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Schuldneratlas 2023 „Buy now, pay later“-Effekt: Immer mehr junge Menschen verschulden sich

Laut Schuldneratlas 2023 verschulden sich mehr junge Menschen
Laut Schuldneratlas 2023 verschulden sich mehr junge Menschen
© Shotshop | DC 2 / Picture Alliance
Die Gesamtzahl der verschuldeten Bürgerinnen und Bürger geht zwar zurück, doch unter jungen Menschen steigt die Überschuldung. Das liegt laut dem neuen Schuldneratlas vor allem an der Zunahme einer Bezahloption

Bei der Überschuldung von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Rein statistisch gesehen sind weniger Menschen überschuldet als noch vor einem Jahr. Die Zahl der verschuldeten Bürgerinnen und Bürger ging um 233.000 Fälle auf 5,65 Millionen Menschen zurück, was einer Abnahme um vier Prozent entspricht. Das zeigen Zahlen des Schuldneratlas 2023, den die Wirtschaftsauskunftei Creditreform herausgegeben hat. Insgesamt summieren sich die Schulden von Privatpersonen in Deutschland demnach auf geschätzt 174 Mrd. Euro, was 8 Mrd. Euro weniger sind als noch 2022.

Die schlechte Nachricht: Ausgerechnet unter jungen Menschen hat die Verschuldung zugenommen. Verbraucher zwischen 18 und 30 Jahren sind den Daten zufolge die einzige Gruppe, bei denen mehr Personen überschuldet waren als im Vorjahr. Während in den anderen Altersgruppen die Verschuldungsquote durchweg sank, stieg sie bei den 18- bis 30-Jährigen um 3000 Fälle. Das entspricht zwar nur einer Zunahme um 0,4 Prozent, doch gerade bei jungen Menschen fallen Schulden oft stark ins Gewicht. Sie haben meist noch vergleichsweise wenig Geld, müssen aber etwa bei einem überzogenen Bankkonto teure Dispozinsen zahlen. Seit Ende 2022 stiegen die Dispozinsen laut der Zeitschrift „Finanztest“ im Schnitt um mehr als zwei Prozentpunkte auf etwa 12 Prozent. 

Schuldneratlas 2023: „Buy now, pay later“-Effekt: Immer mehr junge Menschen verschulden sich
© Creditreform

„Buy now, pay later“ wird zur Schuldenfalle

Als Grund für die gestiegene Verschuldung unter jungen Erwachsenen führt Creditreform auch die Zahlungsoption „Buy now, pay later“ an, also der klassische Ratenkauf, der zuletzt besonders im E-Commerce in Mode gekommen ist. Besonders junge Menschen nutzen ihn nun. Wegen hoher Inflation und gestiegener Zinsen hätten viele Verbraucher weniger Geld zur Verfügung, gleichzeitig seien sie nach der Pandemie vermehrt in Kauflaune, so die Studienautoren. Die Nachfrage nach Ratenkrediten und „Buy now, pay later“-Angeboten habe daher in den vergangenen Monaten Höchstwerte erreicht. „Die Anzahl neu abgeschlossener Ratenkreditverträge ist alleine im letzten Jahr um rund 30 Prozent gestiegen von 7 auf 9,1 Millionen“, so Creditreform. 

Schuldneratlas 2023: „Buy now, pay later“-Effekt: Immer mehr junge Menschen verschulden sich
© Creditreform

Verbraucherinnen und Verbraucher schließen der Studie zufolge vor allem Kleinkredite ab: Rund 42 Prozent aller neuen Ratenkredite seien mittlerweile Darlehen unter 1000 Euro. Die Zahl dieser Kleinkredite stieg von 2 auf 3,8 Millionen, was eine Zunahme um 90 Prozent bedeutet. „Ein Großteil dieses Anstiegs ist auf die Zunahme von ,Buy now, pay later‘-Angeboten durch Zahlungsdienstleister im Online-Handel zurückzuführen“, so Creditreform. Sie richten sich vor allem an jüngere, internetaffine und konsumoffene Zielgruppen. Das Unternehmen verweist auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, wonach „Ratenkredite mit rund 8480 Euro den größten Einzelposten in einer Aufstellung der mittleren Schuldenhöhe nach Gläubiger- bzw. Schuldnerarten“ bilden. 

Schuldneratlas 2023: „Buy now, pay later“-Effekt: Immer mehr junge Menschen verschulden sich
© Creditreform
Schuldneratlas 2023: „Buy now, pay later“-Effekt: Immer mehr junge Menschen verschulden sich
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In den vergangenen drei Jahren hatte sich die Überschuldungssituation der Verbraucherinnen und Verbraucher laut Creditreform positiv entwickelt. Doch auch wenn unterm Strich für 2023 ein Rückgang der Überschuldung steht – die vermeintlich guten Werte trügen, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. „Ohne statistische Sondereffekte messen wir erstmals seit 2019 einen Überschuldungszuwachs.“ Damit spielt Hantzsch auf eine Änderung bei den Speicherfristen an.

Die Schufa als wichtigste deutsche Auskunftei für Finanzdaten verkürzte nämlich im Frühjahr die Speicherzeit für Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate. Creditreform selbst speichert die Daten in ihrer Auskunftdatenbank inzwischen ebenfalls nur ein halbes Jahr lang. Grund dafür war ein bevorstehendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs. 

Berücksichtige man diese Änderung nicht, gebe es rund 17.000 Überschuldungsfälle mehr als 2022, so Hantzsch. Die Überschuldungsquote läge demnach statt bei 8,15 Prozent eigentlich bei 8,51 Prozent und damit leicht über dem Vorjahr. Als Überschuldungsquote definiert Creditreform den Anteil überschuldeter Personen im Verhältnis zu allen Erwachsenen in Deutschland. 

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