Von Hildburg Bruns
Auf der Ahrensfelder Chaussee nimmt mancher Autofahrer den Fuß vom Gas. Was ist das denn für ein halbes Haus? Das gibt‘s doch gar nicht! Zum Leidwesen von Helga Ahrens (73) leider doch. Ihr Nachbar hat das Doppelhaus entlang der Grundstücksgrenze in der Mitte mit der Flex absägen und dann abreißen lassen. Und sich in drei Meter Abstand ein freistehendes Einfamilienhaus hingesetzt.
„Niemand hat darüber vorher mit uns gesprochen“, sagt die frühere Krankenschwester. Die Wand der beiden jahrzehntelang verzahnten Häuser steht nun mit nacktem Mauerwerk zur Wetterseite. Isolierung und Verputzen würde weit über 20.000 Euro kosten – dabei hat sie die klaffende Lücke nicht verursacht. Und dann gibt es auch noch statische Probleme, plötzlich zahlreiche Risse.
Schon Anfang September musste die Rentnerin die Heizung aufdrehen – die Handtücher im Bad waren immer klamm. „Ich habe Angst vor der nächsten Gasrechnung“, sagt sie.
Abgesprochen waren vorab ganz andere Pläne: Das neue Nachbarspaar W. wollte seine neu gekaufte Haushälfte abreißen und etwas versetzt wieder anbauen. Aber dafür versagte das Bauamt Marzahn die Baugenehmigung („keine quantitative und qualitative Einheit“) Stattdessen gab‘s in der Doppelhaus-Gegend grünes Licht für einen Solo-Standort – zweistöckig mit 197 Quadratmetern!
Nur erzählte das Bauherren-Paar es nicht den Anrainern, gab bewusst keine Bauzeichnung aus der Hand. Die Krankenschwester fand nur einen handgeschriebenen Zettel im Briefkasten: „Der Rückbau unserer Haushälfte wird beginnen, dazu wird ein Vorarbeiter der Firma Gartenbau H. das Grundstück besichtigen. Wir fahren vier Tage in den Spreewald…“.
Dass eine Bodenplatte für einen separaten Bau gegossen wurde, überraschte dann alle im Kiez. Gerade alte Bewohner fürchten nun, dass weitere Haushälften platt gemacht werden und unterschrieben auf einer Protestliste. Auch Apothekerin Katja Koch (39) sagt: „Das passt nicht zum Bild der Straße, muss rückgängig gemacht werden.“
Schlecht sind die Aussichten dafür nicht. Denn Rentnerin Ahrens verklagte den Bezirk vor dem Verwaltungsgericht wegen der erteilten Baugenehmigung für das Solo-Haus. Die Richter schauten sich die Situation vor Ort an, schrieben ins Urteil: „Das Bauvorhaben verstößt gegen das Rücksichtnahmegebot.“ Der Bezirk will nicht akzeptieren, zieht in die nächste Instanz vor das Oberverwaltungsgericht.