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Wenn Männer online fremdgehen

Wenn Männer online fremdgehen
© emoji/photocase.com
Untreue ist für viele Frauen der größte Vertrauensbruch. Doch was passiert, wenn sie übers Internet ins eigene Haus einzieht? Und wo beginnt virtueller Betrug überhaupt?

Nicole kann sich noch genau an den Moment erinnern, als ihre bisherige Welt zusammenbrach. Die Welt mit ihrem Mann Rainer, der im Internet eine zweite hatte – als "James Dean" in der Partnerbörse Finya. Bei Finya finden eigentlich Singles zusammen, doch das hat "James Dean" nicht gestört. Hier konnte er wieder unverheiratet und kinderlos sein - und sehr "abenteuerlustig". So beschrieb er sich zumindest selbst. Ein Spiel mit der Untreue.

Ich dachte, ich falle ins Bodenlose.

"Ich dachte, ich falle ins Bodenlose. Ich fand heraus, dass Rainer über drei Jahre Kontakt zu mehreren Dutzend Frauen im Internet hatte. Mit einigen hat er regelmäßig telefoniert. Eine Frau hat er auch ‚real’ getroffen und angeblich nur geknutscht. Für mich begann der Betrug, als er sich heimlich ein Profil zulegte und seine Familie verleugnete", erzählt die 40-jährige Nicole. Zahlen, wie viele Menschen neben ihren Partnerschaften über das Internet Affären suchen, gibt es nicht. Schon deswegen, weil jeder Mann und jede Frau "Untreue" anders definiert. Pornos, ein heimlicher Kontakt, ein Flirt, Küsse, ein Treffen mit Sex - wann endet Treue, wann beginnt Untreue?

Immer mehr Menschen nutzen das Internet, um Freunde zu finden, Partner für's Leben oder Sex ohne Verpflichtung. Laut einer BITKOM-Umfrage vom März 2009, dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., haben bereits 53 Prozent aller Nutzer im Internet Menschen in Communitys oder Foren kennen gelernt. Bei den meisten sind das reine Freundschaften, bei einigen soll daraus jedoch mehr werden.

Das Internet fördert Kontakte, aber keine Untreue

Verführt also das Internet mit all seinen Kontaktmöglichkeiten zur Untreue? Diplom-Psychologin Christiane Eichenberg sieht das skeptisch. Sie forscht an der Universität Köln unter anderem zur netzbasierten Kommunikation, sozialen Beziehungen im Internet und Sex im Netz. "Das Internet verursacht keine Untreue an sich. Dahinter stecken vielmehr unbefriedigte Wünsche beziehungsweise ungelöste Konflikte in der Partnerschaft. Die hat es auch schon vor dem Internet gegeben. Dazu kommt der allgemeine Trend, dass viele Menschen in Beziehungen das Gefühl haben, dass es noch einen besseren Partner für sie geben könnte."

Eine Affäre sei durch das Internet sehr viel leichter zu organisieren. Untreue im Freundeskreis oder unter Kollegen kann sehr leicht auffliegen. Aber in Chatrooms, in Partnerbörsen oder in Portalen für Seitensprünge kann man Affären haben, die hunderte Kilometer vom eigenen Wohnort entfernt liegen und das eigene soziale Umfeld gar nicht berühren. Man verabredet sich im Internet und trifft sich beispielsweise einmal im Monat im Hotel", erklärt Christiane Eichenberg.

Mails mit eindeutig sexuellem Inhalt

Nicole hatte auch nichts geahnt, bis der Freund einer der Frauen, mit denen ihr Mann Kontakt hatte, ihr eine Mail schrieb. Er hatte das E-Mail-Fach seiner Freundin durchsucht, fand einige Hinweise und schickte Nicole die "Untreue"-Mails.

"Das waren Mails mit eindeutig sexuellem Inhalt, die für keine andere Frau bestimmt sein sollten. Plötzlich war da nur noch Wut, Enttäuschung ein bisschen Ekel. Allein finden wir aus dieser Situation nicht heraus, deshalb haben wir jetzt therapeutische Hilfe gesucht", beschreibt Nicole die erste Zeit danach.

Kontrolle schafft kein Vertrauen.

Trennen oder nicht trennen, mit fremder Hilfe wieder zueinander finden oder es selbst schaffen – Fragen, die jeder Teil eines Paares für sich und miteinander nach einem solchen Vorfall beantworten muss. "Für jede Partnerschaft aber gilt: Kontrolle schafft kein Vertrauen. Paare müssen versuchen, sich wieder gegenseitig zu verstehen, sich wieder anzunähern und versuchen, die Konflikte zu erforschen, die die Untreue ausgelöst haben", rät Christiane Eichenberg.

"Wichtig ist heute, das Internet in die Partnerschaft miteinzubeziehen. Definieren Sie auch für das Netz Regeln. Wo beginnt für Sie Untreue? Chatten, Kontakte über Communitys oder reale Treffen mit Sex – all das sollten Sie in Ihrer Beziehung ansprechen. Auch das Thema Pornos. Früher waren es Videos, heute findet man sie im Internet. Handeln Sie aus, was für Sie beide okay ist."

Auch Nicole hat sich nicht von Rainer getrennt, auch wenn ihr das sehr schwer gefallen ist. „Er hat gesagt, dass das Chatten über Sex für ihn ein Ventil gewesen sei, um Stress abzubauen. Er wird lernen müssen, das auf andere Weise zu tun. Er bemüht sich sehr, unsere Beziehung zu retten. Und ich brauche Zeit, um das Ganze zu verarbeiten.“

Fotos: Photocase/ emoji

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