Der Musikverein, die Freiwillige Feuerwehr, der Sportverein – früher war es ganz normal, in mindestens einem Verein im Ort dabei zu sein und viel Zeit zu investieren. Heute ist das nicht mehr so selbstverständlich und viele Vereine haben deshalb das Problem, dass sie für das Amt des Vorstands keine Freiwilligen mehr finden. Der Alpenverein in Oberstdorf hat auf die Bedürfnisse seiner Mitglieder reagiert – und die üblichen Hierarchien kurzerhand abgeschafft.
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Aufgabe des Vorstands schüchtert ein
Nun sind fünf Vorstände gleichberechtigt und treffen die anstehenden Entscheidungen gemeinsam. Vier von ihnen sind erst Mitte zwanzig – das Ziel der Verjüngung des Vorstands ist also geglückt. Allein hätte die Aufgabe "Erster Vorstand" keiner der fünf übernehmen wollen, berichtet Dominik Scholz. Er sagt, die Aufgabe sei für Einsteiger einschüchternd, weil man sich nicht sicher sei, ob man sie erfüllen könne.
Umstrukturierung als Rettung für den Verein
Für die Alpenvereins-Sektion Oberstdorf ist die Team-Lösung ein großes Glück, denn hätte sich kein neuer Vorstand gefunden, hätte sich die Sektion einer anderen Sektion anschließen müssen. Also beschloss der Verein auf der Jahreshauptversammlung eine Satzungsänderung, sodass ein fünfköpfiger Vorstand jetzt möglich ist.
Videoschalten für den Austausch
Nadine Tauscher betont, dass ihr die Arbeit im Team Spaß macht. Es gibt viel zu lachen, auch wenn sie bei den meisten Vorstandssitzungen nur per Videoschalte dabei ist, denn sie ist wegen ihres Referendariats gerade nur selten in Oberstdorf. Der Austausch im Vorstands-Team gibt ihr Sicherheit für Entscheidungen, denn als Nachwuchs-Vorstand sind viele Themen für die 25-Jährige noch neu.
Vielzahl an Auflagen erschwert Vereinsarbeit
Karl Bosch vom sogenannten Vereinsfuchs in Sonthofen bietet kostenlose Beratungen für Vereine an. Ihm zufolge wird der Vorstandsjob immer anspruchsvoller. Die heutige Vielzahl an Vorschriften und Auflagen, zum Beispiel für Feste, habe es früher nicht gegeben. Laut Bosch haben aktuell etwa drei Viertel der Vereine Probleme, ihre Vorstände neu zu besetzen.
Ein wichtiger Teil der Problemlösung ist Bosch zufolge, themenbezogen zu arbeiten. Das Vorstands-Team beim Alpenverein Oberstdorf nutzt dafür eine extra App, mit der sich die Kommunikation unter den Vorständen nach bestimmten Themen sortieren lässt, wie zum Beispiel Jugendarbeit, Touren oder Wegsanierung. So behalten die Vorstandsmitglieder den Überblick und können die Aufgaben untereinander aufteilen.
Vorbild für andere Vereine
Schatzmeister Andi Schubert wird oft von Mitgliedern anderer Vereine angesprochen, die sich ein Beispiel nehmen wollen am Oberstdorfer Alpenverein. Sie wollen wissen, wie der Verein seine Satzung geändert hat, wie die Kommunikation funktioniert und fragen sich, ob die Lösung auch für ihre Vorstandssuche hilfreich sein könnte. Die Vorstände nicht überlasten, sondern die Aufgaben auf viele Schultern verteilen – offenbar eine gute Strategie, um das Ehrenamt wieder attraktiver zu machen.
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