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50 Euro und kein Mann

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Für einen Tag verheiratet: Die ersteigerten Junggesellen ehelichen ihre Bieterinnen in einer Spaß-Trauung. Wenn der Markt endet, wird ihre Ehe wieder geschieden.
Für einen Tag verheiratet: Die ersteigerten Junggesellen ehelichen ihre Bieterinnen in einer Spaß-Trauung. Wenn der Markt endet, wird ihre Ehe wieder geschieden. © Jantje Ehlers

Br.-Vilsen - Von Charlotte Reinhard. Einen Mann für sich gewinnen? Viel zu anstrengend. Ich werde mir einen bei der Junggesellenversteigerung auf dem Brokser Markt ersteigern. Als ich das Musikladen-Zelt betrete, weiß ich nicht genau, was mich erwartet, schließlich bin ich das erste Mal dabei. Viele Zuschauer haben sich bereits versammelt, aus den Musikboxen ertönen Schlager. Ich stelle mich in die Menge und beobachte, wie Securitykräfte unter Anleitung von Moderator und Zelt-Wirt Bernhard Helmke einen „Freiwilligen“ auf die Bühne zerren. Er und ein paar andere Männer kommen jetzt unter den Hammer.

Ich biete wie wild mit. Am Ende bekomme ich aber doch keinen Mann ab.
Ich biete wie wild mit. Am Ende bekomme ich aber doch keinen Mann ab. © Mediengruppe Kreiszeitung

Ich empfinde sofort Sympathie für den sich wehrenden Mann und nehme mir schon jetzt vor, nachher für ihn zu bieten. Ich, die keinerlei Brokser- Markt-Erfahrung hat, und er, der eigentlich gar nicht will – das könnte lustig werden. Außerdem beeindruckt mich sein Kampfeswille. Die zwei Securitymänner müssen sich ganz schön anstrengen, um den großen Kerl in die gewünschte Richtung zu schleifen. Die anderen Kandidaten wehren sich nicht so vehement, müssen aber auch etwas überredet werden. Doch schließlich hat Bernhard Helmke es geschafft: Sören, Jens, Marcel, Thomas, Karsten und Jan stehen auf der Bühne. Sie alle sind ziemlich attraktiv. Ich freue mich sehr auf die Versteigerung. „Jetzt müssen sich unsere Junggesellen präsentieren“, verkündet der Moderator. „Sie werden in verschiedenen Spielen zeigen, was sie finanziell, erotisch und körperlich drauf haben. Eben alles, was Frau so braucht.“

Geschicklichkeit müssen die Kandidaten im ersten Spiel beweisen: An ihren Gürteln befestigen sie eine Schnur, an dessen Ende ein Stift hängt. Den sollen sie in eine leere Flasche einführen – ohne die Hände zu benutzen. Innerhalb kürzester Zeit haben alle den Stift in den Flaschenhals bugsiert als hätten sie nie etwas anderes gemacht.

Auch beim zweiten Spiel stellen sich die Versteigerungsobjekte geschickt an: Es gilt, einen Schlagertext mit einem kleinen Ball im Mund so deutlich zu singen, dass das Publikum ihn richtig erraten kann. Einige sind zwar etwas textunsicher, andere sprechen die Liedtexte eher als dass sie singen, doch die Zuschauer tippen alle Songs richtig.

Mich interessiert ehrlich gesagt aber weniger, ob die Kandidaten singen oder wie geschickt sie mit einem Kugelschreiber umgehen können. Wenn alles klappt, werde ich mit meinem Junggesellen ein paar Stunden auf dem Markt verbringen, vielleicht sogar den Rest meines Lebens, und das will ich mit jemandem tun, den ich sympathisch finde. Zum Glück bietet das folgende Interview die Gelegenheit, die Männer besser kennenzulernen. Bernhard Helmke stellt ihnen Fragen, die sie beantworten sollen, ohne die Wörter nein, ja, schwarz und weiß zu verwenden. Keine leichte Aufgabe. Marcel aus Husum stolpert mehrere Male über das Wort „Ja“, bis er entnervt zugibt: „Das ist ein blödes Spiel, das kann ich nicht.“ Mir gefallen seine Art und seine Ehrlichkeit. Ich vermerke ihn als potenzielles Ersteigerungsobjekt auf meiner Liste, gleich hinter Karsten, der sich gegen die Versteigerung so gewehrt hat.

Jens aus Kirchlinteln ist geschickt und verwendet die verbotenen Worte kein einziges Mal. Auf die Frage, ob seine Traumfrau blond sein sollte, antwortet er: „Das Gesamtpaket muss stimmen“. Eine schöne Antwort, finde ich. Vielleicht steigere ich auch bei ihm mit.

Karsten, der „unfreiwillig Freiwillige“, beweist bei der Frage, wie seine Traumfrau aussehen soll, Schlagfertigkeit: „Nicht so wie du“, sagt er dem verdatterten Bernhard Helmke ins Gesicht. Das Publikum grölt.

Dann ist es soweit: Die Versteigerung beginnt. 50 Euro habe ich in meiner Geldbörse und mir als Maximalgebot gesetzt. Mehr ist ein Mann nicht wert. Als Marcel an der Reihe ist, hebe ich die Hand. Einmal, zweimal, und dann ist Marcel versteigert. Leider nicht an mich. Er ging für 60 Euro an eine andere Frau.

Bei meinem Favoriten Karsten gebe ich alles. Nachdem die ersten Gebote etwas zögerlich kommen, biete ich sofort 50 Euro – wieder vergebens.

Bleibt nur noch Jens. Meine letzte Chance, einen Junggesellen abzubekommen. Die anderen sind schon weg oder mir zu jung. Ich hebe wie wild die Hand, zweimal, dreimal. Es sieht gut aus. „50 Euro zum ersten, 50 Euro zum zweiten“. Bernhard Helmke steht schon vor mir und will mich zu Jens führen, da gibt jemand anderes ein höheres Gebot ab. Das kann doch nicht wahr sein! Zuerst bin ich fassungslos, doch dann muss ich lachen. Was soll‘s? Das kann bei einer Versteigerung eben passieren. Den Käuferinnen gönne ich ihr Glück. Die Paare schließen in einer Spaßtrauung den Bund fürs Leben. Oder besser gesagt, den Bund für den Brokser Markt. Denn wenn der Markt endet, wird auch ihre Ehe geschieden. Ich spare die 50 Euro für ein Hochzeitskleid, das ich irgendwann bestimmt brauchen werde.

Quelle: www.kreiszeitung.de

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