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Geldanlage Warum sich Anleger vom Goldpreis nicht blenden lassen dürfen

Gold-Anlage: Lohnt sich der Kauf von Goldbarren?
Gold-Anlage: Lohnt sich der Kauf von Goldbarren?
© Getty Images
Immer wenn der Goldpreis steigt, werden viele Anleger schwach und kaufen Münzen und Barren für den Tresor. Clever ist das nicht. Denn die Statistiken entlarven: Sie greifen immer zur falschen Zeit zu

Es gibt nicht sehr viele Geldanlagen, die hierzulande einen so glänzenden Ruf genießen wie Gold. Fragt man die Deutschen, was sie für die sicherste Geldanlage überhaupt halten – welche also auch wertbeständig in extrem unsicheren Zeiten ist – so antworten fast 90 Prozent von ihnen: Gold. Vor allem die Jüngeren übrigens stimmen dieser Aussage dieser Tage auffällig oft zu.

Damit steht das Edelmetall zumindest in den Umfragewerten sogar noch stabiler da als seine schärfste Konkurrenzklasse: Immobilien. Die heißen zwar nicht umsonst gern Betongold, doch dass sie derzeit noch ein extrem sicheres Investment sind, glauben angesichts der explodierenden Kaufpreise inzwischen etliche Marktbeobachter nicht mehr so recht. Aber wird Gold seinem Ruf auch gerecht?

Fakt ist: Steigt der Goldpreis wie zuletzt , dann leuchten bei vielen Anlegern wieder die Augen. Denn genau so ein Preisanstieg wird – wie jeder sprunghafte Anstieg zuvor – als Beleg dafür gesehen, dass Gold eine glänzende Anlageidee ist. Fast 40 Prozent der Jüngeren unter 30 Jahren sagen aktuell, dass sie jetzt gern Gold kaufen würden. Bei den Älteren sind es zwar etwas weniger, knapp 30 Prozent nämlich, so ermittelten jüngst die Marktwächter der Verbraucherzentralen in einer repräsentativen Umfrage. Aber das sind trotzdem enorme Zustimmungsquoten.

Deutsche lieben Gold

Und auch wenn die tatsächlichen Kaufzahlen natürlich niedriger ausfallen als diese Absichtsbekundungen: Sehr viele Bundesbürger investieren tatsächlich in Gold. Deshalb galten die Deutschen laut Statistiken des World Gold Council zuletzt als Weltmeister der Goldkäufer, zumindest wenn man den Anteil der verkauften Barren, Münzen und Goldfonds zusammenzählt.

Man kann über diese Liebe zum Goldinvestment staunen, gerade wenn man sich die klassische Zurückhaltung hiesiger Anleger gegenüber vielen anderen Kapitalanlagen ansieht. Vor allem gegenüber jenen Investments, die stark im Wert schwanken. Aber genau das tut der Goldpreis ja auch.

Vielleicht vergessen das die meisten Menschen schlicht, wenn der Wert des Edelmetalls so schnell und unvermittelt steigt wie in diesem Jahr: Tatsächlich bewegte sich an der Goldfront jahrelang fast nichts mehr. Dann kam der März 2019 und ein neuer Höhenflug begann. Von März bis August stieg das Gold von rund 1100 Euro auf immerhin fast 1400 Euro, also um gut 27 Prozent. In Dollar gerechnet knackte es sogar wieder die magische 1500-er Marke, die für den Markt enorm wichtig war, weil sie als wichtige Begrenzungslinie nach oben galt. In der Tatsache, dass sie durchbrochen wurde, sahen viele ein Signal, dass es nun auch langfristig weiter aufwärts gehe. Es war ein Kaufsignal.

Kurzfristig notierte das Gold sogar bei rund 1550 Dollar. Doch inzwischen ist sein Kurs wieder um knapp sechs Prozent abgesackt. Aber: Auf Jahressicht konnten Anleger mit dem Edelmetall eine glänzende Rendite einsacken, fast 20 Prozent wären möglich gewesen.

Goldpreis in Dollar

source: tradingeconomics.com

Klingt super? Schon, vor allem wenn man sich die Wertentwicklung der Vergangenheit ansieht: Auf Dreijahressicht schaffte das Edelmetall unwesentlich mehr als diese 20 Prozent, nämlich auch bloß 23 Prozent. Auf zehn Jahre waren es 32 Prozent. Das bedeutet: Beinahe die gesamten Zugewinne der letzten zehn Jahre hat das Gold allein in den vergangenen zwölf Monaten hingelegt. Der Fairness halber muss man aber auch zu den 19 Prozent Kurssteigerung in 2019 sagen: Mit dem deutschen Aktienindex Dax wären ebenfalls 18 Prozent Plus drin gewesen.

Der Goldpreis-Höhenflug stockt

Und nicht nur das relativiert den sagenhaften Anstieg des Goldpreises erheblich. Sondern auch diese Zahlen: Die Performance über zehn Jahre lag beim Gold somit bei recht mageren 3,2 Prozent pro Jahr. Das ist definitiv mehr, als derzeit mit den verbreiteten festverzinslichen Papieren zu machen ist, aber eben auch kein überwältigendes Ergebnis. Zudem sackte der Preis zwischen 2012 und 2013 sogar von fast 1400 Euro auf 900 ab. Nun argumentieren die Goldanhänger natürlich: Das war ja noch längst nicht alles. Schließlich steigt der Kurs erst seit Kurzem wieder. Auch das stimmt, die Frage ist nur: Wie lange noch?

Nachdem der Goldpreis seit August abgesackt ist, nähert er sich verdächtig stark der 200-Tage-Linie. Fiele er darunter, so sagen die Charttechniker, dann sei das zumindest ein Warnsignal. Allzu oft bedeutet dieses Schneiden der langfristigen Trendlinie nämlich, dass sich die Kursrichtung womöglich bald wieder ändern könnte. Und derzeit knickt die langfristige Linie zumindest wieder ein wenig ab. Bildet sie nur ein Plateau aus – und steigt der Preis danach wieder weiter? Oder dreht der Trend wieder? Das vermag derzeit noch niemand genau zu sagen.

Noch sei der Aufwärtstrend jedenfalls intakt, betont die eine Seite der Analysten. Die andere Fraktion dagegen sagt: Der Markt sei im Sommer massiv überkauft gewesen. Deshalb sei der Preisrückgang zwischen August und November auch nur eine logische Konsequenz dieser kurzzeitigen Überhitzung. Dazu komme nun, dass der Markt keine Zinsanstiege auf absehbare Zeit erwarte. Das dürfte den Preis des Goldes wohl eher dämpfen, als ihn neu zu beflügeln.

Perfekte Korrelation zum Dollar?

Es gibt noch eine Fraktion, die sagt: Gold und US-Aktien bewegten sich derzeit in perfekter Gegenläufigkeit. Deswegen sei Gold genau jetzt ein ideales Investment, um das Risiko eines nahen Aktienabschwungs aufzufangen – mit dem viele Experten rechnen. Sieht man jedoch genau hin, auf welchen Zeitraum sie sich mit ihren Aussagen beziehen, dann sind es nur wenige Tage oder Wochen, in denen die Kurse tatsächlich in jeweils umgekehrte Richtung strebten. Man sollte sich die Entwicklung stets auf längere Sicht ansehen, denn je kürzer man den Zeitraum wählt, desto eher lassen sich selbst dort Korrelationen finden, wo gar keine sind:

Seit fast zehn Jahren geht es nun mit den US-Aktien stark bergauf. Es gab einen größeren Einbruch Ende vergangenen Jahres, doch auch 2019 steigen die Kurse weiter . Der Goldpreis dagegen bewegte sich so: Er stieg zunächst bis 2012, um dann bis 2015 zum Sinkflug anzusetzen. Seitdem bewegte er sich größtenteils seitwärts, also weder großartig bergauf noch bergab. Im März dieses Jahres hob er dann ab. Da befand sich der US-Aktienmarkt schon die ganze Zeit im Höhenflug, bis zu jenen neuen Höchstmarken, die er jetzt markiert. „Perfekte Korrelation“ sieht anders aus.

Wer an Gold als großen Renditebringer glaubt, der sollte auch diese – noch viel langfristigeren – Zahlen kennen: Wer 2005 Hold kaufte und es 2012 wieder veräußerte, der erzielte damit tatsächlich einen gigantischen Gewinn von 810 Prozent in nur acht Jahren. Er kaufte für 150 Euro und verkaufte zu 1366 Euro. Wenn er verkaufte. Die allermeisten werden es aber gerade 2012 nicht getan haben. Schließlich schwelte gerade die Eurokrise, viele fürchteten sich vor dem großen Zusammenbruch des Geldsystems und legten sich gerade deshalb Barren und Münzen zu. Sie machten es also genau falsch, denn zwischen 2012 und 2019 bewegte sich das Gold – so gut wie nicht. Die Rendite war gleich Null.

Gut, mögen Optimisten jetzt einwenden, der 810-Prozent-Anstieg entschädigte sie ja auch dafür. Aber: Der Kauf zum falschen Zeitpunkt ist beim Gold beileibe kein Einzelfall, beobachten die Degussa-Marktexperten. Sondern er ist die Regel bei den meisten Privatanlegern: Steigt der Preis, dann sehen sie dem Treiben zuerst eine Weile zu, denn die rasant steigenden Preise schrecken Käufer zunächst einmal ab. Einzig Verkäufer nutzen solche Phasen, um ihre Goldbestände loszuschlagen und Gewinne zu realisieren. Klettert der Preis dann aber beständig weiter, dann greifen die Käufer doch noch zu. Allerdings dann zu einem Zeitpunkt, an dem die Preise schon den Höchsttand markieren.

Enttäuschende Rendite

Geradezu beispielhaft konnte man es auch in diesem Jahr bei den Privatanlegern beobachten: Im Juli zum Beispiel meldeten Goldhändler noch wenig Käuferinteresse. Das Lager der Verkäufer überwog, die ihre Goldmünzen und Barren zu Hochpreisen losschlugen. Im August drehte dann die Stimmung: Die Käufer stiegen ein. Da war der Goldpreis schon auf dem vorläufigen Höchststand. Von da an ging´s bergab.

Selbst wenn man nun argumentiert, die Privatkäufer seien gar nicht an kurzfristigen Spekulationsgewinnen interessiert, sondern sie würden sich die Barren und Münzen ja zulegen, um ihre Depots langfristig krisenfest aufzustellen – die große Langfristbetrachtung sollte skeptisch machen: Denn wie schnitten jene Käufer ab, die das Gold tatsächlich langfristig hielten?

Angenommen sie kauften es 1979 und hielten es bis 2005: Dann machten sie damit in diesen 26 Jahren keinen Gewinn, sondern verbuchten zwei Prozent Minus - pro Jahr. Wer es von 1984 bis 2005 hielt, kam wenigstens plus minus Null dabei weg. Und wer es tatsächlich 1979 erwarb und bis heute hielt, ... na, schätzen Sie mal? Der erzielte 3,8 Prozent pro Jahr, was gar nicht mal so schlecht ist. Zumindest wenn man den Preis für das pure Unzengold zugrunde legt. Aber hätte man sich die Wertentwicklung nicht angesichts des gigantischen Kursanstiegs kurz vor der Finanzkrise größer vorgestellt? Danach kam ja schließlich auch noch die Eurokrise, die das Gold ebenfalls noch einmal in die Höhe trieb. So gesehen machte ein Goldinvestment nicht mehr Rendite als der Kauf von durchschnittlichen Immobilienfonds.

Anleger zahlen satte Aufschläge auf den Goldpreis

Hinzu kommt: Anleger, die Gold in Barren und Münzen kaufen, zahlen dafür nicht den börsennotierten Goldpreis. Sondern satte Aufschläge für die Prägung und kleinen Stückelungen. Der Preis eines Krügerrand, Maple Leaf oder eines Gold-Euro weicht je nach Gewichtsklasse zwischen 3,5 und 15 Prozent vom eigentlichen Goldpreis ab. Je kleiner die Stückelung desto höher der Preis. Dazu kommen Preisspannen zwischen Kauf und Verkaufspreis; Lagerkosten, weil man die edlen Stücke kaum zuhause in der Schreibtischschublade aufbewahren wird; und ein Währungsrisiko, denn selbst wenn „Euro“ auf der Münze steht und man sie bei lokalen Goldhändlern erworben hat: der Goldpreis ist in Dollar notiert und die Händler legen auch anhand des Dollar-Goldpreises den Kurs fürs heimische Gold fest.

Das bedeutet auch: Goldkäufer tragen zusätzlich zum Kursschwankungsrisiko noch das Währungsrisiko. Denn steigt der Goldpreis künftig an, aber der US-Dollar sinkt im Wert, dann kann das den Zugewinn auffressen. Umgekehrt fällt der Wertgewinn größer aus, wenn auch noch der Dollar steigen sollte. Und wenn beide gleichzeitig stürzen, dann vergrößert sich dadurch der Verlust für Goldbesitzer. Darauf sollte man zumindest gefasst sein, wenn man über einen Kauf nachdenkt.

Noch eine Zahl ist interessant: Die der ETF-Käufer beim Gold nämlich. Denn die Lager- und Stückelungskosten sowie Spread-Aufpreise können sich Goldkäufer ja dann sparen, wenn sie kein physisches Gold kaufen, sondern Indexpapiere. Daher seien solche Gold-ETF die viel cleverere Idee sei als der Erwerb von Barren und Münzen, heißt es oft. Dazu sollte man sich aber unbedingt die Statistik über die weltweite Entwicklung der Goldnachfrage seit 2005 ansehen: Der Schmuckabsatz schwankt demnach deutlich mit der Konjunktur. Je besser die Weltwirtschaft brummt, desto mehr Gold wird verkauft, vor allem in China, Indien und der Türkei.

Bei Barren und Münzen ist das verkaufte Volumen weniger von der Konjunktur anhängig als vielmehr von der Frage: Gibt es ein großes Thema, das derzeit die Weltfinanzmärkte umtreibt? Kurz vor der Finanzkrise von 2008 erhöhte sich der Barrenabsatz auf mehr als das Doppelte von zuvor 420 Millionen Tonnen auf 917 Millionen Tonnen 2008. Und er erreichte während der Eurokrise 2012/2013 einen bisherigen Höchststand von rund 1700 Millionen Tonnen. Danach ging er wieder auf rund 1000 Millionen Tonnen zurück. Soweit so nachvollziehbar. Und die ETFs?

Mit Aktien fahren Anleger besser

Um deren Absatzvolumen zu prognostizieren müsste man nicht nur Goldpreiskenner sondern auch Glaskugelbesitzer sein: Zuerst stieg der Absatz von Gold-ETFs (umgerechnet in die Millionen Tonnen physischen Goldes, das sie repräsentieren) ebenfalls stark an bis 2008. Das Volumen verdreifachte sich auf 644 Millionen Tonnen. War damit aber selbst in der Finanzkrise weitaus winziger als der Absatz von Barren und Münzen (917 Millionen Tonnen) und Schmuck (2300 Millionen Tonnen). Während der Eurokrise 2013 überwog sogar eine große Verkaufswelle am Markt, die das Volumen auf minus 915 Millionen Tonnen drückte. Also enorm. Die Menge war fast eineinhalbmal so stark wie die ETF-Käufe im bis dahin stärksten Kaufjahr. Im Jahr 2018 lag die gehandelte Goldmenge in ETFs bei rund 68 Millionen Tonnen. Sie war also lächerlich gering. Wer überzeugende Belege dafür sucht, dass der Goldmarkt wie kein zweiter Finanzmarkt von spekulativen Anlegern geprägt ist, der wird spätestens bei Gold-ETFs fündig.

Und wer nun dennoch glaubt, dass Gold eine gute Geldanlage sei, dem sei diese Bilanz ans Herz gelegt: Wer 1979 für 100 Dollar Gold gekauft hätte, der hätte damals eine Drittel Unze dafür bekommen. Heute wäre eine Drittel Unze rund 485 Dollar wert, nominell. Die Inflation müsste man da eigentlich noch herausrechnen. Hätte er aber die 100 Dollar auf Aktien gesetzt und dafür beispielsweise den amerikanischen S&P 500 gekauft, dann wäre dieser Anteil heute rund 3150 Dollar wert. Während Gold seit den 70er Jahren rund 3,8 Prozent jährlich hinlegte, schafften Aktien einen Wertzuwachs von 8,6 Prozent pro Jahr.

Auch seit 2009 fällt die Bilanz eindeutig aus: Mit Gold gewannen Anleger zwar 32 Prozent, doch mit dem S&P500 Aktienindex hätten sie 190 Prozent aus ihrem Einsatz gemacht. Ist das nicht ein guter Grund, das Gold einfach sein zu lassen, was es ist? Ein edles Metall, das gerne als Schmuck oder Industrierohstoff glänzen kann. Aber auf das man im Tresor oder im Depot getrost verzichten kann.

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