Wolfsburg. Die Wolfsburgerin Birgit Plath blieb im September an einem Schlagloch hängen und brach sich den Oberschenkelhals. Die Folgen spürt sie noch immer.

Das größte Schlagloch suchten wir im Februar – und die Wolfsburger meldeten Schlaglöcher zuhauf. Außergewöhnlich schlechte Erfahrungen hat allerdings Birgit Plath gemacht: Die Wolfsburgerin ist im September fast direkt vor ihrer Haustür mit einem Fuß in einem Schlagloch hängengeblieben und im Klinikum gelandet. Sechs Monate später hat sie immer noch mit den Folgen des Unfalls zu kämpfen.

Der ereignete sich am 4. September. Plath war gerade dabei, die Straße Sohlsträuchen in Ehmen zu überqueren, als ihr eine Schadstelle zum Verhängnis wurde, die in der Nachbarschaft schon länger für Ärger sorgt. Die Wolfsburgerin zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu und blieb auf der Straße liegen. „Ich konnte keinen einzigen Schritt mehr machen“, erinnert sie sich. Wie eine Bundeswehrsoldatin sei sie von der Fahrbahn zum Bürgersteig gerobbt.

Passanten klingelten Plaths Mann aus dem Bett, bald war ein Rettungswagen für die vor Schmerz schreiende Verletzte vor Ort. Einer der Sanitäter, erzählt Plath, habe sie gewarnt: Es werde beim Abtransport noch mehr weh tun. Er kannte die insgesamt vielfach geflickte und löchrige Straße Sohlsträuchen offenbar schon.

Ehmerin bleibt in Schlagloch hängen – Oberschenkelhalsbruch

Vier Tage war Plath im Klinikum. Mit einer Platte und Schrauben wurde bei einer Operation der Oberschenkel gerichtet. Gut fünf Wochen musste sie anschließend zu Hause liegen. Ein Urlaub in Venedig fiel ins Wasser. Dann kam die Physiotherapie. Und Plath hat immer noch Schmerzen.

Zwei Stunden, sagt ihr Mann, könne sie sitzen. An guten Tagen geht ein dreistündiger Spaziergang, aber es sind nicht alle Tage gut. Was Plath am meisten schmerzt, ist die Beeinträchtigung ihres großen Hobbys, der Malerei: „Ich kann gar nicht mehr vor der Leinwand stehen.“

Städte haben Verkehrssicherungspflicht

Nach dem Unfall hatte Plath weder Kraft noch den Kopf, sich mit Haftungsfragen auseinander zu setzen. Doch nun bekommt sie immer wieder zu hören, dass sie die Stadt Wolfsburg zur Verantwortung ziehen könnte. Die Ehmerin hat an einem Rechtsstreit wenig Interesse. Aber wissen würde sie schon gerne, ob die Stadt haftbar ist.

Also fragen wir jemanden, der sich mit solchen Fragen auskennt: den ADAC. Die Antwort der Pressestelle beginnt ermutigend für alle, die sich auf schadhaften Straßen verletzen oder das Auto kaputtfahren. „Der Verkehrssicherungspflichtige ist für den Straßenzustand verantwortlich. Je nach Zuständigkeit für die Straße können dies entweder der Bund, die Länder, Kreise, Gemeinden oder auch eine Privatperson sein“, erklärt ADAC-Sprecher Alexander Schnaars.

Kommunen müssen Straßenschäden beheben

Auf vielbefahrenen Straßen müssten daher regelmäßig, gegebenenfalls mehrmals pro Woche oder sogar täglich, Kontrollen stattfinden. Auf weniger befahrenen Straßen reiche möglicherweise eine Fahrt alle paar Wochen aus. Wenn bei einer solchen Kontrolle eine Beschädigung festgestellt werde, müsse umgehend gehandelt, also der Schaden behoben werden. Im Einzelfall könne zunächst eine Warntafel oder ein Warnschild ausreichend sein.

So weit, so gut für Plath. Es gibt einen Schaden, schon länger, und keine Beschilderung. Doch die Antwort des ADAC geht noch weiter.

Schadenersatz-Ansprüche gestalten sich schwierig

„Beim Schadensersatzanspruch gestaltet es sich schwierig“, erklärt der Club-Sprecher. Der Schadenersatz könne ganz entfallen oder gekürzt werden, wenn Schlaglöcher gut erkennbar waren, es eine Beschilderung gab oder ein Autofahrer mit seinem beschädigten Auto zu schnell unterwegs war. „Es kommt bei solchen Schadenersatzmöglichkeiten immer auf den individuellen Einzelfall an“, so Schnaars. In Plaths Fall könnte es vielleicht zum Problem werden, dass der Unfall schon eine Weile zurückliegt.

Der ADAC rät, bei Unfällen oder Schäden zeitnah Beweise zu sichern, am besten in Form von Fotos. Also: Schlagloch fotografieren, die betroffene Straße fotografieren und, bei Schäden am Auto, auch diese fotografieren. Namen und Anschriften etwaiger Zeugen festzuhalten, sei auch sinnvoll. „Zudem sollte man die Polizei informieren und bei Schäden am Pkw außerdem die Kfz-Versicherung“, so der Tipp des ADAC.

Stadt Wolfsburg prüft jeden Einzelfall

Plath hat die Stadt Wolfsburg noch gar nicht über ihren Unfall informiert. Die Kommune erklärt auf Anfrage, dass mögliche Schadenersatzansprüche durch Schlaglöcher oder andere Straßenschäden geltend gemacht werden können. Der Anspruchsteller oder die Anspruchstellerin werde dann nach Prüfung des Sachverhaltes und Rücksprache mit dem kommunalen Haftpflichtdeckungsverband über das Ergebnis informiert.

„Es handelt sich jeweils um eine Einzelfallprüfung, so dass eine pauschale Aussage hier nicht möglich ist“, erklärt die Stadt-Pressestelle. In Zusammenhang mit Schlaglöchern würden fast ausschließlich Sachschäden an Reifen oder anderen Teilen von Fahrzeugen geltend gemacht.

Straße Sohlsträuchen ist schon vielfach geflickt

Die Schadstelle auf der Straße Sohlsträuchen bröckelt weiter vor sich hin.
Die Schadstelle auf der Straße Sohlsträuchen bröckelt weiter vor sich hin. © regios24 | Sebastian Priebe

Plath ist aktuell am wichtigsten, dass die Stadt Wolfsburg den Straßenschaden behebt, der ihr so viel Ärger eingehandelt hat. Das würde auch Plaths Nachbarinnen freuen. Zusammen zeigen sie, dass die Straße Sohlsträuchen an der Ecke Sohlsträuchen/Beerstreuchen – vermutlich über einer Leitung – abgesackt und von geflickten Rissen durchzogen ist. Plaths Schlagloch fällt darin kaum auf. Und der Teer bröselt weiter vor sich hin.

Die Nachbarinnen erzählen, dass die Straße Sohlsträuchen nicht als Durchgangsstraße geplant gewesen sei, aber heute täglich von fast hundert Bussen genutzt werde. Baufahrzeuge kommen noch hinzu: Der Ärger habe mit Arbeiten am Bahndamm begonnen und gehe nun mit dem Glasfaserausbau weiter.

In den Schränken klirren die Gläser

Wenn schwere Fahrzeuge über die Schadstelle brausen, sind bei Doris Samse schon Kristallgläser im Schrank zu Bruch gegangen. „Das knallt richtig, wenn die da durchwummern“, bestätigt Gisela Wirth. Den Lärm höre man auch bei geschlossenen Fenstern und heruntergelassenen Jalousien, bekräftigen die Frauen.

Heidrun Unrath berichtet, sie habe sich vor ungefähr zwei Monaten bei der Stadt Wolfsburg beschwert. Es sei auch jemand herausgekommen. Doch dem Herrn sei der Schaden nicht groß und tief genug gewesen. Da sei er wieder gefahren.

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