit angebrochen sei, doch hätte nicht einmal die zweite französische Revolution 1830 ausgereicht, um die dem Bauern aufgebürdeten Lasten endgültig zu zeitigen. Er schloß seine Betrachtung mit der Feststellung: „Und so Sind wir dann endlich, dank drei französischen Revolutionen und einer deutschen, dahin gekommen, daß wir wieder freie Bauern haben. Aber wie sehr steht unser heutiger freier Bauer zurück gegen den freien Markgenossen der alten Zeit! Sein Hofgut ist meist weit kleiner, und die ungeteilte Mark ist bis auf wenige, sehr verkleinerte und verkommne Gemeindewaldungen dahin. Ohne Marknutzung aber kein rationeller Ackerbau. Der Steuereinnehmer und der hinter ihm drohende Gerichtsvollzieher, die der heutige Bauer nur zu gut kennt, waren dem alten Markgenossen unbekannte Leute, ebenso wie der Hypothekarwudterer, dessen Krallen ein Bauerngut nadt dem anderen verfällt. Und was das beste ist: Diese neuen freien Bauern, deren Güter und deren Flügel so sehr beschnitten sind, wurden in Deutschland, wo alles zu spät geschieht, geschaffen zu einer Zeit, wo nicht nur die wissenschaftliche Landwirtschaft, sondern auch schon die neuerfun denen landwirtschaftlichen Maschinen den Kleinbetrieb mehr und mehr zu einer veralteten, nicht mehr lebensfähigen Betriebsweise machen.“

In einem aus dem Nachlaß veröffentlichten schriftlichen Fragment, dem er die Überschrift „Ü ber den Verfall des Feudalismus und der Bourgeoisie" gab, setzte sich Engels mit dem Ende der feudalistischen Epoche auseinander, wobei er in den Mittelpunkt seiner Untersuchung die Bemerkung stellte, daß dem Feudalismus in der Bürgerschaft der Städte eine gewaltige Waffe erwachsen sei, nämlich das Geld:

„Wie sehr die Feudalität am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts schon von Geld unterhöhlt und innerlich aufgefressen war, tritt schlagend hervor an dem Golddurst, der sich um diese Zeit Westeuropas bemächtigt. Gold suchten die Portugiesen an der afrikanischen Küste, in Indien, im ganzen Fernen Osten; Gold war das Zauberwort, das die Spanier über den Atlantischen Ozean nach Amerika trieb; Gold war das erste, wonach der Weiße frug, sobald er einen neuentdeckten Strand betrat. Aber dieser Drang, in die Ferne auf Abenteuer auszuziehen, um Gold zu suchen, so sehr er auch im Anfang in feudalen und halbfeudalen Formen sich verwirklicht, war doch in seiner Wurzel schon unverträglich mit dem Feudalismus, dessen Grundlage der Ackerbau und dessen Eroberungszüge wesentlich auf Landerwerb gerichtet waren. Dazu war die Schiffahrt ein entschieden bürgerliches Gewerbe, das seinen antifeudalen Charakter auch allen modernen Kriegsflotten ausgeprägt hat. Im fünfzehnten Jahrhundert war also die Feudalität in ganz Westeuropa in vollem Verfall; überall hatten sich Städte mit antifeudalen Interessen, mit eigenem Recht und mit bewaffneter Bürgerschaft in die feudalen Gebiete eingekeilt, hatten die Feudalherren teilweise schon gesellschaftlich, durch das Geld, und hie und da sogar auch politisch in ihre Abhängigkeit gebracht; selbst auf dem Lande, da, wo der Ackerbau durch besonders günstige Verhältnisse sich gehoben, fingen die alten Feudalbande an, unter der Einwirkung des Geldes sich zu lösen; nur in neueroberten Ländern, wie die ostelbischen Deutschlands, oder in sonst zurückgebliebenen, von den Wegen des Handels abgelegenen Strichen blühte die alte Adelsherrschaft fort.“

Erneut zeigte Engels auf die durch das Ende des Feudalismus bedingte Veränderung der Heeresverfassung. Sie habe das Aufsteigen weniger des Bürgertums als des Königstums, dessen endgültigen Durchbruch und Sieg er in die letzte Hälfte des 15. Jahrhunderts legt, unterstützt. Er wandte sich dem Aufstieg der Neuzeit zu, dessen Erörterung er mit einer politischen Bemerkung einleitete. Er erklärte dabei, daß es in Europa, nachdem sich das Königstum durchgesetzt hatte, nur zwei Länder gegeben habe, in denen das Königstum und die ohne dessen Mitwirkung unmögliche nationale Einheit gar nicht oder nur auf dem Papier gestanden habe: Italien und Deutschland

3. Die Periodisierung des Mittelalters

In der marxistisch-leninistischen Umprägung der deutschen Geschichte spielt deren Periodisierung eine hervorragende Rolle. Grundsätzliche Erwägungen dazu trug Jürgen Kuczyinski auf der am 25. Oktober 1953 in Berlin durchgeführten Tagung des Wissenschaftlichen Rates beim Museum für deutsche Geschichte vor: „Natur und Gesellschaft sind bekanntlich einem Entwicklungsprozeß unterworfen, der sich laufend und ununterbrochen, jedodt keineswegs immer geradlinig, vollzieht. In diesem Entwicklungsprozeß führen cjuantitative Veränderungen zu grundlegenden qualitativen Veränderungen. In der Gesdtichte des gesellsdtaftlidien Entwichlungsprozesses sind die entscheidenden qualitativen Veränderungen Veränderungen der Produktionsweise. Diese entsdceidenden qualitativen Veränderungen in der Produktionsweise, ausgehend von Veränderungen in den Produktivkräften, führen zu politisdten Revolutionen, in denen eine neue Klasse die Herrsdtaft antritt und durdt Zerstörung der bestehenden Produktionsverhältnisse den den neuen Produktionskräften entsprechenden neuen Produktionsverhältnissen, die sich bereits im Sdtoße der alten Gesellschaft gebildet hatten, zum vollen Durdtbrudt verhilft.

Das heißt, die Geschichte der Gesellschaft gliedert sich in große Perioden, in Hauptperioden, entsprechend den verschiedenen Produktionsweisen bzw. entsprechend den Produktionsverhältnissen der Menschen. Und da diese Produktionsverhältnisse durch Revolutionen, durch , gewaltsame Handlungen der neuen Klassen'(Stalin), die die Träger der jeweiligen neuen Produktionsverhältnisse sind, zur machtvollen Ausbreitung kommen, zu herrschenden werden, sind diese Revolutionen, diese gewaltsamen Maßnahmen der neuen Klassen die Zäsur zwischen den objektiv bestehenden Hauptperioden der Geschichte. Aber so einfach es theoretisch auf Grund dieser Feststellungen erscheint, die Hauptzäsuren der Geschichte, die die Hauptperioden trennen, zu finden, das heißt Anfang und Ende der Hauptperiode zu bestimmen, so schwierig wird es uns oft in der Praxis, hier ridttig vorzugehen und die konkrete historische Wirklidikeit zu erkennen. Denn diese Revolutionen, die alten Produktionsverhältnissen ein Ende machen und neuen Produkti-Seite sisclie Revolutionen, die gewissermaßen mit einem Schlage innerhalb kurzer Zeit die Verhältnisse verändern. Viel öfter sind diese Revolutionen langwierige Prozesse, und das trifft insbesondere auf die Revolutionen zu, die den feudalen Produktionsverhältnissen, mit denen wir uns heute beschäftigen werden, zum Durchbruch verhelfen. Man kann sogar vielleidrt soweit gehen, zu sagen, daß je moderner die Produktionsverhältnisse, desto schneller im allgemeinen der Übergang und desto kürzer darum auch die Revolutionsperiode, desto leidster also auch die Bestimmung der Zäsur. Stalin hat einmal unser Augenmerk darauf gelenkt, wieviel schneller die kapitalistischen Produktionsverhältnisse ihre Überlegenheit über die feudalen erwiesen als die feudalen gegenüber den vorangehenden. Lind noch viel schneller natürlich wird der Erweis der Überlegenheit der sozialistischen Produktionsverhältnisse über die kapitalistischen im Weltmaßstab erbracht, wobei gleichzeitig zu bedenken ist, daß der Übergang von den kapitalistischen zu den sozialistischen Produktionsverhältnissen unter prinzipiell anderen Bedingungen stattfindet als der Übergang bei allen vorangehenden Produktionsverhältnissen, weil im Gegensatz zu allen anderen die sozialistische Basis nicht im Schoße der alten (kapitalistischen) Gesellschaft heranreifen kann. Die genaue Zäsur wird sich (insbesondere für weit zurüdtliegende Zeiten) aus diesen Gründen nur selten in einem Einzeldatum wie 1789 oder 1917 finden lassen. Unser Ziel muß aber doch sein, zumindest eine Reihe dicht beieinander liegender markanter Daten als Zäsur zu finden. Die Hauptperioden gliedern sich wieder in Perioden und Unter-perioden. Auch hier handelt es sich selbstverständlich um objektive Erscheinungen in der Geschichte und nicht etwa, wie zahlreidte bürgerliche Ideologen behaupten, um eine von Wissensdtaftlern gesdiaffene Systematik zur . besseren Übersicht über den Verlauf der Gesdüchte'. Audi die Perioden und Unterperioden sind objektive Erscheinungen, die von uns erkannt werden müssen, und nicht von den Historikern . erstellte Zusammenfassungen . Es besteht aber ein sehr großer Unterschied zwisdten den Hauptperioden, die den verschiedenen Produktionsverhältnissen entspredten, und den Perioden und Unterperioden, die Gliederungen innerhalb gleicher Produktionsverhältnisse sind. Dieser Unterschied beinhaltet vor allem, daß der Übergang von einer Periode zur anderen oder von einer Unterperiode zur anderen, da er innerhalb der gleidten Produktionsverhältnisse stattfiudet, nicht notwendigerweise mit revolutionären, gewaltsamen Maßnahmen einer neuen Klasse verknüpft ist. Natürlich können die qualitativen Veränderungen, die eine neue Periode oder eine neue Unterperiode einleiten, sich auch auf revolutionärem Wege und durch gewaltsame Maßnahmen einer neuen Klasse oder Schicht durchsetzen, und in diesem Fall werden selbstverständlich die Revolutionen auch die Zäsuren, die . Marksteine“ (Lenin), für das Ende der alten und den Beginn der neuen Periode bzw. Unterperiode sein. Denn stets ist die Zäsur durch einen revolutionären Akt, durh die Machtergreifung von seifen einer neuen Klasse oder Schicht primär entscheidend für die objektive Periodenbildung und darum für die Periodisierung. Aber es gibt auch andere Merkmale, anders bestimmte Zäsuren für Veränderungen innerhalb der gleidten Produktionsverhältnisse. Nicht immer werden Perioden und Unterperioden durch Revolutionen gebildet. Unter diesen anderen Merkmalen sind zum Beispiel zu nennen: Veränderungen in der überwiegenden Form des Privateigentums — etwa die Bildung von geschlossenem gegenüber Streubesitz von Grundeigentum, oder die Tatsache, daß an die Stelle des konkurrierenden Großkapitals mehr und mehr das Monopolkapital tritt. Auch Veränderungen in der Staatsform können eine neue Periode oder Unterperiode einleiten — zum Beispiel der Übergang von der dezentralisierten zur zentralisierten Staatsgewalt. Oder auch Veränderungen in der überwiegenden Form der Mehrproduktaneignung können als Merkmal und Zäsur dienen — zum Beispiel der Übergang von der Arbeits-zur Produkten-und von der Produkten-zur Geldrente. Keine dieser und der zahlreichen anderen möglichen Bestimmungen des Endes einer alten und des Beginnes einer neuen Periode oder Unterperiode gelten in allen Fällen und sind mecl-ianisch zu benutzen. Mit Recht zum Beispiel haben sowjetische Forscher es für die Geschichte des feudalen Rußlands abgelehnt, eine Periodenfolge mit überwiegender Arbeits-, dann mit überwiegender Produkten-und dann mit überwiegender Geld-rente durchzuführen, shon allein deswegen, weil faktisch diese Renten vielfach gleichzeitig ohne entscheidendes Übergewicht einer von ihnen in Übung waren. Sehr zweifelhaft ist es, ob man für die Geschichte Polens — etwa im Gegensatz zu der Englands — von einer Periode der Herrschaft des konkurrierenden nationalen Großkapitals sprechen kann. In der deutschen Geschichte kann man nicht, wie zum Beispiel für Frankreich, einfach von einem Übergang von der dezentralisierten zur zentralisierten Staatsgewalt sprechen; hier war der Prozeß zweifellos kompliziert. Auf Grund dieser Feststellungen über die Bestimmung von Hauptperioden, Perioden und Unterperioden könnte man den Eindruck gewinnen, daß die Hauptperioden mit Revolutionen als regelmäßigen Zäsuren leichter zu erkennen wären als die Perioden und Unterperioden. Das aber ist keineswegs der Fall. Ja, man muß sagen, daß die Haupt-perioden im allgemeinen so schwer zu bestimmen sind, daß wir, einem Hinweis Stalins folgend, vor der Hauptperiode des Feudalismus und vor der Hauptperiode des Kapitalismus eine Übergangsperiode anerkennen müssen, in der der Übergang von der vorangehenden zur folgenden Hauptperiode stattfindet. Dem Hinweis Stalins folgend, sprechen wir darum von einer vorfeudalen und von einer vorkapitalistischen Periode. Zweifellos handelt es sich hier um sehr schwer zu charakterisierende und sehr labile Perioden insofern, als diese nicht durch klare, eindeutige Grundtypen der Produktionsverhältnisse gekennzeichnet sind, das heißt ihnen der Charakter einer selbständigen Gesellsdiaftsform fehlt. Wie schwierig die Bestimmung einer solchen Übergangsperiode ist, hat Stalin selbst und sehr deutlich gezeigt, indem er zum Beispiel die Periode, die dem Kapitalismus vorangeht, bezeichnet als . vor-kapitalistisch oder noch besser absolutistisch-feudal“. Das heißt, die Bestimmung des Charakters dieser , Vorperiode“ ist so kompliziert, daß Stalin sie nur mit zweierlei sehr verschiedenen Ausdrüdren kennzeidtnen kann, von denen er den einen zwar treffender nennt, ohne dodi auf den anderen verzichten zu wollen. Die Erkenntnis, daß es, was idi Vorperioden nennen mödite, gibt, ersdteint mir für unsere Gesdiiditswissenschaft außerordentlidt bedeutsam. Es handelt sidt hier um wirklidt sehr merkwürdige, aber ganz zweifellos objektiv vorhandene Perioden, deren Existenz wohl auch nidit in erster Linie durdt die Länge, sondern eher durdi die Kompliziertheit des Übergangs von einer Haupt-periode zur anderen bedingt ist, und in denen der Charakter der Produktionsverhältnisse ein gemischter und darum eben nidit nadt der Produktionsweise präzise zu bestimmender Art ist. Ich möchte hier zu erwägen geben, ob es nidit angebradit ist, dem Beispiel Stalins von einer Vorperiode der Sklavenhaltergesellsdiaft zu spredren. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß wir, sollten wir zur Feststellung von einer \orperiode der Sklavenhaltergesellschaft kommen, dann einige alt-orientalische Reiche, in denen die Gesellschaft zwar Sklaven verwandte, aber in der Hauptsache als zusätzlidre Arbeitskräfte, in denen die Produktion als noch nicht wirklich auf der Haltung von Sklaven basierte, als zu dieser Vorperiode gehörig rechnen werden. Vielleicht ist es auch nicht falsch, in gewissen Fällen von einer vorsozialistisdien Periode zu spredcen. Die Sdtwierigkeiten, die wir heute in der Charakterisierung der ersten Jahre von Volksdemokratien haben, in denen die Völker schon von der Herrschaft der . eigenen“ Monopolkapitalisten und Großgrundbesitzer und des ausländischen Monopolkapitals befreit sind, aber noch nicht den Sozialismus aufzubauen begonnen haben, also in den meisten von ihnen die Zeit von Ende 1944 bis in das Jahr 1948, würden dann behoben sein. Dabei handelt es sich natürlich nicht nur um Schwierigkeiten der Bezeichnung eines Zeitabschnitts, sondern um Schwierigkeiten der Wirklichkeit selbst, die ihren alten Charakter verloren und ihren neuen nodt nicht gewonnen hat, die also insofern ohne klaren Charakter dasteht, als sie noch nicht durch einen der Grundtypen der Produktionsverhältnisse gekennzeichnet ist. Die Vorperioden gehören in der Regel zum letzten Stadium der vorangehenden Hauptperiode. Wenn aber zum Beispiel die vorfeudale Periode als Übergang von der Urgemeinschaft zur Feudalgesellschaft bereits charakterisiert ist durch die Existenz von Barbarenstaaten, dann ist es unmöglich, diese Vorperiode noch zur vorangehenden Hauptperiode zuzurechnen. Denn es ist offenbar, daß die Existenz einer recht großen Klasse von Ausgebeuteten, die eben die Schaffung eines Staates notwendig macht, diese Vor-periode so weit vom Zustand der Urgemeinschaft entfernt, daß sie nicht mehr zu dieser Hauptperiode gerechnet werden kann. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Freien auch unter den Bedingungen der Existenz des Barbarenstaates noch so groß und die Zahl der feudalen Bindungen so gering, daß es unmöglich ist, diese Vorperiode zur nächstfolgenden Hauptperiode zuzurechnen. Sie stellt einen Übergang dar, der, wie die Sowjethistoriker heute mit Recht annehwen, zwar natürlich keinen besonderen Grundtyp einer Gesellschaftsformation bildet, aber auch keiner der Hauptperioden zuzurechnen ist. Die vorsozialistische Periode gehört natürlich stets zur neuen, zur sozialistischen Hauptperiode, bildet ihre erste Periode, da die sozialistische Basis sich niemals im Schoße der alten Gesellschaft allmählich heranbildet, also die vorsozialistische Periode grundverschieden von der vorangehenden kapitalistischen Haupt-periode und der neuen, sozialistischen, auf das engste verbunden ist.“

Bei der gleichen Veranstaltung wurde folgende Periodisierung nicht nur des Mittelalters sondern auch der Neuzeit vorgeschlagen: a) Die vorfeudale Periode, 500 bis 800.

b) Die erste Periode der Feudalzeit, die frühfeudale Periode von 800 bis 1200.

c) Die zweite Periode der Feudalzeit, die Periode der höchsten Entfaltung des Feudalismus, 1200 bis 1400.

d) Die dritte Periode der Feudalzeit und das erste Stadium des Niedergangs des Feudalismus, 1400 bis 1525.

e) Die vierte Periode der Feudalzeit und das zweite Stadium des Niedergangs des Feudalismus, 1525 bis 1648.

f) Die fünfte Periode der Feudalzeit und das dritte Stadium des Niedergangs des Feudalismus, 1649 bis 1789 oder 1807/11.

In der darüber geführten Diskussion, an der sich nicht nur Historiker der SBZ, sondern mehrere Länder des „sozialistischen Lagers“ beteiligten, wurden zahlreiche Einwände erhoben 5S). Der Lehrstuhl für Deutsche Geschichte am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED erstellte einen weiteren Entwurf. Dieser ging von der Feststellung aus, daß die Geschichte ein Entwicklungsprozeß sei und erklärte, daß die unsichere Quellenlage gerade die für die marxistische Periodisierung ausschlaggebende Einschätzung der ökonomischen und sozialen Entwicklung des Feudalismus ungemein erschwere. Abgelehnt wurde der Begriff Mittelalter, wenn auch versichert wurde, daß der in Frage kommende Zeitraum der zeitlichen Begrenzung des Mittelalters in etwa entspreche. Leo Stern, der darüber in der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaften“ berichtet, bemerkte dazu: „Die hier skizzierte Vieldeutigkeit und die Tatsache, daß das Wort . Mittelalter'nichts aussagt über den Hauptinhalt, mit dem wir als Marxisten diese Zeitspanne ausfüllen, haben uns veranlaßt, den Ausdruck nach Möglichkeit zu vermeiden. Er taucht in Zitaten auf und ist dann natürlich konventionell zu verstehen. Wenn wir ihn selbst gebrauchen, subsumieren wir darunter die gesamte sozialökonomische Formation des Feudalismus. Denkbar wäre natürlich auch die zeitlich verschiedenartige Begrenzung der Begriffe . Mittelalter'und . Feudalismus', wie sie in der sowjetischen Periodisierungsdiskussion häufig gebraucht wird. Im Anschluß an eine Äußerung Lenins setzen die sowjetisdien Historiker den Beginn der . Neuzeit'in der russischen Geschidtte an den Anfang des 17. Jahrhunderts, die Feudalperiode dagegen endet in Ruß-land 1861. Ende des , Mittelalters'und Beginn der , Neuzeit'werden dabei durdt , den allmählich wadisenden Warenverkehr, die Konzentration der kleinen örtlichen Märkte zu einem gesamtrussischen Markt'markiert. Bei einer analogen Anwendung dieser Grundsätze auf die deutsdten Verhältnisse käme man auf eine Begrenzung des Mittelalters in Deutsdtland, die etwa der des konventionellen Mittelalter-begriffs entspridit. 1480 etwa würde dann die . Neuzeit'in der deutschen Geschidtte beginnen. Kosminski/Skaskin vermeiden in ihrer . Geschichte des Mittelalters eine zeitlich verschiedenartige Begrenzung von . Feudalismus und . Mittelalter'. Wir haben uns dem angeschlossen, da es nadt unserer Meinung zur Klarheit der Begriffe beiträgt, wenn Ende der Feudalperiode und Ende des Mittelalters sich zeitlich decken. Das Mittelalter reicht so, wie wir den Begriff gebrauchen, bis zu der Zeit, da sich die kapitalistischen Elemente endgültig durchsetzen und diese neuen sozialökonomischen Verhältnisse ihre Herrschaft antreten. Und das ist um 1480 in Deutschland noch nidit der Fall, denn audi nach dieser Zeit sind die Bauern noch vorwiegend feudaler Ausbeutung unterworfen, sind die Handwerker in den Städten noch vorwiegend feudalzunftmäßig gebunden, bleibt der Staat auch in seiner absolutistischen Form noch ein Staat der herrschenden Feudalklasse, des Adels. Selbst wenn aus dem Lehnstaat, der von der bürgerlichen Geschichtswissenschaft als . Feudalstaat'schlechthin bezeichnet wird, der institutioneile, der . moderne'Staat wird, braucht sich an seinem feudalen Klasseninhalt noch nichts zu ändern, nur seine Erscheinungsform wandelt sich. Auch die Entwicklung kapitalistischer Wirtschaftsformen und die Verbreitung bürgerlichen Denkens darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß in Deutschland die feudalen Verhältnisse zunächst noch dominierten und die junge Bourgeoisie in Deutschland lange eine Klasse blieb, die zur Herrschaft mehr oder minder stark drängte, aber nicht zur herrschenden Klasse wurde“

Seine weitschweifigen Ausführungen beschloß Stern mit einer Zusammenfassung, die — ungewollt — eine Illustrierung marxistischer Geschichtsbetrachtung ist. Zum Abschluß gab er eine, von dem 1953 gemachten Vorschlag abweichende Periodisierung der Feudalzeit: „Die marxistische Methode ermöglicht es, diejenigen historischen Grundtatsachen als Zäsuren im historischen Prozeß festzustellen, die auf einer bestimmten Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung den Ansatz zu neuen sozialökonomischen, politischen und ideologischen, somit also zu neuen historischen Qualitäten bilden. Die Anwendung des dialektischen Prinzips der Orientierung auf das Neue und Zukunftsträchtige erfordert die eingehende Berücksichtigung der neuesten Ergebnisse der Geschichtsforschung, die die objektiven Gesetzmäßigkeiten der historischen Entwicklung — die in jeder wissenschaftlich fundierten Periodisierung ihren sichtbaren Niederschlag finden müssen — erhärten und gleichzeitig die vielfältigen territorialen Verschiedenheiten Deutschlands deutlich werden lassen. Erst die Anwendung dieses Prinzips macht deutlich, daß einerseits der historische Entwicklungsprozeß nicht einheitlich verläuft, sondern starke territoriale Verschiedenheiten aufweist, und daß sich andererseits eingetretene Veränderungen erst in einem relativ fortgeschrittenen Stadium des Entwicklungsprozesses in den zeitgenössischen Quellen widerspiegeln. Um der historischen Wirklichkeit so nahe wie möglich kommen zu können, muß man diese Grundtatsachen berüdcsichtigen. Die Kenntnis der neuesten Ergebnisse der historischen Tatsachenforschung, die zu einem beträchtlichen Teil von bürgerlichen Fachhistorikern gewonnen wurden, bewahrt vor der Gefahr des Abgleitens in Schematismus und Simplifizierung des historischen Prozesses. Für den marxistischen Historiker sind deshalb auch die gesicherten Ergebnisse der bürgerlichen Geschichtsforschung Material, mit dem er unbedingt vertraut sein muß, wenn er wissenschaftlich arbeiten will. Wesentliche Hilfe leisteten uns bei unserem Periodisierungsversuch die sowjetischen, polnischen, ungarischen und bulgarischen Historiker mit ihren kritischen Stellungnahmen zu unserer Disposition. In einer Zwischenbilanz haben wir uns mit diesen kritischen Stellungnahmen, die u. a. auch Periodisierungsfragen betrafen, auseinandergesetzt und die positiven Ergebnisse dieser Diskussion im vorliegenden Beitrag verwerten können. Seinerzeit bezeichneten wir eine grundlegende Diskussion über Probleme der Periodisierung der Geschichte Deutschlands als ganz besonders dringend, und insofern sind unsere Ausführungen als Fortsetzung der damals begonnenen Diskussion gedacht. Wenn wir unsere Periodisierung der Geschichte Deutschlands in der Feudalzeit hiermit der wissenschaftlichen Öffentlichkeit vorlegen, müssen wir gleichzeitig betonen, daß wir selbst diese Periodisierung nur als einen ersten Versuch betrachten. Wir sind davon überzeugt, daß weitere Forschungen, die gesicherte Ergebnisse zeitigen, noch manche Änderungen erfordern werden. Vorläufig glauben wir jedoch, als erstes Ergebnis folgende Periodisierung der Geschichte Deutschlands in der Zeit des frühen und vollentfalteten Feudalismus zur Diskussion stellen zu können: ‘A. Periode des Aufstiegs und der Festigung feudaler Verhältnisse (Beginn des 6. Jhs. bis Anfang des 11. Jhs.), I. Periode der Durchsetzung feudaler Verhältnisse und der Einbeziehung aller westgermanischen Stämme auf dem Territorium Deutschlands in das Frankenreich (Beginn des 6. Jhs. bis Wende des 8. /9. Jhs.).

1. Zeit der Entstehung des Frankenreiches vorwiegend auf dem Gebiete Galliens und der Verlagerung seines ökonomischen und politischen Sdtwergewichts auf seinen germanischen Teil » Austrasiens (Beginn des 6. Jhs. bis Ende des 7. Jhs.).

2. Zeit der endgültigen Einbeziehung der ostrheinischen germanischen Stämme in das Frankenreich durch die Karolinger und den anstrasischen Adel (Ende des 7. Jhs. bis Wende des 8. /9.

Jhs.).

II. Periode des intensiven Feudalisierungsprozesses und der Festigung feudaler Verhältnisse (Wende des 8. /9. Jhs. bis Anfang des 11. Jhs.). 1. Zeif des Zerfalls des karolingischen Universalreiches und der Entstehung eines deutschen Feudalstaates (Wende des 8. /9.

Jhs. bis. 919). 2. Zeit der Festigung des frühfeudalen deutsdien Staates und des Beginns seiner aggressiven Slawen-und Italienpolitik (919 bis Anfang des 11. Jhs.).

B. Periode der vollen Entfaltung des Feudalismus (Anfang 'des 11. Jhs.

bis zur 2. Hälfte des 15. Jhs.).

I. Periode der Entstehung und Festigung der Städte und der Blüte des Ritterwesens (Anfang des 11. Jhs. bis Ende des 13. Jhs.).

1. Zeit des Kampfes zwischen Königtum und Fürsten um die neu-aufsteigenden sozialen Kräfte (Anfang des 11. Jhs. bis 1122).

2. Zeit des Ausbaus und der Konsolidierung der fürstlichen Territorialherrschaften im Kampf gegen die Zentralgewalt (1122 bis 1273).

II. Periode der Entfaltung der Waren-Geld-Beziehungen und der Vertiefung der politischen Zersplitterung in Deutschland (Ende des 13. Jhs. bis zur 2. Hälfte des 15. Jhs.).

1. Zeit der Hausmachtpolitik der deutschen Könige im Dienste des Reiches als Folge der Konsolidierung der Territorialfürsten (1273 bis 1356).

2. Zeit der Blüte des Kaufmanns-und Wucherkapitals und der feudalen Stadtkultur (1356 bis zur 2. Hälfte des 15. Jhs.)“

Die vorgeschlagene Periodisierung des Mittelalters demonstriert, in welcher Weise die marxistische Geschichtsschreibung die Betrachtung und Beurteilung dieser Epoche der deutschen Geschichte verändert. Ausgangspunkt und Grundlage sind die Produktionsverhältnisse, die nicht nur den Anfang der jeweiligen Perioden setzen, sondern auch deren Verlauf bestimmen. Weil der Mensch in der Abhängigkeit der Produktionsverhältnisse gesehen wird, ist er im Geschichtsprozeß Objekt. Wie die Marionette an den Fäden ihres Spielers hängt, so hängt der Mensch an den Tauen der Produktionsverhältnisse. Der Mensch ist nur zu den Reaktionen fähig, die durch die Produktionsverhältnisse ausgelöst werden. Alle im Menschen immanenten Antriebskräfte treten zurück. Der Ablauf der Geschichte verengt sich auf die Entwicklung der Produktionsverhältnisse.

4. Der Bauernkrieg — die „radikalste Tatsache der deutschen Geschichte'

Der Aufstieg der Neuzeit ist für den Marxismus-Leninismus nur insoweit vom Interesse, als er evtl, eine Änderung der Produktionsverhältnisse bezeichnet. Die überragende Stellung der Reformation wird bestritten. Friedrich Engels nennt zwar in seiner Studie „Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie“ die Reformation die erste große Aktion eines vorwiegend lokalen Kampfes des Bürgertums mit dem Feudaladel, betont jedoch, daß dieses weder stark noch genug entwickelt gewesen sei, um die übrigen rebellischen Stände, die Plebejer der Städte, den niedrigen Adel und die Bauern auf dem Lande unter seiner Fahne vereinigen zu können. Engels vertritt die Auffassung, daß die Reformation durch die Revolution den Heeren der Landesfürsten erlegen sei, die den ganzen Gewinn einstrichen: „Während die lutherisdie Reformation in Deutschland versumpfte und Deutschland zugrunde richtete, diente die calvinische den Republikanern in Genf, in Holland, in Schottland als Fahne, machte Holland von Spanien und vom Deutschen Reiche frei und lieferte das ideologische Kostüm zum zweiten Akt der bürgerlichen Revolution, der in England vor sich ging. Hier bewährte sich der Calvinismus als die echte religiöse Verkleidung der Interessen des damaligen Bürgertums und kam deshalb auch nicht zu voller Anerkennung, als die Revolution 1689 durch einen Kompromiss eines Teils des Adels mit den Bürgern vollendet wurde. Die englische Staatskirche wurde wiederhergestellt, aber nicht in ihrer früheren Gestalt, als Katholizismus mit dem König zum Papst, sondern stark calvinisiert“

Engels „Bauernkrieg", erstmals 1850 veröffentlicht in der „Neuen Rheinischen Zeitung/Politisch-ökonomische Revue“, ist eine an vielen Stellen schwärmerische Hymne auf einen geschichtlichen Vorgang, durch den sein Verfasser die Richtigkeit der von ihm aufgestellten Thesen bestätigt glaubte. Dieser beschrieb mit durchaus eindrucksvollen Worten die ökonomische Lage und den sozialen Schichtenbau Deutschlands und würdigte die großen oppositionellen Gruppierungen und ihre Ideologien, vornehmlich Luther und Münzer. Luther warf er vor, durch seine Weigerung, Huttens Einladung zu einem Treffen auf der Ebernburg, dem Mittelpunkt der Adelsverschwörung gegen „Pfaffen und Fürsten“, zu kommen, die revolutionäre Entwicklung angehalten, ja verraten zu haben. Das Ergebnis der dadurch herbeigeführten Wendung sei die Augsburger Konfession, „die scltliefJlich erhandelte Verfassung der reformierten Bürgerkirdte“, gewesen. Engels benutzte diesen geschichtlichen Vorgang, um über den mangelnden Mut, eine revolutionäre Entwicklung ablaufen zu lassen, Klage zu führen. Er fand harte Worte über Luther, den er beschuldigte, aus der Bibel einen wahren Dithyrambus auf die von Gott eingesetzte Obrigkeit zusammengestellt zu haben, wie ihn kein Tellerlecker der absoluten Monarchie je zustande gebracht habe. Er stellte dem »bürgerliehe Reformator" Luther den „plebejischen Revolutionär" Münzer gegenüber. In dessen Charakterisierung kam er zu der Feststellung, dieser sei weit über die unmittelbaren Vorstellungen und Ansprüche der Plebejer und Bauern hinausgegangen. Engels machte Münzer zur zentralen Figur, der er bewußte sozialrevolutionäre Zielsetzung unterstellte und deren Untergang er mit schmerzlichen Worten beklagte. Als die Gewinner des Bauernkrieges aber bezeichnete Engels die Fürsten. Als Grund dessen Mißlingens führte er die Zersplitterung Deutschlands an, deren Verschärfung und Konsolidierung er gleichzeitig ein Haupt-resultat des Bauernkrieges nannte. Er verglich den Bauernkrieg oder wie er sagte, die „R evolution von 1525 “ mit der Revolution von 1848 und kam zu dem Ergebnis: „Wer nach den beiden deutschen Revolutionen von 1525 und 1848 und ihren Resultaten noch von Föderativrepublik faseln kann, verdient nirgends anders hin als in das Narrenhaus“. Er stellte beim Vergleich zwischen 1525 und 1848 die Frage, wer von den beiden Revolutionen profitiert habe. Seine Antwort lautete: „ 1525 die Fürsten. 1848 die großen Fürsten, Österreich urd Preußen“. Engels fuhr dann fort:

„Hinter den kleinen Fürsten von 1525 standen, sie an sich kettend durch die Steuer, die kleinen Spießbürger, hinter den großen Fürsten von 1850, hinter Österreich und Preußen, sie rasch unterjochend durdt die Staatssdtuld, stehen die modernen großen Bourgeois. Und hinter den großen Bourgeois stehen die Proletarier.

Die Revolution von 1525 war eine deutsdie Lokalangelegenheit.

Engländer, Franzosen, Böhmen, Ungarn hatten die Bauernkriege sdton durdigemadtt, als die Deutsdten den ihrigen machten. War sdton Deutschland zersplittert, so war es Europa noch weit mehr. Die Revolution von 1848 war keine deutsche Lokalangelegenheit, sie war ein einzelnes Stück eines großen europäischen Ereignisses. Ihre treibenden Ursadten, während ihres ganzen Verlaufs, sind nicht auf den engen Raum eines einzelnen Landes, nidit einmal auf den eines Weltteils zusammengedrängt. Ja, die Länder, die der Sdiauplatz dieser Revolution waren, sind gerade am wenigsten bei ihrer Erzeugung beteiligt. Sie sind mehr oder weniger bewußt-und willenlose Rohstoffe, die umgemodelt werden im Verlauf einer Bewegung, an der jetzt die ganze Welt teilnimmt, einer Bewegung, die uns unter den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen allerdings nur als eine fremde Macht erscheinen kann, obwohl sie schließlich nur unsre eigene Bewegung ist. Die Revolution von 1848 bisl 850 kann daher nicht enden wie die von 1525“

Reformation und Bauernkrieg beschäftigten nidit nur Engels, sondern auch Marx und Lenin, Marx betonte in seiner Untersuchung „Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie“: „Deutschlands revolutionäre Vergangenheit ist nämlich theoretisch, es ist die Reformation. Wie damals der Mönch, so ist es jetzt der Philosoph, in dessen Hirn die Revolution beginnt“. Er feierte den Bauern-krieg als die radikalste Tatsache der deutschen Geschichte und erklärte, er sei an der Theologie gescheitert. Anschließend versicherte er: „Heute, wo die Theologie selbst gescheitert ist, wird die unfreieste Tatsache der deutschen Geschichte, unser Status quo, an der Philosophie zerschellen. Den Tag vor der Reformation war das offizielle Deutschland der unbedingteste Knedtt von Rom. Den Tag vor seiner Revolution ist es der unbedingte Knecht von weniger als Rom, von Preußen und Österreich, von Krautjunkern und Philistern“ W. J. Lenin erinnerte in seiner Beschäftigung mit den Auffassungen über die Linksblocktaktik daran, daß Marx Lasalle den Vorwurf gemacht habe, dem Fehler verfallen zu sein, die lutherisch-ritterliche Opposition über die Plebe-

jisch-Münzersche zu stellen

Marx und Engels setzten sich in der Veröffentlichung „D i e deutsche Ideologie" mit der deutschen Entwicklung seit der Reformation auseinander und bemerkten, seit der Reformation habe diese einen ganz kleinbürgerlichen Charakter erhalten. Der alte Feudal-adel sei in den Bauernkriegen großenteils vernichtet gewesen, was übrig geblieben sei, seien Duodezfürsten, die absolute Monarchie oder kleine Grundbesitzer gewesen. Von den deutschen Bürgern sagten die beiden Autoren, sie seien unfähig gewesen, der Ausdehnung der Holländer Schranken zu setzen. Die Bourgeoisie des kleinen Hollands mit ihren entwickelten Klasseninteressen sei mächtiger gewesen als die viel zahlreicheren Bürger Deutschlands mit ihrer Interesselosigkeit und ihren zersplitterten kleinlichen Interessen. Die Zersplitterung der Interessen wird in Abhängigkeit von der Zersplitterung der politischen Organisation gesehen. Marx und Engels stellten die Frage, wo politische Konzentration in einem Lande herkommen sollte, dem alle ökonomischen Bedingungen derselben fehlten. Den Mangel an Aktivität in Produktion und Handel betrachteten sie als Veranlassung dafür, daß sich der Staat als eine scheinbar selbständige Macht konstituiert und diese in anderen Ländern nur vorübergehende Stellung — Übergangsstufe — in Deutschland bis zur Gegenwart beibehalten habe. In dieser Situation sahen sie die Ursache sowohl für das anderwärts nicht vorhandene redliche Beamtenbewußtsein, wie auch für die sämtlichen in Deutschland kursierenden Illusionen über den Staat

5. Das Zeitalter des Absolutismus in marxistischer Sicht

Engels beschrieb in einem 1890 veröffentlichten Aufsatz die äußere Lage Deutschlands nach dem Dreißigjährigen Krieg. Er machte darauf aufmerksam, daß Deutschland im Westfälischen Frieden ausdrücklich unter die Garantie Frankreichs und Schwedens gestellt war und würdigte das Interesse, das Peter der Große Deutschland entgegengebracht hat. Mit dem Lob auf dessen weltpolitischen Spürsinn für das politisch uneinige und geschwächte Deutschland, legte er die Anfänge des russischen Expansionsdranges in das Herz Europas frei: „Deutschland beschäftigte ihn mehr als irgendein anderes Land außer Schweden. Schweden mußte er brechen; Polen konnte er haben, sobald er die Hand ausstreckte; die Türkei lag ihm noch zu weit ab; aber in Deutschland festen Fuß zu fassen, die Stellung zu erhalten, die Frankreich so reichlich ausnutzte und die Schweden auszunutzen zu schwach war, das war eine Hauptaufgabe für ihn. Er tat alles, um durch Erwerbung deutschen Gebiets deutscher Reichsfürst zu werden, aber vergebens; er konnte nur das System der Verschwägerung mit deutschen Reichsfürsten und der diplomatischen Ausbeutung der deutschen inneren Zwistigkeiten einleiten“.

Engels fuhr mit dem Hinweis fort, daß sich die europäische Lage mit Peter dem Großen noch bedeutend zugunsten Rußlands durch das Emporkommen Preußens verschoben habe. Dem deutschen Kaiser sei im Reich selbst ein fast ebenbürtiger Gegner erwachsen, der die Spaltung Deutschlands verewigt und auf die Spitze getrieben habe. Er erklärte darauf: „Und gleichzeitig war dieser Gegner immer noch schwach genug, um auf die Hilfe Frankreichs oder Rußlands angewiesen zu sein — am meisten auf Rußlands Hilfe, so daß, je mehr er sich von der Vasallenschaft gegenüber dem Deutschen Reich emanzipierte, desto sicherer er der Vasallenschaft Rußlands verfiel“

Beiträge „ZurGeschichtederpreußischenBauern“ lieferte Engels im zweiten Teil der Einleitung zu dem Buch Wilhelm Wolfs „Die schlesische Milliarde", das 1886 in der „Sozialdemokratischen Bibliothek“ erschien, wo er sich mit der Entwicklung der Landwirtschaft östlich der Elbe und nördlich des Erz-und Riesengebirges gelegenen Deutschlands auseinandersetzte und die Entwicklung der Rechtssituation der Bauern beschrieb Marx setzte sich 1847 in der „Deutschen Brüsseler Zeitung“ mit der absoluten Monarchie auseinander, wobei er die nach seiner Meinung besonderen Probleme der deutschen Geschichte ansprach: „Deutschland hat, wie ich dies schon in den Deutsch-Französischen ]ahrbüchern auseinandergesetzt habe, ein eigenes christlich-gerwanisches Pech. Seine Bourgeoisie hat sich so sehr verspätet, daß sie in dem Augenblick ihren Kampf mit der absoluten Monarchie beginnt und ihre politische Macht zu begründen sucht, wo in allen 'entwickelten Ländern die Bourgeoisie schon im heftigsten Kampf mit der Arbeiterklasse begriffen ist und wo ihre politischen Illusionen bereits im europäischen Bewußtsein überlebt sind. In diesem Land, wo die politische Misere der absoluten Monarchie noch besteht mit einem ganzen Anhang verkommener halbfeudaler Stände und Verhältnisse, existieren anderseits partiell auch schon, infolge der industriellen Entwicklung und Deutschlands Abhängigkeit vom Weltmarkt, die modernen Gegensätze zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse und der daraus hervorgehende Kampf — Beispiele die Arbeiteraufstände in Schlesien und Böhmen. Die deutsche Bourgeoisie befindet sich also schon im Gegensatz zum Proletariat, ehe sie noch als Klasse sich politisch konstituiert hat. Der Kampf zwischen den , Untertanen ist ausgebrochen, ehe noch Fürsten und Adel zum Land hinausgejagt sind, allen Hambacher Liedern zum Trotz“

6. Deutschland von 1789 bis 1815

Friedrich Engels begann im Herbst 1845 in „Northern Star“ eine Artikelserie über den gegenwärtigen Zustand seines Heimatlandes Er fing mit einer Analyse der deutschen Situation im Augenblick der französischen Revolution an, in der er das Heilige Römische Reich deutscher Nation als Kampfstätte der Fürsten verspottete und die Bourgeoisie verurteilte, weil sie sich unterdrücken und beleidigen lasse. Hätte sie sich, meinte er, mit dem Volke vereinigt, hätten die alten Herrschaften gestürzt und das Reich neu begründet werden können: „Das war der Zustand Deutschlands gegen Ende des letzen Jahrhunderts. Das ganze Land war eine lebende Masse von Fäulnis und abstoßendem Verfall. Niemand fühlte sich wohl. Das Gewerbe, der Handel, die Industrie und die Landwirtschaft des Landes waren ganz unbedeutend; die Bauernschaft, die Gewerbetreibenden und Manufakturbesitzer fühlten den doppelten Druclt einer blutsaugenden Regierung und schlechter Geschäfte; der Adel und die Fürsten fanden, daß ihre Einkünfte, trotz der Auspressung ihrer Untertanen, nicht so gesteigert werden konnten, daß sie mit ihren wachsenden Ausgaben Schritt hielten; alles war verkehrt, und eine allgemeine Lähmung lag über dem ganzen Land. Keine Bildung, keine Mittel zur Einwirkung auf die Köpfe der Massen, keine freie Presse, kein Gemeingeist, nicht einmal ein ausgebreiteter Handel mit anderen Ländern — nichts als Gemeinheit und Selbstsucht — ein gemeiner, schleichender, elender Krämergeist durchdrang das ganze Volk. Alles war überlebt, bröckelte ab, ging rasch dem Ruin entgegen, und es gab nicht einmal die leiseste Hoffnung auf eine wohltätige Änderung, die Nation hatte nicht einmal genügend Kraft, um die modernden Leichname der toten Institutionen beiseite zu fegen.“

Engels betonte, daß die Wirkung der französischen Revolution, die wie ein Donnerschlag in das Chaos, das Deutschland hieß, geschlagen habe, gewaltig war. Die Begeisterung der Dichter und Schriftsteller sei von deutscher Art gewesen, rein metaphysisch; sie sollte nur Theorien der französischen Revolution gelten. Er vertrat die Auffassung, daß die Begeisterung Deutschlands für die französische Revolution in einen fanatischen Haß umgeschlagen sei, als die Theorie am 31. März 1793 gänzlich verstummt war. Er sprach mit bitteren Worten davon, die „guten Deutschen" hätten ihrem alten guten „Heiligen Römischen Dunghauf den Vorzug vor der gewaltigen Aktivität eines Volkes, das die Ketten der Sklaverei mit starker Hand abwarf und allen Despoten, Aristokraten und Priestern seine Herausforderung ins Gesicht schleuderte, gegeben. Die Wirkung Napoleons auf Deutschland sah Engels darin, daß dieser als Repräsentant der Revolution, als Verkünder ihrer Grundsätze, als Zerstörer der alten feudalen Gesellschaft in Erscheinung getreten sei: „Napoleon wandte die Schreckensherrschaft, die in Frankreich ihr Werk getan hatte, in der Form des Krieges auf andere Länder an — und diese , Schreckensherrscltaft‘ war in Deutschland dringend notwendig. Napoleon liquidierte das Heilige Römische Reich und verminderte die Zahl der Kleinstaaten in Deutschland durch die Bildung größerer Staaten. Er brachte sein Gesetzbuch mit in die eroberten Länder, ein Gesetzbuch, das allen bestehenden unendlich überlegen war und die Gleichheit im Prinzip anerkannte. Er zwang die Deutschen, die bis dahin nur für Privatinteressen gelebt hatten, an der Ausführung eines großen Plans einiger längst fälliger Interessen zu arbeiten. Aber gerade das war es, was die Deutschen gegen ihn aufbrachte".

Mit den Befreiungskriegen von 1813— 181’ 5, die bekanntlich in der Begründung der deutsch-russischen Freundschaft eine hervorragende Rolle spielen, setzte sich Engels eingehend auseinander. Seine Ausführungen verdienen im Hinblick auf die Bestrebungen, in den Verlauf der europäischen Geschichte eine Entwicklungslinie deutsch-russischer Zusammenarbeit und Zusammengehörigkeit zu ziehen, besondere Beachtung. Engels schrieb: „Der . glorreiche Befreiungskrieg'von 1813/14 und 1815, die . glorreichste Periode der deutschen Geschichte'etc., wie sie genannt worden ist, war ein Wahnsinn, der jedem ehrlichen und intelligenten Deutschen noch manches künftige Jahr das Blut in die Wangen treiben wird. Gewiß, es gab damals großen Enthusiasmus, aber wer waren die Enthusiasten? Zunächst die Bauernschaft, die stupideste Menschenklasse, die es gibt, eine Klasse, die, • feudalen Vorurteilen anhängend, in Massen losbrach, bereit, lieber zu sterben als denen den Gehorsam aufzukündigen, die sie sowie ihre Väter und Großväter ihre Herren genannt hatten, und die sich darin ergab, daß sie zertrampelt und mit Reitpeitschen geschlagen wurde. Dann die Studenten und die Jugendlichen überhaupt, die diesen Krieg als einen Krieg des Prinzips, ja sogar als einen Religionskrieg betrachteten; denn sie glaubten, daß sie zum Kampfe aufgerufen seien nicht für das Prinzip der Legitimität, das sie ihre Nationalität nannten, sondern auch für die Heilige Dreieinigkeit und die Existenz Gottes; in allen Gedichten, Flugschriften und Aufrufen jener Zeit wurden die Franzosen als die Vertreter des Atheismus, des Unglaubens und der Verworfenheit hingestellt und die Deutschen als Vertreter der Religion, der Frömmigkeit und der Redlichkeit. Drittens einige aufgeklärte Männer, die diesen Ideen einige Begriffe von . Freiheit', , Verfassungen und einer .freien Presse'beimischten; aber diese bildeten bei weitem die Minderheit. Viertens dann Söhne von Gewerbetreibenden, Kaufleuten, Spekulanten etc., die für das Recht kämpften, auf den billigsten Märkten zu kaufen und Kaffee ohne Beimischung von Zichorie zu trinken; natürlich verbargen sie ihre Ziele unter den Ausdrücken des Tagesenthusiasmus, . Freiheit', . großes deutsches Volk , . nationale Unabhängigkeit'etc. Das waren die Männer, die mit Hilfe der Russen, Engländer und Spanier Napoleon schlugen“

Eine hervorragende Stellung vornehmlich in der Publizistik Lenins nimmt der Friede von Tilsit (9. Juli 1807) ein. Mit einer kaum vorstellbaren Ausdauer und Intensität hat Lenin den Frieden von Tilsit als das geschichtliche Vorbild des Friedens von Brest Litowsk (3. März 1918) angeführt. Am 24. Februar 1918 setzte er sich in der „Prawda" in einem Aufsatz mit der Überschrift „Ein unglücklicher Friede“ mit letzterem auseinander und erinnerte darin, daß der Friede von Tilsit die Wendung zu einem gewaltigen nationalen Aufschwung Deutschlands gewesen sei. Die Lehre des angezogenen historischen Beispiels liegt auf der Hand. Der Friede von Brest Litowsk, bedauernswert im Augenblick seines Abschlusses, wird die Wendung zu einem gewaltigen Aufschwung Rußlands werden. Lenin schrieb: „Napoleon I. zertrat und erniedrigte Preußen unendlich viel schlimmer als Wilhelm jetzt Rußland. Napoleon I. war während einer Reihe von Jahren der völlige Sieger auf dem Kontinent, sein Sieg über Preußen war viel größer als der Sieg Wilhelms über Rußland. Aber nach einigen Jahren erholte sich Preußen und warf im Befreiungskrieg das Joch Napoleons ab, nicht ohne Unterstützung durdt Raubstaaten, die keineswegs einen Befreiungskrieg, sondern einen imperialistischen Krieg gegen Napoleon führten“

Am 1. März 1918 kam Lenin in dem Artikel „Seltsames und Ungeheuerliches“ erneut auf den Frieden von Tilsit zu sprechen, um die Bedeutung des Friedens von Brest Litowsk zu charakterisieren Am 12. März erklärte er in der „ 1 s w e s t i j a “ zu „Die Hauptaufgabe unserer Tage": „Wir haben einen . Tilsiter'Frieden unterzeichnet. Als Napoleon I. im Jahre 1807 Preußen den Tilsiter Frieden aufzwang, da hatte der Eroberer alle Armeen der Deutschen vernichtet, die Hauptstadt und alle großen Städte besetzt, seine eigene Polizei eingeführt, die Besiegten gezwungen, ihm Hilfstruppen zur Führung neuer Raubkriege zur Verfügung zu stellen, da hatte er Deutschland zerstückelt und mit den einen deutschen Staaten Bündnisse gegen andere deutsche Staaten geschlossen. Und nichtsdestoweniger, sogar nach einem solchen Frieden, hat sich das deutsche Volk behauptet, hat es verstanden, seine Kräfte zu sammeln, sich zu erheben und sich das Recht auf Freiheit und Selbständigkeit zu erkämpfen. Jedem, der denken will und zu denken versteht, zeigt das Beispiel des Tilsiter Friedens (der nur einer von jenen vielen drückenden und erniedrigenden Friedensverträgen war, der den Deutschen in damaliger Epoche aufgezwungen wurde) ganz klar, wie kindisch, wie naiv der Gedanke ist, daß ein drückender Frieden unter allen Umständen den Untergang bedeute, ein Krieg aber der Weg zu Ruhm und Rettung sei. Die Epochen der Kriege lehren uns, daß der Frieden in der Gesdtidtte nidtt selten die Rolle einer Atempause und der Sammlung der Kräfte für neue Schlachten gespielt hat. Der Tilsiter Frieden war die größte Erniedrigung Deutsd-tlands, gleichzeitig aber eine Wendung zu einem gewaltigen nationalen Aufschwung. Damals hat me historisdie Situation diesem Aufschwung keinen anderen Ausweg geboren, maditen einige Handvoll Adliger und einige Häuflein bürgerlicher Intellektueller Gesdudite, während die Massen der Arbeiter und Bauern einen tiefen Schlaf schliefen. Damals konnte die Gesdtidtte deshalb nur ernstlich langsam vorankriechen“

Vor dem 4. außerordentlichen allrussischen Sowjetkongreß führte Lenin am 14. März 1918 aus: „Ich kenne Beispiele in der Geschichte der Völker, wo ein viel gewaltsamerer Frieden unterzeidinet wurde, wo dieser Frieden lebensfähige Völker dem Sieger auf Gnade oder Ungnade auslieferte. Dieser unser Frieden kann mit dem Tilsiter Frieden verglichen werden; der Tilsiter Frieden wurde Preußen und Deutschland von den siegreichen Eroberern aufgezwungen. Dieser Frieden war so sdtwer, daß nidtt nur alle Hauptstädte aller deutschen Staaten genommen und die Preußen nicht nur bis nach Tilsit zurückgeworfen wurden, was soviel bedeutete, als würden wir bis nadt Omsk oder Tomsk zurückgeworfen. Das ist nicht alles — das größte Unheil bestand darin, daß Napoleon die besiegten Völker zwang, Hilfstruppen für seine Kriege zu stellen, und als sidt die Lage niditsdestoweniger so gestaltete, daß das deutsdie Volk den Druck des Eroberers ertragen mußte, als die Epoche der revolutionären Kriege Frankreichs von der Epodte der imperialistischen Eroberungskriege abgelöst wurde, da trat das klar zutage, was die von der Phrase hingerissenen Leute nidtt begreifen wollen, die die Unterzeichnug des Friedens als Untergang darstellen. Vom Standpunkt eines sidt duellierenden Adligen ist diese Psydtologie verständlich, aber nicht vom Standpunkt des Arbeiters und Bauern. Der letztere ist durch die harte Schule des Krieges gegangen und hat gelernt, sich eine Meinung zu bilden. Es hat schon schwerere Prüfungen gegeben, und rückständigere Völker haben sie überstanden. Es ist auch schon ein schwerer Frieden abgeschlossen worden, und zwar von den Deutschen in einer Epodte, als sie keine Armee hatten oder ihre Armee krank war, so wie unsere Armee krank ist. Sie sddossen einen außerordentlidt sdtweren Frieden mit Napoleon. Und dieser Frieden bedeutete nicht-den Untergang Deutschlands, — umgekehrt, er wurde zu einem Wendepunkt der nationalen Verteidigung, er führte zu einem Aufschwung. Auch wir stehen am Vorabend eines solchen Wendepunkts, auch wir leben in analogen Bedingungen. Man muß der Wahrheit ins Gesicht sehen und Phrase und Deklamation beiseite werfen. Man muß aussprechen, daß es notwendig ist, wenn es sein muß, Frieden zu schließen. Der Befreiungskrieg, der Klassenkrieg, der Volkskrieg wird an die Stelle des napoleonischen Krieges treten. Das System der napoleonischen Kriege wird sich ändern, der Frieden wird den Krieg ablösen, der Krieg den Frieden. Jeder neue drückende Frieden hat stets zu einer umfassenderen Vorbereitung zum Krieg geführt. Der schwerste aller Friedensverträge, der von Tilsit, ging in die Geschichte als ein Wendepunkt ein, als im deutschen Volk ein Umschwung einsetzte, wo es sich bis nach Tilsit, Bis Rußland zurüdrzog, in Wirklichkeit aber Zeit gewann und abwartete, bis die internationale Situation, die eine Zeitlang Napoleon, einem ebensolchen Räuber wie jetzt die Hohenzollern und Hindenburg, die Möglidtkeit zum Triumph gegeben hatte, bis sich diese Situation änderte, bis das Bewußtsein des von dem zehnjährigen napoleonischen Krieg und den Niederlagen erschöpften deutschen Volkes gesundete und es zu neuem Leben wiedererstand. Gerade das lehrt uns die Geschichte“

Die geradezu manisch zu nennende Bezugnahme auf den Frieden von Tilsit zeigt, in welcher Weise Lenin Vorgänge der deutschen Geschichte gedeutet und auf die russische Entwicklung übertragen hat. Der Kult Lenins mit dem Frieden von Tilsit weist auch den Weg zum ideologischen Verständnis, das die Sowjetunion nach 1919 der deutschen Ablehnung des Vertrages von Versailles (28. Juni 1919) entgegenge-bracht hat. „Rapallo“ steht dabei am Horizont emotioneller Empfindungen. Den Kulminationspunkt der Entwicklung zwischen 1789 und 1815 sah Engels im Winter 1812/13 an. In seiner, in der Gegenwart viel zu wenig beachteten Studie, „Die auswärtige Politik des russischen Zarentums“ bemerkte er: „Die Vernichtung der großen napoleonischen Armee auf dem Rückzug von Moskau gab das Signal zum allgemeinen Aufstand gegen die französische Oberherrschaft im Westen. In Preußen stand das ganze Volk auf und zwang den König Friedrich Wilhelm III. zum Krieg gegen Napoleon. Sobald Österreich mit seinen Rüstungen fertig, schloß es sich den Russen und Preußen an. Nach der Schlacht von Leipzig fiel der Rheinbund von Napoleon ab, und kaum achtzehn Monate nach Napoleons Einzug in Moskau zog Alexander ein in Paris, der Herr und Gebieter Europas“

Bei der Betrachtung der Vorgänge des Jahres 1813 feierte Engels in einem im November 1870 geschriebenen Aufsatz die Landsturmordnung von 1813 als Ausdrude des unversöhnlichen nationalen Widerstandes, nach dem alle Mittel recht und die wirksamsten die besten gewesen seien. Er führte unter Hinwendung auf die Gegebenheiten des deutsch-französischen Krieges aus: „Aber damals sollte dies alles durch die Preußen gegen die Franzosen angewandt werden und wenn die Franzosen in derselben Weise gegen die Preußen handeln, so ist das ganz was anderes. Was Patriotismus in einem Fall war, wird Banditentum und Meuchelmord im anderen.“

Engels warf der peußischen Regierung vor, sich von dieser Haltung entfernt zu haben und prophezeite eine Situation gleich der, in der die preußische Armee wegen Überalterung in der Führung und Mängel in der Ausbildung und Ausrüstung geschlagen wurde. Als Grund des preußischen Zusammenbruches von 1806 bezeichnete er das Fehlen selbst einer Spur nationalen Widerstandsgeistes Das Militärsystem, das die Reformer Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz propagierten und einführten, sei der Versuch gewesen, einen Volkswiderstand gegen den Feind zu organisieren, soweit solches in einer absoluten Monarchie überhaupt möglich sei. Engels entwickelte von dieser Erwägung aus eine Art „Ideologie des Widerstandes" eines Volkes gegen seine äußeren Unterdrücker. Er ging dabei soweit, Schill und seine Anhänger „preußische Franktireurs“ zu nennen. Auch bei dieser Gelegenheit rühmte er die preußische Landsturmordnung, die er als „ein mustergültiges Handbuch für Franktireurs“ feierte, das von keinem mittelmäßigen Strategen entworfen sei. Den Verzicht des preußischen Königs auf das Aufgebot des Landsturms erklärte er mit der Feststellung, es sei antipreußisch, dem Volk zu erlauben, für sich selbst zu kämpfen. Wie stark beeindruckt er von dem Gedanken des Volkswiderstandes ist, zeigte das Lob, das er Gneisenau, einem „Mann von Genie“, zollte

Die Beschäftigung mit den Befreiungskriegen hat Marx und Engels veranlaßt, in ihrer 1845/46 geschriebenen Untersuchung „Die deutsche Ideologie“ grundsätzliche Feststellungen über den Gang der Geschichte zu treffen, die sowohl über ihre Geschichtsauffassung als auch über ihr Verhältnis zum Jahr 1813 Aufschluß geben: „Die Geschichte ist nichts als die Aufeinanderfolge der einzelnen Generationen, von denen jede die ihr von allen vorhergegangenen übermachten Materiale, Kapitalien, Produktionskräfte exploitiert, daher also einerseits unter ganz veränderten Umständen die überkommene Tätigkeit fortsetzt und andererseits mit einer ganz veränderten Tätigkeit die alten Umstände modifiziert, was sich nun spekulativ so verdre- hen läßt, daß die spätere Generation zum Zwedt der früheren gemacht wird, z. B. daß der Entdeckung Amerikas der Zweck zugrunde gelegt wird, der Französischen Revolution zum Durchbruch zu verhelfen, wodurch dann die Geschichte ihre aparten Zwecke erhält und eine . Person neben anderen Personen'(als da sind: Selbstbewußtsein, Kritik, Einziger'etc.) wird, während das, was man mit den Worten . Bestimmung', , Zweck', , Keim', , Idee‘ der früheren Gesthichte bezeidmet, weiter nichts ist als eine Abstraktion von der späteren Gesdiichte, eine Abstraktion von dem aktiven Einfluß, den die frühere Geschichte auf die spätere ausübt. — Je weiter sich im Laufe dieser Entwicklung nun die einzelnen Kreise, die aufeinander einwirken, ausdehnen, je mehr die ursprünglidte Abgesdilossenheit der einzelnen Nationalitäten durdt die ausgebildete Produktionsweise, Verkehr und dadurch naturwüdisig hervorgebrachte Teilung der Arbeit zwischen verschiedenen Nationen verniditet wird, desto mehr wird die Geschidtte zur Weltgesdtichte, so daß z. B., wenn in England eine Maschine erfunden wird, die in Indien und China zahllose Arbeiter außer Brot setzt und die ganze Existenz-form dieser Reiche umwälzt, diese Erfindung zu einem weltgeschichtlichen Faktum wird; oder daß der Zudcer und Kaffee ihre weltgeschichtliche Bedeutung im neunzehnten Jahrhundert dadurdt bewiesen, daß der durch das napoleonische Kontinentalsystem erzeugte Mangel an diesen Produkten die Deutschen zum Aufstande gegen Napoleon brachte und so die reale Basis der glorreichen Befreiungskriege von 1813 wurde. Hieraus folgt, daß diese Umwandlung der Gesdiichte in Weltgeschichte nicht etwa eine bloße abstrakte Tat des . Selbstbewußtseins', Weltgeistes oder sonst eines metaphysischen Gespenstes ist, sondern eine ganz materielle, empirisch nadiweisbare Tat, eine Tat, zu der jedes Individuum, wie es geht und steht, ißt, trinkt und sich kleidet, den Beweis liefert“

Engels würdigte in einer, 1841 im „Telegraph für Deutschland" erschienenen Buchbesprechung Ernst Moritz Arndt, wobei er sich mit den Problemen der Deutschtümelei beschäftigte. Er stellte dieser den kosmopolitischen Liberalismus der süddeutschen Staaten entgegen. Von Ludwig Börne sagte er rühmend, er habe der Deutschtümelei ihren proletarischen Flitterstaat vom Leib gerissen und gleichzeitig auch unbarmherzig die Scham des Kosmopolitismus aufgedeckt

Die Verherrlichung der Befreiungskriege als Geburtsstunde der deutsch-russischen Verbundenheit und Freundschaft findet bei den so-genannten „Klassikern“ des Marxismus-Leninismus keine Stütze. Sie ist eine Erfindung der sowjetischen Propaganda, die damit aus erkennbarer Absicht von dessen Pfad abweicht. Weder Marx/Engels noch Lenin-Stalin sind der Meinung gewesen, 1813 habe sich eine, für die Weltgeschichte schicksalhafte, Verbündung zwischen Deutschland und Rußland vollzogen Für Engels besteht der Wert der Befreiungskriege darin, „daß wir uns über den Verlust der nationalen Heiligtümer besannen, daß wir uns bewaffneten, ohne die allergnädigste Erlaubnis der Fürsten abzuwarten, ja, die Machthaber zwangen, an unsere Spitze zu treten, kurz, daß wir einen Augenblick als Quelle der Staatsmacht, als souveränes Volk auftraten, das war der höchste Gewinn jener Jahre“

In seinem zweiten Brief für „N orthern Star“ beschäftigte sich Engels mit den deutschen Zuständen unmittelbar nach dem Sturz Napoleons. Den Wiener Kongreß bezeichnete er als den großen Kongreß großer und kleiner Despoten, der die Beute und die Prisengelder verteilen und feststellen sollte, wie weit die revolutionären Zustände wieder hergestellt werden könnten. Engels fügte diesem Vortrag die Bemerkung an: „Es waren nur drei Staaten vertreten, die wußten, was sie wollten: England, das die Absicht hatte, seine Handelsvorherrschaft aufrechtzuerhalten und auszudehnen, den Löwenanteil am Raub der Kolonien davonzutragen und alle übrigen zu schwächen; Frankreich, das nicht allzusehr in Mitleidenschaft gezogen werden und alle anderen schwächen wollte, und Rußland, das die Absicht hatte, seine Macht und sein Territorium zu vermehren und alle anderen zu schwächen, während die übrigen sich leiten ließen von Sentimentalitäten und kleinlichem Egoismus und einige unter ihnen sogar von einer Art lächerlicher Uninteressiertheit. Die Folge war, daß Frankreich den deutschen Großstaaten das Spiel verdarb, daß Rußland den besten Teil Polens erhielt und daß England seine Seemacht mehr durch den Frieden als durch den Krieg ausdehnte und dre Vorherrschaft auf allen kontinentalen Märkten erlangte, was ohne Nutzen war für das englische Volk, aber ein Mittel enormer Bereicherung für das englische Bürgertum. Die deutschen Staaten, die an nichts anderes dachten als an ihr liebes Legitimitätsprinzip, wurden noch einmal übers Ohr gehauen und verloren durch den Frieden alles, was sie durch den Krieg gewonnen hatten. Deutschland blieb in 38 Staaten zersplittert, deren Gebietsteilungen allen inneren Fortschritt hindern und bewirken, daß Frankreich ihm mehr als gewachsen ist; die deutschen Staaten blieben der beste Markt für die englischen Waren und dienten nur der Bereicherung des englischen Bürgertums.“

Die Ergebnisse des Wiener Kongresses faßte er in der Feststellung zusammen:

„Das Betrugssystem, dem Deutschland auf dem Wiener Kongreß unterworfen worden war, begann nun von den verschiedenen deutschen Staaten untereinander praktiziert zu werden. Preußen und Österreich zwangen, um die Macht der verschiedenen Staaten zu schwächen, ihnen eine Art Bastardverfassungen auf, die die Regierungen schwächten, ohne dem Volk oder selbst den bürgerlichen Klassen irgendeine Macht zu geben. In Deutschland, das als eine Konföderation von Staaten konstituiert worden war, deren Gesandtschaften, von den Regierungen allein delegiert, den Bundestag bildeten, war nicht zu befürchten, daß das Volk zu stark werden könnte, da jeder Staat durch die Beschlüsse des Bundestags, die für ganz Deutschland Gesetz waren, gebunden war, ohne daß sie irgendeiner Repräsentativversammlung zur Billigung vorgelegt zu werden brauchten.“

Engels versuchte den Beweis zu erbringen, daß nach 1815 mit allen Mitteln die Wiederherstellung des Zustandes vor Ausbruch der französischen Revolution betrieben worden sei. Deutschland habe, so erklärte er, ebenso wie jedes andere Land, das Bild einer schamlosen Reaktion geboten. Von Preußen sagte er, es sei von hinten und von vorne betrogen worden, England habe es betrogen, Frankreich und sogar seine treuen Freunde, der Kaiser von Österreich und der Kaiser von Rußland. Trotzdem sei Friedrich Wilhelm III., der der Gerechte genannt werde, glücklich gewesen, habe er doch keine Furcht mehr gehabt. Dieser Zustand sei jedoch nicht von Dauer gewesen. Im Gemüt des Königs sei die Furcht vor Napoleon nur zu bald vor der Furcht der Revolution gewichen. Der Umstand, daß bei dem Trinkspruch englischer Demokratenversammlungen auf die „Patrioten aller Länder" auch Andreas Hofer eingeschlossen werde, veranlaßte ihn, zu fragen, ob der Sandwirt von Passeier wert sei, mit Hochrufen gefeiert zu werden. Engels gab daraufhin eine Antwort, in der nicht nur seine Vorliebe für Preußen, sondern auch seine Unfähigkeit, den deutschen Süden zu verstehen, zum Ausdruck kam. Er bezeichnete Hofer als einen „stupiden, ignoranten, bigotten, fanatischen Bauern", dessen Enthusiasmus der Enthusiasmus der Vendee, der Enthusiasmus von Kirche und Kaiser gewesen sei. Er räumte zwar ein, daß Hofer tapfer gekämpft habe, fügte jedoch die Feststellung bei, er habe für den jämmerlichen Despotismus Wiens und Roms gekämpft. Um der Ehre des deutschen Volkes willen empfahl er, den bigotten Hofer künftig außer Betracht zu lassen, zumal Deutschland bessere Patrioten als ihn habe: „Warum nicht Thomas Münzer erwähnen, den berühmten Führer des Bauernaufstandes von 1525, der ein wahrer Demokrat war, soweit das zu der Zeit möglich war? Warum nicht Georg Forster feiern, den deutschen Thomas Paine, der die Französische Revolution in Paris bis zuletzt unterstützte, gegen alle seine Landsleute, und auf dem Schafott starb? Warum nicht eine Menge anderer, die für Realität fochten, und nicht für Illusionen?"

7. Vormärz: Geburtsstunde des „wissenschaftlichen Sozialismus"

Im dritten Brief an „N orthern Star“ fuhr Engels in der Betrachtung der deutschen Zustände von 1815 — 1840 fort, wobei er von der Erwägung ausging: „Lassen wir Österreich als ein halbbarbarisches Land außer Betracht, so kommen wir zu dem Ergebnis, daß Preußen das Schlachtfeld ist, worauf das zukünftige Schicksal Deutschlands entschieden werden wird“.

Diese Auffassung von der Funktion Preußens sowohl für die politische Entwicklung Deutschlands als auch für die reifende ökonomische Entscheidung bestimmte nicht nur den Korrespondenzbeitrag, — sie wurde eines der Leitbilder Engels', dem sich Marx zwär nicht mit der gleichen Intensität anschloß, jedoch zuneigte. Als den Ausgangspunkt der politischen Auseinandersetzung bezeichnete ersterer die rasch wachsende Gegnerschaft zwischen Aristokratie und Bürgertum, die fast augenblicklich nach 1815 eingesetzt habe. In der Charakterisierung des Bürgertums sagte er: „Da das Bürgertum nur durch das Geld mächtig ist, kann es politische Macht nicht anders erlangen als dadurch, daß es das Geld zum einzigen Kriterium für die Fähigkeit einer Person macht, an der Gesetzgebung mitzuarbeiten. Es muß alle feudalen Privilegien, alle politischen Monopole vergangener Zeiten in das eine große Privilegium und Monopol des Geldes aufgehen lassen. Die politische Herrschaft der bürgerlichen Klassen hat daher eine im wesentlichen liberale Erscheinungsform. Sie zerstören alle die alten Unterschiede der verschiedenen in einem Lande nebeneinander bestehenden Stände, alle willkürlichen Privilegien und Freiheiten; sie sind gezwungen, das Wahlprinzip zur Grundlage der Regierung zu madten — die Gleichheit im Prinzip anzuerkennen, die Presse von den Fesseln der monarchisdten Zensur zu befreien, das Gesdiworenengeridtt einzuführen, um die besondere Richter-klasse loszuwerden, die einen Staat im Staate bildet. Soweit erscheinen sie durdtaus als Demokraten. Aber sie führen alle diese Verbesserungen nur soweit ein, wie damit alle früheren persönlichen und erblichen Privilegien ersetzt werden durch das Privilegium des Geldes. So wird das Wahlprinzip durch den Eigentumszensus bei der Zuerkennung des Rechtes, zu wählen und gewählt zu werden, den bürgerlichen Klassen vorbehalten. Die Gleichheit wird wieder beiseite gesetzt, indem sie beschränkt wird auf bloße , Gleichheit vor dem Gesetz', was nichts anderes bedeutet als Gleichheit trotz der Ungleichheit von Reich und Arm — Gleidtheit innerhalb der Grenzen der grundlegenden, bestehenden Ungleichheit, was, kurz gesprodten, nidtts anderes bedeutet, als der Ungleichheit den Namen der Gleichheit zu geben.“

Engels erklärte weiter, in allen Ländern sei das Bürgertum von 1815 bis 1830 die machtvolle Komponente der revolutionären Partei gewesen. Die Arbeiterklasse sei notwendig ein Instrument in der Hand des Bürgertums, solange das Bürgertum revolutionär oder progressiv sei. Er betonte jedoch: „Aber von dem gleichen Tag, an dem das Bürgertum die volle politische Macht erlangt, von dem Tage, an dem alle feudalen und aristokratischen Interessen zunichte gemacht werden von der Macht des Geldes, von dem Tage, an dem das Bürgertum aufhört, progressiv und revolutionär zu sein, und selber stationär wird, von dem gleichen Tage an übernimmt die Bewegung der Arbeiterklasse die Führung und wird zur nationalen Bewegung.“

Engels benutzte die Gelegenheit, um sich über den politischen Charakter der Deutschen zu äußern. Er betonte: „Da die Deutschen eine Nation von Theoretikern und in der Praxis wenig erfahren sind, nehmen sie die geläufigen Trugschlüsse, die das französisdte und englische Bürgertum verfocht, als heilige Wahrheiten hin. Die bürgerlichen Klassen Deutschlands waren froh, daß sie bei ihrem kleinen Privatgeschäft, das sich durdtaus . sdtmalspurig'abwikkelten, in Ruhe gelassen wurden; überall, wo sie eine Verfassung erlangt hatten, rühmten sie sich ihrer Freiheit, aber sie mischten sich wenig ein in die politischen Staatsgeschäfte; überall, wo sie keine hatten, waren sie froh, der Mühe, Abgeordnete zu wählen und deren Reden zu lesen, enthoben zu sein. Das arbeitende Volk braudite jenen großen Hebel, der es in Frankreich und Fngland auf die Beine gebradtt hatte — ausgedehnte Manufakturen — und seine Konsequenz, die Herrschaft des Bürgertums. Es blieb deshalb ruhig. Die Bauernschaft fühlte sich unterdrückt in denjenigen Teilen Deutschlands, wo die modernen französischen Institutionen wieder ersetzt worden waren durch das alte feudale Regime, aber diese Unzufriedenheit brauchte einen anderen Ansporn, um in offene Rebellion auszubrechen. So bestand die revolutionäre Partei in Deutschland von 1815 bis 1830 nur aus Theoretikern. Sie rekrutierte sidt aus den Universitäten; sie bestand ausschließlidt aus Studenten.“

Aus der Tatsache der Hinneigung der politischen Theorie erklärte Engels den Umstand, daß die revolutionäre Partei in Deutschland von 1815 und 18 30 nur aus Theoretikern bestanden habe. Erst die drei Tage in Paris, die „Juli-Revolution“, habe das Signal für einen allgemeinen Ausbruch der Unzufriedenheit des Bürgertums, der Aristokratie und des Volkes in ganz Europa gegeben. Der neue und heftige Charakter der liberalen Agitation in Deutschland von 18 30 — 1834 habe gezeigt, daß die bürgerlichen Klassen die große Frage der Zeit selbst aufgegriffen haben. Durch die staatliche Aufgliederung Deutschlands sei verhindert worden, daß die Bewegungen der einzelnen Länder zu einem gemeinsamen Ziel zusammengeflossen wären. Das Bürgertum wollte politisch frei sein, nicht um die öffentlichen Angelegenheiten in Übereinstimmung mit seinen Interessen zu regeln, sondern weil es sich schämte, im Vergleich zu den Franzosen und Engländern eine so servile Position einzunehmen. Seine Initiative nannte Engels eine großmäulige und erfolglose Bewegung, deren ziemlich ermüdende Einzelheiten zu schildern er sich versage. Nach 1834 sei jede öffentliche Bewegung erstorben. Dieses Resultat habe bewiesen, daß die Zeit für eine allgemeine Bewegung des Bürgertums in Deutschland noch nicht gekommen sei

In der Auseinandersetzung mit den politischen Strömungen ihrer Zeit gingen Marx und Engels ausführlich auf den politischen Liberalismus ein, den sie als das „sich allmählich bildende gemeinsame Interesse der Bourgeoisie in Deutschland“ verstanden. Sein Formungsprozeß habe vor allem 1840 eingesetzt, in dem Jahr, in dem die deutschen Bürger begannen, an die Sicherstellung der gemeinsamen Interessen zu denken. Sie seien national und liberal gewesen und hätten Schutzzölle und Konstitutionen verlangt Engels widmete dem Gefälle zwischen nord-und süddeutschem Liberalismus eine besondere Betrachtung, in der er die Anschauung vertrat, Baden, Württemberg und Rhein-Bayern schienen vor kurzer Zeit die drei einzigen Altäre gewesen zu sein, auf denen das Feuer des allein würdigen unabhängigen Patriotismus entflammen konnte, während der Norden in eine träge Gleichgültigkeit, in eine, wenn nicht servile, doch schlaffe und zähe Ermattung zurückgesunken schien. Bei der Niederschrift des Beitrages, 1842, entspreche diese Vorstellung nicht mehr der Wirklichkeit. Die Bewegung des Südens sei eingeschlummert; die Zähne der Räder, die sich früher so scharf erfaßten und den Umschwung erhielten, seien allmählich abgeschlissen und wollten nicht mehr ineinandergreifen. Dagegen habe der Norden seit mehreren Jahren einen Fond von gediegener politischer Gesinnung, von charakterfester, lebendiger Energie, von Talent und publizistischer Tätigkeit aufzuweisen. Engels rühmt dem nordischen Liberalismus einen höheren Grad von Durchbildung und Allseitigkeit nach und betont, die Herrschaft dieser Richtung über Deutschland sei nicht mehr zu bestreiten. Über den Unterschied zwischen dem süddeutschen und dem norddeutschen Liberalismus sagte er, der süddeutsche Liberalismus habe eine deutsche Opposition begründet und so eine politische Gesinnung in Deutschland möglich gemacht. Er sei von der Praxis zur Theorie geschritten, damit jedoch nicht durchgekommen. Engels empfahl deshalb, es umgekehrt anzufangen und von der Theorie in die Praxis zu dringen und schloß mit der Versicherung: „Idi wette, was ihr wollt, wir kommen so am Ende weiter"

In Artikel 2 der Artikelserie „Der Fortschritt der sozialen Reform auf dem Kontinent" untersuchte Engels das Verhältnis zwischen „Deutschland und die Schweiz“. Er begann mit der Feststellung, Deutschland hätte seine Sozialreformer schon zur Zeit der Reformation gehabt und verwies vor allem auf Thomas Münzer. Zur sozialen Situation in Deutschland sagte er, da das Land verhältnismäßig wenig Fabrikindustrie habe, bestehe die Masse der Arbeiter aus Handwerksgesellen. Er kommt in diesem Zusammenhang auf Wilhelm Weitling zu sprechen, den er einen Preußen aus Magdeburg und einfachen Schneidergesellen bezeichnet und als „Schöpfer des deutschen Kommunismus“ feiert. In der Schilderung dessen Wanderjahre betonte er, daß durch dessen Tätigkeit in Genf der Kern einer kommunistischen Partei gebildet worden sei. Engels würdigte den in Zürich durchgeführten Prozeß gegen Weitling und seine Freunde und bemerkte über die im Anschluß daran vorgenommene Verfolgung der Kommunisten im Kanton Zürich, diese habe zur Ausrottung des Kommunismus nichts beigetragen, ihm vielmehr durch das große Interesse, das sie in allen Gegenden deutscher Sprache erregt, genützt. Der Kommunismus, in Deutschland fast unbekannt, sei dadurch ein Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit geworden. Er fuhr fort: „Außer dieser gibt es nodt eine Partei in Deutschland, die für den Kommunismus eintritt. Jene wird als volkstümlidie Partei zweifellos in Kürze die ganze Arbeiterklasse Deutsdilands organisieren; die Partei, auf welche idt jetzt zu spredien komme, ist eine philosophische, die in ihrem Ursprung nichts mit den englischen oder französischen Kommunisten zu tun hat, sondern von jener Philosophie herstammt, auf weldie Deutschland im letzten halben Jahrhundert so stolz war“.

Engels legte eingehend die Entwicklung der deutschen Philosophie von Kant bis Hegel, die durch Unterdrückung der Redefreiheit, von Pamphleten, Zeitungen, Zeitschriften und wissenschaftlichen Werken nicht aufgehalten worden sei. Die Fürsten Deutschlands hätten in dem Augenblick, in dem sie glaubten, den Republikanismus für immer niedergeworfen zu haben, aus der Asche der politischen Agitation den Kommunismus entstehen sehen. Diese neue Lehre habe ihnen noch gefährlicher und furchtbarer erschienen als die, über deren augenblickliche Zerstörung sie jubelten. Engels endete mit einer Ermahnung der Deutschen, wobei er sich besonders an die Intelligenz — wäre vielleicht zu sagen: Intellektuellen? — wandte: „Alle Verfolgungen und Verbote haben sidt als unwirksam erwiesen, und das wird immer so sein; die Deutsdten sind eine philosophische Nation, sie wollen und können dem Kommunismus nicht untreu werden. Sobald er auf gesunden philosophischen Grundsätzen beruht: insbesondere, wenn er eine unvermeidliche Konsequenz ihrer eigenen Philosophie ist. Das ist die Aufgabe, die uns jetzt obliegt. Unsere Partei muß beweisen, daß, wenn alle die philosophisdten Bemühungen der Deutsdten, von . Kant bis Hegel, nicht nutzlos oder schlimmer als nutzlos sein sollen, ihr Ende nur der Kommunismus sein kann; daß die Deutsdten entweder ihre großen Philosophen, die ihren Nationalstolz ausmachen, verleugnen oder sich zum Kommunismus bekennen müssen. Und dies wird bewiesen, die Deutschen werden vor dieses Dilemma gestellt werden, und es ist kaum ein Zweifel möglich, wie die Entscheidung des Volkes ausfallen wird. Nirgends ist die Aussicht, eine kommunistische Partei unter den gebildeten Klassen zu errichten, größer als in Deutschland. Die Deutschen sind eine sehr uninteressierte Nation; wenn Prinzip und Interesse in Konflikt kowwen, so wird jenes iwwer die Ansprüche des Interesses beschwichtigen. Die gleid-ie Vorliebe für abstrakte Prinzipien, die gleiche Veradrtung von Wirklidtkeit und Eigennutz, welche die Deutschen in einen Zustand politischer Nicht-existenz gebracht haben, die gleichen Eigenschaften verbürgen den Erfolg des philosophischen Kontmuniswus in diesem Lande. Für Engländer wag es seltsam sein, daß eine Partei, die die Aufhebung des Privateigentums anstrebt, sich vor allem aus Leuten zusammensetzt, die selbst Eigentümer sind; und doch ist es in Deutschland wirklich so. Wir können unsere Mitglieder nur aus solchen Klassen gewinnen, die eine gute Erziehung genossen haben, das heißt von den Universitäten und der handelstreibenden Klasse; und bei beiden haben wir bis jetzt nicht mit beträchtlichen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt“

„The New Moral World“ veröffentlichte im März und im Mai 1845 Aufsätze von Engels, die sich mit dem Kommunismus in Deutschland befaßten. In ihnen wird zunächst bemerkt, die Geschwindigkeit, mit der der Sozialismus in Deutschland Fortschritte mache, sei ganz wunderbar. Engels charakterisierte die frühere Situation, fragte nach der derzeitigen Lage und antwortete darauf mit der Erklärung: „Anstelle der beiden armen Teufel, die über Sozialismus für ein Publikum schrieben, das mit der Frage in keiner Weise vertraut oder daran interessiert war, haben wir Dutzende von klugen Schriftstellern, die das neue Evangelium Tausenden predigen, die begierig alles hören möchten, was mit der Sache zusammenhängt“. Engels sprach davon, daß der Sozialismus in Mode gekommen sei. Sogar die Regierungen seien gezwungen, allen legalen Bewegungen, die zum Sozialismus hinstrebten, wohlwollend zu begegnen: „Kurz, der Sozialismus ist zur Tagesfrage in Deutschland geworden, und im Laufe eines Jahres ist eine starke sozialistische Partei herangewachsen, die jetzt schon allen politischen Parteien Respekt einflößt und um die sich besonders die Liberalen dieses Landes eifrig bemühen“.

Nach einem Hinweis auf die große propagandistische Bedeutung des berühmten Bildes von Hübner, das die Prüfung der in Heimarbeit gefertigten Stoffe durch einen schlesischen Fabrikanten zeigt, erklärte er: „Tatsächlich nimmt der Sozialismus jetzt in Deutschland eine zehnmal stärkere Position ein als in England" und sagte anschließend: „Es ist sonderbar, aber mindestens im Norden Deutschlands kann man nicht an Bord eines Dampfers gehen oder in einem Eisenbahnwagen oder in einer Postkutsche reisen, ohne jemanden zu treffen, der nicht wenigstens einige soziale Ideen in sich ausgenommen hätte und der nicht mit einem darin übereinstimmte, daß etwas getan werden müsse, die Gesellschaft zu reorganisieren“.

Ergriffen von dieser Begeisterung schilderte Engels das Umsichgreifen des Kommunismus unter den Gebildeten. Er weist darauf hin, daß sich Dr. Feuerbach den er das „hervorragendste philosophische Genie Deutschlands" nennt, als Kommunist bekannt habe: „Ein Freund von uns besuchte ihn kürzlich auf seinem einsamen Landsitz in einem entlegenen Winkel Bayerns: diesem gegenüber erklärte er, er sei durchaus überzeugt, daß der Kommunismus nur die notwendige Konsequenz der Prinzipien darstelle, die er verkündet habe und daß der Kommunismus tatsächlich nur die Praxis dessen sei, was er lange zuvor theoretisch verkündet habe. Feuerbach sagte, er habe niemals so viel Freude an einem Buch gehabt, wie an dem ersten Teil von Weitlings Garantien Engels knüpfte daran die Feststellung: „So ist die Verbindung zwischen den deutschen Philosophen, deren hervorragendster Vertreter Feuerbach ist, und den Arbeitern, die durch Weitling vertreten werden, fast hergestellt, eine Verbindung, die Dr. Marx vor einem Jahr vorausgesagt hat. Im Bund mit den Philosophen, die für uns denken, und mit den Arbeitern, die für uns kämpfen, — wird es da irgend eine Macht auf Erden geben, die stark genug wäre, unserem Fortschreiten zu widerstehen?“

Durch die Sätze schlägt d i e Freude und der Stolz durch, mit der Engels die Entwicklung in Deutschland verfolgte: Von der einen Seite, von den Philosophen, kommt die Theorie, von den Arbeitern die Praxis. Vertreter der Philosophen ist für ihn Feuerbach, Vertreter der Arbeiter Weitling. In den weiteren Auslassungen der Zeitungsbeiträge wandte sich Engels gegen den Mißbrauch mit dem Wort Sozialismus, das hierzulande nichts anderes als die verschiedenen, verschwommenen, unbestimmten und unbestimmbaren Vorstellungen derjenigen bedeute, die sehen, daß etwas getan werden müsse und die sich dennoch nicht entschließen können, vorbehaltlos auf das Gemeinschaftssystem einzugehen. Er gab dem Worte Kommunismus den Vorzug und versicherte seinen englischen Lesern, daß dieser in einem raschen und späten Fortschritt begriffen sei

Lenin schrieb Ende 1913 eine Betrachtung über „Der Brief-wechsel zwischen Marx und Engels: Engels als einer der Begründer des Kommunismus“, von der „Prawda“ am 28. November 1920 veröffentlicht, in der er sich mit der politischen Situation Deutschlands im Jahre 1844 auseinandersetzt. Lenin bezeichnet den Kommunismus als Ausdrucksform der oppositionellen Stimmung, wobei er betonte, in Deutschland seien damals alle Kommunisten gewesen mit Ausnahme des Proletariats: „Der Kommunismus war die Ausdrucksform der oppositionellen Stimmungen bei allen und besonders bei der Bourgeoisie“. Lenin gestand Engels das Verdienst ein, inmitten einer unermeßlichen Zahl pseudosozialistischer Richtungen und Fraktionen den Weg zum proletarischen Sozialismus gebahnt zu haben; diesem sei die Einleitung dieses Prozesses nur möglich gewesen, weil er im Schnittpunkt der philosophischen und proletarischen Entwicklung gestanden habe Auch Stalin beschäftigte sich mit dieser Situation der deutschen Geschichte. Er verglich die Situation Rußlands zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Lage Deutschlands in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Deutschland sei damals ebenso wie Rußland bei Eintritt in das 20. Jahrhundert mit der bürgerlichen Revolution schwanger gegangen. Stalin zitierte die Stelle des kommunistischen Manifestes, in der von der Wanderung der Revolutionen von Westen nach Osten gesprochen wird. Den Anfang machte die englische Revolution im 17. Jahrhundert. Es folgte die französische Revolution im 18. Jahrhundert. Diese soll von der erwarteten bürgerlichen Revolution Deutschlands fortgeführt werden, die das unmittelbare Vorspiel der proletarischen Revolution sein werde. Auf Grund dieser These erklärt Stalin, das Zentrum der revolutionären Bewegung habe sich in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts nach Deutschland verschoben. Er schloß daran die zentrale Bemerkung an: „Es ist wohl kaum daran zu zweifeln, daß gerade dieser Umstand, der von Marx in dem angeführten Zitat hervorgehoben wird, die wahrscheinliche Ursache dafür bildet, daß gerade Deutschland das Ge- burtsland des wissensdtaftlidien Sozialismus und die Führer des deutsdxen Proletariats, Marx und Engels, seine Schöpfer wurden“

Es ist notwendig, die Erklärung Stalins vom Frühjahr 1924, die den Charakter eines ideologischen Bekenntnisses hat, zu wiederholen: „Deutschland, das Geburtsland des wissenschaftlichen Sozialismu s“. In dieser Feststellung wird nicht nur eine Verbeugung v o r Deutschland gemacht, sondern auch eine Erwartung a u f Deutschland ausgesprochen. Weil Deutschland das Geburtsland des wissenschaftlichen Sozialismus ist, nimmt es im Denken des Marxismus-Leninismus eine einmalig-eigentümliche Stellung ein.

In einer Kontroverse mit dem Aufsatz Arnold Ruges „Der König von Preußen und die Sozialreform“ beschäftigte sich Marx mit der Bildungsfähigkeit der deutschen Arbeiter. Er zeigte auf Weitling, der in theoretischer Hinsicht oft selbst über Proudhon hinausgehe und stellte die nüchterne, kleinlaute Mittelmäßigkeit der deutschen politischen Literatur neben das maßlose und brillante literarische Debüt der deutschen Arbeiter, als welches er Weitlings „Garantien der Harmonie und Freiheit" deklarierte. Er verglich die „riesenhaften Kinderschuhe des Proletariats“ mit der Zwerghaftigkeit der ausgetretenen politischen Schuhe der deutschen Bourgeoisie und bemerkte dazu: „Man muß gestehen, daß das deutsche Proletariat der Theoretiker des europäischen Proletariats, wie das englische Proletariat sein Nationalökonom und das französische Proletariat sein Politiker ist. Man muß gestehen, daß Deutschland einen ebenso klassischen Beruf zur sozialen Revolution besitzt, wie es zur politischen unfähig ist. Denn wie die Ohnmacht der deutschen Bourgeoisie die politische Ohnmacht Deutschlands, so ist die Anlage des deutschen Proletariats — selbst von der deutschen Theorie abgesehen — die soziale Anlage Deutschlands. Das Mißverhältnis zwisdten der philosophisdten und der politischen Entwicklung in Deutschland ist keine Abnormität. Es ist ein notwendiges Mißverhältnis. Erst in dem Sozialismus kann ein philosophisdtes Molk seine entsprechende Praxis, also erst im Proletariat das tätige Element seiner Befreiung finden“

Engels untersuchte in der im März 1847 geschriebenen Betrachtung über die politische Lage in Deutschland erneut den Begriff Sozialismus. Der „w a h r e S o z i a 1 i s m u s“ habe es fertiggebracht, die revolutionärsten Sätze, die je aufgestellt wurden, zu einem Schutzwall für den Morast des deutschen Status quo zu verwenden; der „wahre Sozialismus“, sei durch und durch reaktionär, woraus Engels die Folgerungen zog: „Es ist hohe Zeit, daß die deutschen Kommunisten endlidt die ihnen zugemutete Verantwortlichkeit für die reaktionären Taten und Gelüste der wahren Sozialisten ablehnen. Es ist hohe Zeit, daß die deutschen Kommunisten, daß das deutsche Proletariat mit seinen sehr deutlidien, sehr handgreiflidten Bedürfnissen repräsentieren, sich aufs allerentsdüedenste trennen von jener literarischen Clique — denn weiter ist sie nichts —, die selbst nidtt weiß, wen sie repräsentiert und deshalb wider Willen den deutschen Regierungen in die Arme taumelt, die , den Menschen zu realisieren'glaubt und nichts realisiert als die Vergötterung des deutschen Bürgerjammers. In der Tat, wir Kommunisten haben nichts gemein mit den theoretischen Hirngespinsten und Gewissens-skrupeln dieser spitzfindigen Gesellschaft.“

Engels untersuchte zunächst die ökonomischen Bedingungen des Unterschiedes zwischen Frankreich und England einerseits und Deutschland andererseits. Sein Ergebnis faßte er in der Feststellung zusammen: „Während in Frankreich und England die Städte das Land beherrschen, beherrscht in Deutschland das Land die Städte, der Ackerbau den Handel und die Industrie.“ Als Ursache dieses Umstandes nannte er die gegen die westlichen Länder zurückgebliebene Zivilisationsstufe Deutschlands. In jenen seien Handel und Industrie, in Deutschland sei die Agrikultur der entscheidende Ernährungszweck der Masse des Volkes. Der politische Repräsentant des Ackerbaues sei in Deutschland wie in den meisten europäischen Ländern der Adel, die Klasse der großen Grundbesitzer. Neben dem Adel und dem mehr oder weniger von ihm abhängigen Bauern habe sich zwar eine neue Klasse gebildet, doch sei es nicht d i e Bourgeoisie, die in den zivilisierten Ländern herrsche, sondern die Klasse der Kleinbürger. Er betonte, die gegenwärtige Verfassung Deutschlands sei weiter nichts als ein Kompromiß zwischen dem Adel und den Kleinbürgern, der darauf hinausläuft, die Verwaltung in den Händen einer dritten Klasse niederzulegen, der Bürokratie. Engels versicherte, die Kleinbürger könnten den Adel niemals stürzen; sie seien nicht einmal in der Lage, ihn zu schwächen. Um dieses Ziel, den Sturz des Adels zu erreichen, bedürfe es einer anderen Klasse mit umfassenderen Interessen, größerem Besitz und entschiedenerem Mut, der Bourgeoisie. Die besitzlosen Klassen, Bauern und Arbeiter, waren nach Engels nicht vorbereitet, in Deutschland die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten zu übernehmen. In einer Zusammenfassung seiner Betrachtung erklärte er deshalb: „Der Adel ist zu heruntergekommen, die Kleinbürger und Bauern sind in ihrer ganzen Lebensstellung nach zu schwach, die Arbeiter sind noch lange nicht reif genug, um in Deutschland als herrschende Klasse auftreten zu können. Bleibt nur die Bourgeoisie.“

Engels stellte die Frage, ob diese Klasse, die die erwünschte Veränderung herbeiführen könne, in Deutschland existiere und beantwortet sie zustimmend. Verglichen mit der entsprechenden Klasse in England und Frankreich existiere diese in etwas sehr kleinbürgerlicher Weise, doch sie existiere. Über ihre Bedeutung für die politische Entwicklung in Deutschland sagte er: „Die Bourgeoisie ist die Klasse, die in allen Ländern den in der bürokratischen Monarchie etablierten Kompromiß zwischen Adel und Klein-bürgerschaft stürzt und dadurch zunächst für sich die Herrschaft erobert. Die Bourgeoisie ist die einzige Klasse in Deutschland, die wenigstens einen großen Teil der industriellen Grundeigentümer, der Kleinbürger, der Bauern, der Arbeiter und selbst eine Minorität des Adels an ihren Interessen beteiligt und unter ihren Fahnen vereinigt hat. Die Partei der Bourgeoisie ist die einzige in Deutschland, die bestimmt weiß, was sie an die Stelle des States quo zu setzen hat; die einzige, die sich nicht auf abstrakte Prinzipien und historische Deduktionen beschränkt, sondern sehr bestimmte, handgreifliche und sofort ausführbare Maßregeln durchsetzen will; die einzige, die wenigstens lokal und provinziell einigermaßen organisiert ist und eine Art von Feldzugsplan hat; kurz, diejenige Partei, die gegen den Status quo in erster Linie kämpft und direkt an seinem Sturz beteiligt ist. Die Partei der Bourgeoisie ist also die einzige, die zunächst Chance auf Erfolg hat.“

Die Machtergreifung der Bourgeoisie bezeichnete Engels als bevorstehend. Zur Begründung seiner Ansicht führte er aus, diese bedürfe gerade jetzt der politischen Herrschaft, um nicht zugrunde zu gehen, weil sie nur im Besitz der Gesetzgebung sich der Konkurrenz auf dem Weltmarkt erwehren könne

Die Fertigstellung einer Verfassung für Preußen veranlaßt Engels zu einer, in „ No r t h e r n S t a r “ veröffentlichten Betrachtung, in der er die dadurch verursachte machtpolitische Verschiebung innerhalb der Klassen Preußens untersucht. Er verstand die Verfassung als den Beginn einer neuen Epoche für dieses Land und für ganz Deutschland: „Somit ist die Verfassung Preußens, obgleich an sich unbedeutend, dennoch der Beginn einer neuen Epoche für dieses Land und für ganz Deutschland. Sie bezeichnet den Sturz des Absolutismus und des Adels und den Aufstieg der bürgerlichen Klassen; sie bezeichnet den Beginn einer Bewegung, di^e »ehr bald zu einer •Repräsewativverfassun^, für die iitrgerlichen Klassen, einer freiem Presse, unabhängigen Richtern und Gesdworenengerichten führen wird, und sie wird Gott weiss wo enden. Sie bezeidhner die Wiederhc^lung des Jahres 1789 in Preußen. Wenn nun die re^'oiwtionäre Bewegung, die jetzt beginnt, nur die bürgerlichen Klassen direkt interessieren wird, so ist sie doch keineswegs ohne Besang für die Interessen des Volkes. Von dem Augenblick: an, da die Macht der bürgerlichen Klassen konstituiert ist, von diesem Augenblick an beginnt die besondere und als solche unterschiedene demokratische Bewegung. In dem Kampf gegen Despotismus und Aristokratie kann einer Bewegung, die sehr bald zu einer Repräsentativverfassung für die bürgerlichen Klassen, einer freien Presse, unabhängigen Richtern und das Volk, die demokratische Partei nur eine sekundäre Rolle spielen; die erste Rolle gebührt den bürgerlichen Klassen. Von dem Augenblick an jedodi, wo die bürgerlichen Klassen ihre eigene Regierung errichteten, sich mit einem neuen Despotismus, einer neuen Aristokratie gegen das Volk identifizieren, von dem Augenblick an bezieht die Demokratie ihren Standpunkt als die eine, die ausschließliche Bewegungspartei; von diesem Augenblick an wird der Kampf vereinfacht, auf zwei Parteien redwetert und schlägt durch diesen Umstand um in einen , Krieg bis aufs Messer'. Die Geschichte der französischen und englischen demokratischen Parteien beweist das vollauf.“

Engels sah in diesem Vorgang auch den Anfang einer anderen Entwicklung, von Ar Überzeugung geleitet, die Eroberung der politischen Macht durch die bürgerlichen Klassen Preußens werde das Verhältnis der europäischen Länder zueinander verändern: „Die nordische Allianz wird aufgelöst werden. Österreich und Rußland, die beiden Mächte, die an der Beraubung Polens den Hauptanteil hatten, werden völlig isoliert werden von dem übrigen Europa, denn Preußen zieht die kleineren Staaten Deutschlands, die alle konstitutionelle Regierungen haben, mit sich. So wird das Kräftegleichgewicht in Europa völlig verändert werden durch die Folgen dieser unbedeutenden Verfassung, die Hinüberwechslung von drei Vierteln Deutschlands aus dem Lager des stationären Osteuropas in das Lager des progessiven Westeuropas“

8. Deutschland im „Manifest der Kommunistischen Partei'7

In der „Kommunistischen Zeitschrift“ erschien im September 1847 ein Aufsatz, als dessen Verfasser Engels angenommen wird no Es trägt die Überschrift „Der preußische Landtag und dasProletariat in Preußen wie überhaupt in Deutschland“ und enthält eine Analyse der politischen und ökonomischen Entwicklung seit 1815. Dabei wird, und dieser Umstand spricht sehr nachhaltig für die Verfasserschaft Engels, die Auffassung vertreten, die 16 Millionen Einwohner Preußens «würden mehr sagen als die übrigen 28 Millionen, die in 3 5 deutsche Staaten iaufigeteilt seien. Jeder Sieg des Bürgertums in Preußen sei zugleich ein Sieg für das Bürgertum der übrigen 28 Millionen Deutschlands. Von der Arbeit des preußischen Landtags wird gesagt, die vollständige Öffentlichkeit der Verhandlungen hätte eine Teilnahme an den Staatsangelegenheiten unter dem Publikum erweckt, von der früher nur an einzelnen Orten, namentlich in den großen Städten, eine Spur zu finden gewesen sei. Der Aufsatz fährt fort: „Sie (= die Teilnahme an den Staatsgesdhäften) hat sich jetzt über das ganze Land verbreitet, sie hat Personen erfaßt, die sonst kaum über ihre vier Wände oder die Grenzmarken ihrer Kommune hinausdachten. Ja, in ganz Deutschland ist man den Vorgängen in Berlin mit derselben Spannung gefolgt wie in Preußen selbst. Man hat gefühlt, daß jeder Sieg des Bürgertums in Preußen ein Sieg des deutschen Bürgertums überhaupt ist, daß alles, was in Preußen durchgesetzt wird, audt sehr bald in allen übrigen Staaten des Deutsdien Bundes zur Geltung kommen muß“. Im Anschluß daran wird die Frage erhoben, welches Interesse die Proletarier an den Kämpfen der Bourgeoisie hätten. Die Antwort darauf lautet: „Wir Proletarier können uns nur befreien, wenn die das Privateigentum aufheben, mithin die Klasse der Bourgeoisie vernichten und damit überhaupt allen Klassenunterschieden für immer ein Ende madhen. Zwischen ihr und uns gilt daher, einen Kampf auf Leben und Tod, nicht bloß mit dem Wort, sondern mit der Faust und der Muskete“. Der Aufsatz schließt mit einer leidenschaftlichen Darlegung der Feindschaft zwischen dem Königstum von Gottes Gnaden und dem Proletariat und mit dessen Ermutigung:

„Haben nicht einige Hundert Proletarier in Berlin, die ohne Plan, ohne Übereinstimmung, ohne gemeinsamen Zwedt an dem Broitumulte teilnahmen, die ganze Hauptstadt erzittern gemacht, sämtliche höchste und allerhöchste Behörden einen halben Tag lang um alle Besinnung gebracht? Ha>ben nicht zwei hohe Ministerialbeamte selbst eingestanden, daß Berlin trotz aller Truppen in die Gewalt der Proletarier gefallen wäre, wenn diese nur einigermaßen ihre Kraft zu benutzen und gemeinsam zu handeln verstanden hätten? Ja, Berlin war sogar fünf Stunden lang in den Händen des Volkes, nur daß es dies selber nicht wußte. Ähnlich ist es an vielen anderen Orten Preußens wie im übrigen Deutschland kergegangeu. Vermögen schon einzelne, unbedeutende Pro- letarierhauh'n, die ohne ^lan und Verabredung handeln, das Bestehende in solche Gefahr zu bringen, so liegt es auf der Hand, daß wenn wir erst organisiert, vereinigt, alle als ein Mann auftreten, uns keine Macht den Sieg entreißen kann. Vereinzelt sind und bleiben wir schwache Sklaven, der Not und dem Elend, dem Hochmut und der Gnade der Vornehmen und Reichen preisgegeben; organisiert und vereinigt zerbrechen wir wie dürre Weidenruten die Fesseln, die das Privateigentum oder eine , christlich-germanische'Regierung uns angesdemiedet haben"

Es ist geboten, darauf hinzuweisen, daß der Engelssche Gedanke. 16 Millionen Einwohner Preußens seien in der Lage, den 28 Millionen des übrigen Deutschlands ihren Willen aufzuzwingen, von brennender Aktualität ist, wird er doch zur Begründung der Erwartung der Regierung der SBZ, Einfluß auf Gesamtdeutschland nehmen zu können, angeführt. Seine allgemeine Formulierung heißt: Eine Minderheit marxistisch-leninistischer Ideologie verfügt über die Fähigkeit, eine kapitalistische Mehrheit zu überwinden. Diese Auffassung schlägt in vielen Erklärungen durch und klingt in zahlreichen Feststellungen durch.

Lenin, der zur Illustrierung und Bewertung russischer Ereignisse immer wieder auf Vorgänge in der deutschen Geschichte und ihre Beurteilung durch Marx und Engels zurückgriff, wandte sich gegen die, wie er sagte, liberalen Zeitungsschreiber, die die Reichsduma mit der preußischen Kammer der Epoche des Budgetkonfliktes vergleichen uud erklärte, wenn man wirklich vergleichen wolle, dürfe man als Beispiel nicht eine konstitutionelle Epoche, sondern müsse eine Epoche des Verfassungskampfes, den Beginn einer revolutionären Epoche heranziehen. Die Reichsduma erinnere an den preußischen vereinigten andtag. Er knüpfte an diese Auslassungen die Bemerkung, die als Beispiel seiner Bemühungen gelten können, Vorgänge der russischen Entwicklung mit Ereignissen der preußisch-deutschen Geschichte zu erklären und ideologisch zu interpretieren:

„Der preußische Vereinigte Landtag versammelte sich (die erste Session wurde am 11. April 1847 eröffnet und am 26. Juni 1847 geschlossen) und führte zu einer Reihe von Konflikten zwischen den Konstitutionalisten und der absolutistischen Staatsmacht, blieb aber trotzdem eine tote Einrichtung, solange bis das revolutionäre Volk mit dem Proletariat Berlins an der Spitze die königlichen Truppen im Aufstand vom 18. März 1848 besiegte. Da flog die Reichsduma . . . wollte sagen: nicht durch die Revolutionsregierung, sondern durch den König, den die heldenhaften Arbeiter Berlins nicht , ganz totgeschlagen'hatten) eine blationalversaninilung auf Grund des allgemeinen Wahlrechts bei verhältnismäßiger Agitationsfreiheit einberufen“

In den Auslassungen Engels über die politische Neugestaltung Deutschlands werden dessen Grenzverhältnisse im Osten immer wieder erwähnt. Engels zeigte sich dabei als ein erbitterter Gegner der Teilung Polens und ein entschiedener Befürworter der Wiederherstellung eines selbständigen polnischen Staates. In einer Rede über Polen, die er am 29. November 1847 hielt, erklärte er: „Erlaubt mir, meine Freunde, heute einmal ausnahmsweise in meiner Eigenschaft als Deutscher aufzutreten. Wir deutschen Demokraten haben nämlich ein besonderes Interesse an der Befreiung Polens. Es sind deutsche Fürsten gewesen, die aus der Teilung Polens Vorteil gezogen haben, es sind deutsche Soldaten, die noch jetzt Galizien und Posen unterdrücken. Uns Deutschen, uns deutschen Demokraten vor allem muß daran liegen, diesen Flecken von unsrer Nation abzuwaschen. Eine Nation kann nicht frei werden und zugleich fortfahren, andere Nationen zu unterdrücken. Die Befreiung Deutschlands kann also nicht zustande kommen, ohne daß die Befreiung Polens von der Unterdrückung durch Deutsche zustande kommt. Und darum hat Polen und Deutschland ein gemeinschaftliches Interesse, und darum können polnische und deutsche Demokraten gemeinsam arbeiten an der Befreiung beider Nationen“

In einer Übersicht über das Jahr 1847 kam Engels erneut auf die Interpretation der Begriffe „Sozialismus“ und „Kommunismus“ zurück. Derjenige Teil der Arbeiter, der, von der Unzulänglichkeit bloßer politischer Umwälzungen überzeugt, eine gründliche Umgestaltung der Gesellschaft fordere, nannten sich kommunistisch. Dieser rauh gearbeitete, nur instinktiv, manchmal etwas rohe Kommunismus sei mächtig genug gewesen, um zwei Systeme des utopischen Kommunismus zu erzeugen, in Frankreich den „ikarischen“ Cabets, in Deutschland den von Weitling. Engels stellte dazu fest: „Sozialismus bedeutete 1847 eine Bourgeoisbewegung, Kommunismus eine Arbeiterbewegung. Der Sozialismus war, auf dem Kontinent wenigstens, salonfähig, der Kommunismus war das gerade Gegenteil“. Von letzterem sagte Engels in einer, im Januar 1848 veröffentlichten Betrachtung, sein Sieg stehe bevor. Er sprach vom Sturz der Bourgeoisie, der ihrem Sieg raseh folgen werde und glaubte, die Bourgeoisie in Deutschland sei in kurzer Zeit bereits gezwungen, den Beistand des Kommunismus anzurufen. Weil er diese Entwicklung, Sieg und Untergang des Bürgertums, als einen unabwendbaren geschichtlichen Prozeß betrachtete, rief er den Bürgern zu: „Kämpft als nur mutig fort, ihr gnädigen Herren vom Kapital! Wir haben euch vorderhand nötig, wir haben sogar hier und da eure Herrschaft nötig. Ihr müßt uns die Reste des Mittelalters und die absolute Monardtie aus dem Wege sdtaffen, ihr müßt den Patriarchismus vernichten, ihr müßt zentralisieren, ihr müßt alle mehr oder weniger besitzlosen Klassen in wirkliche Proletarier, in Rekruten für uns, verwandeln, ihr müßt uns durch eure Fabriken und Handelsverbindungen die Grundlage der materiellen Mittel liefern, deren das Proletariat zu seiner Befreiung bedarf. Zum Lohn dafür sollt ihr eine kurze Zeit herr sehen. Ihr sollt Gesetze diktieren, ihr sollt euch sonnen im Glanz der von euch geschaffnen Majestät, ihr sollt bankettieren im königlichen Saal und die schöne Königstochter freien, aber, vergeßt es nicht — , Der Henker steht vor der Türe'“

Kurze Zeit vorher hatte sich Engels mit den Grundsätzen des Kommunismus auseinandergesetzt. In Beantwortung der 25. Frage — „Wie verhalten sich die Kommunisten zu den übrigen politischen Parteien jener Zeit?“ — sagte er: „In Deutschland endlich steht der entscheidende Kampf zwischen der Bourgeoisie und der absoluten Monarchie erst bevor. Da aber die Kommunisten nicht eher auf den entscheidenden Kampf zwischen ihnen selbst und der Bourgeoisie rechnen können, als bis die Bourgeoisie herrscht, so ist es das Interesse der Kommunisten, die Bourgeois sobald als möglich an die Herrschaft bringen zu helfen, um sie sobald wie möglich wieder zu stürzen. Die Kommunisten müssen also, gegenüber den Regierungen, stets für die liberalen Bourgeois Partei ergreifen und sich nur davor hüten, die Selbsttäuschungen der Bourgeois zu teilen oder ihren verführerischen Versicherungen von den heilsamen Folgen des Siegs der Bourgeoisie für das Proletariat Glauben zu schenken. Die einzigen Vorteile, welche der Sieg der Bourgeoisie den Kommunisten bieten wird, werden bestehen: 1. in verschiedenen Konzessionen, welche den Kommunisten die Verteidigung, Diskussion und Verbreitung ihrer Grundsätze und damit die Vereinigung des Proletariats zu einer eng verbündeten, kampfbereiten und organisierten Klasse erleichtern; und 2. in der Gewißheit, daß von dem Tage, wo die absoluten Regierungen fallen, der Kampf zwischen Bourgeois und Proletariern an die Reihe kommt. Von diesem Tage an wird die Parteipolitik der Kommunisten dieselbe sein wie in den Ländern, wo die Bourgeoisie jetzt schon herrscht"

Das „M anifest der Kommunistischen Partei“ ist bei der Beurteilung des eigentümlichen Verhältnisses Marx'und Engels'zu Deutschland nicht zu übergehen, setzten sich diese doch darin sowohl mit der Funktion der deutschen Halbphilosophen und Schöngeister als auch mit den politisch-ökonomischen Verhältnissen in Deutschland auseinander. Vor allem polemisierten sie gegen den „wahren Sozialismus“, der als eine Waffe in der Hand der Regierungen bezeichnet wird. Ihm wiesen sie mit wenigen Ausnahmen alles zu, was in Deutschland von sozialistischen und kommunistischen Schriften zirkulierte. In der deutschen Ausgabe des „Manifestes der Kommunistischen Partei“ von 1890 bemerkte Engels, der Revolutionssturm von 1848 habe diese gesamte schäbige Richtung — den wahren Sozialismus — weggefegt und ihren Trägern die Lust genommen, noch weiter in Sozialismus zu machen. Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ schloß mit einer glorifizierenden Erwähnung Deutschlands, das als die Wahlstatt der großen Entscheidung betrachtet wurde: „Auf Deutschland richten die Kommunisten ihre Hauptaufmerksamkeit, weil Deutschland am Vorabend einer bürgerlichen Revolution steht und weil es diese Umwälzung unter fortgeschritteneren Bedingungen der europäischen Zivilisation überhaupt, und mit einem viel weiter entwickelten Proletariat vollbringt als England im siebenzehnten und Frankreich im achtzehnten Jahrhundert, die deutsche bürgerliche Revolution also nur das unmittelbare Vorspiel einer proletarischen Revolution sein kann“

Sehr kritische Worte fand Friedrich Engels in einer am 20. Februar 1848 in der „Deutsche Brüsseler Zeitung“ veröffentlichten Betrachtung „Drei neue Konstitutionen“. Er setzte sich darin mit der innerhalb von 14 Tagen vollzogenen Umwandlung dreier absoluter Monarchien in konstitutionellen Staaten — Dänemark, Neapel und Sardinien — auseinander und wetterte heftig über die Deutschen in den Her-zogtümern Schleswig-Holstein, die die ihnen angebotene Konstitution abgelehnt hätten, weil sie dadurch von ihrem Gesamtvaterland losgerissen würden:

„Es ist wirklich zu lächerlich. Die Herzogtümer haben bedeutend weniger Bevölkerung als Dänemark, und doch soll die Zahl ihrer Vertreter gleich sein. Ihre Sprache soll in der Versammlung, in den Protokollen, in allem gleichberechtigt sein. Kurz, die Dänen machen den Deutschen alle möglichen Konzessionen, und die Deutschen beharren auf ihrem abgeschmackten Nationaseigensinn. Die Deutschen sind nie national gewesen, wo die Interessen der Nationalität und die Interessen des Fortschritts zusammenfielen; sie waren es stets, wo die Nationalität sich gegen den Fortschritt kehrte. Wo es galt, national zu sein, da spielten sie die Kosmopoliten; wo es galt, nicht unmittelbar national zu sein, da waren sie bis zur Abgeschmacktheit national. In allen Fällen machten sie sich lächerlich. Entweder sind die Bewohner der Herzogtümer tüchtige Leute und weiter fortgeschritten als die Dänen; dann werden sie in der Ständekammer das Übergewicht bekommen und haben sich nicht zu beklagen. Oder sie sind deutsche Schlafmützen und stehen an industrieller und politischer Entwicklung hinter den Dänen zurück, und dann ist es hohe Zeit, daß sie von den Dänen ins Schlepptau genommen werden. Aber es ist wirklich zu absurd, daß diese biderben Schleswig-Holsteiner die 40 Millionen Deutsche um Hilfe gegen die Dänen anflehen und (sich) weigern, sich auf ein Schlachtfeld zu stellen, auf dem sie mit denselben Vorteilen kämpfen wie ihre Gegner; es ist zu absurd, daß sie die Polizei des Deutschen Bundes anrufen gegen eine Konstitution.“

Noch schärfer ist das Urteil Engels über den Umstand, daß Deutschland von der konstitutionellen Entwicklung nicht erfaßt wurde. Er erklärte: „Die Deutschen sind die letzten, weil ihre Revolution eine ganz andere sein wird als die sizilianische. Die deutschen Bourgeois und Spießbürger wissen sehr gut, daß hinter ihnen ein täglich wachsendes Proletariat steht, welches am Tage nach der Revolution ganz andre Forderungen stellen wird, als sie selbst wünschen. Die deutschen Bourgeois und Spießbürger benehmen sich daher auf eine feige, unentschiedene, schwankende Weise, sie fürchten einen Zusammenstoß nicht weniger, als sie diö Regierung fürchten. Eine deutsche Revolution ist eine ganz anders ernsthafte Sache als eine neapolitanische. In Neapel stehen sich bloß Österreich und England gegenüber; in einer deutschen Revolution stehen sich der ganze Osten und der ganze Westen gegenüber.

Eine neapolitanische Revolution hat von selbst ihr Ziel erreicht, sobald entschiedene Bourgeoisinstitutionen erobert sind; eine deutsche fängt erst recht an, wenn sie soweit gekommen ist. Daher müssen die Deutschen erst vor allen übrigen Nationen gründlich kompromittiert sein, sie müssen noch mehr, wie sie es schon sind, zum Gespött von ganz Europa werden, sie müssen gezwungen werden, die Revolution zu machen. Dann aber werden sie auch aufstehen, nicht die feigen deutschen Bürger, sondern die deutschen Arbeiter; sie werden sich erheben, der ganzen unsaubern, verworrenen offiziellen deutschen Wirtschaft ein Ende machen und durch eine radikale Revolution die deutsche Ehre wiederherstllen“

Eine radikale Revolution in Deutschland, — das war die große Hoffnung Marx'und Engels'. Von ihr erwarteten diese nicht nur die „Emanzipation der Bourgeoisie", von ihr erhofften sie sich den Anfang eines neuen Zeitalters der Menschheitsgeschichte. Und weil diese große Erwartung eines der stärksten Leitbilder Marx'und Engels'war, entwarfen sie mit besonderer Anteilnahme die „Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland." In ihnen verband sich die Hoffnung auf die Einheit des deutschen Volkes mit dem Glauben auf Emanzipation des Proletariats, in ihnen wurde das Bild des kommunistischen Zukunftsstaates gezeichnet, des „Civitas materiae , der nach ihrer Vorstellung in der Mitte Europas entstehen soll, Anfang und Ausgangspunkt der Weltrevolution:

„Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

„ 1. Ganz Deutschland wird zu einer einigen, unteilbaren Republik erklärt. 2. Jeder Deutsche, der 21 Jahre alt, ist Wähler und wählbar, vorausgesetzt, daß er keine Kriminalstrafe erlitten hat.

3. Die Volksvertreter werden besoldet, damit auch der Arbeiter im Parlament des deutschen Volkes sitzen könne.

4. Allgemeine Volksbewaffnung. Die Armeen sind in Zukunft zugleich Arbeiterarmeen, so daß das Heer nicht bloß, wie früher, verzehrt, sondern noch mehr produziert, als seine Unterhaltungskosten betragen. Dies ist außerdem ein Mittel zur Organisation der Arbeit.

5. Die Gerechtigkeitspflege ist unentgeltlich.

6. Alle Feudallasten, alle Abgaben, Fronden, Zehnten etc., die bisher auf dem Landvolke lasteten, werden ohne irgendeine Entschädigung abgeschafft.

7. Die fürstlichen und anderen feudalen Landgüter, alle Bergwerke, Gruben usw. werden in Staatseigentum umgewandelt. Auf diesen Land-gütern wird der Ackerbau im großen und mit den modernsten Hilfsmitteln der Wissenschaft zum Vorteil der Gesamtheit betrieben.

8. Die Hypotheken auf den Bauerngütern werden für Staatseigentum erklärt. Die Interessen für jene Hypotheken werden von den Bauern an den Staat gezahlt.

9. In den Gegenden, wo das Pachtwesen entwickelt ist, wird die Grundrente oder der Pachtschilling als Steuer an den Staat gezahlt.

7, 8 Alle diese unter 6, und 9 angegebenen Maßregeln werden gefaßt, um öffentliche und andere Lasten der Bauern und kleinen Pächter zu vermindern, ohne die zur Bestreitung der Staatskosten nötigen Mittel zu schmälern und ohne die Produktion selbst zu gefährden.

Der eigentliche Grundeigentümer, der weder Bauer noch Pächter ist, hat an der Produktion gar keinen Anteil. Seine Konsumation ist daher ein bloßer Mißbrauch.

10. An die Stelle aller Privatbanken tritt eine Staatsbank, deren Papier gesetzlichen Kurs hat.

Diese Maßregel macht es möglich, das Kreditwesen im Interesse des ganzen Volkes zu regeln, und untergräbt damit die Herrschaft der großen Geldmänner. Indem sie nach und nach Papiergeld an die Stelle von Gold und Silber setzt, verwohlfeilert sie das unentbehrliche Instrument des bürgerlichen Verkehrs, das allgemeine Tauschmittel, und erlaubt, das Gold und'Silber nadt außen hin wirken zu lassen. Diese Maßregel ist schließlich notwendig, um die Interessen der konservativen Bourgeois an die Revolution zu knüpfen.

11. Alle Transportmittel: Eisenbahnen, Kanäle, Dampfschiffe, Wege, Posten etc., nimmt der Staat in 'seine Hand. Sie werden in Staatseigentum umgewandelt und der unbemittelten Klasse zur unentgeltlichen Verfügung gestellt.

12. In der Besoldung sämtlidter Staatsbeamten findet kein anderer LIntersdiied statt als der, daß diejenigen juit Familie, also mit mehr Bedürfnissen, audt ein höheres Gehalt beziehen als die übrigen.

13. Völlige Trennung der Kirche vom Staate. Die Geistlichen aller Konfessionen werden lediglidi von ihrer freiwilligen Gemeinde besoldet.

14. Besdtränkung des Erbrechts.

15. Einführung von starken Progressivsteuern und Abschaffung der Konsumtionssteuern.

16. Erridttung von Nationalwerkstätten. Der Staat garantiert allen Arbeitern ihre Existenz und versorgt die zur Arbeit Unfähigen.

17. Allgemeine, unentgeltlidte Volkserziehung.

Es liegt im Interesse des deutsdten Proletariats, des kleinen Bürger-und Bauernstandes, mit aller Energie an der Durdtsetzung obiger Maßregeln zu arbeiten. Denn nur durch Verwirklidtung derselben können die Millionen, die bisher in Deutschland von einer kleinen Zahl ausgebeutet wurden und die man weiter in der Unterdrückung zu erhalten suchen wird, zu ihrem Recht und zu derjenigen Macht gelangen, die ihnen, als den Hervorbringern alles Reidttums, gebührt.

Das Komitee:

Karl Marx Karl Schapper H. Bauer F-Engels J. Moll W. Wolff“

9. Der zeitliche und ideologische Standort der Revolution 1848/49

Die Artikel, die Marx und Engels in der „Neuen Rheinischen Zeitung" vom 1. Juni 1848 bis 19. Mai 1849 veröffentlichten, zeigen nicht nur deren leidenschaftliche Anteilnahme an der deutschen Entwicklung, sie enthüllen auch deren Vorstellungen über die von ihnen Deutschland zugewiesene Rolle in der ökonomischen Entwicklung. In dem am 6. Juni 1848 publizierten Aufsatz über die „Programme der radikaldemokratischen Partei und der Linken zu Frankfurt" beschäftigten sie sich mit der staatlichen Struktur Deutschlands, wobei sie sich mit einer föderativen Ordnung auseinandersetzten. Sie wiesen Vergleiche Deutschlands mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika zurück, betonten, -daß diese nur in einer europäischen Föderation ihre Analogie finden könnte und erklärten fortfahrend:

. Und daitiit Deutschland sich mit andern Ländern föderiert, muß es vor allem ein Land werden. In Deutschland ist der Kampf der Zentralisation mit dem Föderativwesen der Kampf zwischen der modernen Kultur und dem Feudalismus. Deutschland verfiel in ein verbürgerlichtes Feudalwesen in demselben Augenblicke, wo sich die großen Monarchien im Westen bildeten, aber es wurde auch von dem Weltmarkt ausgeschlossen, in demselben Augenblicke, wo dieser sich dem westlichen Europa eröffnete. Es verarmte, während sie sich bereicherten. Es verbauerte, während sie großstädtisch wurden. Klopfte nicht Ruß-land an die Pforten Deutschlands an, die nationalökonomischen Verhältnisse allein würden es zur straffesten Zentralisation zwingen. Selbst nur vom bürgerlichen Standpunkt betrachtet, ist die widerspruchslose Einheit Deutschlands die erste Bedingung, um es aus der bisherigen Misere zu erretten und den Nationalreichtum zu erschaffen. Und wie nun gar die modernen sozialen Aufgaben lösen auf einem in 39 Ländern zersplitterten Terrain?“

In den außenpolitischen Erwägungen der Artikel in der „Neuen Rheinischen Zeitung" spielt das Verhältnis Deutschland zu seinen Nachbarn eine bedeutende Rolle. Marx und Engels kamen zu der Auffassung, die Schuld an den mit Deutschlands Hilfe in anderen Ländern verübten Niederträchtigkeiten falle nicht nur den Regierungen, sondern zum großen Teil dem deutschen Volke selbst zur Last: „Jetzt, wo die Deutschen das eigene Joch abschütteln, muß sich auch ihre ganze Politik dem Austande gegenüber ändern, oder in den Fesseln, womit wir fremde Völker umketten, nehmen wir unsere eigene junge, fast nur erst geahndete Freiheit gefangen. Deutschland macht sich in demselben Maße frei, worin es die Nachbarvölker freisäßt. In der Tat wird es endlich lichter. Die Lügen und Verdrehungen, von den alten Regierungsorganen gegen Pofen und Italien so emsig verbreitet, die Versuche, einen künstlichen Haß aufzuregen, jene hochtrabenden Redensarten, um die deutsche Ehre handle es sich, um die deutsche Macht — die Kraft dieser Zauberformeln ist gebrochen. Nur wo das materielle Interesse sich verbirgt unter diese patriotischen Arabesken, nur bei einem Teil der großen Bourgeoisie, die mit diesem offiziellen Patriotismus Geschäfte macht, macht der offizielle Patriotismus noch Geschäfte. Das weiß und benutzt die reaktionäre Partei. Die große Masse des deutschen Atittelsfandes aber und der Arbeiterklasse begreift'oder fühlt in der Freiheit der benachbarten Völker die Garantie der eigenen Freiheit. Österreichs Krieg gegen Italiens Selbständigkeit, Preußens Krieg gegen Polens Wiederhergestaltung — sind sie populär oder verrauchen nicht vielmehr die letzten Illusionen über diese . patriotischen Kreuzfahrten? Doch weder diese Einsicht genügt nach dies Gefühl. Soll Deutschlands Blut und Geld nicht länger gegen seinen eigenen Vorteil zur Unterdrüchung anderer Nationalitäten vergeudet werden, so müssen wir eine wirkliche Valksregierung erringen, das alte Gebäude muß bis auf seine Grundmauern weggeräumt werden"

Im Aufsatz vom 11. Juli 1848 befaßten sich Marx und Engels mit der inneren und äußeren Lage Deutschlands. Sie führten Klage über die gegen andere Nationen geführten Kriege und definierten den Begriff „Krieg des revolutionären Deutschlands“:

„Trotz des patriotischen Geheuls und Getrommels fast der ganzen deutschen Presse hat die Neue Rheinische Zeitung vom ersten Augen-blich an in Posen für die Polen, in Italien für die Italiener, in Böhmen für die Tschechen Partei ergriffen. Vom ersten Augenblich an durchschauten wir die machiavellistische Politik, welche, im Innern Deutschlands in den Grundfesten erschwankend, die demokratische Energie zu lähmen, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, der revolutionären Glutlava einen Abzugskanal zu graben, die Waffe der innern Unterdrückung zu schmieden suchte, indem sie einem engherzigen, dem kosmopolitischen Charakter ’ des Deutschen widerstrebenden Stammhaß heraufbeschwor und in Stammkriegen von unerhörtem Greuel, von namenloser Barbarei eine Soldateska heranbildete, wie der Dreißigjährige Krieg sie kaum aufzuweisen hat. In demselben Augenblidt, wo die E? euts hen um die innere Freiheit mit ihren Regierungen ringen, sie unter dem Kommando derselben Regierungen einen Kreuzzug gegen die Freiheit Polens, Böhmens, Italiens unternehmen lassen, welche Tiefe der Kombination! Welch geschichtliches Paradoxon! In revolutionärer Gärung begriffen macht sich Deutschland nach außen Luft in einem Krieg der Restauration, in einem Feldzug für die Befestigung der alten Alacht, gegen die es eben revolutioniert. Nur der Krieg mit Rußland ist ein Krieg des revolutionären Deutschlands, ein Krieg, worin es die Sünden der Vergangenheit abwaschen, worin es sich ermannen, worin es seine eigenen Autokraten besiegen kann, worin es, wie einem die Ketten langer träger Sklaverei abschüttelnden Volke geziemt, die Propaganda der Zivilisation mit dem Opfer seiner Söhne erkauft und sich nach innen frei macht, indem es nach außen befreit. Je mehr das Tageslicht der Öffentlichkeit die jüngsten Ereignisse in scharfen Umrissen hervortreten läßt, desto mehr besiegeln Tatsachen unsere Auffassung der Stammkriege, womit Deutschland seine neue Ara verunehrt hat“

Der Gedanke, daß Deutschland alles tun müsse, um das geteilte Polen wieder herzustellen, wurde von Marx und Engels immer wieder ausgesprochen. Beide vertraten am 19. August 1848 die Überzeugung, daß die Herstellung eines demokratischen Polens die erste Bedingung der Herstellung eines demokratischen Deutschlands sei. Zur Begründung dieser Ansicht führten sie aus:

„Solange wir also Polen unterdrüchen helfen, solange wir einen Teil von Polen an Deutschland schmieden, solange bleiben wir an Rußland und die russische Politik geschmiedet, solange können wir den patriarchalisch-feudalen Absolutismus bei uns selbst nicht gründlidt brechen. Die Herstellung eines demokratischen Polens ist die erste Bedingung der Herstellung eines demokratischen Deutschlands. Die Herstellung Polens und seine Grenzregulierung mit Deutschland ist aber nicht nur notwendig, sie ist bei weitem die lösbarste von all den politischen Fragen, die seit der Revolution in Osteuropa aufgetaucht sind. Die Unabhängigkeitskämpfe der Völker aller Stämme, die südlich von den Karpaten bunt durcheinandergewürfelt sind, sind ganz anders verwidcelt„ werden weit mehr Blut, Verwirrung und Bürgerkrieg kosten als der polnische Unabhängigkeitskampf und die Feststellung der Grenze zwischen Deutschland und Polen. Es versteht sich, daß es sielt nicht von der Herstellung eines Sdteinpolens handelt, sondern von der Herstellung eines Staates auf lebensfähiger Grundlage^ Polen muß wenigstens die Ausdehnung von 1772 haben, muß nicht nur Gebiete, sondern aud: die Mündungen seiner großen Ströme und muß wenigs. „ns an der Ostsee einen großen Küstenstrich besitzen.“

Um keinen Zweifel darüber zu lassen, daß sie bereit sind, die mit einer Verständigung zwischen Deutschland und Pollen verbundenen militärischen Konsequenzen zu bejahen, versicherten Marx und Engels: „Die einzige Möglichkeit, die einzige Lösung, die Deutschlands Ehre, Deutschlands Interessen gewahrt hätte, wir wiederholen es, war der Krieg mit Rußland“ In den als Artikelserie für die „N e w York Daily Tribune" geschriebenen Betrachtungen über die Revolution und Konterrevolution in Deutschland erklärten Marx und Engels, die Arbeiterklasse Deutschlands sei in ihrer gesellschaftlichen und politischen Entwicklung ebensoweit hinter der Englands und Frankreichs zurück wie die Bourgeoisie Deutschlands hinter der Bourgeoisie jener Länder. Als Grund des wirtschaftlichen Rückstandes Deutschlands bezeichneten sie dessen politische Zerstückelung in drei Dutzend mehr oder minder bedeutende Staaten. Diese erkläre sich aus der vielfältigen Verworrenheit der Elemente, aus denen sich die Nation zusammensetze und die in jeder Gegend verschieden seien:

„Wo es keine Gemeinsamkeit der Interessen gibt, da kann es auch keine Gemeinsamkeit der Ziele, gesdiweige des Handelns geben. Der Deutsche Bund ist allerdings für ewig unauflösbar erklärt worden; aber der Bund und sein Organ, der Bundestag, haben niemals die deutsche Einheit repräsentiert. Das Höcltstmaß von Zentralisation, zu dem man es in Deutschland je gebradtt hat, war die Gründung des Zollvereins;

dadurch sahen sich auch die Staaten an der Nordsee gezwungen, eine eigene Zollvereinigung zu bilden, während Österreich sich auch weiterhin hinter seiner besonderen Zollmauer verschanzte. Deutschland hatte die Genub tung, daß es für alle praktischen Zwecke nur mehr in drei selbständige Mächte zerfiel, statt wie vorher in sechsunddreißig. An der aus dem Jahr 1814 stammenden allgewaltigen Oberhoheit des russischen Zaren wurde dadurch natürlich nichts geändert“

Marx und Engels verwiesen in diesem Zusammenhang auf die deutsche Philosophie, die sie das komplizierteste, gleichzeitig aber zuverlässigste Thermometer der Entwicklung des deutschen Geistes nannten und betonten, daß das deutsche Volk tief durchdrungen von der Notwendigkeit, mit der schädlichen territorialen Zerrissenheit aufzuräumen, Jie die Gesamtkraft der Nation zersplittere und wirkungslos mache, von der Frankfurter Nationalversammlung eine Zeitlang wenigstens den Anbruch einer neuen Ära erwartet hätte. Bei der Betrachtung der Be-

ziehungen von Polen, Tschechen und Deutschen untereinander erklärten sie, daß die Lösung der schwierigen völkischen und nationalen Probleme Osteuropas in einem Krieg mit Rußland gelegen habe:

„Dadurch wäre die Frage der Abgrenzung zwischen den verschiedenen revolutionierten Nationen untereinander in den Hintergrund getreten gegenüber der Aufgabe, erst eine gesicherte Grenze gegen den gemeinsamen Feind zu schaffen. Wenn die Polen ausgedehnte Gebiete im Osten erhielten, hätten sie über den Westen eher mit sich reden lassen, und Riga und Mitau wären ihnen schließlich ebenso wichtig erschienen wie Danzig und Elbing. Die radikale Partei in Deutschland, die einen Krieg mit Rußland im Interesse der Bewegung auf dem Kontinent für notwendig hielt und glaubte, daß die nationale Wiederherstellung auch nur eines Teils von Polen unbedingt zu einem solchen Krieg führen würde, unterstützte daher die Polen; die an der Macht befindliche Bourgeoispartei dagegen sah klar voraus, daß ein nationaler Krieg gegen Rußland zu ihrem Sturze führen mußte, da er Männer von größerer Tatkraft und Entschiedenheit ans Ruder bringen würde, und erklärte deshalb mit erheucheltem Enthusiasmus die Erweiterung des Bereichs der deutschen Nation, Preußisch-Polen, den Hauptsitz der polnischen revolutionären Bewegung, für einen integrierenden Bestandteil des deutschen Reiches der Zukunft. Die den Polen in der Erregung der ersten Tage gegebenen Versprechungen wurden schmählich gebrochen. Die mit Zustimmung der Regierung aufgestellten polnischen Streitkräfte wurden zerstreut und durch preußische Artillerie niederkartätscht; und bereits im April 1848, im Verlauf von sechs Wochen nach der Revolution in Berlin, war die polnische Bewegung niedergeschlagen und die alte nationale Feindschaft zwischen Polen und Deutschen zu neuem Leben er weckt. Dieser ungeheure, unschätzbare Dienst wurde dem russischen Selbstherrscher von den liberalen Kaufleuten auf dem Ministersessel, Camphausen und Hansemann, erwiesen“

In Engels Aufsatzfolge „Die deutsche Reichsverfassungscampagne" wird nicht nur ein ausführlicher Bericht über die Niederschlagung der März-Revolution gegeben, es werden auch in zahlreichen Bemerkungen die Imponderabilien der Zukunft angedeutet. So sprach z. B. Engels davon, in Deutschland könne die Revolution nicht anders abgeschlossen werden als mit der vollständigen Herrschaft des Proletariats. In einer am 3. Juni 1849 im „Boten für Stadt und Land“ (Kaiserslautern) veröffentlichten Betrachtung gab er eine apokalyptische Vision der deutschen und europäischen Entwicklung. Er rühmte das pfälzische und badische Volk, wandte sich scharf gegen seine Verdächtigung, Landesverrat begangen zu haben und erklärt:

„In wenig Wochen, in wenig Tagen vielleicht schon werden sich die Heeresmassen des republikanischen Westens und die des geknechteten Ostens gegeneinander heranwälzen, um auf deutschem Boden den großen Kampf auszufechten. Deutshland wird — dahin haben die Fürsten und die Bourgeoisie es gebracht — gar niht gefragt werden, ob es dies auch erlaubt. Deutschland macht den Krieg nicht, es wird ohne seine Zustimmung und ohne daß es dies verhindern kann, mit Krieg überzogen. Das ist, dank den Märzregenten, Märzkammern und niht minder der März-Nationalversammlung, die ruhmvolle Stellung Deutshlands beim bevorstehenden europäishen Kriege. Von deutshem Interesse, von deutsher Freiheit, deutsher Einheit, deutshem Wohlstand kann gar niht die Rede sein, wo es sih um die Freiheit oder Unterdrühung, das Wohl oder Wehe von ganz Europa handelt.

Hier hören alle Nationalitätsfragen auf, hier gibt es nur eine Fraget Wollt ihr frei sein, oder wollt ihr russish sein? Und da sprehen die konterrevolutionären Blätter noh von Landesverrat', als ob an dem Deutshland, das bald genug den beiden streitenden Armeen als willenloses Terrain preisgegeben sein wird, noh irgend etwas zu verraten wäre! Allerdings, voriges Jahr stand die Sahe anders. Voriges Jahr konnten die Deutshen den Kampf gegen die russishe Unterdrückung aufnehmen, konnten die Polen befreien und damit den Krieg auf russishem Gebiet und auf Rußlands Kosten führen. Jetzt dagegen, dank unseren Fürsten, wird der Krieg auf unserem Boden, auf unsere Kosten geführt, jetzt steht die Sahe so, daß der europäishe Freiheitskrieg für Deutshland zugleih ein Bürgerkrieg ist, in dem Deutshe gegen Deutshe kämpfen — das verdanken wir der Verräterei unserer Fürsten und der Shlaffheit unserer Volksvertreter, und wenn etwas Landesverrat ist, so ist es dies! Kurz: In dem großen Freiheitskampfe, der sih durh ganz Europa verbreitet, wird die Pfalz und Baden auf der Seite der Freiheit gegen die Knehtshaft, der Revolution gegen die Konterrevolution, des Volkes gegen die Fürsten, des revolutionären Frankreihs, Ungarns und Deutshlands gegen das absolutistische Rußland, Österreih, Preußen und Bayern stehen; und wenn die Herren Heuler das Landesverrat nennen, so wird in der ganzen Pfalz und in ganz Baden kein Hahn danah krähen“

Lenin beschäftigte sich wiederholt mit der deutschen Revolution 1848/49. In einem Aufsatz, der sich mit dieser und mit Marx'Ansicht über die Diktatur auseinandersetzte, schrieb er den Satz: „Große Fragen werden im Leben der Völker nur durh Gewalt entshieden"

Angesichts des Versuches, den Marxismus-Leninismus als Ideologie eines orthodoxen Pazifismus und einer gewaltfeindlichen Koexistenz zu feiern, verdient dieser Satz, eine Ermächtigung für die Anwendung von Gewalt, Erwähnung und Beachtung. (Wird fortgesetzt)

Fussnoten

Fußnoten

  1. Es ist weder veranlaßt noch möglich, die gesamte einschlägige Literatur anzuführen. Ich verweise auf die zahlreichen Bibliographien, vor allem bei SEITSCHICK, Robert, Aufstieg und Niederschlag des Bolschewismus. Zürich 1952 /WETTER, G. A., Der dialektische Materialismus. 4. Ausl. Wien 1958 /BOCHENSKI, Joseph M. und Gerhart NIEMEYER, Handbuch des Weltkommunismus. Freiburg/München 1958 (Zitiert: HANDBUCH). Brauchbare Einführung bei: MARX. Auswahl und Einleitung von Franz Borkenau. Frankfurt 1956 (Fischer-Bücherei 112). Darüber hinaus verdienen Erwähnung: BERLIN, Isaiah, Karl Marx. Sein Leben und sein Werk. München 1959. DEMETZ, Peter, Marx, Engels und die Dichter. Zur Grundlagenforschung des Marxismus. Stuttgart 1959: MOBUS, Gerhard, Das Menschenbild des Ostens und die Menschen im Westen 2. Ausl. Bonn 1955; OGIERMANN, Helmut, Materialistische Dialektik. Ein Diskussionsbeitrag. Salzburg 1958; THIER, Erich, Das Menschenbild des jungen Marx. Göttingen 1957. Eine umfangreiche, wenn auch nicht vollständige „Marxismus-Bibliographie" in: Periodikum für wissenschaftlichen Sozialismus. Heft 16 (Februar 1960), 79 ff.

  2. CHURCHILL /Der zweite Weltkrieg. 5 Bd. 2. Buch, 48/49: „Stalin fragte abermals, was mit Deutschland geschehen solle. Ich erwiderte, ich sei nicht gegen die arbeitenden Massen Deutschlands eingestellt, nur gegen die Führer und gegen gefährliche Machenschaften. Stalin antwortete, in den deutschen Divisionen befänden sich viele Werktätige, die unter Befehl föchten Gefangene aus den arbeitenden Klassen (so heißt es im Protokoll, aber vermutlich meinte er aus der kommunistischen Partei) hätten auf die Frage, weshalb sie für Hitler kämpften, geantwortet, daß sie Befehlen gehorchten. Solche Gefangene lasse er erschießen. ”

  3. J. W. STALIN, Werke. Herausgegeben vom Marx-Engels-Lenin-Institut beim ZK der KPdSU (B). Deutsche Ausgabe. Bd. 6, 70.

  4. MANIFEST DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI, geschrieben im Dezember 1847 und Januar 1848. 4. autorisierte Ausgabe. London 1890, 31/32.

  5. DIE NEUE ZEIT. XI. Jahrg. (1892/93). Bd. I, 51.

  6. W. I. LENIN, Ausgewählte Werke in zwei Bänden. Herausgegeben vom Marx-Engels-Lenin-Institut beim ZK der KPdSU (B). Deutsche Ausgabe. Bd. II, 356.

  7. BUNYAN, J„ Intervention. Civil War, and Communism in Russia, April-December 1918. Documents et Materials. Baltimore 1934. S. 149 ff. Zitiert nach POSSONY, Stefan G., Jahrhundert des Aufruhrs. München

  8. BUNYAN 151 1 POSSONY 133.

  9. Der Begriff ist bewußt gewählt, auch wenn er nicht im Sinne des historischen Materialismus verstanden wird, über ihn HANDBUCH 38 ff.

  10. Russischer Text: Prawda. 44. Jahr (1955). Nr. 255 vom 12. September 1955 (Zusammenfassung); Deutscher Text: Neues Deutschland. 10. Jahrg. (1955). Nr. 214 vom 13. September 1955 /Dokumentation der Zeit 104, 8065 ff /Dokumentation zur Deutschlandfrage. Von der Atlantik-Charta 1941 bis zur Genfer Außenministerkonferenz 1949. Zusammengestellt von Dr. Heinrich von Siegler. 2 Bde. (Bonn 1959). Hauptband. S. 383 f.

  11. Dokumente zur Außenpolitik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Bd. III. Berlin 1956, 322.

  12. BUCHARIN, N., Theorie des historischen Materialismus. Hamburg 1922 /KAUTSKY, Karl, Die materialistische Geschichtsauffassung. 2 Bde. Berlin 1927 /ADLER, Max, Lehrbuch der materialistischen Geschichtsauffassung. 2 Bde. Berlin 1930 ff /BOSE, E., Die materialistische Geschichtsauffassung. 2. Ausl. Hamburg 1949 /LANGE, Max G., Marxismus, Leninismus, Stalinismus. Stuttgart 1955/RAUCH, Georg von, Das sowjetische und sowjetzonale Geschichtsbild. In: SCHICKSALSFRAGEN DER GEGENWART. Bd. I. Tübingen 1957. S. 322— 348 /MEHNERT, Klaus, Weltrevolution durch Weltgeschichte. Kitzingen-Main o. J.; Ders., Die Sowjetunion — Ideologie und Geschichtsbild. In: SCHICKSALSFRAGEN DER GEGENWART. Bd. II. Tübingen 1957. S. 354— 375 /STOCKL, Günther, Historiker auf Generallinie. Geschichtswissenschaft und Partei in vier Jahrzehnten Sowjetunion. In: WORT UND WAHRHEIT. 12. Jahrg. (1957). S. 511 ff /Vgl. auch die: MARXISMUS-STUDIEN. Tübingen 1954 ff.

  13. RANKE, Leopold von, Sämtliche Werke. Leipzig 1867 ff. Bd. 34, 150.

  14. RANKE 33, VII.

  15. NIETZSCHE, Friedrich, Sämtliche Werke. München 1922 ff. Bd. VIII, 79 f.

  16. SRBIK, Heinrich Ritter von, Geist und Geschichte vom deutschen Humanismus bis zur Gegenwart. 2 Bde. München 1950/51. Bd. II, 379.

  17. KAUTSKY II, 690.

  18. Auf eine kritische Auseinandersetzung wird in diesem Zusammenhang verzichtet, vgl. dazu vor allem . WETTER und HANDBUCH.

  19. GESCHICHTE DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DER SOWJETUNION (Bolschewiki). Kurzer Lehrgang. Deutsche Ausgabe. Berlin 1946, 126. Die Zurückziehung der parteiamtlichen Darstellung ist durch die veränderte Bewertung der geschichtlichen Rolle Stalins, nicht durch Abweichungen von der ideologischen Generallinie veranlaßt. Uber die inzwischen erschienene Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion vgl.: ACHMINOW H. Die neue „Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion". Aus Politik und Zeitgeschichte B 25/60 (22. Juni 1960). S. 402 bis 406.

  20. KAUTSKY II, 845.

  21. STALIN, über dialektischen und historischen Materialismus. Vollständiger Text und kritischer Kommentar von Iring Fetscher. Frankfurt am Main 1956, 92 ff.

  22. KUCZYNSKI, Jürgen. Der Mensdi, der Geschichte macht. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfGW). V. Jahrg. (1957), 1 ff.

  23. KOHLER, Fritz, Das werktätige Volk, der wahre Schöpfer der Geschichte. Entgegnung auf J. Kuczynski „Der Mensch, der Geschichte macht“. ZfGW. V. Jahrg. (1957), 456 ff. Vgl. dazu: DLUBEK, Rolf, Kritische Bemerkungen zu J. Kuczynskis Ausführungen über die Rolle der ökonomischen Tätigkeit des Menschen und über die . Funktion des Menschen als Produktivkraft" in der geschichtlichen Entwicklung. ZfGW. V. Jahrg. (1957), 1217 ff.

  24. HEYDEN, Günter, Was heißt „Geschichte machen?" ZfGW. V. Jahrg. (1957), 791 ff.

  25. GIERSIEPEN, Elisabeth, und Waltraud ROBBE, Zur Rolle der Volks-massen und der Persönlichkeit in der Geschichte. ZfGW. V. Jahrq. (1957), 795 ff.

  26. GOSSLER, Klaus, Der historische Materialismus und der Mensch, der Geschichte macht. ZfGW. V. Jahrg. (1957), 1230 ff.

  27. MEUSEL, Alfred, Kritische Bemerkungen zu dem Artikel von Klaus Gößler: Der historische Materialismus und der Mensch, der Geschichte macht. ZfGW. V. Jahrg. (1957), 1240 ff.

  28. ROTHFELS, Hans, Marxismus und auswärtige Politik. In: Deutscher Staat und deutsche Parteien (Meinecke-Festschrift). München o. J., 308 ff.

  29. über Varga vgl. HANDBUCH 67, 231, 446, 456.

  30. Nur als Beispiele: Die Bedeutung des IV. Parteitages der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands für die Geschichtswissenschaft. In: ZfGW II. Jahrg. (1954), 341 ff. Vor allem W. ULBRICHT, Die ideologische Offensive der Partei und die Historiker. Neues Deutschland, 28. Dezember 1958; ders. Durch Friedensvertrag zur nationalen Wiedergeburt Deutschlands Neues Deutschland, 18. Januar 1959. ,,

  31. LANGE, M. G., Wissenschaft im totalitären Staat. Stuttgart 1955 (S. 136 ff: Die deutsche Geschichte wird usurpiert) /STADTMÜLLER, Georg, Die sowjetische Umdeutung der deutschen Geschichte. In: Aus Politik und Zeit-geschichte. B XXIV/58 (18. Juni 1958).

  32. MARX/ENGELS/LENIN/STALIN zur deutschen Geschichte. Aus Wer ken, Schriften, Briefen. In drei Bänden. Besorgt vom Marx-Engels-Lenin-Stahn-Institut beim ZK der SED. 3. Aufl. 191. — 100. Tausend). Berlin 1956 (Zitiert: Zur Deutschen Geschichte I, II/l, II/2). Auf Befragen hat die Verlagsleitung der Dietz Verlag GMBH Berlin mitgeteilt, daß seit 1956 keine Neuauflagen erfolgt sind. An die Sammlung schließt an: W. I. LENIN, Uber Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung. Berlin 1957. c

  33. Zur Deutschen Geschichte I vor S. 5. Es handelt sich um ein Zitat aus Geschichte I. 11.

  34. Eine zuverlässige Übersicht bei: LEONHARD, Wollgang, Kreml ohne Stalin. Köln 1959. Eine eingehende Darstellung bei: MEISSNER, Boris, Ruß-land unter Chruschtschow. München 1960.

  35. KARL MARX - FRIEDRICH ENGELS, Ausgewählte Schriften in zwei Bänden. Berlin 1952. Bd. II. S. 470 f.

  36. ENGELS, Friedrich, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates. 1. Ausl. Zürich 1884. 4. Ausl. Stuttgart 1891 /Vgl. dazu Zur Deutschen Geschichte I, 189.

  37. Ebenda /Zur deutschen Geschichte I, 20.

  38. Ebenda /Zur deutschen Geschichte I, 29.

  39. Geschichte 11 49, wiedergegeben nach einem 1881/82 ge-, L

  40. Zur deutschen Geschichte I, 58.

  41. Zur deutschen Geschichte I, 73.

  42. ratVugral. ngdaabzuen:

  43. B. ASUTEARA, TCSlLemEXenIKs, OFNe. ud 6. alAeuGslesBeldl. sc 3haUft

  44. eu 2d 4a 2le«, sn.

  45. Zur deutschen Geschichte I, 89.

  46. Zur deutschen Geschichte I, 108.

  47. Vgl. dazu STALIN, über deri dialektischen und historischen Materialismus 102 f:

  48. ENGELS, Friedrich, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates. 1. Ausl. Zürich 1884. 4. Ausl. Stuttgart 1891 /Zur deutschen Geschichte I, 29.

  49. ENGELS, Friedrich, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. 4. Ausl. Berlin 1891 /Zur deutschen Geschichte I, 141.

  50. Ebenda /Zur deutschen Geschichte I, 142.

  51. Ebenda /Zur deutschen Geschichte I, 149.

  52. Ebenda /Zur deutschen Geschichte I, 152 f.

  53. Ebenda /Zur deutschen Geschichte I, 155.

  54. Zur deutschen Geschichte I, 160 f, mit dem Vermerk: „Handschriftliches Fragment aus dem Nachlaß. Entstehungszeit unbekannt".

  55. Ebenda /Zur deutschen Geschichte I, 166 f.

  56. Zur Periodisierung der deutschen Geschichte in der Feudalzeit. ZfGW II. Jahrgang. (1954), 132 ff.

  57. MULLER-MERTENS, Eckhard, Zur Periodisierung und zu einigen Fragen der deutschen Geschichte im Feudalismus. ZfGW. II. Jahrg. (1954), 239 ff /Diskussion über die Disposition des Hochschullehrbuches der Geschichte des deutschen Volkes. ZfGW. II. Jahrg. (1954), 759 ff /STERN, Leo, Erste Zwischenbilanz einer wissenschaftlichen Kritik. ZfGW. II. Jahrg. (1954), 903 ff.

  58. STERN, Leo, Zur Periodisierung der Geschichte Deutschlands im Feudalismus. ZfGW. V. Jahrg. (1957), 65 f.

  59. Das in Erscheinung begriffene . Lehrbuch der deutschen Geschichte* (VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin W 8), in dessen Autorenkollektiv Alfred Meusel Vorsitzender und R. F. Schmiedt wissenschaftlicher Sekretär ist, zeigt folgende Aufteilung:

  60. Aus: Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie. In: Karl Marx/Friedrich Engels, Ausgewählte Schriften in zwei Bänden. Bd. II. Berlin 1952, 371 ff. /Zur deutsdien Geschichte I, 184.

  61. ENGELS, Friedrich, Der deutsdie Bauernkrieg. 1875 (und später) /Zur deutschen Geschichte I, 277, mit dem Vermerk: . Geschrieben und erstmals veröffentlicht 1850 in der . Neuen Rheinischen Zeitung, Politisch-ökonomische Revue", Hamburg, Heft V/VI. Nadi der letzten von Friedrich Engels besorgten Ausgabe von 1875.

  62. KARL MARX /FRIEDRICH ENGELS, Historisch-kritische Gesamtausgabe. Werke-Schriften-Briefe. Im Auftrag des Marx-Engels-Instituts Moskau herausgegeben von D. Rjazanov. Frankfurt a. Main 1927 ff. (Zitiert: Marx/Engels GA). Bd. 1/1, 615 /Zur deutschen Geschichte I, 281.

  63. Zur deutschen Geschichte I, 283 f, mit dem Vermerk: „Aus . Prinzipielle Fragen der Wahlkampagne'. Prosweschtsdienije“ (Die Aufklärung). Nr. 1 u. 2, Dezember 1911 und Januar 1912. Werke, 4. Ausgabe, Bd. 17, S. 373'374, russ.

  64. Marx/Engels GA 5, 175 ff /Zur deutschen Geschichte I, 519 f, mit dem Vermerk: „Aus: Die deutsche Ideologie'Abschnitt , 111. Sankt Max', Punkt 6 A. Der politische Liberalismus'. Nach: Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Band 5, Berlin 1-932, S. 175— 177."

  65. Die Neue Zeit. VIII. Jahrg. (1890), 148 ff /Zur deutschen Geschichte I,

  66. Zur deutschen Geschichte I, 568, mit dem Vermerk: „Diese Arbeit ist der zweite Teil der Einleitung zu dem Buch von Wilhelm Wolff, Die schlesische Milliarde', das 1886 als Heft VI der . Sozialdemokratischen Bibliothek* in Hottingen-Zürich erschien. Nach der Ausgabe von 1886."

  67. Anmerkung der Vorlage (Zur deutschen Geschichte I, 666 f): „Die »Deutsch-Französischen Jahrbücher* wurden von Marx redigiert und von ihm und Arnold Ruge herausgegeben. Die Zeitschrift erschien nur einmal, und zwar als Doppelheft im Februar 1844 in Paris. Es enthält von Marx die Arbeiten . Zur Judenfrage* und . Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung* und von Engels . Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie und Die Lage Englands. Past and Present by Thomas Carlyle. (Siehe Marx-Engels-Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 1, 1. Halbband, Frankfurt a. M. 1928, S. 576— 606, 607— 621, und Bd. 2, Berlin 1930, S. 379— 404, 405— 431.) 583."

  68. Marx/Engels GA 6, 313 ff /Zur deutschen Geschichte 1, 583, mit dem Vermerk: „Aus: Die moralisierende Kritik und die kritisierende Moral. Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte. Gegen Karl Heinzen von Karl Marx.'. Deutsche Brüsseler Zeitung'Nr 92 vom 18. November 1847. Nach: Karl Marx/Friedrich Engels. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 8, Moskau-Leningrad 1933, S. 313- 315 u. 318- 320."

  69. Vgl. dazu: Heinz Kamnitzer, Disposition des Hochschullehrbuches der Geschichte des deutschen Volkes (1789— 1815). ZfGW. II. Jahrg. (1954), 257 ff.

  70. Zur deutschen Geschichte II/l, 9 ff. mit dem Vermerk: . Geschrieben in englischer Sprache. The Northern Star'(Der Polarstem) Nr. 415 vom 25. Oktober 1845. Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 4, Berlin 1932, S. 480— 486, engl. Aus dem Englischen.“

  71. Zur deutschen Geschichte II/l, 17, mit dem Vermerk: „Aus: . Ein unglücklicher Frieden', Prawda’ Nr. 34 vom 24. Februar 1918. Werke, 4. Ausgabe, Bd. 27, S. 31/32 russ. Aus dem Russischen.“ /W. I. Lenin, Uber Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung. Berlin 1957, 9 (Zitiert: Lenin, Deutschland).

  72. Eine ausreichende, auch die ideologischen Gesichtspunkte berücksichtigende Darstellung der Rolle des Friedens von Brest-Litowsk (3. März 1918) in den Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland fehlt Vgl. WHEE-LER-BENNET, John W., Brest-Litowsk. The Forgotten Peace March 1918. London 1956; Germany and the Revolution in Russia 1915 bis 1918. Documents from the Archives of the German Foreign Ministry. Edited by Z. A. B. Zeman. London 1958. Die deutsche Auffassung dazu in: Der Interfraktionelle Ausschuß 1917/18. Bearbeitet von Erich Matthias unter Mitwirkung von Rudolf Morsey. 2 Teile. Düsseldorf 1959.

  73. Zur deutschen Geschichte II/l, 18, mit dem Vermerk: „Aus: Die Hauptaufgabe unserer Tage’, Iswestija des ZEK'Nr. 46 vom 12. März 1918. Werke, 4. Ausgabe, Bd. 27, S. 136 russ. Deutsch nach: Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. II, Berlin 1953, S. 354/355.“ /Lenin, Deutschland 10 f.

  74. Zur deutschen Geschichte II/l, 19 f, mit dem Vermerk: „Aus der Rede über die Ratifizierung des Friedensvertrags', gehalten auf dem IV. Außerordentlichen Allrussischen Sowjetkongreß am 14. März 1918. Werke, 4. Ausgabe, Bd. 27, S. 159/160, russ. Aus dem Russischen.“ /Lenin, Deutschland 11 f.

  75. Die Neue Zeit. VIII. Jahrg. (1890), 154 /Zur deutschen Geschichte

  76. Zur deutschen Geschichte II/l, 23 f., mit dem Vermerk: „Geschrieben in englischer Sprache. Aus: „Der Kampf in Frankreich', , Pall Mall Gazette'(London) Nr. 1793 vom 11. November 1870. Deutsch nach: . Der Deutsch-Französische Krieg', Sammelband, Wien-Berlin 1931, S. 259— 262.“

  77. Zur deutschen Geschichte II/l, 25 ff., mit dem Vermerk: . Geschrieben in englischer Sprache. , Pall Mall Gazette'(London) Nr. 1817 vom 9. Dezember 1870. Deutsch nach: . Der Deutsch-Französische Krieg', Sammelband, Wien-Berlin 1931, S. 297— 301.“

  78. Zur deutschen Gesdiichte II/l, 29 f., mit dem Vermerk: „Aus: . Die deutsche Ideologie', geschrieben 1845/46; Punkt I, A, 2: . über die Produktion des Bewußtsein'. Nadi: Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 5, Berlin 1932, S. 34/35.“

  79. Zur deutschen Geschichte II/l, 31 ff., mit dem Vermerk: „. Telegraph für Deutschland'Nr. 2— 4, Januar 1841. Nadi: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 2, Berlin 1930, S. 97— 106."

  80. Richtunggebende Hinweise, die von volkstümlichen Veröffentlichungen ausgenommen worden sind, bei: Heinz Kamnitzer, Disposition des Hochschullehrbuches der Geschichte des deutschen Volkes (1789— 1815). ZfGW. II. Jahrg. (1954), 257 ff.

  81. Zitiert nach: Heinz Kamnitzer, Disposition des Hochschullehrbuches der Geschichte des deutschen Volkes (1789— 1815). ZfGW. II. Jahrg. (1954), 288.

  82. Zur deutschen Geschichte II/l, 41 ff., mit dem Vermerk: „Geschrieben in englischer Sprache. The Northern Star, (Der Polarstern) Nr. 417 vom 8. November 1845. Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 4, Berlin 1932, S. 486— 491, engl. Aus dem Englischen.“

  83. Zur deutschen Geschichte II/l, 48 ff., mit dem Vermerk: „Geschrieben in englischer Sprache. , The Northern Star'(Der Polarstern) Nr. 438 vom 4. April 1846. Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 4, Berlin 1932, S. 491— 497, engl. Aus dem Englischen."

  84. Zur deutschen Geschichte 11/1, 56 ff., mit dem Vermerk: „Aus: Die deutsche Ideologie', geschrieben 1845/46; Punkt III, 6, A. Nach: Historisch:

  85. Zur deutschen Geschichte II/l, 59 ff., mit dem Vermerk: .. Rheinische Zeitung'Nr. 102 vom 12. April 1842. Nach: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 2. Berlin 1930, S. 287— 289."

  86. Weitling, Wilhelm, 1808— 1871. über den „deutschen Frühsozialisten" vgl.: Staatslexikon. 5. Ausl. Bd. 5. Freiburg/Breisgau 1932, 1149 ff (mit Literaturangaben).

  87. Zur deutschen Geschichte II/l, 96 ff., mit dem Vermerk: „Artikel II der Artikelserie Der Fortschritt der sozialen Reform auf dem Kontinent'.

  88. über den aus Königsberg stammenden Maler Karl Hübner (1814 bis 1879) vgl. WOERMANN, Karl, Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker. 6 Bde. Bd. 6 Leipzig 1922, 200 f.

  89. FEUERBACH, Ludwig, 1804— 1872, Philosoph. Vgl. dazu: BOLIN, W., Ludwig Feuerbach. Sein Wirken und seine Zeitgenossen. 1891. RAWIDO-WICZ, S„ Ludwig Feuerbachs Philosophie. Berlin 1931; NÜDLING, G., Ludwig Feuerbachs Religionsphilosophie. Paderborn 1936.

  90. Weitling, Wilhelm, Garantien der Harmonie und Freiheit. 1842. Neu herausgegeben von Franz Mehring 1908.

  91. Zur deutschen Geschichte II/l, 104 ff., mit dem Vermerk: „Geschrieben in englischer Sprache. , The New Moral World’ Nr. 25, 37 u. 46 vom 13. Dezember 1844, 8. März u. 10. Mai 1845. Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 4, Berlin 1932, S. 339— 345 u. 347/348, engl. Aus dem Englischen."

  92. Zur deutschen Geschichte II/l, 114 f., mit dem Vermerk: „Aus: , Der Briefwechsel zwischen Marx und Engels; Engels als einer der Begründer des Kommunismus', geschrieben Ende 1913. . Prawda'Nr. 268 vom 28. November 1920. Werke, 4. Ausgabe, Bd. 19, S. 504/505, russ. Deutsch nach: W. I. Lenin, Marx-Engels-Marxismus, Moskau 1947, S. 50/51.“ /Lenin, Deutschland 13 f.

  93. Zur deutschen Geschichte II/l, 116: „Auf Deutschland richten die Kommunisten ihre Hauptaufmerksamkeit, weil Deutschland am Vorabend einer bürgerlichen Revolution steht und weil es diese Umwälzung unter fortgeschrittneren Bedingungen der europäischen Zivilisation überhaupt, und mit einem viel weiter entwickelten Proletariat vollbringt als England im siebzehnten und Frankreich im achtzehnten Jahrhundert, die deutsche bürgerliche Revolution also nur das unmittelbare Vorspiel einer proletarischen Revolution sein kann.“

  94. Zur deutschen Geschichte II/l, 116, mit dem Vermerk: „Aus den Vorlesungen: . über die Grundlagen des Leninismus', veröffentlicht in der , Prawda'im April und Mai 1924. Werke, Bd. 6, S. 77/78, russ. Deutsch nach: Werke, Bd. 6, S. 69/70."

  95. RUGE, Arnold, 1802— 1880. Publizist; gab 1844 zusammen mit Marx die „Deutsch-Französischen Jahrbücher“ heraus, über ihn: ROSSLER/FRANZ, Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. München 1952, 725 f (mit Literaturangaben).

  96. Zur deutschen Geschichte II/l, 117 f„ mit dem Vermerk: „Aus: »Kritische Randglossen zu dem Artikel: Der König von Preußen und die Sozialreform. Von einem Preußen'(. Vorwärts'N. 60)'. . Vorwärts'Nr. 64 vom 10. August 1844. Nach: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kri-

  97. Zur deutschen Geschichte II/l, 123 ff., mit dem Vermerk: „Geschrieben im März 1847. Erstveröffentlichung: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 6, Berlin 1932. S. 231 bis 249. Nach dieser Ausgabe."

  98. Zur deutschen Geschichte II/l, 141 ff., mit dem Vermerk: „Geschrieben in englischer Sprache. The Northern Star'(Der Polarstern) Nr. 489 vom 6. März 1847. Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 6, Berlin 1932. S. 253— 258, engL Aus dem Englischen."

  99. Vgl. dazu: WINKLER, A., Die Entstehung des Kommunistischen Manifestes. 1936. Zur Beurteilung der Epoche 1815- 1849 vgl.: OBERMANN, Karl, Disposition des Hochschullehrbuches der Geschichte des deutschen Volkes (1815- 1849). In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. II. Jahrq. (1954), 109 ff.

  100. Zur deutschen Geschichte II/l, 148 ff., mit dem Vermerk: „. Kommunistische Zeitschrift (London), September 1847“ und der Anmerkung: „Die Autorschaft dieses Artikels ist umstritten; er wird unter anderen auch Wilhelm Wolff, Schapper oder Moll zugeschrieben. Sprache, Aufbau und die ganze Behandlung des Themas lassen jedoch den Autor in Friedrich Engels vermuten. In der russischen Ausgabe der Werke von Marx und Engels (Bd. V, Moskau-Leningrad 1929, S. 558— 570) wird der Artikel daher unter Engels'Namen gebracht. Die Red.“

  101. Zur deutschen Geschichte II/l, 160 f., mit dem Vermerk: „Aus: Die Einigung des Zaren mit dem Volke und des Volkes mit dem Zaren', Prole-tari’ Nr. 14 vom 29. (16.) August 1905. Werke, 4. Ausgabe, Bd. 9, S. 175/176, russ. Aus dem Russischen." /Lenin, Deutschland 15 f.

  102. Zur deutschen Geschichte II/l, 162, mit dem Vermerk: „Aus einer Rede über Polen, gehalten in London am 29. November 1847. . Deutsche Brüsseler Zeitung'Nr. 98 vom 9. Dezember 1847. Nach: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 6, Berlin 1932, S. 360/361“ und der Anmerkung: „. Deutsche Londoner Zeitung’, 3. Dezember 1847, Jg. 3, Nr. 140, p. 1456 Rede von Engels. Herr Friedrich Engels von Paris erklärte, die Deutschen hätten ein besonderes Interesse an der Befreiung Polens, weil gerade deutsche Fürsten und deutsche Soldaten einen Teil von Polen unterdrückten und der deutschen Demokratie daran liegen müsse, diesen Flecken von ihrer Nation abzuwaschen. Er wies nach, wie die moderne Industrie in allen Ländern die Lage der Arbeiter auf dasselbe Niveau reduziere, ihre Interessen gleichmache, ihnen denselben Feind, die Bourgeoisie, gegenüberstelle und wie daher die Vereinigung der Arbeiter aller Länder zum Kampf gegen den gemeinsamen Feind, die Bourgeoisie, durchaus nötig sei. (Lauter Beifall.) (Anmerkung der Deutschen-Brüsseler-Zeitung’.)"

  103. Vgl. dazu Anmerkung 66 in: Zur deutschen Geschichte II/2, 1341: »Die Anhänger des französischen utopischen Sozialisten Cabet, der in dem Roman . Reise nach Ikarien’ seine Vorstellungen über eine sozialistische Gesellschaftsordnung darlegte, nannten sich nach dem hier geschilderten dealstaat . Ikarier'.“

  104. Zur deutschen Geschichte II/l, 165 ff., mit dem Vermerk: „. Deutsche-Brüsseler-Zeitung'Nr. 7 vom 23. Januar 1848. Nach: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 6, Berlin 1932, S. 389— 398."

  105. Zur deutschen Geschichte II/l, 175 f., mit dem Vermerk: „Geschrieben im Oktober 1847. Nach: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung. Bd. 6, Berlin 1932, S. 521/522."

  106. Zur deutschen Geschichte II/l, 177 ff., mit dem Vermerk: „Aus: . Manifest der Kommunistischen Partei', geschrieben im Dezember 1847 und Januar 1848; 4. autorisierte Ausgabe, London 1890, S. 26— 28 u. 31/32.“

  107. Zur deutschen Geschichte II/l, 182 ff., mit dem Vermerk: „Deutsche-Brüsseler-Zeitung'Nr. 15 vom 20. Februar 1848. Nach: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 6, Berlin 1932, S. 583— 586."

  108. Zur deutschen Geschichte II/l, 187 f„ mit dem Vermerk: „Flugblatt, gedruckt in Paris um den 30. März 1848. Nach: Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 7, Moskau 1935, S. 3/4.'

  109. Zur deutschen Geschichte II/l, 227 ff., mit dem Vermerk: „Die Artikel werden nach folgenden Quellen gebracht: I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, IX, XI, XIII, XIV, XVII, XVIII, XXII, XXV und XXVI nach: Karl Marx'Friedrich Engels, „Die Revolution von 1848', Auswahl aus der . Neuen Rheinischen Zeitung’, Berlin 1953, X, XII und XV nach: Karl Marx/Friedrich Engels, Historisch-kritische Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Bd. 7, Moskau-Leningrad 1935, XVI, XIX, XX, XXI, XXIII und XXIV nach dem Text der Zeitung."

  110. Zur deutschen Geschichte II/l, 246 f.

  111. Zur deutschen. Geschichte I 1, 2'48.

  112. Zur deutschen Geschichte II/l, 261 ff.

  113. Zur deutschen Geschichte II/l, 353 ff., mit dem Vermerk: „Geschrieben in englischer Sprache als Artikelserie, die zuerst in der , New-York Daily Tribune'erschien. Die erste Buchausgabe wurde in englischer Sprache im Jahre 1896 von Eleanor Marx-Aveling besorgt und unter dem Titel . Revolution and Counter-Revolution or Germany in 1848'herausgegeben. Deutsch, fußend auf einer zuerst im Jahre 1940 in Moskau veröffentlichten Übersetzung, nach Karl Marx/Friedrich Engels, . Revolution und Konterrevolution in Deutschland', Berlin 1953."

  114. Zur deutschen Geschichte II/l, 353 ff.

  115. Zur deutschen Geschichte II/l, 563 ff., mit dem Vermerk: „. Bote für Stadt und Land'(Kaiserslautern) Nr. 110 vom 3. Juni 1849. Nach: Documente des Socialismus', V. Band, Berlin 1905, S. 43— 45.

  116. Zur deutschen Geschichte II/l, 569 ff., mit dem Vermerk: „Aus: . Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution', geschrieben im Sommer 1905. Nachwort III: . Die vulgär-bürgerliche Darstellung der Diktatur und Marx’ Ansicht über die Diktatur'. Werke, 4. Ausgabe, Bd. 9, S. 109— 119, russ. Deutsch nach: Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. 1, Berlin 1953, S. 523— 532.“ /Lenin, Deutschland 19 ff.

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