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Kontogebühren Wie Sie richtig auf die Gebühren-Post der Bank reagieren

Nach dem BGH-Urteil von April müssen Banken sich ihre Kontogebühren von den Kunden absegnen lassen und bisher zu Unrecht gezahlte Gebühren zurückerstatten. Viele Geldinstitute reagieren deshalb mit Briefen an den Kunden
Nach dem BGH-Urteil von April müssen Banken sich ihre Kontogebühren von den Kunden absegnen lassen und bisher zu Unrecht gezahlte Gebühren zurückerstatten. Viele Geldinstitute reagieren deshalb mit Briefen an den Kunden
© Michael Gstettenbauer / IMAGO
Zustimmen bis zum Tag X, sonst ist das Konto weg, so heißt es in Briefen, die viele Banken nach dem BGH-Gebührenurteil an ihre Kunden verschickt haben. Wie Sie richtig reagieren, erklärt Bettina Bißwanger von der Verbraucherschutzzentrale Baden-Württemberg

Bettina Bißwanger ist seit 2015 Beraterin für Altersvorsorge, Banken und Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Mannheim.

Viele Banken fordern ihre Kunden gerade per Brief auf, ihren Konditionen bis zum 30. September zuzustimmen. Worum geht es in den Schreiben konkret?

Bisher haben die Banken Kunden immer zwei Monate im Voraus zum Beispiel über Erhöhungen bei den Kontogebühren informiert. Wenn die Kunden nicht aktiv widersprochen haben, galt das als Zustimmung. Am 27. April hat der Bundesgerichtshof im Fall der Postbank aber entschieden, dass die Bank nicht eigenmächtig große Vertragsbestandteile einseitig ändern kann. Die Banken fordern in den Briefen deswegen die Zustimmung zu den Geschäftsbedingungen.

Gleichzeitig stellen sie in Aussicht, dass sie die Konten sonst kündigen. Wie ernst sollte man diese Drohung nehmen?

Grundsätzlich gilt: Die Bank darf ein Konto – auch ohne Grund – mit angemessener Frist, kündigen. Wie viele Banken tatsächlich vom Kündigungsrecht Gebrauch machen werden, können wir jetzt natürlich noch nicht einschätzen. Bei vielen Kunden läuft die Frist noch, wir haben aber schon erste Fälle, wo gekündigt wurde. Man sollte also damit rechnen. Im Übrigen ist das Kunden, die widersprochen haben, auch in der Vergangenheit schon passiert.

Das heißt, das jetzige Vorgehen nach dem BGH-Urteil von April ist eigentlich keine Überraschung?

Früher mussten Kunden natürlich aktiv widersprechen. Wenn sie das getan haben, kam danach aber häufig auch die Kündigung des Kontos.

Was hat das BGH-Urteil denn dann geändert?

Im Grunde stärkt der BGH die Rechte der Kunden, weil sie Änderungen jetzt aktiv zustimmen müssen. Das heißt, man nimmt zum Beispiel die Preisänderungen bei den Kontogebühren jetzt auch in irgendeiner Form wahr. Das war vor dem Urteil stellenweise nicht überall so, weil nicht jeder Bankkunde sein Konto regelmäßig kontrolliert hat und dann von höheren Gebühren überrascht wurde. Sowas kann jetzt streng genommen nicht mehr passieren. Aber die Praxis der Banken war genauso, sie sind durch das BGH-Urteil also nicht netter geworden.

Die Kunden von genossenschaftlichen Banken sind gleichzeitig auch Miteigentümer. Müssen auch sie mit der Kündigung des Kontos rechnen?

Bankkunden einer Genossenschaftsbank haben natürlich noch einmal zusätzliche Rechte. Als einzelner Genosse wird man da natürlich wenig erreichen. Schließen sich aber mehrere Kunden zusammen – die Hauptversammlung bietet zum Beispiel eine Gelegenheit –, können sie unter Umständen Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen.

Auch für die Sparkassen gelten durch das Sparkassen-Gesetz strengere Regeln. Was heißt das für Sparkassen-Kunden?

Die Sparkassen haben einen öffentlich-rechtlichen Auftrag alle Bevölkerungskreise angemessen und ausreichend mit finanzwirtschaftlichen Leistungen zu versorgen. So steht es im Sparkassen-Gesetz. Die Kunden unter Druck zu setzen, steht dazu im Kontrast. Wahrscheinlich wird es trotzdem Kündigungen geben, auch wenn Sparkassen sie – anders als andere Banken – begründen müssen. Kunden können hier am ehesten Einfluss nehmen, wenn sie sich bei Lokalpolitikern beschweren. Die sitzen nämlich oft im Aufsichtsrat der Sparkassen.

In Bezug auf die jetzt gesetzten Fristen ist der Handlungsspielraum aber eher begrenzt…

Um politisch etwas zu verändern, ist die Zeit natürlich knapp. Den Handlungsspielraum, den man am ehesten hat, ist zu überlegen, ob man die Bank wechselt. Bis das Konto endgültig gekündigt ist, vergeht außerdem noch mal eine weitere Frist. Wenn man also beispielsweise bis zum 30. September nicht zugestimmt hat, dann hat man in der Regel noch einmal zwei Monate, bis die Kündigung wirksam wird, wenn die Bank direkt kündigt.

Kann man denn rechtlich gegen dieses Verhalten vorgehen?

Wenn Kunden sich an die Verbraucherzentrale wenden und uns Briefe ihrer Bank schicken, prüfen wir in diesen Fällen, ob wir Möglichkeiten sehen, gegen die Schreiben vorzugehen. Allerdings ist nicht jedes Schreiben, was als unfair empfunden wird oder das unschön formuliert ist, auch rechtlich angreifbar. Wenn die Bank sagt „Stimmen Sie bitte zu, sonst können wir die Geschäftsbeziehung nicht fortführen“, dann ist das nicht nett, aber das ist rechtlich nicht angreifbar. Bei einigen Banken haben wir dagegen Ansatzpunkte gefunden und prüfen, ob wir gegen die Schreiben vorgehen.

Wo denn zum Beispiel?

Das gilt zum Beispiel bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die ihre Kunden vor die Wahl stellt. Wer nach dem BGH-Urteil seine zu Unrecht gezahlten Kontogebühren zurückfordert, soll künftig 7,50 Euro an Kontogebühren zahlen. Wer darauf verzichtet, zahlt künftig 5 Euro. Wer sein Recht geltend macht, wird also abgestraft. Das finden wir problematisch.

Wie können Kunden denn zu Unrecht gezahlte Gebühren zurückfordern, wenn sie gleichzeitig den neuen Konditionen zustimmen müssen?

Das kommt auf die Bank an. Die meisten Banken fordern in ihren Briefen explizit für die Zukunft die Zustimmung, die Rückforderungen sind davon nicht betroffen. Einige Banken kündigen das Konto allerdings trotzdem, wenn man Gebühren zurückfordert – auch dann, wenn man den künftigen Konditionen zustimmt. Wieder andere Banken vermischen beides und fordern die Zustimmung nachträglich ein. Man sollte deshalb in jedem Fall genau hinschauen. Wenn also das Wort „rückwirkend“ fällt oder mehrere Daten auftauchen, sollte man misstrauisch werden.

Das heißt, wie sollten Bankkunden auf das Schreiben ihrer Hausbank reagieren?

Besonders wichtig ist, nicht einfach zuzustimmen oder das Schreiben zu ignorieren. Wenn man sich unsicher ist, wie man damit umgehen soll, kann man am besten eine Kopie an die lokale Verbraucherzentrale schicken. Sie kann dann prüfen, ob es vielleicht rechtliche Ansatzpunkte gibt. Dann sollte man sich ernsthaft fragen: Brauche ich diese Bank? Ist die Antwort ja, wird man den Bedingungen zustimmen müssen. Trotzdem sollte man aber Beschwerde einreichen zum Beispiel bei der Bafin. Wenn man ohnehin schon länger überlegt zu wechseln, sollte man sich jetzt umschauen. Denn es gibt nach wie vor einige Banken, die unter bestimmten Bedingungen kostenlose Girokonten anbieten.

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